Sanierung von Bürohochhäusern der 1960er und 1970er Jahre

Werbung
Sanierung von Bürohochhäusern der 1960er und 1970er Jahre
Möglichkeiten bau- und betriebskostenoptimierter, komfort- und
energiegerechter Sanierung mit gläsernen Vorsatzschalen
von der Fakultät Architektur, Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften
der Technischen Universität Carolo Wilhelmina
zu Braunschweig
zur Erlangung der Würde eines
Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.)
genehmigte
Dissertation
von Dipl.-Ing. Architekt Matthias Rozynski
aus Hagen
Eingereicht am: 16.07.2004
Mündliche Prüfung am: 24.04.2006
Referent: Prof. Dr.-Ing. M. Norbert Fisch
Referent: Prof. Werner Kaag
2006
Sanierung von Bürohochhäusern der 1960er und 1970er Jahre
i
Inhaltsverzeichnis
1
Entwicklung der Hochhausarchitektur
1
2
Stand der Technik, Gebäudebestand und Sanierungspotenzial
3
2.1
2.1.1
2.1.2
2.1.3
2.1.4
2.2
2.2.1
2.2.2
2.2.3
2.2.4
2.3
2.3.1
2.3.2
2.4
2.4.1
2.4.2
2.4.3
2.4.4
2.4.5
Bauwerk
Rohbau
Ausbau
Fassaden
Sanierungspotenzial des Bauwerks
Gebäudetechnik
Heizung, Lüftung und Klimatechnik
Sanierungspotenzial der Lüftungs- und Klimatechnik
Medienversorgung, Kunstlicht
Sanierungspotenzial der Kunstlichtanlage
Sick Building Syndrom
Gesundheits- und Befindensstörungen in klimatisierten Gebäuden
Sanierungspotenzial zur Vermeidung des Sick Building Syndroms
Wirtschaftlichkeit
Flächenkennwerte
Baukosten
Energieverbrauch
Betriebskosten
Wirtschaftliches Sanierungspotenzial
3
3
4
5
10
11
11
14
14
16
17
17
18
19
19
23
26
28
31
3
Ausgangspunkt und Ziel der Arbeit
31
4
Evaluierung von Sanierungsvorhaben
33
4.1
4.1.1
4.1.2
4.1.3
4.1.4
4.2
4.2.1
4.2.2
4.2.3
4.2.4
4.3
4.3.1
4.3.2
4.4
4.4.1
4.4.2
4.4.3
4.4.4
Kreisverwaltung Bad Segeberg
Projektbeschreibung
Wirtschaftlichkeit
Komfortumfrage
Vergleich mit den Sanierungszielen
R+V Versicherung Domstraße Hamburg
Projektbeschreibung
Wirtschaftlichkeit
Komfortumfrage
Vergleich mit den Sanierungszielen
Demonstrationsvorhaben „BS4“ der TU Braunschweig
Projektbeschreibung
Wirtschaftlichkeit
Gegenüberstellung der Gebäude
Gebäudekenndaten im Vergleich
Sanierungskonzepte im Vergleich
Wirtschaftlichkeit im Vergleich
Komfortkriterien im Vergleich
34
34
41
45
50
51
51
55
58
61
61
61
66
71
72
72
74
78
ii
Sanierung von Bürohochhäusern der 1960er und 1970er Jahre
5
Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
5.1
5.2
5.2.1
5.2.2
5.2.3
5.3
5.4
5.4.1
5.4.2
5.4.3
5.4.4
5.4.5
5.5
5.6
5.7
Randbedingungen
Immissions- und Witterungsschutz
Dämpfung des Winddrucks
Schlagregenschutz und Kondensatbildung
Schallschutz
Luftwechsel
Sommerliche Überhitzung
Temperaturen im Fassadenzwischenraum
Lüftungsstrategie
Öffnungsgrößen
Speichermassenaktivierung
Wärmebilanz
Winterlicher Wärmeschutz
PV-Integration
Tageslicht
79
89
89
97
97
101
108
108
109
113
115
121
123
125
126
6
Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
127
6.1
6.1.1
6.1.2
6.2
6.2.1
6.2.2
6.2.3
6.2.4
Validierung
Datensatz und Simulationsmodell
Abgleich mit den Messwerten
Variantenvergleich
Randbedingungen
Sommerliche Überhitzung Datensatz Sommer 2003
Sommerliche Überhitzung Datensatz Sommer TRY 02
Jahresüberhitzung Datensatz TRY 02
128
128
128
132
133
135
144
147
7
Zusammenfassung
149
8
Literaturverzeichnis
157
Anhang
78
Sanierung von Bürohochhäusern der 1960er und 1970er Jahre
iii
Abkürzungsverzeichnis
AP
Arbeitsplatz
APTK
Ethylen-Propylen-Terpolymer-Kautschuk
ASR
Arbeitstättenrichtlinie
BGF
Bruttogeschossfläche
BGFg
Bruttogeschossfläche im Regelgeschoss ohne Doppelfassadenflächen
BGFr
Bruttogeschossfläche ohne Fahrzeugabstellflächen und ohne für Verwaltungsgebäude untypische Hauptnutzflächenanteile wie Verkaufsund Sporträume, Speiseräume und Großküchen sowie ohne Doppelfassadenflächen
BKI
Baukosteninformationsdienst der deutschen Architektenkammern
BNF
Büronutzfläche nach Siegel & Wonneberg [17]
Bsim
Building Simulation, Programm zur thermischen Gebäudesimulation
C.I.E.
International Commission on Illumination
DIN
Deutsche Industrie Norm
DWD
Deutscher Wetterdienst
EBF
Energiebezugsfläche
EPDM
Ethylen-Propylen-Dien-Monomer
ESG
Einscheibensicherheitsglas
FF
Technikfläche
F90
Feuerwiderstandsklasse 90 Minuten
GEMIS
Globales Emissionsmodell-Modell Integrierter Systeme
GVK
Großraum vollklimatisiert
HNF
Hauptnutzfläche
HNFg
Hauptnutzfläche im Regelgeschoss
IGS
Institut für Gebäude- und Solartechnik, TU Braunschweig
KF
Konstruktionsfläche
KFg
Konstruktionsfläche im Regelgeschoss ohne Doppelfassadenflächen
KVS
konstanter Volumenstrom
KW
Kalenderwoche
KWK
Kraft-Wärme-Kopplung
LW
Luftwechsel
MBO
Musterbauordnung
NF
Nutzfläche
NGF
Nettogrundfläche
NK
Nicht klimatisiert
NNF
Nebennutzfläche
OF
Oberfläche
PCB
Polychlorierte Biphenyle
iv
Sanierung von Bürohochhäusern der 1960er und 1970er Jahre
PCP
Pentachlorphenol
PTB
Physikalisch Technische Bundesanstalt
PV
Photovoltaik
RLT
Raumlufttechnik
RMG
Rahmenmaterialgruppe
SIA
Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein
SSV
Sonnenschutzverglasung
TK
Teilklimatisiert
TRY 01
Test Reference Year Bremerhaven
TRY 02
Test Reference Year Hanover
UTC
Universal Time Code
VDI
Verein deutscher Ingenieure
VF
Verkehrsfläche
VK
Vollklimatisiert
VSG
Verbundsicherheitsglas
WDVS
Wärmedämmverbundsystem
WRG
Wärmerückgewinnung
WSV
Wärmeschutzverglasung
WSVO
Wärmeschutzverordnung
ZNK
Zellenbüro nicht klimatisiert
ZTK
Zellenbüro teilklimatisiert
ZVK
Zellenbüro vollklimatisiert
ZWR
Fassadenzwischenraum einer Doppelfassade
Formelzeichen
A
[m²]
-1
Fläche
A/V
[m ]
Oberflächen- / Volumenverhältnis
C
[ppm]
Konzentration, hier CO2 als Tracergas
c
[J/kgK]
spezifische Wärmekapazität
dB(C)
[dB]
Frequenzbewertung C, Lautstärke niedriger Frequenzen
dB(A)
[dB]
Frequenzbewertung A, der Empfindlichkeit des menschlichen Ohres angepasst zur Angabe einer annähernd
gehörrichtigen Lautstärke
FC
[-]
Sonnenschutz-Abminderungsfaktor
g
[%]
Gesamtenergiedurchlassgrad
Hz
[Hz]
Frequenz in Hertz
k
[W/m²K]
Wärmedurchgangskoeffizient aus DIN 4108 1974-10
kF
[W/m²K]
Index für das Bauteil Fenster aus DIN 4108 1974-10
km(W+F)
[W/m²K]
Index für den mittleren Wärmedurchgangskoeffizient
Bauteil Wand und Fenster aus DIN 4108 1974-10
Sanierung von Bürohochhäusern der 1960er und 1970er Jahre
kR
[W/m²K]
Index für das Bauteil Rahmen aus DIN 4108 1974-10
kV
[W/m²K]
Index für das Bauteil Verglasung aus DIN 4108 1974-10
lx
[lx]
Beleuchtungsstärke
-1
v
n
nL
nm
n50
QL
QT
Rw
[h ]
[h-1]
[h-1]
[h-1]
[Wh]
[Wh]
[dB]
Luftwechselzahl
Raumluftwechsel
Luftwechselzahl Messwert
Luftwechsel bei einer Druckdifferenz von 50 Pa
Lüftungswärmeverlust
Transmissionswärmeverlust
bewertetes Schalldämm-Maß ohne Schallübertragung
über flankierende Bauteile
Rw,P
Rw,R
R`w
[dB]
[dB]
[dB]
bewertetes Schalldämm-Maß im Prüfstand gemessen
bewertetes Schalldämm-Maß – Rechenwert bewertetes Schalldämm-Maß mit Schallübertragung über
flankierende Bauteile
R`w,res
[dB]
R´tr,s,w
T
Ti
Tm
Tzu
t
U
[dB]
[K]
[K]
[K]
[K]
[h]
[W/m²K]
resultierendes bewertetes Schalldämm-Maß des gesamten Bauteils
bewertetes Bauschalldämm-Maß traffic surface
thermodynamische Temperatur
thermodynamische Temperatur des Innenraums
mittlere thermodynamische Temperatur
thermodynamische Temperatur der Zuluft
Zeit
Wärmedurchgangskoeffizient
Uf
[W/m²K]
Index für das Bauteil Rahmen
Ug
[W/m²K]
Index für das Bauteil Verglasung
Uw
[W/m²K]
Index für das Bauteil Fenster
V
V&
[m³]
Volumen
vW
[m³/h]
[m/s]
Volumenstrom
Windgeschwindigkeit
akonv
[W/m²K]
konvektiver Wärmeübergangeskoeffizient
arad
[W/m²K]
radiativer Wärmeübergangeskoeffizient
ε
[-]
Emissionsgrad
λ
[W/mK]
Wärmeleitkoeffizient
ρ
[kg/m³]
Dichte der Luft
σ
[W/m²K4]
Stefan-Boltzmann-Konstante
tL
[%]
Lichtdurchlässigkeit des sichtbaren Strahlungsanteils
τP
[s]
lokales Luftalter
q
[°C]
Temperatur
vi
Sanierung von Bürohochhäusern der 1960er und 1970er Jahre
Dank
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit
beigetragen haben, insbesondere bei Herrn Prof. Dr.-Ing. M. Norbert Fisch und Herrn
Prof. Werner Kaag für die wertvollen Anregungen, bei Herrn Rust, der als Nutzer die
Versuche an der Demonstrationsfassade aktiv unterstützte, bei Frau Remann und
Herrn Fähse, die die Analysen der Vergleichsgebäude ermöglichten, Herrn Plagge,
Herrn Altendorf, Herrn Brügger und Herrn Ellermann für die Unterstützung bei der
Installation der Messtechnik, dem Aufbau der Datenbank und der Datenaufbereitung
und nicht zuletzt bei meiner Frau und meinem Sohn Alban, ohne die diese Arbeit nicht
zustande gekommen wäre.
Sanierung von Bürohochhäusern der 1960er und 1970er Jahre
vii
Kurzfassung
In naher Zukunft stehen die Verwaltungsgebäude der 1960er und 1970er Jahre für
eine Grundsanierung an. Diese Gebäude entsprechen nicht mehr heutigen Komfortkriterien und Anforderungen an die Arbeitsplatzqualität. Gleiches gilt in den meisten
Fällen auch für die Gebäudetechnik und den Energieverbrauch. Die Wirkung der Gebäude im öffentlichen Raum und oft auch in seinem Inneren ist nicht mehr zeitgemäß.
Sie sind nur noch eingeschränkt nutzbar und schwer vermietbar. Der Erhalt der Gebäude ist daher unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur durch eine deutliche
Wertsteigerung vertretbar.
Gegenstand dieser Arbeit ist die Zusammenstellung typologischer Merkmale hoher
Verwaltungsgebäude der 1960er und 1970er Jahre, die vergleichende Analyse bereits
sanierter Bürohochhäuser mit gläsernen Vorsatzschalen sowie die Auswertung und
Validierung von Modellversuchen an einer Demonstrationsfassade. Dabei zeigen drei
untersuchte Gebäude die Bandbreite möglicher Sanierungen auf. Zum Einsatz kamen
unterschiedliche Fassadensysteme, die Kastenfassade, die Mehrgeschossfassade und
die unsegmentierte Vorhangfassade. Die Sanierungskosten reichten von 350 im einfachen bis 1.000 €/m² BGF netto im gehobenen Standard. Ziel der Arbeit ist es, unter
vergleichbaren Rahmenbedingungen die Möglichkeiten und Grenzen der Sanierung mit
gläsernen Vorsatzschalen und deren Vergleich mit Einfach-Fassaden herauszuarbeiten.
Zwei im Jahr 2002 fertig gestellte Vorhaben wurden im Rahmen einer Grobanalyse
evaluiert. Diese bestand in der Erfassung von Gebäudekenndaten und –kosten, der
technischen Ausstattung und Energieverbräuche sowie in der Durchführung und Auswertung einer Nutzerumfrage. An einem Institutsgebäude der TU Braunschweig konnte
ein Geschoss beispielhaft saniert und diese Sanierung modellhaft auf das Gesamtgebäude übertragen werden. Für zukünftige Sanierungen lassen sich aus diesen
Beispielen Hinweise darauf herleiten, welche Ziele mit welchen Mitteln erreicht werden
können und wo mögliche Risiken verborgen sind.
Antworten auf die sich aus diesem Gebäudevergleich ergebenden bauphysikalischen
Fragen geben die Messungen an einer Demonstrationsdoppelfassade. Am oben genannten Gebäude der TU Braunschweig wurden im Rahmen einer Parameterstudie
unterschiedliche Öffnungsgrade und Betriebsweisen in der ein- und zweigeschossigen
Ausführung der Doppelfassade in ihren Auswirkungen auf das Raumklima und den
Immissionsschutz miteinander verglichen. Ein thermisches Simulationsmodell wurde
auf der Grundlage der Messergebnisse mit dem Programm Bsim validiert, die Modellvarianten für unterschiedliche Klimadatensätze miteinander verglichen.
Eine Entscheidungshilfe zur Anwendung von Doppelfassaden im Sanierungsfall gibt
diese Arbeit insbesondere für den sommerlichen Überhitzungsschutz und den Schallund Witterungsschutz. Sie gibt Antworten auf Fragen zur Flächenwirtschaftlichkeit, zu
den Baukosten und zum Energieverbrauch.
Fazit: Die Baukosten eines Sanierungsvorhabens liegen um bis zu 70 % unter vergleichbaren Neubaukosten. Doppelfassaden müssen Einfach-Fassadensystemen bezüglich des sommerlichen Überhitzungsschutzes und der Baukosten nicht nachstehen.
Passive Doppelfassaden eignen sich für alle Betriebszustände. Für die thermische
Gebäudesimulation wurden Kriterien aufgestellt, die die Ergebnisse transparent, vergleichbar und realistisch darstellen. Bei fachgerechter Planung und Ausführung wird
die Doppelfassade gerade in der Sanierung noch häufig zur Anwendung kommen.
Kapitel 1 Entwicklung der Hochhausarchitektur
1
Entwicklung der Hochhausarchitektur
Die Katastrophe zweier Stadtbrände Chicagos 1871 und 1874 war gleichzeitig die
Geburtsstunde des Hochhauses. Konstruktive Voraussetzung war die Übernahme der
im Industriebau erprobten Skelettbauweise des Tragwerks in den Verwaltungsbau. Die
„First Chicago School of Architecture“, mit Daniel Burnham, Dankmar Adler, John Root,
William Holabird, Martin Roche, William Le Baron Jenney und Louis Sullivan entstand.
Ihr gemeinsames Bemühen bestand darin, die Struktur des Tragwerks in der Fassade
sichtbar werden zu lassen und transparent auszufachen. So entstanden eindrucksvolle, meist horizontal entsprechend den Geschossdecken gegliederte Gebäude, wie das
Reliance Building von Daniel H. Burnham 1894 oder der Schlesinger and Meyer Store
von Louis Sullivan 1899. 1918 hängt Willis J. Polck erstmals eine Glasfassade über
4 Geschosse vor ein innerstädtisches Bürogebäude: das Halladie Building in San
Francisco. Am Lever Building (s. Abb. 1 und 2) wagen SOM 1952 den Prototyp der
filigranen Curtain Wall.
Abb. 1 / Abb. 2: Lever Building Gesamtansicht (links) und Grundriss Regelgeschoss (rechts) aus [2]
Ein gleichförmiges Netz aus minimierten, polierten Edelstahlprofilen überzieht die
Fassade. Sie sind in den Decken- und Brüstungsbereichen mit grünem Glas ausgefacht und heben sich so als horizontale Bänder von den beschichteten Fensterflächen
ab. Diese Reduktion kann nur durch eine Festverglasung erreicht werden. Bei dieser
Fassade fehlten jedoch noch die Kenntnisse der beweglichen und gleichzeitig luft- und
wasserdichten Elementverbindungen. Das Gebäude konnte erst sehr viel später durch
dauerelastische Dichtungsprofile und Versiegelungsnähte abgedichtet werden. Die
erforderliche Klimatisierung wird nicht in Frage gestellt. Werden zu Beginn dieser Entwicklung die Details noch sorgfältig erarbeitet, so sind sie dennoch unabhängig von Ort
1
2
Kapitel 1 Entwicklung der Hochhausarchitektur
und Inhalt der Bauaufgabe. Dies ermöglicht die rasche weltweite Verbreitung der Curtain Wall. Das mit der Ölkrise 1973 einsetzende ökologische Bewusstsein begründet
eine rasante konstruktiv-technische Entwicklung in den Bereichen der Glas- und Profiltechnik, sowie der Gebäudetechnik.
In Deutschland wurden die ersten hohen Häuser in den 20er Jahren als städtebauliche
Dominanten errichtet. Den Nationalsozialisten galten sie zunächst als Vertreter der
Moderne, bevor sie als Repräsentationsbauten für das nationalsozialistischen System
entdeckt, jedoch nie ausgeführt wurden. Nach dem 2. Weltkrieg wurde in Deutschland
neu und mit unterschiedlichem Ergebnis über das Hochhaus diskutiert.
In weniger als 50 Jahren wurden in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts die Grundlagen
für die moderne Gebäudetechnik entwickelt. Die Erfindung des absturzsicheren Aufzugs im Jahre 1853 durch den US-Amerikaner und Gründer der Otis Elevator
Company Elisha Graves Otis ermöglichte die Erschließung hoher Häuser. 1888 wurden in Manhattan erste Häuser mit elektrischem Strom versorgt. 1904 realisierte Frank
Lloyd Wright im Larkin Building in Buffalo, NY, den ersten vollständig künstlich „luftkonditionierten“ Bürogroßraum der USA. Das Turmhaus existiert nach Lewis Mumford
immer nur in der „Dreifaltigkeit von Klimaanlage, Aufzug und elektrischer Transluzenz“
(zitiert nach Hoesch in [1] S. 103). Die Erfindungen, z.B. des Willis Carrier, Anlagenentwickler und „Vater der Klimaanlagentechnik“ (zitiert nach Hoesch in [1] S. 110),
waren auf deren industrielle Anwendung und weniger auf die speziell haustechnische
Nutzung ausgerichtet. Technische Anlagen wurden daher so konzipiert, das sie an
einen Baukörper angebaut, oder in ihn hinein addiert werden konnten. Die Integration
oblag dem Architekten. Bis 1950 besaß in Nordamerika jeder Verwaltungsbau Anlagen
zur Raumkonditionierung, während in Europa Lüftung und Klimatisierung aus dem
Gesundheitsingenieurwesen als Beitrag zur Steigerung der Volksgesundheit nur punktuell in Krankenhäusern, Theatern oder Parlamentsgebäuden eingesetzt wurden. Der
erste und zweite Weltkrieg brachten die Entwicklungsanstrengungen in Europa fast
vollständig zum Erliegen. Erst nach dem zweiten Weltkrieg setzten sich auch in Europa
Gebäude von mehr als 6-10 Stockwerken durch. Klimatisierungen und schnell regelbare, ölbetriebene Heizungen und aus den USA übernommene Standards der Steuerund Regelungstechnik gehörten am Ende der 1950er Jahre bei allen größeren Bauvorhaben in Europa zum gebäudetechnischen Standard. Mit der Ölkrise 1973 und der
anschließenden Rezession wurde ein nachhaltiger Perspektivenwechsel eingeleitet.
Neben der lastorientierten, ökonomischeren Auslegung der Komponenten der Heizungs- und Lüftungstechnik werden präzisere Berechnungsmethoden zur Auslegung
der gebäudetechnischen Anlagen entwickelt, die die bisher approximativern Verfahren
ablösen. Aufwändige Betriebskostenstudien ergänzen den differenzierteren Planungsansatz. Mit der Tages- und Kunstlichtplanung entsteht ein bisher kaum beachteter
neuer Bestandteil gebäudetechnischer Konzepte. Im Know-How Wettbewerb der Anlagenbauer und Planer überflügeln die Europäer ab ca. 1975 die nordamerikanische
Konkurrenz mit ihren standardisierten und zu wenig differenzierten gebäudetechnischen Konzepten. Haben bis in die 1960er Jahre die gebäudetechnische Hardware
und ihre Hersteller das Entwicklungstempo bestimmt, so übernehmen mit der Überwindung der Rezession die Planer die Rolle des Entwicklungs- und Innovationsträgers.
Neue Konzepte entwickeln sich damit wieder unmittelbar aus dem Arbeitszusammenhang der am Planungsprozess beteiligten.
Kapitel 2 Stand der Technik
2
3
Stand der Technik, Gebäudebestand und Sanierungspotenzial
Es gibt z. Zt. keine Zusammenstellung typologischer Merkmale hoher Verwaltungsgebäude der 1960er und 1970er Jahre und dem daraus resultierenden eigenen Sanierungspotenzial. Weder für Energiekennzahlen, noch für spezifische Flächenkennwerte
oder Baukosten gibt es eine Zusammenstellung von Bestandskennwerten dieser Gebäudekategorie. Die allgemeinen Ziele einer Sanierung, das Erzielen einer hohen
Flächenwirtschaftlichkeit bei geringen Bau- und Betriebskosten und hohem Nutzerkomfort werden auf der Grundlage der Bestandsaufnahme über Grenz- und Zielwerte für
diese Gebäudegruppe hergeleitet.
Im Folgenden werden die typischen Bauweisen von Hochhäusern der 1960er und
1970er Jahre beschrieben und im Hinblick auf eine Sanierbarkeit bewertet.
2.1
Bauwerk
Schon in der ersten Musterbauordnung [3] wurden Hochhäuser als Gebäude definiert,
deren Fußboden mindestens eines Aufenthaltsraumes mehr als 22 m über der festgelegten Geländeoberfläche liegt. Die Definition der Hochhausgrenze ist bis heute
unverändert gültig [5]. Schon in der Hochhausrichtlinie von 1957 (in der Fassung von
1957 abgedruckt in [4]) wie auch in [3] werden für Hochhäuser zwei Treppenhäuser
gefordert.
Um flexibel auf mögliche Funktionsänderungen reagieren zu können, verfügen viele
Verwaltungsbauten der 1960er und 1970er Jahre zur langfristigen Erweiterungsfähigkeit über eine Grundstücksvorhaltung, über eine hohe Deckentragfähigkeit von 5 kN/m²
und ein einheitliches Konstruktions- und Versorgungsraster. Diese nachhaltigen Planungsgrundsätze bieten dem Planer heute gute Voraussetzungen für die Sanierbarkeit
dieser Gebäude. So können z.B. die zusätzlichen Lasten aus Doppelfassadensystemen oft ohne konstruktiven Aufwand in das Gebäude eingeleitet werden.
2.1.1 Rohbau
Im Verwaltungsbau der 1960er und 1970er Jahre finden sich Skelettkonstruktionen aus
Stahlbeton oder Stahl. Nach Verlauf und Anordnung der Hauptträger unterschied man
Längsträger- und Querträgersysteme. Im Stahlbetonbau kann die Deckenplatte dann
als massive Vollplatte (Spannweite 2,5 bis 5,5 m) oder Rippendecke (Spannweite
5 bis 8 m, maximal 12 bis 14 m) ausgebildet werden. Im Stahlbau werden Haupt- und
Nebenträger benötigt, um das Stahlskelett beim Aufbauen auszusteifen. Die Frage der
Wirtschaftlichkeit beantwortete Joedicke 1962 [6]: „Wird der Stahlbetonbau von den
Lohnkosten, so wird der Stahlbau von den Materialkosten bestimmt“. In Europa war im
Gegensatz zu den USA zur damaligen Zeit der Stahlbetonbau im mehrgeschossigen
Verwaltungsbau um 15 bis 30 % wirtschaftlicher als der Stahlbau (nach [6]). Nachteilig
wirken sich im Stahlbau auch die Brandschutzanforderungen an tragende Bauteile aus.
Die Festlegung von Konstruktions- und Büroachsen sowie der Stützenstellung bestimmen das statische System und den Ausbau. Der bestimmende Faktor der gesamten
Konstruktionslösung ist bei Hochhäusern jedoch die Windaussteifung. Die massiven
Kerne oder deren Querwände übernehmen windaussteifende Funktionen. Dennoch
4
Kapitel 2 Stand der Technik
waren zusätzliche Maßnahmen erforderlich, da die Lastresultierende aus Wind- (W)
und Eigenlast (G) von einer bestimmten Höhe an außerhalb des Gebäudequerschnitts
verläuft. Gängige Lösungen waren ein breites, massives Untergeschoss (s. Abb. 3), in
das die vertikalen Scheiben als senkrechte Kragarme eingespannt werden oder die
Erhöhung der Lasten auf die aussteifenden Wände (s. Abb. 4). Dies geschah z.B.
durch vergrößerte Spannweiten der Decken in oberen Geschossen, so dass höhere
Lastanteile auf den Kern abgesetzt werden konnten.
Abb. 3 / Abb. 4: Windaussteifung von Hochhäusern schematischer Querschnitt breites Untergeschoss
(links) und Lasterhöhung (rechts) aus [6]
2.1.2 Ausbau
Aufgrund der im Ausbau geforderten Variabilität und Reversibilität beliebig großer
Räume kamen fast ausschließlich Verbundestriche als Zement- oder Anhydritestriche
zum Einsatz. Zur Verbesserung des Trittschallschutzes wurde in den meisten Fällen
ein Teppichbodenbelag – antistatisch durch Stahlfasereinlage und rollstuhlgerecht aufgebracht. In Nebenräumen war der PVC-Belag als preiswerte und robuste Auflage
verbreitet. Die Decken waren in Hochhäusern fast immer abgehängt, um die erforderliche Gebäudetechnik im Deckenhohlraum verlegen zu können. Sie trugen zur
Verbesserung des Luft- und Trittschallschutzes sowie der Reduzierung der Nachhallzeiten - im Großraumbüro wurden 0,3 bis 0,5 Sekunden angestrebt - bei und waren
gegebenenfalls aus Brandschutzanforderungen erforderlich. Eingesetzt wurden Rabitzdecken mit zweilagigem Kalkgipsputz, Metall- oder Kunststoff-Paneeldecken oder
Kassettendecken. Die letztgenannten wurden je nach Anforderung als Schallschutzdecke gelocht, profiliert oder mit zusätzlicher Dämmstoffauflage ausgeführt. Als Trennwandsysteme kamen Gipskarton-Wände auf Metallständern in ein- oder zweilagiger
Ausführung zur Anwendung. In geringem Umfang kamen auch demontable mehrschalige Wände zum Einsatz, z.B. Hartspan oder Eternitplatten auf einer Trag- oder
Rahmenkonstruktion. Als Sonnen- und Blendschutz kamen in Hochhäusern zusätzlich
zu beschichteten Gläsern Gardinen und innenliegende Jalousetten zum Einsatz.
Kapitel 2 Stand der Technik
5
2.1.3 Fassaden
Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die im Hochhausbau eingesetzten Fassadensysteme und Materialien in der typologischen Einordnung nach [7], [8] und [9]
gegeben.
Betonsandwichfassade
Seit Ende der 1950er Jahre besonders im Hochhausbau häufig eingesetzt, bestand die
Betonsandwichfassade (s. Abb. 5) aus einer äußeren Schale als Betonsichtfläche,
häufig Waschbeton in einer Stärke von 6 cm als Mindestdicke. Aufgrund der besseren
Bewehrungsüberdeckung wurden in [8] bereits 8 cm vorgeschlagen. Die Dämmstoffstärke lag zwischen 2 und 5 cm, meist extrudiertes Polystyrol. Seit 1974 wurden auch
8 cm Dämmstärke verwendet. Die die beiden Schichten verbindenden Anker waren
aus Edelstahl. Eine besondere Bedeutung kam der konstruktiven Fugenausbildung zu,
die die Fertigteilelemente schlagregendicht verbinden. Als Material kamen dauerelastische Kitte auf Polysulfidbasis (Thiokol) zur Anwendung. Bei Räumen mit künstlicher
Luftbefeuchtung und einer Ausführung ohne raumseitige Dampfsperre auf dem Dämmstoff waren schon früh Schäden durch Diffusionskondensation bekannt.
1.
2.
3.
4.
5.
Innere Schale, statisch tragendes oder ausfachendes Bauteil, z.B. aus Mauwerk oder Beton,
meist als Betonfertigteil
Wärmedämmung aus geschlossenporigem
Schaumkunststoff
Äußere Schale, in der Regel Bauteil aus Beton
zum Witterungsschutz und zur optischen Gestaltung
Fuge, horizontales Abdichtungsprinzip Schwelle, vertikales Abdichtungsprinzip Labyrinth
Edelstahl Trag- und Torsionsanker
Abb. 5: Betonsandwichfassade Schnitt und Grundriss aus [8]
Hinterlüftete zweischalige Fassade
Über eine nach außen hinterlüftete 50 mm starke Luftschicht konnte in die Dämmschicht (50 - 80 mm Mineralwolle) eingedrungenes Kondensat abgeführt werden.
Es kamen folgende Materialien zum Einsatz: als äußere Schale: Betonwerkstein, Naturstein, Asbestzementplatten, Aluminium, Edelstahl, „COR-TEN“ Stahl; als
Wärmedämmstoff: offenporige Glas- oder Mineralwolleplatten; als innere Schale: Mauerwerk, Beton, Leichtbauelemente auf Basis Asbestzement, Gipskarton, Metall. Kunstund Natursteinbekleidungen (s. Abb. 6), witterungsbeständig und wartungsfrei wurden
mit offenen Fugen zur Aufnahme thermischer Dehnungen und Hinterlüftung ausgeführt. Leichtbaufassaden (s. Abb. 7) wurden z.B. aus eloxiertem oder pulverbeschichtetem Aluminium meist mit geschossweise offenen Fugen und akustischer
Entkopplung in Form einer Neoprenunterlage realisiert. Diese Bauweise war zudem
ausführungsfehlertolerant, Mängel konnten mit vertretbarem Aufwand behoben wer-
6
Kapitel 2 Stand der Technik
den. Ende der 1970er Jahre kam dieser Konstruktionstyp bei etwa 25 % aller Hochhausbauten teilweise oder insgesamt zur Anwendung.
1.
2.
3.
4.
5.
Innere Schale, statisch tragendes oder ausfachendes Bauteil, z.B. aus Mauwerk oder Beton
Wärmedämmung, vorrangig aus offenporigem
Material, bevorzugt unkaschierte, nicht brennbare Mineralwolle
Hinterlüftete Luftschicht, der erforderliche
Belüftungsquerschnitt wird über offene Fugen
gewährleistet
Kunst- oder Natursteinplatte
zugelassener Edelstahlanker
Abb. 6 Hinterlüftete zweischalige Fassade Beton- oder Naturwerksteinfassade aus [8]
1.
2.
3.
4.
Innere Schale, statisch tragendes oder ausfachendes Bauteil, z.B. aus Mauwerk oder Beton
Wärmedämmung, vorrangig aus offenporigem
Material, bevorzugt unkaschierte, nicht brennbare Mineralwolle
Hinterlüftete Luftschicht, der erforderliche
Belüftungsquerschnitt wird über offene Fugen
gewährleistet
Metall- oder anderweitige leichte Fassadenbauplatten, Fugen geschossweise mit Überhang
Abb. 7 Hinterlüftete zweischalige Leichtbaufassade aus [8]
Curtain Wall
Die Curtain Wall als Warmfassade wurde ausschließlich im Verwaltungsbau eingesetzt
und verfügte dort über einen Anteil von ca. 40 % aller Fassadesysteme. Das geringe
Gewicht, die Unabhängigkeit von Rohbautoleranzen, der hohe Grad an Vorfertigung
waren unter der Voraussetzung hoher Dichtigkeit und gleitfähiger Lagerung die Grundlagen ihres Erfolgs.
Die Curtain Wall gab es in 3 verschiedenen Erscheinungsformen:
Pfosten-Riegel-Konstruktion: Ein- bis zweigeschossig abgesetzte Pfosten wurden
durch die horizontalen Riegel gleitend – meist über Kunststoffschuhe – miteinander
verbunden. Eine oft angewendete Konstruktion war die Verblendung von Stahlbetonbrüstung und –sturz mit einem Aluminiumpaneel (s. Abb. 8), da Aluminium die für
Hochhausbrüstungen geforderte Feuerwiderstandsklasse F90 nicht erreicht. Der zwischen Paneel und Brüstung entstehende Hohlraum sollte keine Verbindung zwischen
den Geschossen zulassen, da eine hohe Brandüberschlagsgefahr bestand.
Rahmenkonstruktion: Geschosshohe Rahmen wurden durch bewegliche Falze miteinander verbunden. Sie wurden bereits mit Paneelen ausgefacht, oft schon verglast
geliefert und montiert.
Mischformen der Rahmen Riegel Konstruktion: Jeweils zwei Rahmenelemente
wurden durch Riegel gleitend miteinander verbunden.
Kapitel 2 Stand der Technik
7
1.
2.
3.
4.
5.
Fassadenverankerung, Lospunkt in vertikaler
Richtung
Betonbrüstung als problemloser Schutz gegen
Feuerüberschlag
Brüstungshohlraum; zur Sicherung von Kondensatfreiheit ist eine ausreichende
Dämmstärke und der dichte Abschluss zum
Raum erforderlich
Fassadenverankerung, Festpunkt
Geschossweise angeordnete Gleitfuge an
Doppelriegeln
Abb. 8: Curtain Wall am Beispiel der Brüstungsverblendung aus [8]
Horizontal abgesetzte Fassade
Bei diesem Fassadentyp wurden zwischen außen geschossweise sichtbaren Geschossdecken oder kragenden Balkonen beispielsweise Leichtmetallfassaden in
Rahmen- oder Pfosten-Riegel Bauweise eingesetzt. Diese Bauweise erforderte besondere konstruktive Details, um Kondensationsschäden zu vermeiden.
Für solche Sichtbetonanwendungen und tragende Bauteile wie z.B. außen sichtbare
Stützen wurde Leichtbeton als Ort- oder Fertigbeton verwendet. Zum Einsatz kamen
Blähton- und Blähschieferbeton, Hüttenbimsbeton und Aschen- und Schlackensinterbeton mit Rohdichten von 1,2 bis 2,0 kg/dm³ und Wärmeleitfähigkeiten von 0,3 bis 0,8
W/mK. Seit 1974 war die Anwendung von Leichbeton in der Fassade ohne zusätzliche
Wärmedämmassnahmen oder eine thermische Entkopplung nicht mehr durchsetzbar.
Elemente der Curtain Wall
Am Beispiel der Elemente der Curtain Wall wird aufgezeigt, welchen Einfluss die Entwicklung des baulichen Wärmeschutzes auf die Ausbildung des konstruktiven Details
und die Fassadengestaltung haben. Die Entwicklung des baulichen Wärmeschutzes in
der BRD 1952-1977 ist tabellarisch im Anhang Abb. 1 zusammengestellt.
Der bauliche Wärmeschutz erreichte in den ergänzenden Bestimmungen zur DIN 4108
1974-10 einen Standard, der Isolierverglasungen mit kF ≤ 3,5 W/m²K forderte und den
mittleren Wärmedurchgang für Außenwandflächen auf km(W+F) ≤ 1,9 W/m²K begrenzte.
Einfachverglasungen und die zum Schutz von Oberflächenkorrosion eingesetzten
Dämmstoffstärken von 20 mm waren seit dem in der Fassade nicht mehr einsetzbar.
Thermisch getrennte Rahmenprofile, Isolierverglasungen mit 6 bis 12 mm Scheibenzwischenraum und Dämmstoffstärken 50 mm wurden zum technischen Standard. Die
mehrschichtig aufgebauten Paneelelemente wurden dampfdicht mit k < 0,7 W/m²K
ausgebildet. Mit reflektierend beschichteten Isoliergläsern mit z.B. kV = 1,7 W/m²K
blieben bei einem Rahmenanteil von weniger als 20 % und z.B. kR = 2,4 W/m²K sogar
Ganzglasfassaden technisch realisierbar.
Die Kenntnis der eingesetzten Materialen und deren bauphysikalischen Eigenschaften
ist bei der Erstellung eines Sanierungskonzepts, das den Erhalt wesentlicher Teile der
Konstruktion zum Ziel hat, unerlässlich.
8
Kapitel 2 Stand der Technik
Verglasung
Im Verfahren der Gussglasherstellung wurden Einscheibenverglasungen seit 1919
durch beidseitiges Schleifen und Polieren der Tafelgläser in Stärken von 4 bis 21 mm
als Kristallspiegelgläser mit einem kV von 5,8 W/m²K hergestellt. Sie wurden mit und
ohne Drahteinlage, farbig oder ornamentiert, lichtdurchlässig aber nur beschränkt
durchsichtig hergestellt. Seit 1958 wurde Floatglas durch die Firma Pilkington Brothers
industriell hergestellt. Schon bei Einscheibenverglasungen wurde versucht, mit veredelten Gläsern besonderen Anforderungen Rechnung zu tragen. Die Glasveredelung
zur Veränderung der physikalischen Eigenschaften wurde durch Einfärbung von Glas
und die Beschichtung mit zumeist dünnen Metallschichten zur Reduzierung des Strahlungsdurchgangs und der Emissivität erreicht. Ziel war damals wie heute die
Optimierung der wesentlichen Kenngrößen des Wärmedurchgangs, der Farbwiedergabe, der Tageslichttransmission, des Gesamtenergiedurchlassgrades und des
Schalldämmasses. Einfachverglasungen kamen bis Ende 1960er Jahre auch als Kastenfenster zum Einsatz. Veredelte Gläser waren z.B. das „PARELIO 24“ der Firma
Flachglas AG, ein mit Metallsalzen beschichtetes, vorgespanntes und eingefärbtes
Kristallspiegelglas mit einem g - Wert von 61 % oder das „PARASOL bronze“ mit einem g - Wert von 49 %.
Konnten auf Einfachglas nur Hardcoatings eingesetzt werden, so begann mit Mehrscheibenglas auch die Entwicklung von Softcoatings. Die Herstellung von
Mehrscheibenglas lässt sich nach der Art des Randverbunds unterscheiden:
Geschweißtes Isolierglas: Hierbei wurde durch Verpressen der Ränder von zwei
Glastafeln der Randverbund hergestellt. Gängige Produkte waren die Isolierscheiben
der Firma DETAG mit der Typenbezeichnung „Gado - Glanzglas-Doppel-Scheibe“ seit
dem Jahre 1955.
Gelötetes Isolierglas: Der Randverbund wurde mit einem Abstandshalter aus Blei auf
einem Haftgrund hergestellt. Gängiges Produkt waren die Isolierscheiben der Firma
DELOG und der Glas und Spiegelmanufaktur AG mit der gemeinsamen Typenbezeichnung „THERMOPANE“ seit dem Jahre 1954. Seit Anfang der siebziger Jahre
wurde die eingeschlossene Feuchtigkeit nicht mehr herkömmlich ausgeblasen, sondern mit Hilfe eines Trocknungsmittels in eine kleine Patrone adsorbiert.
Organisch geklebt bzw. gedichtet: Es handelte sich um eine Kombination plastischer
und elastischer Dichtungssysteme mit einem Edelstahl Kantenschutz, der federartig
den Randverbund zusammenfasste. Als bedeutende Technologien etablierten sich zu
Beginn der 1970er Jahre das Cudo-, Polyglas- und Multipane System. Als Isolierverglasungen standen in den 1970er Jahren zur Verfügung: die unbeschichtete
Zweischeiben-Isolierverglasung mit kV = 3,1 W/m²K, die reflektierend beschichtete
Isolierverglasung mit kV = 1,7 W/m²K, die z.B. beim goldbedampften „Cudo Auresin“ mit
einer Tageslichttransmission von 66 % und einem Gesamtenergiedurchlassgrad von
44 % gleichzeitig Sonnenschutzverglasung war. Ebenso verspiegelte Isoliergläser, z.B.
„Calorex A0“ mit kV = 3,1 W/m²K und einer Tageslichttransmission von 45 % sowie
einem Gesamtenergiedurchlassgrad von 41 %. Als Fugenversiegelung wurden Nass,
Trocken- und Druckverglasungen eingesetzt. Nur für zu öffnende Fenster waren seit
1969 Fugendichtigkeiten für Gebäude über 8 m Höhe mit a ≤ 1,0 m3/hmPa2/3 vorgeschrieben. Mit „schwerer“ Isolierverglasung im Aufbau 8/12/4 ließ sich eine
Kapitel 2 Stand der Technik
9
Schalldämmung von R`w = 32 dB erreichen. Der aus einem Aluminiumabstandhalter,
dem Molekularsieb als Trocknungsmittel, innerer plastischer (Butyl) und äußerer elastischer (z.B. Polysulfid) Dichtung bestehende Randverbund wurde Ende der 1970er
Jahre entwickelt.
Farbneutrales Isolierglas wurde erst Anfang der 1980er Jahre z.B. 1982 „Iplus-neutral“
[10] eingeführt. Die Befüllung des Isolierglaszwischenraums mit Edelgasen (SF6 /
Argon) erfolgt seit Mitte der 1980er Jahre. Der Marktanteil beschichteter Isoliergläser
stieg erst in den 1990er Jahren von 8 auf über 90 %.
Paneel
Als Verkleidung von Fassaden wurde Aluminium in Tafeln, Well- oder Trapezblech
verwendet. Da die Oberfläche unbehandelten Aluminiums im Laufe der Zeit trüb und
grau wird, wurde zur Oberflächenveredelung oft die anodische Oxidation eingesetzt.
Das Eloxieren bot neben der Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit der Fassade auch
die Möglichkeit der Einfärbung von hochglanz - natur über bronze bis schwarz. Das
Erscheinungsbild wurde auch durch die Oberflächenvorbehandlung bestimmt, unterschieden nach DIN 17611 in E0 bis E6, je nachdem ob eine oberflächenabtragende
Vorbehandlung – Schleifen, Polieren, Bürsten – erfolgte oder nicht. Ende der 1970er
Jahre setzten sich auch Farbbeschichtungen im Nasslack- oder Pulverbeschichtungsverfahren durch. Der Einsatz von Edelstahl für Fassadenverkleidungen und
Befestigungsteile war erst bei großen Stückzahlen wirtschaftlich. Je nach Anforderungsprofil z.B. normale oder aggressive Atmosphäre kamen unterschiedliche
Legierungen zum Einsatz. Die Paneelelemente wurden umlaufend über Druckeindichtung oder dauerelastisch nasse Versiegelung eingedichtet.
Profilsystem
Wesentlichen Anteil am Witterungs- und Wärmeschutz des Gebäudes hat bei Rahmenanteilen von 15 bis 35 % das Profilsystem. Konstruktiver thermischer Dehnungsausgleich, die Verhinderung der Tauwasserbildung und die Sicherstellung der Schlagregendichtigkeit waren die wesentlichen Ziele der Entwicklung. Hohen
Schallschutzanforderungen wurde mit Kastenfensterkonstruktionen mit mehr als 10 cm
Scheibenzwischenraum entsprochen.
Bis Ende der 1960er Jahre kamen neben Stahlprofilen thermisch nicht getrennte Aluminium Systeme, für Einfach- oder Isolierverglasung, nass verglast oder für eine außen
liegende Dichtschnur bzw. abgesiegeltes Vorlegeband vorbereitet, zum Einsatz. Sie
verfügten über eine außen umlaufende Dichtebene aus PVC grau, die Anschlagdichtung war für Beschläge unterbrochen, eine Falzbelüftung war nicht vorhanden z.B.
Profil „2000“ (s. Abb. 9) der Firma Hartmann 1968 [11]. Die tragenden Profile bestanden oft aus Stahl. Wesentliche Veränderungen wurden zu Beginn der 1970er Jahre
marktreif entwickelt. Das Hauptaugenmerk lag dabei bei den im Verwaltungsbau dominierenden Aluminiumprofilen: die Umstellung auf Mitteldichtungen verbunden mit dem
Materialwechsel auf EPDM (frühere Bezeichnung APTK), durchgehende Anschlagdichtung, Falzbelüftung, Trocken- und Druckverglasungen sowie erste thermisch getrennte
Profile. Die bis Mitte der siebziger Jahre am Markt befindlichen Profilsysteme reduzierten die Wärmeübertragung in der Regel nur in Teilbereichen, z.B. durch das
Ausschäumen des Hohlraums oder die Unterbrechung der durchgehenden Metallste-
10
Kapitel 2 Stand der Technik
ge. Die Kombination aller Maßnahmen war z.B. ab 1975 mit dem Profil „E 5000“
(s. Abb. 10) der Firma Hartmann [12] erhältlich.
System 2000
System E 5000
Abb. 9 / Abb. 10: Profilsystem „2000“, thermisch nicht getrenntes Aluminiumprofilsystem für Einfach-, oder
Isolierverglasung mit Außen- und Innenanschlagdichtung, Grundriss und Schnitt (links), Profilsystem
„E 5000“, thermisch getrenntes Aluminiumprofilsystem mit Mittel- und Innendichtung und Glasfalzbelüftung, Schnitt (rechts ) aus [11], [12]
Eine Übersicht mit den den Rahmenmaterialgruppen zugeordneten Profildarstellungen
findet sich in der WSVO 1977 Anlage 1 zu § 2, Tabelle 3. In der Mitte der siebziger
Jahre existierten auch eine Reihe in statischer Hinsicht gleichwertiger Varianten der
Rahmeneckverbindungen: Geschweißte und hartgelötete, sowie geschraubte und
gespreizte Eckverbindungen, Spezial-Bolzen-Verbindungen und geklebte Eckverbindungen. Daneben gab es entsprechend der Anzahl der Profilhersteller (in Deutschland
1972: 71, 1973: 62 [13]) zahlreiche Sonderkonstruktionen, wie z.B. außenliegende
Tragprofile.
2.1.4 Sanierungspotenzial des Bauwerks
Rohbau und Ausbau können im Sanierungsfall weitgehend erhalten bleiben, sofern die
Sanierungsziele der neuen Nutzung auf die Möglichkeiten des baulichen Bestands
abgestimmt sind. Die vielfach angesetzten hohen Deckentragfähigkeiten bieten planerischen Gestaltungsspielraum, die Grundstücksvorhaltung ermöglicht Erweiterungen.
Kapitel 2 Stand der Technik
11
Die Bestandsfassaden erfordern eine differenzierte Beurteilung. Zum einen sind die
Schadensbilder an Hochhausfassaden und die Sanierungsmöglichkeiten zu vielfältig
als dass sie typologisiert oder bewertet werden können. Zum anderen ist die Fassade
als Schnittstelle zur Gebäudetechnik wesentlicher Bestandteil komfort- und energiegerechter Sanierungsziele. Als wichtiger technologischer Fortschnitt kann der Einsatz
thermisch getrennter Profile zu Beginn der 1970er Jahre festgehalten werden. Dies
kann eine Voraussetzung für die Sanierbarkeit einer bestehenden Primärfassade sein,
da die Mindestwerte der Energieeinsparverordnung 2004 für Vorhangfassaden mit
1,9 W/m²K eingehalten werden können.
Zu berücksichtigen ist die Tatsache, dass im Ausbau und der Gebäudetechnik zur
Verbesserung der Baustoffeigenschaften insbesondere im Zeitraum von 1960 bis Mitte
der 1980er Jahre Stoffe wie Asbest, PCB, PCP und Lindan häufig eingesetzt wurden.
In diesen Fällen bedarf es einer bauwerksbezogenen Schadstofferkundung, einer
Bewertung der Erkundungsergebnisse und eines Rückbau- und Entsorgungskonzepts.
2.2
Gebäudetechnik
Im Folgenden werden die eingesetzten Systeme und deren Sanierungspotenzial beschrieben.
2.2.1 Heizung, Lüftung und Klimatechnik
Unterschieden wurden damals wie heute grundsätzlich 3 Arten der Raumlufttechnik.
Reine Be- und Entlüftungsanlagen gewährleisten den Außenluftwechsel. Die benötigte
Frischluft wird im Winter aufgeheizt, eine sommerliche Kühlung ist nicht möglich. Die
Anlagen können mit und ohne Wärmerückgewinnung aus der Abluft ausgeführt werden. Teilklimatisierungsanlagen bieten darüber hinaus die Möglichkeit die
Zulufttemperaturen im Sommer zu beeinflussen, so dass ganzjährige Temperaturregelungen möglich sind. Eine Entfeuchtung wird im Regelfall nicht vorgenommen.
Vollklimaanlagen dienen zur Erhaltung eines vorgegebenen Raumklimas hinsichtlich
der Raumluftfeuchte und der Raumlufttemperatur, d.h. im Winter wird die zugeführte
Luft beheizt und befeuchtet, im Sommer gekühlt und entfeuchtet. Die Dimensionierung
dieser Anlagen nach der erforderlichen Kühlleistung führte zu 5 bis 7-fachen Luftwechseln (nach [15]), einem Vielfachen des Mindestfrischluftbedarfs für Personen mit
entsprechend hoher Leistungsaufnahme der Ventilatoren. Der dem Kühllastbedarf des
Gebäudes angepasste Gesamtvolumenstrom konnte daher aus bis zu 80 % Umluft
bestehen. Vollklimaanlagen können die gesamte für die Beheizung erforderliche Energie zur Verfügung stellen. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde zumeist ein statisches
Heizsystem zur Deckung der Transmissionswärmeverluste installiert.
Anforderungen
Die DIN 1946 1951-04 bezog sich auf die mechanische Lüftung von Versammlungsräumen. Auf Büroräume waren die Regeln sinngemäß anzuwenden. Die erforderliche
Luftwechselrate betrug 20 m³/h Person mit Rauchverbot und 30 m³/h Person mit
Raucherlaubnis. Bei Außentemperaturen unter 0 °C durften dieser Werte halbiert
werden. Mit der Ausgabe 1960-04 „Lüftungstechnische Anlagen“ wurde der Geltungs-
12
Kapitel 2 Stand der Technik
bereich auf mechanische Lüftungsanlagen in Aufenthalts- und Arbeitsräumen erweitert.
Die erforderliche Außenluftrate änderte sich nicht, jedoch wurde eine detaillierte Reduzierung bei Außenlufttemperaturen <0 °C und >26 °C zur Vermeidung unwirtschaftlich
großer Erhitzer bzw. Kühler angegeben. 1979 nannte Gottschalk in [15] für die in der
DIN nicht benannten Großraumnutzungen als Richtwert 40 m³/h Person und einen
unteren Grenzwert von 15 m³/h Person, der aus hygienischen Gründen auch bei niedrigen Außentemperaturen nicht unterschritten werden sollte. Erst die Überarbeitung in
der Ausgabe des Teils 2 der DIN 1946 1983-01 „Raumlufttechnik“ unterschied zwischen Einzel- und Großraumbüros mit 30 bzw. 50 m³/h Person und enthielt erstmals
die Angabe eines empfohlenen Bereichs operativer Raumlufttemperaturen. Bei Raucherlaubnis sollten die genannten Werte um 20 m³/h Person erhöht werden.
Die DIN 1946/2 1994-01 enthält die in Abb. 11 dargestellte Angabe eines empfohlenen
Bereichs operativer Raumlufttemperaturen in Abhängigkeit von der Außentemperatur.
Abb. 11: Operative Raumtemperaturen nach DIN 1946/2 1994-01
Der personenbezogene Mindest-Außenluftvolumenstrom wird über den m² Nutzfläche
oder je Person als dem jeweils höheren Wert berechnet und beträgt im Einzelbüro
40 m³/h Person, im Großraumbüro 60 m³/h Person. Bei Raucherlaubnis soll dieser
Wert um 20 m³/h Person erhöht werden. Die DIN 1946/2 wird 2005 durch die DIN EN
13779 abgelöst werden.
Auf die Regeln für die Berechnung des Wärmebedarfs von Gebäuden DIN 4701
1947-07 folgte die Ausgabe 1959-01, auf deren Grundlage die Berechnungen durchgeführt wurden. Da der mit der Höhe zunehmende Winddruck großen Einfluss auf den
Lüftungswärmbedarf hat, musste für Hochhäuser eine von der DIN abweichende Berechnung über ein Staudruckprofil durchgeführt werden. Die Einflüsse der Qualität
einzelner Bauteile, der Gebäudegeometrie und -ausrichtung auf das winterliche und
sommerliche Raumklima führt Spaehte [16] schon 1964 aus. Im Hinblick auf Hochhäuser heißt es darin: „Bei Hochhäusern, bei denen der jeweilige Windeinfluss immer
schwer abzuschätzen ist, wird es zweckmäßig sein, die Heizfläche eines Raumes auf 2
oder 3 Heizkörper aufzuteilen, wodurch die Regelung der Raumtemperatur den jeweiligen Anforderungen leichter angepasst werden kann. Günstig ist auch die
Gruppeneinteilung nach Himmelsrichtungen und eventuell auch nach der Höhe,...“.
Kapitel 2 Stand der Technik
13
Eine Novellierung erfuhr die DIN 4701 zuletzt 1983 bzw. 1989. Sie wurde 2003 durch
die DIN EN 12831 2003-08 ersetzt.
Bestehende Klimaanlagen
Die Auswertung der Untersuchung von Siegel und Wonneberg [17] ergab eine Verteilung von 27 % nicht klimatisierten, 15 % teilklimatisierten und 58 % vollklimatisierten1
Verwaltungsbauten in Deutschland und der Schweiz. Alle untersuchten Hochhäuser
sowie auch alle Großräume2 – mit je einer Ausnahme - waren vollklimatisiert. Die
meisten Gebäudetypen wie mehrbündige Zeilenbauten oder kompakte Verwaltungsgebäude lassen sich aufgrund der großen Gebäudetiefe in eine künstlich belichtete und
belüftete Innenzone und eine natürlich belicht- und belüftbare Außenzone aufteilen. Die
verschiedenen Luftverteilsysteme im Gebäudebestand sowie deren Sanierungsmöglichkeiten und -potenzial sind in [18] ausführlich beschrieben. Die Luftaufbereitungstechnik in der Lüftungszentrale ist in den verschiedenen Systemen ähnlich. Alle Anlagen wurden mit konstantem Volumenstrom (KVS-Anlagen) ausgeführt. Erste Regenerativ-Wärmetauscher kamen zum Zweck der Wärmerückgewinnung zum Einsatz.
Hierbei wurden Wärmerückgewinnungsgrade von bis zu 60 % erreicht. Zur Kühlung
wurden meist Kompressionskältemaschinen eingesetzt. Allen Einkanal- und Mehrzonen-Anlagen wurde die Kombination mit einem statischen Heizsystem empfohlen.
Da auf raumlufttechnische Anlagen nach der Sanierung mit gläsernen Vorsatzschalen
weitestgehend verzichtet werden soll, beschränkt sich die Ausführung hier beispielhaft
auf die Beschreibung der Einkanalklimaanlagen mit konstantem Volumenstrom:
Einkanalklimaanlagen versorgten Räume gleicher Luftzustände (s. Abb. 12). Die Verteilung der Zuluft erfolgte meist über ein Blechkanalsystem zu einem oder mehreren
Räumen. Eine Einzelraumregelung war bei diesem Anlagensystem nicht möglich.
Entlüftet wurden die Räume entweder über Einzelraumentlüfter oder ein dem Zuluftkanalnetz parallel geführtes Abluftkanalnetz, welches einen energiesparenden
Umluftbetrieb ermöglichte. Einkanalklimaanlagen mit konstantem Volumenstrom wurden als Niederdruckanlagen ausgeführt mit Kanal-Luftgeschwindigkeiten von 4 bis 8 m/s.
Abb. 12: Vereinfachtes Anlagenschema Einkanal - Klimaanlage mit konstantem Luftvolumenstrom aus [18]
1
unter nicht - klimatisierten Gebäuden wurden auch teilbelüftete Gebäude erfasst, unter teil - klimatisierten
Gebäuden wurden Gebäude, die in der Gesamtkonzeption nicht oder teilbelüftet sind, jedoch „in Teilen“,
z.B. EDV, Kantine, Sitzungszimmer vollklimatisiert sind, erfasst.
2
Objekte mit mehr als 70 % Einzel- und Gruppenräumen wurden zu den Zellenbauten, solche mit mehr
als 70 % Großräumen zu den Großraumbauten gezählt. Dazwischen lagen die Mischtypen.
14
Kapitel 2 Stand der Technik
Im Anlagenbestand fanden sich auch Lüftungsüberdruckdecken, in denen der Hohlraum zwischen der abgehängten Decke und der Rohdecke aufgeteilt in Deckenfelder
als Zuluftverteiler benützt wurde. Dieses System wurde auch als Unterdruckdecke
eingesetzt. Die ungleichmäßige Durchlüftung und schwierige Abdichtung der Deckenfelder führten jedoch bald zur Aufgabe dieser Systeme.
Weitere Systeme waren die Mehrzonenklimaanlage mit konstantem Volumenstrom, die
Zweikanalklimaanlage mit konstantem Luftvolumenstrom und Mischkästen als Niederoder Hochdruckanlage und Induktionsklimaanlagen mit Heizwasser- und Kaltwassersystemen mit Zweileiter- oder Vierleitersystem. Diese Anlagen sind in [18] ausführlich
beschrieben.
Freie Lüftung
Schon in den 1970er Jahren wurden z.B. von Lampe 1974 [19] und Gottschalk 1979
[15] die Voraussetzungen für eine natürliche Lüftung in Kombination mit einer einfachen Heizungsanlage unter Einhaltung komfortabler Arbeitsbedingungen formuliert, da
die Bau- und Betriebskosten der Klimatisierung einen wesentlichen Anteil an der Wirtschaftlichkeit des Gebäudes hatten. Als Bedingungen wurden in [15] genannt: eine
Raumtiefe von <8 m (Zellenbüro); eine Traufhöhe von bis zu 20 m, je nach Lage auch
bis zu 40 m und keine störenden Umwelteinflüsse wie z.B. Lärm. Darüber hinaus sollte
der Fensterflächenanteil zur Begrenzung der sommerliche Überhitzung und Reduzierung der Strahlungsasymmetrie 35 % der Fassadenfläche nicht überschreiten. Zur
Dämpfung und Verschiebung der Oberflächentemperaturamplituden sollten schwere
Bauteile mit hohem Speichervermögen zum Einsatz kommen. Für die natürliche Lüftung sind heute Raumtiefen von 2,5 * lichter Raumhöhe bei einseitiger Lüftung und
5,0 * lichter Raumhöhe bei Querlüftung zulässig (vgl. Arbeitstättenrichtlinien ASR 5
1979-10).
2.2.2 Sanierungspotenzial der Lüftungs- und Klimatechnik
Nach der Definition eines Sanierungsziels können Sanierungsvarianten für die unterschiedlichen Anlagentypen erarbeitet werden. Die Ziele werden beschrieben über die
gewünschten Raumkonditionen, die zulässige Abweichung von diesen Zielgrößen, die
gewünschte Energieeinsparung, die geltenden Richtlinien, die Raumnutzung, die Bauund Betriebskosten und die Art der Realisierung z.B. in Bauabschnitten im genutzten
Bestand.
Gegenstand dieser Untersuchung ist die Sanierung der Gebäudehülle sowie die Integration von freier Lüftung und passiver Kühlung. Dies führt zu Um- und Rückbauten der
Anlagen im Rahmen eines integralen Planungsprozesses. Bestehende statische Heizsysteme können z.B. mit geringfügigen Änderungen oft erhalten bleiben. Die Energieeinsparmöglichkeiten für die Sanierung bestehender Anlagen sind in [18] beschrieben.
2.2.3 Medienversorgung, Kunstlicht
Stromversorgung
Je Schreibtisch bzw. Fassadenraster außen liegender Arbeitsplätze wurde je eine
„Büromaschinensteckdose“ und ein Telefonanschluss vorgesehen. Die Verteilung im
Kapitel 2 Stand der Technik
15
Boden erfolgte über ein oft flächenbündig mit dem Verbundestrich ausgeführtes Kanalsystem, welches zur Versorgung der Innenzonen Überflurdosen erforderte, selten in
einem Doppelboden. Estrichbündige Auslässe erforderten eine Hauptzuführung in oder
unter der Konstruktionsdecke. Die Dimensionierung sollte eine Nachinstallation gewährleisten. An der Fassade erfolgte die Verteilung über einen Brüstungs- oder
Bodenkanal. Eine Versorgung von der Decke wurde nur in Einzelfällen durchgeführt.
Beleuchtung
Die arbeitsphysiologischen Anforderungen an das Kunstlicht betrafen nach Gottschalk
in Flexible Verwaltungsbauten ([14], erste Auflage 1968 und [15], zweite Auflage 1979)
die Helligkeit, Kontraste, Gleichmäßigkeit, Direkt- und Reflexblendung, Schattigkeit,
Farbcharakter und Farbwiedergabe.
In der ersten Auflage von 1968 [14] wurden ausschließlich 1 - Komponenten-Systeme
zur Beleuchtung von variabel nutzbaren Großräumen empfohlen. Die zusätzliche Arbeitsplatzbeleuchtung wurde ausdrücklich abgelehnt, da sie zu hohe Leuchtdichtekontraste und starke Schlagschatten verursache. Viel Aufmerksamkeit erfuhr der
Übergang von vorwiegend mit Tageslicht und ausschließlich mit Kunstlicht versorgten
Zonen. Hohe Fassadenverglasungsanteile erforderten eine hohe Lichtleistung (1000 lx)
in der Innenzone zur Vermeidung starker Kontraste und unterschiedlicher Arbeitsplatzqualitäten. Für den Großraum wurde eine Reduzierung auf 20 bis 40 %
Fassadenverglasungsanteil empfohlen, denn sie verringerte die erforderliche Mindestbeleuchtungsstärke in der Innenzone auf 750 lx. Diese Maßnahme reduzierte
außerdem die sommerliche Überhitzung und damit die erforderliche Kühlleistung, die
winterlichen Zugerscheinungen und die Bau- und Betriebskosten für Fassade und
Sonnenschutz. Für die fensternahe Zone galt 1968 ohne weitere Begründung: „...ein
Kunstlichtanteil von 500 lx muss bei Tageslichteinfall eingeschaltet sein“ (zitiert nach
[14] S. 146). Das Kunstlicht sollte in Feldern von 50 bis 80 m² zweistufig schaltbar
ausgeführt werden. Die installierte Kunstlichtleistung betrug ca. 25 bis 55 W/m² und
trug mit etwa 40 % zur Gesamtkühlleistung des Gebäudes bei. Als Leuchten standen in
den 1960er und 1970er Jahren zur Verfügung: indirekt strahlende, abgehängte Pendelleuchten, Auf- und Rastereinbauleuchten als Einzelleuchten in versetzter oder
gereihter Anordnung sowie Lichtleisten mit und ohne Reflektor und einem darunter
abgehängten Wabenraster. Zur direkten Wärmeabfuhr wurden bei Beleuchtungsstärken über 500 lx Abluftleuchten empfohlen. Der Beleuchtungswirkungsgrad der Anlagen
betrug ca. 40 bis 60 %. Die Kritik am Großraum fand in der 2. Auflage von 1979 [15]
auch Ihren Niederschlag in den Vorschlägen zur Beleuchtung: 2 - KomponentenSysteme wurden sowohl im Zellen als auch im Großraumbüro als sinnvoll empfohlen,
da sie den individuellen Eingriff ermöglichten und damit auch Betriebskosten senken
halfen. Auch die Beleuchtung von Zellenbüros war wieder eine planerische Aufgabe,
die „von den Bedingungen des Tageslichts“ (zitiert nach [15] S. 114) ausgingt. Bis zu
einer Raumtiefe von 5 m benötigten diese Bereiche nur zu gewissen Tages- und Jahreszeiten eine künstliche Zusatzbeleuchtung. Der Tageslichtquotient am Arbeitsplatz
sollte 10 % betragen. Die Berechnung des Tageslichtquotienten nach [15] ging von
5000 lx als minimalem Wert im Freien an einem bedeckten Wintertag zwischen 10:00
und 14:00 Uhr aus. Eine gänzlich neue arbeitsplatzphysiologische Forderung war:
16
Kapitel 2 Stand der Technik
„Erkennen von Lichtzeichen an glasabgedeckten Geräten mit unter Umständen störenden Spiegelungen“ (zitiert nach [15] S. 114): der Bildschirmarbeitsplatz entstand.
