Traditionsverfeinerer Gespräch mit dem Winzer Christian Müller War Ihnen als Sohn eines Winzers der Weinbau in die Wiege gelegt? Nein, ich war alles andere als ein klassischer Winzerbub. Als Jugendlicher wollte ich erst mal raus in die Welt, was anderes sehen. Als Jugendlicher fand ich diese große Nähe zum Winzerbetrieb eher mühsam. Wir wohnen direkt über dem Betrieb und deshalb waren auch ständig Kunden hier, denen man höflich die Hände schütteln musste. Oft gab es Weinproben, so dass auch am Wochenende keine Ruhe war. Der Abstand zum Betrieb war einfach nicht da. Deshalb war ich mir als Jugendlicher sicher: Winzer, nein, auf gar keinen Fall! Deshalb habe ich meine Liebe zum Wein nicht zu Hause auf dem Weingut meiner Familie entdeckt, sondern weit weg in Neuseeland, erst nach der Schule, mit ungefähr 18 Jahren. Dort habe ich in einem Weingut gearbeitet, im Rahmen einer Weltreise. Eigentlich in erster Linie, um mir die Reise zu finanzieren. Aber dort in Neuseeland auf dem Weingut kam der Aha-Effekt: Ich will als Winzer arbeiten! Wie kam es in Neuseeland zum Aha-Effekt? Und wie ging es danach weiter? Ich war vor Neuseeland bereits ein Jahr in den USA. Seit dem 16. Lebensjahr war ich weg aus der fränkischen Heimat. In Neuseeland hatte ich zum ersten Mal einen ernsthaften Bezug zum Wein. Das Arbeiten mit dem Wein hat mir dort plötzlich Spaß gemacht und ich habe mich ernsthaft damit beschäftigt. Auf dem Weingut dort gab es viele junge Leute, die alle Wein-Enthusiasten waren und Spaß daran hatten. Nach dem Aufenthalt in Neuseeland (mit 18 Jahren) war klar: Ich will Winzer werden, es gibt nichts anderes für mich! Danach habe ich dann eine Weinbau-Lehre gemacht. Die Ausbildung war eine Bestätigung meiner Entscheidung, Winzer zu werden. Dort habe ich die Praxis des Weinbaus von Grund auf gelernt. Ich war nicht nur bei einem Ausbildungsbetrieb, sondern bei mehreren verschiedenen Betrieben. Dort habe ich verschiedene Philosophien unterschiedlicher Winzer kennengelernt, das hat meinen Horizont deutlich erweitert. Danach habe ich an der Hochschule Geisenheim Weinbau studiert – mehr schlecht als recht. Die praktische Ausbildung hat mich sehr viel stärker geprägt. Im Studium lernt man ja eher die Theorie und wie die Weinindustrie arbeitet. Aber während des Studiums war ich dann nochmal für ein dreimonatiges Praktikum im Ausland, diesmal in Südafrika. Das war nochmal sehr inspirierend. Wie war es dann, nach Ausbildung und Studium zurück in den väterlichen Betrieb zurückzukommen? War es nicht schwierig, die Ansichten von Vater und Sohn unter einen Hut zu bringen, wenn der Sohn mit vielen neuen Ideen in den Betrieb kommt und vieles anders machen möchte? Bereits während der Ausbildung gab es eine Möglichkeit, einen Weinberg in Steilstlage zu kaufen. Mein Vater wollte das nicht, aber ich unbedingt. Diesen Weinberg habe ich dann bekommen und durfte dort alles so machen wie ich will, ohne dass mir mein Vater reinredet. Er hatte großes Vertrauen in mich, aber es war gut, dass ich dort mein eigenes Ding durchziehen konnte. Ich habe mit einem Wein auf diesem Weinberg angefangen und dann peu à peu mehr gemacht im Weingut. Das war perfekt, um hineinzuwachsen und gemeinsam mit meinem Vater eine Linie zur Leitung des Betriebs zu finden. Wein machen ist gar nicht so wichtig. Der Weinberg macht letztendlich den Wein. Dort findet die eigentliche Arbeit statt. Was im