Erhöhter IgG-Wert ist nicht zwingend eine Unverträglichkeit

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Nahrungsmittelunverträglichkeiten
Die Grenzen und Möglichkeiten von
Nahrungsmittelunverträglichkeitsanalysen auf Basis von IgG.
IgE und IgG Antikörper und Ihre Funktion
Personen, die an schnell wirkenden Nahrungsmittelallergien leiden, haben große Mengen an IgE
Antikörpern im Blut. Diese erkennen fälschlicherweise diverse Lebensmittelproteine als Bakterielle
Infektion und lösen eine Immunreaktion aus, die zu den Allergiesymptomen führt. Heute ist
unumstritten, dass IgE Antikörper diese Reaktion auslösen und die Messung der IgE AntikörperMengen auf bestimmte Stoffe wird routinemäßig in der Allergiediagnostik angewendet.
Das Immunsystem besitzt jedoch auch noch andere, sogenannte IgG Antikörper, die in erster Linie
gegen Bakterien und Viren wirken. Wird eine Person geimpft, entwickelt der Körper spezifische IgG
Antikörper, die diesen Krankheitserreger erkennen und bekämpfen können. Dringen dann später
diese Krankheitserreger in den Körper ein, erkennt das Immunsystem diese sofort und verhindert
eine Infektion.
Die falschen Versprechungen von IgG gegen Nahrungsmittel
Allerdings entwickelt der Körper auch in manchen Fällen fälschlicherweise IgG Antikörper gegen
diverse Lebensmittel anstatt auf Krankheitserreger. Anfänglich wurde das als ein Hinweis auf eine
Nahrungsmittelunverträglichkeit interpretiert. Diverse Firmen begannen derartige Tests zu
vermarkten und die Ergebnisse als: „Erhöhte IgG gegen Lebensmittel =
Lebensmittelunverträglichkeit“ zu interpretieren. Allerdings wurde schnell klar, dass erhöhte IgG
Antikörper nicht nur in Personen mit Symptomen, sondern auch in gesunden Menschen vorkommen,
wobei sich diese Herangehensweise als eindeutig falsch herausstellte. Studien zufolge haben 33%
von gesunden Menschen erhöhte IgG Antikörper im Blut, die offensichtlich keine klinische
Auswirkung zu haben scheinen [1].
Aufgrund dieser unwissenschaftlichen Praxis veröffentlichte das deutsche Ärzteblatt im Jahr 2005
einen Artikel, in dem vor IgG Analysen gewarnt wurde, da diese nicht wissenschaftlich nachgewiesen
Nahrungsmittelunverträglichkeiten auslösen [19]. Auch diverse Allergologen-Verbände schlossen sich
seither dieser Meinung an.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zu IgG seit 2005
Die Ärzteschaft und Allergologen Verbände haben also seit 2005 IgG Analysen kategorisch abgelehnt
und diese 11 Jahre alte Meinung ist nach wie vor der derzeitige anerkannte Stand der Schulmedizin.
Obwohl neue wissenschaftliche Erkenntnisse die derzeit unwissenschaftliche Praxis in der IgG
Analytik nach wie vor nicht rechtfertigen, gab es einige neue Erkenntnisse im Beriech von IgG. So
bestätigte sich mehrmals, dass gesunde Menschen durchaus erhöhte IgG-Werte haben können (der
größte Kritikpunkt an der Diagnostik), allerdings wurde auch klar, dass erkrankte Personen deutlich
häufiger erhöhte IgG-Werte aufweisen [1,6]. Gesunde haben demnach zu 33% erhöhte IgG Werte,
während Morbus Crohn Patienten zu 75.9% und Ulcerative Colitis Patienten zu 63.6% erhöhte IgG
Werte aufweisen [1], was einen Zusammenhang zwischen IgG Werten und Symptomen vermuten
lässt. Auch wurde die Verbindung von bestimmten Nahrungsmittelspezifischen IgG-Werten deutlich
mit dem Auftreten von diversen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Somit gab es seit 2005
mehrere wissenschaftliche Nachweise für den Zusammenhang von erhöhten IgG-Werten mit
Migräne [15,12], Morbus Crohn [17], Schizophrenie [18], Rheumatoider Arthritis [2] und Zöliakie [3].