Die Anforderungen an die Beleuchtungsstärke und installierte Leistung der 1960er und
1970er Jahre fasst Tabelle 1 zusammen.
Anforderung [lx]
Leistung von
bis [W/m²]
Verkehrswege
120
6,0
7,0
Archiv, Registratur, Pausenzone
250
12,5
14,0
Büroarbeitsplätze
500
25,0
27,5
1.000
50,0
55,0
Zeichnen, EDV, Großräume
Tabelle 1: Kunstlicht Anforderungen und installierte Leistungen nach [14], [15]
Die Anforderungen an die Beleuchtungsstärke haben sich in den 30 Jahren seit der
Errichtung der untersuchten Verwaltungsbauten für die Großräume von 1000 lx auf
750 lx und die Bildschirmarbeit von 1000 lx auf 500 lx reduziert. Die übrigen Funktionen weisen gleiche oder leicht reduzierte Anforderungen auf. Zusammen mit der in
ihren Wirkungsgraden erheblich verbesserte Lampen- und Leuchtentechnik können die
heute installierten Leistungen im Mittel für Verkehrswege um 33 %, für Büroräume um
50 % und für Großräume um 66 % geringer ausfallen. Dies zeigt der Vergleich der
Tabelle 1 mit Tabelle 2.
Anforderung [lx]
Leistung von
bis [W/m²]
Flure, Verkehrswege in Gebäuden
100
3,5
4,5
Büroräume (fensterorientierte Arbeitsplätze)
300
7,5
10,5
Büroräume
500
11,0
15,0
EDV, Datenverarbeitung, CAD
500
11,0
15,0
Großraumbüros
750
16,0
20,0
Tabelle 2: Kunstlicht Anforderungen und installierte Leistungen nach DIN 5035 und [20]
2.2.4 Sanierungspotenzial der Kunstlichtanlage
Auf der Grundlage dieser installierten Leistungen wurde der Energieverbrauch für eine
11-stündige tägliche Betriebszeit von 6:00 - 17:00 Uhr an 250 Tagen im Jahr hochgerechnet 3. Die so ermittelten Verbräuche und Vollaststunden sind für den Gebäudebestand in Tabelle 3 und für die Sanierung in Tabelle 4 abgebildet.
Verkehrswege (ohne Tageslichtnutzung)
Verbrauch von
bis [kWh/m²a]
8
18
1.400
Vollaststunden [h]
2.750
Büroarbeitsplätze (zum Teil Tageslicht.)
30
44
1.200
1.600
Zeichnen, EDV, Großräume
138
151
2.750
2.750
Tabelle 3: Kunstlicht errechnete Verbräuche 1960er und 1970er Jahre nach [14], [15]
Verkehrswege (ohne Tageslichtnutzung)
Verbrauch von
bis [kWh/m²a]
3
11
Vollaststunden [h]
900
2.500
Büroräume (überwiegend Tageslichtnutzung)
3
7
400
650
Büroräume (zum Teil Tageslichtnutzung)
11
20
1000
1.300
Großraumbüros
44
55
2.750
2.750
Tabelle 4: Kunstlicht errechnete Verbräuche und Ziel und Grenzwerte nach [20]
3
Die Flächenangaben beziehen sich auf die mit der Energiedienstleistung versorgte Nettonutzfläche. Die
Nutzungs-, Regelungs- und Tageslichtfaktoren wurden nach [20] ermittelt. Die Tageslichtautonomie wurde
für überwiegende Tageslichtnutzung mit 60 bis 75 %, für teilweise Tageslichtnutzung mit 20 bis 40 %
angenommen. Für die Flure wurde für den Bestand aus der 1960er und 1970er Jahren ein optimales
Nutzer-verhalten bzw. Dauerlicht, bei einer Neuinstallation Bewegungsmelder bzw. Zeitschaltuhren angenommen.
Kapitel 2 Stand der Technik
17
Sie liegen im Sanierungsfall innerhalb der vom Leitfaden Elektrische Energie [20]
vorgegebenen Grenz- und Zielwerte. Damit ergeben sich mittlere mögliche Reduzierungen für Verkehrswege um ca. 45 %, für Büroräume (jeweils zum Teil tageslichtversorgt) um fast 60 % und für Großräume bis zu 70 %.
Die Reduzierung des Verbrauchs fällt um 10 % größer als die mögliche Reduzierung
der installierten Leistung aus. Die Ursache dafür liegt in veränderten Beleuchtungskonzepten (z.B. der 2 - Komponenten Beleuchtung) und den Regelungsstrategien. Das
vollständige Einsparungspotential erschließt sich im Vergleich mit den Büroräumen mit
überwiegender Tageslichtnutzung: es beträgt bis zu 90 % bei einer Tageslichtautonomie von 75 %, die im Rahmen einer Fassadensanierung durchaus erreichbar ist.
Eine neue Beleuchtungsanlage kann also insgesamt weniger als die Hälfte der installierten Leistung und weniger als 40 % des Verbrauchs benötigen. Voraussetzungen
sind der Einsatz von Lampen mit hoher Lichtausbeute und von Leuchten mit hohen
Wirkungsgraden, die Optimierung der Tageslichtautonomie sowie die Nutzung von
Regelungsmöglichkeiten.
2.3
Sick Building Syndrom
Die in klimatisierten Gebäuden auftretenden Gesundheits- und Befindlichkeitsstörungen und deren Einfußfaktoren wurden seit Ende der 1960er Jahre als „Building Illness“
oder „Sick Building“ Syndrom untersucht. Die Resultate dieser Untersuchungen und
deren planerische Konsequenzen sind im Folgenden kurz zusammengefasst.
2.3.1 Gesundheits- und Befindensstörungen in klimatisierten Gebäuden
Die von Kröling in [21] 1985 veröffentlichten Untersuchungen zeigten in klimatisierten
Verwaltungsgebäuden im Vergleich zu älteren, konventionellen Gebäuden massiver
Bauart mit Lochfassade einen auffällig hohen Dauerschallpegel oberhalb von 50 dB(C),
eine im Tagesverlauf sehr breitbandige Verteilung der Temperaturen von 16 bis 26 °C,
wie auch der Raumluftfeuchten von 45 bis 65 %. Die Werte in den zum Vergleich untersuchten Altbauten ließen dagegen kaum eine Veränderung erkennen. Durch die
Befragungen konnten Beschwerdegruppen isoliert werden, die sich plausibel bestimmten physikalischen, psychologischen, architektonischen Bedingungen zuordnen lassen.
Konventionelle Gebäude waren dabei beschwerdemäßig unauffällig.
Eine wesentliche Ursache der Störungen waren die hohen Luftwechselraten, die in
Messungen 4 bis 8-mal höher als in nicht klimatisierten Gebäuden nachgewiesen
wurden. Sie waren wie unter 2.2, Gebäudetechnik beschrieben technisch erforderlich,
um auf das sich schnell ändernde Raumklima reagieren zu können. Ursachen waren
die geringe Gebäudeträgheit, der aus heutiger Sicht geringe Wärme- und Sonnenschutz, sowie die Fugenundichtigkeiten. Die Folge waren Regelschwankungen mit den
beklagten wechselhaften Temperaturen, die Aufhebung der Temperaturschichtung und
hohe Luftgeschwindigkeiten, die im Heiz- und Kühlfall zur lokalen Entwärmung führen.
Diese wiederum führt zu einer reflektorischen Tonuserhöhung der Nacken- und Schultermuskulatur, bei Dauerexposition zu schmerzhaften Verspannungen und daraus
resultierend Kopfschmerzen. Trotz des großen Angebots an aufbereiteter Frischluft
wurde die Luftqualität dennoch als unbefriedigend beurteilt. Dem subjektiven Bedürfnis
nach „frischer Luft“, oft identisch mit kühler Luft, konnte aufgrund der häufig nicht zu
18
Kapitel 2 Stand der Technik
öffnenden Fenster nicht entsprochen werden. Mögliche Ursachen bestanden auch in
der Geruchsübertragung durch Umluftanteile und der fehlenden Oxydation der Geruchstoffe durch Ozon. Der medizinische und komfortbedingte Nutzen der
Raumluftbefeuchtung, verantwortlich für die Keimbelastungen mit der Folge möglicher
allergischer Reaktionen, wurde angezweifelt. Durch die Luftbefeuchtung und die Aufhebung der Temperaturschichtung wurde auch die Wärmeabgabe erschwert.
Ermüdung, Konzentrationsschwächen und Leistungsabfall konnten die Folge sein. Der
durch RLT-Anlagen gut übertragene niederfrequente Schall (< 100 Hz) wirkt als unspezifischer Stressor und sollte vermieden werden. Mangelnde Selbstbestimmung wie
freie Temperaturwahl, Fensterlüftung und Beleuchtung war ein weiterer wichtiger
Grund für die mangelnde Akzeptanz. Die Beschwerden in Zellen- und Großraumbüros
unterschieden sich allerdings nur in zusätzlichen Kriterien wie dem Mangel an Privatheit im Großraum. Die beschriebenen Ursachen führten wahrscheinlich erst
sekundär zu psychologischen Reaktionsmustern, die die Beschwerden verstärkten.
2.3.2 Sanierungspotenzial zur Vermeidung des Sick Building Syndroms
Dem Beschwerdebild des Sick Building Syndroms kann in der Sanierung abgeholfen
werden durch die Verbesserung des Wärme- und Sonnenschutzes, der Reduzierung
des Luftwechsels auf das hygienisch notwendige Maß, der Realisierung einer natürlichen Lüftung oder der Wahl eines geeigneten Lüftungssystems, z.B. einer
Verdrängungsströmung mit geringen Luftgeschwindigkeiten und dem Erhalt der vertikalen Temperaturschichtung. Der Verzicht auf Befeuchtung, die Schallentkopplung der
Lüftungsanlage und die Integration individueller Regelungsmöglichkeiten sowie der
Verzicht auf bis dahin bekannte Großraumstrukturen tragen ebenfalls zur Reduzierung
des Sick Building Syndroms bei.
Diese Annahme bestätigt die ProKlimA Studie [22] des Jahres 2003. Sie kommt zu
dem Schluss, dass psychosoziale Faktoren die Akzeptanz eines Arbeitsplatzes weit
mehr bestimmen als angenommen. Der Einfluss von Geschlecht, Arbeitszufriedenheit
und Tätigkeitscharakteristika sei ungleich höher zu bewerten als das Raumklima. Die
Auswertung lässt kein signifikantes Risiko durch Klimaanlagen mehr erkennen: „Umweltfaktoren des Innenraums zeigen ... keine Assoziationen zu Befindlichkeitsstörungen“ (zitiert nach [22] S. 208). Veraltete und schlecht gewartete Anlagen wiesen
allerdings eine höhere Rate an Befindlichkeitsstörungen auf. Die Akzeptanz von Klimaanlagen könne durch die Möglichkeit des direkten Nutzereingriffs deutlich erhöht
werden. In natürlich belüfteten Gebäuden wurden Lüftungsqualität und frische der
Raumluft besser bewertet, als es die objektiven Parameter erwarten ließen. In klimatisierten Gebäuden wurde den Parametern Luftfeuchte, Raumtemperatur,
Luftbewegung, Be- und Entlüftung eine signifikant höhere Bedeutung für das Wohlbefinden zugewiesen.
Erst das Zusammenspiel von Tätigkeit, Ausstattung und Raumklima wird gebäudebezogene Befindlichkeitsstörungen vermeiden können. Gebäudespezifische und
gebäudetechnische, sowie die im Folgenden beschriebenen wirtschaftlichen Faktoren
sollten Eingang in ein integrales Sanierungskonzept finden.
Kapitel 2 Stand der Technik
2.4
19
Wirtschaftlichkeit
Wesentliche Parameter zur Beurteilung des Bestands im Hinblick auf eine mögliche
Sanierung sind die Gebäudeflächenkennwerte, die Höhe der Baukosten sowie die
Betriebskosten und der Energieverbrauch.
2.4.1 Flächenkennwerte
Vorgehensweise
Die für den Gebäudebestand hoher Verwaltungsbauten typischen Flächenkennwerte
lassen sich auf der Grundlage der Gebäudedaten von 23 Hochhäusern der Untersuchung von Siegel & Wonneberg [17] ermitteln. Diese 23 Hochhäuser verfügten mit
einer Ausnahme über bis zu 19 Geschosse, eine Geschosshöhe von im Mittel 3,6 m
und bestanden zu fast gleichen Teilen aus Zellen-, Misch- und Großraumbüros. Es
handelte sich also um vergleichsweise „kleine“ Hochhäuser. Sie waren mit einer Ausnahme vollklimatisiert. Aus dem Datensatz für Flächenkennwerte wurden das
26-geschossige und das nicht klimatisierte Hochhaus ausgeschlossen (s. Liste der
Hochhäuser im Anhang Tab. 1). Die Untersuchung „Bau- und Betriebskosten von
Verwaltungsgebäuden“ [17] erfasste 1977 insgesamt 110 Verwaltungsgebäude. Zur
Beurteilung der Flächenwirtschaftlichkeit eines Gebäudes werden im Rahmen dieser
Untersuchung die folgenden flächen- und arbeitsplatzbezogenen, spezifischen Kennwerte gebildet:
ƒ die Hauptnutzflächenkonzentration als m² HNF/m² BGF [%] als Maß für die Flächeneffektivität des Gebäudes,
ƒ der arbeitsplatzspezifische Flächenbedarf als m² BGF/AP und als m² HNF/AP
als Arbeitsplatzdichte bzw. Maß für den Flächenkomfort.
Aus diesen statistisch ermittelten Werten werden Grenz- und Zielwerte abgeleitet, die
als Vergleichsgrundlage künftiger Sanierungen von Hochhäusern herangezogen werden können.
Bei der Bewertung der Flächeneffektivität ist zu berücksichtigen, dass der Anteil von
Garagen- und Sonderflächen an der Bruttogeschossfläche eines Gesamtgebäudes für
Hochhäuser bis zu 43 % beträgt. Um den Einfluss dieser „untypischen“ Flächen zu
eliminieren, wurde mit dem Index r eine nicht genormte, um diese Flächen reduzierte
BGFr definiert. Die Bruttogeschossfläche eines Regelgeschosses wird mit dem Index g
als BGFg bezeichnet. Für den Vergleich unterschiedlicher Gebäude weist die Betrachtung der Flächenkennwerte für ein Regelgeschoss die geringste Unschärfe auf.
Büronutzung
Neben dem klassischen und mit Abstand beliebtesten Bürotyp des Zellenbüros fanden
sich in den hohen Verwaltungsbauten der 1960er und 1970er Jahre vor allem Großraumbüros. Den Großraum gab es als Bürosaal mit weitgehend offener Strukturierung,
als Bürolandschaft oder Raum-in-Raum System. Großraumbüros stellten eine flächenwirtschaftliche Büroform dar, die auch immer einer Klimatisierung bedurfte und den
Nachteil ungleichwertiger Arbeitsplätze aufwies. Es wurden Raumtiefen bis zu 30 m
genutzt. Hochhaus, Großraumnutzung und Curtain Wall ergänzten einander in idealer
Weise. Die Arbeitsplätze konnten flurlos erschlossen werden, die Innenzonen waren
20
Kapitel 2 Stand der Technik
jedoch dauernd künstlich beleuchtet. Den vergleichsweise hohen Bauwerks- und
Technikkosten stand die große Arbeitsplatzdichte gegenüber. Diese Großraumbüros
gelten heute zumeist als Sanierungsfälle, da sie aktuellen Komfortansprüchen nicht
gerecht werden können. Aus dem in die Kritik geratenen Großraum entstand Ende der
1970er Jahre das teamorientierte Gruppenbüro, das rasch auf Änderungen der Organisationsstrukturen reagieren kann. Die gemeinsamen Nutzungen wurden häufig in der
Nähe der Erschließungsbereiche angeordnet. Den niedrigeren Bau- und Betriebskosten stand eine geringere Arbeitsplatzdichte gegenüber.
Einen kurzen Überblick über die Planungskennwerte möglicher Bürotypen im Rahmen
der Sanierung gibt die folgende Tabelle 5. Die Flächenangaben beziehen sich dabei
auf die BGF eines Regelgeschosses auf der Grundlage von Typengrundrissen.
Arbeitsplätze [AP]
Fläche [m²]
Raumtiefe [m]
Klimatisierung
Zellenbüro
1-6
10 - 50
4 - 5,5
Fensterlüftung
Gruppenbüro
8 - 25
100 - 300
15 - 18*
oft teilklimatisiert
25 - 100
400 - 1200
20 - 30
vollklimatisiert
1-2
9 - 12
4 - 5**
Fensterlüftung
Großraumbüro
Kombibüro
* bei Fensterlüftung 12 - 15 m
** Gebäudetiefe 15 - 17 m
Tabelle 5: Planungskennwerte unterschiedlicher Büronutzungen aus [23]
Flächeneffektivität
Zunächst wird der Frage nachgegangen, ob Hochhäuser über eine erwartungsgemäß
geringere Flächeneffektivität verfügen und welchen Einfluss die Klimatisierung hat.
Dazu werden die Angaben aus Siegel & Wonneberg für das Mittel aller Gebäude mit
der Auswertung für Hochhäuser verglichen.
Die erwartete signifikante Zunahme des Verkehrsflächenanteils bei Hochhäusern kann
nicht nachgewiesen werden (s. Tabelle 6). Die Gesamtdifferenz aus Nebennutz-, Funktions-, Verkehrs- und Konstruktionsflächen führt zu der erwarteten Reduzierung des
Büronutzflächenanteils bei Hochhäusern im Vergleich zum Mittel aller Gebäude. Er
beträgt 3 % bei den Zellenbüros und 7 % bei den Großraumbüros.
Maß für den Einfluss der Klimatisierung ist die Größe des Funktionsflächenanteils.
Nicht klimatisierte Gebäude weisen einen deutlich reduzierten Funktionsflächenanteil
auf. So halbiert sich z.B. der Funktionsflächenanteil im nicht klimatisierten Hochhaus
mit Zellenbüros auf 5 %. Der Büronutzflächenanteil erhöht sich jedoch nicht im gleichen Maß, da sich der Bezugsflächenanteil der BGFr entsprechend reduziert. Für nicht
klimatisierte Gebäude kann von einer Erhöhung des Hauptnutzflächenteils von 2 %
ausgegangen werden. Unter der Voraussetzung, dass auch Großraumbüros nicht
vollständig vollklimatisiert errichtet werden müssen, kann diese Erhöhung auch für
Großraumbüros in gleicher Größe angenommen werden.
Mittelwerte vollklimatisierter Büroräume
alle Gebäude Zellenbüros
4
BNF/BGFr
NNF/BGFr
FF/BGFr
VF/BGFr
KF/BGFr
50 %
9%
8%
21 %
10 %
Hochhäuser Zellenbüro
47 %
8%
10 %
21 %
15 %
alle Gebäude Großraum
57 %
10 %
10 %
17 %
7%
Hochhäuser Großraum
50 %
9%
11 %
19 %
10 %
Tabelle 6: Flächenanteile des Gesamtgebäudes bezogen auf BGFr in [%] nach [17]
4
Objekte mit mehr als 70 % Einzel- und Gruppenräumen wurden in [17] zu den Zellenbauten, solche mit
mehr als 70 % Großräumen zu den Großraumbauten gezählt. Nicht klimatisierte Zellenbüros enthalten
einen Gruppenraumanteil von 13,5 %, voll klimatisierte Zellenbüros einen Gruppenraumanteil von 46,1 %.
Kapitel 2 Stand der Technik
21
Im Sanierungsfall werden sich die aufgrund der Vollklimatisierung höheren Funktionsflächenanteile im Gesamtgebäude nur in Ausnahmefällen in Hauptnutzflächen
umnutzen lassen, da sich die Technikzentralen bei den betrachteten „kleinen“ Hochhäusern zumeist auf dem Dach oder im Untergeschoss befinden. Die Umnutzung von
Schachtflächen in den Geschossen ist mit einem hohen konstruktiven Aufwand verbunden und setzt voraus, dass sich keine weiteren Medien mehr darin befinden. Für
die Sanierung behalten daher die Flächenanteile aus dem Gebäudebestand Gültigkeit.
Im Regelgeschoss (s. Tabelle 7) führt die Reduzierung der Nebennutz-, Funktions- und
Konstruktionsflächenanteile zu einer deutlichen Erhöhung der Büronutzflächenkonzentration von Hochhäusern. Diese unterscheiden sich im Normalgeschoss nicht vom Mittel
aller Gebäude. Die Flächenkonzentrationen des Regelgeschosses können auch auf
nicht klimatisierte Gebäude angewendet werden, da der Funktionsflächenanteil nur
1 % beträgt.
Mittelwerte vollklimatisierter Büroräume
BNF/BGFg
NNF/BGFg
FF/BGFg
VF/BGFg
KF/BGFg
alle Gebäude Zellenbüros
62 %
-
-
-
-
Hochhäuser Zellenbüro
62 %
4%
1%
21 %
12 %
alle Gebäude Großraum
76 %
-
-
-
-
Hochhäuser Großraum
72 %
4%
1%
15 %
6%
Tabelle 7: Flächenanteile im Regelgeschoss bezogen auf BGFg in [%] nach [17]
Die Gültigkeit dieser Ergebnisse beschränkt sich auf „kleine“ Hochhäuser mit bis zu
20 Geschossen, wie der Vergleich mit dem nicht ausgewerteten 26-geschossigen
Hochhaus zeigt: Die Hauptnutzflächenkonzentration reduziert sich im Regelgeschoss
dieses Gebäudes mit Mischbürotypologie auf 51 %, verursacht durch einen Verkehrsflächenanteil von 30 %.
Der Kennwert für das Kombibüro als mögliche Organisationsform im Sanierungsfall
wird nach Schütz [24] bestimmt. Die Daten dieser Arbeit beruhen auf einer idealtypischen Grundrissplanung eines Regelgeschosses. Es werden daher nur relative
Kennwerte aus dem Vergleich der Büroorganisationsformen verwendet. Die mittlere
Hauptnutzflächenkonzentration des Kombibüros liegt danach um ca. 4 % unter der des
Großraums und ca. 10 % über der des Zellenbüros. Diese Verhältnismäßigkeit wird
auch auf das Gesamtgebäude übertragen.
Aus der Auswertung des Datensatzes für Hochhäuser ergeben sich die in der folgenden Tabelle 8 genannten Grenz- und Zielwerte der Flächeneffektivität für die Sanierung
von Hochhäusern. Sie werden für den Gebäudevergleich im Rahmen dieser Untersuchung verwendet. Da die Flächen gläserner Vorsatzschalen, die als Konstruktionsflächen Bestandteil der BGF sind, die BGF im Kennwertvergleich untypisch beeinflussen können, bleiben diese Flächen in der BGFg und BGFr unberücksichtigt. Die
Grenzwerte entsprechen dabei dem unteren, die Zielwerte dem oberen Quartil des
Datensatzes aus [17].
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Zielwert
Grenzwert
[HNFg/BGFg] [HNFg/BGFg]
Grenzwert
[HNF/BGFr]
Zielwert
[HNF/BGFr]
Grenzwert
[HNF/BGF]
Zielwert
[HNF/BGF]
Zellenbüro
61 %*
64 %*
51%**
58 %**
38 %**
50 %**
Großraum
69 %
77 %
55 %**
63 %**
39 %**
55 %**
Kombibüro
66 %
73 %
54 %**
61 %**
39 %**
53 %**
* reine Gruppenbüros weisen im Regelgeschoss aufgrund geringerer Verkehrs- und Funktionsflächenteile eine bis zu
4 % höhere Hauptnutzflächenkonzentration nach Schütz auf
** im Bestand nicht vollklimatisierte Gebäude können mit 2 % höheren Werten angenommen werden
Tabelle 8: Grenz- und Zielwerte der Flächeneffektivität nach [17], [24]
22
Kapitel 2 Stand der Technik
Zum Vergleich: Für Hochhäuser beträgt die Flächeneffektivität im Gesamtgebäude im
Mittel 45,5 % HNF/BGF. Sie liegt damit erwartungsgemäß um 3 bis 4 % unter der
mittleren Hauptnutzflächenkonzentration HNF/BGF der Verwaltungsgebäude des BKI
von 49 % (Mittelwert der 28 Verwaltungsgebäude mit mehr als 5.000 m² BGF aus [25])
und 48 % nach VDI 3807. Im Regelgeschoss unterscheiden sich nach [17] die Hochhäuser nicht von Verwaltungsgebäuden geringer und mittlerer Höhe. Bezogen auf die
BGFr des Gesamtgebäudes entsprechen die Zielwerte der Hochhäuser nach [17] den
Mittelwerten der Verwaltungsgebäude geringer und mittlerer Höhe.
Das vollständige Optimierungspotenzial im Sanierungsfall zeigt sich im Vergleich mit
den erreichten Maximalwerten der Hochhäuser nach Siegel & Wonnenberg: Zellenbüros wiesen eine Hauptnutzflächenkonzentration im Regelgeschoss von bis zu 72 %
auf, Großraumbüros von bis zu 90 %. In der Umnutzung von Nebennutz- und Verkehrsflächen zu Hauptnutzflächen liegt in vielen Gebäuden ein erhebliches,
planerisches Optimierungspotenzial.
Flächenkomfort
Die Auswertung auf der Grundlage der Daten von Siegel & Wonneberg zeigt, dass der
Großraum erwartungsgemäß die Nutzungsform mit der größeren Arbeitsplatzdichte im
Vergleich zum Zellenbüro war. Hochhäuser wiesen im Flächenkomfort des Regelschosses bei nahezu gleicher Büronutzflächenkonzentration mit 12 bzw. 13 m²
BNF/AP eine um jeweils ca. 1 m² höhere Arbeitsplatzdichte im Vergleich zum Mittel
aller Gebäude auf. Sie verfügen also über eine größere Anzahl von Arbeitsplätzen auf
gleicher Fläche und gleichen so den höheren Funktions-, Verkehrs- und Konstruktionsflächenbedarf des Gesamtgebäudes aus. Da es in [17] keine Angaben zur Anzahl der
Arbeitsplätze im Regelgeschoss gibt, wird nach stichprobenartiger Überprüfung angenommen, dass die Arbeitsplatzdichte als BNF/AP im Regelgeschoss und im
Gesamtgebäude gleich groß ist. Die Kennwerte der Arbeitsplatzdichte erhöhen sich
proportional zu den im Gesamtgebäude sinkenden Büronutzflächenkonzentrationen.
Die Arbeitsplatzdichte im Gebäudebestand zeigt die nachfolgende Tabelle 9.
Mittelwert
Mittelwert
Mittelwert
aller Gebäude Hochhäuser aller Gebäude Hochhäuser aller Gebäude Hochhäuser
[m² BGFg /AP] [m² BGFg /AP] [m² BGFr /AP] [m² BGFr/AP] [m² BGF/AP] [m² BGF/AP]
Zellenbüro voll klimatisiert
20,4 m²
19,7 m²
26,2 m²
25,4 m²
31,7 m²
31,0 m²
Großraum voll klimatisiert
18,5 m²
18,0 m²
24,5 m²
26,5 m²
31,1 m²
33,4 m²
Tabelle 9: arbeitsplatzspezifische Flächenkennwerte nach [17]
Auch die Gültigkeit dieser Ergebnisse beschränkt sich auf „kleine“ Hochhäuser mit bis
zu 20 Geschossen. Im 26-geschossigen Hochhaus z.B. steigt der Flächenkomfort auf
22,5 m² BGFg /AP obwohl der mit 51 % geringen Hauptnutzflächenkonzentration durch
eine vergleichsweise hohe Arbeitsplatzdichte mit 11,4 m² BNF/AP begegnet wird.
Zur Bestimmung von Grenz- und Zielwerten für die Sanierung stellt sich die Frage,
welche arbeitsplatzspezifischen Flächenkennwerte dem heutigen Arbeitsplatzkomfort
entsprechen. In Siegel & Wonneberg wird eine Zunahme des Flächenbedarfs um
durchschnittlich mehr als 2 m² BNF je Arbeitsplatz von 1967 bis 1977 dokumentiert und
mit einem gestiegenen Flächenanspruch begründet. Die Untersuchung von Schütz
weist 1994 für das Zellenbüro im Vergleich zu 1977 keine weitere Steigerung aus.
Da keine aktuellen statistischen Auswertungen zur Arbeitsplatzdichte im Verwaltungsbau zur Verfügung stehen, werden die Kennzahlen des Hochhausdatensatzes nach
Kapitel 2 Stand der Technik
23
[17] auch in der Sanierung angewendet. Den Angaben für das Kombibüro liegt eine um
5 % höhere Arbeitsplatzdichte im Vergleich zum Zellenbüro nach Schütz zugrunde. Die
Grenz- und Zielwerte der auf die Bruttogeschossfläche bezogenen Arbeitsplatzdichte
(s. Tabelle 10) wurden aus dem oberen bzw. unteren Quartil des Datensatzes berechnet. Aus den Tabellen 8 und 10 ergeben sich die in Tabelle 11 genannten, auf die
Hauptnutzfläche bezogenen Arbeitsplatzdichten.
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Zielwert
Grenzwert
Zielwert
Grenzwert
Zielwert
Grenzwert
[m² BGFg /AP] [m² BGFg /AP] [m² BGFr /AP] [m² BGFr /AP] [m² BGF/AP] [m² BGF/AP]
Zellenbüro
23 m² *
17 m² *
28 m² **
22 m² **
36 m² **
27 m² **
Großraum
20 m²
16 m²
27 m² **
21 m² **
37 m² **
24 m² **
Kombibüro
24 m²
18 m²
31 m² **
25 m² **
43 m² **
* reine Gruppenbüros weisen im Regelgeschoss einen um 10 % größeren Flächenbedarf nach Schütz auf
** im Bestand nicht vollklimatisierte Gebäude können mit 5 % geringeren Werten angenommen werden
28 m² **
Tabelle 10: Grenz- und Zielwerte der Arbeitsplatzdichte bezogen auf die BGF nach [17], [24]
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Zielwert
Grenzwert
Zielwert
Grenzwert
[m² HNFg /AP] [m² HNFg /AP] [m² HNF/AP] [m² HNF/AP]
Zellenbüro
13,7 m² *
11,2 m² *
14,5 m² **
12,8 m² **
Großraum
13,8 m²
12,2 m²
14,9 m² **
13,3 m² **
Kombibüro
15,7 m²
13,5 m²
16,8 m² **
15,0 m² **
* reine Gruppenbüros weisen im Regelgeschoss einen um 20 % größeren Flächenbedarf nach Schütz auf
** im Bestand nicht vollklimatisierte Gebäude können mit 2 % geringeren Werten angenommen werden
Tabelle 11: Grenz- und Zielwerte der Arbeitsplatzdichte bezogen auf die HNF nach [17], [24]
2.4.2 Baukosten
Vorgehensweise
Zunächst werden die Angaben zu Neubaukosten auf der Grundlage des BKI [25] und
der Untersuchung „Bau- und Betriebskosten von Verwaltungsgebäuden“ [17] ausgewertet und einander gegenübergestellt. Die Kostenkennwerte des Neubaus dienen als
Vergleichswerte für die im Sanierungsfall entstehenden Baukosten, die unter Zugrundelegung sanierungsspezifischer Baukostenteile aus den Angaben nach [25] ermittelt
und stichprobenartig überprüft werden können.
Die Erhebung des BKI [25] umfasst 73 Gebäude, beinhaltet jedoch keine Hochhäuser.
Die Einordnung in die Standards kann anhand einer nach Kostengruppen gegliederten
Punktewertung (s. Anhang Abb. 2) erfolgen. Dabei haben die Qualitätskriterien der
Kostengruppe 300 einen mit steigender Gebäudequalität abnehmenden Anteil an der
Gesamtbewertung. Wesentlichen Einfluss auf die qualitative Einordnung haben die
Fassadenausbildung in Material und Fassadentypologie, die Qualität des Ausbaus und
der gebäudetechnische Ausstattungsstandard. Die 23 vergleichsweise „kleinen“ Hochhäuser der Untersuchung aus [17] wurden zu 43 % mit einer Vorhangfassade und zu
57 % mit einer Bandfassade ausgeführt. Sie waren mit einer Ausnahme vollklimatisiert.
Nur zwei Hochhäuser wurden als Stahlbauten ausgeführt. Sie lagen in den Herstellungskosten je m² BGF um 12 % über den Stahlbetonskelettkonstruktionen. Die
Baukosten nach Siegel & Wonnenberg [17] wurden über den Baupreisindex mehrwertsteuerbereinigt auf das 1.Quartal 2004 hochgerechnet und mit den Mittelwerten für
Verwaltungsbauten aus [25] verglichen. Der Baupreisindex stieg seit 1975 um 60 %.
Die Auswertung des Datensatzes aus [17] unterschied nach Klimatisierung und Gebäudehöhe.
24
Kapitel 2 Stand der Technik
Alle flächen- und arbeitsplatzbezogenen, spezifischen Kostenangaben beziehen sich
auf den m² Bruttogeschossfläche nach DIN 277 und sind Nettobaukosten der Kostengruppen 300 und 400 nach DIN 276.
Neubaukosten
Die Gegenüberstellung der Mittelwerte der spezifischen Kostenanteile für Rohbau,
Ausbau und Technik nach Gebäudekategorien in Abb. 13 zeigt, dass die Verwaltungsgebäude des einfachen Standards nach BKI in den Gesamtkosten den nicht
klimatisierten Gebäuden nach Siegel & Wonneberg mit für Technik und Ausbau jeweils
leicht reduzierten Anteilen entsprechen. Gebäude des mittleren Standards nach BKI
liegen in den Gesamtkosten um 20 % über den teilklimatisierten Gebäuden, im hohen
Standard sogar um 36 % über den vergleichbar aufwändigsten Gebäuden der Untersuchung nach Siegel & Wonneberg. Verantwortlich für diese deutliche Kostendifferenz
ist der heute signifikant höhere Kostenanteil des Ausbaus. Er verursacht 60 % der
Kostendifferenz zu den vollklimatisierten „nicht - Hochhäusern“. Die Technikkosten
hingegen weisen mit höherem Gebäudestandard nach BKI eine in absoluten Zahlen
vergleichbare Steigerung zu den Technikkosten nach Siegel & Wonnenberg bei steigendem Klimatisierungsgrad auf. Die Baukosten der vollklimatisierten Hochhäuser
liegen mit 106 % nur geringfügig über den Kosten vergleichbarer „nicht - Hochhäuser“.
Bei diesem Vergleich ist zu berücksichtigen, dass die Erhebung des BKI eine mittlere
Gebäudegröße von 6.000 m² BGF im mittleren und hohen Standard umfasst. Für Gebäude von mehr als 5.000 m² BGF nehmen die Baukosten um 3 bis 8 % ab. Der
Datensatz der Gebäude aus der Untersuchung von Siegel & Wonnenberg weist eine
mittlere Gebäudegröße von 11.000 m² BGF für die vollklimatisierten Gebäude bis
mittlere Höhe und von 32.000 m² BGF für die Hochhäuser auf. Hier gab es keinen
statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der Gebäudegröße und den Kosten.
1.400
Baukosten [€/m²BGF netto]
1.200
1.000
800
600
400
200
0
NK bis
TK bis
BKI einf ach
mittlere Höhe
mittlere Höhe
BKI Mitte
VK bis
mittlere Höhe
BKI hoch
VK,
Hochhaus
Technik
145
128
231
249
333
359
364
Ausbau
270
236
310
384
325
530
318
Rohbau
294
301
349
443
332
456
372
Abb. 13: Neubau Netto-Baukosten je m² BGF nach Klimatisierung, Gebäudehöhe und Alter 5
5
Unter nicht - klimatisierten Gebäuden (NK) wurden auch teilbelüftete Gebäude erfasst. Unter teilklimatisierten Gebäuden (TK) wurden Gebäude erfasst, die in der Gesamtkonzeption nicht oder teilbelüftet und in
Sonderräumen vollklimatisiert sind. Nicht- und teilklimatisierte Gebäude bis mittlerer Höhe bestanden zu
100 % aus Zellenbüros, voll klimatisierte Gebäude bis mittlerer Höhe bestanden zu 19 bzw. 68 % aus
Zellen-, bzw. Großraumbüros, Hochhäuser bestanden zu 36 bzw. 41 % aus Zellen-, bzw. Großraumbüros.
Kapitel 2 Stand der Technik
25
Die im wesentlichen auf den heute höheren Ausbaustandard zurückzuführenden gestiegenen Baukosten nach BKI werden für den Kostenvergleich in dieser Untersuchung
zugrunde gelegt. Da sich mit zunehmender Gebäudegröße im mittleren und hohen
Standard des BKI eine Kostenreduzierung abzeichnet, wird angenommen, dass sich
für „kleine“ Hochhäuser die hochhausspezifischen Mehrkosten in etwa gegen diese
Kostenreduzierung aufheben. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass Hochhausneubauten in den meisten Fällen als Stahlbetonskelettkonstruktionen mit Band- oder
Vorhangfassaden errichtet werden. Diese Bauwerkstypologie findet sich einer entsprechenden BKI Auswertung zufolge ausschließlich im mittleren und hohen Standard, so
dass insgesamt mit mittleren Neubaukosten von ca. 1.100 €/m² BGF bis ca.
1.350 €/m² BGF netto gerechnet werden kann.
Sanierungskosten
Da keine statistisch relevanten Angaben zu Sanierungskosten großer Verwaltungsgebäude zur Verfügung stehen, werden je nach Sanierungsumfang anteilige Kosten aus
den Neubaukennzahlen des BKI bestimmt und stichprobenartig mit zwei im BKI dokumentierten Objekten verglichen. Der einfache Sanierungsstandard umfasst dabei keine
Eingriffe in den konstruktiven Bestand und geht vom Erhalt weiter Teile des Ausbaus
und einer einfachen gebäudetechnischen Ausstattung aus. Der hohe Sanierungsstandard beschreibt eine Kernsanierung mit geringen Eingriffen in den konstruktiven
Bestand und einen Ausbau- und Technikanteil, der dem des hohen Neubaustandards
entspricht. Aus dieser qualitativen Beschreibung lassen sich Sanierungskostenanteile
(Tabelle 12) bezogen auf die Neubaukosten des hohen Standards nach BKI ermitteln.
Sanierungsstandard
Rohbau
Ausbau inkl. Abbruch
Technik inkl. Demontagen
einfach
0%
44 %
30 %
mittel
5%
71 %
60 %
hoch
10 %
110 %
110 %
Tabelle 12: Kostenanteile nach Sanierungsstandards bezogen auf die Neubaukosten des hohen Standards nach [25]
Auf der Basis dieser Annahmen ergeben sich die in Abb. 14 dargestellten Sanierungskosten von 340 bis 1.020 €/m² BGF netto.
1.400
Baukosten [€/m²BGF netto]
1.200
1.000
800
600
400
200
0
Sanierung einfacher
Standard
Sanierung mittlerer
Standard
Sanierung hoher
Standard
Technik incl. Demontagen
108
215
394
Ausbau incl. Abbruch
233
379
583
0
23
46
Rohbau
Abb. 14: Sanierung Netto-Baukosten je m² BGF
26
Kapitel 2 Stand der Technik
Die Kosten gläserner Vorhangfassaden sind Bestandteil der Ausbaukosten. Die Sanierungskosten sind im hohen Standard dreimal höher als im einfachen Standard. Diese
im Vergleich zu den Neubaukennwerten große Preisspanne lässt auf ein hohes Optimierungspotenzial schließen. Mit 340 bis 1.020 €/m² BGF netto liegen die Sanierungskosten damit im hohen Standard um 25 % und im einfachen Standard um 70 % unter
den entsprechenden Neubaukennwerten. Da bei der Sanierung von Hochhäusern mit
gläsernen Vorsatzschalen das Konzept der freien Lüftung ein wesentliches Ziel ist,
sollten die Technikkosten nicht über den Anteil im mittleren Standard hinaus reichen.
Der Vergleich mit zwei im BKI [25] dokumentierten Sanierungsvorhaben bestätigt die
ermittelten Kostenkennwerte für die Sanierung. Hierbei bleibt das Objekt 4100-027
Schulzentrum sogar noch unter dem einfachen Standard. Das Objekt 1300-092 Verwaltungsgebäude liegt als Kernsanierung mit den Bauwerkskosten im hohen, mit den
Technikkosten als nicht klimatisiertes Gebäude mit hohem Anteil zentraler Dienstleistungen im mittleren Standard.
Legt man die Richt- und Zielwerte des Flächenbedarfs von 34 - 43 m² BGF/AP bzw.
23 bis 28 m² BGF/AP aus Tabelle 10 zugrunde, so lassen sich arbeitsplatzspezifische
Sanierungskosten für Hochhäuser errechnen (s. Tabelle 13). Die Zielwerte liegen hier
jeweils um ca. 33 % unter den Grenzwerten. Hohe Hauptnutzflächenkonzentrationen
und geringer arbeitsplatzspezifischer Flächenbedarf führen zu geringen arbeitsplatzspezifischen Baukosten, einer Kennzahl, die die Gebäudequalität und den
Gebäudenutzen zugleich beschreibt.
Sanierungsstandard Hochhäuser bis 20 Geschosse
Grenzwert [€/AP]
Zielwert [€/AP]
einfach
11.500 – 14.500
8.000 – 9.500
mittel
21.000 – 26.500
14.000 – 17.500
hoch
35.000 – 44.000
23.500 – 29.000
Tabelle 13: Grenz- und Zielwerte der arbeitsplatzspezifischen Sanierungskosten für Hochhäuser, netto
2.4.3 Energieverbrauch
Vorgehensweise
Zunächst werden Ziel- und Grenzwerte des Energieverbrauchs für die Sanierung von
Hochhäusern ermittelt. Der Vergleich mit den Verbrauchswerten im Gebäudebestand
beschreibt das energetische Sanierungspotenzial dieses Gebäudetyps. Alle Angaben
beziehen sich auf die Nettogrundfläche und sind Jahresverbräuche.
Energiekennwerte
Auf der Grundlage der Energiebedarfskennzahlen von „typischen“ Verwaltungsgebäuden gemäß SIA 380/4 aus SolarBau Monitor [26] wurden Energiekennzahlen für die
Sanierung von Hochhäusern abgeleitet, die deren typische Merkmale berücksichtigen
(s. Tabelle 14). Die Grenz- und Zielwerte des Wärmeverbrauchs wurden um 30 %
erhöht, um den höheren Lüftungswärmebedarf aufgrund des mit der Höhe zunehmenden Winddrucks zu berücksichtigen. Die häufig diskutierte Reduzierung des
Transmissions- und Lüftungswärmebedarfs durch Doppelfassaden wurde nicht in
Ansatz gebracht (vgl. Kapitel 6.2.4, Jahreswärmebilanz). In der Summe kann der Primärenergieverbrauch einschließlich der Arbeitshilfen 160 kWh/m² betragen. Zur
Abschätzung des Sanierungspotenzials werden diese Energiekennwerte den Verbräu-
Kapitel 2 Stand der Technik
27
chen des ausgewerteten Gebäudebestands aus Siegel & Wonneberg [17] und ausgewählten Literurangaben in Abb. 15 gegenübergestellt. Für ca. 60 % der in [17]
untersuchten Gebäude wie auch der Hochhäuser standen verwertbare Energiekennzahlen zur Verfügung.
Typ 1*
Typ 2*
Typ 3*
Hochhaussanierung**
Typ I geringe
Ausstattung
Hochhaussanierung**
Typ II mittlere
Ausstattung
Hochhaussanierung**
Typ III hohe
Ausstattung
Wärme
58-84
58-84
58-84
75-109
75-109
75-109
Summe Strom
70-100
17-34
28-56
68-100
28-46
38-73
Beleuchtung
5-9
8-16
8-16
5-9
8-16
8-16
Lüftung, Klima
3-6
6-12
16-25
3-6
8-18
16-25
Arbeitshilfen
3-8
5-11
5-11
3-8
5-11
5-11
Zentrale Dienste
2-3
5-9
36-40
10-15
12-20
36-40
Diverse Technik
5-8
5-8
5-8
5-8
5-8
5-8
115-194
148-260
268-392
161-258
197-339
293-420
Summe Primärenergie
23—39
30-53
56-82
32-52
40-70
61-87
Summe Emissionen
* Typ 1: Einzel- oder Gruppenbüros, normaler Technisierungsgrad EDV, hoher Anteil fensternaher Arbeitsplätze, keine
oder nur geringfügige raumlufttechnische Anlagen
* Typ 2: Gruppen- oder Großraumbüros, überdurchschnittlicher Technisierungsgrad EDV, Arbeitsplätze z.T. mit wenig
Tageslicht, höherer Anteil an raumlufttechnisch behandelten Flächen
* Typ 3: wie 2, zusätzlich zentrale EDV-Anlage und Serviceleistungen
**Typ I: geringe technische Ausstattung wie Typ1 zusätzlich Aufzuganlagen als zentrale Dienste
**Typ II: mittlere technische Ausstattung wie Typ 2, Teilbereiche mechanisch gekühlt, zusätzlich Aufzuganlagen als
zentrale Dienste
**Typ III: hohe technische Ausstattung wie Typ 3
Tabelle 14: Grenz- und Zielwerte des Endenergieverbrauchs in kWh/m²NGFa, Emissionen kgCO2/m²NGFa;
die Umrechnung in Primärenergie und CO2 Emissionen erfolgt unter der Annahme einer Beheizung mit Erdgas, Primärenergiefaktor nach DIN V 4701-10 2003-08, Emissionsfaktor nach GEMIS
in [26]
Der durchschnittliche Wärmeverbrauch nicht klimatisierter Objekte betrug nach Siegel
& Wonneberg ca. 130 kWh/m². Vollklimatisierte Objekte benötigten ca. 180 kWh/m².
Diese Werte stimmen mit den Angaben aus SIA 380/1 1993 [28] für Bestandsgebäude
außerordentlich gut überein.
250
Wärmeverbrauch [kWh/m²NGFa
]
ZVK Hochhäuser
GVK Hochhäuser
SIA VK typischer Bestand
200
SIA TK typischer Bestand
SIA NK typischer Bestand
150
GVK
ZVK
VDI Mittelw ert
ZTK
ZNK
100
VDI Richtw ert
SIA NK soll Sanierung
SIA NK soll Neubau
50
SIA VK soll Sanierung
SIA TK soll Sanierung
SIA TK soll Neubau
SIA VK soll Neubau
0
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
Stromverbrauch [kWh/m²NGFa]
Ziel- und Grenzwerte für die Sanierung von Hochhäusern
Verbräuche und Vergleichsw erte für Verw altungsgebäude aus VDI 3801*und SIA 380/1 **
* die VDI 3807 [30] bezieht sich auf [31] ohne Berücksichtigung des Gebäudealters; Faktor BGF/NGF: 0,87
** der in der SIA 380/1 [28] genannte Flächenbezug EBFbrutto wurde NGF gemäß SIA 180/4 [29] gleichgesetzt
Abb. 15: Wärme- und Stromverbrauch im Vergleich
28
Kapitel 2 Stand der Technik
Der mittlere Wärmeverbrauch von Hochhäusern liegt mit rd. 240 kWh/m² um mehr als
30 % über dem Mittel aller vollklimatisierten Gebäude. Auch die Wärmekosten von
Hochhäusern liegen nach OSCAR 2004 [32] signifikant um mehr als 30 % über dem
Mittel aller Gebäude (s. Kapitel 2.4.4, Betriebskosten). Auf der Datengrundlage von
[17] stellt Treuter in [27] einen mit der Gebäudehöhe zunehmenden Wärmeverbrauch
unter Berücksichtigung aller vollklimatisierten Gebäude fest. Das 26-geschossige
Gebäude mit einem Wärmeverbrauch von 450 kWh/m² wurde aufgrund seiner im Vergleich außerordentlichen Höhe aus dem Vergleich ausgeschlossen. Der Wärmeverbrauch von Hochhäusern kann nach der Sanierung, unabhängig vom Grad der
technischen Ausstattung, 75 kWh/m² erreichen. Die Reduzierung ist abhängig vom
Grad der Klimatisierung des Bestandsgebäudes. Sie sollte mehr als 50 % betragen.
Der durchschnittliche Stromverbrauch nicht klimatisierter Zellenbauten nach Siegel &
Wonnenberg in Höhe von ca. 25 kWh/m² war im wesentlichen auf die künstliche Beleuchtung und einen kleinen Anteil für Arbeitsmittel und zentrale Dienste zurückzuführen. Vollklimatisierte Gebäude benötigten im Mittel ca. 100 bzw. 175 kWh/m² für
Zellen- bzw. Großraumbüros. Diese Differenz war wesentlich in dem ständig erforderlichen Kunstlicht begründet. Der Verbrauch von Hochhäusern mit 120 bzw. 180 kWh/m²
liegt leicht über dem des Mittels aller Gebäude. Bei diesen Verbrauchswerten ist zu
berücksichtigen, dass der Ausstattungsstandard mit Arbeitshilfen und zentralen Diensten zur Zeit der Untersuchung 1977 als gering angenommen werden kann. Auch
bezüglich des Stromverbrauchs weisen die Mittelwerte eine gute Übereinstimmung mit
den Angaben nach SIA auf. Einzig der Stromverbrauch von Großraumbauten scheint
dort nicht berücksichtigt worden zu sein.
Das Einsparpotenzial des Stromverbrauchs ist in hohem Masse abhängig vom geforderten Grad der technischen Ausstattung des zu sanierenden Gebäudes und weist
demzufolge eine große Spannweite auf. Gegenüber dem vollklimatisierten Bestand
kann der Stromverbrauch um 15 bis 75 % beim Zellenbüro bzw. um 45 bis 85 % beim
Großraumbüro reduziert werden. Im Fall eines nicht klimatisierten Bestandsgebäudes
kann sich der Stromverbrauch im Gegenteil sogar erhöhen. Das Einsparpotenzial
betrifft vor allem die Bereiche Lüftung und Klima sowie Beleuchtung (vgl. Kapitel 2.2.2
bzw. 2.2.4, Sanierungspotenzial der Lüftungstechnik bzw. der Kunstlichtanlage).
2.4.4 Betriebskosten
Vorgehensweise
Als Grundlage für die Betriebskostenkennwerte werden die Angaben in der jährlich
erscheinenden Betriebskostenanalyse OSCAR [32] ausgewertet. Dabei wird der Fragestellung nachgegangen, inwieweit sich Hochhäuser von anderen Gebäuden
unterschieden und wie groß ein mögliches Sanierungspotenzial ist.
Als Nebenkosten gelten alle umlegbaren Kosten. Alle Kostenangaben beziehen sich
auf die oberirdische NGF und sind monatliche Nettokosten.
Kostenkennwerte
Der Durchschnittswert aller umlegbaren Nebenkosten betrug in der Ausgabe 2004 [32]
2,97 € und lag damit um 8 % über dem Vorjahreswert. Im langjährigen Vergleich verzeichneten die vollklimatisierten Gebäude einen Rückgang um mehr als 30 %, die nicht
Kapitel 2 Stand der Technik
29
klimatisierten Gebäude erreichen 2004 wieder den Kostenstand von 1996. Der Anteil
der Kostengruppe Dienstleistung und Versicherung beträgt im Mittel 56 %, der Versorgung 26 % und der öffentlichen Abgaben 18 % der Nebenkosten. In der Gruppe
Versorgung entfallen 51 % der Kosten auf die Heizung, 32 % auf Stromkosten. Für die
Zukunft wird in allen Bereichen mit weiter steigenden Nebenkosten gerechnet. Der
mittlere Anteil der Nebenkosten an den Bürokosten betrug 19 % bei einer mittleren
Nettokaltmiete von 13,12 €.
Der Vergleich der Nebenkosten in Abhängigkeit von der Geschosszahl, der seit 2003
durchgeführt wird, zeigt, dass die durchschnittlichen Nebenkosten bei einem Hochhaus
um 15 % höher als bei einem Gebäude mit weniger als 8 Geschossen liegen. Dabei
sind die Kosten bei beiden Häuserarten im Vergleich zum Vorjahr in ähnlicher Größenordnung gestiegen. „nicht - Hochhäuser“ haben eine Kostensteigerung von 10 %,
Hochhäuser eine Erhöhung von 7 % zu verzeichnen. Die größten Unterschiede in den
Nebenkosten sind in den Kostenkategorien Wartung, Strom, Bewachung und Heizung
zu finden. Hier liegen die Nebenkosten in Hochhäusern absolut betrachtet bedeutend
höher als in kleineren Gebäuden. Die hohen Heizenergiekosten der Hochhäuser entsprechen dem hohen Heizenergiekennwert.
Da die Nebenkosten auch in hohem Masse von der Gebäudequalität abhängen, wird
dieser Nebenkostenvergleich der Auswertung nach Geschosszahl gegenübergestellt
(vgl. Tabelle 15 und Abb. 16). Der Vergleich der Nebenkosten in Abhängigkeit von der
Gebäudequalität wird seit 2002 für alle Gebäude durchgeführt (s. Anhang Abb. 3,
Kriterien der Gebäudequalität) und zeigt im mittleren Standard in den 4 Kostenkategorien Wartung, Strom, Bewachung und Heizung ähnliche Differenzen wie die „nicht Hochhäuser“ zu den Hochhäusern auf. Der mittlere Standard entspricht den Gebäudequalitätskriterien zufolge einem Hochhaus mit mittlerer technischer Ausstattung. Von
der Annahme ausgehend, dass die Strom- und Wartungskosten des mittleren Standards auch für Hochhäuser mit mittlerer technischer Ausstattung gelten, wird mit den
hochhausspezifischen Mehrkosten aus Heizung und Bewachung eine Nebenkostensumme von ca. 3,00 € erwartet. Im hohen Standard sind nur die Wartungskosten
signifikant kleiner als in Hochhäusern. Hier wird eine Nebenkostensumme für Hochhäuser mit hoher technischer Ausstattung von ca. 3,30 € erwartet.
€Netto/m²NGFMonat
bis 8
Hochhaus
einfach
mittel
hoch
Mittel 2004
Öffentliche Abgaben
0,51 €
0,54 €
0,50 €
0,52 €
0,52 €
0,53 €
Strom
0,23 €
0,34 €
0,17 €
0,23 €
0,34 €
0,24 €
Heizung
0,38 €
0,43 €
0,36 €
0,38 €
0,42 €
0,39 €
Wasser, Kanal
0,13 €
0,11 €
0,11 €
0,13 €
0,14 €
0,13 €
Summe Versorgung
Versicherung
0,74 €
0,15 €
0,88 €
0,15 €
0,64 €
0,12 €
0,74 €
0,15 €
0,90 €
0,18 €
0,76 €
0,16 €
Wartung
0,29 €
0,47 €
0,24 €
0,32 €
0,37 €
0,32 €
Reinigung
0,26 €
0,28 €
0,27 €
0,26 €
0,26 €
0,27 €
Bewachung
0,22 €
0,27 €
0,19 €
0,23 €
0,24 €
0,23 €
Verwaltung
0,35 €
0,37 €
0,36 €
0,34 €
0,37 €
0,36 €
Hausmeister
0,26 €
0,28 €
0,25 €
0,26 €
0,25 €
0,25 €
Sonstiges
0,08 €
0,06 €
0,14 €
0,07 €
0,07 €
0,08 €
Summe Dienst. / Vers.
1,61 €
2,86 €
1,88 €
3,30 €
1,57 €
2,71 €
1,63 €
2,89 €
1,74 €
3,16 €
1,67 €
2,97 €
Gesamtkosten
unterstrichen hochhausspezifische Kostenkategorien
Tabelle 15: Nebenkosten nach Geschosszahl und Qualitätsstandard (einfach, mittel, hoch) im Vergleich
zum Mittel aller Gebäude, OSCAR 2004 [32]
30
Kapitel 2 Stand der Technik
Außerdem stehen Auswertungen nach Klimatisierung, Standort, und Gebäudegröße
zur Verfügung. Dabei weisen unklimatisierte Gebäude nur in den Stromkosten einen
signifikanten Unterschied zum mittleren Standard auf. Vollklimatisierte Gebäude entsprechen dem hohen Standard. Die Auswertung nach Standort vergleicht nur Gebäude
in den Metropolregionen, so dass dieses Kriterium im Rahmen dieser Untersuchung
unberücksichtigt bleibt. Die Auswertung nach Gebäudegröße zeigt mit zunehmender
Gebäudegröße steigende Kostenanteile für Strom und Bewachung. Alle anderen Kostenkategorien weisen mit zunehmender Gebäudegröße fallende Kosten aus, so dass
auch die Summe der Nebenkosten sinkt. Das Kriterium der Gebäudegröße bleibt in
dieser Untersuchung unberücksichtigt, da es sich bei Hochhäusern um vergleichsweise
große Gebäude handelt, die größenabhängige Kostenentwicklung also bereits in den
Nebenkosten für Hochhäuser enthalten ist. Doppelfassadenspezifische Nebenkostenanteile wurden [32] nicht betrachtet.
Umlegbare Nettobetriebskosten
3,50 €
3,00 €
2,50 €
2,00 €
1,88 €
1,61 €
1,57 €
1,63 €
1,74 €
1,74 €
1,63 €
1,67 €
1,50 €
1,00 €
0,74 €
0,88 €
0,64 €
0,74 €
0,90 €
0,51 €
0,54 €
0,50 €
0,52 €
0,52 €
bis 8
2,86€
Hochhaus
3,30€
einfach
2,71€
mittel
2,89€
hoch
3,16€
0,67 €
0,89 €
0,76 €
0,54 €
0,53 €
0,50 €
-
0,53 €
€
Öffentliche Abgaben
Versorgung
unklimatisiert vollklimatisiert Mittel 2004
2,83€
3,17 €
2,97€
Dienstleistung/Versicherung
Abb. 16: Nebenkostenvergleich nach Gebäudehöhe, Klimatisierung und Qualität, OSCAR 2004 [32]
Der nur in der Ausgabe 2000 durchgeführte Vergleich nach Gebäudealtersklassen und
Klimatisierung kann als Referenz für die Betriebskosten im Gebäudebestand herangezogen werden. Ein Sanierungspotenzial kann für Hochhäuser nicht abgeschätzt
werden, da zum einen die Größe der hochhausspezifischen Kostenanteile nicht bekannt ist und zum anderen der Einfluss der langfristigen Nebenkostenentwicklung nicht
abgeschätzt werden kann.
Mit Hilfe der in OSCAR seit 1996 jährlich durchgeführten Datenerhebung können die
im Rahmen dieser Untersuchung erfassten Betriebskosten mit den entsprechenden
Abrechnungszeiträumen verglichen werden. Differenzen in einzelnen Kategorien können hier Optimierungspotentiale aufzeigen. Für Daten aus Bestandsgebäuden kann die
Auswertung nach Gebäudealtersklassen herangezogen werden. Nebenkosten nach
der Sanierung werden den Auswertungen nach Geschosszahl und Gebäudequalität
gegenübergestellt.
Auch bei Siegel & Wonneberg [17] wurden 1977 Betriebskosten erhoben. Für 17 von
23 Hochhäusern und 77 von 110 Gebäuden insgesamt standen z.T. unvollständige
Angaben zu den Nebenkosten zur Verfügung. Hochhäuser lagen dieser Untersuchung
zufolge in der Kategorie „Wartung und Hausverwaltung“ um 20 % über vergleichbaren
Nebenkostenanteilen, für Wärme und Strom um mehr als 40 %. Dies bestätigt die
Ergebnisse der Nebenostenauswertung für Hochhäuser nach OSCAR. Ein Vergleich
Kapitel 3 Ausgangspunkt und Ziel der Arbeit
31
mit den einzelnen Kategorien der Betriebskostenanalyse OSCAR lässt sich nicht herstellen, da die Daten nicht vollständig erhoben wurden und die Inhalte der einzelnen
Kostengruppen nicht vergleichbar sind.
2.4.5 Wirtschaftliches Sanierungspotenzial
Anhand der im Vorhergehenden ermittelten flächenwirtschaftlichen Kenngrößen für die
Sanierung von Hochhäusern der 1960er 1970er Jahre lässt sich zum einen der Gebäudebestand einordnen und es wird zum anderen das Optimierungspotenzial einer
Sanierung aufgezeigt. Die Baukosten weisen mit ca. 350 im einfachen bis ca.
1.000 €/m² BGF im hohen Sanierungsstandard eine große Preisspanne auf, die auf ein
großes Optimierungspotenzial schließen lässt. Die Sanierungskosten liegen damit im
einfachen Standard um 70 % und im hohen Standard um 25 % unter den entsprechenden Neubaukennwerten. Die Höhe des Gesamtenergieverbrauchs ist vor allem vom
geforderten technischen Ausstattungsstandard des sanierten Gebäudes abhängig. Der
Wärmeverbrauch kann im Vergleich zum Gebäudebestand in jedem Fall deutlich reduziert werden. Der Primärenergieverbrauch eines sanierten Hochhauses kann ohne
Berücksichtigung der Arbeitshilfen 150 kWh/m²NGFa betragen. Er liegt damit um 50 %
über dem in [26] genannten Zielwert für Verwaltungsgebäude. Ein Betriebskostenvergleich des Gebäudebestands mit bereits sanierten Gebäuden konnte aufgrund
fehlender Datengrundlage nicht erstellt werden. Hochhäuser weisen jedoch in den
Kategorien Wartung, Strom, Bewachung und Heizung signifikant höhere Kosten auf.
3
Ausgangspunkt und Ziel der Arbeit
Diese Arbeit betrachtet speziell die Sanierungsmöglichkeit mit Doppelfassaden in
ihrem Einsatz an Hochhäusern. Die Grundlagen der Funktionsweisen von Doppelfassaden sind z.B. in [33], [34], [35] und [36] ausführlich dokumentiert. Eine Übersicht
über die in Deutschland realisierten Vorhaben gibt Pottgießer in [37]. Der Einsatz in der
Sanierung mit dem speziellen Anforderungsprofil war bisher nur Gegenstand weniger
Einzelstudien in [38], [39], [40] und [41]. Erfahrungsberichte aus realisierten Vorhaben
gibt es mit Ausnahme des in [39] beschriebenen Siemens Gebäudes nicht. Mit der
Realisierung einer Demonstrationsdoppelfassade am Institutsgebäude „BS4“ der TUBraunschweig im Frühjahr 2002 stand ein Testmodul zur Durchführung von Parameterstudien im Hinblick auf sanierungsspezifische Anforderungen zur Verfügung. Erste
Ergebnisse wurden in [42] veröffentlicht.
Das Anforderungsprofil an ein Sanierungskonzept für den Gebäudebestand ist vielfältig. Wichtige Kriterien sind die funktionalen, baurechtlichen und wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen. Die typologischen Merkmale des Gebäudebestands und sein
Sanierungspotenzial wurden im vorhergehenden Kapitel 2 Stand der Technik zusammengestellt. So können die funktionalen Planungsanforderungen wie die Art der neuen
Büronutzung, der gewünschte Komfort und Ausstattungsstandard und das angestrebte
Raumklima auf die baulichen Gegebenheiten abgestimmt werden. Für die wirtschaftlichen und ökologischen Anforderungen wie die Bau- und Betriebskosten, die
Flächenwirtschaftlichkeit und den Energieverbrauch stehen jetzt aus dem Gebäudebestand entwickelte Grenz- und Zielwerte für ein Benchmarking zur Verfügung. Auf diese
32
Kapitel 3 Ausgangspunkt und Ziel der Arbeit
Weise können bedarfsgerechte Sanierungsvarianten entwickelt, bewertet und mit dem
Bauherrn abgestimmt werden.
