33 Strategien der Vertextung in Werbetexten STEPHAN STEIN < □ t h C D TT (D t C D /« Linguistics of text it has been argued that there is an obvious connection between the function of a text and the chosen textualisation pattern (like argumentation, description, narration and explication). For example, it is likely to find variations of the textualisation pattern argumentation in such texts that are meant to evoke persuasive effects and a positive emotional attitude of the recipient. The article deals with this question and wants to point out the different kinds oftextualisation patterns and their use in advertising texts. Since advertising nowadays very often prefers indirect forms ofappealing and aims at making the recipient think positive o f th e advertised product, it is to find out which basic forms oftextualisation patterns can be combined with the dominant textual function. For this purpose the article discusses the different structures of textualisation patterns and applies them to different examples ofadvertising texts. 1. Grundlagen 1.1. Zusammenhang von Themenentfaltung und Textfunktion Die Überlegungen zur Vertextung greifen zwei zentrale Aspekte der Textkonstitution wie auch der Textanalyse auf und sind Bestandteil der Textsorten- bzw. Textmusteranalyse, wie sie in mehrdimensionalen (vgl. Heinemann/Viehweger 1991) bzw. holistischen (vgl. Sandig 1997; Heinemann/Heinemann 2002; Bachmann-Stein 2004; Stein 2004) Modellen üblich geworden ist. Wer sich hier einen Überblick verschafft, wird ungeachtet von Unterschieden in den Feinheiten der Modelle auf eine Reihe von auffälligen Gemeinsamkeiten stoßen, die die Forschungslage kennzeichnen. In der Regel wird - als 1. Auffälligkeit - ein (mehr oder weniger enger) Zusammenhang zwischen Handlungstyp und Handlungshierarchie sowie Zeitschrift für angewandte Linguistik (2011), 33 — 56 DOI 10.1515/zfal.2011.003 14339889/2011/054—003 3 © Walter de Gruyter 34 ED CD tt (D <□ ii Öh (D 13 C Di Oi k Stephan Stein Themenentfaltung angenommen1. Sandig (1997, 27 und 30) beispielsweise spricht davon, dass das Thema „eingelagert in die Handlungsstruktur" präsentiert und entfaltet wird und - weiter, m.E. sogar zu weit gehend - dass sich die „Grundformen der thematischen Entfaltung" (nach Brinker) als Teilhandlungen beschreiben lassen (vgl. 1997, 30). Im Kontext prototypentheoretischer Überlegungen zu „Text" und „Textuali-tät" hat Sandig (2000, 98) den gemeinten Zusammenhang dahingehend präzisiert, dass das Thema (genauer eigentlich: die Themenentfaltung) von der Textfunktion „dominiert" wird. Auch Brinker (2001, 61) hat (ursprünglich schon 1985) die Ansicht geäußert, dass „die Themenentfaltung wesentlich durch kommunikative und situative Faktoren (wie Kommunikationsintention und Kommunikationszweck, Art der Partnerbeziehung, der Partnereinschätzung usw.) gesteuert wird" (2001, 61); in seinem Analysekonzept werden die funktionale und die thematische Komponente jedoch zunächst losgelöst voneinander betrachtet, wenn die thematische Entfaltung und die üblichen Grundformen Narration, Deskription, Argumentation und Explikation als Teil der 2 thematischen Bedingungen der Textkohärenz angesehen und beschrieben werden . Dennoch wird ein grundlegender Zusammenhang zwischen Textfunktion und Textstruktur gesehen: Allgemein lässt sich sagen, daß die Textfunktion — zusammen mit gewissen situativen und medialen Gegebenheiten — die Textstruktur, d. h. die Gestaltung des Textes in grammatischer und thematischer Hinsicht, regelhaft bestimmt [...]. (Brinker 2001, 124) Eine mögliche Präzisierung dieses Bestimmungsverhältnisses findet sich im Zusammenhang mit der Frage nach Indikatoren der Textfunktion, zu denen Brinker (ebd., 100) die Einstellung des Textproduzenten zum Textinhalt bzw. zum Textthema rechnet und annimmt, dass „sich bestimmte Einstellungen mit bestimmten Textfunktionen leichter (oder schwerer) verbinden lassen als mit anderen". Hinzu kommt - als 2. Auffälligkeit -, dass im gleichen Atemzug, in dem auf Zusammenhänge zwischen funktionaler Prägung und thematischer Struktur von Texten hingewiesen wird, darauf aufmerksam gemacht wird, dass die Zusammenhänge und Bedingungsverhältnisse im Einzelnen noch nicht bzw. noch nicht ausreichend untersucht seien (vgl. z.B. Brinker 2001, 61, 100, 124 und 143). Der Hinweis auf das Forschungsdesiderat dient gleichzeitig als Begründung dafür, dass die Zusammenhänge (nur) exemplarisch - meist an möglichst eindeutigen Fällen illustriert werden (können). Im Blick auf die Kommunikationspraxis wird zwar - als 3. Auffälligkeit - sowohl bei der Bestimmung der Textfunktion(en) und der Hand- Strategien der Vertextung in Werbetexten 35 CD t CO CD t CD <□ ii th D 13 C Di O i k lungsstruktur als auch der Grundformen der thematischen Entfaltung auf das Vorliegen von Mischformen hingewiesen (vgl. z. B. Heinemann 2000, 363), zugleich aber das Konzept der Dominanz vertreten, das polyfunktionale und thematisch als Mischformen verschiedener Vertextungs-muster angelegte Texte zwar keinesfalls ausschließt, als Ergebnis der Analyse aber eine in der Regel eindeutige Gewichtung bestimmter funktionaler und thematischer Merkmale ausweist, wie es am deutlichsten in Brinkers Redeweise von „Grundformen der thematischen Entfaltung" (2001, 65) und von „textuellen Grundfunktionen" (ebd., 107; vgl. auch ebd., 84) zum Ausdruck kommt. Rolf (2000, 423) geht hier noch einen Schritt weiter und vertritt die Annahme, dass in der Regel von einer „Unifunktionalität der Gebrauchstexte" auszugehen sei. Schließlich setzen - als 4. Auffälligkeit - die Überlegungen zur Beschreibung der Grundformen der thematischen Entfaltung, die sich als Ergebnis der historischen Entwicklung herausgebildet und bewährt haben, aus unterschiedlichen Blickrichtungen und Zielsetzungen an, was sich nicht nur in teilweise unterschiedlicher Terminologie niederschlägt, sondern den Themenentfaltungsformen auch einen doppelförmigen Status verleiht: Brinker (2001, 65 ff.) behandelt die Grundformen der thematischen Entfaltung als Faktoren der (thematischen) Textkohärenz und der Textstruktur, wohingegen sie ansonsten als Textproduktionsstrategien aufgefasst werden. So gehen Heinemann/Viehweger zwar zunächst im Kontext ihrer Mehr-Ebenen-Klassifikation auf der Ebene der sogenannten „Verfahrenstypen" von „strategischen Verfahrensschritten" (1991, 159) aus, fokussieren die verschiedenen strategischen Schritte dann aber erst im Blick auf die Textproduktion, für die „komplexe Strategiemuster" - alternativ auch „Verfahrensmuster" und „Strukturierungsmus-ter" - angenommen werden (1991, 237f.); in ähnlicher Weise ist auch bei Heinemann/Heinemann, die von ganzheitlichen „Vertextungsmustern" als Teilkomponenten von Text-Strategien (2002, 187) sprechen, und bei Gan-sel/Jürgens (2007, 148-162) von Strategien der Textproduktion die Rede. Die Redeweise von „Themenentfaltung" bzw. „Vertextung" changiert so zwischen der Bezeichnung für Kategorien der Textstrukturanalyse und für kognitiv relevante Prozeduren bzw. Entscheidungen im Zuge der globalen und lokalen Textherstellung. 