Keller gearbeitet wird, steht in keinem Verhältnis zu der Arbeit im Weinberg. Die Reben, der Boden, die Lage haben einen viel größeren Einfluss auf den Wein. Man muss den Weinberg verstehen! Es ist ein sehr langer Prozess, bis man versteht, wieso der Silvaner an der einen Stelle besser schmeckt als wo anders. Für dieses Wissen braucht es viele Jahrgänge. Was macht Christian Müller anders? Früher wurde Wein nach den Vorstellungen des Markts bewusst gemacht. Wenn gerade Rotwein in Mode war oder besonders fruchtige Weine, dann hat man die alten Reben rausgerissen und neue gepflanzt, um einen marktgerechten Wein zu bekommen. Heute geht die Entwicklung wieder zurück zu den Generationen, wie sie es früher gemacht haben. Keine schnelllebigen Moden, nach denen man sich richtet. Dafür hatten sie viele Jahre Erfahrung mit dem Boden, dem Klima und den Rebsorten gesammelt und wissen, was am jeweiligen Ort am besten wächst und einen guten Wein gibt. Es gibt einen Trend zur Entschleunigung der Branche, weg vom hohen Ertrag zu genügsameren, weniger ertragreichen traditionellen Sorten, denen man die nötige Zeit gibt, um zu einem guten Wein zu werden. Was machen Sie anders als Ihr Vater? Ich arbeite wieder stark mir klassischen Weinfässern aus Holz. Mein Vater hatte Holzfässer durch Edelstahltanks ersetzt. Damit kann man Wein unter sehr kontrollierten Bedingungen herstellen, in einem quasi industriellen Prozess. Ich setze wieder auf Holzfässer und baue den Wein wie vor 150 Jahren aus. Der Gärprozess im Holzfass ist weit weniger kontrollierbar, denn ein Holzfass lebt. In jedem Holzfass entwickelt sich eine eigene Flora und beeinflusst den Wein. Das kann auch mal in die Hose gehen. Aber genau das ist auch das Spannende. Man gibt einen Teil des Prozesses an die Natur ab. Im Holzfass verliert man Wein durch Verdunstung, gleichzeitig lässt ein Holzfass aber auch Sauerstoff hinein – das tut dem Wein gut, das gibt interessante Aromen. Dagegen gibt es im Edelstahltank keinen Austausch. Unser Weingut hat einen alten Gewölbekeller von 1692. Das ist für mich auch persönlich schön, dass Max Müller vor 200 Jahren genauso wie ich dastand mit den Holzfässern und gar nichts groß anders gemacht hat. Das heißt loslassen, den Wein gehen lassen, den Druck rausnehmen. Entgegen des Trends, möglichst schnell neue Weine auf den Markt zu bringen, mit denselben garantierten Eigenschaften selbst bei Zugtausenden von Litern. Ich habe 2008 mit Holzfässern angefangen. Da war beim Vater schon eine große Skepsis da. Just der Erstlingswein lag aber bei einer der wichtigsten Silvaner-Verkostungen ganz weit vorne. Das hat meinem Vater dann auch die Scheu vor Holzfässern genommen. Damit ließ er sich auch überzeugen, dass das der richtige Weg ist. Ich mache aber auch nicht alle Weine im Holzfass. Mein Vater und ich tauschen uns sehr intensiv aus über alle Weine, da beeinflussen wir uns schon sehr stark gegenseitig. Aber es gibt Weine, bei denen er den Hut aufhat und die letzte Entscheidung, wie es gemacht wird und bei manchen eben ich. Wir tolerieren uns beide – er muss mich aber immer mehr tolerieren. Mein Bruder hat auch Weinbau studiert. Er übernimmt gerade in einem Nachbarort einen Hof, betreibt dort eine Weinbar, organisiert Kulturveranstaltungen und macht selbst auch noch ein paar Weine. Aber der Schwerpunkt wird bei ihm eher auf Gastronomie und Veranstaltungen liegen. Meine Schwester ist