In Übereinstimmung mit diesen Entdeckungen zeigte sich eine IgG Eliminationsdiät (bei der
Lebensmittelspezifische IgG- Werte gemessen und erhöhte Lebensmittel aus der Nahrung eliminiert
werden) in verschiedenen Studien als wirksam. Somit verbesserte eine Eliminationsdiät die
Komplikationen bei entzündlicher Darmerkrankung [16], Migräne [10,14], Asthma [4] und anderen
Komplikationen [7,8] und verbesserte auch die Konzentrationsfähigkeit von Probanden [5].
Eliminationsdiäten zeigten auch, dass sich dabei die anfangs erhöhten IgG-Werte allmählich senken
[3].
Die vermutlich aussagekräftigste Studie stammt aus dem Jahr 2013, bei der bei einer sehr großen
Studienpopulation (21 305 Probanden) 14 Lebensmittelspezifische IgG Antikörper gemessen wurden.
Bei dieser Studie wurden einige frühere Annahmen wiederlegt [9]. 2005 wurde angenommen, dass
IgG Antikörper lediglich durch Kontakt mit dem Lebensmittel gebildet werden und keine klinische
Auswirkung darstellen. Die Studie zeigte jedoch, dass von 14 Lebensmitteln nur 2 mit dem Verzehr
des Lebensmittels korrelierten. Bei dem Großteil der Lebensmittel existierte keine Verbindung
zwischen Verzehrmenge und Häufigkeit und IgG-Werten im Blut, was die alte Annahme wiederlegte.
Interessanterweise standen einige IgG-Werte in Korrelation mit diversen Erkrankungen und
Symptomen, doch es zeigte sich ein deutlich komplexeres Bild als ursprünglich angenommen. So
zeigte sich zum Beispiel eine deutliche Korrelation zwischen spezifischen erhöhten IgG Werten und
Ekzem, Gastrointestinalen Symptomen, Rhinitis, Migräne, Nesselsucht und anderen Symptomen.
Überraschender Weise zeigte sich auch, dass spezifische niedrige IgG-Werte ebenfalls mit diversen
Erkrankungen assoziiert sind (Z.B. waren niedrige Tomaten-IgG-Werte mit Migräne assoziiert) [9].
Ähnlich wie bei IgE-Allergien scheint es auch bei IgG sogenannte Kreuzreaktionen zu geben. Dabei
erkennt der IgG-Antikörper für Rindfleisch auch Hühnerfleisch [9], was eine besondere Relevanz für
Eliminationsdiäten haben könnte.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zu IgG (seit 2005)
Zusammenfassung
Mindestens 17 wissenschaftliche Studien wurden nach der 2005 Veröffentlichung der Warnung
durch das deutsche Ärzteblatt publiziert und unser Verständnis zu IgG hat sich erweitert.
Der 2005 kritisierte Ansatz, dass ein erhöhter IgG-Wert immer eine Nahrungsmittelunverträglichkeit
darstellt ist nach wie vor gerechtfertigt und durch keine Studien nachgewiesen worden. Allerdings
zeigte sich auch eine deutliche Korrelation zwischen IgG und diversen Erkrankungen und
Symptomen, die 2005 noch nicht vermutet wurde. Besonders die sehr große Studie von 2013, bei der
an 21 305 Probanden diese Korrelation nachgewiesen wurde trägt zu unserem wissenschaftlichen
Verständnis bei [9].