1.2. Appellcharakter und persuasive Intention der Werbung Obwohl die Vielfalt, mit der in heutiger Zeit in den verschiedenen Massenmedien Produktwerbung betrieben wird, eine verallgemeinernde Darstellung kaum zulässt und die an konkreten Werbetexten gewonnenen Beobachtungen daher zunächst allein für die betreffenden Textexemplare 36 Stephan Stein Gültigkeit haben, lassen sich in der Gestaltung von Werbung doch Gemeinsamkeiten und verallgemeinerbare Tendenzen aufdecken. Auch die folgende Einschätzung von Janich (1999, 67) Der Rezipient hat [ . ] bestimmte, wenn auch zum Teil vage Erwartungen, wie Werbung auszusehen und wie Werbesprache zu sein hat, und durch den Bruch mit diesen Erwartungen kann es Werbung gelingen, auffällig zu sein und infolgedessen wahrgenommen zu werden. OD CD D it O CD t DC <□ i i th D TT C Di O i k - basiert darauf, dass die Gestaltung von Werbetexten auf der Einhaltung wie auch der Durchbrechung bestimmter Regeln beruht. Nun scheint die Art der Vertextung bzw. Themenentfaltung auf den ersten Blick nicht prädestiniert zu sein, Erwartungsbrüche zu evozieren und bestimmte Effekte zu erzielen; das ist, wie die Erforschung der Werbesprache seit dem Standardwerk von Römer (1968) intensiv herausgearbeitet hat, im Wesentlichen Mechanismen und Sprachspielen auf den unterschiedlichen sprachlichen Ebenen, insbesondere im Bereich der Wortwahl und der Satzformen, vorbehalten. Es dürfte kaum zu bestreiten sein und daher zum Commonsense gehören, dass Werbung grundsätzlich einen Appellcharakter hat (vgl. Brinker 2001, 116) und um Auffälligkeit, Originalität und Informativi-tät (vgl. Sowinski 1998, 30f.) bemüht sein m u s s 3 .A u ch w en n in d er Werbung längst keine direkten Kaufappelle mehr ausgesprochen werden, so ist es doch unbestritten, dass es letztlich darum geht, bei potenziellen Konsumenten möglichst erfolgreich einen Erwerbswunsch auszulösen und zum Kauf zu animieren. Dass zur Erreichung dieses Globalzieles alle Sinne angesprochen werden können und die Werbung mitunter hauptsächlich oder auch ausschließlich jenseits sprachlich vermittelter Information auf visuelle (Bilder), akustische (Musik, Geräusche usw.) oder olfaktorische (Düfte und Aromen) Reize setzt, macht4 eine detailliertere Betrachtung der Vertextungsformen jedoch nicht überflüssig . Vielmehr gehört es zu den Rahmenbedingungen von klassischen ProduktWerbetexten, dass über Produkte und ihre Eigenschaften informiert wird, so dass zumindest teilweise eine Informationsfunktion und eine deskriptive Themenentfaltung erwartbar sind. Die prototypische Handlungsstruktur von Werbetexten muss aber mit zwei quasi obligatorischen Texthandlungen beschrieben werden, die durch verschiedene Teilhandlungen realisiert werden (vgl. Janich 1999, 74), die wiederum durch eine Reihe von Zusatzhandlungen (vgl. ebd., 75f.) gestützt werden können, wie es die folgende Übersicht (in Auswahl nach Janich) verdeutlicht: Strategien der Vertextung in Werbetexten 37 Texthandlung 1: ,über die Existenz und Beschaffenheit des Produktes informieren' Zusatzhandlungen ,Produkt explizit nennen' Teilhandlungen ,Produktname anführen' ,Hersteller nennen' ,Produkteigenschaften aufzählen' ,Produkt bildlich ,Produkt beschreiben' zeigen/Aussehen beschreiben' ,Inhaltstoffe nennen' ,Anwendungsmöglichkeiten ,Verwendungsweise beschreiben' aufzeigen' ,Verwendungssituationen nennen/beschreiben' CD CO CD <□ h C D TT "0 C D Texthandlung 2: ,zum Kauf/zur Nutzung des Produkts bewegen wollen' Teilhandlungen Zusatzhandlungen ,Verkaufsargumente ,auf Tradition verweisen' aufführen' ,bestimmte Produkteigenschaften herausstellen' ,auf Qualitätskontrollen verweisen' ,Testergebnisse zitieren' ,Verkaufsmodalitäten ,Preis nennen' nennen' ,Verkaufskonditionen anführen' ,Emotionen ansprechen' ,Emotion durch Bild oder Musik hervorrufen' ,Emotionale Werte explizit ansprechen/nennen' ,Emotionen an Produkt binden' W ,Werte explizit thematisieren' i,Werte ansprechen' e aus der Übersicht hervorgeht, funktional durch eine Mischung aus ,Wertesind mit Werbetexte Produkt verbinden' Informations- und (dominanter) Appellfunktion gekennzeichnet; da Textfunktionen durch Sprache/Bild hervorrufen' Affinitäten zu bestimmten,Wert-Assoziationen Arten der Themenentfaltung nahelegen und erwartbar ,Autoritätenistzitieren' ,fachliche sprechensich lassen' machen, davon auszugehen, dassAutorität Werbetexte im Einzelfall als mehr oder weniger elabo-rierte Komplexe ausAutoritäten Teil- undzitieren' Zusatzhandlungen beschreiben lassen fachliche und im prototypischen Fall eine Kombination verschiedener Formen der Themenentfaltung aufweisen. 1.3. Zum Begriff „Vertextungsstrategie" Da Werbetexte nach meiner Auffassung weniger thema- als funktions-dominiert und wirkungsorientiert sind, muss die Handlungsstruktur Ausgangspunkt der Analyse sein. Zugrunde liegt die Annahme, dass 38 Stephan Stein sich typische Handlungsstrukturen bestimmen lassen, die mit Heine-mann/Viehweger (1991) und Sauer (1998) als Strategie verstanden werden können: Mit dem Begriff der Strategie wird ein Handlungsplan bezeichnet, der mit Blick auf ein bestimmtes Ziel aus einer verfügbaren Menge von Handlungen diejenige[n] auswählt und ausführt, deren Erfolg am wahrscheinlichsten ist. (Sauer 1998, 241 f.; Hervorhebung dort) Dabei ist zu betonen, OD CD tt O CD t <□ i i tt h C D 13 C Di O i k daß Strategien zwischen den aus der Interaktion und den gesellschaftlichen Bedingungen abzuleitenden kommunikativen Aufgaben und den Zielen der Kommunikationspartner einerseits und den zu deren Realisierung einzusetzenden sprachlichen (und nichtsprachlichen) Mitteln und ihrer Strukturierung andererseits vermitteln. (Heinemann/Viehweger 