Wissenswertes zum Thema Prostatakrebs War der Titel einer Veranstaltung des Prostatazentrums am Uniklinikum in Münster mit Informationen und Hilfen für Betroffene und Interessierte in der Aula im Münsteraner Schloß. Ziemlich voll war es. Es waren Besucher nicht nur aus Münster und Umgebung angereist, der Niederrhein war vertreten ebenso das Ruhrgebiet, Ostwestfalen und auch Betroffene aus Niedersachen, überwiegend Mitglieder oder Leiter von Prostatakrebs Selbsthilfegruppen., erstaunlich viele Frauen waren dabei. Frau Bürgermeisterin Reismann aus Münster stellte denn auch bei ihren Grußworten fest: „Es geht um unsere Männer und worüber Männer schweigen, darüber können wir Frauen reden.“ Nach launigen Worten der Begrüßung durch Dr. Norbert Tiemann, den Chefredakteur der Westfälischen Nachrichten, kam Prof. Axel Semjonow in seinem Beitrag „Früherkennung von Prostatakrebs – Gibt es neue Testverfahren? gleich zum Punkt: „Auf dem diesjährigen Urologenkongress in Stockholm gab es eine Sensation. Die Studie von Prof. Schröder, Rotterdamm, zum Screening an 182.000 Männern hat bewiesen, dass das Risiko an Prostatakrebs zu versterben von 3 auf 2,4% sinkt, wenn die PSA-Überwachung regelmäßiges erfolgt.“ Prof. Semjonow erläuterte dann noch näher einige der Zahlen aus der Studie. Mit Screeening entwickelte sich bei 6000 von 82.000 beobachteten Männern ein Prostatakarzinom, jedoch nur 214 davon verstarben. In der Gruppe ohne Screening, das waren rd. 100000 Probanden, wurde bei 4300 Männern ein Karzinom entdeckt, davon verstarben 326 an Prostatakrebs. Mit den Erkenntnissen aus der über 16 Jahre gelaufenen „Schröderstudie“ sei erstmals ein Zusammenhang zwischen Screening und Verminderung der Sterblichkeit bei Männern mit Prostatakrebs hergestellt worden, wenngleich die Studien in USA und in Europa unterschiedliche Ergebnisse geliefert hätten. Die weiteren Ausführungen Prof. Semjonows betrafen Bekanntes: PSA kann falschen Alarm geben Nicht jeder Mann, bei dem Prostatakrebs diagnostiziert wird, muß behandelt werden. Die Senkung des PSA-Grenzwertes deutlich unter 4 ng/ml steigere die Entdeckungsquote potenziell klinisch relevanter Prostatakarzinome. Allerdings steige hierbei auch die Zahl der „zu früh“ erkannten Karzinome, die im Verlauf des Lebens den Betroffenen vermutlich nicht beeinträchtigen würden Unverständlichen Medienrummel habe es um Sarkosin gegeben, einen neuen Biomarker zur Entdeckung von Prostatakrebs, der schon als neuer "Supermarker" gefeiert würde, da er laut Studie bessere Ergebnisse als der PSA-Test aufweise. Für den Einsatz von Sarkosin in der PCa-Diagnostik sei es noch zu früh. Ein neuer Tumormarker sei dagegen PCA3, mit dessen Hilfe ein Prostatakarzinom identifiziert werden könne. Ein guter Ansatz sei auch, zusätzlich zur Bestimmung des freien PSA das pro-PSA. proPSA, eine Unterform des PSA, kann möglicherweise Hinweise auf die Aggressivität eines Prostatakarzinomes geben können und damit vielleicht eine Hilfe bei der Vermeidung von Uberdiagnose und Übertherapie eines „zu früh“ erkannten Prostatakarzinomes geben können. Für die Zukunft: Es sei zu vermuten, dass nicht ein einzelner Parameter zu einer aussagefähigen PSA-Messung führen wird, sondern eher eine Kombination aus mehreren Verfahren. „Das bedeutet dann aber auch, dass für den PSA-Test nicht mehr 20 bis 30 Euro zu bezahlen sind, sondern er wird mehrere hundert Euro kosten,“ fügte Prof. Semjonow an. proPSA steht ab Herbst für die Routinediagnostik zur Verfügung. Interessant die folgenden Aussagen von Prof. Semjonow: Bei Männern über 75 sei der PSA-Test nicht besonders relevant. Die Biopsie wird ab einem PSA ab 3,0 veranlaßt Bei einem PSA-Rezidiv nach einer RPE sei eine Radiotherapie bei einem PSA-Wert zwischen 0,5 und 1,0 „optimal“. Prof. Lothar Hertle erläuterte minimalinvasive Operationsmethoden: Operiert würde unter anderen nur, wenn nur eine minimale Lymphknotenmetastasierung vorläge. Auch auf Nachfrage war Näheres zu „Was ist eine nur minimale Lymphknotenmetastasierung? Bzw. Wie erkennt man die?