mehr wissen besser leben - Krebsverband Baden

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02
2009
Das Magazin des
K rebsverbandes B aden -W ürttemberg
Mehr Wissen Besser Leben
Wir
für
Sie
Wir haben ihn, den Namen
Gesund durch Herbst und
Winter
Politik und
Gesellschaft
Schwerpunktthema
„Die onkologische
Rehabilitation“
Medizin und
Forschung
MammographieScreening erfüllt
Erwartungen
Selbsthilfe
Die Patientenverfügung
30 Jahre Krebsberatung in Karlsruhe
Impressum
Mehr Wissen Besser Leben
Mitgliedermagazin des Krebsverbandes Baden-Württemberg e.V.
www.krebsverband-bw.de
Herausgeber
Krebsverband Baden-Württemberg e.V.
Adalbert-Stifter-Str. 105
70437 Stuttgart
Redaktion
Heike Hörnisch (Redaktion, verantwortlich im Sinne des Presserechts)
Tel.: 0711 848-10770
E-Mail: [email protected]
Gestaltung
Krebsverband Baden-Württemberg e.V.
Heike Hörnisch,
Adalbert-Stifter-Str. 105
70437 Stuttgart
Druck
Print Part e.K., Eisenbahnstr. 16, 73630 Remshalden
Bezug
Mehr Wissen Besser Leben erscheint 2-mal jährlich
(Juli und Dezember) und wird kostenfrei verteilt.
Für unverlangt eingesandte Manuskripte übernimmt die Redaktion
keine Gewähr. Das Mitgliedermagazin und alle in ihr enthaltenen
Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit
Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung
ohne Einwilligung des Herausgebers strafbar.
Mehr Wissen - Besser Leben
2
I nhalt
W ir
für
S ie
Vorwort
Wir haben ihn, den Namen...
Gesund durch Herbst und Winter–
„Natürlich“ Gesund und Schön
Bäder- und Rehatour 2009
Forschungs– und Entwicklungspreis 2009
3. Offene Krebskonferenz in Hamburg
P olitik
und
und
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11
12
G esellschaft
Deutsche Rentenversicherung:
Stand und Perspektiven der onkologischen
Rehabilitation
Service-Teil:
Die onkologische Rehabilitation in der
gesetzlichen Rentenversicherung
M edizin
4
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6
14
22
F orschung
Wie beeinflusst die Ernährung die
Krebsentstehung
STIKO wiederholt Empfehlung zur HPV-Impfung
Hautkrebsvorsorge zeigt Erfolge
Mammographie-Screening erfüllt die Erwartungen
Ionenstrahl-Therapiezentrum in Heidelberg eröffnet
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31
S elbsthilfe
Selbstbestimmt vorsorgen –
Patientenverfügung
Ausschreibung Förderpreis Selbsthilfe
nach Krebs 2010
Krebsberatung in Karlsruhe wird 30
Festvortrag aus Sicht einer Betroffenen
Unsere Filmempfehlung
Unsere Buchempfehlung
Wir trauern um...
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Mehr Wissen - Besser Leben
3
» Wir
für
Sie
V
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Hubert Seiter, geschäftsführender
Vorstand des Krebsverbandes
In unserer ersten Ausgabe
„Mehr Wissen Besser Leben“
haben wir Sie um Hilfe bei der
Namensfindung gebeten und
nach Ihrer Meinung zu Inhalt
und Gestaltung gefragt.
„... nicht medizinisch-journalistisch trocken wie hunderte von Fachzeitschriften...“, „...
ein toller Schritt vom Krebsverband...“ oder „... die Texte
sind so geschrieben, dass man
sie auch versteht...“ Diese Meinungen von Ihnen haben uns
gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir sind gespannt, wohin wir mit dem Magazin gehen und freuen uns auf
Anregungen zu Inhalten und
möglicher Schwerpunktthemen
von Ihnen.
Uns haben viele Vorschläge
zu unserem zukünftigen Namen
erreicht. Was uns überrascht
hat: Die Mehrheit empfand den
„Arbeitstitel“ –Mehr Wissen besser
Leben– als richtig für das Magazin.
Herbst und Winter stehen vor der
Tür. Wir haben ab Seite 6 Anregungen für Sie zusammengetragen, wie
Sie die „Kalte Jahreszeit“ gut überstehen und was Sie für sich und Ihr
Wohlbefinden tun können.
Zentrales Thema in dieser Ausgabe
ist die onkologische Rehabilitation.
Zum einen beleuchten wir die ökonomische und sozialpolitische Bedeutung, zum anderen beantworten wir
Ihre häufigsten Fragen zum Thema.
Mehr dazu ab Seite 14.
In der Fortsetzung zum Thema
„Selbstbestimmt vorsorgen“ geben
wir Ihnen ab Seite 30 Informationen
und Formulierungshilfen zur Patientenverfügung.
Ich wünsche Ihnen eine anregende
und unterhaltsame Lektüre.
Ihr Hubert Seiter
Mehr Wissen - Besser Leben
4
Wir haben unseren neuen
alten Namen gefunden...
Mit solcher Resonanz auf unser neues
Magazin haben wir nicht gerechnet.
Viele Anrufe, E-Mails und Briefe mit
Glückwünschen, Meinungen, Anregungen und Namensvorschlägen haben
uns erreicht.
Was uns besonders überrascht hat
ist die Tatsache, dass der als Arbeitstitel gewählte Name „Mehr Wissen
besser Leben“ einen großen Zuspruch
gefunden hat. Wir haben uns daher
entschlossen, diesen Namen zu behalten. Unser besonderer Dank gilt Allen,
die sich kreativ an der Namenssuche
beteiligt haben. In den nächsten Tagen
erhalten Sie per Post ein kleines Dankeschön von uns.
Wir freuen uns auch weiterhin auf
alle Anregungen, Ideen, Vorschläge
und Hinweise von Ihnen.
Diese schicken Sie bitte per E-Mail
an [email protected] oder per Brief an die Geschäftsstelle des Krebsverbandes.
Redaktionsschluss für unsere Ausgabe 01/2010 ist der 30. April 2010.
Ihre
Mehr Wissen
Redaktion
besser
Leben
Mehr Wissen - Besser Leben
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Gesund durch Herbst und Winter
Was die Großmutter noch wusste – Schnelle Hilfe aus dem Kräutergarten
Kaum ist es im Herbst nass, kühl
und kalt, dann kommen sie wieder –
Schniefnase, Husten und Co.
Das was allgemein hin unter dem
Begriff „Erkältung“ zusammengefasst
wird sind meist rasch auftretende Erkrankungen der oberen Luftwege. Oft
werden sie durch Viren verursacht. Im
Gegensatz zu einer echten Grippe sind
Fieber, Kopf und Gliederschmerzen sowie die Abgeschlagenheit weniger ausgeprägt.
Um zu verhindern, dass sich aus einer leichten Erkältung ein grippaler Infekt entwickelt kann die Kraft der Natur helfen.
Nehmen Sie ein heißes Bad
Am Anfang einer Erkältung steht oft
eine Auskühlung von Körper und Füßen. In diesen können dann die Viren
leichter eindringen und es kommt zur
Schnupfennase und Co.
Was liegt daher näher, als dem Körper wieder Wärme zuzuführen und ein
Bad zu nehmen.
Dabei sollte das Badewasser nicht
wärmer als 40 Grad sein und die Badedauer 15 bis 20 Minuten nicht überschreiten (Gefahr von Kreislaufproblemen). Als Badezusatz hat sich bei
Erkältungen zum einen Senfmehl und
zum anderen Thymian bewährt. Für
ein Vollbad stellen Sie aus 50 Gramm
Thymian eine Aufkochung her und geben diese dem Badewasser bei.
Nach dem Abtrocknen mit Lavendelöl eincremen und zu Bett gehen.
Am besten ist immer ein Bad vor dem
Schlafengehen.
Trinken Sie heißen Tee
Salbeitee hilft bei Halsschmerzen und
ist entzündungshemmend. Ein halber
Löffel getrocknete Salbeiblätter in einen viertel Liter siedendes Wasser geben und 10 Minuten zugedeckt ziehen
lassen.
Spitzwegerich wirkt bei trockenem
Husten. Einen Teelöffel getrockneter
Spitzwegerich in einen viertel Liter siedendes Wasser geben und 10 Minuten
zugedeckt
ziehen
lassen.
Zwei Teile Hagebuttenschalen und
-kerne mit einem
Teil Lindenblüten
und Holunderblüten mischen, einen
gehäuften Teelöffel
davon in einem viertel Liter siedenden
Wasser geben und zugedeckt 10 Minuten ziehen lassen. Diese Mischung hilft
vorbeugend bei Erkältungswetter.
Trinken Sie die Tees so heiß wie
möglich. Für die Süße könne Sie Honig
hinzu geben. Bitte erst, wenn der Tee
etwas abgekühlt ist, da die Kräuterwirkstoffe im Honig zerstört werden.
Inhalieren Sie
Eine bewährte Maßnahme bei Schniefnase, Husten und Co ist das Inhalieren
mit und ohne Zusätze.
Mehr Wissen - Besser Leben
6
Der warme Wasserdampf ist nicht
nur wohltuend, sondern auch noch
äußerst heilsam. Er befeuchtet die
trockenen Schleimhäute, hartnäckige
Krusten werden gelöst und abtransportiert. Zudem wird die Durchblutung
der empfindlichen Nasen- und Mundschleimhaut verbessert, eine Maßnahme, die für eine verbesserte Atmung
sorgt.
Inhalieren
Bewährte Helfer aus dem Garten
Anis: bei Bronchitis, schleimlösend
Eukalyptus: bei allen Erkältungskranktheiten, löst den Schleim, fördert den Auswurf, keimtötend
Fenchel: bei Bronchitis und Husten,
schleimlösend
Kamille: wirkt bei vielen Beschwerden entzündungshemmend, keimtötend
Pfefferminze: bei Erkältungen und
Kopfschmerzen
Salbei: bei Kehlkopfkatarrh und Mandelentzündung, keimtötend
Thymian: bei Bronchitis, Keuch- und
Krampfhusten, löst den Schleim und
desinfiziert
Natürlich „schön“
Gegen müde Haut mischen Sie 2 Tropfen Minzöl mit einem Becher Sahnejoghurt, auf die Gesichtshaut auftragen
und 5 Minuten einwirken lassen und
anschließend gut mit lauwarmen Wasser abspülen.
Bei feuchtigkeitsarmer Haut vermischen Sie 2 Teelöffel Quark mit einem Teelöffel Honig und etwas Olivenöl. Tragen Sie die Mischung auf die
Gesichtshaut auf und lassen Sie die
Maske 5 bis 15 Minuten einwirken. Danach mit lauwarmen Wasser abspülen.
Zur Entspannung rühren Sie einen
Teelöffel frische Hefe mit Pfefferminztee glatt und geben 2 Teelöffel Freiöl
dazu. Die Maske 15 Minuten einwirken
lassen und mit lauwarmen Wasser abspülen.
Für eine Erfrischung der Haut sorgt
die folgende Mischung. 2 Teelöffel Freiöl
mit einem viertel pürierter Salatgurke
(ohne Kerne), 3 Teelöffeln getrockneter und gemörserter Pfefferminze und
einen Teelöffel Zitronensaft mischen.
Ein steif geschlagenes Eiweiß unterheben und auf die Haut auftragen. Nach
5 bis 10 Minuten mit lauwarmen Wasser abspülen.
Gegen kleine Fältchen hilft folgende Mischung. Einen halben Becher Vollmilchjoghurt auf das Gesicht auftragen
und antrocknen lassen. Anschließend
mit 100 Milliliter warmer Milch abwaschen und mit lauwarmen Wasser
nachspülen.
Mehr Wissen - Besser Leben
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Schlemmen Sie sich gesund durch den Winter
Regen, Schnee und Graupel im
Duett, dazu ein eisiger Wind, der jeden
noch so warmen
Wintermantel
durchdringt.
Bei solchem
Schmuddelwetter braucht man
ein starkes Immunsystem, um sich
vor Husten, Schnupfen und Fieber zu
schützen. Die einfachste, leckerste
und effektivste Möglichkeit, sich vor
winterlichen Erkältungskrankheiten zu
schützen, sind jede Menge Vitamine
aus Obst und Gemüse. So schützen Sie
Ihren Körper auf natürliche Art ohne
Medikamente oder Präparate.
5 Portionen Obst und Gemüse steigern
die Abwehrkräfte
Reichlich Obst und Gemüse verzehren
Sie am besten möglichst bunt gemischt
und in mehreren Portionen über den
Tag hinweg verteilt. Denn nur die kontinuierliche Zufuhr von Vitaminen und
Mineralstoffen bringt die Abwehrkräfte
so richtig in Schwung und stärkt das
Immunsystem.
Leckere Gesundmacher
W EBTI P P
Gerade viele im Winter erhältlichen
Obst- und Gemüsearten enthalten Vitamine und Mineralstoffe, die das Immunsystem stärken.
Bekanntestes „Anti-Erkältungs-Vitamin“ ist Vitamin C, das die Abwehr
von Bakterien unterstützt. Dass dieses
Vitamin reichlich in Zitrusfrüchten und
Viele frische Ideen zur gesunden
Ernährung finden Sie im Internet
unter www.5amtag.de
Äpfeln enthalten ist, gehört fast schon
zum Allgemeingut. Was viele Gemüseliebhaber und Hobbyköche hingegen
nicht wissen: In so manchen seltenen „Gästen“ unserer Küche wie Rosenkohl und Fenchel ist viel Vitamin C
enthalten. Auch frisches Sauerkraut,
aus dem sich köstliche Gerichte in verschiedensten geschmacklichen Varianten zaubern lassen, enthält Vitamin
C. Wichtig: Vitamin C ist empfindlich
gegen Luft, Licht und Wärme. Deshalb
Obst und Gemüse möglichst schnell
verzehren und nicht lange lagern.
Tiefkühlprodukte
Empfehlenswert sind auch Tiefkühlprodukte, denn die besonders schonende
Verarbeitungsweise dieser Lebensmittel garantiert nach wie vor einen ausgezeichneten Vitamin C-Gehalt. Wer
Gemüse gart, sollte beachten, dass
Vitamin C wasserlöslich ist und daher
leicht ins Kochwasser entweicht. Kluge
Köche verwenden daher das Kochwasser als Basis für eine Soße oder eine
Suppe.
Für ausreichenden Schutz braucht
der Körper die wertvollen Inhaltsstoffe
von Obst und Gemüse nicht in einem
Schwung, sondern über den Tag verteilt.
Gerade Vitamin C wird vom Körper
sofort verwertet, so dass alles was zuviel ist, ausgeschieden wird und dem
Organismus nicht mehr zur Verfügung
steht. Die Gesundheitskampagne 5 am
Tag empfiehlt täglich mindestens fünf
Portionen Obst und Gemüse zu verzehren. Wer wenig Zeit hat, sollte zwischendurch zu einem Glas Saft greifen.
Unser Tipp: Johannisbeersaft ist Spitzenreiter in Sachen Vitamin C.
Quelle: 5 am Tag
Mehr Wissen - Besser Leben
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Tageslicht gegen den „Winterblues“
Warum Spaziergänge und leichte Bewegung gerade im Winter helfen, die gute Laune des Sommers nicht zu Verliehren
Sicherlich kennen Sie das von sich
selbst. Im Winter ist man oft müde,
schlecht gelaunt und fühlt sich ohne
Motivation. Mit dieser saisonalen Depression sind Sie nicht alleine, etwa
jeder vierte Deutsche kennt diese
Symptome.
