Masse-Leuchtkraft-Beziehung bestimmt mit Doppelsternen

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Versuchsanleitung zum Astrophysikalischen Praktikum
Masse-Leuchtkraft-Beziehung aus der Beobachtung visueller
Doppelsterne
Allgemeines
Es ist eine der fundamentalen Aufgaben der Astrophysik, die im Prinzip beobachtbaren Parameter, die die Physik eines Sterns bestimmen - wie z.B. Temperatur, Leuchtkraft, Radius, Masse,
chemische Zusammensetzung, Alter - miteinander in Beziehung zu setzen und nach gegenseitigen Abhängigkeiten zu suchen. Gute theoretische Modelle müssen dann diese beobachteten
Gesetzmässigkeiten reproduzieren können. Eine besonders wichtige Beziehung verknüpft Masse und Leuchtkraft eines Hauptreihensterns miteinander. Sie soll in diesem Versuch untersucht
werden.
Theorie
In der Astronomie kann man die Masse eines Sterns nur durch den Einfluss messen, den sie auf
eine andere Masse ausübt. Die einzige Möglichkeit zur direkten Massebestimmung bei Sternen
sind also Doppelsternsysteme. Aus den beobachteten Parametern ihrer Bahnen um den Systemschwerpunkt lässt sich auf ihre Massen schließen. Die Vorgehensweise unterscheidet sich für
visuelle Doppelsterne (Umlaufbewegung der beiden Komponenten ist im Fernrohr im Laufe der
Zeit direkt messbar) von der bei spektroskopischen Doppelsternen (Doppelsternnatur ist nur im
Spektrum durch die Dopplerverschiebung feststellbar, System kann im Fernrohr nicht aufgelöst
werden) und Bedeckungsveränderlichen (Komponenten ebenfalls nicht aufgelöst, bedecken sich
jedoch gegenseitig → periodische Helligkeitsänderung). Wir beschäftigen uns im folgenden nur
mit visuellen Doppelsternen.
Das 3.Keplersche Gesetz stellt in seiner exakten Fassung einen Zusammenhang zwischen der
Umlaufdauer P, der großen Halbachse a und der Massensumme M 1 + M2 her (G ist die Gravitationskonstante, Einheiten im SI-System):
M1 + M 2 =
4π 2 a3
.
G P2
(1)
Schreibt man (1) für das System Sonne-Erde/Mond, vernachlässigt die Masse des Erde-MondSystems gegen die Sonnenmasse und dividiert (1) durch diese Gleichung, so erhält man
M1 + M 2 =
a3
,
P2
(2)
wobei die Massen in Sonnenmassen, a in Astronomischen Einheiten (AE) und P in Jahren gemessen wird. Die grosse Halbachse a kann aus den Beobachtungen zunächst nur in Bogensekunden
bestimmt werden, muss aber für die Massenbestimmung in AE umgerechnet werden, d.h. die
Entfernung des Doppelsternsystems von der Erde muss bekannt sein. Als Maß für die Entfernung
dient die jährliche Parallaxe Π. Diese ist gegeben durch die scheinbare Veränderung der Lage
des Objektes im Laufe eines Jahres gegenüber weit entfernten, ’fixen’ Referenzsternen. Ihr Wert
entpricht dem Winkeldurchmesser des Erdbahnradius, vom betreffenden Objekt aus gesehen. In
unserem Fall muss sie sehr genau bekannt sein, da a mit der dritten Potenz in (2) eingeht. Für
die Massensumme erhalten wir dann folgende Gleichung:
M1 + M 2 =
(a/Π)3
,
P2
(3)
wobei a und Π jeweils in Bogensekunden (”) ausgedrückt werden.
Bahnelemente visueller Doppelsterne
Aus der Theorie der Zweikörperbewegung im Gravitationspotential (Kepler-Problem) ist bekannt, dass zwei Körper, die gravitativ aneinander gebunden sind, sich in ähnlichen Ellipsen um
einen gemeinsamen Schwerpunkt bewegen.