Die vorliegende Untersuchung geht auf der Grundlage dieser Anforderungen, häufiger
Bestandsschadensbilder und der Analyse des Sanierungspotentials von folgenden
Zielen für die Sanierung hoher Verwaltungsgebäude mit gläsernen Vorsatzschalen im
Vergleich zur Einfachfassade aus:
ƒ Die Gebäude sollen zur Gewährleistung einer hohen Nutzerakzeptanz natürlich
belüftet und belichtet werden können. Diese gebäudetechnischen Ausstattungsmerkmale wurden auch in [43] am höchsten bewertet.
ƒ Der Immissionsschutz soll sichergestellt werden. Auch bei hohem Außenlärmpegel soll eine gute Sprachverständlichkeit bei Dauerlüftung ermöglicht, die
Schlagregendichtigkeit gewährleistet und das Entstehen von Pfeifgeräuschen
verhindert werden.
ƒ Der sommerliche Überhitzungsschutz soll mit freier Lüftung und passiver Nachtkühlung gewährleistet werden. Die Doppelfassade soll anderen Fassadensystemen mit passiver Kühlung mindestens gleichwertig sein.
ƒ Die gebäudetechnischen Anlagen sollen minimiert werden. Ziel ist der Nachweis, dass passive Fassadensysteme sich für den sommerlichen und
winterlichen Betrieb eignen. Mechanische Be- und Entlüftung sowie Kühlung
sollen auf Teilbereiche des Gebäudes beschränkt werden.
ƒ Die Sanierung soll ohne Einschränkung des Gebäudebetriebs realisiert werden
können. Ziel ist der Nachweis, dass eine Sanierung mit gläsernen Vorsatzschalen ohne Nutzungsunterbrechung realisiert werden kann, indem z.B. die
Fassadensanierung zeitlich unabhängig von der Geschosssanierung erfolgt, die
dann zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden kann.
ƒ Ziel ist es, einen Primärenergiekennwert von 150 kWh/m²NGFa für die Wärmeund Stromversorgung ohne Berücksichtigung der Arbeitshilfen zu erreichen. Der
Wärmeverbrauch von Hochhäusern soll durch eine Sanierung auf ca.
75 kWh/m²NGFa reduziert werden. Das Einsparpotenzial des Stromverbrauchs ist
zum einen in hohem Masse abhängig vom geforderten technischen Ausstattungsstandard des zu sanierenden Gebäudes und zum anderen von der
Gebäudetechnik im Bestandsgebäude. Zielwert des elektrischen Energieverbrauchs ohne Arbeitshilfen sind 25 kWh/m²NGFa.
ƒ Die Flächeneffektivität soll durch die funktionale Neuorganisation erhöht werden
und den Kennwerten eines „nicht – Hochhauses“ nicht nachstehen. Im Regelgeschoss sollen Hauptnutzflächenkonzentrationen von mehr als 70 %
HNFg/BGFg, im Gesamtgebäude mehr als 60 % HNF/BGFr erreicht werden. Die
Flächeneffektivität ist der in [43] am höchsten bewertete Gestaltaspekt zukunftsorientierter Bürokonzepte.
ƒ Die Baukosten der Sanierung eines Gebäudes mit einer Doppelfassade sollen
nicht höher sein, als die vergleichbaren Sanierungskosten, die durch den Ersatz
der Primärfassade entstehen. Die Gesamtbaukosten einer nachhaltigen Gebäudesanierung sollen im einfachen Standard nur rd. 350 €/m²BGF netto für die
Kostengruppen 300 und 400 betragen und damit um 70 % unter vergleichbaren
Neubaukennwerten liegen.
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
ƒ
33
Der Betriebskostenvergleich soll das Potenzial der Sanierung aufzeigen. Hohe
Verwaltungsgebäude mit Doppelfassaden sollen sich nicht von Neubauten vergleichbaren Standards mit einfacher Primärfassade unterscheiden.
Gegenstand der Arbeit ist im Folgenden die Möglichkeiten und Grenzen der Sanierung
von Hochhäusern mit gläsernen Vorsatzschalen anhand von drei realisierten Projektbeispielen systematisch zu untersuchen und mit den Sanierungszielen zu vergleichen.
Zwei im Jahr 2002 fertig gestellte Vorhaben wurden im Rahmen einer Grobanalyse
evaluiert. Diese bestand in der Erfassung von Gebäudekenndaten und –kosten, der
technischen Ausstattung und Verbrauchswerte, sowie in der Durchführung und Auswertung einer Nutzerumfrage. An einem Institutsgebäude der TU Braunschweig konnte
ein Geschoss beispielhaft saniert (s. [44]) und diese Sanierung modellhaft auf das
Gesamtgebäude übertragen werden. Die sich aus dem Vergleich mit den Sanierungszielen ergebenden offenen Fragen können mit der Auswertung und Validierung von
Modellversuchen an einer Demonstrationsdoppelfassade beantwortet werden. Dies
betrifft die bauphysikalischen Anforderungen an eine gläserne Vorsatzschale in der
Sanierung und die Bewertung von Simulationsergebnissen. Im Rahmen einer Parameterstudie wurden unterschiedliche Öffnungsgrade und Betriebsweisen in der ein- und
zweigeschossigen Ausführung im sommerlichen und winterlichen Betrieb betrachtet.
Ein thermisches Simulationsmodell wurde auf der Grundlage der Messergebnisse mit
dem Programm Bsim validiert, die Modellvarianten in Bezug auf Überhitzungsanteile
und Wärmeverbrauch miteinander verglichen. Der Variantenvergleich umfasst dabei
die Fassadensanierungsmöglichkeiten vom einfachen Primärfassadensystem bis zum
vollständig neuen Doppelfassadensystem.
Für zukünftige Sanierungen werden sich aus dieser Arbeit Hinweise herleiten lassen,
welche Ziele mit welchen Mitteln erreicht werden können, und wo mögliche Risiken
verborgen sind. Damit gibt diese Arbeit eine Entscheidungshilfe zur Anwendung von
Doppelfassaden im Sanierungsfall anhand.
4
Evaluierung von Sanierungsvorhaben
Zunächst werden die Ergebnisse der Grobanalyse für die Gebäude der Kreisverwaltung Bad Segeberg und der R+V Versicherung in Hamburg aufgezeigt. Die
Geschosssanierung im Gebäude der TU Braunschweig und die modellhafte Übertragung auf das Gesamtgebäude wird im Anschluss ausgewertet. Das Kapitel schließt mit
der Gegenüberstellung dieser drei Gebäude.
Das Vorgehen zur Beurteilung der Sanierungskonzepte im Rahmen der Grobanalyse
ist zweiteilig: Die sich aus dem Nutzungskonzept und dem Gebäudebestand ergebenden Sanierungsziele werden im Rahmen einer Projektbeschreibung erfasst. Zur
Erfassung des wirtschaftlichen Sanierungspotentials wurden die Flächenkennwerte, die
Bau- und Betriebskosten und die Energieverbrauchswerte des Gebäudes über ein
Datenformular gesammelt, auf Plausibilität geprüft und mit den in Kapitel 2.4, Wirtschaftlichkeit hergeleiteten Ziel- bzw. Grenzwerten und den formulierten
Planungszielen verglichen. Im zweiten Teil der Auswertung wurden mittels Nutzerfragebogen Daten über die Komfortverhältnisse gesammelt. Hieraus leiten sich die
Beurteilung des Sanierungserfolges und Vorschläge für eventuelle weitere Untersuchungsschritte ab.
34
4.1
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
Kreisverwaltung Bad Segeberg
Der Sitz der Kreisverwaltung Bad Segeberg ist ein 1971-73 erbauter zehngeschossiger, Ost-West orientierter Zweispänner
in lärmexponierter Lage an der B 206
(UG, EG, 8 Obergeschosse). Als die
Keramikplatten in den Brüstungsbereichen herabzufallen drohten, wurde das
Gebäude 2001/02 mit einer unsegmentierten Doppelfassade saniert (s. Abb.
17). Datenblatt der Kreisverwaltung Bad
Segeberg mit allgemeinen Angaben zum
Gebäude, zur Doppelfassade und zum
Energiekonzept im Anhang Tab. 2.
Abb. 17: Kreisverwaltung Ansicht Nord-Ost nach der Sanierung
4.1.1 Projektbeschreibung
Bestand
In Erweiterung der bestehenden Kreisverwaltungsgebäude entstand von 1971-1973
der hier behandelte Gebäudeteil, ein zehngeschossiger Stahlbetonskelettbau mit massiven Geschossdecken und Flachdach. Der Ost-West-gerichtete Zweispänner von
45 m Länge und 13,5 m Breite hat im Süden und Norden einen Vorsprung von jeweils
1,50 m über die äußeren 2 der insgesamt
11 4 m-Achsen. Im Erdgeschoss ist die
Fassade eingezogen, die tragenden Stützen
stehen
frei.
Die
öffentliche
Haupterschließung erfolgt im 1. OG über
einen flachen Verbindungsbau, die vertikale interne Erschließung über ein offenes
Treppenhaus mit Aufzuganlage in der
Gebäudemitte. Direkt südlich des Gebäudekomplexes verläuft vierspurig die
Bundesstrasse 206 (s. Abb. 18).
Abb. 18: Kreisverwaltung Ansicht Süd-Ost vor der Sanierung
An der östlichen und westlichen Längsseite liegen achsweise aufgereiht Zellenbüros
mit Arbeitsplätzen für 1-2 Personen mit 18,0 bzw. 26,5 m² Nutzfläche, die Flurwände
sind beiderseits des 10 cm dicken Mauerwerks mit Einbauschränken versehen. Im
Süden und Norden befinden sich z.T. Büroeinheiten über zwei Achsen mit 50,5 m² (s.
Abb. 21). Die in den oberen Geschossen vorgeschriebene Brüstungshöhe von 1,20 m
wurde in allen Geschossen realisiert und ist Ursache für den eingeschränkten Sichtkontakt nach außen. Der Brüstungsbereich war ursprünglich mit Keramikplatten verkleidet, die Dämmschichtstärke betrug dort ca. 4 cm, auf dem Flachdach 5 cm. Für die
Fensterbänder wurden Holz-Aluminium-Rahmen mit 2-Scheiben Isolierglas eingesetzt.
Die Belüftung erfolgte ausschließlich über die Dreh-Kipp-Fensterflügel, es gab außenliegende Lamellen als Sonnen- und innenliegende Vertikallamellen als Blendschutz.
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
35
Abgehängte Decken in den Bürobereichen dienten dem Schallschutz und trugen Anbauleuchten mit opaker Milchglasabdeckung. Die Wärmeversorgung erfolgt über einen
Fernwärmeanschluss. Die Raumheizung ist mit konventionellen Flachheizkörpern mit
Thermostatventilen im Brüstungsbereich realisiert. Sie besteht unverändert seit der
Erbauung. Ein dezentrales Klimagerät im Serverraum war die einzige Maßnahme zur
aktiven Kühlung, Raumlufttechnische Anlagen existierten nicht. Die Elektro- und Medienversorgung erfolgte über Brüstungskanäle.
Sanierungsziele
Die Keramikplatten in den Brüstungsbereichen drohten aufgrund korrodierter Halterungen abzufallen. Ein Sicherungsgerüst musste aufgestellt werden. Das fehlende zweite
Fluchttreppenhaus, die ohnehin erforderliche Dachsanierung, undichte Fenster, Klagen
über Lärmimmissionen, sommerliche Überhitzung und Zugerscheinungen sowie steigende Energieverbräuche und -preise führten zur Ausschreibung eines
Gesamtsanierungskonzepts. Eine Konzeption zur energie- und komfortgerechten Sanierung mit einer Doppelfassade wurde bei Florian Lichtblau, München in Auftrag
gegeben. Ausgeführt wurde nach einem beschränkten Wettbewerb im Jahr 2000 ein
neuer Entwurf des Architekturbüros Brockstedt Bergfeld und Petersen (BBP), Kiel von
August 2001 bis Sommer 2002 im laufenden Betrieb. Das Vorhaben war eine Low - Tech
Sanierung mit geringstmöglichen Bau- und Betriebskosten. Neben der Energiekostensenkung sind ein verbesserter Schall-, Wind- und Witterungsschutz sowie die
Vermeidung sommerlicher Überhitzungen als Ziele explizit genannt worden.
Sanierungsstudie
Als Auszug aus [45] wird im Folgenden das o.g. Doppelfassadenkonzept von Florian
Lichtblau, München mit Transsolar, Stuttgart wiedergegeben:
An Stahlseilen über das neue Dachtragwerks abgehängt interpretiert die zweite Fassade die vorgefundene Grundrissform völlig neu. Vertikal sind die Lufträume jeweils
dreier Geschosse zusammengefasst, die Windlasten werden geschossweise auf die
Deckenkanten Bestand „abgenadelt“.
Die Maßnahmen: Austausch der bestehenden Isolierverglasung durch Wärmeschutzverglasung (U = 1,1 W/m²K) und Verstärkung der Dämmung hinter den Brüstungsbändern (U = 0,35 W/m²K). Die Ost- und die West-Fassaden des Gebäudes werden
mit einer „zweiten Haut“, bestehend aus einer Einfachverglasung, versehen. An den
Stirnseiten sind bis auf die Ecksituationen opake Außenschilde vorgesehen, hinter
denen die vertikale Luftverteilung erfolgt und die südseitig auf 280 m² zu photovoltaischer Stromerzeugung belegt werden können. Der Sonnenschutz, im Sturzbereich
Lichtlenkung, wird witterungsgeschützt hinter der Außenfassade angeordnet.
Im Norm-Betriebsfall (Winter/Übergangszeiten, s. Abb. 19) erfolgt die Zulüftung über
den Fassadenzwischenraum, die Abluft wird über Schlitzöffnungen zum Flur geleitet
und dort über einen vorhandenen Kamin abgezogen. Sollte der natürliche Kaminzug
nicht ausreichen, wird mit einem Ventilator mechanisch unterstützt. Die Zuluft zur
Doppelfassade wird von einem Fassadenkanal bereitgestellt. Über einen Erdkanal
vorkonditioniert, d.h. um einige Kelvin gegenüber der Außenluft erwärmt, wird saubere
Frischluft aus dem parkähnlichen Bereich im Norden des Kreisverwaltungshauses
36
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
herangeführt. Damit ist sichergestellt, dass weder Schadstoff- noch Lärmemissionen
der Bundesstraße in die Arbeitsräume gelangen.
Abb. 19: Gebäudeschnitt und Isometrie eines Regelgeschosses (Inlet) mit prinzipieller Luftführung für den
Norm-Betriebsfall aus [45]
Im Sommerfall (s. Abb. 20) wird nun die Lüftungsrichtung umgekehrt und die Doppelfassade zur Ablüftung betrieben. Die Zuluft gelangt jetzt vom Erdkanal vorgekühlt in
den Kamin und wird von dort auf die Flure der 9 Etagen verteilt mit Überströmung in
die Einzelräume. Ein Solarkamin im Süden des Gebäudes erzeugt einen strahlungsgeführten Unterdruck in den Fassaden-Abluftkanälen, der dann verbrauchte Luft über
geöffnete Fenster aus den Büroräumen absaugt. Um eine Überhitzung des Fassadenzwischenraumes bei extremen Sommerbedingungen sicher auszuschließen, wird über
Zu- und Abluftklappen die Wärme mittels starker Durchlüftung des Schlitzes zwischen
Außenscheibe und Sonnenschutz abgeführt. Diese Fassadenklappen öffnen immer nur
auf der bestrahlten Seite (also West oder Ost). Damit wird eine Quer-Durchströmung
bei Wind mit Umkehrung der erwünschten Strömungsrichtung auf einer Gebäudeseite
verhindert. Für aerodynamischen Druckausgleich bei gleichzeitiger Windbeaufschlagung sorgen stirnseitig in die Doppelfassade integrierte Klappen.
Abb. 20: Gebäudeschnitt und Isometrie eines Regelgeschosses (Inlet) mit prinzipieller Luftführung für den
Sommerfall aus [45]
Mit diesem Konzept soll:
ƒ die Übertemperatur im Fassadenzwischenraum im Sommerfall durch die Umkehr
der Lüftungsrichtung reduziert werden. Im Gegensatz zu einer konventionellen,
einschaligen Variante werden die Räume von im Erdkanal vorgekühlter Luft durch-
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
ƒ
ƒ
ƒ
37
strömt. Damit erhöht sich der sommerliche Komfort.
die Zuluft gezielt aus unbelasteten Bereichen herangeführt und am Erdkanaleintritt
wirksam gefiltert werden. Die Reinheit und Qualität der Frischluft ist also besser als
bei konventioneller Fassadentechnik.
ein erhöhter Aufwand zur Fassadenreinigung vermieden werden. Die äußere Haut
ist sehr glattflächig, so dass Regenwasser gut ablaufen kann. Damit ist der Selbstreinigungseffekt viel größer als bei konventionellen Fassaden. Auch die
Innenflächen sind weit weniger schmutzanfällig, da sie fast nur unbelasteter Erdkanalzuluft ausgesetzt sind.
der um 40 % oder 1,1 Mio € höhere investive Aufwand im Vergleich zu einer Standardsanierung mehr als ausgeglichen werden durch die beschriebenen raumklimatischen Vorteile im Vergleich zur einschaligen Variante.
Realisierung
Die Sanierung erfolgte nach dem Entwurf der BBP Architekten im laufenden Betrieb
von August 2001 bis Sommer 2002. Das aus Brandschutzgründen erforderliche zweite
Treppenhaus wurde auf der Nordseite als außenliegendes Treppenhaus nachgerüstet,
das Flachdach saniert und die Außenanlagen im EG-Bereich des Hochhauses neu
gestaltet. Die Grundrissorganisation wurde nicht verändert (s. Abb. 21).
1
1
N
Abb. 21: Regelgeschoss Kreisverwaltung aus Entwurfsplanung BBP Architekten
Abb. 22: Gebäudeschnitt 1-1 Mittelteil (links) und Kopf (rechts) aus Entwurfsplanung BBP Architekten
Gebäudehülle
Das Gebäude der Kreisverwaltung erreicht ein A/V-Verhältnis von 0,31 m-1 und einen
mittleren U - Wert der Gebäudehülle von 0,99 W/m²K. Alle in diesem Abschnitt genannten bauphysikalischen Werte sind dem Wärmeschutznachweis nach [46] entnommen.
Im Brüstungsbereich wurden die Keramikplatten abgenommen und im Mittelteil durch
38
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
ein WDVS in der Dämmstärke 12 cm (U = 0,27 W/m²K), in den Gebäudeköpfen eine
Dämmstärke von 10 cm (U = 0,32 W/m²K) hinter den Screens ersetzt. Die isolierverglasten Fensterbänder in einer Holz-Aluminiumkonstruktion (Uw= 3,0 W/m²K) blieben
auf den Ost- und Westseiten erhalten. Der Fensteranteil an der Fassade beträgt dort
ca. 52 %. Auf der Nord- und Südseite wurden die Fensterbänder durch 2 Fensterelemente je Geschoss ersetzt. Das Flachdach wurde mit einer Dämmstärke von i. M.
13 cm (U = 0,25 W/m²K) erneuert. Die Kellerdecke wurde unterseitig mit einer 10 cm
starken Dämmung versehen (U = 0,28 W/m²K). Die Sekundärfassade ist als zweiseitig
horizontal linienförmig gelagerte ESG - Verglasung (1,33 m breite und 3,12 m hohe
Scheiben) ausgeführt, die zusätzlich in den vertikalen Drittelspunkten punktweise
ausgesteift wird. Zwischen den Glasscheiben befinden sich 1 cm breite, offene Vertikalfugen, die der Kondensatvermeidung dienen. Auf der Ost- und Westseite beträgt der
Abstand zur Primärfassade in der Gebäudemitte 2,0 m (s. Abb. 22). Geschossweise in
den Deckenebenen weit auskragende Gitterroste im Fassadenzwischenraum dienen
der Begehbarkeit zu Reinigungszwecken und dem Sonnenschutz. Die Belüftung des
Fassadenzwischenraums erfolgt über den Rost auf Höhe der Erdgeschossdecke. Für
die Abluft befinden sich im Bereich der Attika feststehende, vertikale Glaslamellen im
45° - Winkel. Der obere Abschluss des Fassadenzwischenraums ist in VSG ausgeführt. Am Gebäudekopf im Süden bzw. Norden beträgt
die Tiefe des Fassadenzwischenraumes 50 cm (s. Abb.
22). Die Sekundärfassade ist hier bis ins Erdgeschoss
heruntergeführt und enthält auf jeder Fassadenseite vom
1.OG an ein in 45° - Position feststehendes, geschosshohes Lamellenelement in VSG. Diese Elemente sind
versetzt angeordnet und dienen sowohl der Be- als auch
der Entlüftung. Die Zuluft erfolgt über einen 15 cm hohen
Schlitz direkt oberhalb der Geländeoberfläche. Die Abluftführung erfolgt über einen 10 cm hohen Spalt zwischen
Attika und Blechabdeckung. Der Sonnenschutz erfolgt
über rote Screens in den Fensterlaibungen (s. Abb. 23).
Abb. 23: Ausschnitt Doppelfassade
Schallschutz
Planungsrichtwerte für das erreichbare Bauschalldämmass und den sich einstellenden
Raumschallpegel sind nicht bekannt.
Sommerliche Überhitzung
Der Bauherr beauftragte das Ingenieurbüro Priedemann mit einer thermischen und
einer Strömungssimulation [47], um die Effekte der Doppelfassade beurteilen zu können und die Öffnungsgrößen zu dimensionieren. Das ifes, Institut für angewandte
Energiesimulationen und Facility Management, Frechen, führte diese Simulationen für
das Büro Priedemann durch. Beschrieben wird im Folgenden die Variante, die „im
Sommerfall zu einer maximalen Belüftung der Fassade und den günstigsten Temperaturverhältnissen führt“ (zitiert nach [47], S.3). Das Resultat gründet auf der Bewertung
des wärmsten Sommertags des TRY 01. Bei einer Tageshöchsttemperatur von 27,9
°C, einem maximalen Strahlungseintrag von 944 W/m² und einer mittleren Windgeschwindigkeit von 3,6 m/s wird auf der Südseite eine maximale Übertemperatur im
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
39
Bereich der Attika im Fassadenzwischenraum von 3 K über Außentemperatur erreicht,
die maximale Temperaturschichtung im Fassadezwischenraum beträgt auf der Ostseite über die Gebäudehöhe von 26,4 m 2 K mit einer Maximaltemperatur von 31 °C. Die
effektiven Öffnungsflächen für die Abluft betragen dabei in Prozent der Fassadenfläche: 1,7 % im tiefen Mittelteil und 0,7 % im schmaleren Gebäudekopf. Realisiert wurde
im Mittelteil ein ungefähr dreimal so großer effektiver Abluftquerschnitt mit 5,8 %, im
Gebäudekopf ein halb so großer Querschnitt mit 0,3 %. Die in den Gebäudeköpfen
geschossweise realisierten Lamellenelemente wurden im Modell nicht berücksichtigt.
Die Temperaturen in den Büros steigen an diesem Tag auf 32 °C bei einem angenommenen Luftwechsel von 1 h-1 und internen Lasten von 28 W/m² von 8:00 bis 18:00
Uhr. Vorgeschlagen wird ein „effektiver Sonnenschutz“, der die durch die Doppelfassade „thermisch höhere Belastung der Büros … kompensiert“ (zitiert nach [47], S.3) und
die Temperaturen in den Büros auf 29°C reduziert. Für den Winterfall werden temperaturgeregelte Klappensteuerungen vorgeschlagen, die die angenommenen Querschnitte
um 70 % reduzieren können. Eine Bewertung dieser Angaben ist nicht möglich, da die
Randbedingungen nicht vollständig angegeben werden, z.B. Angaben zum Luftwechsel im Fassadenzwischenraum. Darüber hinaus gibt es keine Angaben wo im Gebäude
die angegebenen Bürotemperaturen auftreten. Eine Jahressimulation mit Angabe der
Jahresüberhitzungsstunden wurde nicht durchgeführt.
Die mit den Oberflächentemperaturen aus der thermischen Simulation erstellte 2 D
Strömungssimulation bildet den tiefen Bereich der Doppelfassade auf der Ostseite ab.
Eine Angabe zur angenommenen Luftwechselrate im Fassadenzwischenraum fehlt.
Das Modell bildet die gebaute Realität insbesondere im Zu- und Abluftbereich nur
unvollständig ab. Die sich aus der thermischen Simulation ergebenden Lufttemperaturen im Fassadenzwischenraum finden keine Entsprechung im Fassadenschnitt der
Strömungssimulation. Eine Optimierung der Lage des vorgeschlagenen Sonnenschutzes hinsichtlich der Durchströmung und Verweildauer der Luft wurde nicht
durchgeführt.
Statik
Die Lasten der Doppelfassade mit einer Gesamtfläche von 3,375 m² werden nach
Auskunft des Ing. Büros Pape + Dingeldein, Schackendorf an den Kopfenden im Norden und Süden über Kragträger und im mittleren Ost- und Westbereich über ein
Zugseil aus der Attika abgehängt und in den Baukörper eingeleitet. Die Vertikallasten
der neuen Doppelfassade konnten durch die Reduzierung der Verkehrslasten der
Geschossdecken von ursprünglich 7,5 KN/m² auf 5 KN/m² in die Stützen des Stahlbetonskelettbaus geleitet werden. Für die Horizontallasten wird davon ausgegangen,
dass die Doppelfassade die Windlasten nicht verändert.
Brandschutz
Die Rauchentwicklung im Brandfall soll in einem in situ Versuch in der Doppelfassade
nachgestellt werden. Zusätzliche Brandschutzmaßnahmen wie z.B. die mechanische
Entlüftung des Fassadenzwischenraums bleiben diesem Versuch vorbehalten.
Lüftung
Um eine manuelle Fensterlüftung in den Büros vorsehen zu können, muss über die
Doppelfassade eine ausreichende Zuluftmenge bereitgestellt werden. Im Gebäudemit-
40
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
telteil beträgt der effektive Öffnungsanteil für die Zuluft über das Gitterrost 7,4 % und
für die Abluft im Bereich der Attika 5,8 % der Fassadenfläche. Der Zuluftschlitz den
Gebäudeköpfen entspricht 0,5 % Öffnungsanteil, der Abluftschlitz unter der Attikaabdeckung 0,3 % Öffnungsanteil. Zusätzlich tragen die geschossweise versetzt
angeordneten Lamellenelemente mit einem effektiven Öffnungsanteil von 11,3 % zur
Be- und Entlüftung bei. Legt man einen im Winter über einen Kippflügel erreichbaren
Volumenstrom von 300 m³/h (aus Kapitel 5.3, Luftwechsel) zugrunde, werden für die
einachsigen Zellenbüros mit 58 bis 76 m³ Rauminhalt Luftwechselzahlen von 4 bis 5 h-1
erreicht. Geht man weiter von einer Belegung mit 2 Personen in den 20 bis 25 m²
großen Räumen aus, so kann der erforderliche Außenluftstrom von 40 m³ pro Person
und Stunde mit einer Lüftungszeit von ca. 15 min sichergestellt werden. Im Sommer
kann der erforderliche Luftwechsel bei einem Volumenstrom von 80 m³/h mit einer
Dauerlüftung in Kippstellung sichergestellt werden. Die mit 150 m³ Raumvolumen
größeren Büros in den Gebäudeköpfen haben zusätzlich die Möglichkeit der Diagonallüftung. Eine nächtliche Querlüftung zur Reduzierung der sommerlichen Überhitzung ist
nicht vorgesehen.
Innenausbau
In wenigen neu genutzten Bereichen wurde ein neuer Bodenbelag verlegt und die
Wände gestrichen. In allen Büros wurden die abgehängten Decken erneuert und die
vorhandene Beleuchtung durch abgependelte direkt - indirekt Leuchten in zweireihiger
Anordnung mit Bewegungsmelder und tageslichtabhängiger Steuerung der Firma AEG
ersetzt (s. Abb. 24). Die Nachlaufzeit beträgt ca. 5 Minuten, die Lampenreihen verfügen entsprechend des Tageslichteinfalls über unterschiedliche Dimmwerte. Zusätzlich
kann das Kunstlicht reihenweise über einen Schalter betätigt werden. Der Bewegungsmelder ist ständig in Betrieb, wenn nicht der manuelle Aus-Schalter bedient
wurde. Das insbesondere im Gebäudemittelteil im Vergleich zum Bestand erheblich
verringerte Tageslichtangebot kann bei aktiviertem Blendschutz, der durch die bestehenden innenliegenden Vertikallamellen gewährleistet wird, zu einem Dauerbetrieb des
Kunstlichts führen. Die Beleuchtung der
Erschließungsflure erfolgt manuell zentral,
die der sanitären Anlagen über Tastschalter.
Da die Flurwände beidseitig als Schrankwände ausgebildet sind, wir das Kunstlicht
morgens durch den Hausmeister ein- und
abends durch die Reinigungskräfte ausgeschaltet, so dass von einer ganzjährigen
Kunstlichteinschaltzeit von ca. 7:00 Uhr bis
ca. 20:00 Uhr ausgegangen werden kann.
Abb. 24: sanierter Gruppenraum im Gebäudekopf
Gebäudetechnik
Es wurden keine Veränderungen der Gebäudetechnik vorgenommen: Die Fernwärmezentrale und -verteilung blieb bestehen. Die Heizungsregelung erfolgt manuell über
Thermostatventile unterschiedlicher Altersklassen. Die Elektro- und Medienversorgung
wurde nicht erneuert.
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
41
4.1.2 Wirtschaftlichkeit
Flächenkennwerte
Vergleicht man die Anteile der einzelnen Flächenarten an der Bruttogeschossfläche
eines Normalgeschosses (s. Tabelle 16), so liegen die Verkehrs- und Konstruktionsflächenanteile der Kreisverwaltung nach der Sanierung um ca. 3,5 % über den
Vergleichswerten des Mittelwerts der Bestandsgebäude für das Normalgeschoss.
Verantwortlich dafür sind die drei Treppenhäuser und die massiven Brüstungen.
Gleichzeitig sind die Nebennutz- und Funktionsflächenanteile sehr gering, so dass der
Hauptnutzflächenanteil im Normalgeschoss mit 61 % dem Grenzwert (s. Tabelle 17)
entspricht. Die Flächenkennwerte sind im Vergleich zum Bestand im Wesentlichen
unverändert, da die Grundrissorganisation erhalten blieb und nur das Fluchtreppenhaus auf der Südseite ergänzt wurde.
Flächenkennwerte
Angaben für das Normalgeschoß
KV Bad
Segeberg
KV Bad
Segeberg
vor Sanierung
nach Sanierung
Mittelwert
Hochhaus
Zellenbüro
Mittelwert
Hochhaus
Großraum
Bruttogeschossfläche (BGFg)
664 m²
100,0 %
678 m²
100,0 %
100 %
100 %
Konstruktionsfläche (KFg)
95 m²
14,3 %
98 m²
14,4 %
12 %
6%
Nettogrundfläche (NGF)
569 m²
85,7 %
580 m²
85,6 %
88 %
94 %
Funktionsfläche (FF)
-
-
-
-
1%
1%
Verkehrsfläche (VF)
139 m²
21,0 %
150 m²
22,2 %
21 %
15 %
Nutzfläche (NF)
430 m²
64,7 %
430 m²
63,4 %
66 %
78 %
Nebennutzfläche (NNF)
16 m²
2,5 %
16 m²
2,4 %
4%
4%
Hauptnutzfläche (HNF)
413 m²
62,2 %
413 m²
61,0 %
62 %
74 %
Tabelle 16: Flächenaufstellung des Regelgeschosses Kreisverwaltung Bad Segeberg
Die Flächeneffektivität HNF/BGFr des Gesamtgebäudes (s. Tabelle 17) erreicht durch
die einheitliche Büronutzung über alle Geschosse mit sehr geringen Nebennutz- und
Funktionsflächenanteilen fast den Zielwert, so dass es sich insgesamt um ein sehr
flächenwirtschaftliches Gebäude handelt. Der Anteil BGFr /BGF betrug vor der Sanierung 100 %, danach 85 % aufgrund der durch die Doppelfassade vergrößerten BGF.
Zielwert
Grenzwert
Zielwert
Grenzwert
Zielwert
Grenzwert
[HNFg/BGFg] [HNFg/BGFg] [HNF/BGFr] [HNF/BGFr] [HNF/BGF] [HNF/BGF]
Zellenbüro
61 %
64 %
53 %
60 %
40 %
52 %
KV Bad Segeberg Zelle vor Sanierung
62,2 %
58,4 %
58,4 %
KV Bad Segeberg Zelle nach Sanierung
61,0 %
57,3 %
49,0 %
* Es wurden die Grenz- und Zielwerte der Flächenkennwerte für im Bestand nicht vollklimatisierte Gebäude nach
Tabelle 8 verwendet.
Hochhäuser bis 20 Geschosse *
Tabelle 17: Hauptnutzflächenkonzentration Kreisverwaltung im Vergleich mit Grenz- und Zielwerten
Zu der eher geringen Flächeneffektivität im Normalgeschoss kommt eine geringe Arbeitsplatzdichte mit fast 25 m² BGFg/AP oberhalb des Grenzwerts. Im Gesamtgebäude
liegt die Arbeitsplatzdichte BGFr/AP dann unterhalb des Grenzwerts aufgrund des im
Regelgeschosses und Gesamtgebäudes gleichen Flächenkomforts mit 15,1 bzw.
15,3 m²HNF/AP (s. Tabelle 18).
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Zellenbüro
KV Bad Segeberg Zelle vor Sanierung
KV Bad Segeberg Zelle nach Sanierung
Zielwert
Grenzwert
Zielwert
Grenzwert
Zielwert
Grenzwert
[m² BGFg/AP] [m² BGFg/AP] [m² BGFr/AP] [m² BGFr/AP] [m² BGF/AP] [m² BGF/AP]
23 m²
17 m²
27 m²
21 m²
34 m²
26 m²
24,2 m²
26,2 m²
26,2 m²
24,7 m²
26,7 m²
31,2 m²
Tabelle 18: Arbeitsplatzdichte Kreisverwaltung Bad Segeberg im Vergleich mit Grenz- und Zielwerten
42
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
Ein flächenwirtschaftliches Optimierungspotenzial durch eine Reorganisation des
2-Spänners ist nicht erkennbar, da das nicht notwendige 3. Treppenhaus in der Gebäudemitte aus funktionalen Gründen unverzichtbar ist.
Baukosten
Die aufgeführten Kosten beinhalten auf der Grundlage der Haushaltsunterlage Bau alle
Sanierungsmaßnahmen, u.a. auch den Austausch der Beleuchtung und der abgehängten Decken. Die Baukosten der Kostengruppen 300 und 400 betragen 2,69 Mio. €
netto. Die Kosten für die Doppelfassade einschließlich der Sonnenschutzbehangs und
der Sanierung der Brüstungsbereiche der Primärfassade liegen bei etwa 550 €/m²
Fassadenfläche, was einer Summe von ungefähr 1,85 Mio. € netto entspricht. Mit
Ausnahme der Beleuchtung wurden keine weiteren technischen Anlagen installiert
oder erneuert, so dass Technikkosten nur in geringem Maße anfallen. Die Baukosten
für das Bauwerk liegen mit 340 €/m²BGF zwischen den Vergleichswerten des einfachen
bzw. mittleren Standards (s. Tabelle 19). Der Anteil der Doppelfassade an diesen
Bauwerkskosten beträgt 242 €/m²BGF, also ca. 70 %.
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Gesamtkosten
[€ /m² BGF]
KG 300
[€ /m² BGF]
KG 400
[€ /m² BGF]
Sanierung einfacher Standard
341 €
233 €
108 €
KV Bad Segeberg
349 €
340 €
9€
617 €
402 €
215 €
1.023 €
629 €
394 €
Sanierung mittlerer Standard
Sanierung hoher Standard
Tabelle 19: Baukostenvergleich Kreisverwaltung Bad Segeberg, netto
Der arbeitsplatzbezogene Vergleichswert der Sanierungskosten liegt zwischen dem
Ziel- und Grenzwert für ein Zellenbüro (s. Tabelle 20). Es handelt sich bei der Sanierung der Kreisverwaltung um eine „preiswerte“ Lösung mit ganzheitlichem Ansatz.
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Grenzwert [€/AP]
Zielwert [€/AP]
Sanierung einfacher Standard Zellenbüro
11.500 €
9.000 €
KV Bad Segeberg
10.900 €
Sanierung mittlerer Standard Zellenbüro
21.000 €
16.000 €
Sanierung hoher Standard Zellenbüro
35.000 €
26.500 €
Tabelle 20: Arbeitsplatzkostenvergleich Kreisverwaltung im Vergleich mit Grenz- und Zielwerten, netto
Energieverbrauch
Da das hier behandelte Hochhaus Teil eines Gesamtkomplexes der Kreisverwaltung ist
und nicht über eigene Zähler verfügt, mussten die Verbräuche über den BGF - Anteil
des Hochhauses an der jeweiligen Gebäudegruppe umgelegt werden. Der Anteil des
Hochhauses beträgt dabei mehr als 50 %. Trotz gleicher Nutzung ist aufgrund unterschiedlicher Gebäudequalitäten mit einer Unschärfe der Kenndaten zu rechnen. Im
Gebäudebestand lag der Wärmeverbrauch danach um 16 % unter den typischen mittleren Verbrauchszahlen nach [28], der Stromverbrauch in gleicher Größenordnung (s.
Tabelle 21). Zum Zeitpunkt der Datenerhebung im Frühjahr 2003 lag die Fertigstellung
der Sanierung bereits ein dreiviertel Jahr zurück, so dass es sich hierbei um
Verbrauchsdaten des ersten Betriebswinters handelt, die erfahrungsgemäß in den
folgenden Jahren noch sinken. Der Stromverbrauch liegt nahe dem Zielwert des geringen technischen Ausstattungsstandards in der Hochhaussanierung. Dies ist schlüssig,
da alle Arbeitsplätze fensternahe Einzel- oder Gruppenarbeitsplätze sind, die Beleuch-
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
43
tungsanlage neu ist und das Gebäude ausschließlich frei gelüftet wird. Der Verbrauch
der aus der Nutzerumfrage hervorgehenden Ausstattung mit Arbeitshilfen von
150 W/Person reduziert sich durch einen geringen Vollbetriebszeitfaktor. Eine weitere
Reduzierung des Stromverbrauchs ist nicht zu erwarten. Der Wärmeverbrauch betrug
im ersten Jahr nach der Sanierung 93 kWh/m²NGFa. Dies entspricht einem Jahresverbrauch von 527 MWh, während der Wärmeschutznachweis lediglich von einem
berechneten Jahres-Heizwärmebedarf von 355 MWh entsprechend 63 kWh/m²NGFa
ausgeht. Die Berechnung nach WSVO 95 berücksichtigt jedoch weder den mit der
Gebäudehöhe zunehmenden Wärmeverbrauch, noch mögliche Reduzierungen durch
die Doppelfassade. Der gemessene Wärmeverbrauch liegt in einer für ein natürlich
gelüftetes Gebäude mit teilsanierter Primärfassade plausiblen Größenordnung.
Wärme
[kWh/m²NGFa]
Strom
[kWh/m²NGFa]
typischer Bestand SIA NK
152
38
281
56
KV Bad Segeberg Bestand*
127
38
279**
75**
Hochhaussanierung Typ I
75-109
28-46
161-258
32-52
KV Bad Segeberg nach Sanierung
Hochhaussanierung Typ II
Primärenergie
[kWh/m²NGFa]
Emissionen
[kgCO2 /m²NGFa]
93
31
158***
39***
75-109
38-73
197-339
40-70
Hochhaussanierung Typ III
75-109
70-100
293-420
61-87
* Mittelwerte aus den Verbräuchen 1999 / 2000
** Primärenergiefaktor für den Gebäudebestand Fernwärme aus Heizwerken, fossiler Brennstoff Primärenergiefaktor
1,3; CO2 Emission 400 gCO2/kWhEnd
*** Primärenergiefaktor nach der Sanierung Fernwärme aus KWK seit 2004, fossiler Brennstoff, Primärenergiefaktor 0,7
nach Angabe E.ON Hanse; CO2 Emission 215 gCO2/kWhEnd
Tabelle 21: Energieverbräuche der Kreisverwaltung Bad Segeberg im Vergleich
Der Erfolg der Sanierung zeichnet sich bereits im ersten Betriebsjahr ab: Der Wärmeverbrauch sank um fast 30 %, der Stromverbrauch um fast 20 %.
Betriebskosten
Auch für die Betriebskosten gilt, dass die Summen der einzelnen Positionen entsprechend ihres BGF - Anteils auf das Hochhaus umgelegt werden mussten. Es wird daher
auf die hochhausspezifische Auswertung der Kostenkategorien Wartung, Strom, Bewachung und Heizung verzichtet. Als Nebenkosten gelten für diesen Vergleich nur
umlegbare Kosten. Die nutzerspezifischen Betriebskosten wie z.B. Reinigung und
Stromverbrauch der Mietbereiche wurden mit erfasst. Dies wird im Vergleich dadurch
berücksichtigt, dass diese beiden Positionen mit dem Faktor aus Vollkosten zu umlegbaren Kosten (nach [32]) bewertet werden.
Im Gebäudebestand sind die Nebenkosten im Vergleich der Gebäude gleicher Altersklassen (s. Tabelle 22) für die öffentlichen Abgaben auffallend gering, da für das
Kreishaus keine Grundsteuern und Straßenreinigungsgebühren anfallen. Auch in der
Kostengruppe Versorgung liegen die Nebenkosten signifikant unter den Vergleichswerten. Ursache sind die vergleichsweise geringen Kosten in den Kategorien Strom- und
Wasserversorgung. Die Stromkosten betragen dabei nur ca. 50 % des Vergleichwerts.
Dies steht im Widerspruch zu dem typischen mittleren Stromverbrauch für nicht klimatisierte Gebäude wie im vorigen Kapitel Energieverbrauch beschrieben. Auffällig sind in
der Kostengruppe Dienstleistung und Versicherung die Positionen Wartung, die mit
fallender Tendenz aus 1999 im Jahr 2000 um 40 % unter dem Vergleichswert lag und
Hausmeister, mit dem doppelten des Vergleichswerts. Wenn die Wartungskosten kurz
vor der Sanierung also auf das Notwendigste beschränkt wurden, so ist mit einem
44
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
Anstieg auf ein durchschnittliches Niveau nach der Sanierung zu rechnen. Die Beurteilung der hohen Hausmeisterkosten ist schwierig, da die Inhalte möglicherweise nicht
mit denen des Vergleichs übereinstimmen. In der Kostengruppe Dienstleistung / Versicherung lag die Kreisverwaltung noch unter dem Vergleichswert der Gebäude der
gleichen Alterklasse. In der Summe lagen die umlegbaren Nebenkosten deutlich unter
dem Vergleichswert aller Gebäude der gleichen Alterklasse. Dafür sind mit über 70 %
die geringen Kosten für die öffentlichen Abgaben verantwortlich.
KV Bad
Segeberg
KV Bad
Segeberg
OSCAR *
OSCAR **
OSCAR **
Gebäudealter 1970-
Gebäudequalität mittel
Hochhaus
Bestand 1999
Bestand 2000
1979 unklimatisiert
Öffentliche Abgaben
0,12
0,10
0,63
0,52
0,54
Strom
0,08
0,07
0,16
0,23
0,34
Heizung
0,44
0,40
0,40
0,38
0,43
Wasser, Kanal
0,08
0,08
0,13
0,13
0,11
Summe Versorgung
0,60
0,55
0,69
0,74
0,88
Versicherung
0,09
0,12
0,12
0,15
0,15
Wartung
0,14
0,12
0,20
0,32
0,47
Reinigung
0,24
0,23
0,22
0,26
0,28
Bewachung
k.A.
k.A.
0,12
0,23
0,27
Verwaltung
0,40
0,39
0,49
0,34
0,37
Hausmeister
0,57
0,60
0,29
0,26
0,28
Sonstiges
k.A.
k.A.
0,09
0,07
0,06
Summe Dienstleistung / Versicherung
1,44
1,45
1,53
1,63
1,88
Gesamtkosten
* Abrechnungszeitraum Kalenderjahr 1999
** Abrechnungszeitraum Kalenderjahr 2003
2,17
2,11
2,85
2,89
3,30
[€Netto/m²NGFMonat]
unterstrichen hochhausspezifische Kostenkategorien
Tabelle 22: Umlegbare monatliche Netto-Betriebskosten der KV Bad Segeberg im Vergleich mit [32]
Zum Erhebungszeitpunkt im Frühjahr 2003 standen die Nebenkosten für das 1. Betriebsjahr nach der Sanierung noch nicht zur Verfügung. Die Auswertung beschränkt
sich daher auf eine Prognose der zu erwartenden Betriebskosten im Vergleich zum
Bestand.
Für die Kosten der Kategorie öffentliche Abgaben sind auch nach der Sanierung keine
inhaltlichen Veränderungen zu erwarten. In der Kostengruppe Versorgung ist mit den
oben ausgeführten zurückgehenden Energieverbräuchen nach der Sanierung trotz
steigender Energiepreise auch mit rückläufigen Energiekosten zu rechen, so dass das
Gebäude in allen Positionen der Kategorie Versorgung unter den Vergleichswerten
liegen sollte. In den Positionen der Kostengruppe Dienstleistung / Versicherung sind
keine wesentlichen Änderungen, die auf die Baumaßnahme zurückgeführt werden
können, zu erwarten. Zwar sind mit der Doppelfassade höhere Glasreinigungskosten
verbunden, jedoch kann das Reinigungsintervall der Primärfassade aufgrund geringerer Verschmutzung gestreckt werden. Die Fassade ist im Wesentlichen wartungsfrei,
die Gebäudetechnik blieb bis auf den Austausch der Beleuchtungsanlage unverändert.
Für die Positionen Wartung und Reinigung werden also geringfügige Steigerungen
erwartet. In der für 2003 zu erwartenden Nebenkostensumme sollte eine Kostensteigerung in Höhe von 10 % im Vergleich zum Bestand berücksichtigt werden, wie sie die
Kostenentwicklung der unklimatisierten Gebäude von 1999 bis 2003 nach OSCAR [32]
ausweist. Als Referenzwerte sind in Tabelle 22 die Kosten für den mittleren Gebäudestandard angegeben, da die Betriebskosten weiterhin den BGF - Anteilen des
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
45
Gesamtkomplexes entsprechend umgelegt werden müssen. Zu Vergleichszwecken
sind zusätzlich die Nebenkosten für Hochhäuser aufgeführt.
Insgesamt liegen abgesehen von der Prüfung der Inhalte der Position Hausmeister
keine offensichtlichen Einsparpotenziale vor.
4.1.3 Komfortumfrage
Randbedingungen
25%
20%
16%
16%
14%
15%
12%
10%
10%
10%
8%
6%
5%
0%
Ost (M it te)
Ost (Kopf )
2. OG
West (M itt e)
8. OG
West (Kopf )
Anteil an der Gesamtzahl der Fragebogen
Anteil an der Gesamtzahl der Fragebogen
Ausgewählt zur Befragung im Rahmen dieser Arbeit (s. Musterfragebogen Sanierung
im Anhang) wurden 52 Personen im 2. und im 8. OG. Die Fragebögen wurden am
Dienstag, 04. Februar 2003 verteilt und am selben bzw. nächsten Tag eingesammelt.
Zu diesem Zeitpunkt war die Sanierung seit ca. einem halben Jahr abgeschlossen. Der
gute Rücklauf, die Fülle der frei formulierten Bemerkungen und die Tatsache, dass
14 % der Befragten die Ergebnisse der Umfrage erfahren wollen, lässt auf ein hohes
Interesse an dem Gebäude schließen. Die 51 ausgewerteten Fragebögen stellen bei
den prozentual verteilten Antworten 100 % dar.
Eine detaillierte Auswertung wurde für die thermische Behaglichkeit und den Schallschutz vorgenommen, deren Verbesserung explizit Sanierungsziel war. Zusätzliche
erfolgten genauere Betrachtungen bei Sachverhalten, die durch besonders viele Negativ - Voten (mehr als 15 %) als mögliche weitere Problemstellungen hervortreten.
Die Befragten verteilen sich relativ gleich auf beide Geschosse: 26 Personen arbeiten
im 2. OG, 25 im 8. OG. Diese bilden die beiden Gruppen bei der Gegenüberstellung
nach Geschossen. Der Vergleich unterschiedlicher Fassadentypologien erforderte eine
Unterscheidung nach der Lage der Büros im Gebäudemittelteil, bzw. den Gebäudeköpfen, und ihrer Orientierung (s. Abb. 25). Aufgrund fehlender Zuordnungsmöglichkeit
bezieht diese Auswahl nur 46 Fragebögen ein. Eine Auswertung nach Orientierungen
vergleicht die Büros im Gebäudemittelteil mit den an die nördliche bzw. südliche Gebäudeabschlusswand grenzenden Büros. Hier sind 38 Fragebögen Grundlage des
Vergleichs (s. Abb. 26).
25%
20%
16%
14%
15%
12%
10%
10%
10%
6%
4%
5%
4%
0%
Ost (M it te)
West (M itt e)
2. OG
Süden
Norden
8. OG
Abb. 25 / Abb. 26: Gruppenzuordnung nach Fassadentypologie (links), Gruppenzuordnung nach Orientierung (rechts)
Auswertung
Teil A: Fragen zur Person
In der Kreisverwaltung Bad Segeberg herrscht fast ein Geschlechtergleichgewicht bei
etwas mehr Männern (57 %) als Frauen (43 %). Das Alter der Befragten beträgt über-
46
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
wiegend 41 bis 50 Jahre (43 %), nur wenige sind unter 30 oder über 60 Jahre alt. 80 %
der Befragten sind über ein Jahr in ihrem Raum tätig, können also die Situation vor und
nach der Sanierung miteinander vergleichen. 33 % der Befragten arbeiten in einem
Einzel-, 63 % in einem Doppel- und 4 % in einem Dreierbüro. Die Bürogrößen betragen
im Gebäudemittelteil 18,0 m² und in den Gebäudeköpfen 26,5 m² bzw. 50,5 m². Eine
knappe Mehrheit (56 %) der Befragten verrichten vorwiegend Bildschirmarbeit und
92 % verbringen den größten Teil der Arbeitszeit am Arbeitsplatz.
Teil B: allgemeine Behaglichkeit
Die empfundene Luftfeuchte beurteilen 69 % als manchmal oder häufig zu trocken.
Beklagt werden auch trockene Schleimhäute (53 %) und trockene Augen (31 %). Dieser Zustand wird von 71 % als unverändert, von 18 % der Befragten als verschlechtert
beurteilt. Die aufgrund trockener Luft geäußerte Kritik ist eine häufig zu beobachtende
Folge eines natürlichen Lüftungskonzepts mit entsprechend geringen Raumluftfeuchten im Winter. Die deutliche Kritik an diesem Zustand kann zum Teil auch auf den
Umfragezeitpunkt Anfang Februar zurückzuführen sein.
Die Frische der Luft beurteilen 59 % der Befragten gering, aber immerhin auch 39 %
gut. Das ist ein unerwartet schlechtes Ergebnis für ein natürlich gelüftetes Gebäude.
Die Situation wird mehrheitlich (53 %) als unverändert bewertet, allerdings auch von
32 % als verschlechtert. Da das Bedürfnis nach „frischer Luft“ oft identisch mit kühler
Luft ist, kann dieses Ergebnis ein Hinweis auf ein sommerliches Überhitzungsproblem
sein. Aber auch unangenehme Gerüche können das Urteil beeinträchtigen. Sie werden
nur von 27 % der Befragten beanstandet, die jedoch im Bemerkungsfeld auf die Ursachen hinwiesen: „Gerüche aus dem Sanitärbereich ... teilweise bis ins Büro“ und
„Rauch von den Kollegen im unteren Geschoss“. Ersteres ist möglicherweise die Folge
unzureichender Ablufteinrichtungen oder mangelhafter Geruchverschlüsse in den
Sanitärbereichen, letzteres vermutlich auf die Reinfiltration über den Fassadenzwischenraum bei unsegmentierten Vorhangfassaden zurückzuführen. Der aufgrund der
Raucherlaubnis um 50 % auf 60 m³/h Person erhöhte hygienische Luftwechsel kann
mit einem natürlichen Lüftungskonzept nur eingeschränkt sichergestellt werden (s.
Kap. 4.1.1, Lüftung). Aus diesen Gründen ist ein Rauchverbot am Arbeitsplatz zu empfehlen.
Bei der Frage nach Luftzug ergab sich eine recht gleichmäßige Verteilung: 53 % der
Befragten beschwerten sich über ziemlich oder sehr starke Zugerscheinungen, für 47 %
sind sie kaum oder gar nicht wahrnehmbar. Der Zustand erscheint 47 % unverändert,
20 % als etwas oder sehr verschlechtert, 27 % als etwas verbessert. Mögliche Ursachen können Undichtigkeiten der nun 30 Jahre alten Fenster in der Primärfassade und
deren Bauteilanschlüsse sein, die für hohe auftretende Luftgeschwindigkeiten am
Arbeitsplatz verantwortlich sein können, aber auch die sich im Winter zwischen den
Raum- und den Glas- bzw. Rahmenoberflächen einstellende Strahlungsasymmetrie.
Da die alten Fensterelemente der Primärfassade im gesamten Gebäude immer noch
von hoher Qualität sind, können wahrscheinlich auch mit einer Wartung der Elemente
verbesserte Werte in der Fugendichtigkeit erzielt werden.
Physische Einschränkungen (Kopfschmerzen, Benommenheit u. ä.) werden unverändert selten oder nie erfahren. Entsprechend sind hier keine Einflüsse, die die
Leistungsfähigkeit einschränken (Konzentrationsschwäche, Müdigkeit u. ä.) zu erwarten und wurden auch nicht erklärt.
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
47
Trotz der Beschwerden in einzelnen Punkten wird die Behaglichkeit in der Kreisverwaltung mehrheitlich angenehm eingeschätzt (61 % der Befragten). Für immerhin 25 %
hat sich die Situation durch die Sanierung verbessert, 48 % halten sie für unverändert
und 14 % für verschlechtert. Insgesamt zeigt sich im Vergleich also ein neutrales Bild,
das die Erwartungen an die Sanierung nicht erfüllt.
Teil C: technische Ausstattung / Lüftung
Die typische Arbeitsplatzausstattung in Bad Segeberg besteht aus Computer (92 %),
Monitor (85 %) und Drucker (94 %). Schreibtischleuchten sind nicht die Regel (41 %).
Die Frage, ob es Geräte gibt, die ständig oder im stand - by - Modus laufen, wurde zu
63 % bejaht. Daraus ergibt sich eine installierte Leistung von 100 bis 150 W/Person.
Da jedoch nur 56 % der Befragten vorwiegend Bildschirmarbeit ausüben, ist für den
entstehenden Verbrauch bzw. die interne Last der Vollbetriebszeitfaktor von hoher
Bedeutung.
Das allgemeine winterliche Lüftungsverhalten ist den Nutzerangaben zufolge vorbildlich: im Durchschnitt wird viermal täglich für im Mittel ca. 15 Minuten gelüftet, zu 73 %
bei gekipptem Fenster. Diese Stoßlüftung ist eine für natürlich gelüftete Verwaltungsgebäude sinnvolle Lüftungsstrategie, die den erforderlichen Luftwechsel im Winterfall
(ohne Raucherlaubnis s. Kap. 4.1.1, Lüftung) sicherstellen kann. Als Begründung für
das Lüften werden erwartungsgemäß sauerstoffarme (33 %) und geruchsbelastete Luft
(24 %) angegeben. Ursache sind also wahrscheinlich steigende CO2 Konzentrationen
im Raum. Das Fenster wird allerdings auch geöffnet, wenn die Luft zu warm ist (24 %).
Hier handelt es sich entweder um eine Fehlbedienung des Nutzers oder möglicherweise defekte Thermostatventile. Da sich die Angaben zu Lüftungsstrategie auf den
Zeitpunkt der Befragung bezog, stehen Angaben zum sommerlichen Lüftungsverhalten
nicht zur Verfügung.
Teil D: Beheizung
siehe dazu die Detailauswertung Teil B und D: thermische Behaglichkeit und Heizung.
Teil E: visuelle Behaglichkeit und Beleuchtungstechnik
Im Frageteil B zu gesundheitlichen Einschränkungen haben 82 % der Befragten nie
oder selten Sehbeschwerden angegeben. Mehrheitlich (76 %) wird die Situation als
unverändert angesehen. Die Handhabung bzw. Qualität des Kunstlichtes wird sehr
positiv bewertet: zu 73 % wurden die Noten gut und sehr gut vergeben und zu 84 %
auch eine Verbesserung durch die Sanierung bemerkt. Eine „blendfreie, gute Ausleuchtung“ wurde erreicht. Die Regelung über Bewegungsmelder wird als „gut und
unkompliziert“ angesehen. Die Tageslichtsituation erhält zwar zu 58 % die Noten befriedigend bis sehr gut, aber 60 % der Befragten beschreiben eine Verschlechterung.
Dies wird begründet mit der Verringerung der Tageslichtmenge durch die Vermauerung
von Fensteröffnungen in den Kopfbüros, dem Beschlagen der äußeren Glasfassade
und der Blendung wegen „fehlenden“ Sonnenschutzes dort, wo die horizontalen Gitterroste diese Funktion übernehmen sollen. Tatsächlich obliegt der Blendschutz allerdings
den innenliegenden Vertikallamellen.
Die Lichtverhältnisse am Arbeitsplatz erhalten bei aktiviertem Sonnenschutz zu 52 %
die Noten mangelhaft und ungenügend und werden zu 61 % als verschlechtert bewertet. Grund hierfür ist die rote Farbe, die als „unangenehm, belastend“ und „kein Schutz
48
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
vor Überhitzung“ bezeichnet wird. Eine umfassende Beschreibung der Situation gibt
folgende Bemerkung: „Wenn die roten Jalousien nötig sind, entstehen im Raum außerordentlich unangenehme „rote“ Lichtverhältnisse, die nur durch Nutzung der
Innenlamellen gemildert werden können. Aber dann muss oft die Deckenbeleuchtung
eingeschaltet werden.“ Der Bedienkomfort der Screens wird positiv kommentiert, er ist
„über einen Tippschalter einfach zu regeln und windgeschützt“, und bekommt Noten
zwischen gut und befriedigend. Die Tageslichtqualität bei aktiviertem Blendschutz
bekommt zu 65 % und dessen Bedienkomfort zu 63 % die Noten befriedigend bis sehr
gut. Dabei handelt es sich um die bestehenden innenliegenden Vertikallamellen.
Teil F: Alltag
Zunächst sollten die Nutzer Dinge nennen, die ihnen am Gebäude gut oder gar nicht
gefallen. Mehrfach positive Erwähnung fand die Architektur. Hauptkritikpunkt waren
einmal mehr die roten Screens. Eine bessere Aufklärung über die Funktionsweise der
Doppelfassade wird von immerhin 27 % der Befragten gewünscht. Fast alle frei formulierten Fragen beziehen sich auf die Wirkungsweise der Doppelfassade. Von Interesse
ist außerdem der Sanierungserfolg „was wurde erreicht“, im Hinblick auf Energieeinsparung und Schallschutz. Die Gebäudetechnik wird insgesamt nur mit ausreichend
bewertet.
Detailauswertung Teil B: Schallschutz
Die allgemeine Bewertung von Geräusche wird von 80 % der Interviewten als störend
oder sehr störend bezeichnet. Seit der Sanierung beobachten 37 % eine Verbesserung, 47 % bezeichnen die Situation als unverändert. Da der Schallschutz Sanierungsziel war, wurde er mit zwei Fragen nach der Geräuschquelle vertieft. Den Außenlärm
empfinden 76 % als störend oder sehr störend, 37 % der Befragten halten die Situation
für verbessert. Die Frage nach störendem Außenlärm unterschied nicht zwischen
geöffnetem und geschlossenem Fenster. Die Bewertung der allgemeinen Geräuschbelastung deckt sich also mit den Ergebnissen der Frage nach dem Außenlärm. Die
Detailauswertung nach Orientierung zeigt das erwartete Bild: die am stärksten belastete Personengruppe ist die im Süden, aber auch im Osten und Westen werden noch
erhebliche Belästigungen beanstandet, im Norden ist der Außenlärm hingegen kaum
wahrnehmbar. Erfreulicherweise kann die Personengruppe im Süden eine Entlastung
durch die Sanierung berichten (für 14 % leicht, 29 % deutlich verbessert). Im Übrigen
ist die Situation leicht verbessert bis unverändert. Ein Unterschied zwischen dem
2. OG und dem 8. OG kann nicht festgestellt werden. So wird die B 204 im Süden des
Gebäudes als Hauptgeräuschquelle identifiziert und die positive Auswirkung der Sanierung bezüglich des Immissionsschutzes bestätigt. Das Bauschalldämmass wird auf der
Nord- und Südseite durch die nach der Sanierung weitgehend geschlossene Fassade
und den Einbau neuer Fenster wesentlich verbessert. Auf der Ost- und Westseite kann
für eine geschlossene Doppelfassade eine Verbesserung von ca. 5 dB im Vergleich
zum Bestand (aus Kapitel 5.2.3, Schallschutz) angenommen werden. Der Raumschallpegel wird bei geschlossener Doppelfassade und einem zu Lüftungszwecken
geöffnetem Kippflügel deutlich reduziert, so dass eine sehr gute Sprachverständlichkeit
erreicht werden kann. Die Ergebnisse der Detailauswertung sind schlüssig im Hinblick
auf Immissionsbelastung und Immissionsschutz. Dennoch wäre insbesondere für die
Veränderung durch die Sanierung ein positiveres Urteil zu erwarten gewesen.
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
49
Einige Nutzer nannten in den Bemerkungen auch zeitweise Windgeräusche als Lärmquelle. Mögliche Entstehungsorte sind u.a. die offenen Fugen der Glasfassade oder
Undichtigkeiten der alten Fenster in der Primärfassade.
Die Geräuschbelastung aus Nachbarbüros ist ebenfalls signifikant: für immerhin 43 %
insgesamt störend. Dies wird aber nicht der Sanierung zugeschrieben (84 % unverändert). Die Auswertung nach Orientierung ergibt Störungen aufgrund von Geräuschen
aus Nachbarräumen vor allem in den Gebäudeköpfen (60 % Nordseite bzw. 71 %
Südseite störend). Auch hier wird kein Zusammenhang mit der Sanierung festgestellt.
Da die Geräuschbelastung im Wesentlichen unverändert fortbesteht, kann angenommen werden, dass es sich hierbei nicht um eine geschossweise Schallübertragung
durch den Fassadenzwischenraum handelt, sondern um eine Körperschallübertragung
von Raum zu Raum. Das schlechtere Abschneiden der Kopfbüros ist möglicherweise
auf die durch die höhere Arbeitsplatzdichte größere Belastung aus dem eigenen Raum
zurückzuführen.
Detailauswertung Teil B und D: thermische Behaglichkeit und Heizung
Die empfundene Raumtemperatur im Winter liegt breit gestreut: 46 % der Befragten ist
es häufig oder manchmal zu kalt, 20 % manchmal oder häufig zu warm, für 35 % ist sie
gerade richtig. Die Aussagen, es sei zu kalt, werden mit den Bemerkungen „montags
und morgens“ erklärt, d.h. aus der Nacht- bzw. Wochenendabsenkung kann die Raumtemperatur nicht schnell genug erreicht werden. Für 66 % gab es keine Veränderung
im Vergleich zur Situation vor der Sanierung, für 14 % eine geringe Verbesserung und
für 15 % eine Verschlechterung, obwohl die Heizanlage ohne Veränderungen besteht.
Die Klagen über zu geringe Temperaturen treten im Wesentlichen im 2. OG (66 %) auf,
wohingegen im 8. OG die Mehrheit (52 %) die Raumtemperatur für gerade richtig hält.
Die Heizanlage erhält entsprechend die Note ausreichend oder schlechter. Als Hauptkritikpunkte wurden wie beschreiben die Raumtemperaturen, die Größe des wählbaren
Temperaturbereiches, eine schlechte Regelbarkeit und Geräuschentwicklungen genannt. Das ist sowohl bei der Behaglichkeit als auch der Handhabung ein
überraschend schlechtes Votum für eine gewöhnliche Heizungsanlage mit Thermostatventilen, die normalerweise eine gute individuelle Regelbarkeit sicherstellt. Überprüft
werden könnten der hydraulische Abgleich der Heizungsanlage und das Zeitprofil der
Wochenend-, bzw. Nachtabsenkung, aber auch die Ursachen für die beschriebenen
Zugerscheinungen.