Hauptursache liegt an einer hormonellen Umstellung im Winter. Dadurch,
dass wir weniger Sonnenlicht zur Verfügung haben, erzeugt der Körper mehr
von dem Hormon Melatonin, das für
den Schlafbedarf zuständig ist. Gleichzeitig sinkt die Produktion von dem
Glückshormon Serotonin. Und schon
hat man den „Winterblues“.
Dagegen können Sie ganz einfach
Abhilfe schaffen. Schon ein einstündiger Spaziergang bei Tageslicht – egal
ob die Sonne scheint oder nicht hilft,
dem Blues entgegenzuwirken.
Auch Sport kann uns aus einem
Stimmungstief heraushelfen. Nicht nur
das Herz–Kreislauf–System wird gestärkt auch das Immunsystem wird
positiv beeinflusst.
Drei– bis viermal die Woche, nicht
länger als eine Stunde und nicht bei einer bereits bestehenden Erkältung ist
auch für Anfänger ein gutes Pensum.
Egal ob Sie ein leichtes Lauftraining
absolvieren oder Walken, Sie erhalten
Sauerstoff und Licht und fühlen sich
danach ausgeglichen und entspannt.
Achten Sie dabei auf funktionale
Kleidung, die wärmt und gleichzeitig
atmungsaktiv ist.
Mehr Wissen - Besser Leben
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Bäder- und Rehatour 2009
„Zeigen was möglich ist“–Quer mit dem Fahrrad durch das Gesundheitsland Baden-Württemberg
Rund 25 Menschen mit und ohne Behinderung, Ärzte, Geschäftsführer von
Reha-Einrichtungen und Führungskräfte der Deutschen Rentenversicherung
Baden-Württemberg
radelten im September durch BadenWürttemberg,
um
sich für Rehabilitation „made in BadenWürttemberg“ einzusetzen. Mit der Tour
sollten Spenden für
den
Krebsverband
Baden-Württemberg
und sein geplantes
Projekt „Sport nach
Krebs“ gesammelt
werden.
Am 11. September gab Dieter Hillebrand, Staatssekretär im Sozialministerium Baden-Württemberg und
Landesbeauftragter für Menschen mit
Behinderung den Startschuss zur diesjährigen Tour.
Beinah 900 Kilometer wurden von
den Teilnehmern vom 11. bis 19. September zurückgelegt. Vom Tourstart in
Bietigheim-Bissingen ging es über Bad
Wimpfen, Heidelberg, Baden-Baden,
Glottertal, Bad Säckingen, Donaueschingen, Bad Rippoldsau, Bad Wildbad
zurück an den Startort Bietigheim.
Zeigen, was möglich ist
Das Motto der 2. Bäder- und Rehatour
2009 lautete: „Zeigen, was möglich ist“.
Rehabilitation ist ein wichtiges Angebot
zur Wiedereingliederung von behinderten und chronisch kranken Menschen
in Beruf und Gesellschaft. Dies wurde
von den behinderten Teilnehmern der
Tour eindrucksvoll demonstriert: Nach
erfolgreicher Rehabilitation zeigen sie
großen Einsatz und enorme Willenskraft. Dass mit Rehabilitation viel bewegt
werden kann, zeigen
zum Beispiel Marco Longobucco und
Hasan Ustaosman,
beide vor Jahren
nach einem schweren Unfall kaum noch
bewegungsfähig, sowie Guido Gutje, der
eine Krebsoperation
hinter sich hat. Heute sind sie alle wieder sportlich aktiv und radelten bei der
Tour mit.
Mobil und mit eigener Kraft Herausforderungen meistern
Initiator der diesjährigen Tour war
wieder Hubert Seiter, Erster Direktor
der Deutschen Rentenversicherung
Baden-Württemberg und ehrenamtlicher geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Krebsverbandes BadenWürttemberg: “Mobil und mit eigener
Kraft Herausforderungen meistern, das
macht glücklich, erst Recht im schönen
Ländle.“
Die Schirmherrschaft der Tour hatte
der Krebsverband Baden-Württemberg
wieder gerne übernommen. Auch in
diesem Jahr sollten mit der Tour Spenden für das geplante Projekt „Sport
nach Krebs“ gesammelt werden.
Krebsverband Baden-Württemberg
Mehr Wissen - Besser Leben
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Forschungs– und Entwicklungspreis 2009
Der Krebsverband Baden-Württemberg
war der ausgeprägt interdisziplinäre
e.V. freut sich, in diesem Jahr seinen
Charakter des Projektes sowie der ErForschungs- und Entwicklungspreis
folg der individuellen und ganzheitlibereits zum achten mal vergeben zu
chen Planung der Weiterversorgung
dürfen. Der mit 5.000 Euro dotierte
Schwerkranker und Sterbender. EbenPreis wurde im Rahmen der 28. Jahfalls beispielhaft ist der Aufbau von exrestagung der Tumorzentren und Onternen Netzstrukturen sowie die Sensikologischen Schwerpunkte (ATO) am
bilisierung und gezielte Qualifizierung
07. November 2009 in Heidelberg verder Ärzteschaft und Pflege zum Thema
liehen. Mit der Auszeichnung werden
Palliativversorgung innerhalb des Kliniseit 1999 alle zwei Jahre herausragenkums.
de Leistungen in der anwendungsbe„Mit der Umsetzung einer konsiliaren
zogenen Forschung und KonzeptentPalliativversorgung an einem Krankenwicklung im psychosozialen, ärztlichen
haus der Grund- und Regelversorgung
und pflegerischen Beohne Palliativstation
reich der Versorgung
ist es dem Projekt gevon Krebspatienten in
lungen, über StationsB a d e n -W ü r t t e m b e r g
und
Klinikgrenzen
gewürdigt.
hinweg den Patienten
Der diesjährige Preis
eine
Verbesserung
geht an das interdisziihrer Lebensqualität
plinäre Team um Anneund eine würdevolle
marie Jung, Palliativletzte Lebensphase zu
Care Pflegekraft, den
ermöglichen“ so Prof.
Arzt Dr. Thomas ManWalter Aulitzky, Vorsitdel, an Heike Fischer,
zender des KrebsverPsychoonkologin,
die
bandes in seiner LauSozialpädagogin Elisadatio, „dieses Projekt
Die Preisträger des Forschungs- und Entwickbeth Hoffmann, den Kli- lungspreises 2009 mit Ministerin Dr. Stolz
ist beispielgebend.“
nikseelsorger Bernhard (rechts)
Einen AnerkennungsMeyer sowie die beiden
preis erhielten Dagmar
Physiotherapeutinnen Helga De SilRosner und Sibylle Zengerle-Hübner,
va und Elke Walter-Rau, des Palliativbeide Psychoonkologinnen am Parksaschwerpunktes Plattenwald des Onkonatorium Aulendorf (Waldburg-Zeil Klilogischen Schwerpunktes Heilbronn,
niken) für ihr Projekt „Kreatives SchreiKlinikum am Plattenwald Bad Friedben in der onkologischen Rehabilitation“
richs Hall, für ihr Projekt „Umsetzung
Schreibwerkstätten im Parksanatorides Konzepts einer konsiliaren Palliaum Aulendorf“ Ein weiterer Anerkentivversorgung im Klinikum am Plattennungspreis wurde an Anne Gruninger,
wald der SLK-Kliniken Heilbronn“.
Fachfrau für naturheilkundliche Pflege
Die Jury würdigte mit dem Preis die
und Aromapflege und Simone Mayer,
Entwicklung und Umsetzung eines inLeitung Pflege- und Prozessmanagenovativen Versorgungskonzeptes. Ausment, sowie an den Arzt Dr. Gerhard
schlaggebend für die Entscheidung
Fischer und den Fachapotheker Ger-
Mehr Wissen - Besser Leben
11
hard Kempter, alle am Onkologischen
Schwerpunkt der Oberschwabenklinik
Ravensburg für ihr Projekt „Einführung
qualitätsgesicherter und evaluierter
komplementärer Pflegemethoden im
Bereich Onkologie und Palliativmedi-
zin“ verliehen.
In den folgenden Ausgaben unseres
Mitgliedermagazins werden wir Ihnen
alle eingereichten Projekte des Forschungs– und Entwicklungspreis 2009
vorstellen.
Krebsverband Baden-Württemberg
3. Offene Krebskonferenz in Hamburg
Experten stehen Rede und Antwort
Nach Berlin und Düsseldorf gastierte
die dritte Offene Krebskonferenz 2009
am 12. September in Hamburg. Auch
dieses Mal war es Anliegen der Veranstalter, Patienten und deren Angehörige
umfassend zu informieren. Dies betonten auch Prof. Dr. Dagmar Schipanski,
Präsidentin der Deutschen Krebshilfe
e.V. und Prof. Werner Hohenberger,
Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft, in ihren Grußworten zur Eröffnung der Krebskonferenz: „Unser Ziel
ist flächendeckende Information auf
höchstem Qualitätsniveau“.
Gestiegene Eigenverantwortung und
eine Zunahme an Therapiemöglichkeiten - mehr denn je sind die Betroffenen auf Informationen angewiesen, die
sie allgemeinverständlich, unabhängig
und qualitätsgesichert über ihre Erkrankung aufklären.
Patientenkompetenz stärken
Auch nach den Worten von Dr. Johannes Bruns, Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft e.V., ist sachlicher Rat, „eingebettet in Verständnis
und Fürsorge“, wichtiger denn je. „Die
Patienten müssen alle Informationen
bekommen, um für sie die qualitativ
beste Versorgung auswählen zu können“. Eine solche zeichnet sich laut Dr.
Bruns durch Erfahrung mit dem jeweiligen Tumor und die Berücksichtigung
neuer Erkenntnisse aus. Zudem sind
die Zusammenarbeit mit allen für die
Behandlung wichtigen Experten und
die Einbeziehung aller Beteiligten unerlässlich, so Dr. Bruns. Wie wichtig die
Kompetenz der Patienten ist, bestätigte auch Ralf Rambach, Deutsche Leukämie- und Lymphomhilfe, aus eigener
Erfahrung: „Umfassende Information
machte mich zum ebenbürtigen Partner für meine Ärzte“. Zukünftig sollen
die Patientenleitlinien den Betroffenen
helfen, ihre Situation und mögliche
Therapiemaßnahmen einschätzen zu
können um gemeinsam mit dem Arzt
die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Warum ich?
Diese Frage stellt sich beinahe jeder
Krebspatient früher oder später. Antworten darauf werden häufig in der eigenen Biographie gesucht: „Ich habe
nie an mich gedacht, immer alles in
mich hineingefressen“. Versuche, die
Ursachen in der Seele festzumachen,
sind zweifelsohne verständlich. „Die
Sinnsuche im Lebenskontext vermit-
Mehr Wissen - Besser Leben
12
telt ein Gefühl von Kontrolle und Einflussmöglichkeit“, bestätigte Prof. Dr.
Joachim Weis, Arbeitsgemeinschaft für
Psychoonkologie, Freiburg.
Der Zusammenhang zwischen Psyche und Krebs wird schon sehr lange
diskutiert. Dabei halten sich „hartnäckige Mythen“, so Prof. Weis. Heute
ist erwiesen, dass psychische Faktoren
weit weniger für die Krebsentstehung
verantwortlich sind, als angenommen.
Studien haben gezeigt, dass beispielsweise Verlustereignisse und Depressionen allein für sich nicht das Krebsrisiko
erhöhen. Allerdings gehen diese Erkrankungen häufig mit einer ungesunden Lebensweise einher: „Damit erhöht
sich indirekt die Gefahr für Krebs“.
Ein weiterer Mythos ist laut Prof. Weis
die angebliche Krebspersönlichkeit –
unter anderem gekennzeichnet durch
Selbstlosigkeit, Introvertiertheit und
Aggressionshemmung. „Es gibt keinerlei wissenschaftlichen Belege dafür,
dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale einen Einfluss auf die Krebsentstehung haben“. Auch Stress ist kein
alleiniger Auslöser für Krebs. Da er jedoch mit einem nachteiligen Gesundheitsverhalten assoziiert ist, kann sich
nach den Worten des Freiburger Psychoonkologen durchaus „in Folge von
Stress ein Tumor entwickeln“.
Bewusste Lebensweise als Arznei
Stichwort Gesundheitsverhalten: Ein
gesunder Lebensstil entpuppt sich immer mehr als Garant für eine beständige Gesundheit. Auch im Hinblick auf
Krebs spielt die Lebensführung eine
entscheidende Rolle. Wie sehr, belegen
jüngste Forschungserkenntnisse, die
Prof. Dr. Ulrich Kleeberg, Vorsitzender
der Hamburger Krebsgesellschaft e.V.,
vorstellte: „Übergewicht und Bewe-
gungsmangel fördern das Tumorwachstum“. Auch zwischen dem Risiko an
Krebs zu erkranken und dem Lebensstil besteht ein enger Zusammenhang.
Körperliche Aktivität beugt Krebserkrankungen wirksam vor und sorgt für
deren besseren Verlauf. Sport, so Prof.
Kleeberg, „ist ein Krebsmedikament“.
Moderat bewegen und gesund ernähren lautet seine Botschaft an seine Patienten. Doch diese verhallt oft viel zu
schnell wieder. Wichtig ist deshalb laut
Prof. Kleeberg, die Patienten immer
wieder zu motivieren, selbst aktiv zur
ihrer Genesung und Gesunderhaltung
beizutragen.
Mehr psychosoziale Unterstützung
Ein zentrales Thema des OKK war
die psychosoziale Unterstützung der
Krebspatienten. Wie sehr Krebspatienten von psychosozialen Angeboten profitieren, zeigen unter anderem
die Erfahrungen von Prof. Dr. Peter
Herschbach, Klinikum Rechts der Isar,
München. „Körperliche Beschwerden
und psychische Belastungen gehen
durch Psychotherapie deutlich zurück“.
Eine „sehr erfreuliche Bilanz“, die nicht
geschmälert werden darf. Doch eine
„bedarfsgerechte,
flächendeckende
Versorgung ist ebenso wie die Finanzierung derzeit nicht gewährleistet“, so
Prof. Herschbach. Ein weiterer Anlass
für den Verbund der Krebs-Selbsthilfeorganisationen, eine Resolution zur
Verbesserung der psychosozialen Unterstützung zu verabschieden.
Die 3. Offene Krebskonferenz war ein
deutliches Signal aller bei der Betreuung an Krebs erkrankter Menschen beteiligten Institutionen in Zukunft noch
enger für eine optimale Versorgung der
Patientinnen und Patienten einzutreten
– gemeinsam.
Quelle: DKG
Mehr Wissen - Besser Leben
13
» Politik
und
Gesellschaft
Deutsche Rentenversicherung:
Stand und Perspektiven der onkologischen Rehabilitation
Die Rehabilitation hat eine lange Tradition im deutschen Gesundheitsversorgungssystem. Mit ihrer gesetzlichen Verankerung Anfang des 20. Jahrhunderts und der Integration in die verschiedenen Säulen des sozialen Sicherungssystems ist die Rehabilitation zu einem festen Bestandteil in der
medizinischen Versorgung geworden. Insbesondere bei der Versorgung
chronisch Kranker – zu denen auch die meisten onkologisch Erkrankten
zählen – kommt ihr ein hoher Stellenwert zu. Vor diesem Hintergrund und
der Häufigkeit des Auftretens in der Bevölkerung haben Krebserkrankungen und damit auch die onkologische Rehabilitation eine große, weit über
das Medizinische hinausgehende ökonomische und sozialpolitische Bedeutung.
