PRESSEINFORMATION Auktion 184, 18.12.2009 Der glücklose

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PRESSEINFORMATION Auktion 184, 18.12.2009
Der glücklose Kaiser Clodius Albinus – eine Porträtstudie
Die Überraschung war perfekt, als bei Auktion 184 der Firma Gorny & Mosch – Giessener
Münzhandlung am 18. Dezember 2009 ein römischer Porträtkopf aus dem späten 2. Jahrhundert n.
Chr. versteigert wurde. Es handelte sich um ein qualitätvolles Marmorbildnis bester Erhaltung, die
von einigen Bestoßungen im Gesicht kaum beeinträchtigt wurde. Wer war der Dargestellte? Manches
spricht dafür, daß es sich um Clodius Albinus handelt, der sich im Kampf um den römischen
Kaiserthron schließlich Septimius Severus geschlagen geben mußte, auch wenn einige Abweichungen
vom üblichen Bildnistyp irritieren mögen. Vielleicht war es gerade die etwas geheimnisvolle Aura, die
den Kopf umgibt, die zu einem hitzigen Bietergefecht führte, das sich von geschätzten 45.000 Euro
immer weiter emporschwang, um erst bei ungeahnten 149.500 Euro zum Abschluß zu kommen.
Das „Fünfkaiserjahr“ 193
Das Jahr 193 gehört zu den ereignisreichsten der römischen Geschichte, sah es doch nicht weniger
als fünf Kaiser, die nacheinander bzw. gleichzeitig nebeneinander agierten: Nachdem Commodus am
31. Dezember 192 ermordet worden war, übernahm zunächst Pertinax die Regierung, ein
altgedienter Offizier, bereits 66jährig, der sich schon bald durch seinen strikten Sparkurs vor allem
beim Militär unbeliebt machte, das an die Freigiebigkeit seines Vorgängers gewöhnt war. Und so
vergingen kaum drei Monate, bis Pertinax ebenfalls einem Mordanschlag zum Opfer fiel. Was nun
folgte, blieb in der Geschichte Rom einzigartig: Die Kaiserwürde wurde geradezu versteigert, und
zwar an denjenigen, der den Prätorianern, der kaiserlichen Leibgarde, das höchste Geldgeschenk bot.
Didius Iulianus hieß der neue Mann, der ebenfalls auf eine beachtliche militärische Laufbahn
zurückblicken konnte und mit seinen 60 Jahren nur wenig jünger war als sein Vorgänger. Eigentlich
hätte er voraussehen müssen, was nun geschah: Die Soldaten in den Provinzen, die leer ausgegangen
waren, verweigerten dem neuen Kaiser ihre Loyalität und riefen stattdessen ihre Kommandeure zum
Kaiser aus – natürlich in der Hoffnung, von ihnen reich beschenkt zu werden: Septimius Severus in
Pannonien (Ungarn), Pescennius Niger in Syrien und Clodius Albinus in Britannien.
Der Kampf um den Kaiserthron
Nun begann der Wettlauf nach Rom, denn derjenige, der zuerst in der Hauptstadt eintraf, hatte die
besten Chancen, den Kaiserthron für sich beanspruchen zu können. Pescennius Niger war von
vornherein im Nachteil, er war einfach zu weit von Rom entfernt. Nun griff Septimius Severus zu
einem Trick: Damit ihm Clodius Albinus nicht zuvorkommen konnte, ernannte er ihn zu seinem
Caesar, seinem designierten Nachfolger, der weiterhin bei seinen Truppen in Britannien bleiben
Herausgeber:
GORNY & MOSCH
Giessener Münzhandlung GmbH
Maximiliansplatz 20
80333 München
Tel.: +49-89/24 22 643-0
Fax: + 49-89/22 85 513
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sollte. Man fragt sich, wieso Albinus überhaupt auf dieses Angebot eingegangen ist, war er doch mit
seinen 46 Jahren nur ein Jahr jünger als Severus. Damit hatte er wenig Chancen, diesen eines Tages
zu beerben; ganz abgesehen davon, daß Septimius Severus selbst über zwei vielversprechende Söhne
verfügte. Vielleicht plante Clodius Albinus ja auch, seinem Rivalen die Arbeit zu überlassen, um ihn
anschließend selbst ermorden zu lassen. Sobald er als Caesar in Rom residieren würde, fände sich
bestimmt eine Gelegenheit dazu.
Falls Clodius Albinus so dachte, mußte er jedoch bald feststellen, daß er selbst hintergangen worden
war, denn Septimius Severus hatte nie vorgehabt, ihn wirklich zu seinem Nachfolger zu machen.