Bei der Frage zum Sommertag gab es ein deutliches Ergebnis: 86 % der Interviewten
ist es etwas oder sehr zu warm, 76 % nennen eine Tageszeit, zu der es regelmäßig
Überhitzungen gibt. Insgesamt hat sich die Sommersituation für 50 % der Befragten
verschlechtert, weitere 27 % betrachten die Situation als unverändert. In der Geschossauswertung zeigt sich, dass das 2. OG geringfügig weniger Probleme als das
8. OG hat. Die sich am Sommertag einstellende Temperaturschichtung im Fassadenzwischenraum mit entsprechenden Übertemperaturen im Vergleich zur Außentemperatur ist wahrscheinlich die Ursache für diesen Geschossunterschied. Eine Auswertung nach Tageszeit und Himmelsrichtung zeigt deutlich die Überhitzung am
Vormittag im Osten, die auch nachmittags in Teilen aufrecht erhalten bleibt und die
nachmittägliche Überhitzung im Westen. Eine Person aus einem Ostbüro im 8. OG
bemerkt dazu: „die Hitze beginnt vormittags und zieht nicht wieder ab“, das erklärt die
vielen Doppelnennungen auf die Frage, wann Überhitzungen auftreten: ein Drittel der
50
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
Personen im Osten hat zusätzlich zu vormittags auch nachmittags angekreuzt. All
diese Aussagen sind in sich schlüssig, so dass davon ausgegangen werden kann,
dass es sich um signifikante Ergebnisse handelt.
Bei der Auswertung nach Fassadentypologie und Orientierung zeigt sich, das die Klagen über zu warme Temperaturen in den Gebäudeköpfen mit 95 % im Westen und
100 % im Osten höher sind, als im Mittelteil mit 75 % im Westen und 86 % im Osten.
Das Ergebnis lässt darauf schließen, dass das gewählte Fassadensystem im Gesamtaufbau in den Gebäudeköpfen den sommerlichen Überhitzungsschutz weniger gut
gewährleistet als das System im Gebäudemittelteil trotz des im Fassadenzwischenraum angeordneten Sonnenschutzes. Als mögliche Ursachen kommen in Betracht: die
Anordnung der Screens in den Laibungen der Primärfassade, der geringe Reflexionsgrad der Screens, der geringe Abluftquerschnitt des Fassadenzwischenraums über
Dach, aber auch die möglicherweise höheren internen Lasten, aufgrund der größeren
Arbeitsplatzdichte. Ein ähnliches Bild ergibt die Auswertung des Vergleichs zum Zustand vor der Sanierung: Als etwas und sehr verschlechtert beanstanden 67 % der
Befragten in den Gebäudeköpfen im Osten und 73 % im Westen die Situation. In der
Gebäudemitte sind dies im Osten 50 % und im Westen 42 %. Einzelne Aussagen
konstatieren eine geringfügige Verbesserung. Messungen zur Prüfung der sich einstellenden Temperaturen im Fassadenzwischenraum über die Gebäudehöhe und in den
angrenzenden Büros jeweils nach Orientierung und Fassadentypologie erscheinen
sinnvoll, um geeignete Maßnahmen zur Reduzierung der Überhitzungsproblematik im
Gebäude vorschlagen zu können. Eine Strategie zur Gebäudeentwärmung kann z.B.
die Realisierung einer nächtlichen Querlüftung über nachträglich einzubauende Türoberlichter sein.
4.1.4 Vergleich mit den Sanierungszielen
Unzufriedenheit mit auftretenden Überhitzungen äußern fast alle Befragten. Die Hälfte
beurteilt die Situation als verschlechtert, ein Viertel als unverändert. Die Überhitzungen
werden im 8. OG häufiger beklagt als im 2. OG, in den Gebäudeköpfen häufiger als im
Gebäudemittelteil. Die möglichen Ursachen sind wie oben im Einzelnen beschrieben
vielfältig. Ein Konzept zur Reduzierung der sommerlichen Überhitzungsprobleme auf
der Grundlage von Temperaturmessungen zur Überprüfung der Umfrageergebnisse
sollte in Erwägung gezogen werden. Die Nutzerumfrage stellte bezüglich des Immissionsschutzes eine deutliche Verbesserung des Schutzes gegen Außenlärm im
Allgemeinen und insbesondere in den exponierten Südbüros fest. Dennoch empfinden
mehr als die Hälfte der Befragten den Außenlärm als in hohem Maße störend. Als
Lärmquelle neben dem Verkehrslärm werden zeitweise Windgeräusche genannt. Der
interne Schallschutz wird unverändert beklagt. Insofern kann angenommen werden,
dass es sich hierbei nicht um eine geschossweise Schallübertragung durch den Fassadenzwischenraum handelt. Erheblich Kritik erfährt auch die rote Farbatmosphäre in
den Räumen der Kopfbüros. Erstaunlich schlecht war die Beurteilung der Heizanlage.
Insgesamt wird die Behaglichkeit im Gebäude gleichwohl mit gut bewertet, das Nutzerverhalten bezüglich der natürlichen Lüftung ist vorbildlich. Als Maßnahmen, die mit
sehr geringem Aufwand zur Verbesserung beitragen können, können empfohlen werden: eine Überprüfung der Heizanlage bezüglich des hydraulischen Abgleichs und des
Zeitprofils für Nacht- und Wochenendabsenkung, das Nachstellen der Fensterbeschlä-
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
51
ge und eine ausführliche Nutzerinformation zur Funktionsweise der Doppelfassade. Die
Betriebskosten beinhalten abgesehen von der Prüfung der Inhalte der Position Hausmeister keine offensichtlichen Einsparpotenziale.
Die z.B. aus dem Erhalt weiter Teile des Bestands und der Ausbildung einer 2 m tiefen
Vorhangfassade resultierenden möglichen strukturellen Probleme des Sanierungskonzepts waren vor der Realisierung bekannt. Insofern wurden die Sanierungsziele
bezüglich des Schall-, Wind- und Witterungsschutzes sowie des sommerlichen Überhitzungsschutzes weitgehend erreicht. Insbesondere die gelungene Revitalisierung,
neue städtebauliche Bedeutung und das Beispiel für den Umgang mit vorhandener
Bausubstanz in engem Kostenrahmen sind erwähnenswert. Die nun auftretende Kritik
der Nutzer bestätigt allerdings die Erwartung, dass noch Handlungsbedarf besteht. Ein
Vorschlag zur nachhaltigen Verbesserung der Situation kann Ergebnis ergänzender
Messungen und Interviews sein.
4.2
R+V Versicherung Domstraße Hamburg
Für das Verwaltungsgebäude der R+V Versicherung in Hamburg wurde 2001 / 2002
eine Sanierung verwirklicht, die als
Gebäudehülle eine Kasten - Doppelfassade vorsieht. Es handelt sich bei dem
Bau um einen 1961 errichteten, zwölfgeschossigen Ost – West orientierten
Zweispänner (zwei Untergeschosse, EG
und neun Obergeschosse). Datenblatt
des
Gebäudes
der
R+V
Versicherungen mit allgemeinen Angaben
zum Gebäude, zur Doppelfassade und
zum Energiekonzept im Anhang Tab. 3.
Abb. 27: R+V Versicherung Ansicht Süd-West, im Vordergrund die Domstraße
4.2.1 Projektbeschreibung
Bestand
Der Ost – West gerichtete Zweispänner in der Hamburger Innenstadt entstand 1961
als Stahlbetonskelettbau mit Flachdach. Das Erdgeschoss mit einem komplexen
Grundriss dient als Sockel für die neun im Grundriss rechteckigen Obergeschosse von
jeweils 14,3 m Tiefe und 34,6 m Länge. Die zwei Untergeschosse beinhalten neben
Lager- und Technikräumen auch 32 Stellplätze. Vertikal erschlossen wird das Gebäude
über einen massiven Kern mit Treppenhaus und zwei Fahrstuhlkörben. Die U - Werte
der Bestandsfassade mit Stahlrahmen lagen für die Verglasung bei 2,8 W/m²K und für
die Brüstung bei 2,5 W/m²K [49]. Auf der Basis von Verkehrszählungen wurde ebenfalls in [49] eine Einstufung der Fassaden in Pegelbereiche von III bis VI
vorgenommen. Im Süden und Westen, zur Kleinen Reichenstraße und Domstraße,
erreichen die Außenlärmpegel 70-75 dB(A) bis 75-80 dB(A) in den Pegelbereichen V
und IV. Die Gebäudeschmalseiten sind nord - bzw. südorientiert, es ist keine Fremdverschattung vorhanden. Das Achsraster des Bestandes variiert zwischen 1,39 m und
1,44 m. Die Geschosshöhe beträgt 3,2 m.
52
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
Sanierungsziele
Die Planung ging ursprünglich nicht von einer Totalsanierung aus. Erst im Bauablauf
stellte sich eine hohe Schadstoffbelastung (z.B. asbesthaltige Putze) heraus, so dass
der Erhalt von Teilbereichen verworfen wurde. Die Realisierungsphase gestaltete sich
dadurch aufwändiger als gedacht. Aufgrund des geringen Erschließungsanteils – nur
ein notwendiges Treppenhaus – ist eine hohe Flächenwirtschaftlichkeit zu erwarten. Es
wurde ein hoher Ausbaustandard angestrebt.
Das Fassadenkonzept des Büros Lange vom September 2001 [49] basiert auf den
Randbedingungen einer freistehenden Hochhaussituation, dem hohen Außenschallpegel durch Verkehrslärm, einer freien Fensterlüftung und maximalem Außenkontakt
sowie einer windreichen Lage in Hamburg. Als Ziele wurden der Witterungs-, Schallund Wärmeschutz mit der Minimierung der winterlichen Wärmeverluste und Begrenzung der sommerlichen Wärmeeinträge genannt.
Realisierung
Das Gebäude wurde 2001/02 kernsaniert, die Gebäudehülle, der Ausbau und die
Gebäudetechnik wurden vollständig erneuert. In der untenstehenden Abb. 28 ist ein
Regelgeschoss abgebildet.
N
Abb. 28: Grundriss Regelgeschoss Domstraße aus Ausführungsplanung ASTOC ARCHITECTS &
PLANNERS und HÖHLER & PARTNER
Gebäudehülle
Das Gebäude der R+V Versicherung erreicht ein A/V Verhältnis von 0,29 m-1 und einen
mittleren U - Wert der Gebäudehülle von 0,75 W/m²K. Die neuen Fenster der Primärfassade erreichen einen Wärmedurchgangskoeffizienten von 1,6 W/m²K mit Rahmen
der Materialgruppe 2.1 und einer Wärmeschutzverglasung mit Ug = 1,2 W/m²K. Die
Sekundärfassade und der Fassadenzwischenraum blieben im Wärmeschutznachweis
unberücksichtigt. Der Gesamtenergiedurchlassgrad g der Fassade von 0,43 setzt sich
zusammen aus dem g – Wert der Wärmeschutzverglasung mit 0,63 und der in Teilen
bedruckten Sekundärverglasung mit 0,68. Die neue Brüstung erreicht einen U - Wert
von 0,4 W/m²K, die sanierte Dachdecke des Hochhauses einem U - Wert von
0,4 W/m²K (alle Angaben gem. Wärmeschutznachweis [48]). Die Sekundärfassade ist
in ESG ausgeführt und zweiseitig vertikal achsweise linienförmig gelagert. Es handelt
sich um eine geschossweise getrennte, schuppenartig angeordnete Kastenfassade in
einer Tiefe von ca. 15 bis 45 cm über je 2 Achsen von ca. 1,4 m mit diagonaler Durchlüftung (s. Abb. 29, 30 und 31). Als Sonnenschutz wurde eine tageslichtoptimierte
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
53
Warema Horizontallamelle im Fassadenzwischenraum angebracht und die Verglasung
der Sekundärfassade in der oberen Hälfte mit Horizontalstreifen mit einem Deckungsgrad von ca. 40 % bedruckt (s. Abb. 29, 34).
Abb. 29 / Abb. 30 / Abb. 31: Fassadenausschnitt (links), Schnitt (Mitte), Grundriss (rechts) der Doppelfassade Domstraße aus Regeldetails ASTOC Architects & Planners, Köln und Höhler & Partner, Aachen
Schallschutz
Die Anforderungen an das Bauschalldämmass der Primärfassade reduzieren sich nach
[49] durch die Doppelfassade um ca. 4 dB für das Bauteil Fenster, so dass handelsübliche, genormte Bauteile für die Schallschutzklasse 4 eingesetzt werden können
(s. Tabelle 23).
Pegelbereich VI
(76-80 dB(A))
Pegelbereich V
(71-75 dB(A))
Pegelbereich IV
(66-70 dB(A))
erf. für Außenbauteil (DIN 4109)
R’w,res = 45 dB
R’w,res = 40 dB
R’w,res = 35 dB
gewählt für Fenster inkl. Rahmen
Rw,R = 41 dB
Rw,R = 36 dB
Rw,R = 32 dB
gewählt für Brüstung inkl. Rahmen
Rw,R = 44 dB
Rw,R = 38 dB
Rw,R = 36 dB
Bauteil
Tabelle 23: Bauschalldämmass der Primärfassade bei vorgegebenen Öffnungsweiten nach [49]
Bei Einhaltung des Raumschallpegels von 55 dB(A) ist nach [49] für die Doppelfassade
mit 47 bis 49 min/h nahezu eine Dauerlüftung in Kippstellung möglich, während eine
Normalfassade mit 11 min/h nur eine kurze Stoßlüftung zugelassen hätte, die für den
hygienisch notwendigen Luftwechsel nicht mehr ausreicht. Die Bestimmung der Lüftungszeiten und die erreichbaren Raumschallpegel sind jedoch in hohem Maß von der
Nachhallzeit des Raums und der den Jahreszeiten angepassten Lüftungsstrategie zur
Sicherstellung des erforderlichen Raumluftwechsels abhängig. Da entsprechende
Angaben im Fassadenkonzept hierzu fehlen, sind die Aussagen zu den Lüftungszeiten
nicht bewertbar.
Sommerliche Überhitzung
In [49] wurde eine thermische Gebäudesimulation mit dem Programm TRNSYS durchgeführt. Ausgewertet wird die Ausführung als Doppelfassade im Vergleich zu einer
Einfachfassade mit außenliegendem Sonnenschutz. Als wesentlicher Unterschied wird
54
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
die Möglichkeit der witterungsunabhängigen Nachtlüftung bei der Doppelfassade genannt. Eine Handlungsempfehlung auf der Grundlage der Prognose einer
Jahresüberhitzung von ca. 25 % der Jahresarbeitszeit erscheint schwer verständlich.
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der verwendete Wetterdatensatz Hamburg,
Meteonorm keine ausgeprägt warmen Perioden aufweist.
Statik
Den Angaben in [50] zufolge erfahren die Randbalken der Decken eine Lasterhöhung
durch den Austausch der alten einschaligen, schweren Stahlfassade des Hochhauses
gegen eine neue Aluminium Pfosten - Riegel Konstruktion als Primär- und einer Sekundärfassade. Diese ist jedoch für die Standsicherheit des Randbalkens
unbedenklich. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Sicherheit von 1,75 konnte
eine Lasterhöhung um etwa 5 % von 36 kN/m auf 38 kN/m als unbedenklich betrachtet
werden. Ertüchtigungsmaßnahmen für die Randbalken waren nicht erforderlich.
Brandschutz
Der erste und zweite Rettungsweg des Gebäudes verläuft über ein druckbelüftetes,
außenliegendes Sicherheitstreppenhaus. Die notwendigen Flure wurden mit einer
Brandmeldeanlage ausgestattet. Als weitere Brandschutzvorkehrungen wurde die
tragende Decke F90 bekleidet, die Brüstungen erhielten zur Verhinderung des Brandüberschlags ein F90 Schott.
Lüftung
Die natürliche Belüftung erfolgt über den Fassadenzwischenraum. Die angrenzenden
Räume sind ca. 17 bis 40 m² groß und verfügen über ein Raumvolumen von ca. 47 bis
110 m³. Die Öffnungsfläche eines gekippten Fensterflügels der Innenfassade beträgt:
0,12 m². Die lichten Öffnungsflächen der äußeren Fassade betragen für das 1,4 m
Raster unten oder oben jeweils 0,1 m², wie sie auch als Ergebnis der thermischen
Simulation gefordert wurden. Es erfolgt über die beiden Fassadenrasterfelder eines
Kastens eine diagonale Durchlüftung (s. Abb. 32), wobei die Strömung am Einlass
vertikal erfolgt und am Auslaß über ein Leitblech unter die Schuppe des darüberliegenden Kastens umgeleitet wird. Die Zuluft strömt über ein Lochblech in Sohlbankhöhe
(s. Abb. 33) ein, für das ein Korrekturfaktor von 0,8 als Druckverlustbeiwert bei der
Berechnung der effektiven Öffnungsfläche angenommen wurde.
Abb. 32 / Abb. 33 / Abb. 34: Versetzte Zu- und Abluftöffnungen (links), Abbildung Zuluft über Lochblech
(Mitte), Abbildung Abluft und Sonnenschutz (rechts)
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
55
Das ergibt für die Zuluft eine effektive Öffnung von 1,7 % und für die Abluft eine effektive Öffnung von 2,2 % je m² Sekundärfassadenfläche. Eine witterungsgeschützte
einseitige Nachtlüftung ist Bestandteil der Maßnahmen zur Reduzierung der sommerlichen Überhitzung. Eine nächtliche Querlüftung ist nicht vorgesehen.
Innenausbau
Der Innenausbau der im Grundriss neu organisierten Zellenbüros erfolgt durch doppelt
beplankte GK-Ständerwände. Die Medienversorgung erfolgt nach der Sanierung in
einem Überflurkanal und entlang der Außenfassade (s. Abb. 35). In den Büros befinden
sich abgehängte Decken aus glatten Gipskartonplatten sowie ein neuer Textilbodenbelag. Die Büromöblierung wurde komplett
erneuert. Das neue Kunstlichtsystem besteht aus zweistufig schaltbaren, mobilen
direkt - indirekt Stehleuchten (4 x 55 W) und
optionalen Arbeitsplatzleuchten.
Abb. 35: Heizkörper / Bodenkanal im Zellenbüro
Gebäudetechnik
Die Gebäudetechnik wurde vollständig erneuert. Das Konzept gründet auf dem Prinzip
der freien Lüftung mit der Möglichkeit der einseitigen sommerlichen Nachtlüftung.
Kühlung und Belüftung sind in Sonderräumen über raumweise dezentrale Kühlungsund Belüftungseinheiten (Fancoils) über den Bürotüren realisiert. Die Kühlleistung
wurde für das Gesamtgebäude ausgelegt, das Netz wird in jedem Geschoss vorgehalten. Die Beheizung erfolgt über einen Fernwärmeanschluss mittels achsweise
angeordneten Radiatoren im Brüstungsbereich (s. Abb. 35).
4.2.2 Wirtschaftlichkeit
Flächenkennwerte
Vergleicht man die Anteile der einzelnen Flächenzuordnungen an der Bruttogeschossfläche eines Normalgeschosses, so erreicht das Gebäude der R+V Versicherung in
den Verkehrs- und Konstruktionsflächen um 5 % geringere Flächenanteile im Vergleich
mit dem Mittelwert der Bestandshochhäuser für das Normalgeschoss (s. Tabelle 24).
Flächenkennwerte
Angaben für das Normalgeschoß
R+V
Domstraße
R+V
Domstraße
vor Sanierung
nach Sanierung
Bruttogeschossfläche (BGFg)
k.A.
-
Konstruktionsfläche (KFg)
k.A.
Nettogrundfläche (NGF)
k.A.
Funktionsfläche (FF)
Mittelwert
Hochhaus
Zellenbüro
Mittelwert
Hochhaus
Großraum
100 %
495 m²
100,0 %
100 %
-
55 m²
11,2 %
12 %
6%
-
440 m²
88,8 %
88 %
94 %
k.A.
-
-
-
1%
1%
Verkehrsfläche (VF)
k.A.
-
84 m²
17,0 %
21 %
15 %
Nutzfläche (NF)
k.A.
-
356 m²
71,8 %
66 %
78 %
Nebennutzfläche (NNF)
k.A.
-
17 m²
3,4 %
4%
4%
Hauptnutzfläche (HNF)
k.A.
-
339 m²
68,4 %
62 %
74 %
Tabelle 24: Flächenaufstellung des Regelgeschosses R+V Domstraße
56
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
Die Gründe dafür sind, dass das Gebäude über nur ein notwendiges Treppenhaus
verfügt, keine massiven Brüstungen besitzt und flächenwirtschaftliche Trennwandkonstruktionen gewählt wurden. Die hier gewonnenen Flächen kommen dem
Hauptnutzflächenanteil zugute, der 6,4 % größer als die Referenz ist. Alle anderen
Flächenanteile entsprechen mit nur leichten Abweichungen der Referenz, so dass hier
insgesamt ein sehr wirtschaftlicher Grundriss mit hohem Hauptnutzflächenanteil vorliegt.
Die Zielwerte der Flächenkonzentrationen werden in Bezug auf das Regelgeschoss
und die BGFr überschritten (s. Tabelle 25). Da das Gebäude mit 78 % BGFr /BGF über
einen hohen Anteil „untypischer“ Flächen verfügt, wird in Bezug auf die BGF des Gesamtgebäudes der Zielwert hingegen nicht erreicht.
Hochhäuser bis 20 Geschosse*
Zellenbüro
Zielwert
Grenzwert
[HNFg/BGFg] [HNFg/BGFg]
61 %
64 %
R+V Domstraße Zelle nach Sanierung
Grenzwert
[HNF/BGFr]
53 %
68,4 %
Zielwert
[HNF/BGFr]
60 %
Grenzwert
[HNF/BGF]
40 %
60,9 %
Zielwert
[HNF/BGF]
52 %
47,3 %
* Es wurden die Grenz- und Zielwerte der Flächenkennwerte für im Bestand nicht vollklimatisierte Gebäude nach
Tabelle 8 verwendet.
Tabelle 25: Hauptnutzflächenkonzentration R+V Domstraße im Vergleich mit Grenz- und Zielwerten
Die Arbeitsplatzdichte zeigt die Domstraße im Bereich des Grenzwerts (s Tabelle 26).
Der sehr guten Flächeneffizienz einerseits steht ein sehr hoher Flächenkomfort andererseits gegenüber. Im Regelgeschoss beträgt die Arbeitsplatzdichte bezogen auf die
Hauptnutzfläche entsprechend 15,4, im Gesamtgebäude 16,9 m² HNF/AP.
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Zellenbüro
R+V Domstraße Zelle nach Sanierung
Zielwert
Grenzwert
Zielwert
Grenzwert
Zielwert
Grenzwert
[m² BGFg/AP] [m² BGFg/AP] [m² BGFr/AP] [m² BGFr/AP] [m² BGF/AP] [m² BGF/AP]
23 m²
17 m²
27 m²
21 m²
34 m²
26 m²
22,5 m²
27,8 m²
35,8 m²
Tabelle 26: Arbeitsplatzdichte R+V Domstraße im Vergleich mit Grenz- und Zielwerten
Baukosten
Die in Tabelle 27 aufgeführten Kosten beinhalten alle vorliegenden Sanierungsmaßnahmen, u.a. auch die Schadstoffentsorgung. Die Baukosten der Kostengruppen 300
und 400 betragen 8,6 Mio. € netto. Die Kosten für die gesamte Fassade einschließlich
des Sonnenschutzbehangs und der Demontage der alten Hülle liegen nach Angaben
des Eigentümers bei etwa 3,58 Mio. € netto, was umgerechnet einem flächenbezogenen Wert von ungefähr 1.000 €/m² Fassadenfläche entspricht. Die Baukosten für das
Bauwerk (KG 300) erreichen mit 631 €/m²BGF den Vergleichswert des gehobenen
Standards. Der Anteil der Gesamtfassade an diesen Bauwerkskosten beträgt
443 €/m²BGF, also ca. 70 %. Bemerkenswert hoch ist der Kostenanteil der Gebäudetechnik für ein im Wesentlichen natürlich belüftetes Gebäude trotz des Vorhaltens der
Kühlung und der Druckbelüftung des Treppenhauses.
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Gesamtkosten
[€/m² BGF]
KG 300
[€/m² BGF]
KG 400
[€/m² BGF]
Sanierung einfacher Standard
341 €
233 €
108 €
Sanierung mittlerer Standard
617 €
402 €
215 €
Sanierung hoher Standard
1.023 €
629 €
394 €
R+V Domstraße
1064 €
631 €
433 €
Tabelle 27: Baukostenvergleich R+V Domstraße, netto
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
57
Der arbeitsplatzbezogene Vergleichswert liegt über dem Grenzwert der Sanierungskosten je Arbeitsplatz (s. Tabelle 28). Es spiegeln sich zum einen die hohen
Baukosten, aber auch der hohe Flächenkomfort aufgrund der geringen Arbeitsplatzdichte trotz hoher Flächenkonzentration wieder. Es handelt sich bei der Sanierung des
R+V-Hochhauses also um eine hochwertige Totalsanierung.
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Grenzwert [€/AP]
Zielwert [€/AP]
Sanierung einfacher Standard Zellenbüro
11.500 €
9.000 €
Sanierung mittlerer Standard Zellenbüro
21.000 €
16.000 €
Sanierung hoher Standard Zellenbüro
35.000 €
26.500 €
R+V Domstraße
38.100 €
Tabelle 28: Arbeitsplatzkostenvergleich R+V Domstraße im Vergleich mit Grenz- und Zielwerten, netto
Energieverbrauch
Zum Zeitpunkt der Datenerhebung Ende 2003 lag die Fertigstellung der Sanierung
bereits anderthalb Jahre zurück, so dass es sich hierbei um die Jahresverbrauchsdaten des ersten Betriebsjahres handelt. Der Stromverbrauch liegt im Bereich des
mittleren technischen Ausstattungsstandards. Der Wärmeverbrauch für 2003 erreicht
mit 104 kWh/m²NGFa den Grenzwert (s. Tabelle 29). Dies entspricht einem Jahresverbrauch von 713 MWh, während der Wärmeschutznachweis lediglich von einem
berechneten Jahres-Heizwärmebedarf von 351 MWh entsprechend 51 kWh/m²NGFa
ausgeht. Da die gebäudehöhenabhängige Verbrauchszunahme ebenso wie mögliche
Reduzierungen durch die Doppelfassade dort jedoch unberücksichtigt blieben, wird der
so errechnete Verbrauch nicht erreicht werden können. Dennoch sollte der Wärmeverbrauch in den kommenden Jahren sinken. In Betriebsanpassungen besteht gerade
in der Einregelphase ein zusätzliches Optimierungspotential.
Wärme
[kWh/m²NGFa]
Strom
[kWh/m²NGFa]
Primärenergie
[kWh/m²NGFa]
Emissionen
[kgCO2/m²NGFa]
Hochhaussanierung Typ I
75-109
28-46
161-258
32-52
Hochhaussanierung Typ II
75-109
38-73
197-339
40-70
R+V Domstraße nach Sanierung
104
57
244*
57*
Hochhaussanierung Typ III
75-109
70-100
293-420
61-87
* Primärenergiefaktor Fernwärme aus KWK, fossiler Brennstoff Primärenergiefaktor 0,7; CO2 Emission nach Angabe der
HEW 200 gCO2/kWhEnd
Tabelle 29: Energieverbräuche R+V Domstraße im Vergleich
Betriebskosten
Im Bestand (s. Tabelle 30) zeigen sich im Vergleich der Gebäude gleicher Altersklassen in der Kostengruppe Versorgung fast keine Stromkosten, die auf einen
vollständigen Gebäudeleerstand vor der Sanierung oder einen Datenerhebungsfehler
schließen lassen. Die Heizkosten liegen dagegen um fast 50 % über den Vergleichskosten. Auch unter Berücksichtigung hochhaustypischer Mehrkosten ein signifikant
hoher Wert. In der Kostengruppe Dienstleistung und Versicherung fallen die hohen
Versicherungs- und Hausmeisterkosten auf. Aufgrund der unvollständigen Datenlage
wird für den Bestand keine Nebenkostensumme angegeben.
Für den Vergleich nach der Sanierung (s. Tabelle 30) werden die Daten der Gebäude
mittlerer Qualität, die einem Hochhaus mit mittlerem technischem Standard entsprechen, herangezogen. Für die hochhausspezifische Auswertung der Kostenkategorien
Wartung, Strom, Bewachung und Heizung stehen zusätzlich die Nebenkosten für
58
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
Hochhäuser zur Verfügung. Nach der Sanierung sinken die öffentlichen Abgaben um
mehr als 20 % und liegen unter den Vergleichswerten. In der Kostengruppe Versorgung reduzieren sich die Heizkosten erwartungsgemäß zwar um mehr als 30 %, liegen
aber noch signifikant über dem Vergleichswert der Hochhäuser. Dies entspricht dem
nahe am Grenzwert liegenden Heizenergiekennwert. Die Stromkosten liegen leicht
über den Kosten des mittleren Qualitätsstandards. In der Kostengruppe Dienstleistung
und Versicherung liegen die Kosten in den Kategorien Wartung und Bewachung in
dem für Hochhäuser typischen hohen Kostenrahmen. Dabei haben sich die Wartungskosten im Vergleich zum Bestand mehr als verdoppelt. Sehr hoch ist auch das im
Vergleich zum Bestand gestiegene Kostenniveau in den Kategorien Versicherung und
Hausmeister, das deutlich über den Vergleichswerten der mittleren Gebäudequalität
liegt. Eine Beurteilung der Hausmeisterkosten ist schwierig, weil die Aufgabenbereiche
möglicherweise nicht mit denen des Vergleichs übereinstimmen. Signifikant gering sind
die Reinigungskosten mit weniger als der Hälfte des Vergleichswerts.
[€Netto/m²NGFMonat]
R+V
Domstraße
Gebäudealter 1970-
R+V
Domstraße
OSCAR **
OSCAR **
Gebäudequalität mittel
Bestand 2000
1979 unklimatisiert
nach Sanierung 2003
Hochhaus
Öffentliche Abgaben
0,57
0,63
Strom
0,01
0,16
0,44
0,52
0,54
0,28
0,23
Heizung
0,76
0,34
0,40
0,51
0,38
0,43
Wasser, Kanal
Summe Versorgung
0,07
0,13
0,09
0,13
0,11
0,84
0,69
0,88
0,74
0,88
Versicherung
0,27
0,12
0,35
0,15
0,15
Wartung
0,24
0,20
0,49
0,32
0,47
Reinigung
k.A.
0,22
0,13
0,26
0,28
Bewachung
k.A.
0,12
0,24
0,23
0,27
Verwaltung
k.A.
0,49
k.A
0,34
0,37
Hausmeister
0,39
0,29
0,41
0,26
0,28
Sonstiges
0,01
0,09
0,04
0,07
0,06
Summe Dienstleistung / Versicherung
0,90
1,53
1,65
1,63
1,88
-
2,85
2,97
2,89
3,30
Gesamtkosten
* Abrechnungszeitraum Kalenderjahr 1999
** Abrechnungszeitraum Kalenderjahr 2003
OSCAR *
unterstrichen hochhausspezifische Kostenkategorien
Tabelle 30: Umlegbare monatliche Netto-Betriebskosten im Vergleich R + V Domstraße im Vergleich mit [32]
Die Nebenkostensumme ist mit 2,97 € gleich der in den Kategorien Heizung und Bewachung um die hochhausspezifischen Mehrkosten erhöhten Summe der Gebäude
des mittleren Qualitätsstandards und liegt damit in der für den mittleren technischen
Ausstattungsstandard erwarteten Größenordung. Aufgrund der großen Differenzen in
einzelnen Kategorien ist der Vergleich der Nebenkostensummen nur von geringer
Aussagekraft. Eine Prüfung der Leistungsinhalte in den Kategorien Versicherung und
Hausmeister kann Einsparpotenziale aufweisen.
4.2.3 Komfortumfrage
Randbedingungen
Die Nutzerumfrage wurde im Rahmen dieser Untersuchung (s. Musterfragebogen
Sanierung im Anhang) am Dienstag, 20. Mai 2003 im R+V-Gebäude Hamburg Domstraße durchgeführt. Der Fragebogen wurde an 10 zufällig ausgewählte Nutzer im
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
59
gesamten Gebäude vom EG bis zum 8. OG verteilt. Die Auswertung umfasst acht
Rückläufer, von denen zwei aus dem EG kommen, das aufgrund der Andersartigkeit zu
den übrigen Geschossen gesondert bewertet werden muss. Die Auswertung kann
daher als Ergebnis einer Stichprobe nur Hinweise auf mögliche Problembereiche geben. In den meisten Fällen wird daher auf genaue Prozentangaben verzichtet. Im
Folgenden wird, wenn nicht anders erwähnt, bei den Ergebnissen der Umfrage ausschließlich Bezug auf die Nutzer in den Obergeschossen genommen.
Auswertung
Teil A: Fragen zur Person
Unter den sechs befragten Nutzern gibt es sowohl hinsichtlich der Altersstruktur als
auch der Geschlechterzugehörigkeit und der Lage der Büroräume im Gebäude (2. bis
8. OG) eine gemischte Verteilung. Die meisten Büros der Umfrage liegen auf der Ostseite des Gebäudes. Alle Befragten arbeiten entweder seit dem Bezug vor etwa einem
Jahr oder seit ungefähr einem halben Jahr in den jeweiligen Räumen, die mit ein oder
zwei Personen belegt sind. Die Arbeitszeit wird überwiegend am Schreibtisch und mit
Bildschirmarbeit verbracht.
Teil B: allgemeine Behaglichkeit
Die Frage nach der empfundenen Raumtemperatur wird von mehreren Personen mit
manchmal oder häufig zu warm beantwortet, z.B. „Im Sommer unerträgliche Temperaturen, über 30 °C im Büroraum“. Hier können Temperatur- und Luftwechselmessungen
im Büro- und im Fassadenzwischenraum Aufschluss über die Ursachen möglicher
Überhitzungserscheinungen geben. Auch die Frage nach der empfunden Luftfeuchtigkeit lässt eine Tendenz zur Beschwerde erkennen, drei von sechs Antworten lagen in
den Bereichen manchmal oder häufig zu trocken. Aufgrund des Konzepts der natürlichen Fensterlüftung nimmt die Gebäudetechnik keinen Einfluss auf die Luftfeuchte, so
dass vor allem im Winter mit naturgemäß relativ trockener Raumluft und daraus resultierend möglichen Beschwerden trotz richtigen Lüftungsverhaltens zu rechnen ist. Die
Frische der Luft erhält eine tendenziell gute Beurteilung, fast alle Aussagen bescheinigen eine ziemlich oder sehr gute Qualität. Im Erdgeschoss, das von vielbefahrenen
Straßen umgeben ist und in dem sich die Fenster lediglich in Kippstellung öffnen lassen, bemängeln beide Befragten allerdings die Luftqualität. Luftzug wird von den
Nutzern der Obergeschosse kaum wahrgenommen, die allgemeine Geräuschbelastung
im Büro bewerten vier von sechs Personen jedoch als etwas störend. Die abschließende Frage nach der empfundenen Behaglichkeit beantwortet die Mehrheit mit
angenehm oder sehr angenehm, so dass das allgemeine Raumklima zusammengefasst trotz der Beschwerden in Einzelfragen eine positive Bewertung erfährt.
Der nächste Block mit Fragen zum gesundheitlichen Wohlbefinden am Arbeitsplatz
weist nur in einem Punkt eine negative Tendenz auf. Zwei der sechs Mitarbeiter klagen
oft oder ständig über zu trockene Augen. Das Thema Akustik wird mit einigen weiteren
Fragen vertieft. Auch hier lässt sich eine Beschwerdetendenz erkennen. Sowohl der
Außenlärm als auch Geräusche aus Nachbarräumen und Geräusche aus dem eigenen
Raum werden von mindestens der Hälfte der Nutzer als sehr oder etwas störend empfunden. Geräuschübertragungen aus den Nachbarräumen über die Doppelfassade
können aufgrund der Ausführung als Kastenfassade ausgeschlossen werden. Die
60
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
doppelt beplankten Bürotrennwände verfügen über eine gute Luftschalldämmung.
Problematisch könnte jedoch die Schallübertragung über den Fußboden sein, der aus
einem Verbundestrich ohne Trittschalldämmung besteht. Gestört von Geräuschen aus
den Nachbarräumen zeigen sich auch die zwei Umfrageteilnehmer aus dem Erdgeschoss. Die geringe Arbeitsplatzdichte sowie die Zellenbürostruktur sprechen eigentlich
gegen eine starke akustische Belastung aus dem eigenen Büro, allerdings führen unter
anderem die glatten Gipskartonplatten der abgehängten Decke wahrscheinlich zu einer
verhältnismäßig langen Nachhallzeit im Raum. Die Bestimmung der Nachhallzeit kann
mögliche Ursachen für den eingeschränkten akustischen Komfort aufzeigen. Messungen zur Bestimmung des Raumschallpegels können Grundlage einer Bewertung der
Klagen über störenden Außenlärm sein. Möglicherweise könnten Nachhallzeitverbesserungen im Büroraum oder zusätzliche schallabsorbierende Flächen im
Fassadenzwischenraum Abhilfe schaffen. Die thermische Behaglichkeit wird ebenfalls
mit weiteren Fragen genauer untersucht. Hier zeigt sich, dass die Situation im Winter
von fast allen als gerade richtig eingestuft wird, während es im Sommer fast nur Beschwerden über zu hohe Raumtemperaturen gibt.
Teil C: technische Ausstattung / Lüftung
Das Ergebnis der Frage nach Angaben zu den technischen Geräten am Arbeitsplatz ist
ein typischer Büroarbeitsplatz mit Monitor bzw. Flachbildschirm, Computer, Drucker
und oft einer Schreibtischleuchte. Die Annahmen der thermischen Simulation in [49]
bezüglich der internen Lasten aus Arbeitshilfen werden mit 100 bis 150 W/Person
bestätigt. Die Frage nach dem Lüftungsverhalten der Nutzer ergab eine übliche und
der Witterung angepasste Strategie. Im Sommer wird größtenteils 24 Stunden täglich
in Kippstellung gelüftet, im Winter zumeist mehrmals täglich für etwa 15 Minuten ebenfalls in Kippstellung. Damit kann voraussichtlich der hygienisch notwendige
Luftwechsel sichergestellt werden. Tracergasmessungen zur Luftwechselbestimmung
können Aufschluss über die Lüftungseffektivität unterschiedlicher Fensteröffnungsgrade geben, so dass auch die Wirksamkeit der einseitigen Nachtlüftung abgeschätzt
werden kann.
Teil D: Beheizung
Die Fragen in diesem Abschnitt zeigten keine Probleme, da die Behaglichkeit überwiegend als angenehm und die Handhabung der statischen Heizflächen mit
Thermostatventil meistens als einfach empfunden wird.
Teil E: Behaglichkeit und Beleuchtungstechnik
Die Bewertung der zweistufig schaltbaren direkt - indirekt Beleuchtung ergab kaum
Auffälligkeiten. Auf Wunsch der Nutzer kann der Arbeitsplatz zusätzlich mit einer
Schreibtischleuchte ausgestattet werden, was über die Hälfte der Befragten auch in
Anspruch genommen haben. Die Fragen nach der Tages- und Kunstlichtqualität sowie
nach dem Bedienkomfort des Kunstlichts werden mit Noten von im Schnitt besser als
gut bewertet. Zusätzliche innenliegende Blendschutzlamellen waren nur bei einem
Nutzer vorhanden.
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
61
Teil F: Alltag
Mehrfach positive Erwähnung fand die Architektur (Eingang, Außengestaltung). Eine
bessere Aufklärung über die Technik wird nicht gewünscht.
4.2.4 Vergleich mit den Sanierungszielen
Zusammenfassend wird die Behaglichkeit von der Mehrheit der Befragten als angenehm eingestuft. Insbesondere die thermische Behaglichkeit im Winter und der visuelle
Komfort werden als „gerade richtig“ empfunden. Trockene Luft im Winter als Folge der
natürlichen Lüftung und die sommerliche Überhitzung beeinflussen das positive Gesamturteil nur wenig. Das Nutzerverhalten insbesondere bezüglich des
Lüftungsverhaltens erscheint vorbildlich: Dauerlüften im Sommer und Stoßlüften im
Winter. Das zeigt einmal mehr die selbstverständliche Akzeptanz der natürlichen Lüftung. Bezüglich der sommerlichen Überhitzung und des Schallschutzes wäre eine
messtechnische Überprüfung des Erreichens der Ziele ratsam. Der hohe Wärmeverbrauch des ersten Betriebsjahres sollte im Auge behalten werden.
Betriebsanpassungen können den Verbrauch weiter senken. Die Betriebskosten können wahrscheinlich auch durch die Überprüfung der Leistungsinhalte der Kategorien
Versicherung und Hausmeister reduziert werden. Insgesamt handelt es sich um eine
gelungene Revitalisierung mit hoher Flächeneffizienz und hohem Komfort- und Ausbaustandard.
4.3
Demonstrationsvorhaben „BS4“ der TU Braunschweig
Der Entwurf des Gebäudes vom Büro Jessen & Stahrenberg - als Wettbewerbsbeitrag
mit dem ersten Preis für das Göttinger Rathaus ausgezeichnet - sah ursprünglich drei
Türme in unterschiedlichen Höhen vor. Realisiert wurde schließlich nur ein Teil des
Entwurfs, das 14-geschossige Bauteil A (UG,
EG, 12 Obergeschosse) als Mehrzweckgebäude für die Universität Braunschweig,
(s. Abb. 36). Auf der Grundlage der Ergebnisse der modellhaften Geschosssanierung im
10. OG [44] und der Auswertung der Messergebnisse der Demonstrationsdoppelfassade,
s. Kapitel 5, soll das Gebäude saniert werden.
Datenblatt des Gebäudes der TU Braunschweig mit allgemeinen Angaben zum
Gebäude, zur Doppelfassade und zum Energiekonzept im Anhang Tab. 4.
Abb. 36: Institutsgebäude „BS4“ Ansicht West mit Anbau Informatikzentrum und Demonstrationsdoppelfassade (Quelle: Luftbild Prof. Gockell)
4.3.1 Projektbeschreibung
Bestand
Das vierzehngeschossige Punkthochhaus „BS4“, Baujahr 1973 - 75, beherbergt Institute der Universität mit Büros und Seminarräumen, jedoch keine Labore oder
62
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
Werkstätten, welche den Energieverbrauch untypisch beeinflussen könnten. Das
Hochhaus, in Stahlbetonskelettbauweise errichtet, ist aus außen liegenden, die Fassade durchstoßenden, ungedämmten Beton - Stützenpaaren und Massivdecken mit
Randunterzügen konstruiert. Die vorhandene Fassade besteht aus einer Aluminium
Pfosten - Riegelkonstruktion mit außen liegenden Tragprofilen. Es handelt sich um
thermisch getrennte Profile, die Flügel sind mit einer einfachen Falzmitteldichtung
ausgestattet. Die Verglasung besteht aus Sonnenschutz-Isolierglas Schott Calorex, die
Fensterbrüstungen aus wärmegedämmten Glaspaneel-Elementen. Im September 2001
wurde der sechsgeschossige Neubau des Informatikzentrums „NIZ“ fertig gestellt, der
vom Erdgeschoss bis zum vierten Obergeschoss an das bestehende Hochhaus anschließt und dessen Infrastruktur nutzt (s. Abb. 36). Verbunden mit der neuen Nutzung
fand eine Geschosssanierung im 1 - 3. OG des Hochhauses statt.
Nutzung
Der Gebäudeplanung liegt ein variables, funktionsneutrales Ausbauraster 80/80 cm
zugrunde. Der 25 m tiefe Gebäudekörper eignet sich für eine Mischnutzung aus Großraum- und Zellenbüronutzung. Im Bestand finden sich jedoch vorwiegend Zellen- und
Gruppenbüros, die eine nicht natürlich belicht- und belüftbare Innenzone einschließen.
Technik
Die Wärmeversorgung des Gebäudes erfolgt über Fernwärme aus dem SteinkohleHeizkraftwerk der Stadt Braunschweig, Wasser wird dezentral elektrisch erwärmt. Das
Gebäude wird mit statischen Heizflächen (im Fassadenbereich angeordnet, getrennte
Heizkreise für Nord- und Südseite, Nachtabsenkung) und durch Vorwärmung der Zuluft
über Heizregister in einer zentralen Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung über
einen Rotationswärmetauscher beheizt. Diese einfache Lüftungsanlage ist in zwei
Lüftungskreise für die Innen- und Außenzonen der Geschosse unterteilt und kann in
zwei Gebläsestufen für einen ca. 2 bzw. ca. 4-fachen Luftwechsel betrieben werden.
Die Außenzonen können über ein nachgeschaltetes zweites Heizregister mit einer
höheren Lufttemperatur versorgt werden. Die geplante Kühlung der Innenzone wurde
nicht realisiert. Die Anlage ist somit eine Variante der in Kapitel 2.2.1 Bestehende
Klimaanlagen beschriebenen Einkanal - Klimaanlage mit konstantem Volumenstrom.
Die nutzungsneutrale Installation der Lüftungsanlage hat zur Folge, dass in Abhängigkeit der Grundrissaufteilung Bereiche über- oder unterversorgt werden (mit
Luftwechselraten < 0,5 h-1). Der Jahresstromverbrauch der 3 Ventilatoren hat mit mehr
als 40 MWh/a einen Anteil von fast 25 % am Gesamtstromverbrauch des „BS4“
(s. auch Abb. 42).
Fassade
Die bestehende Primärfassade ist an mehreren Stellen undicht. Schlagregen drückt in
die Innenräume, Pfeifgeräusche verhindern bei hohen Windgeschwindigkeiten konzentriertes Arbeiten, Zugerscheinungen wird durch eine im Überdruck arbeitende RLTAnlage entgegengewirkt. Eine im Winter 1998 durchgeführte Nutzerbefragung bestätigte dieses Schadensbild. Die Kartierung von Wasserschäden ergab am 28.10.1998 bei
einer Windstärke von 5 bis 7 folgendes Bild (s. Abb. 37).
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
63
Abb. 37: Fassadenundichtigkeiten am „BS4“ (Westwind, vW = 8,5 bis 13 m/s ≅ Windstärke 5 bis 7)
Signifikant ist eine Zunahme der Schäden in den unteren Geschossen, was auf das an
der Fassade ablaufende Wasser zurückzuführen ist. Auf der Westseite, der Hauptwindrichtung, bestimmt bei einer Schadensquote von 70 % ein gleichmäßiges Schadensbild
den Eindruck. An der Südwestfassade sind bei einer Schadensquote von 50 % in den
Geschossen 6-12 die Flügelelemente ursächlich für den Wassereintritt verantwortlich.
Bei Versuchen, den Weg des eingedrungenen Wassers nachzuvollziehen, wurde
Wasser in den Glasfalz der Flügelelemente eingefüllt. Es ergaben sich nicht nachvollziehbare Wasseraustritte über zwei Geschosse nach innen und nach außen an den
Profilstößen. Wenig betroffen sind die Nord- und Südfassade, die Schäden im Osten
sind wahrscheinlich auf nicht geschlossene Kippflügel zurückzuführen. Diese Schadensaufnahme unterstreicht eindringlich die Ergebnisse der Nutzerbefragung und die
Notwendigkeit einer Fassadensanierung.
Die Bestandsfassade setzt sich aus folgenden Bauteilen zusammen:
ƒ Verglasung Schott „Calorex IRO“: Ug = 3,0 W/m²K, g = 41 %, τ L = 45 %
ƒ Fenster mit RMG 2.2: Uw = 3,1 W/m²K
ƒ Paneelelemente vor Brüstung und Sturz: U = 0,56 W/m²K
ƒ Fertigteilbetonstützen: U = 2,6 W/m²K
Die Kippflügel weisen im Bestand einen Fugendurchlasskoeffizienten von 0,53, die
Festverglasung von 0,36 und die Bauteilanschlussfugen von ca. 2,0 m³/hmPa2/3 auf und
liegen damit im Rahmen typischer Undichtigkeiten. Aus diesen Fugendurchlässen resultiert ein Luftwechsel n50 von 3,4 h-1 und ein Luftwechsel n10 aus Infiltration von 1,25 h-1.
Sanierungsziele
Die Fassadensanierung kann unabhängig von der Geschosssanierung mit sehr geringer Beeinträchtigung des laufenden Betriebs - Umglasen und Überarbeiten der
Dichtungen und Beschläge der Primärfassade und Einsetzen neuer Flügel - realisiert
werden. So kann der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Teile des Gebäudes
bereits saniert wurden. Das Gebäude soll weitestgehend frei belüftet werden, die
sommerliche Überhitzung auf ein zuträgliches Maß reduziert und der Schallschutz
64
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
deutlich verbessert werden. Die Schlagregendichtigkeit soll sichergestellt und die Geräuschentwicklung bei hohen Windgeschwindigkeiten unterbunden werden. Eine
Primärenergiekennzahl von 150 kWh/m²a und Baukosten von 350 €/m²BGF netto für die
Kostengruppen 300 und 400 sollen nicht überschritten werden.
Realisierung
Nutzung
Eine funktionale Neuorganisation auf der Grundlage eines Kombibürotypus gewinnt
durch die Umnutzung von Verkehrsflächen ca. 50 m² Hauptnutzfläche je Geschoss, so
dass nun 26 statt bisher 20 Arbeitsplätze zur Verfügung stehen (s. Abb. 38 und 39).
Abb. 38 / Abb. 39: Innenzone vor (links) und nach (rechts) der Sanierung im 10. OG
Eine offene Grundrissgestaltung, ermöglicht neben der natürlichen Belichtung großer
Raumtiefen auch ein einfaches Querlüftungskonzept (s. Abb. 40 und 41).
Abb. 40 / Abb. 41: Grundriss vor(links) und nach (rechts) der Sanierung im 10. OG
Gebäudehülle
Im Rahmen der Gesamtsanierung erfolgt ein Umglasen mit Wärmeschutzverglasung
und die Überarbeitung der Dichtungen für die gesamte Bestandsfassade. Die einfache
Fassadensanierung auf der Nord- und Ostseite umfasst darüber hinaus den Austausch
der Kippflügel, den innenliegenden Blendschutz auf der Ostseite und im Südosten eine
Sonnenschutzverglasung. Im Bereich der Doppelfassade (s. Kapitel 5) auf der Süd-,
Südwest und Westseite werden zusätzlich die Beschläge der Flügel nachgestellt und
einige Kippflügel in Drehflügel zu Wartungs- und Reinigungszwecken im Fassadenzwischenraum umgerüstet. Die Doppelfassade soll als geschossweise Kastenfassade
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
65
zwischen den Stützenpaaren und mit feststehenden Öffnungen und Sonnenschutzanlagen im Fassadenzwischenraum ausgeführt werden. Auch nach Errichtung der
Doppelfassade kann die bestehende Fassadenbefahranlage weiter genutzt werden.
Die realisierte Demonstrationsdoppelfassade (s. Abb. 46) unterscheidet sich bezüglich
der Primärfassade nur durch den Austausch der Verglasung und das Nacharbeiten der
Dichtungen und Beschläge, soll jedoch in einem Gesamtsanierungskonzept auch die
Innendämmung der Stützen und die Verbesserung der Paneelelemente umfassen. Die
Gebäudehülle besteht dann aus folgenden Bauteilen:
Primärfassade:
ƒ Verglasung Interpane „Iplus C“: Ug = 1,1 W/m²K, g = 58 %, τL = 76 %
ƒ Fenster mit 25 % Bestandsrahmenanteil RMG 2.2: Uw = 1,65 W/m²K
ƒ Paneelelemente vor Brüstung und Sturz mit Hinterfüllung des Luftzwischenraums aus 50 mm Mineralwolle: U = 0,36 W/m²K
ƒ Fertigteilbetonstützen mit Innendämmung aus Gipsverbundplatten 50 mm WLG
040: U = 0,59 W/m²K
Sekundärfassade:
ƒ ESG ( Klappen 8 mm): Ug = 5,8 W/m²K, g = 83 %, τ L = 88 %
ƒ ESG ( Festverglasung 12 mm): Ug = 5,8 W/m²K, g = 79 %, τ L = 86 %
Die Hüllflächenanteile betragen für die Primärfassade: Fenster 53 %, Paneelelemente
37 %, Fertigteilbetonstützen 10 %.
Witterungsschutz
Die Schlagregendichtigkeit soll durch die Sekundärfassade sichergestellt werden und
die Geräuschentwicklung um 90 % reduziert werden. Dauergeräusche sollen vollständig unterbunden werden. Die Reduzierung der Pfeifgeräusche war Bestandteil des
Messkonzepts an der Demonstrationsfassade (s. Kapitel 5.2.1: Dämpfung des Winddrucks und 5.2.2: Schlagregenschutz und Kondensatbildung).
Schallschutz
Deckensegel über den Arbeitsplätzen reduzieren die Nachhallzeit und reflektieren den
indirekten Lichtanteil der abgependelten Beleuchtung. Die neuen Trennwände wurden
auf den bestehenden Verbundestrich gestellt und sind zur Kombizone doppelt, im
Übrigen einfach beplankt ausgeführt. Die Verbesserungen des Bauschalldämmasses
und der erreichbare Raumschallpegel mit der Doppelfassadenkonstruktion waren Teil
des Messkonzepts an der Demonstrationsfassade (s. Kapitel 5.2.3, Schallschutz).
Lüftung
Die erreichbaren Luftwechselraten im Fassadenzwischenraum und im Büro in Abhängigkeit von der Lüftungsstrategie, der Jahreszeit und dem Öffnungsgrad der
Sekundärfassade waren Teil des Messkonzepts (s. Kapitel 5.3, Luftwechsel).
Sommerliche Überhitzung
Die Kombination des Sonnenschutzes im Fassadenzwischenraum mit unterschiedlichen natürlichen Lüftungsstrategien zur Reduzierung der jährlichen Überhitzungsstunden war Bestandteil der Parameterstudie (s. Kapitel. 5.4, Sommerliche Überhitzung) und der anschließenden Simulation (s. Kapitel 6.2, Variantenvergleich).
66
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
Statik
Die Doppelfassade wurde in einer Bautiefe von 100 cm bündig zwischen den tragenden Leichtbetonstützen mit unterspannten Trägern, die alle 2 Geschosse erforderlich
sind, ohne Eingriff in die Bestandsfassade eingehängt. Die Verglasung der Sekundärfassade besteht aus ESG in oben genannten Stärken.
Brandschutz
Das Kombibürokonzept erfordert als Brandschutzmaßnahme Rauchmelder in den
Büros, sowie Sichtkontakt aus den Büros in die Kombizone. Bei dem empfohlenen
Fassadensystem handelt es sich um eine geschossweise getrennte Kastenfassade.
Der vertikale Brandüberschlag wird durch die massive Brüstung in einer Höhe von
1,5 m gewährleistet. Zusätzliche Brandschutzmaßnahmen sind nicht erforderlich.
Innenausbau
Im Rahmen der Geschosssanierung im 10. OG wurden ausgeführt: Abbruch bzw. neue
GK-Trennwände entsprechend der neuen Grundrissorganisation, neue Bodenbeläge
und teilabgehängte Decken, neue Türen mit Oberlichtern zur Ermöglichung einer Querlüftung, Ersatz der schadhaften Fensterbänke, Innendämmung der Stützen und
Malerarbeiten.
Gebäudetechnik
Die im Rahmen einer Sanierung erforderlichen gebäudetechnischen Maßnahmen sind
im Folgenden gewerkeweise kurz beschrieben:
ƒ
Sanitär: geringfügige Um- oder Rückbauten.
ƒ
Elektro: Rückbau der bestehenden Installationen, neue Unterverteilung, neue
Fernmelde- und Datenverkabelung in vorhandenen Boden- und Brüstungskanälen, neue Beleuchtungsanlage, in den Büros direkt - indirekt abgependelt
mehrstufig schaltbar und zusätzliche Schreibtischleuchten.
ƒ
Heizung: Umsetzen bzw. neue Radiatoren, wo es aufgrund neuer Raumzuschnitte erforderlich ist, Anpassen der Regelung für die bestehenden Heizkreise
hinsichtlich der Leistungsabgaben und Regelparameter (Heizkurven, Vorlauftemperaturen, Zonenregelung), Einbau von Strangregulierventilen und neuen
Thermostatventilen mit Voreinstellung.
ƒ
Lüftung: Rückbau der Altanlage und Installation einer neuen Anlage auf dem
Dach des Gebäudes mit frequenzabhängig geregeltem Zuluftvolumenstrom und
WRG über einen Plattenwärmetauscher. Die für Sondernutzungen und übertiefe Gebäudebereiche erforderliche neue RLT - Anlage wird für das
Gesamtgebäude vorgerüstet und kann im Zuge der Geschosssanierungen installiert werden.
4.3.2 Wirtschaftlichkeit
Flächenkennwerte
Durch die Sanierung konnten die Verkehrsflächenanteile deutlich um 8 % reduziert
werden. Der Hauptnutzflächenanteil erhöht sich im Regelgeschoss auf 64,8 % und liegt
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
67
in der Nähe des Grenzwerts für Kombibüros (s. Tabelle 31 und Tabelle 32). Ursache
für den sehr hohen Verkehrsflächenanteil des Bestandsgebäudes war die geplante
Erweiterbarkeit des Gebäudekomplexes mit dem Vorhalten des 2. Rettungswegs im
Regelgeschoss. Mit der Sanierung kann die Flächeneffektivität im Regelgeschoss
wesentlich verbessert werden.
Flächenkennwerte
Angaben für das Normalgeschoß
Bruttogeschossfläche (BGFg)
TU BS
TU-BS
vor Sanierung
nach Sanierung
620 m²
100,0 %
Konstruktionsfläche (KFg)
83 m²
Nettogrundfläche (NGF)
537 m²
Mittelwert
Hochhaus
Zellenbüro
Mittelwert
Hochhaus
Großraum
100 %
620 m²
100,0 %
100 %
13,4 %
79 m²
12,8 %
12 %
6%
86,6 %
541 m²
87,2 %
88 %
94 %
Funktionsfläche (FF)
11 m²
1,8 %
11 m²
1,8 %
1%
1%
Verkehrsfläche (VF)
166 m²
26,7 %
116 m²
18,7 %
21 %
15 %
Nutzfläche (NF)
360 m²
58,1 %
414 m²
66,7 %
66 %
78 %
Nebennutzfläche (NNF)
12 m²
1,9 %
12 m²
1,9 %
4%
4%
Hauptnutzfläche (HNF)
348 m²
56,2 %
402 m²
64,8 %
62 %
74 %
Tabelle 31: Flächenaufstellung des Regelgeschosses TU Braunschweig
Eine Verbesserung in ähnlicher Größenordung zeigt sich auch für das Gesamtgebäude
in Bezug auf die BGFr. Der Zielwert in Bezug auf die BGF wird überschritten, da das
Gebäude über einen nur sehr geringen Anteil „untypischer“ Flächen verfügt. Das Verhältnis BGFr /BGF betrug vor der Sanierung 100 %, danach 96 % aufgrund der durch
die Doppelfassade vergrößerten Bruttogeschossfläche.
Hochhäuser bis 20 Geschosse*
Zellenbüro
TU Braunschweig vor Sanierung Zelle
Kombibüro
TU Braunschweig nach Sanierung Kombi
Zielwert
Grenzwert
[HNFg/BGFg] [HNFg/BGFg]
61 %
64 %
56,2 %
66 %
Grenzwert
[HNF/BGFr]
Zielwert
[HNF/BGFr]
Grenzwert
[HNF/BGF]
53 %
60 %
40 %
52,8 %
73 %
56 %
64,8 %
Zielwert
[HNF/BGF]
52 %
52,8 %
63 %
41 %
60,2 %
55 %
58,0 %
* Es wurden die Grenz- und Zielwerte der Flächenkennwerte für im Bestand nicht vollklimatisierte Gebäude nach
Tabelle 8 verwendet.
Tabelle 32: Hauptnutzflächenkonzentration TU Braunschweig im Vergleich mit Grenz- und Zielwerten
Erst die Umnutzung der Verkehrsflächen mit dem Gewinn von 6 Arbeitsplätzen führt zu
einer wirtschaftlichen Arbeitsplatzdichte von 23,8 m² BGFg/AP im Regelgeschoss im
Bereich des Grenzwerts für Kombibüros (s. Tabelle 33). Dies entspricht
15,4 m²HNFg/AP. Durch den großen Anteil an Flächen für Vorträge und Seminare
scheint das Geschoss zunächst nur durchschnittlich belegt zu sein, tatsächlich aber
wird die vorhandene reine Bürofläche nahezu optimal genutzt. Im Gesamtgebäude
erreicht die Arbeitsplatzdichte mit 31 m² BGF/AP fast den Zielwert. Dies entspricht
einer Arbeitsplatzdichte von 17,9 m²HNF/AP im Gesamtgebäude.
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Zellenbüro
TU Braunschweig vor Sanierung Zelle
Kombibüro
TU Braunschweig nach Sanierung Kombi
Zielwert
Grenzwert
Zielwert
Grenzwert
Zielwert
Grenzwert
[m² BGFg/AP] [m² BGFg/AP] [m² BGFr/AP] [m² BGFr/AP] [m² BGF/AP] [m² BGF/AP]
23 m²
17 m²
31,0 m²
24 m²
23,8 m²
27 m²
21 m²
38,8 m²
18 m²
29 m²
34 m²
26 m²
38,8 m²
23 m²
41 m²
29,8 m²
Tabelle 33: Arbeitsplatzdichte TU Braunschweig im Vergleich mit Grenz- und Zielwerten
27 m²
31,0 m²
68
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
Baukosten
Die im Folgenden genannten Kostenangaben beziehen sich auf eine vollständige
Fassadensanierung über 11 Geschosse und die Geschosssanierung über 12 Geschosse, da die Zahlen nur so vergleichbar mit anderen Sanierungsvorhaben sind.
Tatsächlich sind die Geschosse 1 bis 3 innen bereits saniert und Teile der Nord- bzw.
Ostfassade entfallen durch den Anbau des Informatikzentrums. Das reduziert die Gesamtkosten um 24 %. Die Kostenangaben beruhen auf einer Kostenschätzung des
Büros Pysall, Stahrenberg & Partner (PSP) Architekten, Braunschweig und den Angaben des Ingenieurbüros Meyer, Braunschweig und umfassen alle unter 4.3.1,
Realisierung genannten Maßnahmen auf der Grundlage der in [44] erfolgreich realisierten modellhaften Geschosssanierung im 10. OG. Die möglicherweise erforderliche
Kühlung von Sonderräumen ist nicht enthalten, ebenso wenig die Erneuerung des
Kaltwassernetzes und der Sanitärinstallationen. Auch die Photovoltaikintegration
(s. Kapitel 5.6, PV-Integration) ist in dieser Schätzung nicht enthalten. Sie sollte zum
Zeitpunkt der Erstellung der Haushaltsunterlage Bau mit dem Fassadenentwurf wirtschaftlich bewertet und eingearbeitet werden. Das Bauvolumen der Gesamtsanierung
beträgt nach der Kostenschätzung für die Kostengruppen 300, 400 netto ca.
3,27 Mio €, das entspricht Nettobaukosten in Höhe von 338 €/m²BGF. Davon entfallen
131 €/m²BGF auf die Fassadensanierung, 103 €/m²BGF auf die Geschosssanierung und
105 €/m²BGF auf die technischen Anlagen (s. Tabelle 34). Bezogen auf die Fassadenfläche betragen die Kosten für die Fassadensanierung auf der Nord- und Ostseite
202 €/m² und für die Doppelfassade auf der Süd, Südwest und Westseite 705 €/m².
Eine neue Einfachfassade liegt mit 760 €/m² in der Summe für das Gesamtgebäude
um 45 % über den vergleichbaren Fassadeninvestitionskosten und sogar im direkten
Vergleich 8 % über den Kosten der Doppelfassade, die auch die Sanierung der Primärfassade enthält. Die Kosten einer neuen Fassade schließen die Gerüststellung und
den Abbruch der alten Fassade ein. Damit liegen die Sanierungskosten mit einem
Technikanteil von 45 % an den Gesamtkosten sowohl in der Kostengruppe 400 als
auch in der Kostengruppe 300 im einfachen Standard der Sanierungskosten.
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Gesamtkosten
[€/m²BGF]
KG 300
[€/m²BGF]
KG 400
[€/m²BGF]
Sanierung einfacher Standard
341 €
233 €
108 €
TU Braunschweig
338 €
234 €
105 €
617 €
402 €
215 €
1.023 €
629 €
394 €
Sanierung mittlerer Standard
Sanierung hoher Standard
Tabelle 34: Baukostenvergleich TU Braunschweig, netto
Der arbeitsplatzbezogene Vergleichswert der Sanierungskosten für ein Kombibüro liegt
nahe dem Zielwert im einfachen Standard entsprechend der guten Arbeitsplatzdichte
im Gesamtgebäude (s. Tabelle 35). Die modellhafte Sanierung des 10. OG zeigt, dass
auch mit geringem investiven Aufwand eine funktional und ästhetisch anspruchsvolle
Geschosssanierung gelingen kann.