vor Ort bei einer Bank angestellt. Aber wenn es größere Veranstaltungen bei uns auf dem Hopf gibt, dann hilft sie immer noch gerne mit. Auf dem Weingut Max Müller gibt es keinen Kellermeister etc. Auf dem Weinhof mitten in Volkach machen Vater und Sohn praktisch alles selbst. Ein richtiger Familienbetrieb. Was bedeutet Ihnen die Region? Die Schönheit der Region habe ich erst schätzen gelernt als ich lange Jahre im Ausland war und dann wieder zurück kam, Danach habe ich erst richtig erkannt wie wunderschön die Kulturlandschaft bei uns eigentlich ist: die Weinberge um die Mainschleife herum, in teils steilsten Hanglagen, die Nähe zum Fluss. Gastronomisch ist es hier auch toll: Wo guter Wein produziert wird, gibt es auch gute Gastronomie. Winzer sein ist auch Lebensstil: ein guter Wein braucht gutes Essen. Wir sind hier schon gesegnet – sowohl landschaftlich wie kulturell. Der Natureindruck ändert sich hier alle paar Schritte durch die hügelige Landschaft, durch die teil tief eingeschnittenen Flüsse, malerische Städtchen. Streuobstwiesen, Weinberge. Da vermisse ich das landschaftlich schöne Neuseeland gar nicht so sehr. Die Städte bieten viel Kultur (Würzburg, Schweinfurth). Wie ist Ihre Verbindung zum Weingut und zu Ihren Vorfahren? Unser Hof liegt mitten in Volkach in der Hauptstraße. Es war ursprünglich ein Kloster. Mein Opa hat dieses alte Kloster gekauft. Jetzt sind wir die 3. Generation von Müllers in Volkach, die Wein keltern. Mein Urgroßvater Max Müller war in einer Gasse um die Ecke mit einem landwirtschaftlichen Mischbetrieb. Neben Wein hatte er auch Vieh, Obst und Ackerbau. Mein Opa hat sich dann bereits ganz auf Wein spezialisiert – aber ohne besonders hohen Wert auf Qualität zu legen. Dann kamen meine Eltern, die das Weingut zu dem gemacht haben, was es jetzt ist: Qualität steht im Mittelpunkt. Jede Generation hat immer etwas anders gemacht – und so wird das sicher auch eines Tages bei meinen Kindern sein. Die Arbeit, die ich mache, trägt erst richtig, wenn die Reben 50 Jahre alt sind. Meine Arbeit ist also letztlich für die nächste Generation. Wer weiß, was sie dann über meine Arbeit denken werden! Mein Opa wollte zu seinen Lebzeiten die alten Reben bei einem Weinberg rausreißen, weil der Ertrag nicht mehr so groß war. Ich habe ihn damals bekniet, dass er die alten Reben drin lässt. Heute ist das mein bester Weinberg. Viele junge Winzer sind heute stolz, solche alten Weinberge mit alten Reben zu haben. Pläne: Meine Frau ist Opernsängerin. Möglicherweise machen wir hier auf dem Hof zukünftig Musikveranstaltungen. Essen, Trinken und Musik: Das lässt sich gut zu einem Genusspaket verbinden. Was steckt hinter Ihrem Tattoo „Main Silvaner rockt“? Ist es aus einer Laune heraus entstanden Eine gute Freundin hat in Berlin einen ziemlich verrückten Laden mit Rockmusik, Burgern und richtig gutem Wein. Darunter ist ein kleines Tattoo-Studio. Nach einer guten Flasche Wein kam ich vom Wein beseelt zum Entschluss, das Tattoo jetzt zu machen. Der Text geisterte mir aber schon länger im Kopf herum: Main Silvaner rockt. Das ist mir und vielen Franken schon wichtig: Dass Silvaner als hochqualitativer Wein wahrgenommen wird. Silvaner ist die Hauptrebsorte in Franken. Die Franken sind manchmal vielleicht etwas zu zurückhaltend, ihren guten Wein national und international anzupreisen. Gerade international kenn man aus Deutschland ja nur Riesling. Silvaner