Zweiter Weltkrieg

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Zweiter Weltkrieg
Dr. Mark Hatlie
Station 1: Zweifrontenkrieg
Oft wird argumentiert, dass im Zweiten Weltkrieg Deutschland deswegen im
Nachteil war, weil es an zwei oder mehr Fronten kämpfte: Ostfront und
Westfront, ja sogar im Mittelmeerraum und in Skandinavien. War diese
Situation das eigentliche Problem? Im Ersten Weltkrieg hat Deutschland viel
länger an mehreren Fronten gekämpft, bevor es aufgeben mußte. Wenn die Zahl
der Fronten entscheidend wäre, hätte Deutschland schon 1915 aufgeben
müssen.
Spielen wir „Zweifrontenschach“. Wir legen zwei Spielbretter aneinander und
spielen mit drei Farben – Rot und Weiß spielen gegen Schwarz. Alle haben die
acht Hauptfiguren. Rot und Weiß haben je acht, Schwarz 16 Bauern. Sie werden
so aufgestellt, dass Schwarz in der Mitte spielt. Die Pfeile zeigen an, in welche
Richtung die Bauern spielen dürfen. Die Hauptfiguren dürfen wie im normalen
Schach in allen Richtungen spielen.
T
S
L
D
K
L
S
T
B
B
B
B
B
B
B
B
Weiß
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Schwarz
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B
B
B
B
B
B
B
T
S
L
D
K
L
S
T
Rot
Es spielt Weiß, dann Schwarz, dann Rot, dann Schwarz, dann Weiß usw. Noch
eine letzte Regel: Spieler sehen nur gegnerische Figuren, die sie auch angreifen
können. Sonst müssen sie blind spielen.
Wie sehen die Chancen aus? Wer ist im Vorteil? Warum? Wie wäre es, wenn
die Faktionen zahlenmäßig gleich wären – etwa doppelt so viele Hauptfiguren
für Schwarz?
Alternative „Einfrontkrieg“:
T
S
L
D
Weiß K
L
S
T
T
S
L
D
K
Rot L
S
T
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B
B
B
B
T
S
L
D Schwarz
K
L
S
T
Wo würdest du lieber Schwarz spielen?
Schreibe deine Schlussfolgerungen für geostrategische Lage Deutschlands in der
ersten Hälfte des 20. Jahrhundert auf.
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Dr. Mark Hatlie
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Station 2: Lettland im Krieg
Jedes Jahr im März feiern die Letten in ihrer Hauptstadt Riga die Veteranen des
Zweiten Weltkriegs. Dies wird aber in deutschen Zeitungen von negativen
Berichten aufgenommen, denn diese Veteranen sind ehemalige SS Soldaten. Sie
haben ab 1943, als die Deutschen die örtliche männliche Bevölkerung zu
mobilisieren versuchte, zwei Division der Waffen SS gebildet, teils freiwillig,
teils unter Zwang.
Anhand der beilegenden Chronologie der Ereignisse, überlege warum so viele
Letten heute noch ihre Veteranen, die unter deutscher Führung in einem
hoffnungslosen und verlorenen Krieg auf "falscher" Seite kämpften, feiern.
Überlege auch in diesem Zusammenhang, warum die SS-Veteranen gefeiert
werden und für welche anderen Länder eine solche Einstellung denkbar wäre.
19. Jht.
1914
1915-18
1918
1919
1934
1940
1941
1941
1941-43
1944
1949
19451991
Ein lettisches Nationalbewußtsein wächst heran. Immer mehr Letten wollen von
der deutschen Oberschicht und der russischen Herrschaft frei sein.
Der Erste Weltkrieg bricht aus.
Das lettische Territorium wird von deutschen Truppen besetzt. Annexionspläne
werden unter den Deutschen in Lettland populär.
Lettland erklärt die Unabhängigkeit.
Ein bitterer Bürgerkrieg zwischen den Nationalitäten in Lettland bricht aus –Ein
demokratischer Staat unter lettischer Führung ist das Resultat.
Nach Weltwirtschaftskrise und starker Agitation von links und rechts setzt ein
Putsch die Verfassung außer Kraft. Die nationalistische Regierung ist autoritär,
aber nicht sonderlich grausam.
Die Sowjetunion annektiert die baltischen Staaten – auch Lettland.
Zehntausend Letten werden ins Gefängnis geworfen, erschossen oder deportiert.
Die Deutschen werden ausgewiesen. Die lettische Elite ist stark geschwächt. Die
Wirtschaft wird in die sowjetische Planwirtschaft eingebunden.
Nazideutschland überfällt die Sowjetunion und nach wenigen Wochen ist
Lettland hinter der deutschen Front.
Fast alle Juden in Lettland werden umgebracht oder deportiert.
Die Sowjetunion erobert Lettland wieder.
Massenenteignung des Bodens (Kollektivierung) und eine Massendeportation
vieler Letten nach Sibirien.