Zulässige Schlussfolgerungen aus IgG Analyseergebnissen
Die Berücksichtigung der deutlichen Grenzen und neuen Erkenntnisse der IgG Diagnostik, erlaubt es
nun manche Schlüsse zu ziehen.
Erhöhter IgG-Wert ist nicht zwingend eine Unverträglichkeit
Die Tatsache, dass 33% der gesunden Menschen erhöhte IgG-Werte aufweisen verbietet die
Herangehensweise, erhöhte Werte als Nahrungsmittelunverträglichkeit zu interpretieren. Erkrankte
Menschen weisen jedoch doppelt so häufig (bis zu 75%) erhöhte IgG-Werte auf, was auf eine
Korrelation der Erkrankung und der IgG-Werte hindeutet. Subtrahiert man in einer sehr groben
Schätzung von den 75%, die 33%, die als Gesunde ebenfalls erhöhte Werte hätten, lässt sich der
krankheits-verursachende Teil der erhöhten IgG-Werte auf ca. 42% schätzen. Die derzeit einzig
zulässige Interpretation erhöhter IgG-Werte ist somit darauf beschränkt, dass erhöhte Werte zwar
womöglich eine IgG-spezifische Reaktion mit Symptomen auslösen könnten, dies allerdings nicht
zwingend zu Symptomen führen müssen. Erhöhte IgG-Werte bei gesunden Menschen sind somit zu
100% nicht-Symptomatisch. Erhöhte IgG-Werte bei symptomatischen Personen bestehen demnach
vermutlich aus einer Mischung aus nicht-Symptomatischen IgG-Werten und Symptomverursachenden IgG-Werten, soweit die Unverträglichkeit von IgG Antikörpern ausgelöst wird. Eine
Analyse ist somit keine direkte Diagnose, aber ein Hinweis welche Lebensmittel weiter als mögliche
Ursache untersucht werden sollten.
Niedriger IgG-Wert könnte Symptomverursachend sein
Die große Studie von 2013 zeigte, dass auch niedrige IgG-Werte ein Risikofaktor für diverse
Symptome sein können [9]. Dieser Effekt wird durch eine IgG-Analyse nach derzeitigem Stand der
Wissenschaft nicht von symptomfreien niedrigen Werten unterschieden werden können. Deshalb ist
es wichtig, sich dieser Limitierung der Analytik bewusst zu sein.
Es gibt verschiedene Ursachen für Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die
berücksichtigt werden müssen
Anbieter von IgG-Analysen tendieren oft dazu, andere Formen der Unverträglichkeit zu
vernachlässigen. Betroffenen sollte jedoch zwingend klar gemacht werden, dass es auch andere
Ursachen einer Unverträglichkeit gibt, die bei Beschwerden berücksichtigt werden müssen.
Legende: Auflistung diverser Formen von Unverträglichkeit. Prozentwerte sind Prozent der Bevölkerung, die
unter dieser Form der Unverträglichkeit leiden.
Eine IgG-verursachte Nahrungsmittelunverträglichkeit ist also eine mögliche, keinesfalls jedoch die
einzige Form einer Unverträglichkeit.
Richtige Anwendung einer IgG Analyse
1) Bei beschwerdefreien Personen sind die Ergebnisse einer IgG Analyse bedeutungslos. Es
werden in diesem Fall nur IgG-Werte ohne klinische Auswirkung festgestellt.
2) Bei Personen mit Beschwerden sind erhöhte Werte ein Anhaltspunkt für weitere
Untersuchungen (z.B. Eliminationsdiät), keinesfalls aber eine Diagnose einer
Unverträglichkeit. Vermutlich lösen nur manche der erhöhten Werte Symptome aus.
3) Ein Negativer IgG-Befund schließt nicht Unverträglichkeiten aufgrund anderer Ursachen aus
(Z.B. primäre Laktoseintoleranz aufgrund der Genetik). Diese müssen ebenfalls
ausgeschlossen werden.
Quellenangabe
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