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Sanierung einfacher Standard Kombibüro
Grenzwert [€/AP]
14.000 €
TU Braunschweig
Zielwert [€/AP]
9.000 €
10.500 €
Sanierung mittlerer Standard Kombibüro
25.500 €
16.500 €
Sanierung hoher Standard Kombibüro
42.000 €
27.500 €
Tabelle 35: Arbeitsplatzkostenvergleich TU Braunschweig im Vergleich mit Grenz- und Zielwerten, netto
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
69
Energieverbrauch
Im Gebäudebestand lag der Wärmeverbrauch im 5-Jahresmittel mit 1.016 MWh/a um
17 % unter den typischen mittleren Verbrauchszahlen nach [28], der Stromverbrauch
mit 175 MWh/a sogar um mehr als 40 %. Dieser geringe Stromverbrauch erklärt sich
durch die geringe Arbeitsplatzdichte von 31 m²BGFg/AP, die in weiten Teilen nicht
vorhandene technische Ausstattung und dem Semesterbetrieb des Gebäudes. Dennoch sind Einsparpotenziale in der Beleuchtung und Lüftungstechnik vorhanden. Eine
Zusammenstellung der Stromverbrauchswerte vor und nach der Sanierung ist in
Abb. 42 und 43 dargestellt.
Anteile am Stromverbrauch im Bestand
8%
1,6 kWh/m²a
Anteile am Stromverbrauch nach Sanierung
7%
2,0 kWh/m²a
22%
4,8 kWh/m²a
28%
8,0 kWh/m²a
34%
7,4 kWh/m²a
Lüftungsanlage
36%
7,7 kWh/m²a
Aufzug
Flächenangaben bezogen auf den m²[NGF]
Beleuchtung
Arbeitsmittel / zentrale Dienste
58%
17 kWh/m²a
Lüftungsanlage
7%
2,0 kWh/m²a
Aufzug
Beleuchtung
Arbeitsmittel / zentrale Dienste
Flächenangaben bezogen auf den m²[NGF]
Abb. 42 / Abb. 43: Stromverbrauch TU Braunschweig vor (links) und nach (rechts) der Sanierung
Die Prognose des Stromverbrauchs nach einer Sanierung gründet auf den Messungen
im sanierten Demonstrationsgeschoss. In der Summe erhöht sich der Verbrauch um
mehr als 30 % und erreicht mit 29 kWh/m²a den Zielwert des geringen technischen
Standards nach Tabelle 14. Zu den einzelnen Positionen: Das Gebäude wird von einer
Doppelaufzugsanlage, die 1991 generalüberholt wurde erschlossen. Der gemessene
Verbrauch betrug 7,7 kWh/m²a. Die auf Sondernutzungen und nicht frei belüftbare
Nutzflächen reduzierte Lüftungsanlage wurde mit nur noch 2 kWh/m²a angesetzt und
liegt damit unter dem Zielwert. Für die Beleuchtung fallen nur 2 kWh/m²a an, zurückzuführen auf die mit 76 % sehr gute Tageslichtautonomie (50 % Fensterflächenanteil,
helle Raumoberflächen) in den Bürobereichen und die der Nutzung angepasste Kunstlichtversorgung mit geringer installierter Leistung bei gleichzeitig hoher
Beleuchtungsqualität (2-Komponenten Systeme mit direkt - indirekter Grundlichtversorgung). Bei aktivem Sonnen- und Blendschutzschutzsystem wird eine ausreichende
Tageslichtversorgung gewährleistet. Dies gilt auch für die Innenzone durch den großzügigen Verglasungsanteil der Bürotrennwände. Nicht zuletzt trägt die
Kunstlichtsteuerung über Bewegungsmelder in den zentralen Verkehrszonen zum
geringen Energieverbrauch bei. Der Anteil der passiven, baulichen Maßnahmen an der
Verbrauchsreduzierung kann mit 50 % abgeschätzt werden. So können insgesamt
Verbrauchswerte erreicht werden, die noch deutlich unter den Zielwerten von 5 bis
9 kWh/m² für einen hohen Anteil fensternaher Arbeitsplätze liegen. Eine tageslicht- und
präsenzabhängige Kunstlichtregelung, die jederzeit einen Nutzereingriff erlaubt, kann
den Komfort noch erhöhen, hat jedoch auf den Verbrauch aufgrund der beschriebenen
guten Rahmenbedingungen nur einen geringen Einfluss. Dabei haben die sogenannten
'stand - alone' - Applikationen, also 'Insellösungen', die Mess- und Steuerfunktionen in
einem einzigen, herstellerspezifischen Gerät beinhalten, im Gegensatz zu den vernetzten Automationslösungen den Vorteil, in ihrer Funktion und Gewährleistung
unabhängig von anderen Systemen zu sein. Sie lassen sich ohne den Aufwand der
70
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
Netzwerkverkabelung, des Bindings und der Systeminbetriebnahme insbesondere bei
Sanierungen einfach installieren. Der Verbrauch für Arbeitsmittel und zentrale Dienste
hat sich mit 17 kWh/m²a im Vergleich zum Bestand verzehnfacht. Der Anteil der Arbeitsmittel beträgt daran ca. 10 kWh/m²a. Der Stand - by Verbrauch des gesamten
Geschosses betrug mit 10 kWh/m²a mehr als ⅓ des Gesamtverbrauchs. Trotz des nur
geringen Gesamtverbrauchs besteht hier noch ein Optimierungspotenzial. Einen Vergleich des Stromverbrauchs der einzelnen Verbrauchergruppen mit den in Kapitel
2.4.3, Energieverbrauch hergeleiteten Grenz- und Zielwerten zeigt Tabelle 36.
Beleuchtung
[kWh/m²NGFa]
Lüftung, Klima
[kWh/m²NGFa]
Arbeitshilfen
[kWh/m²NGFa]
Zen. Dienste
[kWh/m²NGFa]
Div. Technik
[kgCO2/m²NGFa]
Hochhaussanierung Typ I
5-9
3-6
3-8
10-15
5-8
TU Braunschweig Berechnung
2
2
10
15
-
Tabelle 36: Endenergieverbrauch Strom der TU Braunschweig im Vergleich mit Grenz- und Zielwerten
Der Wärmeverbrauch reduziert sich um 50 % auf 509 MWh/m²a und liegt mit
63 kWh/m²NGFa noch unter dem Zielwert. Die bestehende RLT-Anlage (2-facher Luftwechsel für die Zuluft, WRG 65 %, wochentags 7:00 - 18:00, Infiltration aus
Fugendurchlass 0,6 h-1) wird durch ein natürliches Lüftungskonzept (hygienisch erforderlicher Luftwechsel 0,6 h-1, Infiltration aus Fugendurchlass 0,25 h-1) ersetzt. Die
Infiltration wird durch die Abdichtung von Bauteilfugen, das Nachstellen der Fensterbeschläge und das Einbringen von Fugenbändern zwischen der Glasfalz der
Festverglasung und dem Rahmen deutlich reduziert. Die Lüftungswärmeverluste werden dadurch um ca. 45 % reduziert. Die Transmissionswärmeverluste über die Fenster
können durch das Umglasen um ca. 40 %, über die Pfeiler durch die Innendämmung
um ca. 80 % reduziert werden. Die solaren und inneren Gewinne steigen trotz des
deutlich höhern Technisierungsgrads und des Umglasens nur um etwas mehr als
10 %, da von einer hohen Vollbetriebszeit der bestehenden Beleuchtungsanlage ausgegangen wurde. Diese Berechnung nach DIN EN 832 berücksichtigt weder den mit
der Gebäudehöhe zunehmenden Wärmeverbrauch, noch mögliche Reduzierungen
durch die Doppelfassade. Den Vergleich der Verbrauchskennwerte für den Gebäudebestand und das Sanierungspotenzial zeigt die folgende Tabelle 37 auf.
typischer Bestand SIA NK
Wärme
[kWh/m²NGFa]
Strom
[kWh/m²NGFa]
Primärenergie
[kWh/m²NGFa]
Emissionen
[kgCO2/m²NGFa]
152
38
281
56
TU Braunschweig* Bestand
126
22
205**
53**
Hochhaussanierung Typ I
75-109
28-46
161-258
32-52
TU Braunschweig Berechnung
63
29
156**
38**
Hochhaussanierung Typ II
75-109
38-73
197-339
40-70
Hochhaussanierung Typ III
75-109
70-100
293-420
61-87
* Mittelwerte aus den Verbräuchen 1995 bis 1999
** Primärenergiefaktor Fernwärme aus 35% KWK fossiler Brennstoff Primärenergiefaktor 1,1; CO2 Emission 306
gCO2/kWhEnd
Tabelle 37: Energieverbräuche der TU Braunschweig im Vergleich
Betriebskosten
Die Betriebskosten standen für das Abrechnungsjahr 2002 bezogen auf den gesamten
Gebäudekomplex aus dem 5-geschossigen Neubau des Informatikzentrums und dem
teilsanierten Institutsgebäude zur Verfügung. Die Positionen wurden entsprechend der
NGF – Anteile, jeweils ca. 50 %, umgelegt. Auf die hochhausspezifische Auswertung
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
71
der Kostenkategorien Wartung, Strom, Bewachung und Heizung wird daher verzichtet.
Da sich sowohl die Nutzung als auch die Gebäudequalität erheblich voneinander unterscheiden ist insbesondere bezüglich der Wärme- und Stromkosten mit einer
Unschärfe zu rechnen. Die üblicherweise nutzerspezifischen Betriebskosten wie z.B.
Reinigung und Stromverbrauch der Mietbereiche wurden mit erfasst. Da als Nebenkosten nur umlegbare Kosten gelten, wird dies im Vergleich dadurch berücksichtigt, dass
diese beiden Positionen mit dem Faktor aus Vollkosten zu umlegbaren Kosten bewertet werden. Da wesentliche Positionen der Kostengruppen Dienstleistung / Versicherung nicht zur Verfügung standen, wird auf die Angabe einer Gesamtsumme
verzichtet.
Wie für öffentliche Gebäude typisch, fallen so gut wie keine öffentlichen Abgaben an.
Trotz des im Gebäudebestand gemessenen geringen Stromverbrauchs, sind die Kosten derart niedrig, dass ein Datenerhebungsfehler nahe liegt. Eine Bewertung der
Wärmekosten ist aufgrund der unterschiedlichen Bauteilqualitäten im Gesamtkomplex
nicht möglich. Die zur Verfügung stehenden Kosten der Positionen in der Kostengruppe Dienstleistung / Versicherung entsprechen dem mittleren Gebäudequalitätsstandard
mit Ausnahme der Kategorie Wartung, die über dem Vergleichswert liegt. In Tabelle 38
werden die für das „BS4“ erhobenen Nebenkosten mit Auswertungen entsprechender
Abrechnungszeiträume aus [32] vergleichen.
[€Netto/m²NGFMonat]
TU
Braunschweig
OSCAR *
OSCAR **
OSCAR **
Gebäudealter 1970-
Gebäudequalität mittel
Hochhaus
TU
Braunschweig
Bestand 2002
1979 unklimatisiert
Öffentliche Abgaben
0,02
k. A.
0,48
0,48
k. A.
Strom
0,02
k. A.
0,21
0,29
k. A.
Heizung
0,31
k. A.
0,39
0,42
k. A.
Wasser, Kanal
0,06
k. A.
0,12
0,12
k. A.
Summe Versorgung
0,39
k. A.
0,72
0,83
k. A.
Versicherung
k.A.
k. A.
0,10
0,12
k. A.
Wartung
0,41
k. A.
0,30
0,38
k. A.
Reinigung
0,26
k. A.
0,24
0,32
k. A.
Bewachung
k.A.
k. A.
0,22
0,28
k. A.
Verwaltung
k.A.
k. A.
0,31
0,35
k. A.
Hausmeister
0,23
k. A.
0,22
0,23
k. A.
Sonstiges
0,01
k. A.
0,04
0,08
k. A.
Summe Dienstleistung / Versicherung
0,90
k. A.
1,43
1,76
k. A.
3,07
k. A.
nach Sanierung
k. A.
Gesamtkosten
2,63
* es stehen keine Angaben im Abrechnungszeitraum Kalenderjahr 2002 zur Verfügung
** Abrechnungszeitraum Kalenderjahr 2002
unterstrichen hochhausspezifische Kostenkategorien
Tabelle 38: umlegbare Netto-Betriebskosten im Vergleich TU Braunschweig im Vergleich mit [32]
Auf eine Bewertung und eine Prognose für die zu erwartenden Nebenkosten nach der
Sanierung wird aufgrund der schwer bewertbaren Datengrundlage verzichtet.
4.4
Gegenüberstellung der Gebäude
Die Gegenüberstellung dieser drei Gebäude zeigt zum einen die Bandbreite der bautechnischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten von der Kasten- bis zur
unsegmentierten Vorhangfassade, vom einfachen bis zum gehobenen Standard auf,
zum anderen ein sich aus den Umfragen ergebendes planerisches Optimierungspotenzial.
72
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
4.4.1 Gebäudekenndaten im Vergleich
Die drei untersuchten Gebäude liegen in einer ähnlichen Gebäudegrößenklasse. Die
Gebäude der R+V Versicherung und der Kreisverwaltung Bad Segeberg sind Zweispänner mit geringen Gebäudetiefen, bei denen sich eine Zellenstruktur anbietet. Das
Gebäude der TU Braunschweig ist mit einer Gebäudetiefe von 25 m ein kompaktes
Punkthochhaus. Die baulichen Maßnahmen der drei Doppelfassadenkonstruktionen
kommen ohne manuell oder motorisch betriebene bewegliche Konstruktionen aus, sind
daher sogenannte passive Systeme. Die Gebäude liegen mit mindestens einer Seite
lärmexponiert an vielbefahrenen Straßen. Alle Gebäude wurden im städtebaulichen
Rahmen nachhaltig aufgewertet. Die Gebäudekennwerte stellt Tabelle 39 dar.
Gebäudetyp
R+V Domstraße Hamburg
KV Bad Segeberg
vor / nach Sanierung
TU Braunschweig
vor / nach Sanierung
gestreckter Baukörper
gestreckter Baukörper
kompakter Baukörper
Nutzung
Bürogebäude
Verwaltung
Lehre und Forschung
Büroform
Zellenbüros
Zellenbüros
Zelle/Großraum
Kombibüro
226
247
240
312
1961-1962
1971-73
Stahlbetonskelett
Stahlbetonskelett
Stahlbetonskelett
Stahlvorhangfassade
Bandfassade
Aluminiumvorhangfassade
Arbeitsplätze
Errichtung
Rohbaukonstruktion
Bestandsfassade
Sanierung
Primärfassade
Sekundärfassade
1973-1975
2001-02
2001-02
Teilsanierung 1999
neue Vorhangfassade
Brüstungen mit WDVS saniert
neue Verglasung
Kasten
Vorhang unsegmentiert
Kasten
A/V Verhältnis [m-1]
0,29
0,31
U Gebäudehülle [W/m²k]
0,75
0,99
0,28
Gebäudetiefe [m]
14,30
13,40 und 16,50
BRI [m³]
26.883
20.540
24.655
35.829
37.218
BGF [m²]
8.082
6.468
7.712
9305
9.666
BGFr [m²]
6.277
6.468
6.592
9305
9305
NGF [m²]
6.847
5.562
5.667
8.075
8.125
NGF oberirdisch [m²]
4.751
5.049
5.145
7.393
7.443
HNF [m²]
3.820
3.777
3.777
4.914
5.603
2,4
0,96
25,00
Tabelle 39: Gegenüberstellung der Gebäudekennwerte der evaluierten Gebäude
4.4.2 Sanierungskonzepte im Vergleich
Ausstattungs- und Qualitätsstandard
In den Gebäuden der Kreisverwaltung und der TU Braunschweig konnte die Primärfassade erhalten und teilweise saniert werden. Die Geschosssanierung erfolgte unter
weitgehendem Erhalt des Ausbaus. Mit vergleichsweise geringem Aufwand bieten die
Gebäude einen hohen Nutzungskomfort. Aufgrund der Schadstoffbelastung wurde im
Gebäude der R+V Versicherung eine ursprünglich nicht geplante Totalsanierung realisiert. Es entstand ein Gebäude mit sehr hohem Qualitätsstandard.
Gebäudetechnik
Die drei untersuchten Gebäude sind fernwärmeversorgt und werden über statische
Heizflächen beheizt. Die ausschließlich natürlichen Lüftung, bzw. Querlüftung ist
Grundlage der Klimakonzepte. Elektro- und Medienversorgung können in der beste-
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
73
Kühlung
Induktionskühlgeräte
TU Braunschweig
Statische Heizflächen (Radiatoren)
KV Bad Segeberg
Heizung
R+V Domstraße
henden Trassenführung erhalten oder erneuert werden, wie im Gebäude der Kreisverwaltung bzw. der TU Braunschweig, oder über Bodenkanäle erfolgen, wie im Gebäude
der R+V Versicherung. Eine zentrale Gebäudeleittechnik, die die einzelnen Komponenten der Gebäudetechnik steuert, regelt und überwacht ist in keinem Gebäude
vorhanden. Unterschiede gibt es vor allem bei der Belüftung und Kühlung: Hohe Komfortansprüche und das Vorhalten von Systemen begründen den vergleichsweise hohen
technischen Ausstattungsstandard im Gebäude der R+V Versicherung. Die technische
Ausstattung der evaluierten Gebäude vergleicht Tabelle 40.
x
x
x
x
1
3
Kaltwassertruhen
x
2
Einzelklimagerät
Nachtlüftung
Lüftung
GLT/ Regelung
x
einseitige Lüftung
einseitige Lüftung
Querlüftung
Fensterlüftung
x
x
X
RLT-Anlage mit WRG
x
4
5
Kunstlicht
Heizung
x
x
x
x
6
Lüftung
x
Sonnenschutz
x
x
x
Brandschutz
Brandmeldeanlage
x
x
x
sonstiges
Photovoltaikanlage
x
1
Raumweise dezentrale Kühlungs- und Belüftungseinheiten (Fancoils) in den Türoberlichtern in Sonderräumen,
Kompressionskälteanlage auf dem Dach
2
dezentrale Kühlung eines Sonderraums
3
Kühlung von Sonderräumen nach Erfordernis
4
in den Sonderräumen s. Kühlung
5
stand – alone, präsenz- und tageslichtabhängig
6
in den Sonderräumen s. Kühlung
Tabelle 40: Gegenüberstellung der technischen Ausstattung der evaluierten Gebäude
Statik
Alle drei Gebäude verfügen über Voraussetzungen, die eine Doppelfassade ohne
zusätzliche konstruktive Eingriffe ermöglicht: In der Kreisverwaltung die ursprünglich
sehr hohen Verkehrslasten, bei der R+V Versicherung die durch eine leichte Aluminiumkonstruktion ersetzte schwere Stahlfassade im Gebäudebestand und am
Institutsgebäude der TU Braunschweig die außenliegenden Stützenpaare.
Brandschutz
Im Gebäude der Kreisverwaltung wurde ein zweites notwendiges Fluchttreppenhaus
ergänzt, das Gebäude der R+V Versicherung verfügt über nur ein notwendiges, druckbelüftetes Treppenhaus. Alle Gebäude verfügen über eine flächendeckende
74
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
Brandmeldeanlage. Die für die Flächenwirtschaftlichkeit wichtige Größe des Verkehrsflächenanteils (s. folgendes Kapitel 4.4.3) wird vom Flucht und Rettungswegkonzept
bestimmt. Ein optimales, auf die Nutzung und die Funktion abgestimmtes Brandschutzkonzept konnte am Institutsgebäude der TU Braunschweig realisiert werden:
Kombibüro, transparente Raumverbindungen und Querlüftung ergänzen sich. Werden
Doppelfassaden als Kastenfassaden ausgebildet, so ist in der Regel nicht mit zusätzlichen brandschutztechnischen Anforderungen zu rechnen.
4.4.3 Wirtschaftlichkeit im Vergleich
Flächenkennwerte
Im Gebäudevergleich (s. Tabelle 41) zeigt sich, dass im Regelgeschoss mit 65 bis
68 % HNFg/BGFg eine gute bis sehr gute Flächeneffektivität nach der Sanierung erreicht werden kann. Das Gebäude der Kreisverwaltung schneidet aufgrund der hohen
Verkehrs- und Konstruktionsflächenanteile mit 61 % weniger gut ab. Bezogen auf das
Gesamtgebäude kann in den Gebäuden der R+V Versicherung und der TU Braunschweig mit mehr als 60 % HNF/BGFr eine gute Flächeneffizienz erreicht werden. Zur
Beurteilung der Hauptnutzflächenkonzentration in Bezug auf die BGF ist eine Einzelfallbetrachtung unerlässlich, da der Anteil „untypischer“ Flächen wie z.B. für
Tiefgaragen einer sehr großen Varianz unterliegt. Er beträgt im Gebäude der R+V
Versicherung z.B. 22 %, im Gebäude der TU Braunschweig hingegen nur 4 % mit
entsprechendem Einfluss auf die Kennwerte. Die Kennwerte der BGF einzelner Gebäude eignen sich daher nicht für den direkten Vergleich.
Unter wirtschaftliche Gesichtspunkten kann die Flächenkonzentration eine für die
Sanierung ausschlaggebende Kenngröße sein, wenn z.B. wie im Gebäude der R+V
Versicherung der Bestand im Regelgeschoss bereits über eine sehr gute Flächeneffizienz verfügt oder wie im Gebäude der TU Braunschweig die Flächeneffizienz
wesentlich verbessert werden kann. Von entscheidendem Einfluss ist dabei der Verkehrsflächenanteil. Dieser liegt im Gebäude der R+V Versicherung, welches nur über
ein notwendiges Treppenhaus verfügt, bei nur 17 %. Im Gebäude der TU Braunschweig konnte der Verkehrsflächenanteil durch eine Grundrissneuorganisation um
8 % auf 19 % reduziert werden.
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Zellenbüro
Zielwert
Grenzwert
Grenzwert
[HNFg/BGFg] [HNFg/BGFg] [HNF/BGFr]
61 %
R+V Domstraße Zelle nach Sanierung
64 %
53 %
68,4 %
Zielwert
[HNF/BGFr]
Grenzwert
[HNF/BGF]
60 %
40 %
Zielwert
[HNF/BGF]
52 %
60,9 %
47,3 %
KV Bad Segeberg Zelle vor Sanierung
62,2 %
58,4 %
58,4 %
KV Bad Segeberg Zelle nach Sanierung
61,0 %
57,3 %
49,0 %
TU Braunschweig Zelle vor Sanierung
56,2 %
TU Braunschweig Kombi nach Sanierung
64,8 %
Kombibüro
66 %
52,8 %
52,8 %
60,2 %
73 %
56 %
63 %
58,0 %
41 %
55 %
Tabelle 41: Hauptnutzflächenkonzentrationen der evaluierten Gebäude im Vergleich mit Grenz- und
Zielwerten
Die Arbeitsplatzdichte ist mit 22 bis 25 m² BGFg/AP für die drei Gebäude im Regelgeschoss eher gering. Das deutet auf einen in allen drei Gebäuden hohen
Flächenkomfort hin. Dies lässt jedoch keinen Rückschluss auf eine signifikante Zunahme des arbeitsplatzspezifischen Flächenbedarfs seit der Datenerhebung 1977
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
75
(s. Kapitel 2.4.1, Flächenkomfort) zu, da die Gebäude bereits im Bestand über einen
sehr hohen Flächenkomfort verfügten. In Bezug auf das Gesamtgebäude der BGFr
zeigt sich ein ebenfalls hoher Flächenkomfort. Im Gebäude der TU Braunschweig
tragen hier u.a. Seminar-, Ausstellungs- und Bibliotheksflächen zur geringen Arbeitsplatzdichte bei. Bei der Beurteilung der Arbeitsplatzdichte in Bezug auf die BGF ist aus
den oben genannten Gründen eine Einzelfallbetrachtung erforderlich. Die Kennwerte
der BGF eigenen sich auch hier nicht für den direkten Vergleich. Die Kennwerte der
Arbeitsplatzdichte der drei Gebäude zeigt die folgende Tabelle 42.
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Zellenbüro
Zielwert
Grenzwert
Zielwert
Grenzwert
Zielwert
Grenzwert
[m² BGFg/AP] [m² BGFg/AP] [m² BGFr/AP] [m² BGFr/AP] [m² BGF/AP] [m² BGF/AP]
23 m²
17 m²
27 m²
R+V Domstraße Zelle nach Sanierung
22,5 m²
27,8 m²
KV Bad Segeberg Zelle vor Sanierung
24,2 m²
26,2 m²
KV Bad Segeberg Zelle nach Sanierung
24,7 m²
26,7 m²
TU Braunschweig Zelle
31,0 m²
38,8 m²
vor Sanierung
TU Braunschweig Kombi
nach Sanierung
Kombibüro
23,8 m²
24 m²
21 m²
34 m²
26 m²
35,8 m²
26,2 m²
31,2 m²
38,8 m²
29,8 m²
18 m²
29 m²
31,0 m²
23 m²
41 m²
27 m²
Tabelle 42: Arbeitsplatzdichte der evaluierten Gebäude im Vergleich mit Grenz- und Zielwerten
Die Arbeitsplatzdichte als m² HNFg/AP betrug in allen Gebäuden etwas mehr als 15 m².
Baukosten
Die Gegenüberstellung in Tabelle 43 und Abb. 44 zeigt die mögliche Spannweite der
Baukosten auf: Die hochwertige Totalsanierung des Gebäudes der R+V Versicherung
im hohen Sanierungsstandard mit mehr als 1.000 €/m²BGF auf der einen Seite und die
sich auf notwendige Maßnahmen unter weitgehendem Erhalt des Bestands beschränkenden Sanierungen der Kreisverwaltung und der TU Braunschweig im einfachen
Sanierungsstandard mit 350 €/m²BGF auf der anderen Seite.
Vergleichbare Baukosten eines Hochhausneubaus (s. Kapitel 2.4.2, Neubaukosten) in
Höhe von ca. 1.100 €/m²BGF liegen um mehr als das 3-fache über den Sanierungskosten der Gebäude der TU Braunschweig und der KV Bad Segeberg. Auch das Gebäude
der R+V Versicherung liegt um 25 % unter vergleichbaren Neubaukosten in Höhe von
ca. 1.350 €/m²BGF. Neben den o. g. flächenwirtschaftlichen Kenngrößen ist auch der
Baukostenvergleich Grundlage für die Entscheidung über ein Sanierungsvorhaben.
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Gesamtkosten
[€/m² BGF]
KG 300
[€/m² BGF]
KG 400
[€/m² BGF]
Sanierung einfacher Standard
341 €
233 €
108 €
TU Braunschweig
338 €
234 €
105 €
KV Bad Segeberg
349 €
340 €
9€
Sanierung mittlerer Standard
617 €
402 €
215 €
Sanierung hoher Standard
1.023 €
629 €
394 €
R+V Domstraße
1.064 €
631 €
433 €
Neubau einfacher Standard
1.076 €
827 €
249 €
Neubau hoher Standard
1.345 €
986 €
359 €
Tabelle 43: Baukostenvergleich der evaluierten Gebäude, netto
76
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
Sanierung einfacher Standard
233
108
TU Braunschw eig
234
105
340
KV Bad Segeberg
9
215
402
Sanierung mittlerer Standard
Sanierung hoher Standard
629
R+V Domstraße
631
Neubau einfacher Standard
394
433
249
827
359
986
Neubau hoher Standard
0
200
400
600
800
KG 300 [€/m² BGF]
1000
1200
1400
1600
KG 400 [€/m² BGF]
Abb. 44: Netto-Baukosten der evaluierten Gebäude im Vergleich mit hochhaustypischen Referenzkosten
Die arbeitsplatzspezifischen Baukosten (s. Tabelle 44) liegen aufgrund des hohen
Flächenkomforts für die Gebäude der TU Braunschweig und der Kreisverwaltung mit
10.500 bzw. 10.900 €/AP über dem Zielwert und für das Gebäude der R+V Versicherung mit 38.100 €/AP über dem Grenzwert, bezogen auf den jeweiligen
Büronutzungstyp.
Hochhäuser bis 20 Geschosse
Sanierung einfacher Standard Kombibüro
Grenzwert [€/AP]
14.000 €
TU Braunschweig Kombibüro
Sanierung einfacher Standard Zellenbüro
Zielwert [€/AP]
9.000 €
10.500 €
11.500 €
KV Bad Segeberg Zellenbüro
9.000 €
10.900 €
Sanierung mittlerer Standard Zellenbüro
21.000 €
16.000 €
Sanierung hoher Standard Zellenbüro
35.000 €
26.500 €
R+V Domstraße Zellenbüro
38.100 €
Tabelle 44: Arbeitsplatz-Baukostenvergleich der evaluierten Gebäude, netto
Eine passive Doppelfassadenkonstruktion unter Erhalt der bestehenden Primärfassade
einschließlich ihrer Sanierung erfordert als unsegmentierte Vorhangfassade am Gebäude der Kreisverwaltung oder Kastenfassade am Gebäude der TU Braunschweig mit
550 bzw. 430 €/m²Fassadenfläche erheblich geringere Baukosten als die Errichtung
einer neuen Primärfassade. Eine Doppelfassade kann einen Beitrag zu geringen Baukosten leisten, sofern die Primärfassade sanierbar ist. Die Fassadeninvestitionskosten
der drei Gebäude stellt Tabelle 45 einander gegenüber.
Baukosten
[€/m² Fassadenfläche]
Baukosten
[€/m² BGF]
neue Primärfassade als Vorhangfassade *
760 €
-
TU Braunschweig **
430 €
131 €
KV Bad Segeberg ***
550 €
242 €
R+V Domstraße ****
1.000 €
443 €
* einschließlich Sonnenschutz, Gerüststellung und Abbruch der Bestandsfassade
** Primärfassadensanierung Nord/Ost einschließlich Blendschutz 200 €, Doppelfassade Süd/Südwest/West einschließlich Sonnenschutz und Primärfassadensanierung 700 €
*** Doppelfassade einschließlich Sonnenschutz und der Sanierung der Brüstungen
**** neue Primärfassade einschließlich Sonnenschutz und Abbruch der Bestandsfassade
Tabelle 45: Fassaden-Baukostenvergleich der evaluierten Gebäude, netto
Kapitel 4 Evaluierung von Sanierungsvorhaben
77
Energieverbrauch
Wärme und Stromverbräuche lagen im Gebäudebestand für die evaluierten Gebäude
unterhalb der Vergleichswerte, der auffällig geringe Stromverbrauch der TU Braunschweig war auf Besonderheiten im Gebäudebetrieb zurückzuführen. Nach der
Sanierung zeigen sich für die Gebäude der R+V Versicherung mit über 100
kWh/m²NGFa und der Kreisverwaltung mit mehr als 90 kWh/m²NGFa im ersten Betriebsjahr vergleichsweise hohe Wärmeverbräuche. Der dargestellte Wärmeverbrauch der
TU beruht dagegen auf einer Berechnung. Im Gebäude der Kreisverwaltung konnte der
Wärmeverbrauch durch die Sanierung um 30 % reduziert werden. Große Unterschiede
zeigen sich in den gemessenen Stromverbräuchen. Aufgrund des geringen technischen Standards erreichen das Gebäude der Kreisverwaltung und die Berechnung für
die TU Braunschweig mit ca. 30 kWh/m²NGFa hier fast den Zielwert. Der im Gebäudevergleich höhere technische Standard der R+V Versicherung – Arbeitsmittel, zentrale
Dienste, Klimatisierung von Teilbereichen – drückt sich auch in einem fast doppelt so
hohen Stromverbrauch von 57 kWh/m²NGFa aus. Die Energieverbrauchskennwerte der
drei Gebäude zeigen die folgende Tabelle 46 und Abb. 45.
Wärme
[kWh/m²NGFa]
Strom
[kWh/m²NGFa]
Primärenergie
[kWh/m²NGFa]
Emissionen
[kgCO2/m²NGFa]
typischer Bestand SIA NK
152
38
281
56
TU Braunschweig Bestand
126
22
205
53
KV Bad Segeberg Bestand
127
38
279
75
Hochhaussanierung Typ I
75-109
28-46
161-258
32-52
TU Braunschweig Berechnung
63
29
156
38
KV Bad Segeberg nach Sanierung
93
31
158
39
Hochhaussanierung Typ II
75-109
38-73
197-339
40-70
R+V Domstraße nach Sanierung
104
57
244
57
Hochhaussanierung Typ III
75-109
70-100
293-420
61-87
Tabelle 46: Energieverbräuche der evaluierten Gebäude im Vergleich
Wärmeverbrauch [kWh/m²NGFa]
200
typischer Bestand
SIA NK
150
TU Braunschw eig
Bestand
100
KV Bad Segeberg
Bestand
R+V Domstraße nach
Sanierung
KV Bad Segeberg nach
Sanierung
TU Braunschw eig
Berechnung
50
0
0
10
20
30
40
50
60
70
Stromverbrauch [kWh/m²NGFa]
Ziel- und Grenzwerte für die Sanierung von Hochhäusern
Vergleichsw erte für Verw altungsgebäude aus SIA 380/1
Abb. 45: Gegenüberstellung Wärme- und Stromverbrauch der evaluierten Gebäude
80
78
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Die Kreisverwaltung Bad Segeberg erreicht mit den im Jahre 2003 gemessenen Energieverbräuchen eine Primärenergiekennzahl von 158 kWh/m²NGFa. Ohne
Berücksichtigung der Arbeitshilfen sinkt diese Kennzahl unter den Zielwert von
150 kWh/m²NGFa für Hochhaussanierungen.
Betriebskosten
Auf eine Gegenüberstellung der Betriebskosten der drei untersuchten Gebäude wird
verzichtet, da für die TU Braunschweig eine nur schwer bewertbare Datengrundlage,
für die Kreisverwaltung nur Daten vor der Sanierung und nur für die R+V Versicherung
Daten vor und nach der Sanierung vorliegen. Ein Sanierungspotenzial ist aus den
Daten dieses einen Gebäudes nicht abzuleiten. Signifikante Unterschiede zwischen
Gebäuden mit gläsernen Vorsatzschalen und den Kennwerten für das Gebäudemittel
waren nicht erkennbar. Es wird daher an dieser Stelle auf die Ausführungen in den
jeweiligen Kapiteln der Gebäude verwiesen.
4.4.4 Komfortkriterien im Vergleich
Die in den sanierten Gebäuden durchgeführte Nutzerumfrage bewertet die allgemeine
Behaglichkeit in den Gebäuden als gut. Das Nutzerverhalten bezüglich der natürlichen
Lüftung ist im Sommer wie im Winter vorbildlich. Dennoch werden Überhitzungen von
fast allen Befragten beklagt. In der Kreisverwaltung wird die Situation von der Hälfte
der Befragten als verschlechtert beurteilt. Intensive Farben, hervorgerufen durch die
roten Sonnenschutzscreens, stoßen im Gebäude der Kreisverwaltung Bad Segeberg
auf geringe Nutzerakzeptanz. Die große Anzahl der Umfrageteilnehmer ermöglicht eine
räumliche Zuordnung der Beschwerdehäufigkeit und damit auch das Isolieren wahrscheinlicher Ursachen. Der Außenlärm wird im Gebäude der R+V Versicherung und
der Kreisverwaltung trotz der dort festgestellten Verbesserungen von mehr als der
Hälfte der Befragten als in hohem Maße störend empfunden. Überhitzungs- und
Schallschutz sollten demnach einen höheren Stellenwert im Planungsprozess erhalten,
um diesen Komforteinschränkungen vorzubeugen. Hinweise für entsprechende Planungskriterien geben die im Folgenden ausgeführten Mess- und Simulationsergebnisse an der Demonstrationsdoppelfassade der TU Braunschweig.
Das Instrument der Nutzerumfrage eignet sich sehr gut, um mögliche Komforteinschränkungen zu bewerten und zu lokalisieren. Die Aussagen waren in sich schlüssig,
so dass davon ausgegangen werden kann, dass es sich um signifikante Ergebnisse
handelt. Temperatur-, Luftwechsel- und Schallmessungen sollten bei Bedarf die Ergebnisse der Umfrage ergänzen und können Grundlage für konkrete Verbesserungsvorschläge sein.
5
Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Antworten auf die bauphysikalischen Anforderungen einer gläsernen Vorsatzschale in
der Sanierung gibt die Auswertung eines Modellversuchs an einer Demonstrationsdoppelfassade (s. Abb. 46). Als wichtige Anforderungen können aus den Erfahrungen der
evaluierten Gebäude (s. Kapitel 4.4) der Überhitzungs- und der Schallschutz genannt
werden. Betrachtet wurden im Rahmen einer Parameterstudie unterschiedliche Öffnungsgrade der gläsernen Vorsatzschale und Lüftungsstrategien in der ein- und
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
79
zweigeschossigen Ausführung in ihren Auswirkungen auf den sommerlichen und winterlichen
Betrieb. Die Messungen fanden im 3. und 4. OG
an der Westfassade des in Kapitel 4.3 beschriebenen Gebäudes der TU Braunschweig von Mai
2002 bis September 2003 statt. Die Ergebnisse
dieses Versuchs sind im folgenden Kapitel beschrieben.
In Kapitel 6 wird dann ein thermisches Simulationsmodell auf der Grundlage der Messergebnisse
mit dem Programm Bsim validiert. Modellvarianten
werden in Bezug auf Überhitzungsanteile und
Wärmeverbrauch miteinander verglichen. Der
Variantenvergleich umfasst dabei die Möglichkeiten der Fassadensanierung vom einfachen Primärbis zum vollständig neuen Doppelfassadensystem.
Abb. 46: Demonstrations-Doppelfassade am Institutsgebäude „BS4“ der TU Braunschweig
5.1
Randbedingungen
Fassadengeometrie
Die Demonstrations-Doppelfassade wurde im 3.
und 4. OG im April / Mai 2002 vor Ort zusammengesetzt und zwischen den Stahlbetonstützen
eingefädelt (Firma Otto Künnecke Stahlbau). Der
Zwischenboden ist zu Versuchszwecken - geschossweise oder zweigeschossige Ausführung demontierbar mit einem Stahlblech unter einem
Gitterrost ausgebildet. Die Zu- und Abluftklappen
der Sekundärfassade sind manuell in 5° - Schritten
bis zu einem Winkel von 30° verstellbar. Die obere
Klappenreihe wurde auf der Außenseite mit PVElementen BP „MST 50“ versehen wie in Abb. 46
erkennbar. Als Sonnenschutz kam ein Prototyp
einer horizontalen Klapplamelle der Firma Warema
zum Einsatz (s. Abb. 47).
Abb. 47: Fassadenzwischenraum der Demonstrationsdoppelfassade
Die lichte Breite zwischen den Stützen beträgt 6,55 m, die Geschosshöhe jeweils
3,85 m, die Tiefe des Fassadenzwischenraums beträgt 1 m. Das Achsraster der Primärfassade beträgt 0,8 m, das Achsraster der Sekundärfassade 1,6 m. Die
Fassadenbauteile und deren bauphysikalische Werte sind in 4.3.1 Gebäudehülle beschrieben. Im 3. OG befindet sich an die Doppelfassade angrenzend ein bereits
sanierter Büroraum, im 4. OG der Messraum zu Prüf- und Vergleichszwecken. Ein
Fassadenschnitt und die Grundrisse sind in Abb. 48, 49 und 50 dargestellt.
80
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
4.OG
Primärfassade
4. OG
Fassadenzwischenraum
Sekundärfassade
1
3. OG
3.OG
Primärfassade
Schnitt 1-1
Fassadenzwischenraum
Sekundärfassade
1
N
Abb. 48 / Abb. 49 / Abb. 50: Fassadenschnitt 1-1 (links), Grundriss 4. OG (rechts oben) und 3. OG (rechts
unten) jeweils mit Deckenspiegeln
Die Höhenlage der Geschosstrennung sowie die horizontale und vertikale Position des
Sonnenschutzes im Fassadenzwischenraum wurden tageslicht- und strömungsoptimiert geplant. Die Strömungssimulation zur Optimierung der Position des Sonnenschutzes wurde mit dem Programm Fluent durchgeführt. Es gehört zur Klasse der CFD
(computational fluid dynamics) Programme. Die
60 s
Berechnung erfolgt auf dem numerischen Grundprinzip der Finiten-Volumen-Methode. Das lokale
Luftalter τ P [s] an einem beliebigen Punkt P ist
30 s
0s
definiert durch die durchschnittliche Zeit, die die
Luftmoleküle vom Eintritt in den Raum bis zum
Erreichen des Punktes benötigen.
Das Ergebnis der im Hinblick auf eine geringe
Verweildauer und gute Durchströmung optimierten
Variante zeigt die Abb. 51. Der Abstand des Sonnenschutzes beträgt 25 cm von der gläsernen
Vorsatzschale.
Gleichzeitig wird mit der Klapplamelle der Blendschutz gewährleistet.
Abb. 51: Optimierung der Geometrie des Behangs im Fassadenzwischenraum, Verteilung des lokalen
Luftalters
Zur Erläuterung der verwendeten Begriffe: Die „Primärfassade“ bezeichnet die bestehende Fassade, den thermischen Raumabschluss, die „Sekundärfassade“ die äußere
Ebene der Doppelfassade. Die Funktionsweise der Demonstrationsfassade wird in
zwei prinzipiell unterschiedlichen Ausführungsarten untersucht: dabei bezeichnet
„zweigeschossige Ausführung“ den Betrieb als Mehrgeschossfassade über zwei Geschosse und „geschossweise Ausführung“ den Betrieb als Kastenfassade mit
geschossweiser Trennung. Zur Bezeichnung der Klappenstellungen der Sekundärfas-
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
81
sade wird folgende Namenskonvention verwendet: 4 Zahlen beschreiben vom 3. OG
unten bis 4. OG oben den Öffnungswinkel der Klappflügel, die römischen Zahlen I und
II den geschossweisen oder zweigeschossigen Betrieb. So zeigt z.B. der Fassadenschnitt in Abb. 48 mit 30/30/30/30 I die 4 Klappenreihen geöffnet jeweils in der 30°
Stellung und die Kastenfassade mit Geschosstrennung.
Raumgeometrie
Die Nutzfläche beträgt im 3. OG 25,5 m², im 4. OG 20,8 m², der Nettorauminhalt 89,2
bzw. 61,4 m³. Eine Querlüftungsmöglichkeit besteht in die großen Verkehrszonen im 3.
OG über ein Türoberlicht und im 4. OG über einen Türschlitz.
Das 3. OG wurde mit einer teilabgehängten Streckmetallrasterdecke über 90 % der
Deckengrundfläche ausgestattet (s. Abb. 52). Zur Reflexion des indirekten Lichtanteils
der abgependelten Leuchten und zur Reduzierung der Nachhallzeit sind 60 % der
abgehängten Decke mit einem Flies belegt. Die lichte Raumhöhe beträgt 3,5 m, unter
dem Deckensegel 3 m. Im 4. OG sind die Trennwände zu den benachbarten Büroräumen unter eine abgehängte Akustikdecke gesetzt. Die lichte Raumhöhe beträgt 2,95
m. Der abgeschlossene Luftraum zwischen der abgehängten Decke mit 40 mm Mineralwolleauflage und der Massivdecke beträgt ca. 0,5 m. Unter der abgehängten Decke
befindet sich noch ein zusätzliches Blendschutzraster (s. Abb. 53).
Abb. 52 / Abb. 53: Büro 3. OG Westseite (links), Messraum 4. OG Westseite (rechts)
Raumoberflächen
Die Oberflächen des Büroraums im 3. OG: Linoleum auf Verbundestrich, Sichtbetonbrüstung, Wärmeschutzverglasung „I-Plus C“ mit Ug = 1,1 W/m²K im Bestandsrahmen
RMG 2.2 mit einem Rahmenanteil von 25 %, UW = 1,65 W/m²K, Sichtbetonsturz, Stahlbetondecke mit teilabgehängter Decke wie in Raumgeometrie beschrieben, raumhohe
Gipskarton - Wände.
82
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Die Oberflächen des 4. OG: Nadelfilz auf Verbundestrich, Brüstung und Fassade wie
im 3. OG, abgehängte Decke mit Steinwolleauflage (s. Raumgeometrie), deckenhohe
Gipskarton - Wände. Die bauphysikalischen Werte der übrigen Bauteile der Gebäudehülle sind in Kapitel 4.3.1 beschrieben.
Messkonzept
Die Messphase 1 bestand im Sommer von Juli bis September 2002 und im Winter von
November 2002 bis Februar 2003 jeweils aus einer Parameterstudie zu unterschiedlichen Öffnungsanteilen der Sekundärfassade und der geschossweisen bzw.
zweigeschossigen Ausführung. In der Primärfassade konnten bis zu 4 Kippflügel (s.
Abb. 54 und 55) je Raum geöffnet werden. Die Querlüftungsmöglichkeit des 3. OG
über ein Türoberlicht in eine große Innenzone ohne direkte Ankopplung an die gegenüberliegende Gebäudeseite zeigt Abb. 56.
Abb. 54 / Abb. 55 / Abb. 56: Kippflügelgeometrie der Primärfassade (links), Kippflügel in der sanierten
Primärfassade (Mitte) und Türoberlicht im 3. OG (rechts)
Auf der Grundlage der Ergebnisse aus der Messphase 1 erfolgte im Sommer 2003 in
der Messphase 2 eine Optimierung hinsichtlich einer weiteren Reduzierung der Klappenstellung und eine Bewertung des Einflusses der unterschiedlichen Speichermassen
in den Messräumen. Dies geschah in 3 jeweils 3-wöchigen Messperioden von Juni bis
August 2003.
Eine Auswahl der untersuchten Klappenstellungen und deren entsprechenden Öffnungsanteile nach [51] gibt Tabelle 47 an.
Klappenstellung
Sekundärfassade [°]
Korrekturfaktor nach [51] [-] effektive Öffnung gesamt [Aeff]
effektiver Öffnungsanteil
an der Fassade [%]
30/30/30/30 I oder II
0,800
6,36 m²
25,2%
20/20/20/20 I oder II
0,440
3,50 m²
13,8%
10/10/10/10 I oder II
0,175
1,39 m²
5,5%
5/5/5/5 I oder II
0,081
0,64 m²
2,5%
30/0/0/30 II
0,800
6,36 m²
12,6%
20/0/0/20 II
0,440
3,50 m²
6,9%
10/0/0/10 II
0,175
1,39 m²
2,8%
5/0/0/5 II
0,081
0,64 m²
1,3%
Türoberlicht 23°
0,33
0,17 m²
Kippflügel 4,1°
0,08
0,1 m²
Tabelle 47: Klappenstellungen und deren effektive Öffnungsfläche nach [51]
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
83
Folgende Parameter wurden in den Messphasen 1 und 2 variiert:
ƒ
Die Klappenstellungen der Sekundärfassade in 5° Schritten (s. Abb. 57).
ƒ
Die ein- bzw. zweigeschossige Ausführung der Doppelfassade.
ƒ
Die Lüftungsstrategie. Untersucht wurden die einseitige Lüftung über die Kippflügel der Primärfassade, die nächtliche und die 24h Querlüftung.
Messtechnik
Die Montage der Messtechnik der Messphase 1 erfolgte bis Mitte Juni 2002. Kalibrierungen, Inbetriebnahme und Auswertmethodik konnten bis Ende Juni 2002
abgeschlossen werden. Es handelte sich um 65 Messfühler und ergänzende Kurzzeitmessungen.
Beschreibung der eingesetzten Messfühler (Anordnung s. Abb. 58):
ƒ
Insgesamt 22 Temperaturfühler PT 1000 im 3., 4. und 6. OG, im Fassadenzwischenraum (s. Abb. 59) und vor der Fassade zur Bestimmung der Raumlufttemperaturentwicklung, sowie ausgewählte Bauteil-Oberflächentemperaturen.
ƒ
Acht Luftgeschwindigkeitsfühler sowie Schließkontakte in den Fensterflügeln
und einem Türoberlicht zur Erfassung der Strömungsverhältnisse in den Belüftungsöffnungen und zur Positionskontrolle.
ƒ
Vier CO2-Sensoren in den Räumen, im Fassadenzwischenraum und vor der
Fassade zur Bestimmung der Luftqualität und zur Durchführung von Luftwechselmessungen.
ƒ
Fünf Differenzdrucksensoren, zur Bestimmung des möglichen Druckabbaus
durch die Doppelfassade im Hinblick auf die Tragwerksdimensionierung und die
Reduzierung der Pfeifgeräusche der Primärfassade.
ƒ
Globalstrahlungssensor auf einem PV-Element sowie ein Ertragszähler für die
PV - Module.
ƒ
Drei Windgeschwindigkeitssensoren zur Erfassung von Aufwind, Seitenwind
und Wind senkrecht auf die Fassade.
ƒ
Nutzung einer vorhandenen Wetterstation auf dem Gebäudedach zur Messung
von Windstärke, Außentemperatur, Globalstrahlung West und Niederschlag.
ƒ
Positions- und Fahrursachenerfassung der Sonnenschutzbehänge im 3. und
4. OG über Hallsensoren.
Die Differenzdruckerfassung erfolgte in minütlichen Mittelwerten, alle übrigen Werte
wurden in fünfminütigen Intervallen aufgezeichnet. Die Daten wurden wöchentlich
ausgelesen und einer standardisierten Plausibilitätsprüfung unterzogen.
An Kurzzeitmessungen wurden durchgeführt:
ƒ
Schallschutzmessungen in Zusammenarbeit mit der Physikalisch-Technischen
Bundesanstalt, Prof. Dr. Goydke.
ƒ
Blower-Door-Messungen zur Bestimmung der Fugendurchlasskoeffizienten.
ƒ
CO2-Tracergas-Messungen zur Bestimmung des Luftwechsels im Fassadenzwischenraum und den Büroräumen.
ƒ
Hochauflösende Differenzdruckmessung in sekündlichen Mittelwerten.
ƒ
Luftgeschwindigkeits- und Temperaturmessungen am Arbeitsplatz.
84
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
ϑ 10.1
ϑ 6.1
Co2 4
GS 1
ϑ 4.7
ϑ 4.4
ϑ 4.8
ϑ 4.5
P 4.3
P 4.2
ϑ 4.9
ϑ 4.6
ϑ 3.7
ϑ 3.4
ϑ 3.8
ϑ 3.9
Wind
P 4.1
Co2 3
ϑ 4.2
ϑ 4.1
ϑ 4.3
ϑ 3.0
R,V 3.3
ϑ 3.2
ϑ 3.1
ϑ 3.5
P 3.2
Co2 1
ϑ 6.2
ϑ 3.6
P 3.1
Co2 2
ϑ 3.3
Legende zu Abb. 58:
verwendete Zeichen: q Temperaturen, CO2, P Differenzdruck, GS Globalstrahlung, R Reedkontakt, V Volumenstrom;
verwendete Ziffern: 3.x: 3. OG und Fühlernummerierung, entsprechend 4.x, 6.x und 10.x
Abb. 57 / Abb. 58: Öffnungsklappen der Sekundärfassade (links), Anordnung der Messfühler im Systemschnitt Messphase 1 (rechts)
Für die Messphase 2 (Anordnung s. Abb. 61) wurden Temperaturmessfühler strahlungsgeschützt auf den Deckenoberflächen und im Deckenzwischenraum des 4. OG,
sowie in der Betondecke des 3. OG in einer Tiefe von 2,5 cm installiert. Die Wirksamkeit von Sonnenschutz und Verglasung, bzw. die Größe des solaren Eintrags in den
Raum, wurde mit zusätzlichen Globalstrahlungssensoren vor der Sekundärfassade
sowie vor und hinter der Primärfassade überprüft (s. Abb. 60) . Die Gesamtanzahl der
Messfühler wurde auf 36 reduziert.
Legende zu Abb. 62:
verwendete Zeichen: q Temperaturen, CO2, GS Globalstrahlung, R Reedkontakt, A außen, D Decke, ZWR Fassadenzwischenraum; verwendete Ziffern: 3.x: 3. OG und Fühlernummerierung, entsprechend 4.x und 6.x
Abb. 59 / Abb. 60 / Abb. 61: strahlungsgeschützter Temperaturfühler im Fassadenzwischenraum (links
oben), Globalstrahlungssensoren an der Primärfassade (links unten), Anordnung der Messfühler im
Systemschnitt Messphase 2 (rechts)
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
85
Als Kurzzeitmessung wurden die CO2 Tracergas - Messungen zur Bestimmung des
Luftwechsels im Fassadenzwischenraum und den Büroräumen fortgesetzt. Die Messintervalle und die Auswertmethodik änderten sich nicht. In einer 2-wöchigen
Kalibrierungsphase wurden die Luftwechselraten für die einseitige Lüftung der beiden
Räume des 3. und 4. OG abgeglichen. Anzahl und Weite der zu öffnenden Kippflügel
für die einseitige Lüftung wurden festgelegt. Die Luftwechselraten wurden stichprobenartig 3 bis 4 mal pro Woche überprüft. Die internen Lasten des genutzten 3. OG
wurden wie schon in der Messphase 1 im 4. OG nachgestellt.
Luftwechselraten
In der Messphase 1 wurde überprüft, ob der hygienisch notwenige Luftwechsel in den
Büroräumen durch freie Lüftung sichergestellt werden kann und welchen Einfluss die
variierten Parameter auf die Luftaustauschrate haben.
In der Messphase 2 unterscheiden sich die Luftwechselraten in den Referenzräumen
untereinander und für die untersuchten Klappenstellungen 10/10/10/10 I bzw. 5/5/5/5 I
nicht. Tracergas - Messungen nach der Abklingmethode ergaben bei Kontrollmessungen einen Raumluftwechsel von im Mittel ca. 2 h-1 für die einseitige Lüftung und ca.
6 h-1 für die Querlüftung.
Interne Lasten
Die internen Lasten aus Arbeitsmitteln und Personen betrugen im genutzten 3. OG
tagsüber 17,5, nachts 12,5 und am Wochenende 10,4 W/m². Dabei wurde die sensible
Wärmeabgabe der Person mit 80 W/Person angesetzt, die elektrische Leistung der
Arbeitsmittel wurde gemessen. Wochentags ergeben sich damit als Summe
95 Wh/m³d, am Wochenende 71 Wh/m³d oder 330 bzw. 250 Wh/m²d am Wochentag
bzw. Wochenende. Für das 3. OG ergibt sich das in Abb. 62 dargestellte Lastprofil für
einen Wochentag.
Interne Lasten 3.OG (Tagesprofil Wochentag)
20
18
Interne Last [W/m²]
16
14
12
10
8
6
4
2
Uhrzeit
PC
Laptop
Mensch
Abb. 62: Tagesprofil der internen Lasten wochentags im 3.OG
22:00
20:00
18:00
16:00
14:00
12:00
10:00
8:00
6:00
4:00
2:00
0:00
0
86
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Da die Messräume über eine unterschiedliche lichte Raumhöhe verfügen, wurde als
Bezug für den Abgleich der internen Lasten in den beiden Geschossen der Nettorauminhalt gewählt.
Zum Vergleich: Legt man einen hohen Technisierungsgrad von 150 W/Person während
der Betriebszeit nach [20] zugrunde und nimmt zusätzlich 50 W/Person außerhalb der
Betriebszeit an, so ergeben sich mit 15 m²NF/Person als Summe der internen Lasten
ca. 60 Wh/m³d bzw. 180 Wh/m²d. Das gleichmäßige Tagesprofil im Büroraum des
3. OG und der hohe Technisierungsgrad führen so im Vergleich mit [20] zu überdurchschnittlich hohen internen Wärmelasten in den untersuchten Büroräumen.
Externe Lasten
Die verwendeten Strahlungssensoren wurden zu Beginn der Messungen kalibriert und
nach Abschluss der Messungen noch einmal überprüft. Sie erfassen die Globalstrahlung auf der Westfassade in W/m² im Bereich der Wellenlängen von 380 bis 1050 nm.
Ca. 25 % der einfallenden Sonneneinstrahlung von 1050 bis 2500 nm werden also
nicht erfasst (Globalstrahlungsverteilung nach C.I.E.). Die Transmission einer 10 mm
ESG-Verglasung beträgt in dem Bereich von 1050 – 2500 nm im Mittel 71 %, der
Wärmeschutzverglasung 8,5 %. Im Referenzraum stimmen dann die gemessenen mit
den absoluten Werten der transmittierten Globalstrahlung annähernd überein. Dies ist
bei der Bewertung der Messwerte zu berücksichtigen.
Die Globalstrahlung beträgt an einem Tag mit bedecktem Himmel im Fassadenzwischenraum konstant ca. 53 % und im Raum ebenfalls konstant ca. 28 % der außen
anliegenden Globalstrahlung West. Auf der Nordseite des Büros sind es ca. 32 %. Im
Mittel über 24 h werden damit außen 27,5 W/m², im Zwischenraum 13 W/m², im Raum
7 W/m² und auf der Nordseite 7,5 W/m² eingestrahlt (s. Abb. 63 und 64).
Transmissionsanteile am 29.08.2003
Globalstrahlung am 29.08.2003
600
70,0%
35
33
60,0%
31
400
27
25
300
23
21
200
19
Außentemperatur [°C]
Globalstrahlung [W/m²]
29
17
Globalstrahlung in % außen west
500
40,0%
30,0%
20,0%
10,0%
15
100
50,0%
13
ZWR 4.OG West
Raum 4.OG West
Raum 4.OG Nord
% Raum 4.OG West
22:15
21:20
20:20
19:30
18:30
17:35
16:35
15:40
14:40
13:40
12:40
11:41
9:45
% ZWR 4.OG West
Außentemperatur
10:45
8:45
7:50
6:50
5:50
4:00
22:15
21:20
20:20
19:30
18:30
17:35
16:35
15:40
14:40
13:40
12:40
11:41
9:45
10:45
8:45
7:50
6:50
5:50
4:55
außen West
4:55
0,0%
11
4:00
0
% Raum 4.OG Nord
Abb. 63 / Abb. 64: Globalstrahlung (links) eines bedeckten Tages und Transmissionsanteile (rechts)
Globalstrahlung am 10.08.2003
Transmissionsanteile am 10.08.2003
70,0%
35
600
33
60,0%
27
400
25
23
300
21
19
200
17
100
15
Außentemperatur [°C]
Globalstrahlung W/m²]
29
Globalstrahlung in % außen west
31
500
50,0%
40,0%
30,0%
20,0%
10,0%
13
außen West
ZWR 4.OG West
Raum 4.OG West
Raum 4.OG Nord
Außentemperatur
% ZWR 4.OG West
% Raum 4.OG West
22:55
21:55
20:55
19:55
18:55
17:55
16:55
15:55
14:55
14:00
13:00
12:00
11:00
10:00
9:00
8:00
7:00
6:00
5:00
0,0%
4:00
22:55
21:55
20:55
19:55
18:55
17:55
16:55
15:55
14:55
14:00
13:00
12:00
11:00
10:00
9:00
8:00
7:00
6:00
5:00
11
4:00
0
% Raum 4.OG Nord
Abb. 65 / Abb. 66: Globalstrahlung (links) eines strahlungsreichen Tages und Transmissionsanteile (rechts)
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
87
Bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Sonnenschutz an einem sonnigen Tag herunterfährt,
zeigt sich das gleiche Verhältnis wie oben: im ZWR ca. 55 %, im Raum ca. 30 % des
Strahlungseinfalls auf die Sekundärfassade. Nach Aktivierung des Sonnenschutzes
reduzieren sich diese Einträge auf ca. 3,8 % im Fassadenzwischenraum und ca. 2 %
im Büroraum. Im Mittel über 24h werden damit außen 187,5 W/m², im Zwischenraum
21 W/m², im Raum 11,5 W/m² und auf der Nordseite 13 W/m² eingestrahlt (s. Abb. 65
und 66).
Die mittleren Einstrahlungssummen je m² Fassadenfläche bleiben wie in der folgenden
Abb. 67 dargestellt unabhängig von der Einstrahlung außen auf die Fassade konstant
bei ca. 240 Wh/m²d auf der Westseite. Auf der Nordseite ohne Doppelfassade bei
konstant ca. 330 Wh/m²d. Daraus kann geschlossen werden, dass der Strahlungseintrag im Raum in der Tagesumme für die untersuchten sonnigen Tage annähernd
konstant und orientierungsunabhängig ist.
Sortierte Tagessummen Globalstrahlung 10/10/10/10 I
Globalstrahlungssumme [Wh/m²d]]
4.000
3.500
3.000
2.500
2.000
1.500
1.000
500
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
Aussen West 1329 1698 1855 1938 2067 2270 2291 2364 2496 2701 3036 3069 3264 3777
ZWR West
341
507
418
463
409
705
456
480
439
363
437
355
391
381
Raum West
186
280
227
246
216
383
229
263
246
199
236
190
221
223
Raum Nord
298
314
254
378
334
258
242
359
408
456
415
332
288
316
Abb. 67: Sortierte Tagessummen der Globalstrahlung je m² Fassadenfläche für 14 Messtage der Messreihe 10/10/10/10 I
Witterungsvergleich
Zur Beurteilung des lokalen Mikroklimas werden die Außenlufttemperaturen, die in
einem Abstand von ca. 50 cm vor der Demonstrationsfassade gemessen wurden, mit
dem Temperaturdatensatz des deutschen Wetterdienstes für Braunschweig Völkenrode, der über einer Grünfläche am Stadtrand erfasst wurde, und dem des TRY 02, der
Grundlage thermischer Simulationen ist, verglichen. Im Sommer 2003 ergeben sich die
in Tabelle 48 genannten Mitteltemperaturen.
Außenlufttemperatur
Messdaten [°C]
DWD Braunschweig [°C]
TRY 02 [°C]
20,7
19,0
15,0
Monatsmittel Juli
21,0
19,6
17,1
Monatsmittel August
22,0
20,5
17,1
Sommermittel Juni - August
21,3
19,7
16,4
Monatsmittel Juni
Tabelle 48: Außenlufttemperaturvergleich aus Stundenmitteln Sommer 2003 / TRY 02
88
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Im Mittel über die drei Sommermonate liegen die Außenlufttemperaturen am Gebäude
um 1,6 K über dem Temperaturmittel des DWD und 4,9 K über dem des TRY 02.
Die Tagesgänge der wärmsten Sommerwoche zeigt Abb. 68. Die maximale Außenlufttemperatur liegt am Gebäude mit über 38 °C um fast 3 K über dem Tageshöchstwert
des DWD. Auch nachts bleibt die Temperaturdifferenz erhalten. Die Tagesamplitude ist
annähernd gleich groß.
40
1600
35
1400
30
1200
25
1000
20
800
15
600
10
400
5
200
Globalstrahlung [W/m²]
Außenlufttemperatur [°C]
Witterungsvergleich 3. - 10 August 2003 *
0
0
3
4
5
Temp Messw erte
6
7
Temp DWD
8
Temp TRY 02
9
Glob DWD
10
Glob West Messw erte
* durchschnittliche Windgeschwindigkeit aus Stundenmittelwerten 2,1 m/s Messwerte, 2,6 m/s DWD, 3,0 m/s TRY 02
Abb. 68: Außentemperaturvergleich 03. – 10. August 2003
Wesentlichen Einfluss auf die Temperaturdifferenzen hat die Globalstrahlung. An strahlungsarmen Tagen sind die Tagesgänge der gemessenen und der DWD Außenlufttemperaturen nahezu identisch (s. Abb. 69). Die Temperaturdifferenz beträgt am Tag
und in der Nacht weniger als 1 K.
40
1600
35
1400
30
1200
25
1000
20
800
15
600
10
400
5
200
0
Globalstrahlung [W/m²]
Außenlufttemperatur [°C]
Witterungsvergleich 1. - 7 Juli 2003 *
0
1
2
Temp Messw erte
3
Temp DWD
4
5
Temp TRY 02
6
Glob DWD
7
Glob West Messw erte
* durchschnittliche Windgeschwindigkeit aus Stundenmittelwerten 3,1 m/s Messwerte, 4,0 m/s DWD, 3,8 m/s TRY 02
Abb. 69: Außentemperaturvergleich 01. – 07. Juli 2003
Die Temperaturdifferenz der Messwerte zum DWD ist zum einen in den höheren Temperaturen des Stadtklimas und zum anderen in der Temperaturerhöhung im fassaden-
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
89
nahen Bereich begründet. Im Abstand von z.B. ca. 50 cm wurde in [52] an einem warmen, sonnigen Sommertag eine Temperaturdifferenz von ca. 1 K gemessen.