Abbildung 1: Scheinbare Bahn im Sirius-System
Legt man den Koordinatenursprung in eine Komponente - meist wird die hellere gewählt - des
Systems (∗ bei [0,0]), so bewegt sich die zweite Komponente in einer Ellipse um die erste, wobei
sich die erste Komponente in einem Brennpunkt dieser Ellipse befindet. Von der Erde aus gesehen
kann diese wahre Bahn beliebig im Raum orientiert sein. Wir beobachten nur die scheinbare
Bahn, d.h. die Projektion der wahren Bahn an das Himmelsgewölbe. Man beachte, dass die
scheinbare Bahn zwar wieder eine Ellipse ist, deren Mittelpunkt mit dem der wahren Bahn
übereinstimmt, dass aber die erste Komponente im allgemeinen nicht in einem der Brennpunkte
der scheinbaren Ellipse steht.
Die wahre Bahn und die Bewegung der zweiten Komponente um die erste wird durch die folgenden sieben Bahnelemente vollständig charakterisiert:
P : Periodendauer (Umlaufszeit) in Jahren mit Jahresbruchteil
T : Zeitpunkt eines Periastron-Durchgangs, d.h. des kleinsten Abstands beider Komponenten,
in Jahren mit Jahresbruchteil
√
e : numerische Exzentrizität, entspricht dem Verhältnis a2 − b2 /a, wobei b die kleine Halbachse
bezeichnet. Der Exzentrizitätswinkel Φ berechnet sich über Φ = arcsin e.
a : grosse Halbachse in Bogensekunden
Ω : Länge des aufsteigenden Knotens in Grad, d.h. Positionswinkel (Nord = 0 ◦ , Ost = 90◦ )
der Schnittlinie zwischen wahrer Bahn und der auf der Linie Beobachter-Stern senkrechten
Projektionsebene. Bei rein astrometrischer Beobachtung lässt sich der aufsteigende Knoten,
in dem die Bewegung des Begleiters vom Beobachter weg gerichtet ist, nicht vom absteigenden
unterscheiden. Wenn die Doppeldeutigkeit nicht durch spektroskopische Beobachtungen behoben
ist, nimmt man Ω < 180◦ an. Da Ω sich mit der Zeit wegen der Präzession der Erdachse ändert,
gibt man auch noch ein Bezugsäquinoktium an.
ω : Länge des Periastrons. Sie bezeichnet den im Bewegungsinn gezählten Winkel in der wahren
Bahnebene vom Knoten zum Periastron.
i : Bahnneigung. Dies ist der Winkel zwischen der Projektions- und der wahren Bahnebene. Es
gilt folgende Konvention: i < 90◦ für rechtläufige Bewegung, d.h. der Positionswinkel wächst im
Laufe der Zeit, und 90◦ < i < 180◦ für rückläufige Bewegung.
Anstelle der ”klassischen” Bahnelemente, a, i, Ω und ω verwendet man auch die sogenannten
Thiele-Innes-Elemente A, B, F und G. Sie hängen mit den klassischen Elementen durch die
folgenden Gleichungen zusammen:
A = a ( cos ω cos Ω − sin ω sin Ω cos i )
B=a
( cos ω sin Ω
(4)
+ sin ω cos Ω cos i )
(5)
F = a (− sin ω cos Ω − cos ω sin Ω cos i )
(6)
G = a (− sin ω sin Ω + cos ω cos Ω cos i )
(7)
Diese Elemente gestatten die Einführung eines speziellen Koordinatensystems, das viele Berechnungen stark vereinfacht. Ferner haben sie eine direkte geometrische Interpretation, die wir
später ausnutzen werden. Umgekehrt kann man die klassischen Elemente aus den Thiele-InnesElementen über:
tan(Ω + ω) =
tan(Ω − ω) =
tan2 (i/2) =
a2 =
B−F
, mit 0◦ < Ω < 180◦
A+G
B+F
, mit 0◦ < Ω < 180◦
A−G
(B + F ) sin(Ω + ω)
(B − F ) sin(Ω − ω)
AG − BF
cos i
(8)
(9)
(10)
(11)
erhalten.