gibt es fast nur in Franken, deshalb ist es eine kleine Nische – aber eine gute! Silvaner ist nicht nur der altbekannte quittige, leichte, säurearme, milde, erdige Wein im Bocksbeutel. Silvaner aus Franken sind unglaublich facettenreich. Ich freue mich deshalb besonders, wenn bei mir ein richtig schräger Silvaner aus dem Weinkeller kommt. Das Ziel von mir und vielen anderen Winzern in Franken ist: Wir wollen bekannt machen, dass Silvaner eine wunderbarer, vielseitige Rebsorte ist. In Franken wächst Silvaner auf Muschelkalk, auf Keuper, auf Buntsandstein, oft nur wenige Meter voneinander entfernt. Das prägt die Weine sehr stark und macht sie ganz unterschiedlich: Deshalb gibt es eine sehr große Bandbreite, eine große Vielfalt, auch weil wir noch viele alte Silvaner-Weinberge haben. Genau diese Vielseitigkeit zeichnet eine große Rebsorte aus: dass ganz unterschiedliches aus ihr entstehen kann. Und das machen wir hier in Franken einfach gut, den Silvaner selbst arbeiten zu lassen und die Stärken unserer Böden und Lagen ins Glas zu bringen. Sogar die Franzosen kommen mittlerweile nach Franken, um sich anzuschauen, was die Winzer hier machen. Die Wahrnehmung des deutschen Weins ist international generell stark gestiegen in den letzten Jahren. Wird Silvaner von Max Müller auch international getrunken? Es kommen immer wieder auch internationale Gäste nach Volkach, um den Wein zu verkosten und zu kaufen. Ich weiß zum Beispiel auch von einer Vinothek in Tokyo, die Silvaner von Max Müller im Programm hat. Unser fränkischer Bocksbeutel steht jetzt also auch in Tokyo. Über BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH Die BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH (by.TM) ist die offizielle Marketinggesellschaft der bayerischen Tourismus- und Freizeitwirtschaft. Unter der Dachmarke Bayern® präsentiert das Unternehmen die gesamte Vielfalt der touristischen Angebote im Freistaat. Seit 2015 konzentrieren sich die Marketingaktivitäten auf wechselnde Ganzjahreskampagnen mit aufmerksamkeitsstarken Fokusthemen. Zusätzlich garantieren die Submarken WellVital in Bayern®, Kinderland Bayern®, die Hotelmarke Sightsleeping® sowie die Businessmarke Gipfeltreffen® zielgruppenspezifische Angebote für Genießer, Familien, Kulturliebhaber und Gewerbetreibende. Eigens initiierte Projekte wie beispielsweise „Filmkulisse Bayern“ sowie „Herrschaftliches Bayern“ verbinden den Tourismus mit anderen Branchen und bilden wertvolle Synergien. So bietet die by.TM gemeinsam mit allen bayerischen Tourismuspartnern Gästen aus aller Welt attraktive und abwechslungsreiche Reiseideen. Im letzten Jahr konnte das Urlaubsland Bayern seinen Spitzenplatz als Reisedestination Nummer eins in Deutschland weiter festigen. Aktuell verzeichnet der Freistaat rund 32,5 Millionen Gästeankünfte und 85,2 Millionen Übernachtungen. Informationen zur Reisevielfalt Bayerns und zur BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH finden Sie unter www.bayern.by. Für weitere Presseinformationen: Claudia Hinnerkopf Leiterin Kommunikation BAYERN TOURISMUS Marketing Tel.: 089/21 23 97 27 Fax: 089/21 23 97 99 Mail: [email protected] Diana Schlee Manager Public Relations BAYERN TOURISMUS Marketing Tel.: 089/21 23 97 36 Fax: 089/21 23 97 99 Mail: [email protected] Presseservices: www.bayern.by, www.presse.bayern.by, www.bilder.bayern.by Facebook: http://www.facebook.com/dein.Bayern