3. Versuch: Fadenpendel - Physik

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Physikpraktikum für Pharmazeuten
Universität Regensburg
Fakultät Physik
3. Versuch: Fadenpendel
In diesem Versuch werden Sie mit den mechanischen Grundlagen vertraut gemacht. Anhand eines Fadenpendels bestimmen Sie die Erdbeschleunigung g.
1 Einführung
In diesem Versuch werden wir, was wir bisher über Statistik und Fehlerrechnung gelernt
haben, zur Analyse eines physikalischen Experiments anwenden. Wir beginnen mit einem
der frühesten Experiment, die in der Physik untersucht wurden, dem Pendel. Es besteht
einfach aus einem relativ kompakten und dichten Objekt mit der Masse m, das an einem
leichten Draht mit konstanter Länge l aufgehängt ist und sich leicht um seine Ruhelage
herum bewegt. Galileo Galilei fand bereits 1592 heraus, dass, wenn die Auslenkung
klein genug ist (ein paar Grad), alle Oszillationen die selbe Zeit benötigen. Aufgrund
Galileos Beobachtungen wurde das Pendel als eine Uhr benutzt und war bis 1930 (!)
die genaueste Technologie zur Messung der Zeit. Das Pendel ist das erste Beispiel für
einen harmonischen Oszillator, ein Konzept, welches allgegenwärtig in der Physik ist. Ein
großer Teil von in der Physik untersuchten Systemen kann als harmonischer Oszillator
modelliert werden (z.B. Massen an Federn, Radioantennen, Erdbeben, RLC Schaltungen,
atomare Übergänge, Vibrationen in Kristallen, Quantenpunkte, Elektronen in starken
Magnetfelder, etc., etc.).
Dies ist das erste physikalische System, dem Sie begegnen. Daher müssen wir zuerst einige
Grundlagen von physikalischen Konzepten überdenken. Eigentlich brauchen wir nur ein
Prinzip, das Zweite Newtonsche Gesetz oder Grundgesetz der Dynamik. Sie haben es
vielleicht bereits in der Schule kennengelernt, wo es „F=ma“ genannt wurde. F=ma ist
alles das Sie sich (im Umfang dieses Praktikums) über Mechanik merken müssen. Das
ist alles. Es ist wirklich nicht viel, behalten Sie es bitte daher gut im Gedächtnis. Wir
werden dem Gesetz im Versuch 4 wieder begegnen.
Für diesen Versuch müssen Sie die Konzepte der Fehleranalyse und Fehlerfortpflanzung
verstanden haben (siehe dazu Versuch 1). Wir starten daher mit einer einführenden
Aufgabe zur Berechnung des Fehlers der Dichte eines gegebenen Materials. Um sich
angemessen auf diesen Versuch vorzubereiten, lesen Sie bitte dieses und das Skript des
ersten Versuches.
2
2 Theorie
2.1 Dichteberechnung eines Körpers
Die Dichte ρ eines Körpers ist definiert als der Quotient aus der Masse m und dem
Volumen V
m
kg
ρ=
.
(2.1)
=
V
m3
Das Volumen eines Zylinders setzt sich aus der kreisförmigen Grundfläche und der Höhe
des Zylinders zusammen:
V = Fläche × Höhe = A × h = πr2 h.
(2.2)
Die Dichte wird standardmäßig in der Einheit kg/m3 angegeben, jedoch können auch
andere Größen, wie zum Beispiel 1 g/cm3 ≡ 1000 kg/m3 verwendet werden, die einen
zusätzlichen Umrechnungsfaktor aufweisen.
Die Präzisionswaage erlaubt eine genaue Messung des Gewichts und wird Ihnen von
den Betreuern vor dem Versuch erklärt. Nach der Formel 2.1 kann die Dichte berechnet
werden. Hierbei ist auf die Umrechnung der Einheiten zu achten.
Um den Fehler der Dichte zu berechnen, benutzen wir die Regel der Summe der
Relativfehler für das Produkt und die Division, die im ersten Versuch erklärt wurde 1 .
Deswegen ist der Relativfehler für die Dichte ρp eines Parallelepipeds mit Kanten a, b,
c:
∆ρp ∆m ∆a ∆b ∆c +
+
+
,
(2.3)
=
ρp
m a b c und für die Dichte ρz eines Zylinders mit Höhe h und Radius r:
∆m ∆ρz
+ 2 ∆r + ∆h .