Da sich bei der arctan-Funktion nicht eindeutig auf den Quadranten des zugehörigen Winkels
schliessen lässt, sind in den beiden ersten Gleichungen des Systems, (8) und (9), auch immer
Ω0 = Ω ± 90◦ , Ω0 = Ω ± 180◦ in Verbindung mit ω 0 = ω ± 90◦ , ω 0 = ω ± 180◦ als Lösung möglich.
Welche Lösung richtig ist, wird durch die Lösbarkeit der Gleichungen (10) und (11) entschieden
(tan2 , a2 ≥ 0 !).
Tabelle 1 : Beobachtete Daten der Doppelsternsysteme
System Helligkeit mvis,1 /mvis,2
Spektraltyp Massenverhältnis M1 /M2
Sirius
-1.46/8.49
A1 V / DA
2.40
Procyon
0.35/10.3
F5 IV / DA
2.61
α Centauri AB
-.04/1.17
G2 V/K0 V
1.29
ξ Bootis
4.72/6.97
G8 V/K4 V
1.14
70 Ophiuchi
4.21/6.97
K0 V/K6 V
1.37
Krüger 60
9.80/11.46
M4 V/M6 V
1.86
π in ”
0.374
0.283
0.754
0.145
0.193
0.249
Bestimmung der Bahnelemente aus Beobachtungen
Es ist eine der klassischen Aufgaben der Astronomie, wahre Bahnen von Himmelskörpern aus
ihren scheinbaren Bahnen am Himmel zu bestimmen, seien es nun (Klein-)Planeten, Kometen
oder Doppelsterne. Bahnbestimmung ist im allgemeinen eine schwierige Aufgabe, die rechenintensiv ist und einige Erfahrung voraussetzt. Bei Doppelsternen kann ein Teil der Aufgabe unter
der Voraussetzung, dass die scheinbare Bahn sehr gut bekannt ist, auch graphisch gelöst werden.
Im Anhang B liegen idealisierte Beobachtungen von sechs visuellen Doppelsternsystemen vor 1 .
Es sind jeweils der Positionswinkel der schwächeren Komponente relativ zur helleren sowie der
scheinbare Abstand der Komponenten für einen bestimmten Zeitpunkt angegeben. Der Positionswinkel ist bereits auf ein einheitliches Bezugsäquinoktium reduziert und wird von Norden (Φ
= 0◦ ) über Osten (Φ = 90◦ ) gezählt. Anhang A gibt Plots der einzelnen Bahnen in Normalkoordinaten sowie Hinweise zur numerischen Bearbeitung (s. Aufgabenteil 1.).
Bestimmung von Einzelmassen
Wenn man nicht nur die Gesamtmasse des Systems sondern auch die Massen der einzelnen Stern
bestimmen will, muss man die Bewegung der beiden Sterne um den gemeinsamen Schwerpunkt
studieren. Das erfordert Positionsmessungen beider Komponenten in einem absoluten Koordinatensystem. Diese Messungen sind schwierig und können etwa auf Photographien oder mit einem
Meridiankreis durchgeführt werden. Wie die Abbildung 2 zeigt, bewegt sich der Schwerpunkt
des Systems aufgrund der System-Eigenbewegung geradlinig gleichförmig, während die Komponenten um die Schwerpunktstrajektorie herum ”oszillieren”. Das absolute Koordinatensystem
wird durch die Erdbahnebene, die Stellung der Erdachse und einige tausend Fundamentalsterne,
deren Position und Eigenbewegungen sehr genau bekannt sind, realisiert. In der Praxis bestimmt
man also bei einer Absolutmessung die Position der beiden Komponenten relativ zu den Fundamentalsternen. Aus der Definition des Schwerpunktes folgt, dass die Einzelmassen sich dann
umgekehrt wie die Halbachsen der Bahnen um den Schwerpunkt verhalten:
a2
M1
=
.
M2
a1
(12)
In Tabelle 1 ist für jedes hier zu untersuchende System das so bestimmte Massenverhältnis
angegeben. Aus der Gesamtmasse M kann man damit die Einzelmassen bestimmen.