1991, 214 f.) Grundsätzlich, in besonderem Maße aber bei Texten, die auf eine spezifische Wirksamkeit angelegt sind bzw. sein müssen, spielt daher -im Blick auf das vom Textproduzenten verfolgte kommunikative Ziel - neben der sprachlichen Gestaltung als solcher die Auswahl und Anwendung geeigneter Verfahren der Ordnung und Sequenzierung der geplanten Teiltexteinheiten eine zentrale Rolle für die Textkonstitution. Strategien der Vertextung beziehen sich also zum einen auf den Prozess, zum anderen auf das Resultat der zielorientierten und adressatenspezifischen „Sequenzierung von illokutiven und propositionalen Einheiten und deren Strukturierung zu Teiltexten/Teiltexteinheiten" (Heinemann 2000, 357 f.), und zwar unter den jeweiligen kommunikativen Rahmenbedingungen und verknüpft mit den entsprechenden Formulierungseigenschaften bzw. Formulierungsprozessen. Unter „Vertextung" bzw. „Vertextungsstrategie" verstehe ich vor diesem Hintergrund nicht allein, wie etwa bei Fritz (1994), die Art der Themenentfaltung, sondern den (u. U. typisierten) Zusammenhang zwischen der Textfunktion und Handlungsstruktur auf der einen und der Entfaltung des Themas auf der anderen Seite. 1.4. Signalisierung des indirekten Appellcharakters von Werbetexten Bezogen auf den Untersuchungsgegenstand Werbung wird hier also die Frage verfolgt, welcher Art(en) der Vertextung sich die Produktwerbung bedient. Da, wie bereits erwähnt, Kaufaufforderungen in Werbetexten kaum (mehr) direkt (z. B. Kaufen Sie deutsche Einheit-Seife in einer Werbeanzeige aus dem Gießener Anzeiger von 1900, zitiert nach Hohmeister 1981) ausgesprochen werden 5, die Werbung vielmehr das Ziel verfolgt, Strategien der Vertextung in Werbetexten 39 OD CD D it O CD t DC <□ i i th D TT C Di O i den Rezipienten in Form indirekter Appelle zu einer positiven Einschätzung des Produkts — und dadurch letztlich zum Kauf — zu bewegen, ist von einer engen „Verbindung von Appellfunktion und evaluativer Einstellung" (Brinker 2001, 115) auszugehen. Daher ist zu fragen, welche Grundform(en) der thematischen Entfaltung in welcher Art und Weise realisiert werden, um eine solche positive Einstellung hervorzurufen bzw. — etwas allgemeiner ausgedrückt — welche thematischen Entfaltungsformen und Einstellungen mit der dominanten Appellfunktion verbunden und geeignet sind bzw. als geeignet erachtet werden, in persuasi-ver Hinsicht erfolgreich zu sein. Naheliegend und erfolgversprechend scheint für die Signalisierung und für den erfolgreichen Vollzug des Appellcharakters in Werbetexten eine argumentative Themenentfaltung zu sein. Die unbestreitbare Affinität zwischen der Funktion (Appellieren) und der Themenentfaltung (Argumentieren) hat möglicherweise dazu geführt, dass Werbetexte quasi automatisch und oft nahezu ausschließlich mit Ausprägungen des Argumentierens in Verbindung gebracht werden und dass das Werben für Produkte mitunter sogar als „Spezialfall von Argumentieren" (Dietrich/ Peter 1996, 8) schlechthin charakterisiert wird, obwohl schon Fritz (1994) auf den zwar dominanten Charakter des Argumentierens, aber angesichts der empirischen Vielfalt der Werbetextgestaltung auch auf das Vorliegen deskriptiver und narrativer Strukturen in Werbetexten aufmerksam gemacht hat. Ich möchte diese Überlegungen hier, gestützt auf exemplarische Analysen einiger Werbeanzeigen, weiterführen, um zu einer differenzierteren Betrachtung der unterschiedlichen Themenentfaltungsformen bzw. der auch sonst in der Kommunikationspraxis häufig anzutreffenden Mischformen zu kommen, fasse argumentative, narrative, deskriptive und explikative Einheiten und Sequenzen jedoch nicht als „funktionale Module" (Fritz 1994, 154) auf, „die die einzelnen Aufgaben des Werbetextes übernehmen" (ebd.), sondern gehe, wenn verschiedene Themenentfaltungsformen kombiniert werden, von einem funktionalen Zusammenspiel aus. k 2. Argumentation in Werbetexten Da Formen des Argumentierens in der Werbung auf breiter Basis erforscht sind, kann ich mich im Blick auf die Vertextungsstrategien auf eine kurze Darstellung und Diskussion der wesentlichen Aspekte beschränken: a) Argumentationstiefe und -durchführung: Typisch ist, dass die argumentative Struktur nicht auf die Diskussion und Begründung einer 40 Stephan Stein (strittigen) These ausgerichtet ist, da Werbung nicht auf ein rational durchgeführtes Abwägen von Positionen abzielt, sondern positive Einstellungen herausbilden soll. Fasst man Argumentieren und Argumentationshandlungen als Teil von Kommunikationsprozessen auf, „deren ,Witz' darin besteht, einen Dissens über eine Proposition wieder in einen Konsens zu verwandeln" (Schöberle 1984, 143), kann Werben kaum pauschal als Argumentieren gewertet werden. Vielmehr geht es O CD t O CD t CD <□ i i O h t C D 13 C Di O i k um die Begründung, wieso das angebotene Produkt kaufwürdiger ist als eines der Konkurrenz. Aber es ist — und das erlaubt, auch hier von Argumentation zu sprechen — eine wesentliche Voraussetzung für Argumentation [...] gegeben: Der Sender setzt voraus, dass es aus Rezipientensicht strittig ist, ob sein Produkt das beste ist [...]. Dass die Begründung eine Scheinbegründung ist, da es dem Sender nicht auf Objektivität und vollständige Diskussion von Vor- und Nachteilen ankommt, ist hier insofern unwichtig, als sich auch der Rezipient von Werbung klar ist (oder doch klar sein sollte), dass eine zielgerichtete Kommunikation vorliegt. (Janich 1998, 61) Kommunikation aufgrund allein von Zielgerichtetheit als argumenta-tiv aufzufassen, setzt m. E. zumindest voraus, zu spezifizieren, worin der argumentative Kern besteht. Betrachtet man Werbung als Instrument zur Beeinflussung des Kaufverhaltens, impliziert die Annahme, dass Werbung argumentiert, dass nicht nur Empfehlungen ausgesprochen werden, sondern dass sie auch begründet werden (vgl. dazu Dietrich/Peter 1996, 12). Die Besonderheit der Produktwerbung besteht dabei dann darin, dass der Rezipient weiß oder wissen sollte, dass solche Begründungen gegeben werden, die ein Befolgen der Kaufempfehlung erwarten oder zumindest erhoffen lassen, auch wenn es sich genau genommen oft lediglich um nicht bewiesene und nicht beweisbare Behauptungen über Produkteigenschaften und -vorzüge handelt (z. B. Thomapyrin — Packt den Schmerz. Löst ihn auf.); das erklärt zugleich, weshalb oft nicht oder nicht allein sachlogische Gründe (wie Qualitäts- und Leistungsmerkmale), sondern das Anspielen auf bestimmte Werte (Eleganz, Schönheit, Natürlichkeit, Sicherheit, Komfort u. v. a.) präferiert werden und offenbar prädestiniert sind, den Rezipienten zu überzeugen6. Es ist deshalb auch nicht überraschend, dass der argumentative Charakter oft „nur in einer mehr äußerlichen, oberflächlichen Weise" (Brinker 2001, 117) zum Vorschein kommt und vor allem dazu beitragen soll, „dass mögliche Einwände schon prophylaktisch ausgeräumt werden" (Janich 1999, 83; vgl. auch Janich 1998, 61). Strategien der Vertextung in Werbetexten 41 O CD tt CO CD t <□ i i tt h C D 13 C Di O i k b) Argumentationstypen: Als besonders geeignet erweisen sich aufgrund ihrer Alltagsnähe die Enthymem- und die Beispielargumentation (vgl. Janich 2009, 2174). Bei der (dreigliedrigen) Enthymemargumentation wird eine strittige Aussage mit Hilfe einer unstrittigen Aussage (als Argument) in eine (glaubhafte bzw. plausible) Konklusion überführt. Der Schluss vom Argument auf die Konklusion basiert auf einer alltagslogischen oder konventionalisierten Schlussregel. Die Beispielargumentation greift dagegen für den Übergang vom Argument zur Konklusion auf Beispiele als Plausibilitätsbelege zurück, mit deren Hilfe auf den jeweils vorliegenden Fall geschlossen werden kann (und soll). Zu Recht ist in diesem Zusammenhang betont worden, dass sowohl die Schlussregel als auch „die Konklusion häufig implizit bleibt mit dem Ziel, dass der Rezipient selbst schlussfolgert, dadurch stärker involviert wird und den eigenen Schluss dann womöglich für glaubwürdiger hält" (Janich 1999, 88) - da die (indirekt ausgesprochene) Kaufaufforderung „dadurch zumeist subtiler und weniger aufdringlich wirkt" (ebd.)7. c) Schlussverfahren/-regeln: Ein herausragender Stellenwert für den per-suasiven Erfolg argumentativer Vertextung kommt daher zum einen den Schlussverfahren und Topoi, zum anderen den ausgewählten Beispielen zu, um die Argumentation glaubwürdig zu machen (vgl. dazu den Überblick bei Janich 1999, 85 ff. im Anschluss an Ottmers 1996, 86-117). Besonders intensiv nutzt die Werbung „konventionalisierte Schlussverfahren, die in der Regel weniger kontextabstrakt sind, ihre Überzeugungskraft also aus ihrer inhaltlichen Füllung schöpfen, und unmittelbarer an das aktuelle gesellschaftliche Meinungs- und Erfahrungswissen anknüpfen" (Janich 2009, 2174). Besonders beliebte, allerdings auch besonders stark inszeniert wirkende Argumentationsmuster, die auf konventionalisierten Schlussregeln beruhen, sind die Autoritätsargumentation (Rückgriff auf Personen mit Autoritätsstatus wie Experten, Inhaber oder andere Angehörige eines werbenden Unternehmens, Prominente usw.) (ausführlich dazu Schöberle 1984, 165182) und die Testimonialargumentation (Verbraucher, oft ebenfalls prominente Persönlichkeiten, die das beworbene Produkt ausprobiert haben, bezeugen dessen Qualität) (vgl. dazu Janich 1998, 62 f.). Insbesondere im Bereich fachlich geprägter Werbung kommen komplexere Argumentationstypen mit fachlichem Charakter hinzu; außerdem sind insofern „argumentative Trends" (ebd., 114) zu beobachten, als in der Werbung für bestimmte Produktgruppen oft bestimmte Argumenttypen bevorzugt werden und bestimmte inhaltliche Schwerpunkte (z.B. die Konzepte ,Sicherheit' und „Umweltverträglichkeit' in der Autowerbung) auszumachen sind. 42 OD CD tt CO CD ¡¡1 l <□ i tt h C D TT C Di O i k Stephan Stein d) Argumentationsinhalte u n d -Strategien: Begründet erscheint eine Unterscheidung zwischen produkt- (z. B. Erotisierung und Sexualisie-rung der Werbung; Hinweis auf Warentests), sender- (z. B. Zitatwerbung; Verweis auf Tradition und Erfahrung) und empfängerbezogenen (z.B. Lob des Adressaten; Appell an überindividuelle Werte) Argumenten bzw. argumentativen Strategien (vgl. Sowinski 1998, 32-40; Janich 1999, 89-92), die sich allerdings - auch bedingt durch den ständigen Originalitätsdruck, dem Werbung heute ausgesetzt ist - kaum vollständig auflisten lassen. Die von Sowinski und Janich diagnostizierten Argumentationsinhalte machen erkennbar, in welcher Weise die eingangs aufgelisteten Teil- und Zusatzhandlungen argumentativ entfaltet, d. h. zum Träger einer Argumentationsstrategie werden (können)8. Dabei fällt jedoch nicht nur die Heterogenität dessen auf, was als Argumentationsstrategie genutzt werden kann, sondern deutlich wird auch, wie großzügig im Blick auf Werbetexte ohne expliziten Rekurs auf Argumentationsverfahren von „Argumenten", „argumentativer Relevanz" und „Argumentationsstrategien" überhaupt gesprochen wird. Grundsätzlich ist daher - aus werbetextanalytischer Perspektive kritisch anzumerken, dass im Umfeld von Werbepraxis wie -analyse aufgrund des situativen Kontextes und der (Erfahrungen mit der) Textgattung eine erhebliche Bereitschaft gegeben ist, Teilhandlungen und Teiltexte auch außerhalb vollständig durchgeführter argumenta-tiver Strukturen als Reflexe des Argumentierens zu werten - wie es beispielsweise der Fall ist, - wenn in der Lebensmittelwerbung der Hinweis auf die z. B. natürliche oder regionale Herkunft eines Produktes automatisch als Qualitätsmerkmal verstanden und damit zu einem persuasiv außerordentlich wirksamen „Argument" wird, - oder wenn - um das Beispiel von Andersson (1997, 27) aufzugreifen - in einem Fernsehspot für eine Buttersorte schon das Muhen von auf den Zuschauer sich zubewegenden Kühen als relevantes „Argument" für die Konklusion (Natürlichkeit des Produkts) (auf-)gewertet wird; erreicht sind die Grenzen des Argumentierens ganz sicher dann, wenn beispielsweise Zigarettenanbieter [...] nicht mit (zur Überzeugung geeigneten und eher an einem rationalen Diskurs orientierten) Botschaften des Geschmacks, der Tabakauswahl oder der Qualität der Filter [werben], sondern mit Verheißungen von Freiheit, Männlichkeit und Abenteuer, die durch emotiona-lisierende Bilder und Musik inszeniert werden" (Willems/Jurga 1998, 211). Strategien der Vertextung in Werbetexten 43 Ich halte es vor diesem Hintergrund für angemessener, im Hinblick auf das Erzielen von Werbewirksamkeit von einem argumentativen Wirkungspotenzial zu sprechen. Denn [d]ie Gründe, warum sich Sprecher/Schreiber in einer bestimmten Situation für die eine und nicht eine andere Strategie entscheiden, aus dem Repertoire von Strategien [...] eine bestimmte Auswahl treffen, diese Gründe sind die Überlegungen zur Wahrscheinlichkeit des Erfolgs. (Sauer 1998, 243) OD CD tt CO CD Ol l <□ tt h C D 13 C Di Oi k Bestimmte Argumentationsmuster wie die weit verbreitete Autoritätsargumentation sind dann als Teil einer Vertextungsstrategie zu begreifen, die den Kaufimpuls nicht über eine schlichte Kaufaufforderung, sondern über das Erzeugen von Glaubwürdigkeit und das Hervorrufen einer positiven evaluativen Einstellung zu erreichen versucht. 