Vielmehr wollte er sich den Rücken freihalten, um in Ruhe Pescennius Niger zu besiegen, den er Ende
194 hinrichten ließ. Bis zum Fall von Byzanz, wohin sich die Anhänger des Pescennius Niger
zurückgezogen hatten, verging ein weiteres Jahr. Dann allerdings zeigte Septimius Severus seine
wahren Absichten: Er ließ Clodius Albinus vom Senat zum Staatsfeind erklären, so daß diesem nur die
Flucht nach vorn übrig blieb. Nachdem er von seinen Soldaten zum Gegenkaiser ausgerufen worden
war, zog er gegen Severus zu Felde, der ihn Anfang 197 in der Nähe von Lyon besiegte. Clodius
Albinus wurde auf der Flucht getötet.
Die Marmorbildnisse
Solange Clodius Albinus offiziell als Caesar des Septimius Severus galt, wurden Bildnisse von ihm
angefertigt. Um nach außen hin die enge Verbundenheit der beiden zu demonstrieren, besaßen ihre
Porträts eine gewisse Ähnlichkeit; man spricht von einer Bildnisangleichung, die so weit gehen kann,
daß es zumindest für den modernen Betrachter schwierig ist, beide zu unterscheiden. Erst Klaus
Fittschen hat in seinem Katalog der römischen Porträts in den Capitolinischen Museen die
Unterschiede in der Physiognomie erkannt und die erhaltenen Porträts des Clodius Albinus
zusammengestellt. Alle gehören einem Bildnistyp an, der acht Repliken umfaßt. Schon allein die
Anzahl legt nahe, daß es sich bei dem Dargestellten um eine bedeutende Persönlichkeit handelt. Ihr
hervorstechendstes Merkmal sind die tiefen Geheimratsecken, die ein weit in die Stirn ragendes
Haarbüschel rahmen. Bei Severus fehlen die ausgeprägten Geheimratsecken, seine Stirn wird auf den
frühen Porträts fast rechteckig gerahmt. Der Bart ist länger und scheint am Kinn geradezu in zwei
Hälften geteilt zu sein. Auch wenn unser Kopf nicht in allen Details mit den Porträts des Albinus
übereinstimmt, legt der erste Eindruck nahe, daß es sich hier tatsächlich um eines der seltenen
Bildnisse des Mannes handelt, der von Septimius Severus überlistet worden war.
Die Münzbildnisse
Auf den Münzen des Clodius Albinus ist das in die Stirn ragende Haarbüschel weniger ausgeprägt.
Auch die Geheimratsecken treten zurück, wodurch die Stirn wie auf den Marmorbildnissen des
Severus beinahe rechteckig umrahmt erscheint. Severus besitzt hingegen sehr viel lockigeres Haar,
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auch ist sein Bart deutlich länger als bei Albinus und steht dem Kopfhaar in seiner Fülle nicht nach.
Damit wurde sinnfällig die unterschiedliche Stellung der beiden zum Ausdruck gebracht: Während
der regierende Kaiser mit seinem fülligeren Haar ikonographisch bereits in die Nähe der Götter
gerückt wurde, ist Albinus durch sein soldatisch kurz geschnittenes Haar als Caesar gekennzeichnet,
der sich nach gängiger Vorstellung seine Lorbeeren erst noch verdienen muß – auch wenn dies auf
ihn eigentlich gar nicht zutraf. Bezeichnenderweise erhält auch Albinus eine voluminösere
Haartracht, nachdem er sich selbst zum Kaiser gegen Severus ausrufen ließ.
Gerade das verhältnismäßig kurze Haar deutet daher bei unserem Porträt auf Clodius Albinus in
seiner Stellung als Caesar, kaum auf Septimius Severus. Trotzdem bleibt eine gewisse Unsicherheit,
die dem Bildnis etwas Geheimnisvolles verleiht und es gerade dadurch zu einem begehrenswerten
Objekt werden läßt.
Abbildungen:
Porträtkopf des Clodius Albinus(?), Marmor. Römisch, ca. 193-197 n. Chr.
Aus Auktion Gorny & Mosch, Giessener Münzhandlung 184 (2009), Nr. 8; Schätzpreis: 45.000 Euro –
Endpreis: 149.500 Euro.
Denar des Clodius Albinus als Caesar. Rom, 194-195. Rs. Minerva pacifera. RIC 7. Aus Auktion Gorny
& Mosch 181 (2009), Nr. 2261.
Denar des Clodius Albinus als Augustus. Lyon, 195-197. Rs. Aequitas Augusti. RIC 13(a). Aus Auktion
Gorny & Mosch 176 (2009), Nr. 2373.
Pressekontakt:
Dr. Ursula Kampmann
Pestalozzistr. 35
79540 Lörrach
Tel.: +49-76 21/47 734
Mobil: 01 72/76 64 616
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