3. Vorlesung Macht und Gewalt Tutorien Michael Hein und Roland Walkow Hein: donnerstags, 9.15-10.45 Uhr Ort: SG 3-67/68 Walkow: freitags, 11.15-12.45 Uhr Ort: SG 1-41/42 eMail-Adressen: [email protected] [email protected] Zur Definition von Macht „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“ Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Tübingen 1985, S. 28 Zur Definition von Herrschaft „Herrschaft soll heißen die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden; ...“ Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Tübingen 1985, S. 28 Zur Definition von Disziplin „...; Disziplin soll heißen die Chance, kraft eingeübter Einstellung für einen Befehl prompten, automatischen und schematischen Gehorsam bei einer angebbaren Vielheit von Menschen zu finden.“ Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Tübingen 1985, S. 28 Zur Amorphologie von Macht „Der Begriff ‚Macht‘ ist soziologisch amorph. Alle denkbaren Qualitäten eines Menschen und alle denkbaren Konstellationen können jemand in die Lage versetzen, seinen Willen in einer gegebenen Situation durchzusetzen.“ Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Tübingen 1985, S. 28f. Zur Präzision von Herrschaft „Der soziologische Begriff der ‚Herrschaft‘ muß daher ein präziserer sein und kann nur die Chance bedeuten: für einen Befehl Fügsamkeit zu finden.“ Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Tübingen 1985, S. 29 Zur Funktion von Disziplin „Der Begriff der ‚Disziplin‘ schließt die ‚Eingeübtheit‘ des kritik- und widerstandslosen Massengehorsams ein.“ Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Tübingen 1985, S. 29 Wie wird Macht ausgeübt? „Die ‚Macht‘ ... ist dadurch gekennzeichnet, daß sie Verhältnisse zwischen Individuen oder Gruppen ins Spiel bringt.“ Michel Foucault, Das Subjekt und die Macht, 1987, S. 251 Wie wird Macht ausgeübt? „Machtausübung bezeichnet nicht einfach ein Verhältnis zwischen individuellen oder kollektiven Partnern, sondern die Wirkungsweise gewisser Handlungen, die andere verändern.“ Michel Foucault, Das Subjekt und die Macht, 1987, S. 254 Wie wird Macht ausgeübt? „Tatsächlich ist das, was ein Machtverhältnis definiert, eine Handlungsweise, die nicht direkt und unmittelbar auf die anderen einwirkt, sondern eben auf deren Handeln. Handeln auf ein Handeln, auf mögliche oder wirkliche, künftige oder gegenwärtige Handlungen.“ Michel Foucault, Das Subjekt und die Macht, 1987, S. 254 Wie wird Gewalt ausgeübt? „Ein Gewaltververhältnis wirkt auf einen Körper, wirkt auf Dinge ein: es zwingt, beugt, bricht, es zerstört: es schließt alle Möglichkeiten aus; es bleibt ihm kein anderer Gegenpol als der der Passivität.“ Michel Foucault, Das Subjekt und die Macht, 1987, S. 254 Sind Macht und Freiheit vereinbar? „Macht wird nur auf ‚freie Subjekte‘ ausgeübt und nur sofern diese ‚frei‘ sind.“ Michel Foucault, Das Subjekt und die Macht, 1987, S. 255 Kein Ausschließungsverhältnis! „Macht und Freiheit stehen sich also nicht in einem Ausschließungsverhältnis gegenüber (wo immer Macht ausgeübt wird, verschwindet die Freiheit), sondern innerhalb eines sehr viel komplexeren Spiels: in diesem Spiel erscheint die Freiheit sehr wohl als die Existenzbedingung von Macht...“ Michel Foucault, Das Subjekt und die Macht, 1987, S. 256 „Macht setzt Freiheit voraus.“ Niklas Luhmann, Die Politik der Gesellschaft, 2000, S. 39 Gewalt schränkt sie ein, ja hebt sie auf Alltägliche Machtanwendung Macht ist • amorph, • diffus und kommt • ubiquitär vor ⇒ alle Formen der Einflußnahme Politische Machtanwendung • Die Spezifik politischer Macht resultiert aus einem erhöhten Koordinationsbedarf • Dieser erhöhte Koordinationsbedarf taucht erst auf, wenn die Komplexität und Differenzierung einer Gesellschaft eklatant zunimmt Macht in einfachen Gesellschaften • Es gibt eine kollektiv verbindliche Ordnung für alle, die metaphysisch begründet ist • Die überweltliche Legitimation dieser Ordnung läßt Machtanwendung als unabwendbar erscheinen, frei von jeder Kontingenz (Absicht, Entscheidung) • Jede derart legitimierte Aufforderung führt tendenziell zur Annahme Macht in komplexen Gesellschaften • Es gibt keine kollektiv verbindliche Ordnung mehr für alle • Jede Machtanwendung muß sich tendenziell als kontingent, d.h. als Absicht und Entscheidung rechtfertigen • Jede derart legitimierte Aufforderung muß tendenziell mit Ablehnung rechnen Macht in komplexen Gesellschaften • • • • • Ständige Ablehnungschance hohe Widerspruchschance hohe Konfliktchance Gewalt Krieg ⇒ akuter Regelungs- und Koordinationsbedarf Macht als Medium Eine spezifische Problemlösung: Macht als symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium Macht als Medium? Verstehen Sprache Erreichen Verbreitungsmedien Befolgen Kommunikationsmedien Wie kann Alter eine bestimmte Erwartung bei Ego durchsetzen? Zwei Unterscheidungen: • Handelnde: Alter und Ego • Erwartungen: Erleben und Handeln Alters Erleben Alters Handeln Egos Erleben Egos Handeln 1 2 3 4 Vier Optionen 1. Erleben auf Erleben: Wahrheit 2. Erleben auf Handeln: Liebe 3. Handeln auf Erleben: Geld/Kunst 4. Handeln auf Handeln: Macht/Recht Egos Erleben Egos Handeln Alters Wahrheit Liebe Erleben Alters Geld/Kunst Macht/Recht Handeln Wie kann Alter eine bestimmte Erwartung bei Ego durchsetzen? Wer setzt sich durch? Wer die „besseren“ Argumente hat! Alters Argumente Egos Argumente 1. Argument: ... 1. Argument: ... 2. Argument: ... 2. Argument: ... 3. Argument: ... 3. Argument: ... 4. Argument: ... ??? Das ultimate “Argument”: Gewalt Jedes symbolische Kommunikationsmedium besitzt einen symbiotischen Mechanismus: Macht ⇒ Gewalt Geld ⇒ Bedürfnis Wahrheit ⇒ Wahrnehmung Liebe ⇒ Sexualität Weitere Aspekte 1. Die Nullmethodik der Macht 2. Die Institutionalisierung von Macht ⇓ ⇓ ⇓ ⇓ ⇓ Sanktionsfähigkeit Autorität Amt Stab Organisation System Weitere Aspekte 3. Eigenschaften des Machtmediums • • • • • • • Kontingenz: Zurechenbarkeit von Entscheidungen Kopplung von Selektion und Motivation Präferenz: Annahme wird bevorzugt Systembildungkapazität: universal/spezifisch Symbiotischer Mechanismus Inflation/Deflation Relexivität und Selbstanwendung Technische Definition Macht ist ein Medium (Potential, Kapazität, lose Kopplung), das spezifische Formen der Machtanwendung zur Koordination von Handlungsabläufen ausbilden kann (Kausalität: strikte Kopplung von Alters und Egos Handeln) Noch Fragen ? Skripts unter: www.kaiuwehellmann.de/politik/