Dr. Ingrid Pottins, Dr. Hanno Irle, Dr. Christiane Korsukewitz
1. Onkologische Rehabilitation:
erweitertes Aufgabengebiet der
Rentenversicherung
Für die medizinische Rehabilitation
sind in Deutschland verschiedene Sozialleistungsträger zuständig. Sie unterscheiden sich in ihrem gesetzlichen
Rehabilitationsziel und den Leistungsvoraussetzungen. Nach dem Prinzip
der Risikozuordnung hat der Gesetzgeber die Aufgabe der medizinischen
Rehabilitation demjenigen Sozialleistungsträger zugeordnet, der das finanzielle Risiko ihres Scheiterns trägt.
Unter diesem Gesichtspunkt ist die
Rentenversicherung
zuständig
für
die medizinische Rehabilitation von
Menschen, die im Erwerbsleben stehen. Primäres Ziel ist es hier, die Erwerbsfähigkeit der Versicherten zu
erhalten oder wiederherzustellen. Entsprechend werden für diese Personengruppe bei Bedarf medizinische Leis-
tungen zur Rehabilitation nach § 15
Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB
VI) erbracht. Für Patienten mit onkologischen Erkrankungen gilt jedoch
eine Besonderheit: der Kreis der Anspruchsberechtigten ist gegenüber anderen Indikationen erweitert. Anspruch
auf eine onkologische Rehabilitation zu
Lasten der Rentenversicherung haben
nach § 31 Abs.1 Nr.3 SGB VI i.V. m.
den Richtlinien für Krebserkrankungen
neben Versicherten auch die Bezieher
einer Rente sowie deren mitversicherte
Familienangehörige (zum Beispiel Ehegatten und Kinder). Dem erweiterten
anspruchsberechtigten Personenkreis
entsprechend gilt auch ein übergeordneter Aspekt in der Zielsetzung der
onkologischen Rehabilitation. Erreicht
werden soll bei allen Betroffenen eine
Verbesserung der Lebensqualität, verhindert werden soll, dass krankheitsund therapiebedingte Auswirkungen
Mehr Wissen - Besser Leben
14
der Krebserkrankung zu dauerhaften
körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen mit Nachteilen im sozialen Leben führen.
Leistungen zur onkologischen Rehabilitation nach § 15 und 59 % nach § 31
Abs.1 Nr. 3 SGB VI erbracht.
Der überwiegende Anteil der onkologischen Rehabilitationen wird aktuell
2. Größenordnung onkologischer
im stationären Bereich durchgeführt,
Rehabilitation bei der Rentenverhäufig in Form einer Anschlussrehabilisicherung: Daten und Fakten
tation. Nur etwa 1 % der onkologischen
Das finanzielle Gesamtvolumen für
Rehabilitationen entfällt auf den ambumedizinische Reha-Leistungen betrug
lanten Sektor. Der marginale Anteil der
im Jahr 2007 weit über 5 Mrd. Euro.
Onkologie am Diagnosespektrum der
Davon wurden allein 3,1 Mrd. Euro
ambulanten Rehabilitation erklärt sich
von der gesetzlichen
nicht aus fehlenden
Re n t e n v e r s i c h e r u n g Zu den Autoren
Strukturen,
sondern
aufgebracht. Als größ- Dr. Ingrit Pottins leitet den Bereich So- dürfte unter anderem
ter Rehabilitationsträ- zialmedizinische Fort- und Weiterbil- aus einer späteren
dung, Dr. Hanno Irle ist Leiter des Beger in Deutschland hat reichs Sozialmedizin und Dr. Christiane Konzeptumsetzung,
die Rentenversicherung Korsukewitz ist Leiterin des Geschäfts- komplexeren Anfordeim Jahr 2008 942 622 bereichs Sozialmedizin und Rehabilita- rungen und möglicherLeistungen zur medizi- tion der Deutschen Rentenversicherung weise der speziellen
nischen Rehabilitation Bund.
Situation von Tumordurchgeführt,
davon
patienten resultieren.
154 218 für Patienten mit einer onkoloDie Inzidenz von Krebserkrankungen
gischen Erkrankung. Damit nimmt die
in der Bevölkerung spiegelt sich – zuGruppe der Neubildungen in der Statismindest was die drei häufigsten Inditik der Deutschen Rentenversicherung
kationen betrifft – in der Inanspruchzur medizinischen Rehabilitation 2008
nahme onkologischer Rehabilitationen
nach den Krankheiten des Stütz- und
der Rentenversicherung wider. Am
Bewegungsapparates (3 %) und den
häufigsten wurden medizinische Leispsychischen Erkrankungen (17 %) mit
tungen von Brustkrebspatientinnen (28
einem Anteil von 16 % den Rang drei
%) in Anspruch genommen. Es folgt an
ein.
zweiter Stelle die Gruppe mit malignen
Vorausgegangen ist in den verganErkrankungen der Verdauungsorgane
genen Jahren ein fast kontinuierlicher
(17 %). Auf Platz drei der Statistik finAnstieg der Inanspruchnahme onkoloden sich die bösartigen Neubildungen
gischer Rehabilitationen. Die Zunahme
der männlichen Genitalorgane (18 %).
gegenüber den Vorjahren basierte vor
In den meisten Fällen handelte es sich
allem auf dem Anstieg der Zahl der
um Patienten mit Prostatakarzinom.
Anträge nach § 31 Abs.1 Nr.3 SGB VI.
Die verschiedenen Tumorentitäten
Im Jahr 2008 wurden etwa 41 % der
verteilen sich auf Männer und Frauen
Mehr Wissen - Besser Leben
15
unterschiedlich. Während bei Frauen nach dem Brustkrebs (49 %) und
den Tumoren der Verdauungsorgane
(14 %) in der weiteren Reihenfolge die
bösartigen Neubildungen der Genitalorgane (11 %), die Harnorgane (5 %),
die malignen Systemerkrankungen (4
%), die Tumoren der Atmungsorgane
(4 %) auftreten und die bösartigen
Neubildungen im Bereich von HalsNase-Ohren selten vorkommen (1 %),
findet sich bei Männern folgendes Verteilungsmuster: Nach den Tumoren der
Genitalorgane (überwiegend Prostata,
41 %) und den Tumoren des Verdauungstraktes (21 %) folgen in der Reihenfolge die bösartigen Neubildungen
der Harnorgane (11 %), die Tumoren
der Atmungsorgane (8 %), die malignen Systemerkrankungen (6 %) und
Hals-Nasen-Ohren-Tumoren (5 %).
3. Prognose der onkologischen
Rehabilitation
Für die Zukunft wird bei der Rentenversicherung mit einem weiteren Anstieg
onkologischer Rehabilitationen gerechnet. Auf der Grundlage der in den vergangenen Jahren von der Deutschen
Rentenversicherung Bund durchgeführten Leistungen zur medizinischen
Rehabilitation sowie unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung sind in den letzten Jahren Trendberechnungen durchgeführt worden,
die eine prospektive Abschätzung der
Reha-Inanspruchnahme bis zum Jahr
2011 erlauben.
Im stationären Bereich wird bis etwa
2011 mit einer Zunahme der Zahl der
onkologischen Rehabilitationen um
etwa 20 % gerechnet. Zuwächse von
mehr als einem Drittel werden in erster
Linie bei den Anschlussrehabilitationen
zu verzeichnen sein, während im An-
tragsverfahren mit einem Anstieg von
etwa 10 % gerechnet wird. Allerdings
sind die Auswirkungen der aktuellen Finanzkrise auf die Reha-Antragstellung
noch nicht konkret absehbar.
4. Sozialmedizinische und sozioökonomische Bedeutung onkologischer Erkrankungen
4.1 Medizinische Entwicklungen in
der Onkologie
Auf kaum einem anderen Gebiet der
Medizin hat es in den vergangenen
Jahren so dramatische Entwicklungen
gegeben wie in der Onkologie. Neue
wissenschaftliche Erkenntnisse insbesondere auf dem Gebiet der Molekularbiologie, die Weiterentwicklung
von technischen Verfahren und Instrumenten haben das Spektrum therapeutischer Strategien in der Onkologie
deutlich erweitert und einer potentiell
zum Tode führenden Erkrankung etwas
von ihrem Schrecken genommen. Insbesondere mittels neuer antineoplastischer Medikamente und moderner
immunologischer Strategien kann die
Krankheit oft positiv beeinflusst und
gegebenenfalls sogar geheilt werden.
Aufgrund der besseren Verträglichkeit
der Medikamente werden auch zunehmend ältere Patienten, die früher zurückhaltend therapiert wurden, behandelt.
Mit den neuen Behandlungsmöglichkeiten konnte die Mortalität von
Krebspatienten wesentlich gesenkt, die
Lebensqualität verbessert und ein längeres Überleben ermöglicht werden.
Sie sind aber zunehmend mit Chronifizierungen verbunden und haben dazu
geführt, dass Therapiefolgestörungen
in größerem Umfang zu beklagen sind
oder sich in Form veränderter Scha-
Mehr Wissen - Besser Leben
16
densbilder präsentieren. Für die Betroffenen resultiert daraus nach Abschluss
der akutmedizinischen Behandlung ein
hoher Bedarf an medizinischer, psychosozialer und auch psychoonkologischer
Rehabilitation.
Nicht nur die Behandlungskonzepte
von Krebspatienten und die Bedarfslagen bei der medizinischen Rehabilitation haben sich geändert. Auch die
inhaltlichen Anforderungen an die onkologische Rehabilitation sind deutlich
höher und differenzierter geworden.
Grund dafür sind unter anderen die mit
den Entwicklungen in Wissenschaft und
Gesellschaft einhergehenden Umstrukturierungen im Gesundheitswesen. So
hat zum Beispiel die Einführung des
Systems „Diagnosis Related Groups“
dazu geführt, dass die Behandlungszeiten von onkologischen Patienten
in Akutkrankenhäusern verkürzt und
wesentliche Teile der Therapie in den
ambulanten bzw. Rehabilitationssektor
verlagert wurden. Diesen neuen Herausforderungen ist die onkologische
Rehabilitation der Rentenversicherung
mit modernen Konzepten begegnet.
4.2 Inhalte der onkologischen
Rehabilitation
Die medizinische Rehabilitation der
Rentenversicherung ist ausgerichtet
an den verschiedenen Dimensionen
des biopsychosozialen Gesundheitsbzw. Krankheitsmodells der Weltgesundheitsorganisation, wie sie in der
ICF konzipiert wurden. Die Erkrankung
und ihre Folgesymptomatik werden als
Ergebnis sich wechselseitig beeinflussender somatischer, psychischer und
sozialer Einflussfaktoren verstanden.
Der Komplexität onkologischer Beschwerdebilder wird in den Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation
durch einen multiprofessionellen Ansatz und durch besonders ausgerichtete
Konzepte Rechnung getragen: Die onkologischen Rehabilitationen der Rentenversicherung werden ausschließlich
in Fachabteilungen durchgeführt, die
nicht nur eine entsprechende apparative und personelle Ausstattung vorhalten, sondern auch über umfangreiche
und zielgerichtete rehabilitative Behandlungsangebote verfügen. Psychosozialen und -onkologischen Aspekten
wird dabei in besonderem Maße Rechnung getragen.
Durch hohe qualitative Anforderungen an Strukturen und Qualifikation
der Mitarbeiter der Facheinrichtungen
sowie durch enge Zusammenarbeit mit
onkologischen
Behandlungszentren
wird darüber hinaus sichergestellt, dass
akutmedizinisch eingeleitete Therapieverfahren fortgesetzt werden können
und auch supportive Behandlungen –
wie zum Beispiel die Substitution von
Blutprodukten – sichergestellt sind.
Die modernen onkologischen Rehabilitationskonzepte basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und umfassen unter anderem
» aktivierende Elemente mit moderatem körperlichem (Aufbau-) Training,
» psychoedukative und im Bedarfsfall
psychotherapeutische Interventionsansätze,
» die Schulung im Umgang mit der
Krankheit und
» das Fördern von Selbstmanage-
ment sowie
» gezielte Nachsorgestrategien.
4.3 Patientenorientierung
Studien zum Empowerment und andere wissenschaftliche Erkenntnisse
haben zu einer veränderten Wahrneh-
Mehr Wissen - Besser Leben
17
mung der Rolle des Patienten im Genesungsprozess geführt. Vor diesem
Hintergrund sind auch die Anforderungen an die Patientenorientierung im
Gesundheitssystem gestiegen. Das gilt
ebenfalls für die medizinische Rehabilitation.
Wesentliches Qualitätsmerkmal und
entscheidende Voraussetzung für das
Gelingen einer Rehabilitation ist die
Orientierung an den Bedürfnissen/Erwartungen des Patienten, seine Einbeziehung in Entscheidungsprozesse auf
der Grundlage einer gemeinsamen Informationsbasis und eine gemeinsam
mit dem Arzt getroffene Zielvereinbarung (Schlagworte: „informed consent
– informierte Einwilligung“ und „shared
Decision making – partizipative Entscheidungsfindung“).
Die Umsetzung dieser Voraussetzungen zu Beginn und während einer
Rehabilitation ist nicht leicht und beinhaltet zahlreiche Konfliktfelder. Insbesondere den Abgleich von Erwartungen
und realistischen Zielvorstellungen sowie die Formulierung einer tragfähigen
Zielvereinbarung und deren flexible
Anpassung an den Reha-Prozess erfordern ärztlicherseits ein hohes Maß
an Empathie, Reflexion und auch an
pädagogisch-kommunikativen Fähigkeiten.
Wesentliche Elemente und zentrale
Bausteine einer medizinischen Rehabilitation, die sich dem Konzept der Patientenorientierung verpflichtet fühlt,
sind Patientenschulungen, Gesundheitsbildung und -training. Mit Hilfe von
Gruppenprogrammen sollen über Wissensvermittlung,
Kompetenztraining
und Einstellungsänderung die Compliance, das Selbstmanagement und das
Empowerment des Rehabilitanden gefördert werden. Um den Qualitätsan-
forderungen im Hinblick auf patientenorientierte Didaktik, Standardisierung,
Manualisierung und Evaluation zu genügen oder sie weiter zu verbessern,
erfolgt eine enge Zusammenarbeit der
Deutschen Rentenversicherung mit
dem Zentrum Patientenschulung an
der Universität Würzburg. Die enge
Verknüpfung zwischen Forschung und
Praxis hat in den vergangenen Jahren
deutlich zur Optimierung beigetragen.
Eine nicht unbedeutende Rolle bei
der Bewältigung chronischer Krankheiten mit ihren vielfältigen Auswirkungen im beruflichen und sozialen
Bereich nimmt seit vielen Jahren die
Selbsthilfe in Deutschland ein, auch
bei zahlreichen onkologischen Erkrankungen. Zum Standard der onkologischen Rehabilitation gehört es, bei den
Rehabilitanden und deren Angehörigen
Selbsthilfepotentiale zu aktivieren und
auch eine enge Zusammenarbeit mit
der Selbsthilfe zu pflegen.
4.4 Aktueller Stand der Qualitätssicherung in der onkologischen
Rehabilitation
Bereits lange bevor der Gesetzgeber mit der Neukodifizierung des Rehabilitationsrechts im Jahr 2001 den
Qualitätssicherungsgedanken im § 20
Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB
IX) verankerte, wurden in der Rentenversicherung Diskussionen über
Versorgungsstandards und -qualität
geführt. Seit 1997 sind rentenversicherungsweit einheitliche Instrumente
zur Qualitätssicherung in allen von der
Rentenversicherung federführend belegten und eigenen stationären RehaEinrichtungen im Routineeinsatz, so
auch in der Onkologie. Die Instrumente und Verfahren für die stationäre wie
auch für die ambulante Rehabilitation
Mehr Wissen - Besser Leben
18
werden weiterentwickelt.