1
Sie liegen auch im digitalen Format vor.
Wahre relative Bahn
Wahre absolute Bahn
+
Scheinbare Bahn
Sirius A
Sirius B
Schwerpunkt
1940
1960
1950
1930
0
1970
Scheinbare relative Bahn
vgl. Abb.1
5" 10"
1920
Abbildung 2: Eigenbewegungen im Sirius-System und daraus abgeleitete Größen.
Aus der wellenförmig verlaufenden Eigenbewegung der helleren Komponente, Sirius A, wurde
auf das Vorhandensein eines Begleiters geschlossen, bevor diese lichtschwache Komponente des
Doppelsternsystems optisch nachgewiesen werden konnte.
Berechnung der Leuchtkraft aus der scheinbaren Helligkeit
Helligkeiten werden in der Astronomie in Größenklassen (Magnitudines) gemessen. Man hat
dabei das griechische System, wonach die hellsten Sterne der ersten Größenklasse und die
schwächsten, gerade noch mit blossem Auge sichtbaren Sterne der sechsten Größenklasse angehören, weitgehend übernommen, und durch folgende Definition präzisiert:
m1 − m2 = −2.5 log
Φ1
.
Φ2
(13)
1
Zwei Sterne, deren Lichtstromverhältnis Φ
Φ2 beträgt, unterscheiden sich also um m 1 −m2 Größenklassen. Zur Eichung der Skala dient eine Reihe genau photometrisch bestimmter Sterne um den
Polarstern.
Helligkeiten werden zunächst in einem bestimmten Spektralbereich gemessen, der anzugeben ist.
So entspricht die visuelle Helligkeit eines Sternes der Helligkeit, die das Auge empfinden würde
(Empfindlichkeitsmaximum bei 550 nm). Photographische Helligkeiten werden im blauen Spektralbereich gemessen und entsprechen etwa der Helligkeit, die auf (blauempfindlichen) Filmen
registriert wird. Gelegentlich braucht man aber ein Maß für die über den ganzen Spektralbereich
emittierte Strahlung, die sogenannte bolometrische Helligkeit. Bolometrische Helligkeiten lassen
sich auf der Erde nicht unmittelbar messen, weil die Erdatmosphäre nicht in allen Spektralbereichen durchlässig ist und Photometer nur in jeweils begrenzten Spektralbereichen sensitiv
sind. Man erhält bolometrische Sternhelligkeiten aus visuellen durch Anbringen der bolometrischen Korrektion, die vom Spektraltyp des Sterns abhängt. Der Spektraltyp hängt wiederum
mit der Wellenlänge zusammen, bei der das Intensitätsmaximum liegt, und ist eine Funktion
von Temperatur und chemischer Zusammensetzung. Es gilt:
mbol = mvis − bol.Korr. ,
(14)
wobei die bolometrische Korrektion aus der folgenden Tabelle entnommen werden kann (nach
Definition ist die Korrektion für die Sonne = 0):
Tabelle 2: Bolometrische Korrektion für verschiedene Spektraltypen.
A0
A5
F0
F5
G0
G5
K0
K5 M0 M5
0.10 0.03 -0.07 -0.07 -0.01 0.02 0.12 0.55 1.10 2.48
Die scheinbare Helligkeit eines Sternes ist aber kein Maß für seine absolute Strahlungsleistung.
Bei gleicher absoluter Helligkeit wird derjenige Stern, der der Erde am nächsten steht, die größte
scheinbare Leuchtkraft haben. Um die absolute Helligkeit M eines Sterns zu erhalten, rechnet
man seine scheinbare Helligkeit auf die Standardentfernung von 10 pc um (man muss dazu allerdings seine Entfernung kennen). Die Differenz m − M ist ein Maß für die Entfernung und wird
Entfernungsmodul genannt. Es gilt:
m − M = −2.5 log
Φ(r)
102
1
= −2.5 log 2 = −5 + 5 log r = −5 + 5 log .