Schichtstärke und Übertemperatur sind nach [52] abhängig von den Windverhältnissen
und der Gebäudehöhe. Die Auswirkungen dieser höheren Außenlufttemperaturen auf
die Ergebnisse der thermischen Simulation werden in Kapitel 6.2.2, Lokales Mikroklima
untersucht.
Die am Gebäude gemessenen mittleren Windgeschwindigkeiten sind aufgrund der
Rauhigkeit der Stadt erwartungsgemäß geringer als die Werte des DWD. Insbesondere
windreiche Tage mit Windgeschwindigkeiten von 5 bis 8 m/s zeigten ausgeprägt reduzierte innerstädtische Windgeschwindigkeiten von durchschnittlich mehr als 50%.
Windgeschwindigkeit
Monatsmittel Juni
Messdaten [m/s]
DWD Braunschweig [m/s]
TRY 02 [m/s]
Datensatz unvollständig
2,8
3,0
Monatsmittel Juli
2,3
3,0
2,8
Monatsmittel August
2,4
3,1
2,6
Sommermittel Juni - August
2,3
3,0
2,8
Tabelle 49: Vergleich der Windgeschwindigkeiten aus Stundenmitteln Sommer 2003
5.2
Immissions- und Witterungsschutz
5.2.1 Dämpfung des Winddrucks
Ziele
Eine Doppelfassade reduziert die am Gebäude anliegenden windverursachten Drücke.
Dies ist für die statische Auslegung von Doppelfassadensystemen, die Druckverteilung
im Gebäude sowie der sich am untersuchten Gebäude bei Staudrücken >55 Pa einstellenden Pfeifgeräusche aufgrund schlecht andichtender Kippflügel in der
Primärfassade von Interesse. Daher wurde untersucht, inwieweit eine Sekundärfassade zur Reduzierung der grenzwertüberschreitenden Drücke, die die Pfeifgeräusche
auslösen, beitragen kann und welchen Einfluss der Öffnungsanteil der Sekundärfassade auf die Dämpfung im Fassadenzwischenraum hat.
Auswertmethodik
Es wurden im Winter 2003 bei wöchentlich wechselnder Klappenstellung im eingeschossigen Betrieb Differenzdrücke im 1-Minuten-Mittel erfasst. Es wird die
Druckdifferenz zwischen einem Messpunkt im Büroraum und im Fassadenzwischenraum sowie außen auf der Sekundärfassade erfasst. Dies geschieht messtechnisch
durch die beidseitige Belastung einer Membranfeder (dem Drucksensor „PTLNK“
Airflow) für beide Differenzdrücke.
Neben den bei wöchentlich wechselnder Klappenstellung erfassten Minutenmittelwerten, wurde in einer 24-stündigen Messung durch eine hochauflösende Aufzeichnung
mit dem APT (automated performance system) während des Auftretens kritischer
Drücke, das örtliche Differenzdruckspektrum vor der Sekundärfassade und im Fassadenzwischenraum in 1-Sekunden-Mittelwerten erfasst.
Eine Übersicht über die meteorologischen Daten und Differenzdrücke der windreichsten Woche (KW 5) mit der Klappenstellung 20/20 im 4. OG gibt Tabelle 50.
90
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
KW 5 2003
28.01.03
29.01.03
30.01.03
31.01.03
01.02.03
02.02.03
Mittelwert außen/innen [Pa]
20,34
35,40
18,50
19,17
13,02
16,64
18,71
Mittelwert ZWR/innen [Pa]
13,60
22,50
12,32
13,53
8,42
13,49
11,58
7,13
Reduzierung [Pa]
6,74
12,90
6,18
5,64
4,60
3,15
min außen/innen [Pa]
-11,88
-1,07
1,56
-11,88
-2,00
8,87
5,50
min ZWR/innen [Pa]
-16,56
-16,13
-2,94
-16,56
-7,25
4,06
-3,38
max außen/innen [Pa]
93,31
93,31
56,19
44,25
25,25
23,87
44,75
max ZWR/innen [Pa]
60,94
60,94
39,88
32,19
18,38
19,69
27,13
Windgeschwindigkeit [m/s]
3,63
4,96
3,46
2,57
3,71
1,99
4,48
S
SSW
SSW
SW
OSO
S
SSW
1,76
6,14
2,98
1,13
-2,79
-2,16
0,54
Windrichtung
Außentemperatur [°C]
Tabelle 50: Mittelwerte, Minima und Maxima der Minutenwerte der Differenzdrücke und der Wetterdaten
Ergebnisse
Ergebnisse Dämpfung und Klappenstellungsabhängigkeit
Beispielhaft werden für die Auswertung einzelne Tage in der Messwoche mit der Klappenstellung 20/20 (KW 5, s. Tabelle 50) mit Tagen eines entsprechenden Differenzdruckprofils bei geschlossener Sekundärfassade verglichen.
An Tagen geringer anliegender Differenzdrücke bis ca. 25 Pa ist auch die Amplitude
der Druckdifferenzen sehr gering. Es handelt sich dann um einen sehr gleichmäßigen
Amplitudenverlauf. Dieser setzt sich auch in den Zwischenraum fort wie es am Beispiel
des 01. Februar (s. Abb. 70) deutlich wird. Es handelt sich also um eine konstante
mittlere Differenzdruckreduzierung von ca. 3 Pa bei gleichbleibend kleiner Amplitude
von ca. 1 bis 7 Pa. Ein Unterschied zum 09. Januar (s. Abb. 71), einem Tag mit vergleichbarer Differenzdrucksituation und geschlossener Sekundärfassade, ist nicht
erkennbar.
In den Inlets sind jeweils die Minutenmittelwerte der Differenzdrücke des entsprechenden Tages gegeneinander aufgetragen.
60
55
50
Differenzdruck [Pa]
45
40
Differenzdruck ZWR/innen [Pa] -
60
20/20 1. Februar 2003
50
40
30
20
10
0
-10
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Differenzdruck außen/innen [Pa]
35
Mittel min
Druckgleiche
10% Reduzierung
15% Reduzierung
30
25
20
15
10
5
0
sortiertes 10 min Mittel außen/innen
Amplitude in 10 min außen/innen
10 min Mittel ZWR/innen
Amplitude in 10 min ZWR/innen
Abb. 70: Amplitude der Minutenwerte über sortierten 10 Minutenmitteln des Differenzdrucks außen / innen
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
0/0 9. Januar 2003
Differenzdruck ZWR / innen [Pa]
60
60
55
50
Differenzdruck [Pa]
45
91
50
40
30
20
10
0
0
40
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Differenzdruck außen / innen [Pa]
35
Mittel min
Druckgleiche
10% Reduzierung
15% Reduzierung
30
25
20
15
10
5
0
sortiertes 10 min Mittel außen/innen
Amplitudel in 10 min außen/innen
10 min Mittel ZWR/innen
Amplitude in 10 min ZWR/innen
Abb. 71: Amplitude der Minutenwerte über sortierten 10 Minutenmitteln des Differenzdrucks außen / innen
Ein Tag mit mäßigem anliegenden Differenzdruck bis ca. 35 Pa am 29. Januar (s. Abb.
72) zeigt eine deutlich größere und wechselnde Amplitude. Mit größer werdender
Amplitude nimmt auch die Dämpfung auf bis zu ca. 7 Pa zu. Der Vergleich mit dem
windstärksten Tag der Messwoche mit geschlossener Sekundärfassade am 12. Januar
(s. Abb. 73) zeigt bei vergleichbarer Differenzdrucksituation keinen Unterschied zur
geöffneten Sekundärfassade. Die erwartete bessere Dämpfung stellt sich wahrscheinlich aufgrund der immer noch großen Undichtigkeiten im geschlossenen Zustand nicht
ein. So beträgt die Luftwechselrate im Fassadenzwischenraum im geschlossenen
Zustand noch 2 bis 5 h-1 (s. Kapitel 5.3, Fassadenzwischenraum).
60
55
50
Differnzdruck [Pa]
45
40
35
Differenzdruck ZWR/innen [Pa] -
60
20/20 29. Januar 2003
50
40
30
20
10
0
-10
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Differenzdruck außen/innen [Pa]
Mittel min
Druckgleiche
10% Reduzierung
15% Reduzierung
30
25
20
15
10
5
0
sortiertes 10 min Mittel außen/innen
Amplitudel in 10 min außen/innen
10 min Mittel ZWR/innen
Amplitude in 10 min ZWR/innen
Abb. 72: Amplitude der Minutenwerte über sortierten 10 Minutenmitteln des Differenzdrucks außen / innen
92
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
0/0 12. Januar 2003
60
55
50
Differenzdruck [Pa]
45
Differenzdruck ZWR / innen [Pa]
60
50
40
30
20
10
0
40
35
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Differenzdruck außen / innen [Pa]
Mittel min
Druckgleiche
10% Reduzierung
15% Reduzierung
30
25
20
15
10
5
0
sortiertes 10 min Mittel außen/innen
Amplitudel in 10 min außen/innen
10 min Mittel ZWR/innen
Amplitude in 10 min ZWR/innen
Abb. 73: Amplitude der Minutenwerte über sortierten 10 Minutenmitteln des Differenzdrucks außen / innen
Der Tag mit dem höchsten Differenzdruckniveau am 28.01.03 (s. Abb. 74) von über
60 Pa im 10 - Minuten Mittel zeigt ausgeprägt wechselnde und mit dem Differenzdruck
zunehmende Amplitudenschwankungen von ca. 8 bis 55 Pa. Dies führt zu einer mit
dem Differenzdruckniveau zunehmenden mittleren Dämpfung von ca. 10 bis 20 Pa.
Der Amplitudenverlauf setzt sich reduziert in den Fassadenzwischenraum fort.
60
55
50
45
Differenzdruck ZWR/innen [Pa] -
60
20/20 28. Januar 2003
50
40
30
20
10
0
Differenzdruck [Pa]
-10
40
35
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Differenzdruck außen/innen [Pa]
Mittel min
Druckgleiche
10% Reduzierung
15% Reduzierung
30
25
20
15
10
5
0
sortiertes 10 min Mittel außen/innen
Amplitude in 10 min außen/innen
10 min Mittel ZWR/innen
Amplitude in 10 min ZWR/innen
Abb. 74: Amplitude der Minutenwerte über sortierten 10 Minutenmitteln des Differenzdrucks außen / innen
Die Differenzdruckprofile der einzelnen Wochentage unterscheiden sich so stark, dass
ein wochenweiser Vergleich mit unterschiedlichen Öffnungsgraden der Sekundärfassade keine bewertbaren Ergebnisse liefert, da die meteorologischen Bedingungen
nicht vergleichbar sind. Eine die Öffnungsgrade vergleichende Untersuchung kann nur
im parallelen Vergleich oder über große Zeiträume erfolgen. Die vergleichende Be-
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
93
trachtung einzelner Tage mit geschlossener und geöffneter Sekundärfassade legt
jedoch den Schluss nahe, dass die Differenzdruckreduzierung im wesentlichen von der
Größe der anliegenden Differenzdruckschwankungen abhängt, der Öffnungsgrad der
Sekundärfassade hingegen nur von untergeordneter Bedeutung ist.
In der sekundenweisen Auflösung zeigt sich, dass die Amplitude des Differenzdrucks
an windreichen Tagen im Fassadenzwischenraum größer als außen ist (s. Abb. 75).
Das ist darauf zurückzuführen, dass sich insbesondere beim schnellen Differenzdruckanstieg aufbauende hohe Differenzdrücke ohne oder mit nur geringer Reduzierung in
den Zwischenraum fortsetzten und erst mit dem Druckabfall deutlich reduziert werden
(s. Abb. 76). Für instationäre statische Lastannahmen aus Winddruck bedeutet dies,
dass eine dämpfende Wirkung der Doppelfassade für die Primärfassade nicht in Ansatz gebracht werden kann.
5/5 Ausschnitt 3h aus 14. Januar 2003
120
110
100
Differenzdruck [Pa]
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1h
2h
sortiertes 1 min Mittel außen/innen
Amplitude in 1 min außen/innen
1 min Mittel ZWR/innen
Amplitude in 1 min ZWR/innen
Abb. 75: Amplitude der Sekundenwerte über sortierten 1 Minutenmitteln des Differenzdrucks außen / innen
5/5 Ausschnitt 4 min aus 14. Januar 2003
90
80
Differenzdruck [Pa]
70
60
50
40
30
20
10
0
1 min
Dif f erenzdruck außen/innen
2 min
Dif f erenzdruck ZWR/innen
3 min
Dif f erenzdruck außen/ZWR
Abb. 76: Ausschnitt aus dem Differenzdruckverlauf im Sekundenmittel vom 14.01.2003
94
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Genauer als die Mittelwertbildung aus den Druckdifferenzen zur Bestimmung der mittleren Dämpfung durch die Doppelfassade ist die Bestimmung der erreichbaren
Mindestdämpfung in Abhängigkeit vom Mittlungszeitraum. Am Beispiel des 14. Januar
zeigt sich in den Abb. 77 bis 80, dass die Verteilung der Druckdifferenzen mit zunehmendem Mittlungszeitraum flacher und an den Rändern kürzer wird. Erreicht die
Dämpfung für das Stundenmittel mehr als 25 %, für das 10 - Minuten Mittel mehr als
20 %, so ist für das Minutenmittel eine differenzierte Betrachtung nach Differenzdruckklassen erforderlich. Im Sekundenmittel überschreiten die Werte sogar die
Differenzdruckgleiche.
10 Minutenmittel aus sekundenweiser Auflösung
60
60
50
50
Differenzdruck ZWR / innen [Pa]
Differenzdruck ZWR / innen [Pa]
Stundenmittel aus sekundenweiser Auflösung
40
30
20
10
40
30
20
10
0
0
0
10
20
30
40
50
60
70
80
0
90
10
20
Mittel 1 Stunde
Druckgleiche
10% Reduzierung
30
40
50
60
70
80
90
Differenzdruck außen / innen [Pa]
Differenzdruck außen / innen [Pa]
Mittel 10 Minuten
25% Reduzierung
Druckgleiche
10% Reduzierung
20% Reduzierung
sekundenweise Auflösung
Minutenmittel aus sekundenweiser Auflösung
60
Differenzdruck ZWR / innen [Pa]
Differenzdruck ZWR / innen [Pa]
60
50
40
30
20
10
50
40
30
20
10
0
0
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Druckgleiche
10% Reduzierung
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Differenzdruck außen / innen [Pa]
Differenzdruck außen / innen [Pa]
Mittel 1 Minute
90
15% Reduzierung
Mittel 1 Sekunde
Druckgleiche
Abb. 77 / Abb. 78 / Abb. 79 / Abb. 80: Druckdifferenzen unterschiedlicher Mittelwertklassen mit Linien
gleicher Reduzierung am 14. Januar 2003, 5/5, 1h (links oben), 10min (rechts oben), 1min (links unten), 1sec (rechts unten)
Ergebnisse Geräuschentwicklung
Das zwischen Fensterflügel und -rahmen entstehende Pfeifgeräusch entsteht an Tagen hoher anliegender Staudruckdifferenzen. Die Intensität und Dauer des Pfeifens
nehmen mit größer werdenden Staudruckdifferenzen zu. Die Tonhöhe liegt im Frequenzbereich von ca. 800 Hz. Das Pfeifen tritt ab einer sekundenweisen
Überschreitung von 55 Pa auf, so dass sich die Untersuchung darauf beschränkt. Bei
sehr hohen Differenzdrücken ab etwa 100 Pa kommt es zu einer deutlich hörbaren
Veränderung des Tones. Er wird höher und damit unangenehmer. Im Zeitraum der 24stündigen hochauflösenden Messung am 14. Januar in der Klappenstellung 5/5 konnten die die Pfeifgeräusche verursachenden Staudrücke größer als 55 Pascal durch die
Doppelfassade um 62,5 % reduziert werden. Fast 90 % der außen anliegenden Differenzdrücke, die kein Pfeifen mehr hervorrufen, liegen in einem Differenzdruckbereich
von 55 bis 65 Pa (s. Abb. 81). In den Messräumen war sogar keine Geräuschentwicklung mehr wahrnehmbar, während sie in den unsanierten Nachbarräumen weiterhin
auftrat. Daraus kann geschlossen werden, dass die Differenzdruckschwelle auf mehr
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
95
als 75 Pa angehoben wurde. Zurückzuführen ist dies auf das Nachstellen der Fensterbeschläge und das Überarbeiten der Flügeldichtungen in den Messräumen.
Pfeifen verursachender Differenzdruck >55Pa
100
Differenzdruck ZWR-Innenraum [Pa].
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
50
60
70
80
90
100
Differenzdruck Außen-Innenraum [Pa]
kein Pfeifen
verbleibendes Pfeifen
Druckgleiche
Grenzlinie
Abb. 81: Differenzdruckschaar für außen anliegende bzw. im ZWR verbleibende Differenzdrücke >55Pa
Um eine Aussage über die Reduzierung von Pfeifgeräuschen im Messzeitraum machen zu können, ist es erforderlich, von den im Minutenmittel gemessenen
Differenzdrücken auf das Auftreten sekundenweiser Überschreitungen schließen zu
können. Für die Minutenmittel der sekundenweisen Messung der Differenzdrücke
werden dazu Verteilungen für die Häufigkeiten des Auftretens der sekundenweisen
Überschreitung des Grenzwerts von 55 Pa bestimmt. Als Referenz dient die Verteilung
der Minutenmittel, in denen der Grenzwert nie überschritten wird.
Differenzdruckverteilungen außen / innen 55Pa
Differenzdruckverteilungen ZWR / innen 55Pa
20%
20%
15%
15%
10%
10%
5%
5%
0%
0%
2
8
14
20
26
32
38
Differenzdruckklassen [Pa]
44
50
56
2
8
14
20
26
32
38
Differenzdruckklassen [Pa]
44
50
Häufigkeit der Grenzw ertüberschreitung außen im Minutenmittel: nie
Häufigkeit der Grenzw ertüberschreitung innen im Minutenmittel: nie
Häufigkeit der Grenzw ertüberschreitung außen im Minutenmittel: >5mal
Häufigkeit der Grenzw ertüberschreitung innen im Minutenmittel: >5mal
56
Abb. 82 / Abb. 83: Differenzdruckverteilungen für das Auftreten sekundenweiser Überschreitungen des
Grenzwerts von 55 Pa außen / innen (links), ZWR / innen (rechts)
Die Referenzverteilung und die Verteilung für das Auftreten von mehr als 5 Überschreitungen der Sekundenwerte im Minutenmittel überschneiden sich nur geringfügig. Für
die außen anliegenden Differenzdrücke kann so ein Grenzwert des Minutenmittels von
35 Pa (s. Abb. 82) bestimmt werden, ab dem mehr als 5 Überschreitungen der Sekundenwerte und damit eine wahrscheinliche Geräuschentwicklung vorliegen. Für die im
ZWR anliegenden Differenzdrücke liegt dieser Grenzwert bei 30 Pa (s. Abb. 83). Der
Grund für die unterschiedliche Höhe der Grenzwerte liegt wie oben bereits beschrieben
96
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
darin, dass die Amplitude der Sekundenwerte bei ähnlichen Maximalwerten und hohem
Differenzdruckniveau außen geringer als innen ist.
Die Verteilung beschreibt einen Zeitraum sehr hoher Differenzdrücke und Amplituden
mit geringer Reduzierung der maximalen Differenzdrücke durch die Doppelfassade. Es
kann damit davon ausgegangen werden, dass die Grenzwerte für die Minutenmittel
auch auf Tage mit geringerem Differenzdruckniveau und daraus resultierenden geringeren Amplituden auf der sicheren Seite angewendet werden können. Aus den
vorliegenden Minutenmittelwerten kann so die Reduzierung der Geräuschentwicklung
im Vergleich zum Bestand bestimmt werden. Da die Klappenstellung für die Differenzdruckreduzierung nur von untergeordneter Bedeutung ist, kann die Woche mit dem
höchsten Differenzdruckniveau im Messzeitraum (KW 5, 20/20 s. auch Tabelle 50)
ausgewertet werden.
Es ergibt sich eine Reduzierung im Vergleich zum Bestand von 16 % auf 8 % der Zeit,
in der mit Geräuschbelästigungen aufgrund der mehr als 5-maligen Überschreitung des
Grenzwerts gerechnet werden muss. In den gut 50 Stunden, die während der Betriebszeit von 7:00 - 18:00 ausgewertet werden konnten, entspricht das einer Reduzierung
der Zeit mit Geräuschbildung von 480 Minuten auf immer noch inakzeptable 240 Minuten. Erst die Annnahme, dass durch das Nachstellen der Fensterbänder die
Auslöseschwelle auf über 75 Pa angehoben werden kann, reduziert dann das Störpotential auf 1 bis 2 %, d.h. ca. 30 bis 60 Minuten, in denen mit Störungen gerechnet
werden muss.
Da das Pfeifen nach Erreichen der Auslöseschwelle für wenige Sekunden nachläuft,
wird ein Dauerpfeifen bei einer Grenzwertüberschreitung von mehr als 15-mal in der
Minute angenommen. Ein minutenlanges Dauerpfeifen kann für einen Grenzwert von
55 Pa von 120 auf 25 Minuten reduziert werden. Mit der Erhöhung der Auslöseschwelle auf 75 Pa treten keine Dauergeräusche mehr auf.
Zusammenfassung
Die Reduzierung des Auftretens von Pfeifgeräuschen durch die Doppelfassade allein
ist nicht ausreichend. Zusätzliche Maßnahmen wie das Nachstellen der Fensterbeschläge sind erforderlich, die den Grenzwert der Auslöseschwelle von 55 auf über
75 Pa erhöhen. Dauergeräusche von mehr als 1 Minute Länge treten dann nicht mehr
auf, kurzzeitige Störungen innerhalb einer Minute können um ca. 90 % auf 30 bis
60 Minuten während der Betriebszeit einer sehr windreichen Winterwoche reduziert
werden. Diese Grenzwerte gelten für die hier untersuchte Fassade.
An Tagen mit geringem Differenzdruckniveau bis ca. 25 Pa und kleinen Differenzdruckschwankungen von 1 bis 7 Pa wird das mittlere Niveau um ca. 3 Pa durch die Doppelfassade reduziert. Die Schwankungen setzten sich um das Maß der Dämpfung versetzt
in den Fassadenzwischenraum fort, unabhängig vom Öffnungsgrad der Sekundärfassade. Verantwortlich für das Maß der Dämpfung ist die Größe der anliegenden
Differenzdruckschwankungen, das mikroklimatische Windprofil des Tages, repräsentiert durch deren Amplitude. Je gleichmäßiger und kleiner die Belastung, desto geringer
ist die Dämpfung. An Tagen mit hohem Differenzdruckniveau bis ca. 60 Pa liegen
große wechselnde Differenzdruckschwankungen mit Amplituden von 8 bis 55 Pa an. Dies
hat eine mit steigendem Differenzdruck zunehmende mittlere Dämpfung von 10 bis
20 Pa zur Folge, unabhängig vom Öffnungsgrad der Sekundärfassade (s. Abb. 84 / 85).
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
97
Abb. 84 / Abb. 85: Differenzdruckschwankungen und Dämpfungen an Tagen mit geringem (links) und
hohem (rechts) Differenzdruckniveau
In der sekundenweisen Auflösung zeigt sich, dass sich die bei einem schnellen Anstieg
aufbauenden hohen Differenzdrücke ohne oder mit nur geringer Reduzierung in den
Zwischenraum fortsetzten und erst mit dem Druckabfall deutlich reduziert werden. Für
instationäre statische Lastannahmen aus Winddruck bedeutet dies, dass eine dämpfende Wirkung der Doppelfassade für die Primärfassade nicht in Ansatz gebracht
werden kann. Dies widerspricht den in [34] gemachten Aussagen über den Wellenbrechereffekt der Doppelfassade, nach dem die innere Fassade von kurzzeitigen
Windkräften abgeschirmt würde. Die Reduzierung des Differenzdruckniveaus steht
ebenfalls im Widerspruch zu den in [34] S. 113 gemachten Aussagen, das „die gleichmäßigen Anteile des Winds in den Fassadenzwischenraum hinein wirken“. Genauer
als der Mittelwert zur Bestimmung der Dämpfung des Differenzdrucks durch die Doppelfassade ist die Bestimmung der Mindestdämpfung. Sie kann in Abhängigkeit eines
gewählten Mittelwertintervalls für unterschiedliche Differenzdruckklassen bestimmt
werden. Damit wird die Streuung der Differenzdruckschwankungen berücksichtigt.
5.2.2 Schlagregenschutz und Kondensatbildung
Der Schlagregenschutz kann, die Realisierung der Doppelfassade über die gesamte
Gebäudehöhe vorausgesetzt, sichergestellt werden. Die raumhoch festverglasten
Gebäudeecken zwischen den Stützenpaaren sollten ebenfalls einen Schlagregenschutz erhalten. Auf der Nord- und Ostseite, kann der Schlagregenschutz mit der
sanierten Einfach – Fassade zwar nicht vollständig garantiert, durch die neuen Flügel
jedoch nachhaltig verbessert werden. Die Bestandsflügel waren im wesentlichen für
das Schadensbild verantwortlich (s. Abb. 37). Ein Beschlagen der Sekundärfassade
wurde im Winter 2002/03 nur an 3 Tagen jeweils morgens auf den ausgestellten Klappen und nur für kurze Zeit beobachtet.
5.2.3 Schallschutz
Ziele
Die Messung hat zum einen das Ziel, das Bauschalldämm-Maß der bestehenden
Fassade im Vergleich zur Demonstrationsdoppelfassade ermitteln, zum anderen über
98
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
das A-bewertete Schalldämmass die Geräuschimmissionen am Arbeitsplatz bei geöffneten Fenstern mit dem Bestand zu vergleichen und zu bewerten. Eine gute
Sprachverständlichkeit bei geöffnetem Fenster ist die Voraussetzung für die freie Lüftung.
Auswertmethodik
Die Auswertung erfolgt nach DIN EN ISO 140-5:
1998-12. Der Frequenzbereich unter 100 Hz und
über 3125 Hz wird zur Bestimmung des bewerteten
Bauschalldämmmaßes nicht herangezogen. Die
Schallquelle war der Verkehrslärm auf der vierspurigen Mühlenpfordtstraße, das Mikrofon auf der
Fassade positioniert (s. Abb. 86). Die Messungen
wurden am 24. September 2002 von der PTB
Braunschweig durchgeführt. Die Auswertung wird für
die Westseite der Räume durchgeführt. Die ebenfalls
verglaste Nordseite bleibt unberücksichtigt, da sie
senkrecht zur Schallquelle nur einen sehr geringen
Anteil an den Immissionen hat. Die Messungen
wurden für unterschiedliche Öffnungskombinationen
der Primär- und Sekundärfassade durchgeführt bei
zweigeschossigem Fassadenzwischenraum der
Doppelfassade.
Legende zu Abb. 86: verwendete Zeichen: M Mikrofon, A außen; verwendete Ziffern: 2 2. OG, 4 4. OG
Abb. 86: Messanordnung Systemschnitt
Pegel Raum
A-bewertet, Nachhallzeit
1 Sekunde [dB(A)]
Bauschalldämm-Maß
nachhallzeitbereinigt
je m² Bauteil R´tr,s,w [dB]
ohne
68,6
34,9
37,9
35
geschlossen
aktiv
68,8
34,6
37,6
-
geschlossen
10/0/0/10 II
ohne
68,6
35,6
38,6
33
geschlossen
30/0/0/30 II
ohne
69,2
36,0
39,0
33
1 Flügel
geschlossen
ohne
69,8
38,0
41,0
31
1 Flügel
10/0/0/10 II
ohne
69,2
43,9
46,9
22
1 Flügel
30/0/0/30 II
ohne
68,3
43,9
46,9
22
1 Flügel
10/0/0/30 II
ohne
69,6
44,5
47,5
22
1 Flügel
10/0/0/30 II
aktiv
69,2
44,1
47,1
23
geschlossen
./.
./.
70,3
40,2
43,2
30
1 Flügel
./.
./.
70,0
51,0
54,0
10
3 Flügel
./.
./.
70,4
56,4
59,4
-
4.OG
Doppelfassade
2.OG
Bestand
Pegel Raum
A-bewertet, Nachhallzeit
0,5 Sekunden [dB(A)]
geschlossen
geschlossen
Pegel Straße
A-bewertet, [dB(A)]
Sonnenschutz
geschlossen
Primärfassade
Sekundärfassade
Übersicht der Messergebnisse
Tabelle 51: Schallmessungen an der Demonstrationsdoppelfassade, Zusammenstellung der Messwerte
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
99
Messungen zur Bestimmung des internen Schallschutzes über den offenen Fassadenzwischenraum zur Ermittlung des Störgeräuschabstandes als Maß für die Wirkung
informationshaltiger Geräusche fanden nicht statt.
Ergebnisse Bauschalldämm-Maß
Für die Bestandsfassade im 2. OG ergibt sich im geschlossenen Zustand ein R´tr,s,w
von 30 dB, für die Doppelfassade im geschlossenen Zustand 35 dB (s. auch Tabelle
51). Da der Grundgeräuschpegel im Raum nicht ermittelt werden konnte, ist die berechnete Schallpegeldifferenz der Messwerte kleiner als die tatsächliche, d.h. das
tatsächliche Dämmmaß der Bauteile ist geringfügig (ca. 1 bis 2 dB) größer. Bei einem
mittleren maßgeblichen Außenlärmpegel von 69,3 dB(A) im Messzeitraum, d.h. im
oberen Lärmpegelbereich 4 (66 - 70dB(A)) erfüllt die Doppelfassade die Anforderungen
der DIN 4109 mit einem R´w,res von 35 dB. Da in der Praxis die Sekundärfassade jedoch nur selten geschlossen sein wird, wurden zusätzlich Messungen bei 10/0/0/10 II
und 30/0/0/30 II Grad Klappenöffnungen in der Sekundärfassade und geschlossener
Primärfassade durchgeführt. In beiden Fällen ergab sich ein Bauschalldämm-Maß von
33dB. Der Öffnungsgrad hat für die betrachteten Fälle keine Auswirkungen auf die
Fassadendämmung obwohl die effektive Öffnung 2,8 % (10° Stellung) bzw. 12,6 %
(30° Stellung) betrug. Unter Berücksichtigung des nicht angesetzten Grundgeräuschpegels wird auch die geöffnete Sekundärfassade die Anforderungen der DIN knapp
erfüllen können. Die Bestandsfassade ist mit 30 dB hingegen nur für den Lärmpegelbereich 3 geeignet. Sie setzt sich zusammen aus dem Bauteil Fenster mit ca. R´w = 28 dB
und den Bauteilen massive Stahlbetonbrüstung und Sturz, die mit einem Bauschalldämm-Maß R´w von ca. 50 dB angenommen werden können (Berechnungsansatz für
zusammengesetzte Bauteile nach DIN 4109: 1989-11, Beiblatt 1 Abs. 11)
Zum Vergleich: Neue Aluminiumfassaden erreichen mit handelsüblicher Wärmeschutzverglasung ein Bauschalldämm-Maß von 36 bis 38 dB.
Wird nun zu Lüftungszwecken ein Flügel der Primärfassade geöffnet, reduzieren sich
die Bauschalldämm-Maße auf 31 dB bei geschlossener Sekundärfassade und auf
22 dB für die Klappenstellungen 10/0/0/10 II und 30/0/0/30 II. Eine Vergleichsmessung
mit heruntergelassenem Sonnenschutz ergab für die Stellung 10/0/0/30 II eine Verbesserung um 1 dB auf 23 dB.
Eine Reduzierung der Immissionen über die Gebäudehöhe kann für einen maximalen
Abstand von ca. 50 m im 12. OG mit 2,5 dB angenommen werden. Entsprechend
verringern sich die Raumschallpegel, der Außenlärmpegelbereich ändert sich nicht.
Ergebnisse Raumschallpegel
Vor den tatsächlichen Schallmessungen wurde jeweils im 2. OG und 4. OG die Nachhallzeit bestimmt. Sie betrug im Büroraum im 4.OG 0,5 Sekunden und im 2. OG
1,0 Sekunde. Durch die Bestimmung der Nachhallzeit können die Messungen in den
beiden Räumen bezüglich der A - bewerteten Raumpegel miteinander verglichen werden. Die Raumschallpegeldifferenz beträgt für diese Nachhallzeiten konstant 3 dB.
Zur Beurteilung von Lärm am Arbeitsplatz wird zu den Arbeitsstättenrichtlinien die VDI
2058 Blatt 3 1999-2 herangezogen. Der Beurteilungspegel für überwiegend geistige
Tätigkeiten an Arbeitsplätzen darf nach diesen Vorschriften höchstens 55 dB(A) betragen. Als Beispiele werden genannt: Besprechungen, Lehrtätigkeiten, wissenschaftliches Arbeiten, Operationen, Entwerfen, Übersetzen, Diktieren usw. Nur für
100
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
besonders hohe geistige Anforderungen und direkte Sprachkommunikation kann dieser
Pegel zu hoch sein. Als Kriterien für die Sprachverständlichkeit werden genannt: 30 bis
40 dB(A) für sehr gute Sprachverständlichkeit (entspannter und normaler Sprechaufwand und einer Entfernung der Gesprächspartner von 2 bis 4 m), 45 bis 55 dB(A) für
gute Sprachverständlichkeit (normaler / angehobener Sprechaufwand und einer Entfernung der Gesprächspartner von 1 bis 2 m). Der Grenzwert von 55 dB(A) ist hoch
angesetzt, Zielwerte sind je nach Anforderung eher 45 bis 52 dB(A).
Die nachfolgenden Messergebnisse beziehen sich auf eine Nachhallzeit von 0,5 Sekunden (s. auch Tabelle 51). Für die geschlossene Primärfassade werden 40 dB(A) im
Bestand und 36 dB(A) für die Doppelfassade in den Klappenstellungen 10/0/0/10 II und
30/0/0/30 II erreicht. Wird zu Lüftungszwecken zusätzlich 1 Kippflügel der Primärfassade geöffnet, werden 44 dB(A) für die Doppelfassade - unabhängig vom Öffnungsgrad und 51 dB(A) im Bestand gemessen. Alle Werte liegen unterhalb der zulässigen
55 dB(A), jedoch verbessert die Doppelfassade bei geöffnetem Kippflügel die Situation
um 7 dB deutlich. Erst beim Öffnen von 3 Flügeln in der Bestandsfassade werden die
zulässigen 55 dB(A) überschritten. Zur Beantwortung der Frage nach der Wirksamkeit
des Sonnenschutzbehangs, der Warema Klapplamelle, wurde auch hier eine Vergleichsmessung durchgeführt. Dabei ergab sich nur eine geringfügige Verbesserung
von ca. 0,5 dB(A) der bewerteten Pegeldifferenzen. Im Sommer kann also mit einer
leichten Verbesserung des Schallschutzes bei heruntergelassenem Behang gerechnet
werden. Eine geringe Nachhallzeit des Raums vorausgesetzt, ist eine Dauerlüftung
über einen Kippflügel bei hoher Sprachverständlichkeit mit der Doppelfassade möglich.
Zusammenfassung
Es wird eine Verbesserung des Bauschalldämmmaßes R´tr,s,w durch die geöffnete
Sekundärfassade im Vergleich zum Bestand um 3 dB auf 33 dB erreicht (s. Abb. 87).
Eine Abhängigkeit vom Öffnungsanteil der Sekundärfassade mit
3 bzw. 12 % konnte nicht festgestellt werden. Da für die
Realisierung eine geschossweise
Ausführung empfohlen wird, sind
zusätzliche Öffnungen auf Geschossdeckenhöhe erforderlich.
Es kann aufgrund des großen
Fassadenabstands von 1 m dennoch weiterhin von einem diffusen
Schallfeld im Fassadenzwischenraum ausgegangen werden, so
dass die Reduzierung des Abstands zwischen den Öffnungen
in der Sekundär- und Primärfassade nur von geringfügiger
Bedeutung sein wird.
Abb. 87: Ergebnisse der Schallmessungen, Systemschnitt
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
101
Die Doppelfassade erreicht eine Verbesserung des Raumschallpegels um 7 dB auf
44 dB(A) (s. Abb. 87) bei einem geöffneten Fensterflügel und gewährleistet damit eine
gute bis sehr gute Sprachverständlichkeit bei im Sommer dauerhaft geöffnetem Kippflügel; womit auch die erforderliche Luftaustauschrate sichergestellt ist. Eine wichtige
Planungsanforderung ist eine geringe Nachhallzeit des Raums von 0,5 Sekunden.
Die in [34], S. 27 genannten Pegelminderungen für das Bauschalldämmass von 3 bis
6 dB bei 10 % Öffnungsfläche und fast 10 dB bei 5 % Öffnungsfläche werden nicht
erreicht. Die Abhängigkeit vom Öffnungsgrad konnte für die Messungen nicht bestätigt
werden. Der Raumschallpegel liegt hingegen deutlich unter den in [34], Nomogramm
S. 40 angegebenen Werten. Bei einem Außenlärmpegel von 70 dB(A) kann danach ein
empfohlener Raumschallpegel von 50 dB(A) im Mittel über einen 8-stündigen Betriebstag nur bei einem während 4 Stunden geöffneten Fenster eingehalten werden. Da
die im Sommer erforderliche Luftwechselrate nur durch eine Dauerlüftung sichergestellt
werden kann, wäre dies das Aus für die Fensterlüftung. Eine Überprüfung der in [34]
zur Diskussion gestellten Gleichungen ist nicht möglich, da sie erheblich vom Öffnungsgrad abhängig sind.
Aufgrund des hohen Außenlärmpegels von 69,3 dB(A) im Messzeitraum ist nicht mit
Problemen der Schallübertragung von Raum zu Raum über einen offenen Fassadenkorridor zu rechnen.
Eine neue „Einfach – Fassade“ ist bezüglich des Bauschalldämmmaßes mit ca. 37 dB
in einer Standardausführung der Doppelfassadenlösung überlegen. Der Raumschallpegel bei einem geöffnetem Flügel wird sich jedoch nicht deutlich von den Messungen
der Bestandsfassade unterscheiden und bei gleichem Außenlärmpegel von ca.
70 dB(A) bis nahe an den Grenzwert des Beurteilungspegels von 55 dB(A) reichen.
Das weiterhin zunehmende Verkehrsaufkommen und die Entwicklung leiserer Motoren
werden sich wahrscheinlich gegeneinander aufheben, so dass von einem zunächst
konstanten Außenlärmpegel ausgegangen werden kann.
5.3
Luftwechsel
Ziele
Ziel ist die Gewährleistung des hygienisch notwendigen Luftwechsels in den an die
Doppelfassade angekoppelten Büroräumen durch natürliche Lüftung im Sommer- und
Winterfall und dessen Abhängigkeit von den Öffnungsgraden in beiden Fassadenebenen. Für die sommerliche Entwärmung werden die Volumenströme der Querlüftung für
unterschiedliche Randbedingungen bestimmt. Die sich im Fassadenzwischenraum
einstellenden Luftwechselraten wurden in je einer Messreihe für den Sommer- und
Winterfall bestimmt.
Auswertmethodik
Die Bestimmung der Luftaustauschrate durch natürliche Lüftung erfolgte mit CO2 als
Tracergas nach der Konzentrationsabklingmethode. Die Tracergas-Messungen erfolgten jeweils morgens und abends im Sommer 2002 in der Messphase 1 parallel im
102
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
3. und 4. OG ohne Anwesenheit von Personen. Die Auswertung wurde berechnet nach
der Gleichung aus [53]:
nm =
Tzu 1 ⎧
ΔC (t ) ⎫ -1
⎬ [h ]
⎨ln
Ti Δt ⎩ ΔC (t + Δt ) ⎭
Gleichung 1
Da die Temperaturdifferenz [Kelvin] zwischen dem Messraum und dem Fassadenzwischenraum im Sommer gering ist, wurde vereinfachend Tzu / Ti=1angenommen. Eine
CO2 - Reinfiltration aus dem 3. in das 4. OG ist weder in der geschossweisen, noch in
der zweigeschossigen Ausführung aufgrund des hohen Luftwechsels im Fassadenzwischenraum nachweisbar. Die Messung ist beendet, wenn die Ausgangskonzentration
um 95 % (mindestens 90 % nach [51], [54]) abgenommen hat. In der Literatur wird der
Gesamtfehler in Feldversuchen [54] mit 20 bis 30 % angegeben. Der so bestimmte
mittlere Luftaustausch entspricht dem Luftwechsel im Raum, da bei freier Lüftung (bei
Querlüftung für Luftaustauschraten >2 h-1 [55]) von einer vollständigen Mischung ausgegangen werden und die Lüftungseffektivität, d.h. der Abtransport von
Luftverunreinigungen mit εV=1 angesetzt werden kann. Der Volumenstrom ergibt sich
aus der Definition der globalen Luftwechselzahl.
n=
V&
VRaum
[h-1]
Gleichung 2
Ausgewertet wurde getrennt nach Klappenstellungen und Querlüftung sowie der einbzw. zweigeschossigen Ausführung.
Ergebnisse
Fassadenzwischenraum
Im Sommer fanden die Messungen am 21. Juli 2003 statt. Besonderes Interesse galt
der 5° und der 30° Stellung aufgrund ihrer extremen Öffnungsanteile. Die mittlere
Windstärke betrug 1,4 m/s, die Globalstrahlung West im Mittel 150 W/m² und mittlere
Außentemperatur 27,3 °C. Das Messintervall betrug 5 Sekunden. Bei geschlossener
Sekundärfassade stellte sich ein 5-facher Luftwechsel bei einer Temperaturdifferenz
von 5 K ein, entsprechend einem Volumenstrom von 125 m³/h. Der Luftwechsel steigt
von einem 50-fachen Luftwechsel bei 5° Klappenöffnung auf einen 80-fachen Luftwechsel bei 30° Klappenöffnung. Die Messungen im Winter fanden am 08. Februar
2003 bei einer mittleren Windstärke von 0,8 m/s, sehr geringer Globalstrahlung - im
Mittel 80 W/m² - und einer mittleren Außentemperatur von 4 °C statt. Bei geschlossener Sekundärfassade stellte sich ein 2,2-facher Luftwechsel bei einer
Temperaturdifferenz von 4,5 K ein, entsprechend einem Volumenstrom von 58 m³/h.
Der Luftwechsel steigt von einem 25-fachen Luftwechsel bei 5° Klappenöffnung auf
einen 55-fachen Luftwechsel bei 30° Klappenöffnung, entsprechend einem Volumenstrom von 660 bis 1400 m³/h. Größere Klappenöffnungen bewirken dann keine weitere
Steigerung (s. Abb. 88). Da die Messungen bei relativ geringen Strahlungseinträgen
und Windgeschwindigkeiten stattfanden, kann in Normalfällen von höheren mittleren
Luftwechselraten ausgegangen werden.
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
103
Luftwechsel im Fassadenzwischenraum (Mittelwerte)
100
90
80
40 - 80
50 - 83
55 - 85
10/10/10/10 I
20/20/20/20 I
30/30/30/30 I
Luftwechsel [1/h]
70
60
25 - 50
50
40
30
20
10
2-5
0
0/0/0/0 I
5/5/5/5 I
Klappenstellung
Abb. 88: Luftwechselraten im Fassadenzwischenraum
Diese Abhängigkeit vom Öffnungsgrad widerspricht den in [40] auf eine Korridorfassade bezogenen Angaben, der Volumenstrom im Fassadenzwischenraum sei mit dem
Faktor 5,78 linear abhängig vom Öffnungsanteil der Fassade.
Büroraum
In der geschossweisen Ausführung ohne Querlüftung ergeben sich für die Klappenstellungen 30/30/30/30 I bzw. 10/10/10/10 I fast gleiche Volumenströme im 3. und 4. OG
durch je einen Kippflügel. Sie liegen mit im Mittel 85 m³/h bei einer mittleren Windgeschwindigkeit von 1,35 m/s und Temperaturdifferenzen von bis zu 8 K über dem
notwendigen Volumenstrom für zwei Personen. Auch der geringste Wert lag mit
44 m³/h noch bei 55 % des notwendigen Minimums (s. Abb. 89). Das entspricht den
Ergebnissen von [51], nach denen 60 % des Normluftwechsels auch bei ungünstigen
Witterungsbedingungen erreicht werden. Das gleichzeitige Öffnen von 2 Kippflügeln im
3. OG ergab eine nur geringfügige Erhöhung des Volumenstroms von 5 %. Der Volumenstrom steigt in der zweigeschossigen Ausführung auf mehr als 100 m³/h. Die sich
für 10/0/0/10 II einstellende Temperaturschichtung im Fassadenzwischenraum (s. Kap.
5.4.1, Temperaturen im Fassadenzwischenraum) hat keinen Einfluss auf die Volumenströme, da auch ohne diese Schichtung, die in der Stellung 10/10/10/10 II
zusammenbricht, sich das gleiche Verhältnis vom 3. zum 4. OG einstellt (s. Abb. 89).
Weder die im 3.OG um 20 % höheren Volumenströme noch die allgemein deutliche
Erhöhung der Volumenströme in der 2-geschossigen Ausführung sind erklärbar, da die
mittleren Witterungsbedingungen der geschossweisen Versuchsdurchführung ähnlich
sind.
Mit Querlüftung werden in der geschossweisen Ausführung und einem geöffneten
Kippflügel im Mittel ca. 400 m³/h erreicht. Im 3.OG werden um 30 % höhere Werte
erreicht, da das 4. OG nur eingeschränkt über einen 3. Raum quergelüftet werden
konnte. Der kleinste gemessene Volumenstrom erreicht im 3. OG noch 221 m³/h
(s. Abb. 90).
104
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Volumenstrom im Sommer einseitige Lüftung
200
180
Volumenstrom [m³/h]
160
140
120
100
80
60
40
20
median
mittelw ert
min
4.OG
3.OG
10/10/10/10 II *
4.OG
3.OG
10/0/0/10 II *
4.OG
3.OG
10/10/10/10 I *
4.OG
30/30/30/30 I *
3.OG
0
max
* 1 geöffneter Kippflügel
Abb. 89: Messwerte der Volumenströme Sommer einseitige Lüftung
In der zweigeschossigen Ausführung erhöht sich der Volumenstrom im 3. OG auf
450 m³/h während er im 4. OG auf 260 m³/h fällt (s. Abb. 90). Die im 3. und 4. OG für
die zweigeschossige Ausführung unterschiedlich großen Volumenströme bei der einseitigen Lüftung finden sich auch in der Querlüftung wieder. Werden alle Kippflügel
geöffnet, die effektive Öffnungsfläche der Kippflügel ist dann etwa doppelt so groß wie
die des Türoberlichts, erhöht sich der Volumenstrom in den Geschossen jeweils um ca.
20 %.
Volumenstrom im Sommer Querlüftung
800
Volumenstrom [m³/h]
700
600
500
400
300
200
100
mittelw ert
max
* 1 geöffneter Kippflügel
** alle Kippflügel geöffnet
Abb. 90: Messwerte der Volumenströme Sommer Querlüftung
4.OG
3.OG
4.OG
3.OG
10/0/0/10 II **
min
10/10/10/10 II **
median
4.OG
3.OG
10/0/0/10 II *
4.OG
3.OG
5/5/5/5 I /
10/10/10/10 I *
0
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
105
Im Vergleich mit den Angaben nach [53] und [56] ist die Lüftungseffektivität einer Doppelfassade derjenigen einer Einfachfassade gleichwertig, wenn man die gemessenen
Volumenströme auf ein Standardbüro mit 20 m² Nettogrundfläche und 60 m³ Nettorauminhalt anwendet. Für einen Kippflügel wird dort ein Luftwechsel von 0,8 bis 2,5 h-1
angegeben – mit den höheren Werten wahrscheinlich im Winterfall – und für einen
Kippflügel mit Querlüftung ein Luftwechsel von 2 bis 4 h-1.
Im Rahmen der Versuchsauswertung wurde weiterhin die isolierte Betrachtung der
Einflüsse von Temperaturdifferenz und Windgeschwindigkeit untersucht. Werden die
Volumenströme bei kleinen Windgeschwindigkeiten wie in Abb. 91 dargestellt aufgetragen, so zeigt sich eine Zunahme des Volumenstroms mit größer werdender
Temperaturdifferenz. Ob sich der Volumenstrom proportional zur Wurzel der Temperaturdifferenz wie in [53] dargestellt verhält, kann für die vorliegenden Messergebnisse
nicht abgeleitet werden.
Einseitige Lüftung, Windgeschw indigkeit <0,5m/s
160
Volumenstrom [m³/h]
140
120
100
80
60
40
20
0
0K
2K
4K
6K
8K
10 K
12 K
Temperaturdifferenz [K]
30/30/30/30 I
20/20/20/20 I
10/10/10/10 I
5/5/5/5 I
Abb. 91: einseitige Lüftung über einen Kippflügel, Volumenstrom in Abhängigkeit der Temperaturdifferenz
Die Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit bei Temperaturdifferenzen < 2 K kann
für die vorliegenden Messwerte nicht dargestellt werden. Die Überlagerung von Temperaturdifferenz und Windgeschwindigkeit führte zu einem diffusen Feld. Die
Auswertung mit Querlüftung ergab in allen Fällen diffuse Felder.
Für die einseitige Lüftung ergeben sich nach [53] bei gleichzeitiger Einwirkung von
Thermik und Wind Bereiche, in denen der reine Temperatureinfluss überwiegt, und
Bereiche, in denen der Volumenstrom maßgeblich vom Wind beeinflusst wird. Trägt
man die Volumenströme der Doppelfassade für das 3. und 4. OG in der geschossweisen Ausführung in die Messdatenauswertung für senkrechte Anströmung nach [53],
Bild 6.9 wie in Abb. 92 dargestellt ein, so liegen sie für Temperaturdifferenzen von 3 bis
8 K im Bereich der Streuung der dort dokumentierten Volumenströme. Temperaturdifferenzen von 1 bis 3 K weisen erwartungsgemäß im Mittel geringere Volumenströme
auf. Die Volumenströme der Extremwerte liegen um 50 bis 100 % über den Vergleichswerten.
106
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Abb. 92 / Abb. 93: Überlagerung von Windgeschwindigkeit und Temperaturdifferenz Vergleich mit [53] und
[56] bei einem geöffnetem Kippflügel; einseitige (links) und Querlüftung( rechts)
Bei gleichzeitigem Temperatur- und Windeinfluss ist für Querlüftung die Volumenstromerhöhung selbst bei extremen Temperaturdifferenzen der Wirkung der
Windgeschwindigkeit untergeordnet. Trägt man die Volumenströme der Doppelfassade
für das 3. OG in der geschossweisen Ausführung in die Messdatenauswertung nach
[56], Bild 10 wie in Abb. 93 dargestellt ein, so liegen auch diese Werte für Temperaturdifferenzen von 0,4 bis 8 K im Bereich der dargestellten Streuung.
Der mit einen Kippflügel erreichbare Volumenstrom kann in Abhängigkeit des Öffnungsgrads der Sekundärfassade in einer einfachen Kennlinie für mittlere sommerliche
Witterungsbedingungen abgebildet werden (s. Abb. 94). Werden alle Datensätze verwendet, so zeichnet sich für Öffnungsgrade von < 5 % eine deutliche Verringerung der
Volumenströme ab. Für große Öffnungsgrade zeichnet sich wie schon beim Luftwechsel im Fassadenzwischenraum eine asymptotische Annäherung an einen Grenzwert ab.
Kennlinien gleicher effektiver Öffnungsgrade, einseitige Lüftung
115
105
Volumenstrom [m³/h]
95
85
75
65
55
45
35
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
effektiver Öffnungsanteil Sekundärfassade [%]
geschossw eise
zw eigeschossig
Logarithmisch (geschossw eise)
Logarithmisch (zw eigeschossig)
Abb. 94: Volumenstromkennlinien bei einem geöffneten Kippflügel
Im Winter ergaben die Messungen einen Volumenstrom von im Mittel 300 m³/h, was für
ein Standardbüro mit 60 m³ Nettorauminhalt einem 5-fachen Luftwechsel entspricht
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
107
(s. Abb. 95). Zur Sicherstellung des hygienisch notwendigen Luftwechsels sind so
16 min/h Lüftungsdauer bzw. 8min/h bei halbierter Anforderung aufgrund geringer
Außentemperaturen erforderlich. Es konnten keine Zusammenhänge zwischen den
Klappenstellungen, der geschossweisen und der zweigeschossigen Ausführung hergestellt werden. Ebenso wenig zwischen den Windgeschwindigkeiten und den
Temperaturdifferenzen, die im Mittel zwischen 9,8 und 17,7 K bzw. 1,4 und 3,3 m/s
betrugen. Auffällig ist, dass auch bei geschlossener Sekundärfassade sich im Büroraum ein Volumenstrom einstellt, der in der Größe des mittleren Volumenstroms liegt.
Da keine Klappenstellungsabhängigkeit erkennbar ist, kann ein Diagramm mit Kennlinien gleicher äquivalenter Öffnungsgrade wie für den Luftwechsel im Sommer nicht
erstellt werden.
Volumenstrom im Winter einseitige Lüftung
700
Volumenstrom [m³/h]
600
500
400
300
200
100
median
mittelw ert
min
30/30/30/30 I *
20/20/20/20 I *
10/10/10/10 I *
0/0/0/0 I *
30/0/0/30 II *
10/0/010 II *
5/5/5/5 II *
5/0/0/5 II *
0/0/0/0 II *
0
max
* 1 geöffneter Kippflügel
Abb. 95: Messwerte der Volumenströme im Winter im 4. OG einseitige Lüftung
Der bei 300 m³/h erreichte 5-fache Raumluftwechsel im 4. OG liegt bei Temperaturdifferenzen von 10 bis 20 K und Windgeschwindigkeiten von 2 bis 4 m/s um das 2 bis
2,5-fache über den Messwerten nach [53] (vgl. Abb. 92). Eine Abhängigkeit von Windund Temperatureinflüssen ist nicht erkennbar, ebenso wenig der Grund für diesen
deutlichen Unterschied im Winter. Die Doppelfassade ermöglicht also die natürliche
Fensterlüftung auch im Winter. Sie ist witterungsunabhängig und wie in Gebäuden mit
gewöhnlichen Lochfassaden mit geringen winterlichen Komforteinbußen bei gleichzeitig hoher Nutzerakzeptanz möglich.
Im 3. OG wurde die winterliche Lüftungsstrategie vom Nutzer frei gewählt und fand
ausschließlich über das Türoberlicht statt. Die Kippflügel der Primärfassade wurden
vom Nutzer nicht geöffnet. Für das Türoberlicht ergaben sich Volumenströme von 45 110 m³/h, die mit im Mittel 75 m³/h den erforderlichen Luftwechsel eines Standardbüros
bei Dauerlüftung sicherstellen können. Die CO2 Konzentration stieg bei der Belegung
mit einer Person auf Tageshöchstwerte von 900 ppm.
108
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Zusammenfassung
Der klappenstellungsabhängige Luftwechsel im Fassadenzwischenraum nähert sich
asymptotisch einem Grenzwert für Klappenstellungen > 30°, entsprechend einer effektiven Öffnung von 25 %. Übertemperaturen im Fassadenzwischenraum, die auf zu
geringe Luftwechselraten zurückzuführen sind, können mit einem 40 bis 80-fachen
Luftwechsel bei einer Klappenstellung von 10°, einem effektiven Öffnungsgrad von 5 %
entsprechend, ausgeschlossen werden.
Für einen effektiven Öffnungsgrad von mehr als 5 % kann der Normluftwechsel mit
einseitiger Dauerlüftung über einen Kippflügel während der Betriebszeit sichergestellt
werden. Es wird für die eingeschossige Doppelfassade ein Volumenstrom von im Mittel
85 m³/h erreicht. Das Öffnen eines zweiten Kippflügels erhöht den Volumenstrom nur
geringfügig. Für Öffnungsgrößen von weniger als 5 % ist eine detailliertere Betrachtung
erforderlich. Die nächtliche Querlüftung erreicht für die eingeschossige Fassade im
Mittel 400 m³/h bei einem geöffneten Kippflügel.
Im Vergleich mit [53] und [56] zeigt sich, dass die Doppelfassade die Lüftungseffektivität im Vergleich zu einer Einfachfassade nicht einschränkt.
Im Winter wird bei einseitiger Lüftung ein Volumenstrom von im Mittel 300 m³/h erreicht. Einseitige Fensterlüftung stellt im Winter den hygienisch notwendigen
Luftwechsel bei einer ca. 15 minütigen Stosslüftung sicher, den reduzierten Luftwechsel in halber Zeit. Auch die Dauerlüftung über ein Türoberlicht kann den erforderlichen
Luftwechsel sicherstellen. Diese durch den Nutzer gewählte und einfach handhabbare
Lüftungsstrategie koppelt eine große, zur Zeit nicht kontrolliert be- oder entlüftete Innenzone an das Büro an.
In [39] am Siemensgebäude dokumentierten Messungen ergaben sich im Gegensatz
zu den oben ausgeführten Ergebnissen jahreszeitliche Unterschiede von nur 0,4 h-1 bei
allerdings sehr hohen durchschnittlichen mittleren Luftwechseln von 3,5 h-1 für einen
einseitig über Kippflügel belüfteten Büroraum. Dabei handelte es sich um ein passives
Doppelfassadensystem als Korridorfassade mit einem Öffnungsanteil der Sekundärfassade von 6,5 %.
5.4
Sommerliche Überhitzung
In der Messphase 1 im Sommer 2002 fanden im Rahmen der Parameterstudie Messungen bei unterschiedlichen Klappenstellungen, der ein- oder zweigeschossigen
Ausführung und einseitiger oder Querlüftung statt. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse erfolgte im Sommer 2003 in der Messphase 2 bei optimierter Lüftungsstrategie einseitige Lüftung während der Betriebszeit in Kombination mit nächtlicher Querlüftung
- eine Messreihe zur Bewertung einer weiteren Reduzierung der Klappenstellung auf
5/5/5/5 I und des Einflusses der unterschiedlichen Speichermassen in den Messräumen.
5.4.1 Temperaturen im Fassadenzwischenraum
Im Sommer 2002 wurden im Rahmen der Parameterstudie die ein- und zweigeschossige Ausführung vergleichende Temperaturmessungen im Fassadenzwischenraum
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
109
durchgeführt. Bei einer Klappenstellung von 10/0/0/10 II, einem Öffnungsgrad von
2,8 % entsprechend, war es im Zwischenraum des 4. OG um 4 K wärmer als im 3. OG.
Der Einfluss dieser Schichtung auf die Temperaturdifferenz zwischen den Büros ist mit
0,5 bis 1 K allerdings gering. Zusätzliche Öffnungen auf Geschosshöhe - 10/10/10/10 II
- ließen diese Schichtung deutlich auf 0,7 K absinken.
Das Mittel der jeweils größten Übertemperaturen aller Messtage des Fassadenzwischenraums zur Außentemperatur betrug im Sommer 2003 für die Stellung
10/10/10/10 I 1,5 bis 2 K bei einer maximalen Differenz im Stundenmittel von 3,5 K (s.
Abb. 98/99). Bei Außenlufttemperaturen von mehr als 30 °C lag die Temperatur im
Fassadenzwischenraum allerdings nur noch geringfügig über dieser. Übertemperaturen an sehr warmen Tagen von 5 bis 10 K wie in [39], Siemensgebäude, konnten
messtechnisch nicht nachgewiesen werden.
5.4.2 Lüftungsstrategie
Ziele
Ziel des Vergleichs ist es, den unterschiedlichen Einfluss einer 24-stündigen Querlüftung und einer nächtlichen Querlüftung mit einseitiger Dauerlüftung während der
Betriebszeit auf die Raumlufttemperaturen aufzuzeigen. Die Messungen fanden in der
Klappenstellung 10/10/10/10 I in den Kalenderwochen 27/28/29/35 der Messphase 2
statt. Die 24-stündige Querlüftung fand am Wochenende, die nächtliche Querlüftung in
der Woche statt. Die Messungen fanden bei jeweils gleicher Lüftungsstrategie parallel
im 3. und 4. OG statt, da die Räume über unterschiedlich große Speichermassen
verfügen. Die mittleren Luftwechselraten betrugen ca. 2 h-1 für die einseitige Lüftung
und ca. 6 h-1 für die Querlüftung (s. Kapitel 5.1, Luftwechselraten).
Ergebnisse
Die aus dem arithmetischen Mittel der Messtage gebildete Ausgleichsfunktion gibt
hinsichtlich der Phasenverschiebung und Temperaturentwicklung eine gute Übersicht.
Die Stundenmittel aller Messtage mit den gleichen Randbedingungen werden über die
Uhrzeit sortiert und gegeneinander aufgetragen. Dies ermöglicht den direkten Vergleich zwischen dem 3. und 4. OG bezüglich der Temperaturentwicklungen im Tagesverlauf. Eingetragen sind in den Abb. 96 und 97 zusätzlich blau die Arbeitszeit von 7:00
bis 18:00 Uhr und rot die mittlere Zeit der nächtlichen Querlüftung.
Da die Temperaturen im Fassadenzwischenraum in hohem Maß strahlungsabhängig
sind, liegen die Höchsttemperaturen für beide Lüftungsfälle dort um ca. 1 bis 2 Stunden
vor den Höchstwerten der Außentemperatur. Die Raumlufttemperaturen, die im wesentlichen strahlungsunabhängig sind, folgen der Außentemperatur mit einer kurzen
Phasenverschiebung von ca. 15 bis 30 Minuten.
Die Außentemperatur weist für die 24-stündige Querlüftung eine mittlere Tagesamplitude von 9,5 K auf, die Temperaturen in den Fassadenzwischenräumen eine Amplitude
von 10,5 K, diejenige in den Büroräumen von 4 K. Der Fassadenzwischenraum des
4. OG ist im Tagesminimum und –maximum um ca. 0,5 K wärmer als der Zwischenraum des 3. OG. Die maximale mittlere Übertemperatur des Zwischenraums des 3. OG
zur Außentemperatur beträgt 1,5 K zwischen 16:00 und 17:00 Uhr. Die Temperatur im
110
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Büro des 3. OG erreicht zwischen 18:00 und 19:00 Uhr mit Außentemperaturgleiche ihr
Maximum. Die mittlere maximale Temperatur im 4. OG liegt um ca. 0,3 K unter der
Temperatur im 3. OG (s. Abb. 96).
Mittelwertausgleichsfunktion 24h Querlüftung 10/10/10/10 I
29
Lufttemperatur [°C]
27
25
23
21
19
17
15
0:00
2:00
4:00
6:00
8:00
10:00
12:00
14:00
16:00
18:00
20:00
22:00
Tageszeit
aussen
3.OG ZWR
4.OG ZWR
3.OG Büro
4.OG Büro
Abb. 96: 24h Querlüftung sortierte Stundenmittel der Lufttemperaturen in der Messperiode
Die Tagesamplitude der Außentemperatur beträgt für die nächtliche Querlüftung 7,5 K
bei gleicher Tagesminimaltemperatur von 15,5 °C. Die Amplitude der Zwischenräume
reduziert sich im gleichen Verhältnis auf nur noch 9 K, während die Amplitude der
Büroräume bei 4 K verbleibt. Der Fassadenzwischenraum im 4. OG ist wie schon in
der 24h Querlüftung um ca. 0,5 K wärmer als der des 3. OG.
Mittelwertausgleichsfunktion nächtliche Querlüftung 10/10/10/10 I
29
Lufttemperatur [°C]
27
25
23
21
19
17
15
0:00
2:00
4:00
6:00
8:00
10:00
12:00
14:00
16:00
18:00
20:00
22:00
Tageszeit
aussen
3.OG ZWR
4.OG ZWR
3.OG Büro
4.OG Büro
Abb. 97: nächtliche Querlüftung sortierte Stundenmittel der Lufttemperaturen in der Messperiode
Die Raumlufttemperaturen sind im Tagesverlauf und der Differenz untereinander fast
identisch mit dem 24h Querlüftungsfall. Die maximale mittlere Übertemperatur im Zwi-
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
111
schenraum des 3. OG beträgt 2 K zwischen 15:00 und 16:00 Uhr. Die Temperatur im
Büro des 3. OG erreicht zwischen 16:00 und 17:00 Uhr mit 2 K über der Außentemperatur ihr Maximum. Die Temperatur im 4. OG liegt um 0,5 K unter der Temperatur im
3. OG (s. Abb. 97).
Nach diesen Ergebnissen führte die nächtliche Querlüftung trotz geringerer Außenund Zwischenraumtemperaturen zu geringfügig höheren Raumlufttemperaturen als die
24-stündige Querlüftung. Die Mittelwertausgleichsfunktion zeigt einen Raumlufttemperaturverlauf, der unabhängig von Außen- und Zwischenraumtemperatur und
Lüftungsstrategie zu sein scheint. Für einen Vergleich zwischen den Nachtlüftungsstrategien ist die Streuung der Mittelwerte für die Messtage insbesondere im Bereich der
Maximaltemperaturen auffällig hoch. Das kann bedeuten, dass die zur Verfügung
stehenden Messtage keine statistische Relevanz im Sinne einer vergleichbaren Mittelwertbildung besitzen. Zur Auswertung der Nachtlüftungsstrategie werden daher im
Folgenden die sortierten Zwischenraum- und Raumlufttemperaturen über der Außentemperatur miteinander verglichen.