Damit soll eine bedarfsgerechte Versorgung gesichert und die Transparenz
des Leistungsgeschehens erhöht werden – sowohl für die Nutzer als auch
für die Rehaträger. Weiterhin wird mit
der Qualitätssicherung der Reha die
Leistungserbringung auch vor dem
Hintergrund der Wirtschaftlichkeit und
Effizienz angestrebt. Über die Einbindung von Leitlinien oder besser gesagt
Reha-Therapiestandards in das Programm der Qualitätssicherung werden
vor allem die Wirksamkeit und Effektivität gefördert. Nicht zuletzt zielt dieses Programm darauf ab, das einrichtungsinterne
Qualitätsmanagement
beim Leistungserbringer zu fördern.
Die Qualitätssicherung in der onkologischen Rehabilitation erfolgt unter
verschiedenen Gesichtspunkten mittels Datenerhebungen und vergleichenden Auswertungen zur Struktur-,
Prozess- und Ergebnisqualität der Rehamaßnahme.
So wird zum Beispiel die Behandlungsqualität einer Reha-Einrichtung
erfasst und sichergestellt durch
» individuelle Therapiepläne,
» Bewertung ärztlicher Reha-Entlassungsberichte im Peer-Review-Verfahren,
» Erfassung und Auswertung des therapeutischen Leistungsspektrums
anhand von Daten zur Klassifikation therapeutischer Leistungen
(KTL),
» Implementierung von Reha-Therapiestandards,
» Nachvollzug der Kontinuität der Rehabilitativen Versorgung (Nachsorge, stufenweise Wiedereingliederung, berufliche Rehabilitation).
Aus Sicht der Patienten (Patientenorientierung) bemisst sich die Qualität
einer onkologischen Rehabilitation an
der Patientenzufriedenheit und am subjektiven Behandlungsergebnis. Dazu
werden in großem Umfang regelmäßig
Rehabilitandenbefragungen durchgeführt, so dass jährlich auch Ergebnisse
von mehreren Tausend Krebspatienten
zur Verfügung stehen.
Der Vergleich einer Umfrage aus
dem 1. Halbjahr 2007 unter Rehabilitanden verschiedener Indikationsbereiche (Kardiologie, Onkologie und Orthopädie) zeigt ein sehr gutes bis gutes
Ergebnis für onkologische Patienten.
Weiterhin bemisst sich die RehaQualität in der Onkologie auch an der
Qualität der Struktur und Organisation der Reha-Einrichtung. Indikatoren
der Strukturqualität sind z.B. Personal
und Ausstattung. Die Qualität der Organisation wird zum Beispiel über das
Aufnahme-Procedere, die Therapieplanung und die Visitendurchführung erfasst. Zusätzlich werden Struktur- und
Prozessmerkmale wie Konzept, Qualitätsmanagement, interne Kommunikation und Personalentwicklung dokumentiert.
5. Forschungsförderung
Die positiven Effekte und Wirksamkeit medizinischer Rehabilitation sind
durch zahlreiche Studien belegt worden. Dennoch geht es stets darum, sie
zu optimieren.
Die RV hat 1998 gemeinsam mit
dem Bundesministerium für Bildung
und Forschung einen Förderschwerpunkt „Rehabilitationswissenschaften“
ins Leben gerufen und acht regionale
Forschungsverbünde über einen zweiphasigen Zeitraum bis 2005 mit einem
Finanzvolumen von 40,9 Mio. Euro gefördert. Zielsetzung des Förderschwerpunktes war es, Qualität und Umfang
Mehr Wissen - Besser Leben
19
anwendungsorientierter Forschung auf
dem Gebiet der Rehabilitation zu steigern und die strukturelle Verankerung
der Rehabilitationswissenschaften an
Universitäten und Hochschulen nachhaltig zu stärken.
Die bewährte Zusammenarbeit der
Deutschen Rentenversicherung und
des Bundesministeriums für Bildung
und Forschung wird aktuell mit dem
neuen Förderschwerpunkt „Chronische
Krankheiten und Patientenorientierung“ fortgesetzt, diesmal aber ergänzt
durch Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen und den Verband
der privaten Krankenversicherung e.V.
Die Förderer stellen insgesamt rund 21
Mio. Euro für die Dauer von sechs Jahren zur Verfügung und fördern 42 Projekte, so zum Beispiel auch das krebsbezogene Thema „Internetbasierte
ambulante psychosoziale Nachsorge
nach stationärer onkologischer Rehabilitation“.
Mit dem neuen Förderschwerpunkt
werden erstmals gezielt Projekte unterstützt, die neben medizinischen und
rehabilitativen Aspekten auch sektorenübergreifende Fragen berücksichtigen. Damit wird eine auf das gesamte
Versorgungssystem ausgerichtete Forschung etabliert, die Qualität, Nutzen
und Nachhaltigkeit im Gesundheitssystem analysiert und optimiert.
Unter dem Blickwinkel der bedarfsgerechten Versorgung und der sozialmedizinischen Bedeutung hat die Rentenversicherung in der Vergangenheit
– insbesondere im Zeitraum 2004 bis
2008 – auf dem Gebiet der Onkologie auch zahlreiche einzelne wissenschaftliche Projekte zur Verbesserung
der Rehabilitation gefördert. So wurde
zum Beispiel im Jahr 2006 eine in Kooperation mit dem Bundesministerium
für Gesundheit durchgeführte Studie
zum Thema „Fatigue bei Tumorpatienten – Prävalenz und Rehabilitationsbedarf“ abgeschlossen. Darüber hinaus
wurden Forschungsprojekte der Arbeitsgemeinschaft Krebsbekämpfung
in Nordrhein-Westfalen (ARGE Krebs
NRW) gefördert, die vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt wurden. Sie befassten sich zum
Beispiel mit der Wirksamkeit und der
Evaluation der ambulanten onkologischen Rehabilitation und auch mit der
„Wirksamkeit der stationären onkologischen Rehabilitation unter besonderer
Berücksichtigung spezifischer psychoonkologischer Interventionen“.
Aktuell fördert die Rentenversicherung
über die ARGE Krebs in NordrheinWestfalen die Forschungsprojekte:
„Optimierung der Patientenschulung
in der stationären Rehabilitation von
Krebspatienten und Transfer für die
Nachsorge“ und „Klinische Relevanz
und Behandlung von therapieassoziierten Polyneuropathien bei Patienten mit
Tumorerkrankungen“.
6. Evidenzbasierung
Die medizinische Rehabilitation hat
eine lange Tradition in Deutschland und
die rehabilitativen Behandlungsansätze von Krebspatienten sind primär empirisch begründet, das heißt, sie stützen sich auf Erfahrungen im Umgang
mit Tumorpatienten. Dieser Wert sollte
nicht unterschätzt werden.
Wie jedoch alle Bereiche der Medizin
ist auch die onkologische Rehabilitation der Wissenschaft verpflichtet. Aus
diesem Grunde wird zunehmend – um
die Wirksamkeit von Rehabilitationsabläufen zu verbessern – auf Methoden
der evidenzbasierten Medizin zurückgegriffen.
Mehr Wissen - Besser Leben
20
Die Rentenversicherung hat vor einigen Jahren begonnen, für die Therapie modulare Standards als Leitlinien
in der
Rehabilitation zu entwickeln. Sie stellen evidenzbasierte Vorgaben für die
Ausgestaltung der Rehabilitation dar.
Je nach Indikationsbereich werden die
notwendigen Therapieinhalte, die zeitlichen Modalitäten sowie die möglichen
Leistungseinheiten definiert. Für sechs
Indikationsbereiche sind bisher RehaTherapiestandards entwickelt worden.
Im Bereich der Onkologie stehen
derartige Reha-Therapiestandards seit
dem Sommer 2007 für die Behandlung
von Brustkrebspatientinnen zur Verfügung. Diese Patientengruppe stellt
innerhalb der onkologischen Rehabilitation die größte Sub-Gruppe dar. Die
Reha-Therapiestandards für Brustkrebs
werden künftig in die Berichterstattung zur Qualitätssicherung der medizinischen Rehabilitation der Deutschen
Rentenversicherung aufgenommen.
Alles Bemühen um Evidenzbasierung
für die rehabilitativen Therapien in der
medizinischen Rehabilitation darf aber
nicht darüber hinwegtäuschen, dass
viele spezifische Probleme und Störungsbilder onkologischer Patienten
bislang unzureichend erforscht sind.
Hinsichtlich einer wissenschaftlich begründeten Entwicklung von spezifischen rehabilitativen Interventionen
ergibt sich auch für die Zukunft die
Notwendigkeit, das Handeln in der
medizinischen Rehabilitation am Erfahrungswissen zu orientieren. Es gilt
grundsätzlich die Prämisse, Empirie
und wissenschaftliche Erkenntnisse
zum Wohl der Rehabilitanden zu integrieren.
7. Wirksamkeit und ökonomischer
Nutzen von Rehabilitation
Der positive Einfluss von Leistungen
zur medizinischen Rehabilitation auf
die Gesundheit von Patienten ist durch
zahlreiche Wirksamkeitsstudien 10
und die Auswertung trägerbezogener
Routinedaten belegt. Messen lässt sich
der Reha-Erfolg anhand von Erfolgsindikatoren auf verschiedenen Ebenen.
Erfolgsdimensionen können unter anderen sein
» die subjektive Bewertung des RehaProzesses durch den Rehabilitanden,
» der Abbau von Risikofaktoren,
» ein besserer Gesundheitszustand,
» die Bewältigung der Folgen einer
Erkrankung und schließlich
» die Rückkehr zur Arbeit.
Für die Rentenversicherung stellt die
gelungene Integration des Rehabilitanden in das Erwerbsleben eine wesentliche Dimension des Erfolges der
durchgeführten Rehabilitationsleistung
dar. In vielen Fällen schlägt sich dieser
Reha-Erfolg auch in einem quantifizierbaren monetären Nutzen durch Einsparungen von Folgekosten für den Rehabilitationsträger nieder. So „rechnet“
sich die medizinische Rehabilitation
für die gesetzliche Rentenversicherung
bereits, wenn dadurch eine vorzeitige
Berentung wegen Erwerbsminderung
um mindestens drei bis fünf Monate
hinausgeschoben wird.
Dass dieses häufig gelingt, lässt sich
aus den Erwerbsverläufen von Versicherten nach Ende der onkologischen
Rehabilitation erschließen11. Es ist
jedoch verkürzt, die Frage nach dem
Sinn und dem Nutzen der medizinischen Rehabilitation bei Krebserkrankungen auf den ökonomischen Nutzen
zu reduzieren und dabei nur den kost-
Mehr Wissen - Besser Leben
21
entragenden Sozialleistungsträger
im Blickfeld zu haben. In der Gesamtschau muss berücksichtigt werden,
dass Kosten, die in einem Sektor des
Gesundheitsversorgungssystems entstehen, durchaus zur Verminderung
der Kosten in einem anderen Sektor
führen können und damit auch die Solidargemeinschaft entlasten.
Darüber hinaus umfasst die Frage
nach dem Sinn bzw. Nutzen einer medizinischen Rehabilitation auch immer
einen weiteren, sehr bedeutungsvollen
Aspekt, nämlich die Frage nach dem
persönlichen Nutzen des Rehabilitanden für seine Lebensqualität. Dieser
ist ohne Zweifel vorhanden und auch
durch zahlreiche Studien belegt.
8. Fazit
Die onkologische Rehabilitation ist heute – neben der Akutversorgung und
der Pflege – unverzichtbares Element
in der Versorgung chronisch kranker
Menschen. Es muss in Zukunft darum
gehen, nicht nur die Inanspruchnahme
zu fördern, sondern auch Wirksamkeit
und Effizienz weiter zu verbessern.
Unter sozioökonomischen Gesichtspunkten kommt es aber auch darauf
an, die Schnittstellen zwischen Akutversorgung und Rehabilitation noch
besser zu überbrücken und für die medizinische Rehabilitation eine stärkere
Berücksichtigung in Behandlungskonzepten von Patienten im Sinne einer integrativen Versorgung zu realisieren.
Quelle: RVaktuell 8/2009
Service-Teil: Die onkologische Rehabilitation in der gesetzlichen
Rentenversicherung
Unter welchen Voraussetzungen
kann ich eine onkologische Rehabilitation erhalten?
Wurden Sie wegen einer Krebserkrankung operiert oder wurde bei Ihnen
eine Strahlenbehandlung abgeschlossen? Dann kann eine onkologische Rehabilitation sinnvoll sein, um die Erfolge der Behandlung zu sichern.
Sie müssen bei Antragstellung eine der
folgenden Voraussetzungen erfüllen:
» 6 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen in den letzten 2 Jahren
» Bezug einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
» allgemeine Wartezeit von 5 Jahren
bei verminderter oder in absehbarer
Zeit gefährdeter Erwerbsfähigkeit
Mehr Wissen - Besser Leben
22
» Bezug einer Witwenrente Beziehungsweise Witwerrente wegen ver
minderter Erwerbsfähigkeit
» Bezug einer Altersrente.
Sind Sie Jugendliche oder Jugendlicher, kann bereits ein Pflichtbeitrag
ausreichen. Für Sie genügt es, wenn
Sie innerhalb von 2 Jahren nach Beendigung einer Ausbildung (Schule, Fachschule oder Hochschule) eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder
selbständige Tätigkeit aufgenommen
haben. Diese Beschäftigung oder Tätigkeit beziehungsweise eine sich daran anschließende Arbeitsunfähigkeit
oder Arbeitslosigkeit, muss allerdings
durchgehend bis zur Antragstellung
angedauert haben.
Auch Ehegatten, Lebenspartner im
Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes und Kinder von Versicherten können anspruchsberechtigt sein.
Leistungen zur onkologischen Rehabilitation können Sie jedoch dann nicht
von Ihrem zuständigen Rentenversicherungsträger erhalten, wenn Sie
» Beamtin oder Beamter oder diesem
Personenkreis gleichgestellt sind
» eine Versorgung wegen Erreichens
einer Altersgrenze beziehen
» wegen eines Arbeitsunfalls, einer
Berufskrankheit oder eines Versorgungsleidens eine Leistung von einem anderen Rehabilitationsträger
erhalten können.
Was muss ich bei der Antragstellung beachten?
Um eine onkologische Rehabilitation
zu erhalten, müssen Sie einen Antrag
stellen.
Antragsformulare und Auskünfte
gibt es bei den Gemeinsamen ServiceStellen für Rehabilitation, die von allen Reha-Trägern gemeinsam unter-
halten werden, bei den wohnortnahen
Beratungsstellen
der
Rentenversicherungsträger, den Krankenkassen,
den Versichertenältesten, den Versicherungsämtern sowie den örtlichen
Stadtverwaltungen oder Gemeindeverwaltungen.
Sie sollten in einem gemeinsamen
Gespräch mit Ihrer Hausärztin beziehungsweise Ihrem Hausarzt die Notwendigkeit dafür absprechen.
Von Ihrer Hausärztin beziehungsweise Ihrem Hausarzt sollten Sie den
ärztlichen Befundbericht Ihres Rentenversicherungsträgers erstellen lassen.
Sie können dem Antrag auch einen aktuellen Krankenhausbericht beifügen.