Φ(10pc)
r
Π
(15)
Da die Sonne 1/206265 pc von der Erde entfernt ist und ihre scheinbare bolometrische Helligkeit
-26.78 Größenklassen beträgt, erhält man für die absolute bolometrische Helligkeit der Sonne:
Mbol, = 4.79m . Wenn L die Leuchtkraft eines Sterns der absoluten bolometrischen Helligkeit
Mbol und L , Mbol, die entsprechenden Größen für die Sonne sind, dann ist
Mbol − Mbol, = −2.5 log
L
,
L
(16)
bzw. nach den Leuchtkräften aufgelöst:
L
= 10−0.4(Mbol −Mbol, ) .
L
(17)
Die theoretische Masse-Leuchtkraft-Beziehung
Wenn man eine theoretische Masse-Leuchtkraft-Beziehung herleiten will, müsste man eigentlich
die Physik der Hauptreihensterne in vielen Einzelheiten kennen: Energieerzeugung, Energietransport, Aufbau, Druck, Dichte, Temperatur, etc. an jeder Stelle im Sterninneren. Die mit
Hilfe von aufwendigen Sternmodellrechnungen berechnete Masse-Leuchtkraft-Beziehung stellt
die Beobachtung gut dar. Wir wollen uns hier mit einer groben Abschätzung begnügen, die auf
einer Reihe von stark vereinfachenden Annahmen beruht.
Wir nehmen an, dass sich der Stern im hydrostatischen Gleichgewicht befindet, d.h. dass die
Gravitation durch den Gasdruck pG ausgeglichen wird:
M2
m Gm
∂pG
= −ρg = − 3 2 → pG (r = R) ∼ 4 .
∂r
r r
R
(18)
Ferner nehmen wir an, dass es sich bei der Sternmaterie um ein ideales Gas handelt:
pG ∼ ρT ∼
pG R 3
MT
→
T
∼
.
R3
M
(19)
Die im Zentrum erzeugte Energie soll ausschließlich durch Strahlung nach außen transportiert
werden (in Wahrheit geschieht der Energietransport im Sterninnern zumindest teilweise durch
Konvektion). Die ”treibende Kraft” ist dabei der Strahlungsdruck p S . Die Strahlung, die durch
die Oberfläche 4πR2 hindurchtritt, trägt folgendermaßen zur Leuchtkraft L bei:
L = −α4πR2
dpS
.
dr
(20)
Die Proportionalitätskonstante α ist ein Maß für die mittlere freie Weglänge der Photonen, man
kann also α ∼ 1/ρ = R3 /M ansetzen. Wenn wir Schwarzkörperstrahlung annehmen, gilt für den
Strahlungsdruck pS = 4/3σT 4 /c (σ aus Stefan-Boltzmann-Gesetz, c ist die Lichtgeschwindigkeit), oder
dpS
16σ 3 dT
=
T
.
(21)
dr
3c
dr
T
Den Temperaturgradienten dT
dr nehmen wir stark vereinfachend als konstant zu R an. Setzt man
jetzt (12) in (13), (13) in (15) und (15) in (14) ein, so erhält man die genäherte theoretische
Masse-Leuchtkraft-Beziehung L ∝ M 3 .
Aufgaben
1. Man bestimme die Bahnelemente der sechs visuellen Doppelsternpaare aus den
gegebenen Relativmessungen und berechne daraus zunächst die Massensumme der
Komponenten, dann die Einzelmassen.
2. Man berechne aus den visuellen Helligkeiten der Sterne und ihrer Parallaxe die
absoluten bolometrischen Helligkeiten und Leuchtkräfte.
3. Man trage das Leuchtkraftverhältnis log (L Stern /L ) gegen das Massenverhältnis
log (MStern /M ) auf. Aus der Steigung einer Ausgleichsgerade lässt sich der Koeffizient β der Masse-Leuchtkraft-Beziehung L ∝ M β bestimmen. Man vergleiche das
Resultat mit der theoretischen Abschätzung.