Die Temperaturen im Fassadenzwischenraum des 3. OG liegen in beiden Fällen insbesondere für hohe Außentemperaturen unter denen im 4. OG (s. Abb. 98 und 99).
Signifikante Unterschiede zwischen den beiden Lüftungsstrategien lassen sich bezüglich der Temperaturen im Fassadenzwischenraum nicht feststellen.
5 Minuten-Mittel nächtliche Querlüftung 10/10/10/10 I
40
40
35
35
Zwischenraumtemperatur [°C]
Zwischenraumtemperatur [°C]
5 Minuten-Mittel 24h Querlüftung 10/10/10/10 I
30
25
20
15
30
25
20
15
10
10
10
12
14
16
18
20
22
24
26
28
30
32
34
36
38
10
40
12
14
16
18
20
ZWR 3. OG
ZWR 4. OG
22
24
26
28
30
32
34
36
38
40
Außentemperatur [°C]
Außentemperatur [°C]
ZWR 3.OG
Temperaturgleiche
ZWR 4.OG
Temperaturgleiche
Abb. 98 / Abb. 99: Fassadenzwischenraum-Lufttemperaturvergleich aufgetragen über die Außenlufttemperatur für die 24h Querlüftung (links) und die nächtliche Querlüftung (rechts)
Deutlich erkennbar ist in Abb. 100 und 101 der im wesentlichen lineare Raumlufttemperaturverlauf der einzelnen Tage. Während der Arbeitszeit sind der Globalstrahlungseintrag, die internen Lasten und der Luftwechsel nahezu konstant. Während der
Raumerwärmung am Tag liegen dabei die Raumlufttemperaturen bei gleicher Außentemperatur um 1 bis 2 K unter den Temperaturen der nächtlichen Entwärmung.
5 Minuten-Mittel nächtliche Querlüftung 10/10/10/10 I
40
40
35
35
Raumtemperatur [°C]
Raumtemperatur [°C]
5 Minuten-Mittel 24h Querlüftung 10/10/10/10 I
30
25
30
25
20
20
15
15
10
12
14
16
18
20
22
24
26
28
30
32
34
36
38
40
10
12
14
16
Außentemperatur [°C]
Büro 3. OG
Büro 4. OG
Grenzen nach DIN 1946
18
20
22
24
26
28
30
32
34
36
38
40
Außentemperatur [°C]
Temperaturgleiche
Büro 3. OG
Büro 4. OG
Grenzen nach DIN 1946
Temperaturgleiche
Abb. 100 / Abb. 101: Raumlufttemperaturvergleich aufgetragen über die Außenlufttemperatur für die 24h
Querlüftung (links) und die nächtliche Querlüftung (rechts)
112
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Dieses Phänomen kann auf die Speichermassen des Gebäudes zurückgeführt werden,
die die Erwärmung der Luft am Tag und die Abkühlung in der Nacht verzögern. Dabei
lässt sich kein Unterschied zwischen den Raumlufttemperaturen des 3. und 4. OG und
den Lüftungsstrategien ausmachen. Das Temperaturniveau in den Büroräumen überscheitet für die nächtliche Querlüftung die Grenzwerte nach DIN 1946/2 1994 - 01 (die
empfohlenen Temperaturbereiche sind grün markiert, vgl. Abb. 11) geringfügig.
Betrachtet man den für die sommerliche Überhitzung entscheidenden Temperaturbereich von Außentemperaturen größer als 24°C, so ergeben sich die in Abb. 102 und
103 dargestellten Diagramme als Differenzen der sortierten Raum- und ZWR- Lufttemperaturen über der Außentemperatur.
Stundenmittel nächtliche Querlüftung 10/10/10/10 I
4
2
2
0
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
-2
-4
37
38
39
Temperaturdifferenz [K]
Temperaturdifferenz [K]
Stundenmittel 24h Querlüftung 10/10/10/10 I
4
0
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
-2
-4
-6
-6
-8
-8
Außentemperatur [°C]
Außentemperatur [°C]
Differenz Raum 3.OG - außen
Differenz Raum 4.OG - außen
Differenz Raum 3.OG - außen
Differenz Raum 4.OG - außen
Differenz ZWR 3.OG - außen
Differenz ZWR 4.OG - außen
Differenz ZWR 3.OG - außen
Differenz ZWR 4.OG - außen
Abb. 102 / Abb. 103: Differenzen der über der Außentemperatur sortierten Raum- und ZWR - Lufttemperaturen für die 24h Querlüftung (links) und die nächtliche Querlüftung (rechts)
Es entstehen lineare Trendlinien für die Raumlufttemperaturen in Abhängigkeit von der
Außentemperatur. Während der 24h-stündigen Querlüftung liegt die Raumlufttemperatur ab einer Außentemperatur von ca. 28 °C unter dieser und steigt nur noch
geringfügig auf nahe 29 °C bei einer mittleren Außentemperatur von 36 °C an. Bei
diesen Außentemperaturen unterscheiden sich die Raumlufttemperaturen im 3. und
4. OG kaum voneinander. Die Raumlufttemperaturen nehmen von der Temperaturgleiche an linear um fast 1K / °C Außentemperatur ab. Die Zwischenraumtemperaturen
liegen bei hohen Außentemperaturen nicht über dieser.
Für die nächtliche Querlüftung zeigen sich bei leicht höheren Zwischenraumtemperaturen größerer Streuung parallel versetzt um etwas mehr als 1 K geringere
Raumlufttemperaturen. Ab einer Außentemperatur von ca. 26 °C liegt die Raumtemperatur unter dieser und steigt auf ca. 27 °C bei 34 °C Außentemperatur an. Diese
Auswertung der Ergebnisse legt den Schluss nahe, dass die Lüftungsstrategie einen
wesentlichen Einfluss auf die Raumtemperaturen hat.
Zusammenfassung
Die Lüftungsstrategie hat einen nachweisbaren Einfluss auf die Raumtemperaturen.
Die Raumtemperaturen liegen bei Außentemperaturen von mehr als 24 °C im Fall der
nächtlichen Querlüftung um etwas mehr als 1 K unter denen der 24h Querlüftung. Der
im Fall der 24h Querlüftung große Raumluftwechsel ist verantwortlich für den höheren
Wärmeeintrag. In einem direkten Vergleich zeigt sich dieses Ergebnis für das 4. OG in
Abb. 104 noch einmal vereinfacht.
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
113
Stundenmittel Vergleich Lüftungsstrategie 10/10/10/10 I
4
Temperaturdifferenz [K]
2
0
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
-2
-4
-6
-8
Außentemperatur [°C]
WE 24-h Querlüftung
WE nächtliche Querlüftung
Abb. 104: Differenzen der über der Außentemperatur sortierten Raumlufttemperaturen im Vergleich der
Lüftungsstrategien
Dies entspricht der Temperaturdifferenz, die nach Angaben von [57] zwischen keiner
und einer Nachtlüftung mit zweifachem Luftwechsel besteht. Da am Wochenende
abhängig von den zu erwartenden Witterungsbedingungen nur entweder gar nicht, nur
einseitig oder nur quergelüftet werden kann, stellt sich die in der nachfolgenden thermischen Simulation zu beantwortende Frage, ob an warmen Sommertagen die 24stündige Querlüftung der einseitigen Lüftung vorzuziehen ist (s. Kapitel 6.2.2, Lüftungsstrategie).
5.4.3 Öffnungsgrößen
Ziele
Dieser Versuch gilt der Optimierung der Klappenstellungen. Eine weitere Reduzierung
der Öffnungen auf Öffnungswinkel von 5° und die Auswirkung auf die Zwischenraumund Raumtemperaturen wurden für die Klappenstellung 10/10/5/5 I in den Kalenderwochen 30/31/32 und die Klappenstellung 5/5/10/10 I in den Kalenderwochen 33/34 der
Messphase 2 gemessen.
Ergebnisse
Im Fassadenzwischenraum des 4. OG zeigt sich für beide Lüftungsstrategien eine
deutliche Übertemperatur von mehr als 2 K im Vergleich zur Zwischenraumtemperatur
im 3. OG, also mehr als 1,5 K mehr als im Fall gleicher Öffnungsweiten. Eine Vergleichsmessung in umgekehrter Klappenstellung (5/5/10/10 I) kehrt die Temperaturverhältnisse im Fassadenzwischenraum unabhängig von der Lüftungsstrategie um. Die
Übertemperatur im Fassadenzwischenraum des 3. OG beträgt mehr als 1 K, also
ebenfalls ca. 1,5 K unter Berücksichtigung der Temperaturdifferenz im Fall gleicher
Öffnungsweiten.
114
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Die Übertemperatur im Fassadenzwischenraum baut sich auch nachts wie in Abb. 105
zu sehen nicht ab. Dies ist zurückzuführen auf den um ca. 40 % geringeren Luftwechsel Fassadenzwischenraum in der Stellung 5/5. Das Büro im 4. OG erwärmt sich leicht
mehr als das 3. OG. Berücksichtigt man auch hier die Tatsache, dass im Fall gleicher
Öffnungsweiten die Raumtemperaturen im 4. OG unter den Temperaturen des 3. OG
lagen, so ergibt sich eine Temperaturerhöhung von mehr als 0,5 K im 4.OG aufgrund
der höheren Temperaturen im Fassadenzwischenraum.
Mittelwertausgleichsfunktion nächtliche Querlüftung 10/10/5/5 I
35
33
Lufttemperatur [°C]
31
29
27
25
23
21
19
17
15
0:00
2:00
4:00
6:00
8:00
10:00
12:00
14:00
16:00
18:00
20:00
22:00
Tageszeit
aussen
3.OG ZWR
4.OG ZWR
3.OG Büro
4.OG Büro
Abb. 105: nächtliche Querlüftung sortierte Stundenmittel der Lufttemperaturen in der Messperiode
Auch im direkten Temperaturvergleich in den Abb. 106 und 107 bildet sich das unterschiedliche Temperaturniveau im Fassadenzwischenraum deutlich ab. Das Niveau
gemessener Raumtemperaturen ist in dieser Messphase sehr hoch und überschreitet
deutlich den empfohlenen Bereich operativer Raumtemperaturen nach DIN 1946/2.
5 Minuten-Mittel nächtliche Querlüftung 10/10/5/5 I
40
35
35
Raumtemperatur [°C]
Zwischenraumtemperatur [°C]
5 Minuten-Mittel nächtliche Querlüftung 10/10/5/5 I
40
30
25
20
30
25
20
15
15
10
12
14
16
18
20
22
24
26
28
30
32
34
36
38
40
10
12
14
16
Außentemperatur [°C]
ZWR 3.OG
ZWR 4.OG
18
20
22
24
26
28
30
32
34
36
38
40
Außentemperatur [°C]
Temperaturgleiche
Büro 3. OG
Büro 4. OG
Grenzen nach DIN 1946
Temperaturgleiche
Abb. 106 / Abb. 107: Fassadenzwischenraum- (links), Raumlufttemperaturvergleich (rechts) aufgetragen
über die Außenlufttemperatur
Zusammenfassung
Klappenstellungen von weniger als 10°, entsprechend 5 % äquivalentem Öffnungsanteil, führen zu signifikant höheren Temperaturen im Fassadenzwischenraum und in der
Folge zu geringfügig höhern Raumtemperaturen. Die Temperaturen im Fassadenzwi-
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
115
schenraum steigen um mehr als 1,5 K bei einer Halbierung des Öffnungsanteils. Die
Auswirkungen auf den Büroraum sind mit einer Temperaturerhöhung um etwas mehr
als 0,5 °C absolut zwar gering, bei der statistischen Auswertung der Jahresüberhitzung
jedoch durchaus von Bedeutung (s. Kapitel 6.2.2, Öffnungsgrößen). Von einer Außentemperaturgleiche an liegen die Raumtemperaturen um fast 1 K/°C abnehmend unter
der Außentemperatur (s. Abb. 108). Messergebnisse in [39] (Siemensgebäude) bestätigen, dass das Außentemperaturniveau an extremen Tagen nicht überschritten wird.
Stundenmittel nächtliche Querlüftung 10/10/5/5
10
Temperaturdifferenz [K]
8
6
4
2
0
16
18
20
22
24
26
28
30
32
-2
Außentemperatur [°C]
Differenz Raum 3.OG - außen
Differenz Raum 4.OG - außen
Differenz ZWR 3.OG - außen
Differenz ZWR 4.OG - außen
Abb. 108: Differenzen der über der Außentemperatur sortierten Raum- und ZWR - Lufttemperaturen
5.4.4 Speichermassenaktivierung
Ziele
Ziel der folgenden Auswertung ist die Bestimmung und Bewertung des Einflusses einer
teil- bzw. vollständigen Abhängung auf die Raumtemperaturentwicklung. Der Raum im
4. OG verfügt über eine vollständig abgehängte Decke, das 3. OG über eine teilabgehängte Decke (s. Kapitel 5.1, Raumgeometrie und Abb. 49 und 50 für die Deckenspiegel).
Auswertmethodik
Grundlage der Auswertung sind die Messungen in der Klappenstellung 10/10/10/10 I in
den Kalenderwochen 27/28/29/35 der Messphase 2. Diese Messperiode lag schon der
Auswertung der Lüftungsstrategie in Kapitel 5.4.2 zugrunde. Für diesen Zeitraum werden die Raumlufttemperaturen und die Tagestemperaturamplituden in den beiden
Geschossen miteinander verglichen. Die Berechnung der Speicherkapazität der abgehängten Decke mit Hilfe des konvektiven und des radiativen Wärmeübergangs im
Vergleich zu einer freien Betondecke erfolgt auf der Grundlage der Messungen in den
Kalenderwochen 27/28/29 vom 01. bis 21. Juli 2003. Leistungen und Energien werden
aus den 5-Minuten Mitteln der Messwerte berechnet.
116
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Ergebnisse
Amplitudenverhältnis und Raumlufttemperaturen
Falls die Speichermassen des 3. OG einen Einfluss auf die Raumlufttemperaturen
haben, sollte sich deren ausgleichender Effekt in einer im Vergleich zum 4. OG höheren Amplitudendämpfung der Raumlufttemperaturen bemerkbar machen. Das Büro im
3. OG sollte also weniger auf Schwankungen der Außentemperatur reagieren als der
Raum darüber. Die mittlere Tagesamplitude der Außentemperatur beträgt im betrachteten Zeitraum 11 K, die mittlere Amplitude im Fassadenzwischenraum des 3. und
4. OG liegt um 20 % darüber. Die mittlere Amplitude beträgt im 3. OG nur noch 49 %,
im 4. OG 51 % der Außentemperaturamplitude. Der Unterschied zwischen den Geschossen ist also nur gering. Die Lüftungsstrategie, 24-stündige Querlüftung am
Wochenende und einseitige Lüftung mit nächtlicher Querlüftung in der Woche, hat
keinen erkennbaren Einfluss auf die Größe und das Verhältnis der Tagesamplituden
zwischen beiden Räumen. Die mittleren Tageswerte sind im 3. und 4. OG sogar für die
beiden Lüftungsstrategien nahezu gleich groß.
In Abb. 109 sind die Tagestemperaturamplituden der beiden Räume aufsteigend nach
dem 3. OG sortiert gegeneinander aufgetragen. Aus der vorliegenden Anzahl von
18 Tageswerten sollte sich bereits eine Tendenz zur größeren Amplitudendämpfung im
3. OG ablesen lassen. Dies ist nicht der Fall, da die Streuungen der Temperaturamplitudenverhältnisse im Messzeitraum zu groß sind. Auch ein Zusammenhang mit der
Außentemperaturamplitude ist nicht herstellbar. Bei den voraussichtlich geringen Unterschieden zwischen dem 3. und 4. OG kann wahrscheinlich nur eine Langzeitmessung mit einer deutlich größeren Anzahl der Messwerte zu einer statistisch signifikante Aussage führen.
Sortierte Temperaturamplituden 10/10/10/10 I
18,0
16,0
Temperaturdifferenz [K]
14,0
12,0
10,0
8,0
6,0
4,0
2,0
0,0
Messtage
Amplitude 3.OG
Amplitude 4.OG
Amplitude aussen
Abb. 109: sortierte Temperaturamplituden jeweils vom Tagesmaximum zum Tagesminimum
Darüber hinaus sollten die Temperaturspitzen im teilabgehängten 3. OG, insbesondere
an warmen Tagen, erkennbar kleiner und phasenverschoben sein.
Die mittleren Tagesmaximaltemperaturen liegen im 3. OG mit ca. 0,3 K leicht über den
Temperaturen im 4. OG wie die Mittelwertausgleichsfunktion der sortierte Stundenmit-
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
117
tel der Lufttemperaturen über die Zeit (s. Kap. 5.4.2, Abb. 96 und Abb. 97) gezeigt hat.
Gleiches gilt für die mittleren Tagesminimaltemperaturen. Auch eine signifikante Phasenverschiebung der Raumlufttemperaturen ist zwischen den beiden Geschossen nicht
erkennbar. Aus dieser Auswertung lässt sich also kein Unterschied zwischen dem
3. und 4. OG, also einer Teilabhängung und der vollständig abgehängten Decke ablesen.
Auch die Betrachtung weniger aufeinanderfolgender Tagesgänge mit hohem, steigendem oder fallenden Außentemperaturniveau entsprach nicht dem erwarteten
Raumlufttemperaturverhalten. Die Tagestemperaturamplituden unterschieden sich
kaum voneinander. Weder die aufgrund einer geringern Tagestemperaturamplitude
und größeren Trägheit mit steigendem Außentemperaturniveau erwarteten geringeren
maximalen Raumlufttemperaturen im 3. OG noch der im Vergleich mit dem 4. OG
verlangsamte Temperaturanstieg konnten gemessen werden. Ein ähnliches Bild zeigte
sich umgekehrt auch für Tage mit fallenden Außentemperaturen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der tatsächliche Einfluss der unterschiedlich
großen, aktivierten Massen so gering ist, dass er mit der ausgeführten Messanordnung
nicht nachweisbar ist.
Berechnung der Kühl- und Heizleistung
Da die Oberflächentemperatur der Streckmetalldecke im 3. OG nicht zur Verfügung
stand, bezieht sich die folgende Berechnung nur auf das vollständig abgehängte
4. OG. Die Auswertung unterscheidet nicht zwischen den Lüftungsstrategien oder weist
sie getrennt aus.
Konvektiver Anteil
Die Decke ist das Bauteil mit dem größten Potenzial zum konvektiven Wärmeaustausch, da sich an der Decke die wärmste Luft sammelt und der aufwärtsgerichtete
Wärmeübergang an horizontalen Flächen größer ist als an vertikalen. Es entsteht
tagsüber eine vorwiegend turbulente Strömung, welche den konvektiven Wärmeübergang begünstigt. Nachts hingegen kehrt sich der Wärmestrom um, die kühlere
Raumluft erwärmt sich an der warmen Decke. In diesem Fall kann man von einer
laminaren Luftströmung ausgehen, welche weniger Wärme abzuführen vermag als
eine turbulente Strömung.
Der konvektive Wärmeübergang zwischen Raumluft und Decke lässt sich mit den
gemessenen Deckenoberflächen- und den Raumlufttemperaturen berechnen. Der
konvektive Anteil ergibt sich nach [58] wie folgt:
α konv =
λ
λ
l
⋅ Nu
[W/m²K]
konvektiver Wärmeübergangskoeffizient, Gleichung 3
l
Wärmeleitkoeffizient 0,026 für Luft bei 20 °C nach [59]
Anströmlänge hier Grundfläche / Umfang
[W/mK]
[m]
Nu
Nußelt-Zahl nach [58] in Abhängigkeit von Strömungsrichtung und –art
[-]
Diese Gleichungen lassen sich nach [60] auch vereinfacht ausdrücken als:
α konv ≈ 1,52 ⋅ 3 Δϑ
α konv ≈ 0, 6 ⋅ 4
Δϑ
l2
[W/m²K]
für einen aufwärts gerichteten Wärmestrom, Gleichung 4
[W/m²K]
für einen abwärts gerichteten Wärmestrom, Gleichung 5
118
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Die Berechnung nach Gleichung 3 ergibt für die abgehängte Decke im 4. OG einen
mittleren konvektiven Wärmeübergangskoeffizienten für den aufwärts gerichteten
Wärmestrom am Tage von 1,15 W/m²K mit Werten von 0,3 bis 1,7 W/m²K und für den
abwärts gerichteten Wärmestrom nachts von 0,55 W/m²K mit Werten von 0,2 bis
0,75 W/m²K.
Mit den Gleichungen 4 und 5 ergeben sich um konstant 10,5 % bzw. 16,6 % geringere
Werte von für den auf- bzw. abwärts gerichteten Wärmestrom im Vergleich zur Berechnung nach [58] (s. Tabelle 52).
Radiativer Anteil
Alle Raumoberflächen tauschen Wärme mittels Strahlung untereinander aus. Die
Strahlungsleistung ist dabei abhängig vom Emissionsgrad des Materials und der Temperatur der Oberfläche. Der radiative Wärmeübergang ergibt sich nach [58] wie folgt:
α rad = ε ⋅ 4 ⋅ σ ⋅ Tm3
Tm
[W/m²K]
radiativer Wärmeübergangskoeffizient, Gleichung 6
mittlere thermodynamische Temperatur der Oberflächen*
[K]
* Als mittlere thermodynamische Temperatur der Oberflächen wird die Raumlufttemperatur in 1,2 m Höhe angenommen, da nach DIN EN ISO 6946 Anhang A die innere empfundene Temperatur (gleiche Wichtung von Luft- und
Strahlungstemperatur) verwendet werden kann, wenn die innere Strahlungs- und Lufttemperatur nicht merklich voneinander abweichen. Eine Abweichung von z.B. 1 K zur gemessenen Raumlufttemperatur verändert den berechneten
Mittelwert des radiativen Wärmeübergangskoeffizienten nur um 1 %.
Mit Gleichung 6 erhält man einen radiativen Wärmeübergangskoeffizienten von 5,3 bis
6,0 W/m²K, im Mittel 5,65 W/m²K.
Der radiative Anteil ist damit am Sommertag 5 mal größer als der konvektive Anteil des
Wärmeübergangskoeffizienten, in der Sommernacht sogar 10 mal größer. Die für die
Messperiode berechneten Wärmeübergangskoeffizienten stimmen sehr gut mit den
Berechnungen nach [60] überein (s. Tabelle 52).
Wärmeübergangskoeffizient [W/m²K]
berechneter Mittelwert
DIN EN ISO 6946: 2003
DIN EN ISO 6946: 2003 Anhang A
SIA 180 aus [60]
αkonv aufwärts αkonv abwärts
α radiativ
Summe
α aufwärts
Summe
α abwärts
1,15
0,55
5,65
6,8
6,2
-
-
-
10,0
5,9
5,0
0,7
5,7*
10,7
6,4
-
Zürcher Bauphysik [60]
1,1
* für 20°C Raumlufttemperatur
** Annahme: gleicher Wert wie DIN EN ISO 6946
-
-
8,0
6,0
0,45
5,7**
6,8
6,2
Tabelle 52: Vergleich der Wärmeübergangskoeffizienten, berechnet als Mittelwert vom 1. - 21. Juli 2003
Speicherkapazität
Mit den berechneten Wärmeübergangskoeffizienten können der Wärmeeintrag und die
Wärmeabfuhr für die abgehängte Decke bestimmt werden. Die Abb. 110 zeigt die
Temperaturentwicklung im betrachteten Zeitraum vom 01. bis 21. Juli 2003 und den
Tagesverlauf der Kühl- und Heizleistungen des radiativen und konvektiven Anteils.
Die Wärmeabfuhr durch nächtliche Querlüftung (s. Abb. 111) aus der abgehängten
Decke erreicht im betrachteten Zeitraum im Mittel 55 Wh/m² bei einem Maximum von
mehr als 80 Wh/m². Das entsprechende Mittel der Leistungen beträgt in den Sommernächten 3,5 W/m² bei einem Maximum von 6 W/m².
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
119
Decke 4.OG OF
Außentemperatur
konv. Anteil
rad. Anteil
21
20
3
Büro 4.OG
19
-5
18
0
17
0
16
5
15
5
14
10
13
10
12
15
11
15
10
20
9
20
8
25
7
25
6
30
5
30
4
35
2
35
Leistung, Globalstrahlung 100x [W/m²]
Kühl- und Heizleistung, 1. - 21. Juli 2003
40
1
Temperatur [°C]
Radiativer u. konvektiver Wärmeübergang
Glob außen
Abb. 110: Übersicht der ausgewerteten Messperiode, orange 24-stündige Querlüftung am Wochenende
Der Wärmeeintrag erreicht an warmen, strahlungsreichen Tagen bis zu 40 Wh/m² bei
einer Leistung von im Mittel 4 W/m². Die Speicherkapazität kann noch verbessert werden kann, indem die Mineralwolle auf der Abhängung entfernt wird und die Betondecke
so besser an den Raum angekoppelt wird. Eine solche Maßnahme ist auf die Anforderungen des Schallschutzes abzustimmen. Der Vergleich mit Abb. 110 zeigt, dass eine
Voraussetzung für das Erreichen großer Speicherkapazitäten geringe Außenlufttemperaturen während der nächtlichen Querlüftung sind. Die Größe der Speicherkapazität ist
ein Maß für die Dämpfung der Tagestemperaturamplitude.
Wärmeabfuhr
20./21.
19./20.
18./19.
17./18.
16./17.
15./16.
14./15.
13./14.
12./13.
11./12.
10./11.
8./9.
9./10.
7./8.
6./7.
5./6.
4./5.
3./4.
2./3.
120
100
80
60
40
20
0
-20
-40
1./2.
Wärmemenge [Wh/m²]
Wärmeabfuhr und -eintrag je Tagesamplitude 1. - 21. Juli 2003
Wärmeeintrag
Abb. 111: Wärmeabfuhr und –eintrag in die abgehängte Decke in der Messperiode, orange 24-stündige
Querlüftung am Wochenende
Dies ist im Vergleich mit den Angaben nach [57] eine bis ca. 4-fach größere Speicherkapazität für eine abgehängte Decke, die dort mit nur 18 Wh/m² ohne Angaben zum
Außentemperaturniveau und den Luftwechselzahlen angegeben wird.
Das Potenzial der Nachtlüftung für ein Gebäude ohne abgehängte Decken wird in [57],
S. 9 auf der Grundlage von Messungen im Gebäude der DB Netz AG in Hamm beschrieben: „in einer typischen Sommernacht können bei einem zweifachen Luftwechsel
ungefähr 100 Wh/m² und bei einem 6-fachen Luftwechsel bis zu 220 Wh/m² abgeführt
werden“. Die erzielten Raumtemperaturen lagen nach [57] im Gebäude der DB Netz
120
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
AG bei einem nur 2-fachen Nachtluftwechsel um 0,5 - 1 K unter denen eines Referenzraumes ohne Nachtlüftung. Eine freie Betondecke verfügt mit nächtlicher Querlüftung
an warmen Sommertagen damit im Vergleich zu den Ergebnissen für die abgehängte
Decke im Messraum über eine fast 3-fach größere Speicherkapazität und könnte damit
einen wesentlichen Beitrag zur Wärmebilanz eines Büroraums beitragen. Die Leistungen betragen dann im Mittel für eine Sommernacht ca. 16 W/m² für die freie
Betondecke und ca. 6 W/m² für die abgehängte Decke. Zum Vergleich: Aktive Kühlsysteme erreichen mit der Bauteilaktivierung Leistungen bis ca. 40 W/m² oder mit einem
Kühlsegel Leistungen bis ca. 120 W/m².
Teilabgehängte Decken
Um die Strömung hinter der teilabgehängten Decke im 3. OG quantitativ beurteilen zu
können, wurden Luftgeschwindigkeitsmessungen vorgenommen und in einer Strömungssimulation mit dem Programm Fluent (Beschreibung s. Kapitel 5.1,
Fassadengeometrie) validiert. Die abgehängte Decke des 3. OG besteht in Form eines
Deckensegels aus Streckmetalldeckenplatten im Quadratraster von 62,5 cm
(s. Abb. 52). Mit einer Fliesauflage sind 60 % der Deckenplatten belegt. Bezogen auf
die durchströmte Gesamtraumtiefe beträgt der freie Deckenrand jeweils 1,3 %, die
nicht mit Flies belegen Teilbereiche jeweils 19,5 % und der Bereich fliesgedeckter
Platten 58,4 %. In einer Kurzzeitmessung wurden die Luftgeschwindigkeiten an den
Fensterkippflügeln, dem Türoberlicht, an den freien Rändern und über den nicht mit
Flies gedeckten Streckmetalldeckenplatten bestimmt. Über den nicht mit Flies gedeckten Streckmetallplatten konnte so gut wie keine vertikale Luftströmung gemessen
werden. Der Luftaustausch oberhalb der abgehängten Decke erfolgt also im wesentlichen über die freien Ränder. Das Basissimulationsmodell ging daher von einem
geschlossenen Deckensegel mit jeweils 1,3 % freiem Rand aus. In einer Variante
wurde das Deckensegel auf nur noch 58,4 % der durchströmten Raumtiefe reduziert.
Zur Bestimmung des Luftalters und der Lufttemperaturen wurde die Strömung für die
beiden Modellvarianten mit folgenden sommerlichen Randbedingungen simuliert:
Außentemperatur 26 °C, Temperatur der Innenoberflächen 27 °C, Unterdruck am
Türoberlicht 0,2 Pa, freie Nachströmung durch die Kippflügel in der Primärfassade. Für
den Büroraum ergaben sich bei Querlüftung Luftwechselzahlen von 4,9 h-1 für das
Basismodell und 5,4 h-1 für die Variante mit kleinem Deckensegel, die aus dem Luftalter
bestimmt werden können (s. Abb. 112 und 113).
900 s
450 s
0s
Abb. 112 / Abb. 113: Verteilung des lokalen Luftalters, Teilabhängung 2 x 1,3 % freier Rand (links), 2 x
20,8 % freier Rand (rechts)
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
121
Das Modell zeigt sowohl in den Luftwechselzahlen, wie auch in Bezug auf Strömungsgeschwindigkeiten eine sehr gute Übereinstimmung mit den Messwerten. In der
Basisvariante ergibt sich trotz des nur kleinen freien Randanteils über der abgehängten
Decke ein immerhin ca. 4-facher Luftwechsel. Wird der Randanteil auf jeweils 20,8 %
erhöht, unterscheidet sich der Luftwechsel oberhalb der Abhängung nicht vom Raumluftwechsel. Die Lufttemperaturen oberhalb der abgehängten Decke unterscheiden sich
in beiden Modellen daher kaum voneinander. Der konvektive Teil der übertragenen
Wärme aus der aktivierten Stahlbetondecke kann also in jedem Fall abgelüftet werden,
der radiative Anteil wird jedoch entsprechend der Größe der Teilabhängung mit Fliesauflage unterbunden. Bei einem Flächenanteil der Teilabhängung mit Auflage von
55 % der Deckengrundfläche im 3. OG konnten zum vollständig abgehängten 4. OG
keine signifikanten Temperaturunterschiede gemessen werden. Der Größe des Deckensegels kommt also entscheidende Bedeutung bei der Aktivierung der
Speicherkapazität einer freien Decke zu.
Zusammenfassung
Die Ergebnisse aus dem Amplituden- und Temperaturvergleich ergeben zwischen der
teil- und vollständigen Abhängung keinen nachweisbaren Einfluss auf die Raumtemperaturentwicklung. Zwar kann der konvektive Teil des Wärmeübergangs aus der
aktivierten Stahlbetondecke über der Teilabhängung abgelüftet werden, der wesentlich
größere radiative Strahlungssaustausch mit speichernden Bauteilen wird jedoch unterbunden. Um die Speicherkapazität mit bis zu 220 Wh/m² bei nächtlicher Querlüftung
vollständig aktivieren zu können, muss auf eine Abhängung verzichtet werden. Die
Berechnung für die abgehängte Decke ergab eine Speicherkapazität von ca.
80 Wh/m² und eine mittlere Leistung in einer Sommernacht von ca. 6 W/m².
5.4.5 Wärmebilanz
Ziele
Zur Bestimmung der Einflussgrößen auf die Raumtemperaturentwicklung wird aus den
Messwerten der Klappenstellung 10/10/10/10 I in der Messphase 2 nach Lüftungsstrategien getrennt eine Wärmebilanz erstellt.
Auswertmethodik
Der Energieeintrag für die Globalstrahlung und die internen Lasten wurde direkt aus den
zur Verfügung stehenden Messwerten bestimmt. Lüftungs- und Transmissionswärmegewinne und -verluste wurden mit den Gleichungen 7 und 8 nach [60] für die Differenz
der Raumluft- zur Zwischenraumtemperatur und mit Luftwechselraten von im Mittel
5,75 h-1 für die Querlüftung und im Mittel 1,8 h-1 für die einseitige Lüftung berechnet.
QT = U ⋅ Δϑ ⋅ A ⋅ Δt [Wh]
Transmissionswärmeverluste, Gleichung 7
Q L = n L ⋅ V ⋅ ρ ⋅ c ⋅ Δϑ ⋅ Δt [Wh]
Lüftungswärmeverluste, Gleichung 8
mit
ρ ⋅c
= 0,335 [Wh/m³K]
nach [59]
122
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Vereinfachend wurden die Wärmeleitung und Transmission in die ähnlich temperierten
Nachbarräume nicht erfasst. Die Wärmebilanzen der beiden Lüftungsstrategien können
miteinander verglichen werden, da die aus der Betrachtung unterschiedlicher Zeiträume mit unterschiedlichen Witterungsbedingungen resultierenden Differenzen gering
sind. Dies zeigen die Werte der mittleren Globalstrahlung und der verfügbaren Kelvinstunden in Tabelle 53.
10/10/10/10 I
Globalstrahlung
West im Raum
3.OG LW
Verluste
3.OG LW
Gewinne
4.OG LW
Verluste
4.OG LW
Gewinne
mittel 24h Querlüftung
255 Wh/m²d
71 kh/d
14 kh/d
54 kh/d
18 kh/d
mittel nächtliche Querlüftung
227 Wh/m²d
90 kh/d
6 kh/d
72 kh/d
8 kh/d
Tabelle 53: mittlere Globalstrahlung und Kelvinstunden der betrachteten Lüftungsstrategien
Ergebnisse
Da sich die Gewinne und Verluste aus Transmission und Strahlung auf der Nordseite
der Referenzräume gegeneinander aufheben, ist es zulässig, die Wärmebilanz zu
vereinfachen und für westorientierte Räume mit Doppelfassade darzustellen. Die Geschossunterschiede sind für die beiden Lüftungsstrategien nur gering, so dass auf eine
Unterscheidung verzichtet und stattdessen der Mittelwert verwendet wird (s. Abb. 114).
Gewinne und Verluste heben sich im Bilanzzeitraum nicht vollständig gegeneinander
auf. Ursache ist die beschriebene Annahme eines mittleren Luftwechsels für die Berechnungen mit einem möglichen Fehler von 70 bis 150 % für beide Lüftungsarten.
Wärmebilanz 10/10/10/10 I
400
300
Wärmemenge [Wh/m²d]
200
100
0
-100
-200
-300
-400
-500
interne
Lasten
Strahlung
LW
Gew inne
LW Verluste TR Gew inne TR Verluste
nächtliche Querlüftung
309
86
33
-418
10
-112
24h Querlüftung
231
97
99
-396
21
-87
Abb. 114: Wärmebilanz Gewinne und Verluste aus den Tagesmittelwerten je m² Bürogrundfläche
Lüftungsstrategie und interne Lasten sind die bestimmenden Faktoren der Wärmebilanz. Als Grenze der passiven Kühlung mit Nachtlüftung nach [57] soll die Kühllast eine
Tagesumme von 150 Wh/m²d nicht überschreiten. Mit einer Tagessumme von bis zu
310 Wh/m²d liegen die Räume um das 2-fache über diesem Wert. In der nachfolgenden thermischen Simulation wird in Kapitel 6.2, Interne Lasten der Einfluss der Größe
der internen Lasten auf die sommerliche Überhitzung und die Grenzen der Kühllast bei
natürlicher nächtlicher Querlüftung untersucht.
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
5.5
123
Winterlicher Wärmeschutz
Ziele
Eine Doppelfassade kann zur Reduzierung von Heizwärmeverlusten im Winter beitragen. Die Temperaturdifferenz zwischen Außenluft und Fassadenzwischenraum
(Übertemperatur) verringert die Transmissionswärmeverluste und die Zulufttemperatur
bei freier Lüftung wird erhöht. Die Messungen sollen Aufschluss geben über die entstehenden Übertemperaturen im Fassadenzwischenraum bei unterschiedlichen
Klappenstellungen und ein- oder zweigeschossiger Ausführung.
Auswertmethodik
Um für die Auswertung eine Vergleichbarkeit der mehrtägigen Messreihen im Winter
2002/03 in der Messphase 1 zu gewährleisten, wurden jeweils nur Nachtstunden von
20:00 bis 7:00 Uhr berücksichtigt. Die Einflüsse durch unterschiedlich starke Sonneneinstrahlung am Tag, Auswirkungen des Sonnenschutzes auf Temperatur und
Durchströmung u. ä. wurden dadurch ausgeschlossen. Die Innenräume wurden ohne
Nachtabsenkung konstant auf ca. 19° bis 20 °C beheizt. Die Fenster der Primärfassade
waren geschlossen. Die Ergebnisse der Auswertung stellen noch nicht die durchschnittliche Übertemperatur dar, welche für die Bestimmung der tatsächlich
eingesparten Heizwärme entscheidend ist, sondern dienen der Optimierung der Klappenstellungen und der Validierung des Simulationsmodells. Das Wärmeinsparpotenzial
unterschiedlicher Sanierungsvarianten während der Heizperiode wird in der anschließenden thermischen Simulation ermittelt (s. Kap.6.2.4, Jahreswärmebilanz Datensatz
TRY 02).
Ergebnisse
Durch den Ausschluss von Solarstrahlung und warmer Abluft aus dem Raum erfolgt
die Lufterwärmung im Zwischenraum nur durch den Transmissionswärmestrom aus
den Innenräumen. Je geringer die Temperatur im Fassadenzwischenraum, desto
größer ist dieser Wärmestrom. Bei allen Klappenstellungen und Wetterbedingungen
war zu erkennen, dass mit fallenden Außentemperaturen die Übertemperaturen im
Fassadenzwischenraum zunehmen.
Eingeschossige Ausführung
In der Klappenstellung von 10/10/10/10 I liegen die Übertemperaturen je nach Außentemperatur zwischen ca. 0,5 und 1,5 K (s. Abb. 115). Die Streuung der Messwerte ist
auf unterschiedlich große Luftwechselraten im Fassadenzwischenraum zurückzuführen. Diese Stellung wurde in zwei verschiedenen Wochen gemessen, so dass die
Messwerte einen Außentemperaturbereich von -8 bis +8 °C abdecken. Die Beschreibung der mittleren Übertemperaturen über Trendlinien ist nur eine Näherung, da sich
die Fassadenzwischenraumtemperatur für höhere Außentemperaturen diesen asymptotisch annähert.
124
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
Nächtliche 5-Minutenmittel 10/10/10/10 I
Temperaturdifferenz ZWR-Außen [K]
3
2,5
2
1,5
1
0,5
0
-7
-6
-5
-4
-3
-2
-1
0
1
2
3
4
5
6
7
Außentemperatur [°C]
3.OG
4.OG
Linear (3.OG)
Linear (4.OG)
Abb. 115: Übertemperaturen im Fassadenzwischenraum Klappenstellung 10/10/10/10I mit Trendlinien
Stellt man die Trendlinien der Messwerte für die verschiedenen Klappenstellungen, wie
in Abb. 116 dargestellt, direkt nebeneinander, kann der Einfuß des Öffnungsgrads (vgl.
Kapitel 5.3, Fassadenzwischenraum) und der Außentemperatur auf die Übertemperatur im Fassadenzwischenraum direkt miteinander verglichen werden. Signifikant ist die
deutlich höhere Übertemperatur bei geschlossener Sekundärfassade. Die auch bei
geöffneter Sekundärfassade mit kleiner werdendem Öffnungsgrad erwarteten höheren
Übertemperaturen bilden sich nicht eindeutig ab. Ursache dafür ist die aufgrund der
nicht vergleichbaren Witterungsbedingungen hohe Varianz der Luftwechselraten im
Fassadenzwischenraum. Eine die Öffnungsgrade vergleichende Untersuchung kann
nur im parallelen Vergleich der Geschosse oder über große Zeiträume erfolgen.
Vergleich der Klappenstellungen, geschossweise Anordnung
6
Übertemperatur im ZWR [K]]
5
4
0/0
3
2
10/10
1
5/5
20/20
0
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
0
2
4
6
8
10
Außentemperatur [°C]
Linear (0/0 4.OG)
Linear (0/0 3.OG)
Linear (5/5 3.OG)
Linear (5/5 4.OG)
Linear (10/10 4.OG)
Linear (10/10 3.OG)
Linear (20/20 3.OG)
Linear (20/20 4.OG)
Abb. 116: Klappenstellungsvergleich geschossweise Ausführung Übertemperaturen im ZWR
Zweigeschossige Ausführung
Die Gegenüberstellung der Trendlinien für die zweigeschossige Ausführung zeigt in
Abb. 117 die Abhängigkeit vom Öffnungsgrad und der Anordnung der Öffnungen in der
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
125
Sekundärfassade. Es ergibt sich eine geschossweise Temperaturschichtung von 0,5
bis 1,5 K, wenn die mittleren Klappen geschlossen bleiben. Sind alle 4 Klappenreihen
geöffnet, bricht die Schichtung zusammen und die Übertemperaturen liegen wie schon
in der geschossweisen Ausführung für die Klappenstellung 10/10/10/10 I in der Größenordnung von 0,5 bis 1,5 K bei Außentemperaturen von -8 °C bis +8 °C.
Übertemperatur im ZWR [K]]
Vergleich der Klappenstellungen, zweigeschossige Anordnung
4
3
0/0/0/0 II
2
10/0/0/10 II
1
10/10/10/10 II
0
-12
-10
-8
-6
-4
-2
0
2
4
6
8
10
12
Außentemperatur [°C]
Linear (0/0/0/0 4.OG)
Linear (10/0/0/10 4.OG)
Linear (10/10/10/10 4.OG)
Linear (0/0/0/0 3.OG)
Linear (10/0/0/10 3.OG)
Linear (10/10/10/10 3.OG)
Abb. 117: Klappenstellungsvergleich zweigeschossige Ausführung Übertemperaturen im ZWR
Zusammenfassung
Je kleiner die Klappenstellung, je geringer also der Luftwechsel im Fassadenzwischenraum und je geringer die Außentemperatur, desto größer ist die sich einstellende
Übertemperatur. Die sich darüber hinaus einstellende Temperaturschichtung in der
zweigeschossigen Ausführung bricht, wie auch im Sommerfall, bei geschossweise
geöffneten Klappen zusammen. Da bei einem Verzicht auf eine unterstützende mechanische Kühlung die sommerliche Überhitzung maßgebend für die Öffnungsgeometrie ist, muss an dieser Stelle auf eine größtmögliche Energieeinsparung verzichtet werden. In der Praxis kommen weder eine geschlossene Sekundärfassade
noch eine mehrgeschossiger Fassadenzwischenraum in Frage. Bei geöffneter Sekundärfassade steigen die Übertemperaturen in der geschossweisen Ausführung mit
kleiner werdenden Klappenstellungen, die Unterschiede sind jedoch gering.
5.6
PV-Integration
Ziele
Mit diesem Vorhaben sollen die Anwendungsmöglichkeiten von Photovoltaik als konstruktiver Bestandteil des Bauteils Sekundärfassade überprüft werden.
Ergebnisse
Es handelt sich um einen integralen Einsatz von Dünnschichtmodulen mit amorpher
Silzium-Dünnschicht „BP MST 50“ (s. Abb. 118) als konstruktiver Bestandteil der Sekundärfassade auf Brüstungshöhe. Die Abstimmung der Modulgrößen auf die
Rastermaße des Bestandsgebäudes war zum Zeitpunkt der Ausführung noch mit
erheblichen Mehrkosten verbunden. In der Demonstrationsfassade kamen daher
4 Standard-Module mit je 50 W installierter Leistung und 0,8 m² Nettofläche zum Ein-
126
Kapitel 5 Demonstrationsdoppelfassade Messergebnisse
satz. Die Messung fand in der Zeit vom 28.08.2002 bis 22.07.2003 statt. An 305 aufgezeichneten Tagen wurde ein Ertrag von 75 kWh erzielt. Über das Tagesmittel
hochgerechnet ergibt sich ein Jahresertrag von ca. 90 kWh/a bzw. 28 kWh/m²a. Dabei
wird vereinfachend von der Annahme ausgegangen, dass der unterdurchschnittliche
Tagesmittelwert die höhere Ausgangsleistung in den ersten Betriebsmonaten
ausgleicht. Die Jahressumme der Globalstrahlung lag im Jahr 2002 mit 972 kWh/m²a
für Braunschweig um 4 % unter dem langjährigen Mittel. Der Systemnutzungsgrad
beträgt 4,6 % für die Westfassade bei einer
Klappenstellung von 10°.
Abb. 118: PV- Modul „BP MST 50“
Hieraus kann für eine Integration von PV-Modulen an der gesamten Süd-, Südwest
und Westfassade des Gebäudes für die Energieerträge die folgende Abschätzung
getroffen werden. In der Gesamtmaßnahme können ca. 200 m² Fotovoltaik integriert
werden. Das entspricht einem Anteil von ca. 15 % der Doppelfassadenfläche. Auf der
Süd-, Südwest- und Westseite wird ein Gesamtertrag von ca. 7400 kWh/a (1685 / 4560
/ 1162 kWh/a) erzielt werden können. Dieser Ertag deckt mit ca. 1 kWh/m²NGFa 45 %
des Beleuchtungsbedarfs des sanierten Gebäudes.
Zusammenfassung
Die Integration von PV-Modulen in eine Kaltfassade ist ein sinnvolles und empfehlenswertes Einsatzgebiet. Im Bereich der Abluftklappen, in dem sie den Ausblick und
Tageslichteinfall nicht behindern reduzieren sie den Strahlungseintrag in die Doppelfassade genau dort, wo der Sonnenschutz die Luftströmung behindern würde. Die
Module integrieren sich auch optisch gut in die Fassade. Für eine wirtschaftliche Realisierung müsste jedoch im vorliegenden Fall ein Betreibermodell entwickelt werden, da
öffentliche Einrichtungen keine Einspeisevergütung erhalten. Die für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung erforderliche Angabe zur Höhe der Baukosten für die PV-Module
in Sondermaßen sollte im Rahmen der Gesamtplanung abgefragt werden, da mit sinkenden Baukosten zu rechnen ist. Auf die Mehrkosten für die Photovoltaik können ca.
65 €/m² netto Minderkosten für den Entfall der entsprechenden ESG-Verglasung angesetzt werden.
5.7
Tageslicht
Die Tageslichtnutzung einer Doppelfassade ist bei sorgfältiger Planung der einer Einfachfassade ähnlich, da in der Primärfassade Wärmeschutzglas anstelle von Sonnenschutzglas verwendet werden kann (mit einer Tageslichttransmission von ca. 80 % im
Vergleich zu ca. 67 %). ESG in einer Stärke von 10 mm verfügt über eine Tageslichttransmission von ca. 88 %. Die Tageslichtberechnungen in [44] ergeben für ein Büro
mit Sonnenschutzverglasung einen Tageslichtquotienten von 9 bis 5 % im Arbeitsplatzbereich in 1 bis 2 m Raumtiefe in einer Höhe von 0,85 cm. In 4 m Raumtiefe
werden noch fast 2 % erreicht. Die Büroräume besitzen ein nahezu optimales Tages-
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
127
lichtprofil für seitlich belichtete Räume. Die Tageslichtautonomie beträgt sehr gute
76 % bezogen auf eine Sollbeleuchtungsstärke von 300 lx während der Betriebszeit.
Abb. 119 / Abb. 120: Warema-Klapplamelle im Fassadenzwischenraum
Als Sonnenschutz kam eine Warema-Klapplamelle (s. Abb. 119 und 120) zum Einsatz,
die den Überhitzungs- und Blendschutz sicherstellt und zusätzlich tageslichtlenkende
Funktion übernimmt.
6
Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
Ein thermisches Simulationsmodell wird auf der Grundlage der Messergebnisse des
Sommers 2003 mit dem Programm Bsim validiert. Der auf der Grundlage der Messergebnisse optimierte Fassadenaufbau kann so in Sommer- und Jahresauswertungen
z.B. im Hinblick auf die Überhitzungsanteile bewertet werden. Ein Variantenvergleich
auf der Grundlage des validierten Modells umfasst dabei die Fassadensanierungsmöglichkeiten vom einfachen Primärfassadensystem bis zum vollständig neuen
Doppelfassadensystem. Dabei können die Parameter, die einen wesentlichen Einfluss
auf die sommerliche Überhitzung haben variiert werden. Besonderes Augenmerk gilt
dem Vergleich von Lüftungsstrategien, unterschiedlichen Öffnungsgraden der Sekundärfassade, den Regelungsparametern des Sonnenschutzes, den in der Primär- und
Sekundärfassade verwendeten Gläsern, der Speichermassenaktivierung und den
internen Lasten. Nicht variiert wurde der Verglasungsanteil der Primärfassade, da im
Gebäudebestand der 1960er und 1970er Jahre Brüstungs- und Sturzbereiche fast
ausschließlich opak ausgebildet wurden. In Sommerauswertungen sollen die Grenzen
der freien Kühlung mit einem passiven Doppelfassadensystem bestimmt und der Vergleich mit Fassadensanierungsvarianten hergestellt werden. Mit dem Datensatz des
Rekordsommers 2003 kann außerdem ein Vergleich mit dem üblicherweise für Simulationen verwendeten Datensatz des Test-Reference-Year und die Auswirkungen auf die
Kombination optimaler Parameter zur Gewährleistung des sommerlichen Überhitzungsschutzes erstellt werden. Schließlich soll in einer Jahreswärmebilanz das
Einsparpotenzial unterschiedlicher Sanierungsvarianten aufgezeigt werden.
128
6.1
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
Validierung
Im Folgenden werden zunächst das Simulationsmodell und dessen Randbedingungen
sowie anschließend der Abgleich mit den Messwerten beschrieben.
6.1.1 Datensatz und Simulationsmodell
Zur Modellvalidierung wurde das Simulationsprogramm Bsim 2002 in der Version
3,4,1,28, entwickelt vom Danish Building Research Institute, verwendet. Validiert wird
das thermische Verhalten des 4. OG, da es sich um den Messraum mit kontrollierten
internen Lasten und Lüftungszeiten ohne Nutzereinfluss handelt. Die Messergebnisse
der 3-wöchige Messperiode vom 01. bis 21. Juli 2003 in der Stellung 10/10/10/10 I
werden mit den Simulationsergebnissen verglichen.
Als Wetterdaten stehen in stündlichen Mittelwerten auf die Sommerzeit (UTC+1) abgestimmt vom 01.06. bis 31.08.2003 zur Verfügung:
aus eigenen Messwerten
ƒ
die Außentemperatur am Gebäude, um das lokale Mikroklima (vgl. Kapitel 5.1,
Witterungsvergleich) zu berücksichtigen
Wetterdaten der Station Braunschweig Völkenrode des DWD
ƒ die horizontale Global- und Diffusstrahlung
ƒ der Bedeckungsgrad
ƒ die relative Außenfeuchte
ƒ die Windrichtung und Geschwindigkeit
Die Randbedingungen des zur Validierung benützten Modells sind in Tabelle 54 aufgelistet. Das 3. und 4. OG sind als eigene thermische Zonen abgebildet, ebenso das
Bestandsbüro im 5. OG. Die an die thermischen Zonen angrenzenden Räume erhalten
die Temperatur der jeweiligen Zone.
1A
West
Fassade Büro
Verglasung außen
LW im ZWR
Kühlung
Lüftung
Infiltration
Personen
Interne Gewinne
Sonnenschutz
Wärmeschutzverglasung WSV, U - Wert 1,1 W/m²K, g - Wert 0,57, RMG 2.2,
Brüstungspaneel U - Wert 0,5 W/m²K, Stütze U - Wert 2,6 W/m²K
ESG 10 mm, U - Wert 5,8 W/m²K, g - Wert 0,8
-1
65 h entsprechend einer 10° Klappenstellung
-1
Nachtlüftung 6,5 h Sommer Mo - Fr 17 - 8 Uhr und Sa - So 0 - 24 Uhr
-1
natürliche Lüftung über Doppelfassade Sommer Mo - Fr 8 - 17 Uhr n = 2 h ;
-1
durchgehend 0,15 h
1 Person, Mo - Fr 8 - 12 und 13 - 17 Uhr, 80 W
10,6 W/m² Mo - Fr 24h, 8,7 W/m² Sa - So 24h
Sonnenschutz in der Doppelfassade mit einem FC - Wert von 0,1 wirksam ab
einer Einstrahlung von 120 W/m²
Tabelle 54: Randbedingungen des Simulationsmodells 1A
6.1.2 Abgleich mit den Messwerten
Zum Abgleich des solaren Eintrags in den Büroraum des 4. OG wurden die Regelungseinstellungen des Simulationsmodells für das Auslösen des Sonnenschutzes im
Fassadenzwischenraum auf die Sonnenschutzpositionen aus den Messwerten abgestimmt. Abb. 121 zeigt in der Summe der Stundenmittelwerte eine Übereinstimmung
von 90 % für den betrachteten Zeitraum vom 01. bis 21. Juli 2003. Die Auslöseschwelle wurde dabei in der Simulation mit 120 W/m² angesetzt, der Abminderungsfaktor FC
des Sonnenschutzes mit 0,1 den Messwerten entsprechend. In der Demonstrations-
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
129
fassade wurde der Sonnenschutz bei einer Einstrahlung von mehr als 150 W/m² aktiviert, der Nutzereingriff übersteuerte die Regelung für die Dauer einer Stunde.
Vergleich der Sonnenschutzpositionen 1. - 21. Juli 2003
100
Öffnungsgrad [%]
80
60
40
20
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Sonnenschutzpositionen Messw erte
Sonnenschutzpositionen Simulation
Abb. 121: Vergleich der Aktivierung des Sonnenschutzes: Messwerte und Simulation
Der Vergleich der Einstrahlung auf die Sekundärfassade, sowie in den Fassadenzwischenraum weist eine sehr gute Übereinstimmung zwischen den Messwerten und den
Ergebnissen der Simulation auf (s. Abb. 122). Der Gesamtstrahlungseintrag in den
Büroraum beträgt im Messzeitraum in der Simulation 186 Wh/m²d, in der Messung
167 Wh/m²d bezogen auf den m² Bürogrundfläche.
Globalstrahlungsvergleich West 1. - 21. Juli 2003
700
Globalstrahlung [W/m²]
600
500
400
300
200
100
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
außen West Messw erte
außen West Simulation
ZWR West Simulation
ZWR West Messw erte
Abb. 122: Vergleich der Globalstrahlungen West: Messwerte und Simulation außen und im ZWR
Der Vergleich der Zwischenraum- und der Raumtemperaturen zeigt insbesondere für
den Büroraum (s. Abbildung Abb. 123) eine sehr gute Übereinstimmung mit den
Messwerten. Ausgeschlossen wurden die grau unterlegten Tage mit Ostwind, an denen sich die Strömungsrichtung im Gebäude umkehrt, die Doppelfassade durch die
130
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
Querlüftung zur Abluftfassade wird und daher deutlich geringere gemessene Temperaturen im Büroraum und im Fassadenzwischenraum auftreten.
Temperaturvergleich Büroraum 1. - 21. Juli 2003
32
1000
30
Temperatur [°C]
28
800
26
24
600
22
20
400
18
16
200
14
12
Windrichtung [deg] Windspeed 20 * [m/s]
34
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
Büro 4.OG Messw erte
Büro 4. OG Simulation
Windrichtung
Windgeschw indigkeit
18
19
Abb. 123: Vergleich der Raumtemperaturen, orange 24-stündige Querlüftung am Wochenende
Zur Modellvalidierung wurde auch die Auswirkung eines reduzierten Luftwechsels im
Fassadenzwischenraum auf die Zwischenraum- und Raumtemperaturen mit den Messwerten verglichen (s. auch Kapitel 5.3, Fassadenzwischenraum und 5.4.3,
Öffnungsgrößen). Die Reduzierung der Luftwechselrate von 65 auf 20 h-1, einer Klappenstellung von 5° entsprechend, erhöht die Zwischenraumtemperaturen um im Mittel
fast 1 K über den gesamten Außentemperaturbereich. Die mittlere Raumtemperatur
erhöht sich dadurch um ca. 0,5 K. Diese Temperaturentwicklung entspricht den Messergebnissen.
Aufgetragen als Summenhäufigkeit der absoluten Abweichung von den Messwerten
ergeben sich im Büroraum Abweichungen von 1 K bis maximal 2 K an weniger als
20 % der Stunden und im Fassadenzwischenraum von 1 K bis maximal 3,5 K an weniger als 30 % der Stunden, wie Abb. 124 zeigt. Die Differenzen im
Fassadenzwischenraum resultieren aus den dort oft geringeren Tagesspitzentemperaturen an strahlungsreichen Tagen im Simulationsmodell. Der Einfluss auf die
Raumtemperatur ist gering, da sich Differenzen von mehr als 2 K nur an wenigen
Stunden am späten Nachmittag einstellen, die, sofern sie nicht außerhalb der Arbeitszeit liegen, nur mit einem ca. 2-fachen Luftwechsel Einfluss auf die Raumtemperatur
haben. Die Mittelwerte der Lufttemperaturen im Fassadenzwischenraum liegen um
0,4 K unter den Messwerten, im Raum sind die Mittelwerte nahezu gleich.
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
131
Summenhäufigkeit der absoluten Abweichung
100%
90%
Summenhäufigkeit [%]
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
0
0,5
1
1,5
2
2,5
Abw eichung vom Messw ert [K]
Fassadenzw ischenraum 4. OG
3
3,5
4
Büro 4.OG
Abb. 124: Summenhäufigkeit der Abweichung vom Messwert
Die Wärmebilanz für den Büroraum ergibt eine sehr gute Übereinstimmung mit den
Messwerten (s. Abb. 125). Dieser Abgleich zeigt, dass alle Parameter mit sehr hoher
Genauigkeit abgebildet werden können. Allein die Varianz der Luftwechselraten der
stichprobenartigen Messungen sowohl für den Luftwechsel aus einseitiger Lüftung am
Tage wie auch aus Querlüftung in der Nacht kann im Modell nicht abgebildet werden.
Das hohe Maß der Übereinstimmung der Raumlufttemperaturentwicklung rechtfertigt
jedoch die Annahme eines konstanten mittleren Luftwechsels.
Vergleich Wärmebilanz im Referenzraum
300
Wärmemenge [Wh/m²d]
200
100
0
-100
-200
-300
-400
interne Lasten
Solarstrahlung
Lüftung
Transmission
Simulation
259
186
-329
-119
Messung
259
167
-305
-111
Abb. 125: Wärmebilanz je m² Bürogrundfläche, Vergleich mit den Messwerten im Zeitraum der Validierung
Das Modell wurde schließlich um ein winterliches Lüftungs-, ein Kunstlicht- und ein
Heizungsprofil ergänzt. Die sich in der Simulation in der Winternacht einstellenden
Lufttemperaturen im Fassadenzwischenraum decken sich für den angenommenen
132
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
65-fachen Luftwechsel im Fassadenzwischenraum mit den Messergebnissen aus Abb.
115. Somit konnte das Modell auch für den winterlichen Betriebsfall validiert werden.
6.2
Variantenvergleich
Auf der Grundlage des validierten Simulationsmodells werden im Folgenden unterschiedliche Sanierungsvarianten mit Bsim 2002 Version 3,4,7,8 vom einfachen
Primärfassadensystem bis zum vollständig neuen Doppelfassadensystem und die
Bestandsfassade miteinander verglichen. Die Basisvarianten mit der Ziffer 2 beschreiben jeweils einen Büroraum auf der Südwest orientierten Hauptfassade des Gebäudes:
ƒ
Variante 2A:
Doppelfassade vor der sanierten Primärfassade
ƒ
Variante 2B:
Bestandsfassade
ƒ
Variante 2C:
Neue Primärfassade mit innenliegendem Sonnenschutz
ƒ
Variante 2D:
Neue Primärfassade mit außenliegendem Sonnenschutz
ƒ
Variante 2E:
Doppelfassade vor einer neuen Primärfassade
Die wesentlichen Randbedingungen werden auf der Grundlage dieser Basisvarianten
mit der Ziffer 3 - Lüftungsstrategie -, der Ziffer 4 - Öffnungsgrad der Sekundärfassade -,
der Ziffer 5 - Einschaltschwelle des Sonnenschutzes -, der Ziffer 6 - in den Fassaden
verwendete Gläser, der Ziffer 7 – Speichermassenaktivierung -, der Ziffer 8 - interne
Lasten - und der Ziffer 9 - Vergleich der Jahreswärmebilanz - variiert und miteinander
verglichen. Die Basisvariante 2A wird schließlich zur Untersuchung des Einflusses der
Ausrichtung für die Süd- und Westseite ausgewertet. Eine Kurzübersicht über die
Modellvarianten und die verwendeten Kurzbezeichnungen gibt Tabelle 55. Eine ausführliche Beschreibung der Modellvarianten befindet sich im Anhang Tab. 5.
Das instationäre thermische Verhalten wird mit zwei Datensätzen simuliert: mit dem in
der Modellvalidierung beschriebenen und verwendeten Datensatz für den Sommer
2003 (s. Kapitel 6.1.1; im Datensatze des DWD der Wetterstation Braunschweig Völkenrode wurden als Außenlufttemperaturen die Messwerte vor der Demonstrationsfassade eingesetzt) und den Testreferenz - Wetterdaten für Hannover (TRY 02).
Die Auswertung umfasst die Bewertung der sommerlichen Komfortbedingungen als
anteilige Überhitzungsstunden während der Betriebszeit. Ziel ist es, die Einflussgrößen
wesentlicher Randbedingungen und deren Kombinationen in Bezug auf den sommerlichen Überhitzungsschutz miteinander zu vergleichen und zu bewerten. Auf der
Grundlage des validierten Simulationsmodells soll so eine optimale Kombination u.a.
der Lüftungsstrategie, des Bauteilaufbaus, der Regelungsstrategie des Sonnenschutzes und der Speichermassenaktivierung in Abhängigkeit von der Größe der internen
Lasten abgeleitet werden. Diese Optimierung wird für unterschiedliche Sanierungsvarianten durchgeführt.
Im direkten Vergleich der Simulationsergebnisse der beiden verwendeten Datensätze
sollen auch die üblicherweise verwendeten Bewertungskriterien zur sommerlichen
Überhitzung auf der Grundlage von Test Reference Years bewertet werden.
Die Jahreswärmebilanz schließlich, berechnet auf der Grundlage des TRY 02, zeigt
das Einsparpotenzial der unter sommerlichen Bedingungen optimierten Doppelfassade
im Vergleich zum Bestand und den Sanierungsvarianten auf.