Um den Bearbeitungsablauf des Antrags zu vereinfachen und zu beschleunigen, sollten sämtliche Antragsunterlagen von der behandelnden Ärztin
beziehungsweise dem behandelnden
Arzt direkt an Ihren zuständigen Rentenversicherungsträger gesandt werden.
Sind Sie Versicherte oder Versicherter der Deutschen Rentenversicherung
Knappschaft-Bahn-See (KBS), beauftragt diese die Arbeitsgemeinschaft
für Krebsbekämpfung im Lande NRW
mit der Entscheidung über die onkologische Nachsorgeleistung sowie deren
Durchführung, sofern Sie Ihren Wohnsitz in den alten Bundesländern (einschließlich Gesamtberlin) haben.
Die erforderlichen Rehabilitationsleistungen werden in Einrichtungen der
Deutschen Rentenversicherung und ihrer Vertragspartner durchgeführt
Erhalte ich aufgrund der beantragten Leistung einen Bescheid?
Ja. Über die Bewilligung oder Ablehnung erhalten Sie einen schriftlichen
Bescheid. Ihre berechtigten Wünsche
Mehr Wissen - Besser Leben
23
zum Ort der Rehabilitation beziehungsweise zur Rehabilitationseinrichtung werden von Ihrem Rentenversicherungsträger beziehungsweise der
ARGE nach entsprechender Prüfung
berücksichtigt. Im Falle einer Bewilligung enthält der Bescheid den Namen
und die Anschrift der Einrichtung. Diese teilt Ihnen den Aufnahmetermin gesondert mit.
Welche Möglichkeit habe ich, wenn
ich mit dem Bescheid nicht einverstanden bin?
Sind Sie mit dem Bescheid nicht einverstanden oder halten Sie ihn für
fehlerhaft, so können Sie dagegen innerhalb von einem Monat schriftlich
Widerspruch bei Ihrem zuständigen
Rentenversicherungsträger einlegen.
Der Widerspruch sollte begründet werden, damit Ihr Rentenversicherungsträger neue Aspekte im Widerspruchsverfahren
berücksichtigen
kann.
Begründen Sie Ihren Widerspruch dagegen nicht, muss Ihr Rentenversicherungsträger nach Aktenlage entscheiden.
Wie geht es weiter nach der Bewilligung?
Zwischen dem Erhalt des Bewilligungsbescheides und dem Antritt der Leistung vergeht nur kurze Zeit. Mit der
Bescheiderteilung ist die akute Rehabilitationsbedürftigkeit festgestellt
worden, deshalb kann Ihr Rentenversicherungsträger einer Verschiebung
des Anreisetermins auf einen späteren Zeitpunkt grundsätzlich nicht zustimmen. Das gilt insbesondere, wenn
Sie von Ihrer Krankenkasse oder der
Agentur für Arbeit aufgefordert worden sind, einen Antrag auf Leistungen
zur onkologischen Rehabilitation zu
stellen.
Wo und in welcher Form wird die
Leistung durchgeführt?
Den Rentenversicherungsträgern stehen indikationsspezifisch ausgerichtete Rehabilitationseinrichtungen (Eigene- und Vertrags-Einrichtungen)
im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung. Die onkologische Rehabilitation
kann stationär oder ganztägig ambulant durchgeführt werden und dauert
in der Regel 3 Wochen. Sie kann verkürzt oder verlängert werden.
Entsprechend Ihrer erforderlichen
medizinischen und individuellen Bedürfnisse wird von Ihrem zuständigen
Rentenversicherungsträger nach eingehender Prüfung der eingereichten
Antragsunterlagen die Rehabilitationseinrichtung, Art, Dauer, Umfang, Beginn sowie die Durchführung der Rehabilitationsleistung festgelegt. Ihre
berechtigten Wünsche werden berücksichtigt.
Onkologische Rehabilitation kann im
direkten Anschluss an eine Krankenhausbehandlung auch als Anschlussrehabilitation (AHB) durchgeführt werden.
Wer trägt die Kosten der Leistung
und muss ich selbst etwas zuzahlen?
Kosten
Ihr Rentenversicherungsträger trägt
die Kosten für Reise, Unterkunft, Verpflegung, ärztliche Betreuung, therapeutische Leistungen und medizinische
Anwendungen.
Zuzahlung
Zu den Kosten einer stationären Leistung müssen Sie höchstens 10 Euro
pro Tag für längstens 42 Tage im Kalenderjahr zuzahlen. Wurden mehre-
Mehr Wissen - Besser Leben
24
re Leistungen erbracht, sind alle Tage
der Zuzahlung an den Rentenversicherungsträger und an die Krankenkassen
innerhalb eines Kalenderjahres zu berücksichtigen und gegenseitig anzurechnen.
Die Zuzahlung ist von Ihnen im Kalenderjahr dagegen nur für 14 Tage zu
leisten, wenn sich die stationäre Rehabilitation innerhalb von 14 Tagen an
eine stationäre Krankenhausbehandlung anschließt. Die bereits im selben
Kalenderjahr geleistete Zuzahlung anlässlich einer Krankenhausbehandlung
oder einer Anschlussrehabilitation ist
anzurechnen.
Die Zuzahlung ist nach dem zum
Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Recht zu leisten.
Bei stationären Leistungen brauchen
Sie keine Zuzahlung zu leisten, wenn
Sie bei Antragstellung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder
stimmten Voraussetzungen ganz oder
teilweise von der Zuzahlung befreien
lassen, wenn Sie dadurch unzumutbar
belastet würden. Das Antragsformular
dafür erhalten Sie bei Ihrem Rentenversicherungsträger.
Während
ganztägig
ambulanter
Leistungen besteht keine Zuzahlungspflicht.
Wer sichert mich während der Rehabilitation finanziell ab?
Als Arbeitnehmer haben Sie grundsätzlich für die Zeit der Durchführung
der onkologischen Rehabilitation einen
Entgeltfortzahlungsanspruch, der im
Allgemeinen sechs Wochen beträgt.
Ist Ihr Entgeltfortzahlungsanspruch
abgelaufen, so können Sie vom Rentenversicherungsträger Übergangsgeld
für die Zeit der Teilnahme an der Rehabilitation erhalten, wenn Sie vor deren Beginn oder einer vorhergehenden
Arbeitsunfähigkeit ArbeitsZuzahlungen bei Antragstellung im Kalenderjahr 2009 einkünfte erzielt und Rentenversicherungsbeiträge
Monatliches NettoeinZuzahlungsbetrag in Euro
gezahlt haben.
kommen in Euro
Auch wenn Sie arbeitsununter 1 009,00
keine Zuzahlung
fähig
sind oder zum Beispiel
ab
1 009,00
8,00
Arbeitslosengeld beziehen,
ab
1 020,00
8,50
können Sie ein Übergangsab
1 080,00
9,00
geld erhalten, wenn Sie zuab
1 140,00
vor
rentenversicherungs9,50
pflichtig waren.
ab
1 200,00
10,00
In den meisten Fällen
beträgt das Übergangsgeld
während der onkologischen Rehabilitaetwa 68 Prozent des letzten Nettoartion Übergangsgeld beziehen.
beitsentgelts, mit einem Kind, für das
Wird aus Ihrer Versicherung eine onein Kindergeldanspruch besteht, etwa
kologische Rehabilitation für Ihr Kind
75 Prozent.
erbracht, haben Sie keine Zuzahlung
Sind Sie selbständig tätig, so wird
zu leisten. Das gilt selbst dann, wenn
das Übergangsgeld nicht aus dem letzdas Kind das 18. Lebensjahr vollendet
ten Nettoarbeitsentgelt, sondern aus
hat.
80 Prozent des der BeitragsentrichAuf Antrag können Sie sich unter betung im letzten Kalenderjahr zugrunde
Mehr Wissen - Besser Leben
25
liegenden Einkommens berechnet.
Erhalten Sie während des Bezuges von
Übergangsgeld Arbeitsentgelt oder
erzielen Sie Arbeitseinkommen, so
werden unter bestimmten Voraussetzungen diese Einkünfte auf das Übergangsgeld angerechnet.
Bei Arbeitslosigkeit wird im Allgemeinen das Übergangsgeld in Höhe der
zuvor bezogenen Geldleistung gezahlt.
Benötigen Sie weitere Informationen
zum Übergangsgeld, so wenden Sie
sich bitte an eine der Auskunfts- und
Beratungsstellen der Rentenversicherungsträger.
W EBTI P P
Werden für mich Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt?
Erhalten Sie Übergangsgeld, bleibt ein
zuvor bestehender Versicherungsschutz
in der gesetzlichen Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung sowie Arbeitslosenversicherung grundsätzlich bestehen.
Die Beiträge zur Sozialversicherung werden von Ihrem Rentenversicherungsträger übernommen. Das gilt
nicht für den Beitragszuschlag für Kinderlose in der Pflegeversicherung.
Während der onkologischen Rehabilitation besteht für Sie Unfallversicherungsschutz für den Fall, dass sich im
Zusammenhang mit der Behandlung
ein Unfall ereignen sollte. Der Versicherungsschutz schließt den Weg zur
Rehabilitationseinrichtung und zurück
ein. Die Beiträge für die gesetzliche
Unfallversicherung trägt ebenfalls Ihr
Rentenversicherungsträger.
Quelle: Deutsche Rentenversicherung
Unter www.deutsche-rentenversicherung.de können Sie Vordrucke
und Broschüren zum Thema „Rehabilitation“ und selbstverständlich zu
allen anderen Rententhemen herunterladen.
Unter der kostenlosen Servicenummer 0800 10004800 können Sie
Fragen rund um die Themen Reha und Rente stellen.
Montag bis Donnerstag von 07:30 bis 19:30 Uhr,
Freitag von 07:30 bis 15:30 Uhr
Mehr Wissen - Besser Leben
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» Medizin
und
Forschung
Wie beeinflusst die Ernährung die Krebsentstehung?
Insbesondere Alkohol erhöht das Krebsrisiko – Gemüse, Obst und Ballaststoffe senken es
Das Thema Krebs und Ernährung wird
immer wieder von den Medien aufgegriffen. Tatsächlich stehen bösartige
Tumoren in einer zunehmend älter werdenden Bevölkerung an zweiter Stelle
der Gesamtsterblichkeit. Wie stark die
Zusammenhänge zwischen Krebsentstehung und Ernährung sind,
hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung
e. V. (DGE) im Ernährungsbericht 2008 aufgezeigt.
Danach hat Alkohol
das größte krebsfördernde
Potenzial: Er erhöht mit überzeugender Evidenz das Risiko für Tumore in Mund, Rachen, Kehlkopf, Speiseröhre, Dickdarm, Mastdarm, Brust
und Leber. In Bezug auf Alkohol ist die
beste Krebsprävention der komplette
Verzicht auf alkoholhaltige Getränke,
so die Folgerung der DGE.
Auch andere Lebensmittel und Nährstoffe weisen eine enge Beziehung zur
Tumorentstehung auf. Rotes Fleisch und
Fleischwaren erhöhen mit wahrscheinlicher Evidenz das Risiko für Dick- und
Mastdarmkrebs. Die Evidenz für einen
risikoerhöhenden Effekt von Fett und
gesättigten Fettsäuren auf das postmenopausale Brustkrebsrisiko wird mit
möglich eingestuft, während die Evi-
denz für das Risiko in Bezug auf Krebs
von Dickdarm, Mastdarm, Lunge, Eierstock, Gebärmutter oder Prostata als
unzureichend beurteilt wird. Präventives Potenzial haben hingegen Obst und
Gemüse. Sie senken wahrscheinlich
das Risiko für Mund-, Rachen-, Kehlkopf-, Speiseröhre-, Magenund Dickdarmkrebs, Obst
senkt zudem das Risiko
für Lungenkrebs. Ballaststoffe, aber auch
Milch und Milchprodukte senken wahrscheinlich
das Dickdarmkrebsrisiko.
Ergebnisse 2008
Die Ergebnisse des Ernährungsberichts 2008 bekräftigen im Sinne der
Prävention von Krebs die Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung
nach den 10 Regeln der DGE: Reichlich
Gemüse und Obst (für Erwachsene 400
Gramm Gemüse und 250 Gramm Obst
pro Tag), mit vielen ballaststoffreichen
Getreideprodukten und den moderaten
Verzehr von Fleisch und Fleischwaren
(etwa 300 bis 600 Gramm/Woche).
Insbesondere rotes Fleisch sollte weniger gegessen und auf Alkohol verzichtet werden.
Quelle: DGE
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Hautkrebsvorsorge:
Impfempfehlung erneuert
Im Epidemiologischen Bulletin (Nr. 32;
August 2009) des Robert–Koch–Instituts (RKI) hat die Ständige Impfkommission am RKI (STIKO) die Imfpung
gegen Humane Papillomavieren (HPV),
die als Auslöser für Gebärmutterhalskrebs gelten neu bewertet und die
Empfehlung für Mädchen zwischen 12
und 17 Jahren erneuert.
Damit ist die STIKO einer Aufforderung des Gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (GBA) nachgekommen, die aktuell
vorliegenden Impfstoffstudien neu zu
bewerten. Bereits im März 2007 hatte
die STIKO erstmals eine Impfempfehlung für Mädchen im Alter von 12 bis
17 Jahren ausgesprochen und damit
die Krankenkassen ab Juli 2007 zur
Kostenübernahme gezwungen.
Erste Erfolge
Seit dem 01. Juli 2008 haben gesetzlich Versicherte über 35 Jahre alle zwei
Jahre die Möglichkeit, zum Hautkrebsscreening zu gehen.
Durch diese Früherkennung werden
viel mehr dünne Melanome erkannt
und operiert. Dünne Melanome sind
zwar besonders bösartige, aber gut
behandelbare Tumore, weil sie kleiner
als ein Millimeter sind. Eine Heilungswahrscheinlichkeit liegt in einem frühen Stadium bei über 95 Prozent.
Jährlich erkranken rund 22 000
Menschen in Deutschland an dem sogenannten schwarzen Hautkrebs. Bei
Hautkrebs allgemein gibt es pro Jahr
insgesamt etwa 140 000 Neuerkrankungen.
Am 01. September 2009 ist das Gesetz zum Verbot für Solarienbetreiber
Minderjährige auf die Sonnenbank zu
lassen in Kraft getreten. Der Krebsverband begrüßt dieses Verbot, denn
die unkontrollierte Belastung durch
UV-Licht führt zu Tumoren und Hautalterung.
Quelle: dpa
W EBTI P P
Quelle: DKG
Krebs-Webweiser
Der krebs-webweiser© des Tumorzentrums Ludwig Heilmeyer am Universitätsklinikum wendet sich an PatientInnen, Angehörige, Fachleute und Interessierte.
Er bietet eine Zusammenstellung von über 1 300 nützlichen Internet-Adressen
zu über 400 Stichworten rund um das Thema Krebs.
www.krebs-webweiser.de
Mehr Wissen - Besser Leben
29
Mammographie-Screening erfüllt die Erwartungen
Aktuelle Daten lassen Frauen weiter hoffen
W EBTI P P
Der Gemeinsame Bundesausschuss
(G-BA) und die Kooperationsgemeinschaft Mammographie (KoopG) haben
in Berlin den ersten Evaluationsbericht
des
Mammographie-Screening-Programms in Deutschland vorgestellt.
„Mit dem Bericht haben wir nun erstmals belastbare Daten für Deutschland, um den medizinischen Nutzen
zu beweisen“, erklärt Prof. Matthias
Beckmann, gynäkologischer Onkologe
und Vorstandsmitglied der Deutschen
Krebsgesellschaft.