= ρz
m
r
h (2.4)
Der relative Fehler wird im Ergebnis immer in Prozent angegeben. Der absolute Fehler
für diese Rechnung ergibt sich aus der Multiplikation des relativen Fehlers mit dem
Zahlenwert der Dichte.
1
Wiederholung: Der Relativfehler eines Produkts (oder einer Division) ist die Summe der Faktoren
(oder des Dividends und des Divisors). Zum Beispiel, wenn
y=
dann
a1 a2 a3 ...
,
b1 b2 b3 ...
∆a1 ∆a2 ∆a3 ∆y
+
+
+ ... + ∆b1 + ∆b2 + ∆b3 ...,
= b1 b 2 b3 y
a1 a2 a3 wobei ai und bi die Größen sind und ∆ai und ∆bi ihre Fehler.
3
2.2 Das Fadenpendel
Ein Fadenpendel (auch mathematisches Pendel genannt) ist einfach ein Körper der Masse m, der am Ende eines Faden (mit vernachlässigbarer Masse) befestigt ist. Wenn der
Körper aus dem Massenmittelpunktes am tiefsten Punkt ausgelenkt wird, beginnt der
Körper bzw. das Pendel zurück in die Ruhelage zu schwingen. Durch den Schwung bewegt sich der Körper weiter zu einem zweiten Umkehrpunkt, bevor sich die Bewegung
wiederholt. Im idealen Fall ohne Reibung würde dieser Ablauf unendlich lange andauern.
Jedoch in unserem Fall im Labor wird die Bewegung bei jedem Durchlauf abgebremst
bis sich der Körper wieder in der Ruhelage befindet.
Die verschiedenen Kräfte die auf den Körper wirken, werden in Abb. 2.1 dargestellt.
Diese sind zum Einen die Gewichtskraft G und zum Anderen die Spannungskraft des
Fadens R. Der Betrag der Gewichtskraft G zeigt immer nach unten in Richtung Erdmittelpunkt und ist für den Körper immer gleich groß. Die Gewichtskraft |G| = mg hängt
dabei nur von der Masse des Körpers m und der Erdbeschleunigung g = 9, 81 m/s2 ab.
Die Gewichtskraft kann dabei in zwei Komponenten zerlegt werden: die longitudinale
𝛼
𝑅
m
𝐺𝑡
𝐺𝑙
𝐺
Abbildung 2.1: Die verschiedenen Kräfte eines Fadenpendels.
Komponente Gl parallel zum Faden und eine transversale Komponente Gt , die senkrecht zum Fadens liegt. Die Komponente entlang des Fadens Gl wird komplett von der
Spannungskraft R ausgeglichen. Die senkrechte Komponente Gt verursacht hingegen eine Beschleunigung der Masse zum Ruhemittelpunkt. Der Betrag dieser Kraft ist gegeben
durch
|Gt | = mg sin α,
(2.5)
wobei der Winkel α dem Auslenkwinkel des Fadens vom Ruhepunkt entspricht. Das
4
zweite Gesetz von Newton
F = ma
(2.6)
beschreibt, dass die Änderung einer Bewegung durch eine Kraft F verursacht wird, wobei
a die Beschleunigung und m die Masse des Körpers ist. Diese Gleichung lässt sich für
die beschleunigende, transversale Komponente ebenfalls schreiben als
Gt = mat .
(2.7)
Diese Kraft kann durch die Formel 2.5 ersetzt werden und man erhält folgende Gleichung:
m
m
(2.8)
at (t) = −
g sin α(t),
in der wir das Minus-Vorzeichen benutzen, weil die Auslenkung α · l entgegengesetzt
der transversalen Komponente der Beschleunigung Gt ist. Der Winkel des Fadens und
die Beschleunigung hängen dabei von der Zeit t ab. Die Masse des Körpers m kommt
auf beiden Seiten der Gleichung vor und kann deshalb gekürzt werden. Dies bedeutet,
dass die Bewegung des Fadens unabhängig von der Masse des Körpers ist. Für kleine
(α < 10◦ ) Auslenkwinkel hängt die Periodendauer T für eine Schwingung nur noch von
der Länge des Fadens ab2 :
s
l
.