3. Narration in Werbetexten Da narrative Themenentfaltung auf die Wiedergabe von Ereignissen und Ereignisstrukturen bezogen ist, scheint sie sich von vornherein für Werbezwecke zu verbieten. Das gilt in besonderer Weise für das als Ausprägung des Narrativen verstandene - sachlich-registrierende bzw. ergebnisorientierte - Referieren (vgl. dazu Heinemann/Viehweger 1991, 239), aber auch für das - aus einer subjektiven Erlebnisperspektive erfolgende bzw. ereignisorientierte - eigentliche Geschichten-Erzählen, das durch eine mehr oder weniger deutliche evaluative Komponente und das Bemühen um Emotionalisierung des Rezipienten geprägt ist. Obwohl man im emotionalisierenden Potenzial der erzählerischen Wiedergabe realer oder fiktiver Geschichten eine für die Werbung vielversprechende Textgestaltungsstrategie sehen kann und narrative Sequenzen oder Einsprengsel, wie man sie vor allem aus Hörfunk- und Fernsehwerbespots kennt, daher auch nichts Ungewöhnliches sind, scheint das Entfalten einer kompletten erzähltexttypischen Struktur mit ihren obligatorischen Strukturelementen (Situierung, Komplikation und Auflösung) an Grenzen zu stoßen. In seiner Analyse mehrerer Werbeanzeigen von Banken kommt Fritz (1994) zu dem Ergebnis, dass sporadisch auftretende narrative Elemente Anzeigen „knapper und lebhafter" (ebd., 151) wirken lassen und Effekte der „kommunikativen Selbststilisierung" (ebd.) hervorrufen, indem sie „für die Vermittlung bestimmter Werte wie ,menschlich', ,sympathisch', freundlich' u. ä." (ebd., 151f) genutzt werden können. Seine verallgemeinernde Schlussfolgerung, dass „eine knappe Erzählung mit wenigen Worten stärker und positiver wirken kann als eine weitschweifige und bewußt umständliche Argumentation" (ebd., 152), erscheint zwar durchaus plausibel, sie stellt aber genau genommen eine Vermutung über das 44 Stephan Stein subjektive Erleben im Rezeptionsprozess dar und lässt die Frage offen, wie sich derartige Effekte aus den narrativen Strukturmerkmalen heraus begründen lassen. Um das zu verdeutlichen, möchte ich im Folgenden eine Werbeanzeige diskutieren, die nicht nur narrativ gestaltete Strukturen beinhaltet, sondern die für die Signalisierung und den Vollzug des Appellcharakters ausschließlich auf eine narrative Themenentfaltung zurückgreift. Es handelt sich um eine (im Original ganzseitige, siehe Abb. 1) Werbeanzeige eines Versicherungsunternehmens (aus GEO Nr. 9/2002, S. 121), die eine strukturell vollständige, wenn auch sprachlich kaum ausgebaute narrative Struktur9 repräsentiert, die - mit Ausnahme des Logos den kompletten Textteil ausmacht . Die ganze, nach dem gleichen Bauprinzip gestaltete Werbekampagne wirft daher die Frage auf, wie über narrative Vertextung persuasive Effekte erzielt werden können. Ins Auge springen zunächst die Unterdeterminiertheit zwischen Bild und Text, d. h. Abbildung 1. Werbeanzeige der Victoria-Versicherung. die Notwendigkeit, zwischen Bild und Text einen Zusammenhang herzustellen, und die lokale sprachliche Unterdeterminiertheit, d. h. Strategien der Vertextung in Werbetexten 45 OD CD tt O CD t <□ i O t h C D 13 C Di O i k der Verzicht auf jegliche Kohäsionsmittel und die Reduzierung der sprachlichen Form auf grammatisch minimal ausgebaute Einheiten, die lediglich die inhaltlichen Kerninformationen bereitstellen, die notwendig sind, um das thematisierte „Unfall"-Geschehen mitsamt seiner Vorgeschichte und dem „glücklichen" Ende, der Pointe und Auflösung (victoria versichert), zu rekonstruieren und zu verstehen. Hinzu kommen im Hinblick auf die Vertextungsstrategie zwei weitere Auffälligkeiten: a) die globale textliche Unterdeterminiertheit, d. h. die rudimentäre Erzählung einer Geschichte: Der ganze Werbetext entpuppt sich im Lesevorgang als extrem geraffte, telegrammstilartige Wiedergabe einer rekonstruierbaren lebensnahen Geschichte, die die Auflösung für das „Bilderrätsel" bringt; die (acht) Einheiten, mit denen mehrfach auf schematisiertes Weltwissen (Hochklettern von Bäumen, Unfall und Folgen, Inanspruchnahme von Versicherungsschutz) angespielt wird, verkörpern die wesentlichen Strukturelemente konversationeller Erzählungen, nämlich - die „Situierung" über Handlungsbeteiligte (9 jahre, männlich), über die zeitlichen Handlungsumstände (spätsommer) und über die Handlung selbst (große Versuchung, in 5 m höhe), - die „Komplikation" (ast gebrochen, arm gebrochen) - und das „Resultat" / die „Auflösung" (victoria versichert). Der Leser erkennt bereits in der Handlungskomplikation ein Ereigniselement, das die übliche Erwartung durchbricht. Einen regelrechten Schemabruch und eine Kollision mit der eigenen Erfahrungswelt bringt jedoch die Auflösung victoria versichert mit dem Hinweis auf das Versicherungsunternehmen, da nicht die unmittelbaren Folgen des Unfalls (medizinische Behandlung, Auswirkungen im Alltag usw.) angesprochen werden, sondern die Kostenübernahme. Die eigentliche Werbebotschaft ist damit geschickt in den Text integriert und erscheint, indem sie als Auflösung für die Handlungskomplikation dient, fast wie ein Nebenprodukt. Da der Werbetext keine Aussagen jenseits der narrativ vermittelten Ereignisstruktur bringt und auch auf eine zusammenfassende Bilanzierung der angebotenen und beworbenen Leistungen verzichtet, sind diese allein aus der narrativen Struktur zu erschließen. b) die Diskrepanz zwischen Themenentfaltung und Textfunktion, d. h. die narrative Verpackung der appellativen Funktion und der persuasi-ven Intention: Der Leser muss über das Vorliegen einer narrativen Vertextung hinaus auch den thematischen und funktionalen Gesamt 46 Stephan Stein Zusammenhang rekonstruieren und den damit verbundenen Erwartungsbruch auflösen; das heißt, erkennen, dass der Erzählung aufgrund der situativen Rahmenbedingungen (Werbeanzeige) keine phatische oder informierende Funktion zukommt, sondern dass der Text eine Appellfunktion hat (,appelliert wird, indem erzählt wird') und dass in dieser