Laut Bericht liege der Anteil der invasiven Karzinome von einer maximalen Größe bis 10 Millimeter bei gut 30
Prozent. Vor Einführung des Mammographie Screenings waren es nur rund
14 Prozent. Bei mehr als zwei Drittel
(76,7 Prozent) aller im Programm entdeckten invasiven Karzinome wären
die Lymphknoten noch nicht befallen.
Vor dem Screening lag der Wert mit
49 Prozent deutlich darunter. „Für die
Frauen, die hinter den Zahlen stehen
heißt dies: Deutlich höhere Heilungschancen!“, freut sich Beckmann und
ergänzt: „Das in Deutschland flächendeckend eingeführte Screening ist das
derzeit bestverfügbare Instrument, um
bei Frauen eine Brustkrebs-Erkrankung
möglichst frühzeitig zu entdecken und
damit durch eine schnelle und zielge-
Alles über das Mammographie–
Screening in Baden-Württemberg
erfahren Sie unter
WWW.mammascreen-bw.de
richtete Behandlung die Heilungschancen zu verbessern“.
Moderne Therapien und ein qualitativ hochwertiges Screening ermöglichen es, dass inzwischen Frauen mit
Brustkrebs deutlich bessere Heilungschancen haben als noch vor einigen
Jahren. „Wird der Brustkrebs in einem
sehr frühen Stadium entdeckt, liegt
die Heilungsrate bei gut über 80 Prozent“, weiß der Erlanger Gynäkologe.
Aufgrund der immer älter werdenden
Bevölkerung solle laut Beckmann aber
auch das Mammographie-Screening
auf die Altersspanne nach 65 Jahren
überprüft werden. „Wir wissen, dass
Frauen immer älter werden und auch
später einen Brustkrebs ausbilden können. Hier muss zeitnah die obere Altersgrenze diskutiert werden“, fordert
Beckmann.
Nutzen für Frauen zwischen 40 und
49 Jahren nachgewiesen
Der Nutzen der Früherkennungsmammographie ist auch für Frauen
zwischen 40 und 49 Jahren nachgewiesen. Bei diesem Kollektiv jüngerer
Frauen mit oft sehr röntgendichten
Brüsten scheint die ergänzende Mammasonographie jedoch eine größere
Rolle zu spielen. Zur optimalen Betreuung dieses Kollektivs werden momentan Studien durchgeführt. Weiterhin
gilt es zu ermitteln, ob es Risikogruppen in der Bevölkerung gibt, bei denen
eventuell ein intensiviertes Screening
sinnvoll sein könnte. Der Erfolg dieser
Programme ist abhängig von einer intensiven Aufklärung der Frauen sowie
einer engen Kooperation mit den die
Frauen betreuenden Frauenärzten.
Quelle: DKG
Mehr Wissen - Besser Leben
30
Krebstherapie mit schweren Ionen: Know-how aus dem
Deutschen Krebsforschungszentrum sorgt für Präzision
und Sicherheit
Am 2. November 2009 wurde das Heidosis abgegeben wird. Die Werkzeuge
delberger Ionenstrahl–Therapiezentzur Therapieplanung entwickelten Phyrum (HIT) eröffnet, kurz darauf wurden
siker und Informatiker des DKFZ gedie ersten Patienten mit bösartigen Tumeinsam mit Kollegen der GSI für die
moren in der Hightech-Anlage behanDarmstädter Pilotphase der Schweriodelt.
nentherapie.
Wissenschaftler aus dem Deutschen
Wenn Patienten in einer gewaltigen
Krebsforschungszentrum haben entAnlage wie HIT behandelt werden solscheidend dazu beigetragen, dass die
len, steht die Sicherheit an erster Stelvom Universitätsklinikum Heidelberg
le. Für das Risikomanagement zeichnen
betriebene weltweit einzigartige TheForscher aus dem DKFZ verantwortlich:
rapieeinrichtung nun an
Sie erstellten verbindliche
den Start gehen kann.
Handlungsanweisungen
Seit Anfang der neunzifür jeden Arbeitsschritt.
ger Jahre die ersten PlaDie
Qualitätssicherung
nungen für eine Bestrahder
Therapie
basiert
lung von Krebspatienten
maßgeblich auf den Entam Teilchenbeschleuniger
wicklungen des DKFZ für
der Gesellschaft für Schwedas Pilotprojekt in Darmrionenforschung (GSI) in
stadt und wurde jetzt auf
Darmstadt starteten, sind
die Heidelberger Anlage
Wissenschaftler im Deutübertragen. So wird vor
schen
Krebsforschungsjeder wirklichen Bestrahzentrum (DKFZ) eng an
lung ein als „Phantom“
den technischen, physikabezeichnetes Modell des
Bild einer Bestrahlungsplanung mit Schwerionen
lischen und medizinischen
Patienten bestrahlt. Erst
Entwicklungen beteiligt. Am DKFZ
wenn diese Messungen ergeben, dass
haben vor allem Medizinphysiker aus
genau die berechnete Strahlendosis im
der Abteilung von Professor Wolfgang
Tumor ankommt und kein gesundes
Schlegel dazu beigetragen, dass diese
Gewebe geschädigt wird, wird der Thewirkungsvolle Therapieform in der Heirapieplan freigegeben.
delberger Anlage nun vielen Patienten
Die hochpräzise Dosierung der
zugute kommen wird.
Strahlung, nützt dem Patienten nur
Eine Schwerionentherapie wird für
dann, wenn der Tumor sich genau an
jeden Patienten individuell anhand
der von den Ärzten ermittelten Stelle
von Bildern aus dem Computer-Tomobefindet. Dafür sorgen stereotaktische
graphen geplant. Speziell entwickelte
Positionierungssysteme, die am DKFZ
Software setzt die Information aus den
entwickelt und gemeinsam mit den
Bilddaten so um, dass an jedem Punkt
Kollegen bei HIT für die Schwerionendes Tumors die erforderliche Strahlenbestrahlung optimiert wurden.
Quelle: dkfz Heidelberg
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31
» Selbsthilfe
Selbstbestimmt vorsorgen – Patientenverfügung
Informationen und Formulierungshilfen zur Patientenverfügung
Was ist eine Patientenverfügung?
Sie können schriftlich und im Voraus
festlegen, wie Ihr Wille bezüglich der
Art und Weise einer ärztlichen Behandlung berücksichtigt wird, wenn
Sie selbst nicht mehr in der Lage dazu
sind, Ihren Willen zu bekunden.
Sie können Ihr Selbstbestimmungsrecht wahren und Einfluss auf ärztliche
Entscheidungen nehmen.
Brauche ich eine Patientenverfügung? Was soll ich bedenken?
Sie sollten sich Gedanken darüber machen, was Ihnen im Zusammenhang
mit Krankheit, Leiden und Tod wichtig
ist.
Konsequenzen
der
Entscheidung
müssen Ihnen bewusst sein
Vor allem müssen Sie sich über die
Konsequenzen Ihrer Entscheidungen
klar sein.
Ihnen muss bewusst sein, dass Sie
durch einen Behandlungsverzicht unter
Umständen auf ein Weiterleben verzichten; andererseits dass Sie für ein
Weiterleben Abhängigkeit und Fremdbestimmung in Kauf nehmen müssen.
Welche Form muss meine Patientenverfügung haben?
Eine Patientenverfügung muss schriftlich verfasst und durch Namensunterschrift eigenhändig oder durch ein von
einer Notarin oder einem Notar beglaubigtes Handzeichen unterzeichnet wer-
den. Es ist sehr empfehlenswert, eine
Patientenverfügung in regelmäßigen
Abständen zu erneuern oder zu bestätigen (jährlich). So können Sie selbst
überprüfen, ob die einmal festgelegten Behandlungswünsche noch gelten
sollen oder ob sich Ihre Meinung dazu
geändert hat.
Wie bekommt die behandelnde
Ärztin oder der Arzt meine Patientenverfügung?
Sie sollten Ihre Patientenverfügung so
aufbewahren, dass Ihre Ärztinnen und
Ärzte , Bevollmächtigte oder Betreuer
unkompliziert und schnell darauf zugriff haben.
Selbstverständlich müssen Sie diesen Personenkreis über das Bestehen
Ihrer Patientenverfügung informieren.
Sinnvoll ist es auch, einen Hinweis
bei sich zu tragen, wo die Patientenverfügung aufbewahrt wird. Bei Aufnahme
in ein Krankenhaus oder Pflegeheim
sollten Sie auf Ihre Patientenverfügung
hinweisen.
Muss meine Patientenverfügung
beachtet werden?
Die neue gesetzliche Regelung der Patientenverfügung sieht vor, dass Festlegungen für ärztliche Maßnahmen in
bestimmten Situationen verbindlich
sind, wenn durch diese Festlegungen
Ihr Wille für eine konkrete Lebens- und
Behandlungssituation eindeutig und
sicher festgestellt werden kann. Die
Mehr Wissen - Besser Leben
32
Ärztin oder der Arzt muss eine derart
verbindliche Patientenverfügung beachten. Die Missachtung des Patientenwillens kann als Körperverletzung
strafbar sein.
Wie formuliere ich eine Patientenverfügung?
Am besten lassen Sie sich von einer
ärztlichen oder anderen fachkundigen
Person oder Organisation beraten, bevor Sie eine schriftliche Patientenverfügung abfassen.
Möglichst vermeiden sollte man allgemeine Formulierungen wie zum Beispiel: „Solange eine realistische Aussicht auf Erhaltung eines erträglichen
Lebens besteht, erwarte ich ärztlichen
und pflegerischen Beistand unter Ausschöpfung der angemessenen Möglichkeiten“ oder Begriffe wie „unwürdiges
Dahinvegetieren“, „qualvolles Leiden“,
„Apparatemedizin“. Solche Aussagen
sind wenig hilfreich, denn sie sagen
nichts darüber aus, was für den Betroffenen beispielsweise ein „erträgliches“
Leben ist.
Konkrete Situationsbeschreibung
Beschreiben Sie deshalb möglichst
konkret, in welchen Situationen die Patientenverfügung gelten soll und welche Behandlungswünsche Sie in diesen
Situationen haben.
Handreichung für eine Patientenverfügung
Es gibt eine große Vielzahl verschiede-
ner Muster für Patientenverfügungen.
Eine umfängliche Sammlung solcher
Muster, die unter verschiedenen Bezeichnungen angeboten werden (als
„Patientenbrief“,
„Patientenanwaltschaft“, „Vorausverfügung“) hat das
Zentrum für medizinische Ethik in Bochum zusammengestellt (www.medizinethik.de/verfuegungen.htm).
Empfohlener Aufbau einer
Patientenverfügung
»Eingangsformel*
»Situation, für welche die Verfügung
gelten soll*
»Festlegungen zu ärztlichen/
pflegerischen Maßnahmen*
»Wünsche zu Ort und Begleitung*
(in der letzten Lebensphase)
»Aussagen zur Verbindlichkeit
»Hinweise auf weitere Vorsorgeverfügungen
»Organspende
»Schlussformel*
»Datum, Unterschrift*
»Anhang Wertevorstellung
Mehr Wissen - Besser Leben
33
Den verschiedenen angebotenen
Musterpatientenverfügungen
liegen
sehr unterschiedliche konzeptionelle
Überlegungen und auch sehr verschiedene weltanschauliche und religiöse
Überzeugungen zugrunde.
Die eigentlichen Bestandteile einer Patientenverfügung
(Übersichtskasten
Seite 33) sind mit Sternchen* gekennzeichnet. Aber auch die ergänzenden
Aussagen können zum Verständnis des
Gewollten beitragen und Wünsche des
Verfassers deutlich machen.
Eingangsformel
Ich... (Name, Vorname, geboren am,
wohnhaft in) bestimme hiermit für
den Fall, dass ich meinen Willen nicht
mehr bilden oder verständlich äußern
kann...
Exemplarische Situation, für die
die Verfügung gelten soll
Wenn ich
»mich aller Wahrscheinlichkeit nach
unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozess befinde...
»mich im Endstadium einer unheilbar tödlich verlaufenden Krankheit befinde, selbst wenn der Todeszeitpunkt
noch nicht absehbar ist...
»infolge einer Gehirnschädigung
meine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen, Entscheidungen zu treffen und
mit anderen Menschen in Kontakt zu
treten, nach Einschätzung Zweier erfahrener Ärztinnen oder Ärzte (können namentlich benannt werden) aller
Wahrscheinlichkeit nach unwiederbringlich erloschen ist, selbst wenn der
Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist.
Dies gilt für direkte Gehirnschädigung
zum Beispiel durch Unfall, Schlaganfall
oder Entzündung ebenso wie für indirekte Gehirnschädigung zum Beispiel
nach Wiederbelebung, Schock oder
Lungenversagen. Es ist mir bewusst,
dass in solchen Situationen die Fähigkeit zu Empfindungen erhalten sein
kann und dass ein Aufwachen aus diesem Zustand nicht ganz sicher auszuschließen, aber unwahrscheinlich ist.
Bitte beachten Sie, dass dies keine
abschließende Aufzählung ist, sondern
nur Beispiele für eine exemplarische
Situation.
Festlegungen zu ärztlichen/pflegerischen Maßnahmen
» Lebenserhaltende Maßnahmen
» Schmerz- und Symptombehandlung
» künstliche Ernährung
» künstliche Flüssigkeitszufuhr
» Wiederbelebung
» künstliche Beatmung
» Dialyse
» Antibiotika
» Blut/Blutbestandteile
Organspende?
Wie stehen Sie zur Organspende?
Wünsche zu Ort und Begleitung (in
der letzten Lebensphase)
Sie können festlegen, wo Sie ihre
letzten Tage und Wochen verbringen
möchten (zu Hause, im Krankenhaus,
in einem Hospiz).
Sie können bestimmen, wer Ihnen
in dieser Lebensphase beistehen soll
(kirchlicher Vertreter, Vertreter einer
Weltanschauungsgemeinschaft...)
Aussagen zur Verbindlichkeit, zur
Auslegung und Durchsetzung und
zum Widerruf der Patientenverfügung
Ich erwarte, dass mein geäußerter Wille zu bestimmten ärztlichen und pflegerischen Maßnahmen von den behan-
Mehr Wissen - Besser Leben
34
delnden Ärztinnen und Ärzten befolgt
wird. Mein Vertreter oder Bevollmächtigter soll dafür Sorge tragen.
Sollte eine Ärztin/ein Arzt dazu nicht
bereit sein, erwarte ich, dass für eine
anderweitige medizinische oder pflegerische Behandlung gesorgt wird (durch
Bevollmächtigten oder Betreuer).
In Situationen, die in der Patientenverfügung nicht konkret geregelt sind,
ist mein mutmaßlicher Wille möglichst
in Konsens mit allen Beteiligten zu ermitteln.
Bitte beachten Sie hier, dass die Formulierungen gekürzt sind, um Sie auf
die möglichen Aussagen zur Verbindlichkeit aufmerksam zu machen.
W EBTI P P
Hinweise auf weitere Vorsorgeverfügungen
Zum Beispiel Hinweis auf eine bestehende Vorsorgevollmacht oder Betreu-
ungsverfügung und wer von Ihnen bevollmächtigt wurde.
Schlussformel/Schlussbemerkung
Mir ist die Möglichkeit der Änderung
und des Widerrufs einer Patientenverfügung bekannt.
Ich bin mir des Inhalts und der Konsequenzen meiner darin getroffenen
Entscheidungen bewusst.
Ich habe die Patientenverfügung in
eigener Verantwortung und ohne äußeren Druck erstellt.
Ich bin im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte.