“ nicht zu erfahren. Interessante Aussagen: „Der beste Platz für Prostatakrebs ist im Formalinglas des Pathologen“ Die meistens nach der OP festgestellte Inkontinenz sei nur eine Teilinkontinenz und die liegt bei 3% Laparoskopische und roboterassistierte OP-Verfahren seien mit einer längeren OP-Zeit verbunden. Wichtig sei den richtigen Operateur zu finden. Auswahlkriterien seien Operationsqualität und Operationserfolge Frau Prof. Sabine Kliesch, von Hause aus Andrologin und Urologin, erläuterte die Antihormonellen Therapien bei Prostatakrebs. Neben den guten grundsätzlichen Erläuterungen war Bekanntes und Interessant zu hören: Unterdrückung der Testosteronbildung können durch einen einfachen Bluttest nachgewiesen werden und führen zu deutlichen Beschwerden, wie vermehrte Müdigkeit, Nachlassen der Libido, Antriebsarmut, Hitzewallungen, Brustdrüsenveränderungen bis hin zum Knochenschwund (Osteoporose Die intermittierende Hormontherapie ist etabliert Hormonrefraktär wird man unterschiedlich nach etwa 5 bis 10 Jahren PD Dr. Christian Wülfing stellte in seinem Part „Neue Medikamente gegen den Prostatakrebs“ mit bei den Medikamenten zur zielgerichteten Behandlung (Targeted Therapy) nach Taxotere und Docetaxel deutliche Fortschritte fest. Für das hormonrefraktäre Prostatakarzinom bestehe die Möglichkeit der Durchführung einer Chemotherapie. Während diese Möglichkeit noch vor einigen Jahren gar nicht bestand, konnten Studienergebnisse der letzten Jahre zeigen, dass das Prostatakarzinom in diesem Stadium mit guten Erfolgen behandelt werden kann. Vielversprechend seien bisherige Studien mit Medikamenten, die auf die Endotheline wirken würden. Endotheline gehören zu den Wachstumsfaktoren und sind Teil der so genannten „Endothelin-Achse“ die aus Endothelin-1 (ET-1), Endothelin-2 (ET-2) und Endothelin-3 (ET-3) sowie den Endothelinrezeptoren ET-AR und ET-BR besteht. Die Blockade der ET-Wirkungen führt zu einer Hemmung der Tumorzellproliferation sowie zu einer Reduktion der Metastasierung. Gleichzeitig ist ET wohl auch ein AntiApoptose-Faktor, denn er verhindert unter anderem die Apoptose. ET-1 und ETAR würde bei Prostatakarzinomen deutlich hochreguliert, ein wichtiger Faktor bei der Therapie von Prostatakarzinomen im fortgeschrittenen und hormonrefraktären Stadium. Derzeit laufen schon Phase-III-Studien mit Endothelin-ARezeptorantagonisten bei Patienten mit hormonrefraktärem Prostatakarzinom. Dr. Wülfing berichtet von einer gerade aktuellen Phase III Studie mit Sunitinib (Markenname des Medikamentes ist Sutent), welches bisher erfolgreich beim Nierenzellenkarzinom eingesetzt wurde und jetzt auf dem Weg ist, auch für die Therapie des fortgeschrittenen und hormonrefraktären Prostatakarzinoms zugelassen zu werden. Zum einen verhindert Sunitinib die nötige Blutversorgung des Tumors, indem es die Rezeptoren für VEGF (vascular endothelial growth factor) und PDGF (platelet derived growth factor) an den Blutgefäße hemmt. Diese Wachstumsfaktoren können nun die für den Tumor überlebenswichtige Angiogenese nicht mehr anregen. Zum anderen bringt Sunitinib das Tumorwachstum zum Erliegen, da es auch spezielle Rezeptoren (PDGF- und KIT) im Tumor selbst blockiert. So unterdrückt es Signale, die zur verstärkten Zellteilung im Tumor führen. In Münster würde in einer Studie Sutent zusammen mit Kortison kombiniert. Die Wirkung sei sehr gezielt, daher sei das Nebenwirkungsspektrum geringer. Studie: Pfizer A6181120 ( a multicenter, randomized, double blind, phase 3 study of sunitinib plus prednisone in patients with progressive metastatic hormone-refractary prostate cancer after failure of a doxetaxel- based chemotherapy regimen). Mehr zu der Studie und den Möglichkeiten teilzunehmen sei unter der Rufnummer 0251-83 49 949 in der UKM zu erfahren. Bielefeld, 26.04.2009 (WDF)