Fact Sheet Prostatakrebs: Epidemiologie und Krankheitsverlauf Die häufigste urologische Krebserkrankung ist das Prostatakarzinom des Mannes, gefolgt von Blasen-, Nieren-, Hoden- und Peniskrebs. Im Gegensatz zu vielen anderen Krebserkrankungen lassen sich urologische Krebserkrankungen oft gut heilen. Dies setzt aber voraus, dass die Tumoren früh erkannt werden. Häufigkeit und Demographie Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung des Mannes in Deutschland: Das Prostatakarzinom macht etwa ein Viertel aller diagnostizierten Krebserkrankungen bei Männern aus. Für 2012 wird mit etwa 68.000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland gerechnet. In der Zukunft ist aufgrund der höheren Lebenserwartung und einer verbesserten Diagnostik mit weiter steigenden Fallzahlen zu rechnen. Die Erkrankung tritt vor allem in späteren Lebensjahren auf: Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 69 Jahren. Das Erkrankungsrisiko eines 40-Jährigen für die nächsten 10 Jahre liegt bei 0,1 %, das Risiko eines 70-Jährigen bei etwa 6 %. Allerdings lassen Autopsiebefunde in anderen Ländern auf eine höhere Verbreitung schließen. Im Unterschied zu anderen Tumorerkrankungen wächst das Prostatakarzinom oft recht langsam und ist lokal sehr gut behandelbar, so dass die Sterberate niedriger liegt als etwa bei Lungen- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs: Pro Jahr sterben etwa 12.000 Patienten an den Folgen von Prostatakrebs. Dies macht etwa 10 % aller Krebs-bedingten Todesfälle in Deutschland aus. Prostatakrebs ist die dritthäufigste krebsbedingte Todesursache in Deutschland. Rund 92 % aller Erkrankten überleben die ersten fünf Jahre ihrer Erkrankung. Das Prostatakarzinom deckt ein weites Spektrum unterschiedlicher Aggressivitätsgrade ab, so dass Therapieempfehlungen immer individuell getroffen werden müssen. Im internationalen Vergleich werden sehr unterschiedliche Erkrankungsraten gefunden. Die Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang mit der Ernährung, der Häufigkeit der Anwendung des PSA-Testes (siehe Fact Sheet Diagnostik und Früherkennung) und sozioökonomischen Faktoren: Die niedrigsten Raten weltweit werden in Südostasien (Japan) gefunden, die höchsten in den USA. Heidelberg, 21.1.2013: State of the art: Interdisziplinäre urologische Krebstherapie und -diagnostik in Heidelberg 1 Innerhalb Europas liegt die Erkrankungsrate in Nordeuropa höher als in den Mittelmeerländern. Symptomatik Die Prostata, umgangssprachlich auch Vorsteherdrüse genannt, ist eine etwa walnussgroße Drüse unterhalb der Blase im Unterleib des Mannes. Sie umschließt die Harnröhre, die den Urin aus der Blase in den Penis leitet, und liegt in enger Nachbarschaft zum Enddarm, was man bei der Tastuntersuchung ausnutzt. Die Prostata entleert beim Samenerguss eine Drüsenflüssigkeit in die Harnröhre, die als Transport- und Aktivierungsmittel für die Spermien aus dem Hoden dient, und bildet damit die Hauptkomponente des männlichen Spermas. Wachstum und Funktion der Prostata sind vom männlichen Geschlechtshormon Testosteron abhängig. Prostataerkrankungen, die mit einer Vergrößerung der Drüse einhergehen, sind gerade im mittleren bis höheren Alter des Mannes recht häufig. Meist handelt es sich hierbei um die gutartige Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie), die im Prinzip harmlos ist, aber zu Reizbeschwerden und Entleerungsstörungen beim Wasserlassen führen kann. Diese Anzeichen beruhen darauf, dass die vergrößerte Prostata die umschlossene Harnröhre verengt, im Ernstfall bis zu einem vollständigen Verschluss (Harnverhalt). Im Unterschied zur gutartigen Vergrößerung wächst der bösartige Prostatakrebs nicht nur unter Verengung der Harnröhre, sondern gibt in einem späteren Entwicklungsstadium auch Krebszellen in den Körper ab, die sich an anderen Orten ansiedeln können und dort Metastasen bilden, also neue Krebsherde. Typische Zielorgane für das metastasierende Prostatakarzinom sind die Knochen; weiterhin finden sich die Metastasen vor allem in umliegenden Lymphknoten. Die frühen Stadien des Prostatakarzinoms sind symptomlos, da die allmähliche Vergrößerung der Drüse zunächst keine weiteren Beschwerden verursacht. Da der Krebs nur sehr langsam wächst, vergehen so meist Jahre, bevor die ersten Anzeichen bemerkbar sind. Später entwickeln sich ähnliche Symptome wie bei der gutartigen Vergrößerung: Schmerzen und Beschwerden beim Wasserlassen, häufiges und unbefriedigendes Wasserlassen (vor allem in der Nacht), teilweise auch