Hunderdtausende Russen kommen nach Lettland – Militärs, Rentner,
Fabrikarbeiter, Bürokraten. Sie nehmen fast alle wichtigen Stellen im Land ein.
Die Letten werden sogar zur Minderheit in der Hauptstadt, Riga.
Schreibe deine Überlegungen auf.
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Dr. Mark Hatlie
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Station 3: Präventivkriegsthese
Im Juni 1941 überfiel Nazideutschland die Sowjetunion und verstieß somit
gegen die im August 1939 mit Stalin ausgehandelte Abmachung (Hitler-Stalin
Pakt oder Molotov-Ribbentrop Pakt). Einer der Argumente der Nazis war, dass
der Kommunismus eine Bedrohung für Deutschland und Europa darstellte und,
dass Stalin sowieso bald Deutschland überfallen hätte. Somit sei der
Angriffskrieg gegen die Sowjetunion eigentlich ein Präventivkrieg gewesen.
In den 1990er Jahren machte ein russischer Historiker, ein ehemaliger
sowjetischer Geheimdienstmitarbeiter, mit einem ähnlichen Argument auf sich
aufmerksam. Er behauptete, im russischen Archive Dokumente gefunden zu
haben, die ein solches Vorhaben seitens der Sowjets bestätigen. Während das
meiste im Verborgenen blieb und z.T. aus hanebüchenen Behauptungen bestand
und unglaubhaft bleibt, liegen einige Dokumente vor, die auf ein solches
Vorhaben deuten, wenn auch schwach, wie etwa ein handgeschriebener Entwurf
eines Angriffs auf die deutschen Streitkräfte in Polen.
Zwei Fragen:
1) Kurzantwort zum militärisch-strategischen Problem. Was hätte ein
sowjetischer Angriff auf Deutschland gebracht? Was wäre wenn, z.B.,
Deutschland sich 1941 auf Großbritannien konzentriert hätte und im Frühjahr
1942 Stalin das Deutsche Reich angegriffen hätte? Kurzantwort.
2) Die Fakten beiseite – wer hat heute etwas davon? Warum war diese These
unter Russen Ende der Sowjetzeit (1987-1995 etwa) populär und warum ist sie
heute unter Putin nicht mehr populär? Wer im heutigen Deutschland oder
Europa hätte ein Interesse daran, dass die Präventivkriegsthese stimmt?
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Dr. Mark Hatlie
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Station 4: Wüstenkrieg
Alle haben von Erwin Rommel gehört – dem Vater des ehemaligen Stuttgarter
Bürgermeisters Manfred Rommel. Erwin Rommel kommandierte 1943-1944 die
deutschen Truppen in Frankreich und organisierte dort die Abwehr gegen die
Briten und Amerikaner. 1941-1943 war er dagegen der Oberbefehlshaber der
deutschen und verbündeten italienischen Streitkräfte in Nordafrika. Was um
alles in der Welt haben deutsche Truppen in Afrika zu suchen? Was bringt das?
Der Krieg dort tobte zunächst in Libyen und Ägypten als die Achsenmächte
versuchten, von der italienischen Kolonie Libyen aus, gegen Osten vorzustoßen.
Die Briten waren stärker und gewannen die Schlacht bei El Alemein in Ägypten.
Sie verfolgten Rommel zurück nach Libyen. Die Amerikaner landeten Bald in
Algerien und Marokko und Rommel war in der Falle. Anfang 1943 kapitulierte
das Afrikakorps in Tunesien. Zehntausende Truppen wanderten in die
Kriegsgefangenschaft.
Warum? War Hitler einfach bescheuert und wollte etwas mehr Sand in seinem
"tausendjährigen Reich" einschließen? Als Historiker sollen wir zunächst von
Vernunft ausgehen und uns überlegen, was für eine Handlung spricht. Auch
wenn wir diesen Feldzug als strategischen Fehler bewerten sollten: Was waren
mögliche Gründe, so viele Ressourcen in so ein Unternehmen zu investieren?
Betrachte eine Weltkarte der damaligen Zeit, falls dir nichts einfällt.
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Dr. Mark Hatlie
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Station 5: Todesraten
Landkarten vom Krieg zeigen kleine Figuren und Pfeile die über Europa hin und
her rasen. Die Pfeile der einen Seiten werden länger und die Farben der
Gebiete wechseln sich ab. Das deutsche Herrschaftsgebiet breitet sich aus und
klappt wieder zusammen. Die Fronten und Bewegungen in Polen 1939 sind
denen ähnlich, die den Fall Frankreichs 1940s, die Verschiebungen in Afrika,
oder die Eroberungen in Rußland darstellen. Aber ist das alles gleich?