(2.9)
T = 2π
g
2.3 Aufbau
In dem zweiten Teil des Versuchs wird die Periodendauer T der Schwingung des Pendels
als Funktion der Pendellänge l gemessen. Bei dem Pendel wird auf Grund der Aufhängung angenommen, dass es reibungsfrei schwingen kann. Die Reibung des Fadens und
der Widerstand der Luft ist äußerst gering und kann daher vernachlässigt werden. Das
Fadenpendel ist wie in Abb. 2.1 aufgebaut.
2.4 Bestimmung der Erdbeschleunigung mithilfe des Graphens
der Messwerte
Die Länge des Fadens l kann in einem Graphen auf der x-Achse und die Periodendauer T
auf der y-Achse aufgetragen werden. Die resultierende Kurve zeigt dabei eine gekrümmte
Form (Abb. 2.2). Die Krümmung der Kurve deutet darauf hin, dass kein linearer Zusammenhang zwischen der Periodendauer und der Länge des Fadens besteht.
2
−g sin(α) =
d2
x
dt2
d2
(lα). Weil
dt2
d2
schreiben: dt
2 α(t) =
≈
für kleine Winkel sin α ≈ α gilt, kann man die folgende Differenti-
algleichung
− gl α(t), wobei der Winkel α eine Funktion der Zeit ist. Die Lösung
p
dieser Gleichung ist bekannt: α(t) = c1 sin( gl t + c2 ), wobei c1 und c2 zwei Integrationskonstanten
pg
1
sind. Für eine solche Funktion der Zeit ist die Frequenz durch f = 2π
und deswegen die Periode
l
durch T = 2π
q
l
g
gegeben.
5
Nach Formel
√2.9 aus der Vorbereitung besteht für ein Fadenpendel folgender Zusammenhang: T ∼ l. Durch Quadrieren dieses Ausdrucks und durch Auftragen des Quadrats
der Periodendauer T 2 auf der y-Achse und der Länge l auf der x-Achse erhält man einen
geraden Verlauf des Graphen (Abb. 2.3)).
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, wie die Werte voneinander abhängig sein können. Dieser neue quadratische Zusammenhang zwischen den beiden Größen kann in
einem weiteren Graphen sichtbar gemacht werden. Dazu wird einfach eine weitere Spalte in Qti-Plot eingefügt, die mittels der Funktion „Spaltenwert setzen” versehen wird.
Die Werte für T werden dabei in der neuen Spalte quadriert. Der neue Graph aus dem
Quadrat der Periodendauer und der Fadenlänge sollte nun eine Gerade ergeben. Dabei
ist auf die geänderte Achsenbeschriftung zu achten.
Abbildung 2.2: Gekrümmter Verlauf der Periodendauer T in Bezug zur Fadenlänge l.
Mithilfe der Abbildung 2.3 kann die Erdbeschleunigung g [m/s2 ] bestimmt werden. Das
Quadrat der Periodendauer ist nach obiger Formel (Gl. 2.9):
T2 =
4π 2
l.
g
6
(2.10)
Abbildung 2.3: Linearer Zusammenhang zwischen dem Quadrat der Periodendauer T 2
und der Fadenlänge l.
Ersetzt man nun die Periodendauer T 2 = y und die Fadenlänge l = x so entsteht
zwischen den Größen x und y folgender, linearer Zusammenhang:
y=
4π 2
x.
g
(2.11)
Dabei entspricht der Bruch vor dem x dem Anstieg des Graphen und wird als Steigung
2
A = 4πg bezeichnet.
• Bestimmen Sie mithilfe der Qti-Plot Funktion Analyse - Linearer Fit die Steigung
A der Graphen und dessen Fehler.
Durch Umformen der Gleichung 2.11 kann die Erdbeschleunigung berechnet werden:
g=
4π 2
.
A
7
(2.12)
3 Versuchsdurchführung
3.1 Hinweise für den Messvorgang
Die Pendellänge wird in diesem Versuch zwischen 10 und 90 cm variiert und lässt sich
durch eine cm-Skala sehr gut einstellen. Die menschliche Reaktionszeit beim Bedienen
der Stoppuhr verursacht den größten Messfehler. Die Reaktionszeit ist eine Zufallsvariable, die einen zufälligen Fehler verursacht. Im ersten Versuch haben wir gelernt, dass der
zufällige Fehler mit der Standardabweichung von wiederholten Messungen dargestellt
werden kann.
