Sehr geehrte Damen und Herren, Hiermit fordere ich die Environmental Protection Authority (EPA) von Western Australia (WA) auf, den Vorschlag der Regierung Westaustraliens abzulehnen, der vorsieht, das tödliche “Drum Line Shark Mitigation Program” (Haikontrollprogramm durch Trommellinien) um weitere drei Jahre zu verlängern. Im folgenden möchte ich meine Gründe hierfür näher erläutern. Mangel an Beweisen Es existieren keine auszureichenden wissenschaftlichen Beweise dafür, die die Tötung von geschützten Haiarten rechtfertigen würden. So können weder Sicherheit für Menschen durch das Programm gerechtfertigt, noch potenzielle Einflüsse auf die Haipopulationen oder die ökologische Folgen abgeschätzt werden. Tatsächlich geht aus anderen Haikontrollprogrammen wie beispielsweise dem „Hook-Only“ Programm aus Hawaii hervor, dass die Sicherheit für Badegäste nachträglich nicht verbessert werden konnte (Wetherbee u. a. 1994). Ökologische und wirtschaftliche Folgen Die Beweise von (negativen) Auswirkungen auf Marine Ökosysteme durch die Eliminierung von Spitzenraubfischen einschließlich Haien vermehren sich. Die Auswirkungen beinhalten unter anderem geringere Primärproduktion, die Explosion anderer Populationen und den Zusammenbruch von ganzen Fischereien (Sandine et al 2008; Meyers et al 2007; Heithaus et al 2008; Ruppert et al 2013). Diese Gefahren sollten minimiert und für Westaustralien in einer Risikoanalyse erfasst werden. Die beiden UNESCO Welterben "Shark Bay" und "Ningaloo Coast" sowie auch andere touristische Orte wie beispielsweise "Neptun Island" beherbergen Ökotourismus, welcher auch das Tauchen mit Haien (inklusive der Zielarten des Haikontrollprogrammes) einschließt. Daher ist es extrem wichtig, die Bewegungen der betroffenen Arten zwischen den Tourismusorten und Standorten des Haikontrollprogrammes zu analysieren. Desweiteren sollten potenzielle Einflüsse des Programmes auf Haipopulationen, Ökosysteme und Tourismus untersucht werden. Wenn das Haikontrollprogramm verlängert, und damit die Basis für das Tourismusgeschäft gefährdet wird, ist die Wirtschaft in diesen Orten langfristig gefährdet. Zunahme des Fischereidrucks auf bedrohte und migratorische Arten Der Weiße Hai wird in australischen Gewässern (verzeichnet im Anhang III und in beiden Anhängen der CM) aufgrund seines bedrohten Status („Verletzlich“ in der IUCN Roten Liste der gefährdeten Arten) geschützt und ein multidisziplinarer Rettungsplan wurde aufgestellt. Der Große Weiße Hai ist nirgendwo in ausreichender Anzahl vorhanden, um langfristig Fischereien widerstehen zu können (Fergusson et al 2009). Der Populationsstatus des Großen Weißen Hai bleibt stattdessen ungewiss und es sollte ein besseres Verständnis dafür entwickelt werden, wie anthropogene Einflüsse seinen Wachstum beeinflussen, um diese Fakten in Betracht ziehen zu können. Des Weiteren gibt es keine Schätzungen über die Populationsgrößen von Tigerhaien. Daher kann der Einfluss des Programms auf Tigerhaie nicht abgeschätzt werden und besonders nicht, wie im Antrag der Regierung verzeichnet, als unerheblich betrachtet werden. Jedoch gibt es einige Faktoren, die stattdessen in Betracht gezogen werden sollten. Das Geschlechterverhältnis von großen (> 3 m) Weibchen zu Männchen, die im Rahmen des Kontrollprogramms bis heute gefangen wurden, beträgt 4:1. Mit Verlängerung des Programmes ist die Abschätzung, dass innerhalb der vorgeschlagenen 3 Jahre 720 fortpflanzungsfähige Weibchen getötet werden würden. Gerade diese Tiere haben eine Schlüsselrolle in der Population. Wird eine erhöhte Anzahl reproduktiver Tiere der Population entzogen, kann dies starke Einflüsse auf die Population haben. Da außerdem sowohl der Große Weiße und der Tigerhai stark wandernde wild lebende Arten sind, kann die Bedrohung für diese Populationen nicht abgesehen werden. Wegen ihrer Wanderungen sind diese Tiere in verschiedenen Regionen diversen Gefahren ausgesetzt. Wird der Druck auf bereits gefährdete Arten erhöht, kann dies starke Einflüsse auf die Populationen auf einer internationalen Ebene zur Folge haben. Nicht letale Alternativen Es existieren eine Reihe sogenannter nicht letaler Alternativen, die Westeaustralien in Betracht ziehen sollte. Ein Beispiel ist das Markierungsprogramm in Brasilien. Dort werden potentiell gefährliche Haie, die sich nahe der Küste befinden, gefangen und auf offener See wieder freigelassen werden (Hazin & Afonso, 2013). Durch das südafrikanische „Shark Spotter“ Programm konnte die Sicherheit von Surfern verbessert werden, indem sofort Warnmeldungen herausgegeben werden, sobald Haie in an beliebten Badestränden gesichtet werden. Es wurde außerdem eine Kenntnisgrundlage geschaffen werden, die als Basis zur Abschätzung von Gefahren (durch Haie) dient. Andere Methoden, die in Betracht gezogen werden könnten, schließen Haiausschlusszonen und Videoüberwachungsprogramme aus der Luft ein. Die Einbindung von wissenschaftlichen Studien in derartige Programme sind dabei der Schlüssel um das Verhalten von Haien zu verstehen und Risiken, die von ihnen ausgehen, zu minimieren.