Hinsicht ein (intentionaler) Erwartungsbruch vorliegt, da für Werbezwecke nicht unbedingt, zumindest nicht ausschließlich narrative Textstrukturen erwartbar sind. Insgesamt zwingt die Werbeanzeige den Leser-Betrachter auf verschiedenen Ebenen zur Inferenzbildung10: Als Inferenzauslöser wirken m CD tt CO CD ¡¡I l <□ h C D das „Bilderrätsel" (zu inferieren ist die Rolle des Bildes und der Zusammenhang zwischen Bild und Text), die fragmentarische grammatische Struktur (zu inferieren ist der Zusammenhang zwischen den Fragmenten), die telegrammstilartige Geschichtenwiedergabe (zu inferieren sind die Strukturelemente der Erzählung) und die thematisch-funktionale Textmusterverfremdung (zu inferieren ist, dass sich in narrativem Gerüst und Gewand ein Appelltext verbirgt). Die Werbeanzeige ist deshalb gleich in mehrfacher Weise ein Paradebeispiel, da sie das persuasive Potenzial narrativ gestalteter Werbung verdeutlicht: Erstens bietet sie in werbewirksamer Form eine rein narrative Themenentfaltung, so dass der Befund von Fritz (1994, 136), dass „sich narrative Strukturen in der Werbung als ergänzende Module argu-mentativer Formen beschreiben [lassen]", zu relativieren ist. Zweitens führt sie vor, wie versucht wird, den Rezipienten aktiv zu beteiligen, indem nahezu alles ausgespart wird, was der Leser durch Inferenzbildung überbrücken kann, um die Texteinheiten, das Textganze und das Text-Bild-Zusammenspiel mental kohärent zu machen. Vor allem die telegrammstilartige Einheitenbildung und die rudimentär entfaltete narrative Struktur scheinen den Verstehensprozess und die Bedeutungskonstitution zu „belasten", da vom Leser (wie im Fall der Werbung erwünscht und einkalkuliert) eine erhöhte Rezeptionsaktivität gefordert ist. Drittens illustriert sie, wie die „Werbebotschaft" im Bemühen um Glaubwürdigkeit der „Geschichte" und ihrer Akteure sowie im Inte Strategien der Vertextung in Werbetexten 47 resse einer emotionalen Beteiligung des Rezipienten in das Erzählen einer lebensnahen Geschichte verpackt werden kann, um Alltagsbezug und scheinbare Authentizität zu suggerieren - und davon zu profitieren. Zur Verdeutlichung bietet es sich an, die hier exemplarisch besprochene narrative Vertextungstrategie mit einem Beispiel argumentativer Vertextung zu vergleichen. Die folgende (im Original ebenfalls ganzseitige) Werbeanzeige des Unternehmens Alte Leipziger verfolgt das gleiche Ziel, u. a. für Unfallversicherungen zu werben und Rezipienten von der Qualität ihrer Versicherungen zu überzeugen (siehe Abb. 2). O CD tt O CD t <□ ii tt h C D 13 C Di O i k Eine Geschichte wie im Victoria-Beispiel ist hier allenfalls im Bildteil angedeutet und der Phantasie des Rezipienten überlassen, der sich das im Falle eines Falles eintretende Unfall-Szenario11 vorstellen soll . Das nur angedeutete Unfall-Szenario ist Teil einer argumentativen Vertextung: Die Darstellung ist m. E. als Beispielargumentation angelegt, und zwar mit Abbildung 2. Werbeanzeige der Versicherung Alte Leipziger. einem „illustrativen Beispiel" (Ottmers 1996, 84), das eigentlich „kein eigenständiges Argumentationsverfahren im engeren Sinne [ist], denn es dient lediglich dazu, Argumentationen (nachträglich) noch zu erhärten oder zu bekräftigen beziehungsweise die vorgebrachten 48 O tt CO CD CD t < □ OO i CD l Ü Ö Ö " I I —□ O l -■; CD 1 3 CD i Stephan Stein Argumente anschaulich zu machen" (ebd.). Genau diese Aufgabe kommt in dieser Anzeige dem Bildteil zu, der das unausgesprochene Argument -,Wenn der Junge einen Unfall hat, ist er bei der Alten Leipziger gut versichert' - verkörpert. Der eigentliche Argumentationsschritt besteht darin, von dem angedeuteten Einzelfall als Beispiel zu abstrahieren und die mit der Schlagzeile (Bei Unfall - gut versichert) intendierte Generalisierung nicht nur auf das Beispiel, sondern auf alle (,Wer bei der Alten Leipziger unfallversichert ist, ist gut versichert') und damit als Konklusion auch auf sich selbst als Rezipienten (,Also sind auch Sie bei der Alten Leipziger gut unfallversichert') zu beziehen - im Ergebnis wieder eine typische nicht beweisbare Behauptung, deren Glaubwürdigkeit durch den Beispielfall abgesichert und bekräftigt werden soll. Das illustrativ-bildliche Beispiel stärkt also lediglich das Argument, nicht dagegen die implizite Schlussregel. Im Vergleich der beiden Werbeanzeigen ist es letzten Endes eine -linguistisch weder relevante noch entscheidbare - Frage der Werbewirksamkeit, ob und wie sich Rezipienten mit der dominant narrativen und der dominant argumentativen Vertextung erfolgreich ansprechen lassen. Auffällig ist aber, dass dem Narrativen aufgrund der oben erläuterten Eigenschaften ein Überzeugungspotenzial innewohnt, das sich erkennbar vom Behauptungscharakter (impliziter) Argumentation abhebt. i k 4. Deskription und Explikation in Werbetexten Dass Produktwerbung nicht nur argumentiert und erzählt, um den Produktnutzen zu unterstreichen, sondern auch Produkte beschreibt oder Sachverhalte erklärt, sollte eigentlich im Interesse aller an der Werbekommunikation beteiligten Akteure liegen. Dass sich dennoch kaum deskriptiv und explikativ entfaltete Werbetexte und -textpassagen finden, ist zu einem wesentlichen Teil darauf zurückzuführen, dass Deskription und Explikation über kein bzw. kein dem Argumentieren und Erzählen vergleichbares Emotionalisierungspotenzial verfügen. 4.1. Deskription in Werbetexten Deskriptive Textproduktionsstrategien zielen auf „Komplexe von Gegenständen [...] [oder regelhafte Vorgänge], deren Merkmale [...] systematisch und detailliert erfaßt und aus einer - vom Schreiber zu wählenden, der jeweiligen Aufgabe angemessenen übergeordneten Perspektive sprachlich dargestellt werden" (Heinemann/Viehweger 1991, 244). Da Deskription in den beiden am weitesten verbreiten Varianten als Beschreiben oder Berichten sachbetont ist und - so der Anspruch (vgl. Heinemann/Viehweger 1991, 244 und 247) - auf jegliche Art der Evalua- Strategien der Vertextung in Werbetexten 49 O CD tt O CD t <□ > i Öt h C D 13 C D i Ö i k tion verzichtet bzw. verzichten müsste, kommt sie allenfalls dann zum Einsatz, wenn es darum geht, - entweder Produkte in ihrer Beschaffenheit sprachlich, jedoch unter Verzicht auf evaluative oder emotionalisierende Ausdrucksmittel vorzustellen und es dem Rezipienten zu ermöglichen, sich ein möglichst genaues Bild vom Produkt zu verschaffen (vgl. das folgende Beispiel), - oder (wiederholbare) Prozesse etwa der Produktverwendung in die Werbung zu integrieren, um den Nutzen, die Handhab- und Anwendbarkeit usw. zu unterstreichen, wie es für Instruktionstexte wie Bedienungsanleitungen, Gebrauchsanweisungen, Koch- und Backrezepte usw. charakteristisch ist. Im folgenden Beispiel (aus: Der Spiegel Nr. 5, 29. 