Durchführung
zu 1. :
Die Auswertung kann entweder graphisch auf Ausdrucken 2 der Daten oder numerisch am Computer durchgeführt werden. Die Bearbeitung am Computer erfolgt mit den selben Schritten, die
in entsprechenden Programmen3 abgearbeitet werden müssen. Im Anhang A finden sich Tipps
zur Umsetzung am Computer.
ξ
R+
η
0
+Z
A
P+
+
0
Abbildung 3: Konstruktion der Bahnelemente
a) Man passe eine Ellipse möglichst gut an die beobachteten Daten an. Das zweite Keplersche
Gesetz (Flächensatz: Der Radiusvektor mit Ursprung bei der helleren Komponente A muss in
gleichen Zeiten gleiche Flächen überstreichen) muss erfüllt sein. Der Flächensatz gilt auch für
die scheinbare Bahn, weil durch die Projektion nur die Absolutflächen geändert werden, die
Flächenverhältnisse aber erhalten bleiben.
b) Bestimmung der Periodendauer P : Aus dem Verhältnis der Fläche, die der Radiusvektor
innerhalb bestimmter Zeit überstreicht, zur Gesamtfläche der Ellipse ergibt sich die Umlaufzeit
von B um A.
c) Man konstruiere den Mittelpunkt Z und die Halbachsen der scheinbaren Ellipse. Die verlängerte Verbindung von Z nach A schneidet die Ellipse in P , dem Punkt des Periastrons. Man schätze
den Zeitpunkt des Periastrondurchganges aus der Zeichnung oder ermittle ihn aus Flächenmessungen.
d) Das Verhältnis der Länge der Strecken ZA und ZP ergibt die numerische Exzentrizität e der
wahren Bahn.
e) Man lege ein neues kartesisches Koordinatensystem (ξ, η) durch den Mittelpunkt Z. Orientierung: ξ positiv nach oben (Norden), η positiv nach links (Osten), Skala in Bogensekunden.
2
3
Oder von Hand gezeichneten Graphen
Ein Teil der Programme wird bereitgestellt.
f) Nun konstruiere man die Projektion der kleinen Halbachse der wahren Bahn. Dazu zeichne
man Parallelen zu ZP (Projektionen der grossen Halbachse) und markiere auf ihnen den Mittelpunkt zwischen den Schnittpunkten der Paralleln mit der scheinbaren Ellipse. Die Verbindung
der Mittelpunkte ist die gesuchte kleine Halbachse.
g) Mit R werde der Schnittpunkt der wahren kleinen Halbachse mit der scheinbaren Ellipse bezeichnet, der nach dem Periastrondurchgang zuerst durchlaufen wird. Die Koordinaten der Punkte P und R im ξ-η-System stehen in unmittelbarer Beziehung zu den Thiele-Innes-Elementen
A, B, F, G, denn es gilt: P = (A, B) und R= (F cos Φ, G sin Φ), mit dem Exzentrizitätswinkel
Φ = arcsin e (Vorzeichen beachten !). Mit den so erhaltenen Werten für A, B, F, G in Bogensekunden berechne man die klassischen Elemente aus den Gleichungen (8)-(11). Die Massensumme
der beiden Komponenten wird dann aus den Werten für die grossse Halbachse a und der Periodendauer P aus Gleichung (3) berechnet. Die Parallaxen findet man in Tabelle 1.
h) Man bestimme die Einzelmassen der jeweiligen Komponenten mit dem Massenverhältnis
ebenfalls aus Tabelle 1.
Literatur
J.Honerkamp, H.Römer, Grundlagen der klassischen theoretischen Physik, Springer, 1986, S. 30ff
H.Scheffler, H.Elsässer, Physik der Sterne und der Sonne, BI-Verlag, 1984, S. 63ff, 93ff, 434ff
F.Gondolatsch, G.Groschopf, O.Zimmermann, Astronomie II, Klett, 1979
P.Couteau, Observing Visual Double Stars, MIT Press Cambraidge, 1981, S. 358ff, 377ff
R.G.Aitken, The Binary Stars, Dover, 1964, S. 70-125
C.E.Worley, W.D.Heintz, Fourth Catalog of Orbits of visual Binary Stars, Publications of the
USNO, 2nd Series, 24, Part 7, Washington, 1983
(Version: 14.5.2003, C.Beck.)
Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik
Schöneckstr. 6, D-79104 Freiburg
Anhang A
Tipps zur numerischen Bearbeitung 4 :
a) Die IDL-Routine elli fit.pro kann zur Bestimmung der Parameter der scheinbaren Ellipse und
ihres Drehwinkels im Raum benutzt werden. Geeignete Startwerte für den Fit sind
start = [2,5,7,0.7,45/180·π] für Sirius und start = [1,.5,4,0.7,145/180·π] für alle anderen Systeme.
b) Der Drehwinkel im Raum kann benutzt werden, um die Daten in Normalenform zu bringen
(große Halbachse in x-Richtung).
c) Zur Berechnung von Schnittpunkten empfiehlt es sich, die Ellipse als Funktion y Ellipse (x), und
Geraden als yGerade (x) = y0 + m·x darzustellen und gleichzusetzen.
d) Die Berechnung der Sektorenfläche zur Bestimmung der Umlaufdauer ist die größte Schwierigkeit. Finden Sie entweder eine geeignete Näherung, oder wählen sie eine geometrische Situation,
in der man die Berechnung auf Dreiecksflächen zurückführen kann.
Abbildung 4 : Bahnen der Systeme in Normalenform
4
Ein Beispielprogramm liegt unter ml calc.pro vor. Nach Möglichkeit sollten die Programmschritte aber
zunächst selbst entwickelt werden.
Anhang B
Jahr
1940
1941
1942
1943
1944
1945
1946
1947
1948
1949
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
Sirius
Abstand
4.45700
3.58900
2.85300
2.52700
2.74800
3.17500
3.51000
3.75800
4.00200
4.28800
4.63000
5.01900
5.44200
5.88500
6.33600
6.78700
7.22900
7.65900
8.07300
8.46700
8.84100
9.19100
9.51800
9.81900
10.0940
10.3430
10.5630
10.7560
10.9190
11.0530
11.1560
11.2280
11.2680
11.2740
11.2460
11.1830
11.0830
10.9440
10.7650
10.5440
10.2790
9.96800
9.60600
9.19200
8.72200
8.19100
7.59700
6.93300
6.19900
Φ
3.47000
348.660
325.250
291.260
256.240
229.150
208.070
190.180
174.440
160.630
148.690
138.500
129.840
122.460
116.110
110.620
105.800
101.530
97.7100
94.2500
91.0900
88.1800
85.4800
82.9500
80.5700
78.3000
76.1400
74.0600
72.0500
70.0900
68.1700
66.2800
64.4200
62.5600
60.6900
58.8100
56.9100
54.9600
52.9500
50.8700
48.6900
46.3800
43.9200
41.2400
38.3000
34.9000
31.2000
26.7100
21.2200
Jahr
1900
1901
1902
1903
1904
1905
1906
1907
1908
1909
1910
1911
1912
1913
1914
1915
1916
1917
1918
1919
1920
1921
1922
1923
1924
1925
1926
1927
1928
1929
1930
1931
1932
1933
1934
1935
1936
1937
1938
1939
1940
1941
1942
1943
1944
Krueger 60
Abstand Φ
3.32400
136.610
3.34500
132.900
3.35600
129.230
3.35700
125.570
3.34800
121.900
3.32900
118.200
3.30000
114.440
3.26100
110.610
3.21300
106.670
3.15500
102.600
3.08800
98.3600
3.01200
93.9300
2.92700
89.2500
2.83400
84.2800
2.73200
78.9500
2.62200
73.1900
2.50500
66.9100
2.38100
59.9900
2.25100
52.2900
2.11700
43.6300
1.98100
33.7900
1.84500
22.5000
1.71500
9.45000
1.59500
354.340
1.49500
336.990
1.42600
317.550
1.40100
296.760
1.42900
276.010
1.51000
256.770
1.63200
239.960
1.77900
225.720
1.93900
213.750
2.10100
203.620
2.26000
194.940
2.41100
187.360
2.55200
180.660
2.68200
174.630
2.80100
169.140
2.90800
164.080
3.00300
159.350
3.08600
154.900
3.15800
150.670
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146.610
3.26800
142.690
3.30600
138.870
Jahr
1840
1845
1850
1855
1860
1865
1870
1875
1880
1885
1890
1895
1900
1905
1910
1915
1920
1925
1930
1935
1940
1945
1950
1955
1960
1965
1970
1975
1980
1985
ξ Bootis
Abstand Φ
6.99400
324.530
6.80000
320.580
6.55100
316.360
6.25100
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5.50600
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4.61100
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4.13600
276.270
3.67200
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3.25600
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2.93200
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204.500