Datum, Unterschrift
Datum der Aktualisierungen mit
erneuter Unterschrift
Quelle: Bundesministerium der Justiz
Broschüre „Patientenverfügung“
Im Internet finden Sie unter www.bmj.bund.de/publikationen ausführliche Broschüren
zum Thema.
Weitere Infos gibt es bei der Bundesärztekammer unter
www.bundesaerztekammer.de
Über eine christliche Patientenverfügung informiert die evangelische Kirche
www.ekd.de/patientenverfuegung/patientenverfuegung.html
Auch die katholische Kirche informiert zum Thema Patientenverfügung
www.katholisch.de
Mehr Wissen - Besser Leben
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Förderpreis Selbsthilfe nach Krebs 2010
Ausschreibung „Förderpreis Selbsthilfe nach Krebs 2010“
Der Krebsverband Baden-Württemberg hat anlässlich des 25-jährigen
Jubiläums des Verbandes beschlossen,
einen Förderpreis zu schaffen, mit dem
bestehende Selbsthilfeformen und die
Entwicklung innovativer Ansätze gefördert werden. Er
wurde erstmalig im Jahr
2000 verliehen.
Mit dem Förderpreis
„Selbsthilfe nach Krebs“
sollen
herausragende
Aktionsformen,
Angebote,
Materialien,
Konzepte, Veröffentlichungen und ähnliches
gewürdigt werden, die
geeignet sind, das Prinzip der Selbsthilfe zu
stärken oder bestehende
Selbsthilfegruppen
und
ihre Inhalte und Formen zu
unterstützen, die Arbeit unterschiedlicher Einrichtungen und Gruppen in der
Krebsheilkunde und Nachsorge zu verknüpfen, zielgruppenorientierte neue
und erweiterte Angebote zu entwickeln
oder sachgerecht über Selbsthilfe zu
informieren.
Über die bisherigen Mitglieder der
Selbsthilfegruppen hinaus sind auch
andere Institutionen in Baden-Württemberg in die Entwicklung und Umsetzung von Ideen zur Förderung der
Selbsthilfe nach Krebs einzubeziehen,
so z.B. neben onkologischen Einrich-
tungen und Arbeitsbereichen auch
Kommunen, Einzelpersonen etc.
Bereits bestehende Selbsthilfegruppen, die eine neue Idee verwirklichen,
neue Gruppen, die ein besonderes
Konzept vertreten, Einzelpersonen oder Institutionen,
die in besonderer Form die
Selbsthilfe nach Krebs unterstützen sowie Autoren und Journalisten aller Medienbereiche, die
in ihren Beiträgen in
herausragender Form
das Thema Selbsthilfe
nach Krebs behandeln,
können sich für diesen
Preis selbst bewerben
oder aber von Dritten
vorgeschlagen werden.
Die Bewerber oder Benannten sollen in BadenWürttemberg tätig sein bzw. das Konzept oder die Veröffentlichung sich auf
Baden-Württemberg beziehen.
Der Preis in Höhe von 2.500 € wird
auf der Mitgliederversammlung 2010
des Krebsverbandes Baden-Württemberg überreicht.
Bewerbungen und Vorschläge sind bis
zum 30. April 2010 an die Geschäftsstelle zu richten:
Krebsverband
Baden-Württemberg,
Adalbert-Stifter-Straße 105, 70437
Stuttgart
Mehr Wissen - Besser Leben
36
W
e b t i pp
Der Verein „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V.” (FSA) hat in
einem Kodex die Zusammenarbeit der Pharmabranche mit Patientenorganisationen
geregelt. Zentrales Anliegen ist es, die Neutralität und Unabhängigkeit der Patientenorganisationen zu wahren und eine lautere und ethische Zusammenarbeit im Interesse der Patienten zu gewährleisten. Der „FSA-Kodex Patientenorganisationen“
kann unter www.fs-arzneimittelindustrie.de kostenlos heruntergeladen werden.
Unter www.kiss-stuttgart.de finden
Sie unter der Rubrik „Materialien“
eine Vielzahl von Unterlagen die für
Ihre Arbeit in der Selbsthilfe. Unter
anderem auch „Qualitätskriterien
für die Zusammenarbeit von Krankenhaus und Selbsthilfe – Leitlinien
und Anregungen für die Erarbeitung
von Kooperationsmodellen“
Förderverfahren ehrenamtlicher
Strukturen und der Selbsthilfe
Das Ministerium für Arbeit und Soziales hat das neue Förderverfahren
ehrenamtlicher Strukturen und der
Selbsthilfe gemäß § 45d SGB XI im
Förderjahr 2009 für das Land BadenWürttemberg geregelt. Alle wichtigen
Unterlagen hierzu finden Sie unter:
www.sozialministerium-bw.de
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Die Krebsberatung in Karlsruhe wird 30
Die Krebsberatungsstelle der Arbeiterwohlfahrt in Karlsruhe feierte im
November ihr 30-jähriges bestehen.
Etwas ganz besonderes gab es im November in Karlsruhe zu feiern: 30 Jahre professionelle Hilfe und Beratung
für krebskranke Menschen und deren
Angehörige.
Frau Geiger von der Arbeiterwohlfahrt konnte viel Prominenz willkommen heißen. Neben Bürgermeister Lenz
lies es sich Prof. Fischer, langjähriger
Leiter der Hämatologie und Onkologie
im Klinikum Karlsruhe, nicht nehmen,
am Jubiläum teilzunehmen.
Prof. Fischer hatte 1993 den Förderverein der Beratungsstelle gegründet und damit mitgeholfen, finanzielle
Engpässe auszugleichen.
Als Frau Quenzer von der Selbsthilfegruppe nach Krebs in Bretten viel mehr
als nur über ihre guten Erfahrungen
mit der Krebsberatungsstelle Karlsruhe
berichtete war ihr alle Aufmerksamkeit
sicher. Sie gab auf beeindruckende Art
und Weise Einblicke in ihre starken und
schwachen Momente vor, während und
nach ihrer Krebserkrankung.
Dieser Beitrag wird nicht nur allen
Betroffenen Mut machen, er wird auch
die neu entstehenden Krebsberatungsstellen beflügeln, sich trotz aller mit
Sicherheit nicht ausbleibenden Rückschlägen unbeirrt und engagiert mindestens auch 30 Jahre durchzuhalten.
H. Seiter
Festvortrag zum 30-jährigen Jubiläum der Krebsberatungsstelle Karlsruhe
30 Jahre Beratungsstelle für Krebskranke und Angehörige. 30 Jahre –
eine lange Zeit.
Viele unterschiedliche Menschen
wurden von den Beraterinnen seither begleitet, viele unterschiedliche
Schicksale wurden hier mitgetragen
– und im Grunde ging es doch immer
wieder um dieselben Themen:
Die Tatsache, mit einer lebensbedrohenden Krankheit konfrontiert zu sein,
plötzlich viele der eigenen Träume begraben zu müssen, sich in einer völlig
neuen, unbekannten Realität wiederzufinden, hin- und hergerissen zu sein
zwischen Hoffnung und Angst – und
die Auseinandersetzung mit dem Wissen, dass nicht nur das Leben der anderen, sondern auch das eigene Leben
endlich ist.
Einer dieser vielen Menschen, die
hier Trost, Perspektive, aber auch ganz
praktische Hilfe gefunden haben, bin
ich … und ich freue mich sehr, dass ich
gebeten wurde, Ihnen beispielhaft an
meiner Geschichte aufzuzeigen, was
die Beratung hier im Hause der AWO
doch alles bewirken kann.
Bei der Vorbereitung auf meine kleine Rede sind meine Gedanken abgeschweift in die Zeit vor 30 Jahren, also
ins Jahr 1979. Es war das Gründungsjahr der Beratungsstelle. Es war das
Jahr, in dem ich volljährig wurde. Es
war aber auch das Jahr, in dem meine
Mutter an metastasiertem Brustkrebs
starb. Und wie gut wäre es für sie, für
unsere ganze Familie gewesen, in dieser Zeit Begleitung zu haben und nicht
alleine zu sein während der für alle
Mehr Wissen - Besser Leben
38
belastenden Therapien und in der Zeit
des Abschiednehmens.
So blieben mir im Zusammenhang
mit der Erkrankung „Brustkrebs“ überwiegend Erinnerungen an eine hässliche Operation, an eine fürchterliche
Bestrahlung, an eine entsetzliche Chemotherapie und an die Unausweichlichkeit des Todes, verbunden mit der
heimlichen Angst, selbst einmal von
dieser Erkrankung betroffen zu sein.
Eine Angst, die ich in meinem Bewusstsein jahrelang ganz weit nach
hinten zu drängen versuchte, die trotzdem immer latent da war und die mich
dann mit voller Wucht im Jahr 2005,
dem Jahr meiner eigenen Brustkrebsdiagnose, traf.
Als mir die Ärzte nach der Operation
im Januar sagten „Es war Krebs“ war
für mich in meinem Denken das Ende
gekommen. Ich war mir sicher, den
Herbst nicht mehr zu erleben. Und ich
wollte auch nicht all dieses in meinen
Augen Schreckliche durchleben müssen, das meine Mutter durchgemacht
hatte.
Da zertifizierte Brustzentren damals
noch nicht so flächendeckend vorhanden waren wie heute, lag ich zunächst
ohne einen sozusagen „neutralen“ Ansprechpartner im Krankenhaus. Die
Informationen über meine Erkrankung
waren spärlich und ließen lange auf
sich warten. Ich war verzweifelt und
verängstigt. Auch mein Mann und mein
Vater konnten mir nicht wirklich helfen, machte sie meine Diagnose doch
genauso betroffen wie mich.
Ein einziges Positives ist mir aus dieser Zeit in Erinnerung geblieben: ein
kurzer, von mir angeforderter Besuch
der Sozialarbeiterin des Krankenhauses, die mir ein Faltblatt mit für mich
vielleicht wichtigen Adressen in die
Hand drückte.
Zwar waren dort für meine Heimatstadt Pforzheim, keine „vernünftigen“
Anlaufstellen aufgelistet, aber ich fand
in diesem Flyer die Adresse und Telefonnummer der Beratungsstelle für
Krebskranke und Angehörige in Karlsruhe.
Mich einmal dorthin zu wenden,
konnte ja nicht schaden, dachte ich
mir. Denn es war mir klar, dass ich in
allen Bereichen – also was das Kranksein an sich mit all seinen Aspekten,
aber auch die Psyche anbelangte –
Hilfe brauchte, und zwar dringend.
Bei meinem Anruf war ich zunächst
auf lange Wartezeiten und auch auf
„amtliche“ Mitarbeiter eingestellt. Und
so war ich äußerst positiv überrascht,
als ich von Frau Rottenberg sehr nett
begrüßt wurde und auch recht schnell
ein Treffen vereinbart war.
Der erste persönliche Kontakt war
an einem für mich grässlichen Tag,
nämlich dem Tag meiner ersten Chemotherapie. Ich hatte aufgrund der
Erlebnisse, die ich während der Erkrankung meiner Mutter gemacht hatte, höllische Angst vor allem, was auf
mich zukommen würde. Deshalb hatte ich auch eine Beruhigungstablette
eingenommen und war davon ziemlich
benebelt. So weiß ich nicht mehr konkret, worüber Frau Rottenberg und ich
gesprochen haben, aber ich weiß noch
genau, dass ich mich nach dem Gespräch nicht mehr so „alleine“, so ausgeliefert fühlte wie das zuvor der Fall
war und dass ich den Eindruck hatte,
zumindest diese erste Chemotherapie
überstehen zu können.
Außerdem weiß ich noch, dass sich
Frau Rottenberg auch meines Mannes
annahm, der sich mir gegenüber immer
stark zeigte, wobei ich genau wusste,
Mehr Wissen - Besser Leben
39
dass es in seinem Inneren ganz anders
aussah und dass auch er mit großen
Ängsten und Sorgen kämpfte.
Dieses erste Treffen war der Beginn
einer umfassenden Beratung und praktischen Unterstützung:
Da ging es zunächst um das Naheliegendste, nämlich meine Psyche zu
stabilisieren und meine Ängste zu relativieren, mich insgesamt über meine
Krankheit zu informieren, aber natürlich auch darum mir mit vielen kleinen
Tipps den Alltag während der Chemound Bestrahlungszeit erträglicher zu
machen und mich immer wieder zum
Durchhalten zu motivieren.
Außerdem bekam ich Antworten auf
sozialrechtliche Fragen. Fragen, die ich
überhaupt noch nicht gestellt hatte,
weil Themen wie Krankengeld, Schwerbehinderung, Fahrtkostenzuschüsse zu
den Bestrahlungen und Ähnliches vor
meiner Erkrankung in keiner Weise zu
meinem Lebensalltag gehört hatten.
Ich wurde während dieser Zeit auch
beraten, welche Einrichtung für mich
die Richtige zur Durchführung der Anschlussheilbehandlung sein könnte.
Denn die hatte ich zunächst kategorisch abgelehnt, weil ich nach den langwierigen Therapien nicht schon wieder
„fremdbestimmt“ sein wollte und auch
nicht wusste ich, dass ich als Patientin
– auch diese Information kam von der
Beratungsstelle - die Maßnahme jederzeit abbrechen kann, wenn ich mich
dabei absolut nicht wohlfühlen würde. Am Ende stellte sich heraus, dass
Frau Rottenberg mir genau die richtige
Empfehlung gegeben hatte und dass
mir der Aufenthalt und der Abstand
zum Alltag sehr gut taten.
Dann kam mein Wiedereingliederungsversuch ins Berufsleben und die
anschließende – leider notwendige
— Beantragung der Berentung. Alles
Schritte auf meinem Weg, die ich nicht
alleine gehen musste, sondern bei denen ich begleitet wurde, was für mich
eine enorme Erleichterung bedeutete und viel Druck von mir genommen
hat.
Ganz wichtig wurde die Unterstützung der Beratungsstelle für mich dann
wieder Ende 2006, als das erste Lokalrezidiv diagnostiziert wurde. Denn wieder brach die Welt für mich zusammen
und wieder wurde ich aufgefangen.
Und auch alle weiteren gesundheitlichen Rückschläge konnte ich mit Hilfe von Frau Rottenberg und meinem
kompetenten Ärzteteam, das ich zwischenzeitlich gefunden hatte, meistern, akzeptieren und verarbeiten.
Und ich hatte die Möglichkeit in einem
„geschützten Raum“ den Umgang mit
meinem veränderten Körper und das
Haushalten mit meinen nunmehr doch
eingeschränkten Kräften erlernen.
Ob ich mein altes Leben wieder zurückhaben wollte, das wurde ich neulich einmal gefragt. Nun ja, ich weiß es
nicht. Einerseits schon, denn auf ganz
selbstverständliche Art „gesund zu
sein“ und ganz „normal“ zu leben, das
wird es wohl bei mir nie mehr geben.
Zu groß sind Veränderungen, die sich
durch die Krankheit ergeben haben, zu
groß die Ängste, dass der Krebs zurückkommt.
Aber andererseits möchte ich die
Zeit und die Veränderung auch nicht
missen. Denn ich habe in den letzten
fünf Jahren vieles dazugelernt, ich
habe schöne Dinge erlebt, die ich vor
meiner Krebserkrankung niemals für
möglich gehalten hätte, ich habe viele
liebe Menschen getroffen und viel Hilfe
Mehr Wissen - Besser Leben
40
erfahren.
Rückblickend kann ich sagen: es hat
mich sehr gestärkt, dass es immer wieder Menschen gab, die mich begleitet
haben, dass es Organisationen gibt,
wie die Ihre.