01. 1996) werden zwar verschiedene Themenentfaltungsformen miteinander kombiniert, zumindest quantitativ stellt die Werbeanzeige jedoch eine detaillierte Produktbeschreibung dar (siehe Abb. 3). Die Anzeige konstituiert sich im Wesentlichen über den Vollzug der Texthandlung ,über die Existenz und Beschaffenheit des Produkts informieren', indem sie ungewöhnlich detailliert die Teilhandlung ,Produkt beschreiben' in Gestalt der Zusatzhandlung ,Produkteigenschaften aufzählen' entfaltet. Da in diesem Fall - in Anspielung auf das in der Autowerbung verbreitete Konzept serienmäßiger Ausstattung und Extras -auf Eigenschaften aufmerksam gemacht werden soll, die sich bildlich kaum angemessen darstellen lassen, ist eine deskriptive Themenentfaltung beschreibender Art geradezu prädestiniert, den Rezipienten mit der Fülle an „Extras" vertraut zu machen. Nur nebenbei sei erwähnt, dass z. T. auf fachspezifisches Vokabular (z. B. Taschenbesetzen, Faltine, Augenknopfloch) zurückgegriffen wird, um die besondere Produktqualität zu unterstreichen und den Vergleich, zu dem mit der Schlagzeile aufgefordert wird, zu motivieren. Der deskriptive Teil der Werbeanzeige geht nahtlos in Aussagen über, die die Texthandlung ,zum Kauf / zur Nutzung des Produkts bewegen wollen' verkörpern, indem u. a. der indirekte Vergleich mit Konkurrenzunternehmen angestellt und die Zusatzhandlung ,auf Tradition verweisen' vollzogen wird. Im Ganzen bewegt sich die Anzeige so im Rahmen herkömmlicher Behauptungshandlungen über die Produktund Verarbeitungsqualität (Verarbeitungsperfektion), die jedoch angesichts der ausführlichen deskriptiven Anteile an Plausibilität und Glaubwürdigkeit gewinnen. Auf diese Weise erscheint das Deskriptive ohne Weiteres mit der Appellfunktion kompatibel. Die Deskription steht dabei, wie im hier vorliegenden Beispiel, im Dienst der allerdings nur in Ansätzen entfalteten 50 Stephan Stein Abbildung 3. Werbeanzeige der Hiltl Hosenfabrik. argumentativen Themenentfaltung und trägt zum Appellcharakter bei, bestätigt aber auch, dass „das BESCHREIBEN nur in Ausnahmefällen als primäres Verfahren zur Informationsvermittlung eingesetzt wird" (Heinemann/Viehweger 1991, 245)12. Strategien der Vertextung in Werbetexten 51 m CD tt CO CD Ol l <□ Et h C D 13 C Di Oi k 4.2. Explikation in Werbetexten Auch eine Textgestaltung, bei der ein Sachverhalt (das Explanandum) aus anderen Sachverhalten (dem Explanans) aufgrund allgemeiner Gesetzmäßigkeiten logisch abgeleitet wird, ist zwar, wie Brinker (2001, 71) bemerkt, vor allem in Alltagstexten oft nur implizit und unvollständig realisiert, aufgrund des dennoch erforderlichen textuellen Expansionszwangs aber in Werbetexten nur bedingt geeignet, persuasive Effekte hervorzurufen. Zumindest muss nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern auch die Bereitschaft des Rezipienten gewonnen werden, sich auf textreiche Werbetexte bzw. -passagen einzulassen. Ausgreifende explikative Anteile sind daher in Werbetexten nur in Ausnahmefällen anzutreffen, man kann als Ausprägung explikativer Themenentfaltung jedoch textlich, bildlich, in Text-Bild-Kombination oder auch in anderen semiotisch komplexen Weisen vermittelte Erklärungen für Funktionsweisen, Abläufe, Aufbau und andere fachbezogene Aspekte beworbener Produkte verstehen. Aufschlussreich ist aus dieser Sicht zu überprüfen, welche Art von produktbezogener Information in welchem Maße und auf welche Weise aus Sicht der Werbetreibenden überhaupt für erklärungsbedürftig bzw. -würdig gehalten wird. Das Bemühen, werberelevante fachliche Inhalte möglichst verständlich zu erklären beispielsweise durch Auflösung von Kurzwörtern oder Hinzufügen von Bildelementen - und damit prophylaktisch mögliche Fragen der Konsumenten zu beantworten, variiert jedoch, wie Janich (1998) im Vergleich von Auto-, Unterhaltungselektronik- und Kosmetikwerbung gezeigt hat, erheblich von Produktgattung zu Produktgattung wie auch innerhalb der Werbung zu ein und derselben Produktgattung: Zum einen wird deutlich, dass generell offenbar umso mehr auf Erklärungen verzichtet wird, je mehr die emotionale Beteiligung und das Vermitteln bestimmter Werte anvisiert werden (vgl. ebd., 200 und 208), zum anderen ist aufschlussreich, dass, wie im Falle der Werbung für Unterhaltungselektronik, fast ganz auf Erklärungen verzichtet wird (vgl. ebd., 205) oder, wie bei der Kosmetikwerbung, oft ein Eindruck vordergründiger Verständlichkeit, bei genauerer Betrachtung aber der Pseudo-Information mit fragwürdigem Erklärungswert entsteht (vgl. ebd., 210), wenn fachsprachliche oder als fachsprachlich stilisierte Ausdrücke das Verständnis de facto erschweren. Im Hervorrufen eines vermeintlichen wissenschaftlichen Eindrucks und wissenschaftlicher Kompetenz vermögen solche Vertextungsformen aber durchaus ein persuasives Potenzial zu entfalten. 5. Fazit: Persuasive Textgestaltung Angesichts der außerordentlichen Vielfalt an Werbeerzeugnissen und den Unterschieden in der Werbetextgestaltung ist es bekanntlich kaum möglich, eine prototypische Struktur von Werbetexten anzugeben, die über 52 m CD tt O CD t <□ ii tt h C D TT "0 C Di O i k Stephan Stein die Identifizierung typischer Textteile und Bausteine wie Schlagzeile, Slogan, Fließtext, Adds, Inserts usw. sowie weiterer, Multimodalität bewirkender Komponenten visueller, akustischer, zuweilen auch taktiler und olfaktorischer Art hinausreicht. Aufgrund der textstrukturellen und thematischen Offenheit ist es sinnvoll zu fragen, welche Art bzw. welche Kombination von Themenentfaltungsformen zur Erreichung des kommunikativen Ziels in Frage kommen, d. h. wie die grundlegende appellative Funktion und persuasive Intention in der Themenstruktur umgesetzt und ausgestaltet werden. Man kann dabei davon ausgehen, dass die in einem Werbetext erkennbaren Ausprägungen thematischer Entfaltung so gestaltet sind, dass sie aus Sicht der Werbetreibenden in bestmöglicher Weise dazu beitragen, das kommunikative Ziel zu erreichen. Für die Bearbeitung des Themas