Als erster Schritt dieses Versuchsteils sollen Sie zehn Mal die Dauer einer einzelnen
Pendelbewegung bestimmen. Der darstellerische Wert für die Periode T ist der Mittelwert aus den 10 Einzelbewegungen. Der Fehler der Standardabweichung liegt normalerweise zwischen 0,1 s und 0,3 s. Dieser Fehler kann reduziert werden, wenn statt einer
Einzelnen zehn aufeinanderfolgende Pendelbewegungen gemessen werden. Der Fehler für
die gesamte Messung (d.h. 10 Pendelschwingungen) ist derselbe, jedoch reduziert sich
der Fehler pro Pendelbewegung auf ein Zehntel (y = 0, 1x → ∆y = 0, 1∆x).
Im letzten Teil des Versuchs sollen Sie die Periode der Pendelbewegungen für zehn
verschiedene Längen messen. Bitte messen Sie für jede Länge zehn aufeinanderfolgende
Pendelbewegungen und tragen sie 1/10 der Messwerte in QTI ein. Die Messung der Zeit
geschieht über die bereitgestellten Stoppuhren.
Wichtig für die Messungen sind außerdem folgende Punkte:
• Lenken Sie das Pendel nicht zu weit aus. Für die Messungen sind kleine Amplituden
notwendig, daher reicht eine Auslenkung um etwa 10 Grad.
• Die effektive Länge des Pendels besteht nicht nur aus der Fadenlänge, sondern auch
noch aus dem halben Durchmesser der Kugel (bis zum Mittelpunkt der Masse).
3.2 Aufgaben
Teil I
• Berechnen Sie mithilfe der Formeln 2.3 und 2.4 die Dichte eines Kupfer- und
Aluminiumstücks inklusive der Fehlerrechnung und vergleichen Sie diese mit den
Literaturwerten von Ihren Betreuern.
Teil II
• Für l = 50 cm, messen Sie 10 mal die Zeit einer einzelnen Pendelbewegungen und
bestimmen Sie den Mittelwert und die Standardabweichung (mithilfe einer Qti-
8
Plot Tabelle und der Spaltenfunktion Spaltenstatistik). Das ist der typische Fehler
für Ihre einzelne Messung (ist er zufällig oder maximal?)
Teil III
• Messen Sie jetzt für l = 50 cm 10 mal eine Sequenz von 10 Oszillationen (insgesamt also 10·10=100 Oszillationen). Bilden Sie für jede Sequenz den Mittelwert.
Sie werden 10 Mittelwerte haben. Bestimmen Sie den Mittelwert und die Standardabweichung für die 10 Mittelwerte. Wie ist die Standardabweichung im Vergleich
zum vorherigen Abschnitt?
• Wieso verringert sich der Fehler bei der Messung über mehrere Schwingungen?
• Führen Sie für jede Fadenlänge zwischen 10 und 90 cm (in 10 cm-Schritten) eine
Messung der Zeit von einer Sequenz von 10 Schwingungen aus und bestimmen Sie
die dafür benötigte durchschnittliche Zeit für 1 Schwingung. Stellen Sie das Ergebnis in einem Graphen mit der x-Achse (Fadenlänge l) und y-Achse (Pendeldauer
T 2 ) dar (T 2 [s2 ] gegen l [m], siehe Abb. 2.3) und bestimmen Sie die Erdbeschleunigung aus dem Graphen mithilfe von Gl. 2.9. Vergleichen Sie den ermittelten Wert
mit dem Literaturwert.
3.3 Protokoll/Versuchsmitschrift
Nach jedem Praktikumsversuch muss von jedem Praktikant ein Protokoll angefertigt
werden. Das Protokoll sollte immer so geschrieben sein, dass es für sich selbst steht und
auch ohne Anleitung noch erkennbar ist, welches Thema behandelt wurde und wie der
Versuch ablief (Überschriften!!!).
In der Regel wird vor jedem Versuch durch die Betreuer eine Einführung zum Thema
gegeben und eventuelle Aufbauten erklärt. In der Auswertung sollten die verwendeten
Formeln stehen, Rechenwege und Ergebnisse gezeigt werden. Abschließend wird das Ergebnis noch erklärt oder begründet.
Das Protokoll wird noch während des Praktikumversuchs erstellt und am Ende den
Betreuern zur Durchsicht übergeben. Es kann handschriftlich oder per Computern im
Praktikum erstellt werden - je nach Vorliebe des Praktikanten. Diagramme, Graphen
oder Tabellen können über die Drucker im Praktikumsraum gedruckt werden.
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