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2.27500
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2.12700
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2.45400
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3.12200
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27.0000
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8.47000
5.72300
2.15000
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356.840
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347.950
7.01700
344.020
7.15200
340.280
7.21900
336.640
7.22100
333.040
7.16100
329.410
Jahr
1900
1901
1902
1903
1904
1905
1906
1907
1908
1909
1910
1911
1912
1913
1914
1915
1916
1917
1918
1919
1920
1921
1922
1923
1924
1925
1926
1927
1928
1929
1930
1931
1932
1933
1934
1935
1936
1937
1938
1939
1940
Procyon
Abstand Φ
5.02600
336.340
5.07200
341.690
5.10600
346.950
5.13100
352.150
5.14900
357.310
5.16100
2.44000
5.16800
7.55000
5.17100
12.6500
5.16900
17.7500
5.16300
22.8600
5.15300
27.9800
5.13700
33.1300
5.11500
38.3200
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5.04600
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321.520
4.91800
327.250
4.98900
332.810
Jahr
1900
1902
1904
1906
1908
1910
1912
1914
1916
1918
1920
1922
1924
1926
1928
1930
1932
1934
1936
1938
1940
1942
1944
1946
1948
1950
1952
1954
1956
1958
1960
1962
1964
1966
1968
1970
1972
1974
1976
1978
1980
1982
1984
1986
1988
70 Ophiuchi
Abstand Φ
1.63600
252.920
1.54400
221.850
1.77700
193.450
2.23300
174.090
2.76700
161.830
3.30600
153.570
3.82100
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139.280
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136.170
5.46400
133.470
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131.070
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128.900
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126.890
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125.000
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123.200
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118.110
6.73100
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103.250
5.43300
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5.12600
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4.79100
95.0300
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4.04200
87.2500
3.63700
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3.22100
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2.80900
67.3000
2.42600
56.1700
2.11100
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1.92000
22.4200
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1.33000
2.01900
341.380
2.19900
324.360
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309.610
2.23300
295.160
1.96700
278.150
1.65300
254.730
α
Jahr
1900
1902
1904
1906
1908
1910
1912
1914
1916
1918
1920
1922
1924
1926
1928
1930
1932
1934
1936
1938
1940
1942
1944
1946
1948
1950
1952
1954
1956
1958
1960
1962
1964
1966
1968
1970
1972
1974
1976
1978
Centauri
Abstand
21.7060
21.6640
21.4270
21.0110
20.4320
19.7020
18.8340
17.8390
16.7270
15.5090
14.1970
12.8020
11.3390
9.83000
8.30300
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4.40900
4.00500
4.42700
5.45700
6.75800
8.09300
9.28400
10.1460
10.4330
9.80400
7.87800
4.60900
1.70700
4.71200
8.45500
11.6830
14.3450
16.4930
18.1930
19.5020
20.4710
21.1400
21.5430
AB
Φ
209.440
210.380
211.330
212.310
213.340
214.430
215.620
216.940
218.420
220.120
222.130
224.550
227.600
231.560
236.980
244.810
256.790
275.480
301.330
327.050
345.620
357.650
5.72000
11.5700
16.2300
20.3600
24.6000
30.1700
42.0000
114.460
182.840
193.820
198.260
200.870
202.730
204.200
205.440
206.550
207.570
208.530
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