Betrachte die Fotos vom Kriegerdenkmal in Tübingen-Bühl und die Tabelle, die
der Lehrer anhand der Gedenkkreuze am Stadtfriedhof in TübingenUnterjesigen und der Gedenktafel an der Kirche in Tübingen-Hageloch erstellt
hat. Diese Zahlen sind ganz typisch. Die Totenliste an der Aussegnungshalle am
Friedhof in Mössingen und an anderen Orten weist eine ähnliche Verteilung auf.
Zeichne mit Text oder einer Graphik nach, wie die Intensität des Krieges sich als
eine Zahl von Toten pro Monat darstellt. Berücksichtige, dass der Krieg Anfang
September begann und Anfang Mai endete. Sie muß nicht exakt sein, aber die
Entwicklung ungefähr zeigen. Kannst du dir vorstellen, ob es sich für die
anderen Länder ähnlich ausgesehen hat oder nicht?
Spekulieren: Was denkst du allgemein über die Todesrate bei Angriff oder
Verteidigung? Denk an den Film über die Schlacht an der Somme, wo die
stürmenden Soldaten reihenweise von den deutschen Maschinengewehren
niedergemäht wurden. Verliert ein Land mehr Soldaten, wenn es vorwärts
kommt und evtl. siegt, oder mehr wenn es sich eingräbt, verteidigt, sich
zurückzieht und evtl. verliert?
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Dr. Mark Hatlie
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Station 6: Landung
Viele werden den Film "Der Soldat James Ryan" kennen (Saving Private Ryan,
1994). In den ersten 20 Minuten wird die Landung des 116. Regiments am
OMAHA-Strand in der Normandie in grausamer Deutlichkeit gezeigt. An jener
Stelle wird es in Wirklichkeit wohl ähnlich zugegangen sein, wobei das
Geschehen sich über Stunden erstreckte und nicht so schnell ablief. Einige
Landungsbote verloren 90% ihrer Soldaten. An anderen Stellen entlang der 70
Kilometer langen Landungsfront sah es streckenweise ganz anders aus – mal
100 Tote, mal Tausende.
What's the problem? Warum ist eine solche Operation – oder eine
Flußüberquerung wie am Rhein oder an den großen Nord-Süd-Flüssen in der
Sowjetunion – überhaupt ein Problem? Warum verschanzen sich Armeen am
Strand oder hinter Flussverläufen? Die Soldaten sind in den Booten doch gut
geschützt, oder? Sie können schnell und in guter Deckung vorwärts stürmen.
Oder sie können einfach mit Fallschirmspringern den Fluß oder ein anderes
Gewässer überfliegen. Alles kein Problem. Oder doch?
Was sind die Probleme? Was sind die Kosten? Was sind die Risiken?
Die Japaner haben in der Regel auf den kleinen Inseln im Pazifik eine andere
Taktik verwendet. Sie haben sich im Hinterland und nicht am Strand verschanzt.
Es ist im Film Letters from Iwo Jima eindrücklich zu sehen. Sie warteten, bis die
Amerikaner ausgeladen waren und den Marsch vom Strand begannen. Dann
legte sie los und schossen auf den Strand mit allen Waffen und Artillerie.
Wieso? Warum ist die Taktik besser? Oder doch schlechter?
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Dr. Mark Hatlie
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Station 7: Spanien
Als 1936 der Bürgerkrieg in Spanien ausbrach, stellten sie die faschistischen
Staaten Deutschland und Italien auf die Seite der spanischen Nationalisten unter
dem Diktator Franco. Sie schickten Kriegsmaterial, Waffen, Fahrzeuge,
mitunter auch deutsche Piloten und andere freiwillige Kämpfer. Die
Republikaner, die "Linken", wurden von der Sowjetunion in ähnlicher Weise
unterstützt. Als der Zweite Weltkrieg in Europa ausbrach, blieb Francos
Spanien neutral. Als Frankreich zusammenbrach und Großbritannien alleine
Nazideutschland gegenüberstand, hat Italien die Gelegenheit benützt und sich
auf die Seite der Deutschen geschlagen. Spanien nicht. 1945 starben Hitler und
Mussolini gewaltsam. Franco starb friedlich als alter Mann erst 30 Jahre
später.
Was wäre passiert, wenn Franco anders entschieden hätte? Die spanischen
Streitkräfte waren nicht furchtbar mächtig, aber dafür im Kampf erfahren.
Spanien hatte nicht viel Industrie, aber eine strategisch Position. Nimm eine
Karte zur Hand.
Wie sieht es aus? Hätte Spanien den Kriegsverlauf ändern können? Denke an
den strategischen Raum.
Was hätte Hitler davon gehabt außer einfach mehr Truppen? Was hätte Spanien
davon? Was hätte Spanien riskiert?
Zweiter Weltkrieg
Dr. Mark Hatlie
7
Diese Karte von Wikipedia zeigt die Gegenangriffe der USA und des Vereinigten
Königreiches gegen Deutschland und Italien im Mittelmeerraum, 1942-1945.
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