Vor allem auch, weil Sie sich nicht
nur um die Kranken selbst kümmern,
sondern auch um die Angehörigen, die
– nach meiner Erfahrung – , ebenfalls
mit einer großen Betroffenheit und
Hilflosigkeit sowie mit vielen Sorgen zu
kämpfen haben. Aber zumeist bleiben
sie nur „Randfiguren“, sollen und müssen funktionieren und finden neben
den Kranken wenig Beachtung.
Wahrscheinlich hat mein Mann das
ähnlich erlebt. Denn für uns beide war
diese auch auf Angehörige ausgelegte
Begleitung ganz wichtig, weil die Erkrankung zunächst zu größten Spannungen in unserer Beziehung führte.
Keiner fühlte sich mehr vom anderen verstanden. Keiner konnte es dem
anderen mehr recht machen. Vieles,
was sonst nicht wirklich wichtig gewesen wäre, führte zu heftigen Auseinandersetzungen und Streitigkeiten … und
so kam mir schon ab und zu einmal der
Gedanke, es könnte besser sein, wenn
ich allein wäre.
In diesen Situationen hat Frau Rottenberg es verstanden – natürlich auch
mit dem Vorteil, alles mit den Augen
der Außenstehenden sehen zu können
-, sowohl meine Sichtweise wieder zurechtzurücken, wie auch Kontakt zu
meinem Mann, der alles eher mit sich
selbst ausmacht, zu finden und mit
ihm ins Gespräch zu kommen.
So konnten wir für unsere Partnerschaft immer wieder eine tragfähige
Basis finden – und letztlich hat uns
alles so sehr zusammengeschweißt,
dass wir vor etwas über einem Jahr –
quasi als Sahnehäubchen – geheiratet
haben. Auch daran hat die Beratungsstelle für Krebskranke und Angehörige
Anteil.
Staunend stehe ich aber immer wieder vor der Tatsache, dass all die Leistungen, die Sie hier erbringen, unentgeltlich sind. Und obwohl es oft heißt
„Was nichts kostet, ist nichts wert“, bin
ich völlig anderer Meinung. Denn es ist
ein großes Geschenk, das ich hier bekommen habe:
Ich musste – und muss – meine
Krankheit und all die schwierigen Dinge, die in diesem Zusammenhang zu
bewältigen sind, seien sie psychischen
oder rechtlichen Ursprungs, nicht alleine ertragen, denn ich kann auf ein
Team von Spezialisten bauen, das
mich in allen Belangen unterstützt.
Ich konnte und durfte alles Belastende aussprechen und hierlassen, so wie
das bei Angehörigen oder Freunden
kaum möglich gewesen wäre. Ich bin
eine mündige, gut informierte Patientin geworden, die auf Augenhöhe mit
ihren Ärzten über notwendige Therapien diskutieren kann. Ich hatte die Möglichkeit, mich selbst nach einem gravierenden Einschnitt in meinem Leben
wieder zu sortieren, wieder ein Fundament zu schaffen, das mich trägt. Und
ich weiß, dass ich immer dann, wenn
es für mich scheinbar unüberwindbare
Schwierigkeiten zu meistern gilt, hierher kommen und auf dem neu gelegten
Fundament an meinem „Lebenshaus“
weiterbauen darf. Das gibt mir Sicherheit und hilft mir, wenn einmal eine Situation bedrohlich erscheint oder ist.
Bei all dem weiß ich natürlich, dass
ich mit meinem „Brustkrebs“ im Grunde in einer komfortablen Lage bin, zum
Mehr Wissen - Besser Leben
41
einen was die Behandlungsmöglichkeiten anbelangt, zum anderen aber auch
hinsichtlich der Betreuung, die die Erkrankten erfahren. Denn einerseits gibt
es viele Selbsthilfegruppen, in denen
Patientinnen sich austauschen können
und viele wertvolle Tipps zum Umgang
mit ihrer Krankheit erhalten. Zum anderen hat im Krankenhausbereich die
Schaffung der zertifizierten Brustzentren mit ihrem umfassenden Angebot
zwischenzeitlich zu einem deutlich verbesserten Informationsfluss und einer
deutlich verbesserten psychologischen
Betreuung der Patientinnen beigetragen.
Bei anderen Krebsarten stellt sich
die Situation der Betroffenen und ihrer
Angehörigen nach wie vor ganz anders
dar. Viele sind weitgehend auf sich alleine gestellt. Und deshalb sind und
bleiben Sie sicherlich eine wichtige Anlaufstelle für die Menschen, die in einer
schwierigen persönlichen und oft auch
sozialen Situation Hilfe benötigen.
Für die Arbeit, die hier in der Beratungsstelle geleistet wird, danke ich von
Herzen – und hier spreche ich sicher für
eine ganze Reihe von Betroffenen der
Geschäftsführung der AWO, die diese
Arbeit ermöglicht und die finanziellen,
personellen und räumlichen Gegebenheiten dafür schafft, dem Förderverein
der Beratungsstelle, der ebenfalls für
die Finanzierung dieses Angebots Sorge trägt, all denjenigen, die auf ideelle
oder finanzielle Weise zum Bestehen
der Beratungsstelle beitragen und natürlich den kompetenten, engagierten,
einfühlsamen Beraterinnen hier im
Hause.
Und auch wenn ich mehrfach Frau
Rottenberg erwähnt habe, was daran
liegt, dass ich von ihr betreut werde,
so gilt mein Dank selbstverständlich
auch Frau Stecker und Frau Kippar.
Sie drei, die Sie im direkten Kontakt mit den Betroffenen stehen, tun
mit Freude ihre – sicherlich oft nicht
leichte - Arbeit, Sie sind mit großem
Einsatz für ihre Klienten da, Sie haben
immer ein offenes Ohr für diejenigen,
die sich an Sie wenden. Bitte bleiben
Sie so, wie Sie sind! Denn es tut gut,
Freude und Leid, Tränen und Hoffnung,
Sorgen und Erfolge miteinander zu teilen.
Ich wünsche all denjenigen, die Verantwortung für die Beratungsstelle tragen, dass Sie – auch in Zeiten, in denen
die Finanzdecke für soziale Zwecke immer dünner wird – stets Möglichkeiten
finden, Ihre wertvolle Tätigkeit fortzusetzen, und dass Sie es immer wieder
schaffen, Bewährtes zu erhalten und
Neues zu wagen - für Krebskranke und
deren Angehörige.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Barbara Quenzer
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Unsere Filmempfehlung
Leben schmecken –
Krebs, Krise, Kraft
„Diese Zeit ist mein Leben, ich würde
mit niemandem tauschen.“ Mit diesen
mutigen Worten beginnt der mittlerweile fünfte Teil der erfolgreichen Brustkrebsinformations-Filmreihe „Durch die
Brust ins Herz“, in dem Krebs-Betroffene über ihre Art der Krankheitsbewältigung sprechen. „Leben schmecken –
Krebs, Krise, Kraft“ – so der Titel der
emotionalen Dokumentation, die die
individuelle Situation von fünf Frauen
sensibel porträtiert. Mit starkem Überlebenswillen, Einlassen auf die Trauer
und Bereitschaft, die eigene Lebensweise in Frage zu stellen, meistern sie
die Herausforderung Krebs und machen so auch anderen Betroffenen Mut.
Ergänzt werden die Erzählungen und
Berichte durch Kommentare von den
erfahrenen Psychoonkologen Dr. med.
Andrea Petermann-Meyer (Aachen)
und Dr. phil. Elmar Reuter (Olpe).
Die Krise als Chance
Krisen gehören zum menschlichen
Leben und bieten neben ihrer Bedrohlichkeit auch ein enormes Kraftpotenzial. In eine besonders schwere Krise
Weitere
Informationen zum Film und zu
der Brustkrebskampagne „Durch die Brust ins
Herz“, finden Sie unter
www.brustkrebszentrale.de. Hier können der
Film und weitere Materialien kostenfrei bestellt
werden.
werden fünf Frauen gestürzt, die die
Diagnose Krebs erfahren. Eine solche
Nachricht ist ein Bruch in der gewohnten Normalität und kommt häufig völlig unerwartet. Die Betroffenen geraten in eine Art Schockzustand, der sie
zunächst lähmt, aber nach und nach
setzen sich ungeahnte Veränderungsprozesse in Gang, die das Leben bereichern können.
Der Film porträtiert die unterschiedlichen Situationen der Frauen, zeigt,
wie sie Lebensentwürfe in Frage stellen und neu gestalten. Denn genau darin liegt die Chance in der Krise: Verhaltensmuster zu korrigieren und neue
Ideen einzubringen. Diese Entwicklung
verläuft meist nicht bewusst, sondern
spielt sich im Verborgenen ab.
„Am Ende kommt etwas heraus, was
gut ist“
Der Dokumentationsfilm „Leben
schmecken – Krebs, Krise, Kraft“ beleuchtet diese Veränderungsprozesse
und verdeutlicht, welche Stärke Betroffene entwickeln können, deren Leben auf den Kopf gestellt wurde. „Die
Seele macht sich breit, ohne dass man
ihr sagt ‚Mach dich breit.’“, erläutert Dr.
Petermann-Meyer. „Die Initialzündung
für den Veränderungsprozess ist dabei
individuell sehr unterschiedlich.“
Resultat ist aber nicht selten, dass
das Durchleben einer schwierigen Lebensphase zu einem positiven Abschluss führt. „Aus Krankheit, Krise
und Angst wird Kraft und Motivation“,
kommentiert auch Dr. Reuter. „Am Ende
kommt etwas heraus, was eher gut ist.
Wie funktioniert so was?“ Fragen wie
dieser geht der Film „Leben schmecken – Krebs, Krise, Kraft“ nach, gibt
sinnvolle Anregungen und lässt dabei
Raum für eigene Interpretationen.
Quelle: DKG
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Unsere Buchempfehlung
Gesund bleiben nach Krebs
Prof. Dr. med. Josef Beuth
Ihre medizinische Therapie ist abgeschlossen - und Sie haben den Krebs
überlebt. Jetzt möchten Sie alles dafür tun, um sich vor einem Rückfall zu
schützen. Sie suchen gezielt nach Angeboten, die eine erneute Erkrankung
verhindern? Doch wie das Richtige finden in der riesigen Palette an Ratschlägen, Heilmitteln und Verfahren?
Kritisch betrachtet: Angebote zur Prophylaxe und Früherkennung
Reicht Ausdauersport, ist eine Misteltherapie immer sinnvoll, und was
ist von zusätzlichen Früherkennungstests zu halten? Der Autor - profilierter
Krebs-Wissenschaftler mit umfangreicher Erfahrung in der Patientenberatung - gibt Ihnen einen detaillierten
Überblick über die angebotenen Möglichkeiten. Er bewertet sie aus dem
aktuellen Stand der Wissenschaft. So
finden Sie verlässliche Informationen.
Jetzt mehr vom Leben!
So nehmen Sie Kurs auf mehr Gesundheit und gewinnen körperliche
Energie und seelische Balance zurück.
Lernen Sie bewährte Wege und viele
Praxistipps kennen, mit deren Hilfe Sie
den Alltag plötzlich viel bewusster leben. Lesen Sie über Veränderungen,
die sich lohnen: Betroffene geben ihre
Erfahrungen weiter. Und achten Sie
auf die Nebenwirkung: Ein Mehr an Lebensfreude ist nicht ausgeschlossen!
Quelle: Medizinverlag
Prof. Dr. med. Josef Beuth
Gesund bleiben nach Krebs
1. Aufl. 2006
207 S., 52 Abb.
Medizinverlag
ISBN: 9783830432951
19,95 Euro
Finden Sie Ihre seelische Balance wieder
Stärken Sie Ihr Immunsystem
Bleiben Sie in Bewegung
Ernähren Sie sich ausgewogen
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Gesund durch Stress–
Wer reizvoll lebt, bleibt länger
jung!
Hans-Jürgen Richter,
Dr. Peter Heilmeyer
Wenn sich ein Arzt und Medizinpublizist
mit einem Chefarzt einer Reha- und
Präventionsklinik zusammenfindet, um
gemeinsam gegen das Vorurteil „Stress
ist schädlich“ Position zu beziehen,
macht das ganz allgemein neugierig.
Wenn sie dann auch noch mit dem
Slogan „Dank Stress ein aktives, bewusstes und friedvolles Leben führen“
werben kann das auch krebskranke
Menschen während und insbesondere
nach der Behandlung ansprechen.
Also ab auf die Couch und „entstresst“ lesen? Keinesfalls, sind sich
die Autoren sicher und werben für ein
aktives, bewusstes und reizvolles Leben, das jung und gesund macht.
In gut lesbaren, kurzen Beiträgen
plädieren die autoren für eine offensive Prävention statt Genussverzicht.
Ein Starkoch zelebriert das Genusserlebnis in magischer Atmosphäre,
der Rockstar der 50-er Jahre, Peter
Kraus, erklärt er habe gar keine Zeit
alt zu werden und ein diäterprobter
Bosch-Manager erklärt eine erfolgreiche Abnehmmethode. Neben solchen
Erlebnisberichten werden ernstzunehmende Ärzte, Wissenschaftler und Forschungsergebnisse an- und bespro-
chen, die Beispielsweise die kollektive
Hysterie in Sachen „schädliche Sonne“ kritisch beleuchten. Alles in allem
ist das Buch ein lesenswertes Plädoyer für den gesunden Menschenverstand... und das tut im Zeitalter einer
zunehmend hoch-technischen Medizin
richtig gut, auch wenn man nicht allen Schlussfolgerungen der Autoren
zustimmt.
Hubert Seiter
Hans-Jürgen Richter
Dr. Peter Heilmeyer
Gesund durch Stress
1. Auflage
Systemed Verlag
ISBN: 978-3-927373-42-9
15,95 Euro
Haben Sie ein Buch gelesen und möchten es weiterempfehlen oder fanden Sie einen Film besonders sehenswert? Wir freuen uns auf Ihren Hinweis. Schreiben Sie
einfach eine Mail an
[email protected] oder per Post an die Geschäftsstelle.
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Seitdem Du weg bist
spüre ich
die Zerbrechlichkeit des Seins
in gnadenloser Ehrlichkeit
Wir trauern um...
Gunhild Peschke
Gruppenleiterin des Gesprächskreis
für Frauen nach Krebs, Bruchsal (seit
1995)
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Krebsverband Baden-Württemberg e.V.
Seit über 80 Jahren ist der Krebsverband in Baden-Württemberg aktiv.
Der Krebsverband ist Mitglied der Deutschen Krebsgesellschaft.
• Beratung von Krebspatienten und Angehörige (medizinisch, psychoonkologisch, sozialrechtlich und ernährungsphysiologisch)
• Initiierung und Unterstützung (ideell und finanziell) der Selbsthilfegruppen nach Krebs
• Projekte zur Prävention und Früherkennung von Krebserkrankungen
• Finanzielle Unterstüzung in Härtefällen
• Förderung patientenorientierter Forschung durch Initiierung von Modellprojekten
• Vernetzung von Tumorzentren und Onkologischen Schwerpunktkliniken
• Gesundheitspolitische Meinungsbildung - Zusammenarbeit mit Ministerien, Verbänden und Fachgesellschaften
• Mitwirkung in Kompetenznetzwerken
Krebsverband Baden-Württemberg e.V.
Adalbert-Stifter-Str. 105
70437 Stuttgart
Tel.: 0711 484-10770
Fax: 0711 848-10779
eMail: [email protected]
Internet: www.krebsverband-bw.de
Spenden
sind steuerbegünstigt
Landesbank Baden-Württemberg
BLZ:600 501 01
Kto.-Nr.:1 013 900
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