Erektionsprobleme, Beeinträchtigungen bei der Darmentleerung und Blut im Urin. Im weiteren Verlauf kommt es zu Symptomen durch die Metastasen-Besiedlung, wie Knochenschmerzen und -brüche, vor allem im Bereich der Wirbelsäule und des Beckens sowie neurologische Störungen im Rückenmark. Heidelberg, 21.1.2013: State of the art: Interdisziplinäre urologische Krebstherapie und -diagnostik in Heidelberg 2 Risikofaktoren Die Ursachen des Prostatakarzinoms sind nicht bekannt. Eine erblich bedingte Veranlagung existiert, da die Erkrankung unter nahen Angehörigen etwa doppelt so häufig auftritt, allerdings sind die verantwortlichen Gene nicht vollständig identifiziert. Es gibt aber einige Risikofaktoren, die einen Einfluss auf die Entstehung und Entwicklung des Prostatakarzinoms haben: Hauptrisikofaktor ist das Alter. So ist Prostatakrebs bei deutschen Männern zwischen 65-69 Jahren wesentlich häufiger (etwa um den Faktor 57) als bei 30-34-jährigen Männern. Ernährung ist ein weiterer Risikofaktor, wie unter 1. beschrieben. Dabei hängt das Risiko von der Umwelt ab und nicht von den Genen, denn mit dem Umzug aus einem Land mit niedrigem Risiko (z. B. Japan) in ein Hochrisikoland (z. B. USA) und entsprechender Änderung der Ernährungsgewohnheiten steigt für einen Mann auch das persönliche Risiko für eine Krebserkrankung der Prostata. Lokale, chronische Entzündungen z. B. nach Geschlechtskrankheiten oder einer Prostataentzündung sind mit einem erhöhten Risiko für ein Prostatakarzinom verbunden. Nach derzeit geltender Meinung sind dagegen nicht als Risikofaktoren einzuschätzen: Samenleiterdurchtrennung (Vasektomie), wenig oder viel Geschlechtsverkehr, Diabetes mellitus, Fettsucht. Vorbeugung Es gibt es keine Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel, mit denen man sinnvoll Prostatakrebs vorbeugen könnte. Zu den Wirkstoffen Finasterid und Dutasterid liegen positive Daten vor, allerdings sind diese Substanzen, die zur Behandlung der gutartigen Prostatavergrößerung eingesetzt werden, bislang nicht zur Prävention eines Prostatakarzinoms zugelassen, da ein geringes Risiko für die Entstehung aggressiver Formen des Prostatakarzinoms besteht.. Dementsprechend weisen die medizinischen Leitlinienempfehlungen den behandelnden Arzt an: „Männer sollen über eine gesunde Lebensweise beraten werden. Hierzu gehören Aspekte der Ernährung, der körperlichen Bewegung und der psychosozialen Situation.“ Diese Empfehlungen zielen eher auf eine allgemeine Krebsprävention ab, als dass sie spezielle Regeln zur Prävention eines Prostatakarzinoms darstellen: Heidelberg, 21.1.2013: State of the art: Interdisziplinäre urologische Krebstherapie und -diagnostik in Heidelberg 3 Streben Sie ein gesundes Gewicht an. Vermeiden oder reduzieren Sie Übergewicht und achten Sie auf eine gesunde Balance von Energieaufnahme und körperlicher Aktivität. Seien Sie körperlich aktiv und dies an mehreren Tagen in der Woche neben den normalen täglichen Tätigkeiten (mind. 30 Minuten an mind. 5 Tagen). Achten Sie auf eine gesunde Ernährung mit dem Schwerpunkt auf pflanzlichen Produkten. Begrenzen Sie beispielsweise die Zufuhr von Weißmehlprodukten und Fleischprodukten bzw. rotem Fleisch. Nehmen Sie dagegen mehrfach ungesättigte Pflanzenfette zu sich. Auch Sojaprodukte, Obst und Gemüse (Tomaten, Brokkoli, Kohl) wirken krebshemmend. Reduzieren Sie Ihren Alkoholkonsum. Quellen: [1] Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms (2011). Als PDF downloadbar unter http://www.urologenportal.de/fileadmin/MDB/PDF/S3_LL_PCa_110331_Version1.03.pdf [2] Robert-Koch-Institut, Zentrum für Krebsregisterdaten, und Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (GEKID): Krebs in Deutschland, 2008. Im Internet abrufbar unter http://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Prostatakrebs/prostatakrebs_node.html [3] Barmer GEK Report Krankenhaus 2012. Als PDF downloadbar unter http://presse.barmergek.de/barmer/web/Portale/Presseportal/Subportal/Presseinformationen/Archiv/2012/120724-Report-Krankenhaus2012/PDF-Report-Krankenhaus-2012,property=Data.pdf [4] Deutsche Krebshilfe: Blaue Ratgeber 17: Prostatakrebs. Als PDF downloadbar unter http://www.krebshilfe.de/fileadmin/Inhalte/Downloads/PDFs/Blaue_Ratgeber/017_prostata.pdf [5] www.onmeda.de [6] Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), 2008. Internet abrufbar unter http://www.krebsinformation.de/tumorarten/prostatakrebs/ Heidelberg, 21.1.2013: State of the art: Interdisziplinäre urologische Krebstherapie und -diagnostik in Heidelberg 4