und die Verbindung zwischen Themenstruktur und Handlungsstruktur lässt sich Folgendes festhalten: 1. Offenheit für die verschiedenen Themenentfaltungsformen: In Werbetexten wird nicht nur argumentiert. Vielmehr bedient sich die Werbung grundsätzlich aller Themenentfaltungsformen und kombiniert sie auch gerne miteinander 13, wenngleich argumentative und narrative Formen bevorzugt werden. Im Vergleich wird deutlich, dass die verschiedenen Themenentfaltungsformen in eigenständiger, aber unterschiedlicher Weise zur kommunikativen Stilisierung der beworbenen Produkte, Marken und Unternehmen beitragen. Vor allem narrative Vertextungsformen eignen sich dafür, eine positive emotionale Einstellung hervorzurufen, durch den Anschein des Authentischen und der Nähe zur realen Lebenswelt den Glaubwürdigkeitsanspruch zu stärken und die kommunikative Stilisierung von Produkt, Marke und Unternehmen mit für das gesellschaftliche Leben als relevant erachteten Werten (wie Zuverlässigkeit') aufzuladen. 2. Dominanz des Argumentativen: Die argumentative Themenentfaltung ist in unterschiedlichen Facetten dominierend. Das Bemühen um persuasive Effekte ist in argumentativen Strukturen allerdings „nicht selten als Verzerrung und Verschleierung korrekter Schlüsse zugunsten letztlich unbewiesener Behauptungen faßbar" (Fritz 1994, 129 f.), die die Überzeugungskraft der vermeintlichen Argumentationen relativieren (müssten). Vielleicht ist darin das prägende Charakteristikum und Dilemma (nicht nur) zeitgenössischer Werbung zu sehen. Jedenfalls erweisen sich argumentatives Gerüst und argumentativer Gehalt als sehr unterschiedlich tragfähig und profitieren davon, dass auch letztlich unbeweisbare Behauptungen als Resultat argumentativer Prozesse verstanden werden (sollen und können), weshalb es angemessener erscheint, bei Inhaltsfiguren usw. zunächst von einem argumentativen Wirkungspotenzial auszugehen. Strategien der Vertextung in Werbetexten 53 3. Rezipientenbeteiligung: In der konkreten Gestaltung zeigen die Werbetexte einen ausgesprochen vielseitigen, kaum systematisierbaren Umgang mit den verschiedenen Grundformen der Themenentfaltung. Oft werden die eigentlich vorgesehenen und erforderlichen strukturellen Komponenten nicht vollständig realisiert, sondern verkürzt, bisweilen rudimentär ausgestaltet, so dass u. U. allenfalls Spuren von Vertex-tungsmustern auszumachen sind. Dem Rezipienten werden so oftmals umfangreiche Beteiligungsangebote unterbreitet bzw., so könnte man auch sagen, Beteiligungszwänge zugemutet, die eine Rekonstruktion impliziter Aussagen, eine intensive Inferenzbildung, das Vergegenwärtigen präsupponierter Prämissen, das Ziehen von Schlussfolgerungen und insbesondere die Verallgemeinerung auf den mit einem beworbenen Produkt verbundenen spezifischen Nutzen zulassen - bzw. erfordern. Im Blick auf die Werbewirksamkeit ist das Chance und Risiko zugleich, sofern solche Beteiligungsmöglichkeiten erkannt und angenommen werden - oder nicht. Ö i k C Di Anmerkungen 1. Ein deutlicher Beleg: die Verknüpfung thematischer und pragmatisch-funktionaler Aspekte der Textkonstitution in einem Kapitel bei Brinker et al. (Hrsg., 2000). Differenzierte Beschreibungen der Themenentfaltungsformen finden sich außerdem bei Heinemann/Viehweger (1991, 235-251) und Gansel/Jürgens (2007, 148-162). 2. Zur Redeweise und Beschreibung der Themenentfaltung im Rahmen von ThemaRhema-Strukturen vgl. Hoffmann (2000, 352 ff.). 3. Das schließt nicht aus, dass Werbung durchaus auch andere Funktionen wie ästhetische und Unterhaltungsfunktion (vgl. Gansel 2000, 226) übernehmen kann. 4. Einschränkend ist jedoch zu sagen, dass die übliche, mehr oder minder stark ausgeprägte Multimodalität bei einer Betrachtung insbesondere der Vertextungsformen kaum angemessen berücksichtigt werden kann. 5. Vergleichbare direktive Sprachhandlungen kommen aber durchaus auch noch in zeitgenössischen Werbetexten vor (z. B. Handeln Sie jetzt. [...] Sprechen Sie mit Ihrem BHWBerater. [...] Oder wählen sie die Baugeld-Hotline: [...]" in einer Werbeanzeige aus der Programmzeitschrift TV Movie Nr. 07/2002). 6. Dass bzw. inwiefern dabei Pseudo-Argumentationen vorliegen, verdeutlicht nach meiner Kenntnis am besten der zwar etwas skurril wirkende, aber sehr entlarvende Ansatz von Januschek (1976, 139 f.), Informationen aus Werbeanzeigen in fiktive Dialoge zu transformieren. 7. Ich verzichte an dieser Stelle auf eine Beispieldiskussion und verweise hierfür auf den Beispielvergleich in Abschnitt 3. 8. Vgl. dazu auch Willems/Jurga (1998), die etliche der sonst als Argumentationsstrategien eingeordneten Verfahren als „glaubwürdigkeitsgenerierende Inszenierungsweisen" (ebd., 213) werten. 9. Was, wie ich aus wiederholten Analysen dieses Beispiels und anderer Anzeigen derselben Werbekampagne in Lehrveranstaltungen weiß, nicht immer auf den ersten Blick erkannt wird. 54 Stephan Stein 10. Texte dieser Art eignen sich daher auch besonders gut, um Möglichkeiten und Grenzen der Verstehenstätigkeit durch Inferenzbildung zu untersuchen (vgl. dazu Stein 2009). 11. Es ist m. E. nicht eindeutig erkennbar, worin der offenbar beabsichtigte Zusammenhang besteht zwischen der Darbietung des Jungen, der auf einem als Feder dargestellten Skateboard dahinzugleiten scheint, und der Anspielung darauf in der Schlagzeile (Weil wir da sind, wird vieles leichter). 12. Im Gegensatz zur üblichen Charakterisierung deskriptiver Vertextung rechnet Fritz (1994, 93) den deskriptiven Verfahren auch solche Vertextungsformen zu, die nicht in der neutralen Variante des Beschreibens verbleiben, sondern im Bereich der Werbung „stets positiv wertende Formen des ,Schilderns'" darstellen, „die eine subjektive ,Evaluation' des beschriebenen Sachverhalts leisten". Ich halte solche Formen nicht für einen Sonderfall oder gar eine weitere Spielart deskriptiver Vertextung, sondern für eine gattungstypische Variante narrativer Vertextung, die die narrative Struktur auf einzelne Komponenten verkürzt. 13. Dass Werbetexte nicht nur für alle Vertextungsmuster offen sind, sondern häufig Mischformen bevorzugen, kann allerdings, anders als Fritz (1994, 66) schreibt, gerade nicht „als besondere Eigenheit von Werbetexten gelten", da die Grundformen thematischer Entfaltung auch sonst in der Kommunikationspraxis nur selten in Reinform auftreten. 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