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
2A
Basis Südwest
133
Doppelfassade vor sanierter Primärfassade, nächtliche Querlüftung 6,5-fach
2B
Bestand innenliegender Sonnenschutz
2C
Neue Primärfassade innenliegender Sonnenschutz, nächtliche Querlüftung 6,5-fach
2D
Neue Primärfassade außenliegender Sonnenschutz, nächtliche Querlüftung 6,5-fach
2E
Doppelfassade vor neuer Primärfassade, nächtliche Querlüftung 6,5-fach
3A1
Einseitige Nachtlüftung 2-fach
(aus 2 A)
3A2
Lüftung
Keine Nachtlüftung
(aus 2 A)
3 A 3*
Einseitige Nachtlüftung, erweiterter temperaturabhängiger Regelungsbereich
(aus 2 A)
3 A 4*
Nächtliche Querlüftung, erweiterter temperaturabhängiger Regelungsbereich
3 A 5*
7 Tage 24-h Querlüftung
(aus 3 A 4)
3 A 6*
7 Tage 24-h keine Lüftung
(aus 3 A 2)
3C1
Einseitige Nachtlüftung 2-fach
(aus 2 C)
3C2
Keine Nachtlüftung
(aus 2 C)
(aus 2 A)
3D1
Einseitige Nachtlüftung 2-fach
(aus 2 D)
3D2
Keine Nachtlüftung
(aus 2 D)
4A1
Öffnungsgrad
4A2
5A1
Sonnenschutz
5A2
6A1
Glas
Sekundärfassade Klappenstellung 5°, LW im Fassadenzwischenraum 20 h-1
(aus 2 A)
Sekundärfassade Klappenstellung 30°, LW im Fassadenzwischenraum 100 h-1
(aus 2 A)
Einschaltschwelle 180 W/m²
(aus 2 A)
Einschaltschwelle 250 W/m²
(aus 2 A)
Primärfassade IPASOL 66/34
(aus 2 A)
Sekundärfassade ESG grün 62/48
(aus 2 A)
Ohne abgehängte Decke
(aus 2 A)
7C1
Ohne abgehängte Decke
(aus 2 C)
7D1
Ohne abgehängte Decke
(aus 2 D)
6A2
7A1
8A1
Speicher
Arbeitshilfen
8A2
9 A 1**
Wärmebilanz
Reduziert auf 50 W/Person
(aus 3 A 1)
Erhöht auf 250 W/Person
(aus 7 A 1)
Einschaltschwelle im Winter 250 W/m²
9 C 1**
Sanierte Primärfassade
* nur Simulation Sommer 2003
** nur Jahressimulation TRY 02
(aus 2 A)
(aus 2 C)
Tabelle 55: Kurzübersicht der Modellvarianten
6.2.1 Randbedingungen
Als Basisvariante 2 wird ein einseitig belichtetes Standardbüro auf der Südwestseite
der Hauptfassade des Gebäudes abgebildet. Die Geometrie der Basisvariante 2A ist
vereinfacht in Abb. 126 dargestellt.
Als Standardarbeitszeit werden 11 h/d von 7:00 bis 18:00 Uhr angenommen. Die mittlere interne Wärmelast beträgt 180 Wh/m²d. Sie geht von einem hohen
Technisierungsgrad von 150 W/Person an 9 h/d von 8:00 bis 17:00 Uhr und einer
Arbeitsplatzdichte je Person von 15 m²NF/Person aus. Die übrige Zeit und am Wochenende werden 50 W/Person angesetzt. Die interne Wärmelast wird für einen
geringen und überdurchschnittlichen Technisierungsgrad von 50 bzw. 250 W/Person
entsprechend 90 bzw. 275 Wh/m²d variiert. Die Heizgrenztemperatur wird mit 15 °C
Außentemperatur angenommen, die Heizperiode von September bis Mai. Die operative
134
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
Raumtemperatur wird mit 21 °C während der Betriebszeit und einer Nacht- von 18:00
bis 7:00 Uhr und Wochenendabsenkung auf 17 °C angenommen. Die installierte Heizleistung beträgt 300 W/lfdm Fassade.
thermische Zonen:
4. OG Büro
4. OG Doppelfassade
Abb. 126: Modellgeometrie des Basis-Simulationsmodells 2A
Die Lüftungsstrategie unterscheidet am Tag in den Basisvarianten zwischen den Fassadensystemen. Es kann wie die Umfrageergebnisse zeigen, davon ausgegangen
werden, dass ein Nutzer sein Lüftungsverhalten den sich einstellenden Raumtemperaturen anpasst. Wochenweise wurden so Lüftungsprofile erstellt, die einen 2-fachen
Luftwechsel mit einseitiger Lüftung während der Nutzungszeit ansetzen, wenn die
Raumtemperaturen 25 °C überschreiten. Dieser 2-fache Luftwechsel entspricht dem
Mittelwert der stichprobenartigen Messungen im Sommer 2003. So ist z.B. für die
Varianten mit neuer Primärfassade schon im Frühjahr und Herbst ein 2-facher Luftwechsel sinnvoll, da die Strahlungseinträge nicht durch entsprechende
Transmissionsverluste ausgeglichen werden können. Aufgrund der zur Verfügung
stehenden großen Temperaturdifferenz können die Wärmeeinträge bereits mit einseitiger Lüftung abgelüftet werden, ohne gleichzeitig die Heizgrenztemperatur zu
unterschreiten. In der übrigen Zeit wird der erforderliche Luftvolumenstrom mit
30 m³/Person während 8 h/d angenommen.
Eine manuelle Nachtlüftung müsste für jede Variante individuell angepasst werden, da
unterschiedliche Raumtemperaturniveaus in den einzelnen Modellen zu erwarten sind.
Es wird daher ein automatisiertes Nachtlüftungsprofil von Mai bis September in den
Kalenderwochen 19 bis 40 eingesetzt, um einen Vergleich der einzelnen Varianten
untereinander zu gewährleisten. Als Auslöseschwelle wird eine Raumlufttemperatur
von 25 °C angenommen, da davon ausgegangen werden kann, dass ein Nutzer diese
Raumtemperatur als Überhitzung empfindet und die Nachtlüftung aktiviert. Für die
nächtliche Querlüftung ist eine Nachtamplitude im Büroraum von ca. 5 K erreichbar, so
dass eine Auskühlung bis 20 °C eine sehr gute Ausnutzung des Kühlpotenzials beschreibt. Für die einseitige Lüftung liegt die mittlere Nachamplitude bei ca. 3 K, so dass
eine Auskühlung bis 22 °C diese Lüftungsstrategie sehr gut beschreibt. Dies gilt für alle
Varianten mit abgehängter Decke. Die Varianten mit freigelegter Decke weisen bei
nächtlicher Querlüftung aufgrund der höheren Dämpfung eine mittlere Amplitude von
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
135
4 K auf, so dass eine Auskühlung bis 21 °C die manuelle Lüftungsstrategie sehr gut
beschreibt.
Die Vollaststunden des Kunstlichts betragen 1000 h/a im Bestand (8:00 bis 12:00 Uhr
und 13:00 bis 17:00 Uhr von Oktober bis März) und 650 h/a nach der Sanierung (8:00
bis 10:00 Uhr und 14:00 bis 17:00 Uhr von Oktober bis März).
Die neue Primärfassade wird als Aluminium Pfosten-Riegel Konstruktion mit einem
UW=1,4 W/m²K angenommen. Der Glasflächenanteil im 4,5 m tiefen Basisbüro beträgt
46,5 %, der Rahmenanteil wurde aus den Maßen der Bestandsfassade mit 25 % angesetzt. Die Randbedingungen der Basisvariante 2A sind vereinfacht in tabellarischer
Übersicht in Tabelle 56 dargestellt.
2A
SW
Fassade Büro
Verglasung außen
LW im ZWR
Heizung
Kühlung
Lüftung
Infiltration
Personen
Arbeitshilfen
Beleuchtung
Sonnenschutz
Wärmeschutzverglasung WSV, U - Wert 1,1 W/m²K, g - Wert 0,57, RMG 2.2;
Brüstungspaneel U - Wert 0,5 W/m²K, Stütze U - Wert 0,65 W/m²K
ESG 10mm, U - Wert 5,8 W/m²K, g - Wert 0,8
-1
65 h entsprechend einer 10° Klappenstellung
TO*
TO*
Soll - Raumtemperatur Sept. bis Mai Mo - Fr 7 - 18 Uhr 21 °C , sonst 17 °C
-1
Nachtlüftung 6,5 h , automatisiert Mai - Sept. Mo - Fr 17 - 8 Uhr und Sa - So 0 24 Uhr ab einer Raumtemperatur >25 °C, Auskühlung bis 20 °C wenn ϑa+1<ϑi
-1
Natürliche Lüftung über Doppelfassade; KW 23 - 36 Mo - Fr 8 - 17 Uhr n = 2 h ;
sonst Mo - Fr 8 - 12 und 13 - 17 Uhr 30 m³/Person
-1
Durchgehend 0,15 h
Arbeitsplatzdichte 15 m²HNF/Person, Mo - Fr 8 - 12 und 13 - 17 Uhr
150 W/Person Mo - Fr 8 - 17 Uhr, sonst 50 W/Person
Nennbeleuchtungsstärke 500 lx, zweireihig abgependelt manuell, installierte
Lampenleistung 11 W/m², 650 Vollaststunden
Sonnenschutz in der Doppelfassade mit einem FC - Wert von 0,1 wirksam ab
einer Einstrahlung von 120 W/m²
* OP operative Raumtemperatur
Tabelle 56: Randbedingungen des Basis-Simulationsmodells 2A
6.2.2 Sommerliche Überhitzung Datensatz Sommer 2003
Um das sommerliche Verhalten der Sanierungsvarianten untereinander zu vergleichen,
wird zunächst der als Rekordsommer geltende Sommer 2003 betrachtet. Für die beschriebenen Varianten werden die Überhitzungsanteile während der Betriebszeit im
Sommer für Außentemperaturen von mehr als 26 °C und die maximalen Raumtemperaturen, wie in Abb. 127 und 129 dargestellt, berechnet. Die Außentemperatur selbst
beträgt maximal 37,9 °C und weist einen Überhitzungsanteil von 29,5 % auf. Ziel ist es
zum einen, die Anzahl der sommerlichen Überhitzungsstunden zu begrenzen und bei
hohem Außentemperaturniveau möglichst hohe Untertemperaturen im Raum zu erreichen. Zum anderen soll die Raumtemperatur auf einen Maximalwert begrenzt werden.
Die Modellvarianten, die die sommerliche Überhitzung auf ein sinnvolles Maß begrenzen, erreichen Maximaltemperaturen von ca. 32 °C bis 34 °C und liegen damit um
mehr als 4 K unter der maximalen Außentemperatur. Der Überhitzungsanteil sollte mit
ca. 34 bis 40 % um nicht mehr als 10 % über dem der Außenluft liegen.
Farbig hervorgehoben sind in der Übersicht die Basisvarianten zum Vergleich mit dem
rot dargestellten Gebäudebestand (2B). Die Doppelfassade vor der sanierten Primärfassade ist grün (2A) und cyan (7A1) mit aktivierten Speichermassen dargestellt, ocker
die neue Primärfassade mit innenliegendem Sonnenschutz (2C), gelb die neue Primärfassade mit außenliegendem Sonnenschutz (2D) und blau die Doppelfassade vor einer
neuen Primärfassade (2E).
136
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
Sommer 2003 maximale Temperaturen [°C Betriebszeit]
44
40
40
39
39
38
Temperatur [°C]
38
38
37
36
36
36
35
35
34
34
34
33
34
34
33
35
34
34
33
33
33
33
33
33
33
32
32
8A2
8A1
7D1
7C1
7A1
6A2
6A1
5A2
5A1
4A2
4A1
3D2
3D1
3C2
3C1
3A4
3A3
3A2
2E
3A1
2D
2B
2C
2A
Außen
32
Varianten
Abb. 127: Variantenvergleich maximaler Raumtemperaturen im Sommer 2003
Sommer 2003 Überhitzungsanteile [% >26°C Betriebszeit]
100
100
90
84
77
80
62
50
50
30
46
46
40
37
53
53
38
36
33
30
43
36
32 34
6A2
57
60
6A1
Überhitzung [%]
70
40
100
93
35
39
44
20
10
8A2
8A1
7D1
7A1
7C1
5A2
5A1
4A2
4A1
3D2
3D1
3C2
3C1
3A4
3A3
3A2
3A1
2E
2D
2C
2B
2A
Außen
0
Varianten
Abb. 128: Variantenvergleich der Überhitzungsstunden >26° im Sommer 2003
Im Folgenden werden die Optimierungsmöglichkeiten dieser Basisvarianten durch die
Veränderung einzelner Randbedingungen näher beschrieben.
Vergleich der Fassadensanierungsvarianten
Eine nächtliche Querlüftung, die Stellmotoren an den Fenstern erfordert, ist für die
Sanierungsvarianten mit neuen, einfachen Primärfassaden mit innen- (vgl. 2C nächtliche Querlüftung, 3C1 einseitige Nachtlüftung, 3C2 keine Nachtlüftung) oder
außenliegendem (vgl. Abb. 127 und 128, 2D nächtliche Querlüftung, 3D1 einseitige
Nachtlüftung, 3D2 keine Nachtlüftung) Sonnenschutz unverzichtbar. Bei innenliegendem Sonnenschutz muss zudem auf eine abgehängte Decke vollständig verzichtet
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
137
werden (7C1), um die Raumtemperaturen nicht über 34 °C bei einem Überhitzungsanteil von 43 % ansteigen zu lassen. Diese Variante erreicht die Grenzen passiver
Kühlung. Die Tagestemperaturspitzen der Einfachfassade mit außenliegendem Sonnenschutz (2D) liegen in der wärmsten Woche geringfügig, diejenigen der
Einfachfassade mit innenliegendem Sonnenschutz (2C) mehr als 3 K über Werten für
die Basisvariante 2A (s. Abb. 129). Fast kein Unterschied bezüglich der sommerlichen
Überhitzung weder im Hinblick auf die maximalen Raumtemperaturen noch bezüglich
der Überhitzungsanteile besteht zwischen der Doppelfassade vor einer sanierten Primärfassade (Basisvariante 2A) und vor einer neuen Primärfassade (2E).
40
800
35
700
30
600
25
500
20
400
15
300
10
200
5
100
0
4.8.
Globalstrahlung [W/m²]
Temperaturen [°C] / Luftwechsel [h-1]
KW 32 2003 Vergleich der Fassadensanierungsvarianten
0
5.8.
6.8.
7.8.
8.8.
9.8.
10.8.
2A
2C
2D
Außentemperatur
2 A Luftw echsel
2 C Luftw echsel
2 D Luftw echsel
Globalstrahlung West
Abb. 129: Vergleich der Sanierungsvarianten in der wärmsten Sommerwoche
Lüftungsstrategie
Auch für die Doppelfassade vor der sanierten Primärfassade ist eine nächtliche Querlüftung unverzichtbar (vgl. Abb. 127, 128 und Abb. 130, 2A nächtliche Querlüftung, 3A1
einseitige Nachtlüftung, 3A2 keine Nachtlüftung). Mit nächtlicher Querlüftung beträgt
bei einer maximalen Raumtemperatur von 33 °C der Überhitzungsanteil 37 %. Die
einseitige nächtliche Lüftung ist mit einem Überhitzungsanteil von 57 % für die Begrenzung der sommerlichen Überhitzung ungeeignet. Im Vergleich dieser beiden
Lüftungsstrategien zeigt sich der sehr große Einfluss des Nutzerverhaltens bei nicht
automatisierten Lüftungseinrichtungen. Die Differenz der sommerlichen Überhitzungsanteile liegt bei ca. 20 %. Erst eine Reduzierung der internen Lasten aus Arbeitsmitteln
auf 50 W/Person (vgl. 8A1) begrenzt den Überhitzungsanteil im Raum bei einseitiger
Nachtlüftung auf 39 %. Dies entspricht einer Halbierung der internen Lasten im Vergleich zur Basisvariante 2A von 180 auf 90 Wh/m²d, erreicht durch energiesparendsten
Geräteeinsatz und geringsten Stand-by Verbräuchen oder bei Sondernutzungen
(s. Abb. 130).
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
KW 32 2003 Vergleich einseitige- und nächliche Querlüftung
Temperaturen [°C] / Luftwechsel [h-1]
40
800
35
700
30
600
25
500
20
400
15
300
10
200
5
100
0
Globalstrahlung [W/m²]
138
0
1
25
49
73
97
121
145
2A
3A1
8A1
Außentemperatur
2 A Luftw echsel
3 A 1 Luftw echsel
8 A 1 Luftw echsel
Globalstrahlung West
Abb. 130: Vergleich von einseitiger und nächtlicher Querlüftung in der wärmsten Sommerwoche
Zur Bestimmung einer Wochenendlüftungsstrategie werden die Varianten für keine,
einseitige Dauerlüftung sowie Dauerquerlüftung in der wärmsten Sommerwoche miteinander verglichen (s. Abb. 131 und Kapitel 5.4.2, Zusammenfassung). Die
Tageshöchsttemperaturen der 24-stündigen Querlüftung (3A5) liegen unter den Temperaturen der einseitigen 24-stündigen Lüftung (3A3). Die größere Tagesamplitude der
Querlüftungsstrategie von 6 bis 7 K sorgt für die zu Beginn der Betriebszeit angenehmeren Raumtemperaturen. Als Wochenendlüftungsstrategie wird dem Nutzer daher für
warme Sommertage eine 24-stündige Querlüftung empfohlen.
KW 32 2003 Vergleich keine, einseitige- und Dauerquerlüftung
800
35
700
30
600
25
500
20
400
15
300
10
200
5
100
0
4.8.
Globalstrahlung [W/m²]
Temperaturen [°C] / Luftwechsel [h-1]
40
0
5.8.
6.8.
7.8.
8.8.
9.8.
10.8.
3A3
3A5
3A6
Außentemperatur
3 A 3 Luftw echsel
3 A 5 Luftw echsel
3 A 6 Luftw echsel
Globalstrahlung West
Abb. 131: Vergleich unterschiedlicher Lüftungsstrategien in der wärmsten Sommerwoche
Im Abgleich mit den Messergebnissen zeigt die 24-stündige Querlüftung (3A5) auch in
der Simulation gegenüber der nächtlichen Querlüftung (2A) eine um bis zu 1 K höhere
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
139
Spitzentemperatur am Tag (s. Kapitel 5.4.2, Lüftungsstrategie). Die Raumtemperaturen
gleichen sich jedoch im Verlauf der Nacht wieder einander an.
Öffnungsgrad Sekundärfassade
Die Basisvariante 2A bildet mit einem Luftwechsel von 65 h-1 die Demonstrationsfassade in einer Klappenstellung von 10° ab. Die Fassadenzwischenraumtemperaturen der
Basisvariante 2A gleichen sich der Außentemperatur ab ca. 30 °C an (s. Abb. 137).
Dies entspricht den in Kapitel 5.4.1 beschriebenen Ergebnissen der Temperaturmessungen im Fassadenzwischenraum. Der Öffnungsgrad der Sekundärfassade wird für
eine Klappenstellung von 5° mit einem 20-fachen Luftwechsel im ZWR (4A1) und für
eine Klappenstellung von 30° mit einem 100-fachen Luftwechsel im ZWR (4A2) variiert.
Es zeigt sich in der Variante 4A1 eine deutliche Übertemperatur im Fassadenzwischenraum. Sie beträgt bis zu einer Außentemperatur von 30 °C im Mittel ca. 2 K. Diese
Übertemperatur baut sich auch nachts nicht ab. Bei Außentemperaturen von mehr als
30 °C gleichen sich die Zwischenraumtemperaturen der Außentemperatur an. Der
Einfluss auf die Raumtemperatur ist über den gesamten Außentemperaturbereich mit
ca. 0,8 K deutlich geringer. Dies entspricht den Ergebnissen der Messungen in Kapitel
5.4.3 mit Übertemperaturen von 1,5 K im ZWR und einer Erhöhung des Raumtemperaturniveaus von 0,5 K als Ergebnis des Vergleichs der 5° mit der 10° Klappenstellung.
Die Reduzierung des Luftwechsels im ZWR von 65 h-1 auf 20 h-1 erhöht den sommerlichen Überhitzungsanteil deutlich um 9 % auf 46 % aufgrund der um ca. 0,8 K höheren
Raumtemperaturen.
Die Erhöhung des Luftwechsels im ZWR von 65 h-1 auf 100 h-1 reduziert die sommerliche Überhitzung hingegen nur um gut ca. 1 %. Eine Reduzierung des Luftwechsels im
ZWR von 65 h-1, einer Klappenstellung von 10° entsprechend, ist also auch nach den
Ergebnissen der Simulation nicht sinnvoll.
Sonnenschutz
Die Auslöseschwelle des Sonnenschutzes sollte ca. 120 W/m² betragen, da der größere solare Eintrag schnell zu einer größeren Anzahl von Überhitzungsstunden führt. Die
Variante 5A1 mit einer Auslöseschwelle von 180 W/m² erhöht die Anzahl der Überhitzungsstunden um 9 % auf 46 % im Vergleich zu Basisvariante 2A, die Variante 5A2 bei
einer Auslöseschwelle von 250 W/m² sogar auf 53 %. Dieser Parameter ist zwar vor
Ort einfach einzustellen und zu verändern, jedoch können ungenaue, verschmutzte
oder falsch platzierte Sensoren zu erheblichen Abweichungen von der Planung führen.
Empfehlenswert ist eine Kalibrierung der Fühler. Die Nutzerakzeptanz automatisierter
Sonnenschutzsysteme als wichtiger Bestandteil der Umsetzung der Planungsziele
setzt die Möglichkeit der Übersteuerung durch den Nutzer für einen ausreichenden
Zeitraum voraus. Diese nur scheinbar einfache Planungsanforderung ist ein wesentlicher Bestandteil der Maßnahmen zur Reduzierung der sommerlichen Überhitzung.
Bauteilvarianten
Der Austausch der Wärmeschutzverglasung gegen eine Sonnenschutzverglasung
(6A1) in der Primärfassade hat so gut wie keine Auswirkung auf das Raumtemperatur-
140
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
niveau, da der vor der Primärfassade verbleibende Strahlungsanteil bei aktiviertem
Sonnenschutz schon sehr gering ist (s. Kapitel 5.1, Externe Lasten). Die höheren
Baukosten und die geringere Tageslichttransmission sprechen gegen den Einsatz
einer Sonnenschutzverglasung. Die Reduzierung des g - Werts in der Sekundärfassade von 0,8 auf 0,48 durch den Einsatz von farbigem ESG z.B. „Interpane Planibel grün“
in der Variante 6A2 reduziert den Überhitzungsanteil auf nur noch 32 %. Das Raumtemperaturniveau liegt über den gesamten Außentemperaturbereich leicht unter den
Werten der Basisvariante 2A (s. Abb. 132). Gleichzeitig wird allerdings auch die Tageslichttransmission von 87 % auf 62 % reduziert, so dass sich der Einsatzbereich auf mit
ausreichend Tageslicht versorgte Büroräume beschränkt, die auch bei heruntergelassenem Sonnenschutz kein Kunstlicht benötigen. Nicht zuletzt ist der Einsatz eines
grünen Glases auch eine gestalterische und städtebauliche Frage.
40
800
35
700
30
600
25
500
20
400
15
300
10
200
5
100
0
4.8.
Globalstrahlung [W/m²]
Temperaturen [°C] / Luftwechsel [h-1]
KW 32 2003 Bauteilvergleich
0
5.8.
6.8.
7.8.
8.8.
9.8.
10.8.
2A
6A2
Außentemperatur
2 A Luftw echsel
6 A 2 Luftw echsel
Globalstrahlung West
Abb. 132: Bauteilvergleich mit der Basisvariante in der wärmsten Sommerwoche
Speichermassenaktivierung
Das Freilegen der Betondecke in der Variante 7A1 reduziert den sommerlichen Überhitzungsanteil gegenüber der Basisvariante 2A von 37 % auf nur noch 34 %. Die
Reduzierung der Tagestemperaturamplitude um mindestens 1,5 K in der wärmsten
Woche (s. Abb. 133) führt zu geringeren Tages- und höheren Nachttemperaturen. Die
maximale Tagestemperatur beträgt während der Betriebszeit im Sommer nur 32 °C.
Der Verzicht auf eine abgehängte Decke ist eine einfach zu realisierende Variante mit
geringer sommerlicher Überhitzung.
Die Sanierungsvarianten mit einfacher Primärfassade reduzieren mit dieser Maßnahme
den Überhitzungsanteil von 50 % (2C) auf 43 % (7C1) bzw. von 40 % (2D) auf 35 %
(7D1). Die Variante mit innenliegendem Sonnenschutz (7C1) bleibt aber trotz nächtlicher Querlüftung und Speichermassenaktivierung kritisch im Hinblick auf die
sommerliche Überhitzung.
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
141
40
800
35
700
30
600
25
500
20
400
15
300
10
200
5
100
0
4.8.
Globalstrahlung [W/m²]
Temperaturen [°C] / Luftwechsel [h-1]
KW 32 2003 Vergleich Speichermassenaktivierung
0
5.8.
6.8.
7.8.
8.8.
9.8.
10.8.
2A
7A1
Außentemperatur
2 A Luftw echsel
7 A 1 Luftw echsel
Globalstrahlung West
Abb. 133: Vergleich der Speicheraktivierung mit der Basisvariante in der wärmsten Sommerwoche
Interne Lasten
Die Grenze passiver nachtgekühlter Systeme zeigt die Erhöhung der internen Lasten in
der Variante mit freigelegten Speichermassen 7A1 auf. Sie wurden von 150 W/Person
entsprechend 180 Wh/m²d auf 250 W/Person entsprechend 275 Wh/m²d in der Variante 8A2 erhöht und liegen damit in fast gleicher Größenordnung wie im Büroraum der
Demonstrationsfassade. Dies führt erwartungsgemäß zu einer Erhöhung des Raumtemperaturniveaus und zu einer Steigerung des Überhitzungsanteils um 10 % auf
44 %. Eine Unterstützung durch aktive Kühlsysteme wird hier erforderlich sein. Im
Variantenvergleich ist für die wärmste Sommerwoche in Abb. 134 auch die Doppelfassaden-Basisvariante 2A dargestellt.
40
800
35
700
30
600
25
500
20
400
15
300
10
200
5
100
0
Globalstrahlung [W/m²]
Temperaturen [°C] / Luftwechsel [h-1]
KW 32 2003 Vergleich interne Lasten
0
1
25
49
73
97
121
145
2A
7A1
8A2
Außentemperatur
2 A Luftw echsel
7 A 1 Luftw echsel
8 A 2 Luftw echsel
Globalstrahlung West
Abb. 134: Vergleich der internen Lasten mit der Basisvariante in der wärmsten Sommerwoche
142
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
Orientierungsabhängigkeit
Zur Überprüfung der auf der Grundlage der Messergebnisse in Kapitel 5.1, Externe
Lasten getroffenen Annahme, dass der Strahlungseintrag im Raum orientierungsunabhängig ist, wurde das Modell 2A, Doppelfassade vor der sanierten Primärfassade, für
eine Süd-, Südwest- und Westorientierung berechnet. Die Varianten unterscheiden
sich von Süd nach West zunehmend um jeweils 1 % sommerlichen Überhitzungsanteil
bei gleichbleibender maximaler Raumtemperatur von 33,5 °C. Der Überhitzungsanteil
liegt bei 36 % für das südorientiert Büro und bei 38 % für das westorientiert Büro. Der
solare Eintrag in den Raum steigt von Süd nach West um ca. 10 Wh/m²d. Zwar nimmt
die außen anliegende Globalstrahlungssumme auf der Westseite wieder ab, jedoch hat
der diffuse Strahlungsanteil am Vormittag einen höheren Anteil an der Strahlungssumme im Raum als der Eintrag bei aktiviertem Sonnenschutz. Die Orientierung der
Räume ist also nur von untergeordneter Bedeutung (s. Abb. 135).
Sommer 2003 Summenhäufigkeit Orientierung
38
36
34
Lufttemperatur [°C]
32
30
28
26
24
22
20
18
0%
10 %
20 %
30 %
Außentemperatur
40 %
50 %
2 A Süd
60 %
70 %
2 A Südw est
80 %
90 %
100 %
2 A West
Abb. 135: Vergleich der Summenhäufigkeit unterschiedlicher Orientierungen des Simulationsmodells
Lokales Mikroklima
Um die Auswirkung des lokalen Mikroklimas auf die Überhitzungsanteile aufzuzeigen,
wurde die Variante 2A auch mit den Außentemperaturen der Wetterstation des DWD
Braunschweig Völkenrode simuliert (s. Abb. 136).
Die Außenlufttemperaturerhöhung aufgrund des lokalen Mikroklimas (s. Kapitel 5.1,
Witterungsvergleich, Tabelle 48) führt zu einer Reduzierung des Außentemperaturüberhitzungsanteils von 29,5 % auf 23 % und im Büroraum von 37 % auf 25 %. Damit
liegt der Überhitzungsanteil des Büroraums nur noch geringfügig über dem der Außentemperatur. Die Maximaltemperaturen sinken außen und im Büroraum um jeweils mehr
als 2 K auf 35,5 °C Außenlufttemperatur und 31,2 °C Raumtemperatur. Die maximale
Raumtemperatur bleibt damit für beide Datensätze um mehr als 4 K unter der Außentemperatur.
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
143
Sommer 2003 Summenhäufigkeit lokales Mikroklima
38
36
34
Lufttemperatur [°C]
32
30
28
26
24
22
20
18
0%
10 %
20 %
30 %
Außentemperatur
40 %
50 %
Außen DWD
60 %
70 %
2 A Südw est
80 %
90 %
100 %
2 A SW DWD
Abb. 136: Vergleich der Summenhäufigkeit unterschiedlicher Außentemperaturdatensätze
Diese deutlichen Unterschiede zeigen, dass ein wichtiges Kriterium zur Bewertung der
Ergebnisse einer thermischen Simulation die Berücksichtigung des lokalen, städtischen
Mikroklimas ist. Prognosen über die zu erwartenden Raumtemperaturen erfordern
einen der geografischen Situation entsprechenden Außentemperaturdatensatz.
Zusammenfassung
Die Doppelfassadenvarianten 2A und 2E eignen sich als Systeme mit freier Lüftung
und passiver Nachtkühlung in der Hochhaussanierung zur Gewährleistung des sommerlichen Überhitzungsschutzes, wenn die internen Lasten ca. 180 Wh/m²d nicht
überschreiten und eine nächtliche Querlüftung realisiert wird. Die zusätzliche Aktivierung von Speichermassen ist eine sinnvolle Optimierungsmöglichkeit. Die
Überhitzungsanteile der Raumtemperaturen während der 11-stündigen Betriebszeit
von mehr als 26 °C in der Sommermonaten liegen für diese Varianten zwischen 34 und
38 %. Die Raumtemperaturen überschreiten 33,5 °C nicht und liegen damit um 4,5 K
unter der höchsten Außentemperatur.
Eine einseitige Nachtlüftung kann mit Speichermassenaktivierung nur für Sondernutzungen mit geringem technischen Ausstattungsstandard bis zu internen Lasten von ca.
90 Wh/m²d (8A1) eingesetzt werden. Besondere Nutzungen mit internen Lasten von
mehr als ca. 275 Wh/m²d (8A2) werden eine unterstützende Kühlung erfordern.
Doppelfassaden stehen Einfach – Primärfassadensystemen mit außenliegendem
Sonnenschutz, der an hohen Gebäuden meist nicht realisierbar ist (2D) nicht nach.
Primärfassaden mit innenliegendem Sonnenschutz (2C) erreichen trotz nächtlicher
Querlüftung und Speichermassenaktivierung die Grenze passiver nachtgekühlter Systeme.
Die Simulationen bestätigen die Messergebnisse der Demonstrationsfassade: Klappenstellungen in der Sekundärfassade von weniger als 10° sind nicht sinnvoll, die ZWR
Temperaturen gleichen sich der Außentemperatur ab ca. 30 °C an. Aufgrund der geringen Strahlungseinträge ist die Orientierung von untergeordneter Bedeutung. Eine
144
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
Prognose der im Sommer zu erwartenden Raumtemperaturen kann nur unter Berücksichtigung des lokalen Mikroklimas erfolgen. Der Variantenvergleich zeigte, dass die
Einschaltschwelle des Sonnenschutzes mit ca. 120 W/m² so gering wie möglich gewählt werden sollte.
In der folgenden Abb. 137 sind die Raumtemperaturen der Doppelfassadenvarianten
als Temperaturdifferenzen über der Außentemperatur mit linearen Trendlinien dargestellt. Maß für den sommerlichen Überhitzungsschutz ist die Außentemperaturgleiche,
von der an die Raumtemperaturen unter der Außentemperatur liegen, und die Steigung
der Trendlinie. Für die Variante 7A1 z.B. liegt diese Außentemperaturgleiche bei ca.
27 °C. Die größere Neigung der Trendlinie im Vergleich zu den Basisvarianten 2A und
2D ist in der durch die Speichermassenaktivierung hervorgerufenen kleineren Tagestemperaturamplitude begründet. Die Neigung beträgt 0,5 bis 1 K/°C.
Sortierte Temperaturmittelwerte als Differenzen über der
Außentemperatur Sommer 2003
4
Temperaturdifferenz [K]
2
0
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
-2
-4
-6
Außentemperatur [°C]
ZWR 2 A
2A
2D
7A1
Abb. 137: sortierte Temperaturdifferenzen während der Betriebszeit im Sommer 2003
6.2.3 Sommerliche Überhitzung Datensatz Sommer TRY 02
Die Simulationsergebnisse für den Datensatz des Sommers 2003 werden im Folgenden den Ergebnissen gegenübergestellt, die mit dem üblicherweise für thermische
Simulationen verwendeten Datensatz des TRY berechnet werden (s. auch Kapitel 5.1,
Witterungsvergleich Tabelle 48). In den Abb. 138 und 139 sind in einer Variantenübersicht die maximalen Temperaturen und die Überhitzungsanteile dargestellt. Farbig
hervorgehoben sind wie schon in der Auswertung für den Sommer 2003 die Basisvarianten zum Vergleich mit dem rot dargestellten Gebäudebestand (2B).
Die mittleren monatlichen Außenlufttemperaturen des TRY liegen in den Sommermonaten um 4-5 K unter den am Gebäude gemessenen (vgl. Tabelle 48).
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
145
TRY 02 Sommer maximale Temperaturen [°C Betriebszeit]
36
34
33
33
Temperatur [°C]
32
31
31
31
31
31
30
29
29
29
29
28
28
27
29
28
28
28 27 28
27
27
27 27
27
27
26
8A2
8A1
7D1
7C1
7A1
6A2
6A1
5A2
5A1
4A2
4A1
3D2
3D1
3C2
3C1
3A2
2E
3A1
2D
2C
2B
2A
Außen
26
Varianten
Abb. 138: Variantenvergleich maximaler Temperaturen Sommer TRY 02
Die Außenlufttemperatur des TRY 02 weist einen Überhitzungsanteil von 8 % und ein
Temperaturmaximum von 31,2 °C auf. Die Ergebnisse des Sommers 2003 finden sich
auch im TRY 02 auf niedrigerem Niveau wieder. Die Modellvarianten, die auch in diesem Fall die sommerliche Überhitzung auf ein sinnvolles Maß begrenzen, erreichen
Maximaltemperaturen von ca. 26 °C bis 29 °C und liegen damit um mehr als 2 K unter
der maximalen Außentemperatur. Wenn ihr Überhitzungsanteil mit bis zu 8 % den der
Außentemperatur nicht überschreitet, gewährleisten sie gute sommerliche Komfortbedingungen.
TRY 02 Sommer Überhitzungsanteile [% >26°C Betriebszeit]
29
28
30
89
68
27
Überhitzung [%]
25
20
17
14
15
11
10
8
8
6
4
5
9
8
7
9
6
4
3
4
3
1
0
8A2
8A1
7D1
7C1
7A1
6A2
6A1
5A2
5A1
4A2
4A1
3D2
3D1
3C2
3C1
3A2
3A1
2E
2D
2C
2B
2A
Außen
0
Varianten
Abb. 139: Variantenvergleich der Überhitzungsstunden >26° Sommer TRY 02
Die Doppelfassadenvarianten 2A und 2E eigenen sich wie zuvor bereits für den Datensatz des Sommers 2003 zur Gewährleistung des sommerlichen Überhitzungsschutzes.
146
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
Dabei können sogar die Grenzen nach DIN 1946 fast zu jederzeit eingehalten werden
(vgl. Abb. 140).
Vergleich Sommer 2003 / TRY 02
40
Raumtemperatur [°C]]
35
30
25
20
15
15
20
25
30
35
40
Außentemperatur [°C]
2 A Sommer 2003
2 A TRY 02
Grenzen nach DIN 1946
Temperaturgleiche
Abb. 140: Vergleich der Basisvariante 2A für die über Außentemperatur sortieren Temperaturwerte während der Betriebszeit in den Sommermonaten
Die Speichermassenaktivierung ist wiederum eine sinnvolle Optimierung. Auch hier
steht die Doppelfassade einem einfachen Primärfassadesystem mit außenliegendem
Sonnenschutz in Variante 2D nicht nach. Die Vergleiche bezüglich des Öffnungsgrads
der Sekundärfassade, des Sonnenschutzschwellwerts und der Bauteilvarianten zeigen
die gleichen Veränderungen auf geringerem Niveau. Die Zwischenraumtemperatur
gleicht sich auch im TRY 02 ab ca. 30 °C der Außentemperatur an. Bei Außentemperaturen von mehr als 25 °C bis 26 °C liegen die Raumtemperaturen unter dieser; die
Temperaturgleiche liegt um 2 K unter den Ergebnissen des Sommers 2003.
Aufgrund des geringen Außentemperaturniveaus ist der Anteil der Transmissionswärmeverluste an der Wärmebilanz jedoch um mehr als das Doppelte gestiegen. Die
solaren Gewinne und die internen Lasten entsprechen denen des Sommers 2003. Das
hat zur Folge, dass Varianten, die im Sommer 2003 den Überhitzungsschutz mit freier
Lüftung und passiver Kühlung nicht gewährleisten konnten, in einem mäßig warmen
Sommer beherrschbar scheinen. So ist z.B. die Nachtlüftungsstrategie von geringerem
Einfluss, d.h. die Luftwechselrate kann reduziert werden. In einem mäßig warmen
Sommer kann auch eine einseitige nächtliche Dauerlüftung in der Variante 3A1 bei
einem Überhitzungsanteil von 7 % komfortable Raumtemperaturen sicherstellen. Alternativ können auch höhere interne Lasten von bis zu 275 Wh/m²d wie in der Variante
8A2 bei einem Überhitzungsanteil von 6 % abgeführt werden. Auch die einfache Primärfassade mit innenliegendem Sonnenschutz scheint in der Variante 7C1 mit
nächtlicher Querlüftung und Speicheraktivierung bei einem Überhitzungsanteil von 9 %
eine sinnvolle Variante zu sein.
Die Variantenoptimierung sollte aus diesen Gründen der Auswertung des Sommers
2003 vorbehalten werden, da passive Lüftungs- und Kühlstrategien sich auch in warmen Sommern bewähren müssen, um die Beeinträchtigung des Raumklimas möglichst
gering zu halten.
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
147
6.2.4 Jahresüberhitzung Datensatz TRY 02
Die Jahresüberhitzung auf der Grundlage des TRY 02 ergibt die in Abb. 141 dargestellten Überhitzungsanteile. Die empfohlen Doppelfassadenvarianten 2A und 7A1 weisen
eine Jahresüberhitzung von 0 % bzw. 1 % auf. Die Einfachfassade mit außenliegendem Sonnenschutz (2D) immerhin 2 %.
TRY 02 Jahresüberhitzungsanteile [% >26°C Betriebszeit]
19
27
12
Überhitzung [%]
10
10
10
8
8
7
6
5
3
4
2
2
2
2
1
2
3
3
2
2
1
1
1
1
0
0
7D1
8A1
8A2
2
0
2E
7A1
7C1
2
2D
7A1
6A2
6A1
5A2
5A1
4A2
4A1
3D2
3D1
3C2
3C1
3A2
2E
3A1
2D
2C
2B
2A
Außen
0
Varianten
Abb. 141: Variantenvergleich der Überhitzungsstunden >26° TRY 02
Vergleich der Überhitzungsanteile [% >26°C Betriebszeit]
100
90
84
80
60
50
50
30
40 38
37
30
34
28
17
20
8
10
8
4
6
10
7
1
2
1
Außen
40
7A1
Überhitzung [%]
70
Datensatz Jahr 2003
Datensatz Sommer TRY
2B
2C
2A
2E
2D
2C
2B
2A
Außen
Datensatz Sommer 2003
7A1
2E
2D
2C
2B
2A
Außen
0
Varianten
Abb. 142: Datensatzvergleich der Überhitzungsstunden >26° TRY 02
Die im Vergleich zu einer sanierten Primärfassade geringen Transmissionswärmeverluste führen in diesem Modell (2D) zu einer kleinen Raumtemperaturamplitude mit
einem als angenehm empfundenen ausgeglichenen Raumklima, erfordern aber gleichzeitig differenzierte Lüftungsszenarien insbesondere in der Übergangszeit. Der im
Vergleich zur Auswertung des Sommers nach TRY 02 höhere relative Überhitzungsan-
148
Kapitel 6 Demonstrationsdoppelfassade thermische Simulation
teil der Einfachfassade mit außenliegendem Sonnenschutz (2D) im Vergleich zur Doppelfassade (2A) ist auf wenige Überhitzungsstunden in der Übergangszeit
zurückzuführen.
Die Jahresüberhitzung der für den Sommer 2003 geeigneten Varianten überschreitet
1 bis 2 % der Jahresbetriebszeit von 2750 Stunden nicht. Zulässig wäre in der Sommer-Klimaregion B ein Überhitzungsanteil von 10 % bei einer Grenz-Raumtemperatur
von 26 °C. Sogar im Gebäudebestand könnten diese 10 % aufgrund der großen
Transmissionswärmeverluste und Fassadenundichtigkeiten eingehalten werden.
Eine Begrenzung der Jahresüberhitzung auf 1 bis 2 % auf der Grundlage des TRY 02
aus diesen Ergebnissen abzuleiten ist nicht sinnvoll, da zum einen die Anforderung an
die Qualität vergleichbarer Simulationsmodelle bei einer so geringen absoluten Anzahl
von Überhitzungsstunden sehr hoch ist und Sanierungsvarianten empfohlen werden
können, die sich in warmen Sommern nicht eignen. Die Berechnung der sommerlichen
Überhitzung sollte vielmehr mit dem Datensatz des Rekordsommers 2003 durchgeführt
werden. Aus den in Kapitel 6.2.2 beschriebenen Simulationsergebnissen können als
Planungsanforderung an thermische Simulationen im Sinne einer Qualitätssicherung
die folgenden Richt- und Zielwerte der sommerlichen Überhitzungsanteile und einzuhaltende maximale Raumtemperaturen abgeleitet werden (s. Abb. 142):
Die Berechnungen sollen unter Berücksichtigung des lokalen Mikroklimas mit dem
Datensatz des Sommers 2003 von Juni bis August durchgeführt werden. Eine Differenz der Raumtemperaturüberhitzung von 10 % zum Anteil der Außentemperaturüberhitzung soll während der Betriebszeit nicht überschritten, ein Zielwert von 5 %
kann erreicht werden. Zusätzlich soll die maximale Raumtemperatur um mindestens
4 K unter der maximalen Außentemperatur liegen. Dabei kann die Einteilung nach
Sommer-Klimaregionen mit den entsprechenden Grenz-Raumtemperaturen aus der
DIN 4108/2 übernommen werden.
Mit dieser Planungsanforderung können die Bedingungen des § 6 ASR, eine Raumtemperatur von 26 °C - bis auf Ausnahmefälle - grundsätzlich nicht zu überschreiten
nicht eingehalten werden. Ebenso wenig die für raumlufttechnische Anlagen gültige
DIN 1946, deren Bereich zulässiger operativer Raumtemperaturen in Abhängigkeit der
Außenlufttemperatur überschritten wird. Die Berechnungsgrundlage der sommerlichen
Überhitzung ist eine unbedingt vertraglich zu vereinbarende Beschaffenheit des Bauwerks. Erst diese Vereinbarung sichert die mangelfreie Erstellung gegen Ansprüche
aus anderen o.g. Regeln der Technik. Diese Beschaffenheit muss der Eigentümer im
Mietvertrag fortschreiben, um sich vor Ansprüchen aus der gebrauchstauglichen Überlassung der Mietsache zu schützen (LG Bielefeld 3 0 411/01 vom 16.April 2003).
Jahreswärmebilanz Datensatz TRY 02
Die Jahreswärmebilanz zeigt im Variantenvergleich in Abb. 143 eine Reduzierung des
Wärmebedarfs von ca. 40 % im Vergleich zum Bestand für die Doppelfassaden vor
einer sanierten Primärfassade (2A und 7A1). Zur Optimierung der winterlichen solaren
Gewinne wurde die Auslöseschwelle des Sonnenschutzes gegenüber dem Basismodell 2A von Oktober bis März auf 250 W/m² in Variante 9A1 heraufgesetzt. Dies
entspricht einer Reduzierung auf 50 % des Wärmebedarfs. Zum Vergleich: Ein neues
Einfach-Fassadensystem mit außenliegendem Sonnenschutz (2D) reduziert den Wärmebedarf um 65 %, mit innenliegendem Sonnenschutz (2C) sogar um 70 %.
Kapitel 7 Zusammenfassung
149
Um das sich aus der winterlichen Zulufterwärmung im Fassadenzwischenraum ergebende Einsparpotenzial zu quantifizieren, wurde der oben beschriebenen Variante 9A1
mit der Variante 9C1 ein praxisnahes Referenzmodell gegenübergestellt. Dabei handelt es sich um eine Variante mit sanierter, einfacher Primärfassade und
innenliegendem Sonnenschutz, die als einfache Fassadensanierungsmöglichkeit für
Hochhäuser in Frage kommt. Lüftungsstrategie, Wärmedurchgang und Tageslichttransmission sind in den beiden Modellen nahezu gleich. Sie unterscheiden sich durch
den Entfall der Sekundärfassade und in der Größe des Gesamtenergiedurchlassgrads.
Die Lüftungswärmeverluste können in den Wintermonaten durch die Übertemperaturen
im Fassadenzwischenraum um ca. 10 %, die Transmissionswärmeverluste um bis zu
5 % reduziert werden. In gleichem Maße erhöhen sich auch die solaren Gewinne durch
den innenliegenden Sonnenschutz. Der Jahreswärmebedarf ist in beiden Varianten mit
34 kWh/m²a gleich groß.
TRY 02 Jahreswärmebilanz
250
Wärmemenge [kWh/m²a]]
200
150
100
50
0
-50
-100
-150
-200
-250
2A
2B
2C
2D
2E
7A1
9A1
9C1
Lüftung
-33
-53
-57
-46
-36
-32
-33
-56
Transmission
-85
-159
-75
-74
-71
-90
-84
-90
Solarstrahlung
16
59
49
35
16
16
20
49
Interne Lasten
63
85
63
62
63
63
63
63
Heizung
39
68
20
24
29
43
34
34
Abb. 143: Jahreswärmebilanz je m² Bürogrundfläche der Basisvarianten TRY 02
Die Höhe der Reduzierung der Transmissions- und Lüftungswärmeverluste durch die
Übertemperatur im Fassadenzwischenraum ist abhängig vom Sanierungskonzept, d.h.
der Qualität der Primärfassade und dem Öffnungsgrad der Sekundärfassade sowie in
der Jahressumme von der gewählten Referenz.
7
Zusammenfassung
Gegenstand der Arbeit ist die Zusammenstellung typologischer Merkmale hoher Verwaltungsgebäude der 1960er und 1970er Jahre, die vergleichende Analyse bereits
sanierter Bürohochhäuser mit gläsernen Vorsatzschalen sowie die Auswertung und
Validierung von Modellversuchen an einer Demonstrationsfassade. Dabei zeigen die
drei untersuchten Gebäude die Bandbreite möglicher Sanierungen auf. Zum Einsatz
kamen unterschiedliche Fassadensysteme, die Kastenfassade, die Mehrgeschossfassade und die unsegmentierte Vorhangfassade. Die Sanierungskosten reichten vom
einfachen bis gehobenen Standard. Ziel der Arbeit ist es, unter vergleichbaren Rahmenbedingungen die Möglichkeiten und Grenzen der Sanierung mit gläsernen Vor-
150
Kapitel 7 Zusammenfassung
satzschalen und deren Vergleich mit Einfach-Fassaden unter bauphysikalischen, bautechnischen, wirtschaftlichen und energetischen Gesichtspunkten herauszuarbeiten.
Zwei im Jahr 2002 fertig gestellte Vorhaben wurden im Rahmen einer Grobanalyse
evaluiert. Diese bestand in der Erfassung von Gebäudekenndaten und –kosten, der
technischen Ausstattung und Energieverbräuche sowie in der Durchführung und Auswertung einer Nutzerumfrage. An einem Institutsgebäude der TU Braunschweig konnte
ein Geschoss beispielhaft saniert und diese Sanierung modellhaft auf das Gesamtgebäude übertragen werden. Für zukünftige Sanierungen lassen sich aus diesen
Beispielen Hinweise darauf herleiten, welche Ziele mit welchen Mitteln erreicht werden
können und wo mögliche Risiken verborgen sind.
Antworten auf die sich aus diesem Gebäudevergleich ergebenden bauphysikalischen
Fragen geben die Messungen an einer Demonstrationsdoppelfassade. Am oben genannten Gebäude der TU Braunschweig wurden im Rahmen einer Parameterstudie
unterschiedliche Öffnungsgrade und Betriebsweisen in der ein- und zweigeschossigen
Ausführung der Doppelfassade in ihren Auswirkungen auf das Raumklima und den
Immissionsschutz miteinander verglichen. Ein thermisches Simulationsmodell wurde
auf der Grundlage der Messergebnisse mit dem Programm Bsim validiert, die Modellvarianten für unterschiedliche Klimadatensätze miteinander verglichen.
Planungskriterien
Als Kriterien, die für eine Gebäudesanierung im Allgemeinen oder den Einsatz einer
Doppelfassade sprechen, können auf der Grundlage der Auswertung der drei Gebäude
die folgenden genannt werden:
ƒ Verfügt ein Gebäude bereits im Bestand über eine sehr gute Flächeneffizienz
oder kann die Flächeneffizienz durch die Sanierung wesentlich verbessert werden und kann diese mit einem Neubau nicht wieder erreicht werden, dann kann
die Flächenkonzentration eine für die Sanierung ausschlaggebende Kenngröße
sein.
ƒ Können weite Teile des Bestands erhalten bleiben, ist keine oder eine nur geringe Schadstoffbelastung vorhanden, kann die Primärfassade erhalten oder saniert
werden und können die zusätzlichen Lasten einer Doppelfassadenkonstruktion
ohne konstruktive Eingriffe in den Bestand eingeleitet werden, so liegen die Baukosten um bis zu 70 % unter vergleichbaren Neubaukosten.
ƒ Soll die Sanierung im laufenden Betrieb erfolgen, liegt eine hohe Immissionsbelastung vor, ist der Witterungsschutz der bestehenden Fassade nicht
gewährleistet und sind passive Fassadensysteme erwünscht, dann ist der Einsatz einer Doppelfassade sinnvoll.
In der Planung sollte dem Schall- und sommerlichen Überhitzungsschutz ein wesentlich höherer Stellenwert eingeräumt werden. Das ergaben der Vergleich des
Beschwerdebildes der Nutzerumfragen mit den Planungszielen im Rahmen der Grobanalyse. Die der Ausführung dieser Gebäude zugrundeliegenden, aus
Simulationsergebnissen abgeleiteten Planungsziele berücksichtigen sommerliche
Hitzeperioden nur unzureichend.
Kapitel 7 Zusammenfassung
151
Lüftung
Messungen an der Demonstrationsfassade ergaben einen klappenstellungsabhängigen Luftwechsel im Fassadenzwischenraum, der sich asymptotisch einem Grenzwert
von ca. 85 1/h bei effektiven Öffnungsanteilen von mehr als 25 %, Berechnung der
effektiven Öffnungsanteile nach [51], nähert. Übertemperaturen im Fassadenzwischenraum, die auf zu geringe Luftwechselraten zurückzuführen sind, können bereits mit
einem 40 bis 80-fachen Luftwechsel bei einem effektiven Öffnungsanteil von 5 % (einer
Klappenstellung von 10° entsprechend) nahezu ausgeschlossen werden. Da die Messungen bei relativ geringen Strahlungseinträgen und Windgeschwindigkeiten
stattfanden, kann in Normalfällen von höheren mittleren Luftwechselraten ausgegangen werden.
Für effektive Öffnungsgrößen in der Sekundärfassade von mehr als 5 % kann der
Normluftwechsel im Büroraum mit einseitiger Dauerlüftung über einen Kippflügel während der Betriebszeit im Sommer sichergestellt werden. Es wird für die eingeschossige
Fassade ein Volumenstrom von im Mittel 85 m³/h erreicht. Das Öffnen eines zweiten
Kippflügels erhöht den Volumenstrom nur geringfügig. Die nächtliche Querlüftung
erreicht im Sommer im Mittel 400 m³/h bei einem geöffneten Kippflügel.
Im Vergleich mit [53] zeigt sich, dass die Doppelfassade die Lüftungseffektivität im
Vergleich zu einer Einfachfassade nicht einschränkt.
Im Winter wird bei gleichen Öffnungsgrößen und einseitiger Lüftung im Büroraum ein
Volumenstrom von im Mittel 300 m³/h erreicht. Eine ca. 15 minütige Stosslüftung stellt
so den hygienisch notwendigen Luftwechsel sicher, den reduzierten Luftwechsel in
halber Zeit.
Zur Gewährleistung einer hohen Nutzerakzeptanz wird die natürliche Lüftung als gebäudetechnisches Ausstattungsmerkmal in [43] am höchsten bewertet. Das Nutzerverhalten bezüglich des Lüftungsverhaltens war in den evaluierten Gebäuden vorbildlich: Dauerlüften im Sommer und Stoßlüften im Winter über Kippflügel. Das zeigt
einmal mehr die selbstverständliche Akzeptanz der natürlichen Lüftung.
Sonnenschutz
Die Höhenlage der Geschosstrennung sowie die horizontale und vertikale Position des
Sonnenschutzes im Fassadenzwischenraum wurden tageslicht- und strömungsoptimiert geplant mit dem Ergebnis einer geringen Verweildauer und guten Durchströmung
der Luft. Als Sonnenschutz kam eine LON-geregelte Warema-Klapplamelle zum Einsatz. Die an der Musterfassade hinter der Wärmeschutzverglasung I-Plus C
gemessene Einstrahlung betrug im Raum an bedeckten Tagen ca. 28 % und an sonnigen Tagen bei aktivem Sonnenschutz ca. 2 % der außen anliegenden Globalstrahlung
West. Die mittleren Einstrahlungssummen je m² Primärfassadenfläche blieben unabhängig von der täglichen Einstrahlungssumme außen im Raum bei annähernd konstant
240 Wh/m²d. Daraus kann geschlossen werden, dass an einem Sommertag auch die
Orientierung für den Strahlungseintrag im Raum von untergeordneter Bedeutung ist.
Die Musterfassade kombiniert sehr geringe solare Einträge in die Büroräume mit geringstmöglichen Übertemperaturen im Fassadenzwischenraum.
Im Gebäude der R+V Versicherung wurde eine Kastenfassade realisiert. Im 45 bis
15 cm tiefen Fassadenzwischenraum befindet sich eine tageslichtoptimierte Warema
152
Kapitel 7 Zusammenfassung
Horizontallamelle. Die Verglasung der Sekundärfassade ist zudem in der oberen Hälfte
mit Horizontalstreifen mit einem Bedruckungsgrad von ca. 40 % bedruckt.
In der Kreisverwaltung Bad Segeberg wurde der ursprünglich im gesamten Gebäude
außenliegende Sonnenschutz in den Gebäudeköpfen durch einen roten Screen im
witterungsgeschützten, 0,5 m tiefen Fassadenzwischenraum in den Laibungen der
Primärfassade ersetzt. Im Mittelteil des Gebäudes übernehmen die geschossweise
horizontal kragenden Gitterroste im 2 m tiefen Zwischenraum der unsegmentierten
Vorhangfassade die Aufgabe des Sonnenschutzes. Die Ergebnisse der Nutzerumfrage
lassen darauf schließen, dass das für die Gebäudeköpfe gewählte Fassadensystem
sich für die Reduzierung der sommerlichen Überhitzung weniger eignet als das System
im Gebäudemittelteil. Erhebliche Kritik erfährt auch die rote Farbatmosphäre in den
Räumen der Kopfbüros.
Sommerliche Überhitzung
Wichtiges und viel diskutiertes Kriterium der Dimensionierung einer Doppelfassade ist
die Reduzierung der sommerlichen Überhitzung, denn das Einhalten behaglicher
Raumtemperaturen im Sommer ist eine wesentliche Voraussetzung für die gebrauchstaugliche Überlassung einer Mietsache. Die Angaben zu sommerlichen
Überhitzungsanteilen und Maximaltemperaturen sind Ergebnisse von Sommer- und
Jahressimulationen auf der Grundlage eines validierten Simulationsmodells. Als Aufenthaltszeit wurde eine auf den Gebäudebetrieb abgestimmte elfstündige Betriebszeit
verwendet. Die Primärfassaden der untersuchten sanierten Gebäude weisen einen
Verglasungsanteil von ca. 50 % der Fassadenfläche auf.
Mehrgeschossfassaden sollten als Ergebnis der Demonstrationsfassade nur mit geschossweise angeordneten Öffnungen über wenige Geschosse geplant werden.
Andernfalls ist mit einer deutlichen Temperaturschichtung im Fassadenzwischenraum
zu rechnen, die sich gedämpft auch in die Büroräume fortsetzt. Die weiteren Ausführungen legen daher eine geschossweise Trennung der Doppelfassade zugrunde. Die
effektive Mindestgröße der Öffnungen in der Sekundärfassade beträgt 5 %. Geringere
Öffnungsanteile führen aufgrund der geringern Luftwechselrate zu signifikant höheren
Temperaturen im Fassadenzwischenraum, die sich reduziert auch in die Büroräume
fortsetzen.
Die Gebäudesanierung mit Doppelfassaden gewährleistet in der Hochhaussanierung
den sommerlichen Überhitzungsschutz im Sommer 2003 mit freier Lüftung und passiver Nachtkühlung, wenn die internen Lasten ca. 180 Wh/m²d nicht überschreiten und
eine nächtliche Querlüftung realisiert wird. Die zusätzliche Aktivierung von Speichermassen durch freie Massivdecken ist eine sinnvolle Optimierungsmöglichkeit. In [57]
werden ähnliche Systemgrenzen der passiven Kühlung mit Nachtlüftung genannt.
Abgehängte und teilabgehängte Deckensysteme unterscheiden sich kaum voneinander, da der konvektive Anteil am Wärmeübergang gering ist. Er beträgt in der
Sommernacht nur 1/10 des radiativen Übergangs. Die Speicherkapazität einer abgehängten Decke beträgt bei einer Luftwechselrate in der Nacht von 6 h-1 ca. 80 Wh/m²,
die Speicherkapazität einer freien Decke ist mit bis zu 220 Wh/m² fast 3 mal größer.
Der Variantenvergleich zeigte, dass die Einschaltschwelle des Sonnenschutzes mit ca.
120 W/m² gering gewählt werden sollte. Eine Prognose der im Sommer zu erwartenden Raumtemperaturen kann nur unter Berücksichtigung des lokalen Mikroklimas
Kapitel 7 Zusammenfassung
153
erfolgen. Dieses Mikroklima führt in diesem Fall zu einer mittleren Außentemperaturerhöhung vor der Fassade von 1,5 K.
Abb. 144 zeigt die Temperaturentwicklungen mit vereinfachten linearen Trendlinien für
den Sommer 2003. Dabei handelt es sich um eine Doppelfassade vor einer sanierten
Primärfassade mit den vorgenannten Randbedingungen, der zusätzlichen Aktivierung
von Speichermassen und zum Vergleich um eine neue Primärfassade mit außenliegendem Sonnenschutz. Die Überhitzungsanteile der Raumtemperaturen von mehr als
26 °C in den Sommermonaten liegen für diese Varianten zwischen 34 und 40 %. Die
Raumtemperaturen überschreiten 34 °C nicht und liegen damit um mehr als 4 K unter
der höchsten Außentemperatur von 38 °C. Die Außenlufttemperaturen weisen im
gleichen Zeitraum einen Überhitzungsanteil von 29,5 % auf.
Sortierte Temperaturmittelwerte als Differenzen über der
Außentemperatur Sommer 2003
Temperaturdifferenz [K]
4
2
0
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
-2
-4
-6
Außentemperatur [°C]
Fassadenzw ischenraum
Doppelfassade
Doppelfassade+Speichermassen aktiviert
neue Einfachfassade
Abb. 144: sortierte Temperaturdifferenzen während der Betriebszeit im Sommer 2003
Die Ergebnisse des Sommers 2003 finden sich auch in den Simulationsergebnissen
mit dem Datensatz des TRY 02 auf niedrigerem Niveau wieder. Die Modellvarianten,
die auch in diesem Fall die sommerliche Überhitzung auf ein sinnvolles Maß begrenzen, erreichen Maximaltemperaturen von ca. 26 °C bis 29 °C und liegen damit um
mehr als 2 K unter der maximalen Außentemperatur. Der Überhitzungsanteil überschreitet mit ca. 1 bis 8 % den der Außentemperatur nicht. Die Sanierung mit
Doppelfassaden eignet sich wie zuvor bereits für den Datensatz des Sommers 2003
zur Gewährleistung des sommerlichen Überhitzungsschutzes. Dabei können sogar die
Grenzen nach DIN 1946 fast zu jederzeit eingehalten werden. Die Speichermassenaktivierung ist wiederum eine sinnvolle Optimierung. Auch hier steht die Doppelfassade
einem einfachen Primärfassadesystem mit außenliegendem Sonnenschutz, der an
hohen Gebäuden meist nicht realisierbar ist, nicht nach.
Aufgrund des geringen Außentemperaturniveaus ist der Anteil der Transmissionswärmeverluste an der Wärmebilanz jedoch deutlich gestiegen. Das hat zur Folge, dass
Varianten, die im Sommer 2003 den Überhitzungsschutz mit freier Lüftung und passiver Kühlung nicht gewährleisten konnten, in einem mäßig warmen Sommer
beherrschbar scheinen. So kann z.B. auch eine einseitige nächtliche Dauerlüftung
komfortable Raumtemperaturen sicherstellen. Auch höhere interne Lasten von bis zu
275 Wh/m²d können abgeführt werden und die einfache Primärfassade mit innenlie-
154
Kapitel 7 Zusammenfassung
gendem Sonnenschutz scheint mit nächtlicher Querlüftung und Speicheraktivierung
trotz des hohen solaren Eintrags beherrschbar.
In der Jahressimulation mit dem Datensatz des TRY 02 überschreitet die Jahresüberhitzung der genannten Varianten 1 bis 2 % der Jahresbetriebszeit von 2750 Stunden
nicht. Eine Begrenzung der Jahresüberhitzung auf diesen Überhitzungsanteil aus
diesen Ergebnissen abzuleiten ist nicht sinnvoll, da zum einen die Anforderung an die
Qualität vergleichbarer Simulationsmodelle bei einer so geringen, absoluten Anzahl
von Überhitzungsstunden sehr hoch ist und Sanierungsvarianten empfohlen werden
können, die sich in warmen Sommern nicht eignen. Die Berechnung der sommerlichen
Überhitzung sollte vielmehr mit dem Datensatz des Rekordsommers 2003 durchgeführt
werden. Aus den Simulationsergebnissen für den Sommer 2003 können als Planungsanforderung an thermische Simulationen im Sinne einer Qualitätssicherung die
folgenden Richt- und Zielwerte der sommerlichen Überhitzungsanteile und einzuhaltende maximale Raumtemperaturen abgeleitet werden:
Die Berechnungen sollen unter Berücksichtigung des lokalen Mikroklimas mit dem
Datensatz des Sommers 2003 von Juni bis August durchgeführt werden. Eine Differenz der Raumtemperaturüberhitzung von 10 % zum Anteil der Außentemperaturüberhitzung soll während der Betriebszeit nicht überschritten, ein Zielwert von 5 %
kann erreicht werden. Zusätzlich soll die maximale Raumtemperatur um mindestens
4 K unter der maximalen Außentemperatur liegen. Dabei kann die Einteilung nach
Sommer-Klimaregionen mit den entsprechenden Grenz-Raumtemperaturen aus der
DIN 4108/2 übernommen werden.
Schallschutz
Die Verbesserung des Bauschalldämm-Maßes betrug an der Demonstrationsfassade
im Vergleich zum Bestand 3 dB und erreicht 33 dB. Es konnte keine Abhängigkeit vom
Öffnungsgrad gemessen werden. Der Außenlärmpegel betrug 70 dB(A).
Der Raumschallpegel wurde durch die Sekundärfassade ebenfalls unabhängig von
deren Öffnungsgrad um 7 dB(A) auf 44 dB(A) reduziert. Dabei waren die Fensterflügel
in der Primärfassade zu Lüftungszwecken im Sommer dauerhaft geöffnet. So kann
durch die Doppelfassade auch an immissionsbelasteten Standorten bei einer Nachhallzeit im Büroraum von ca. 0,5 s eine gute bis sehr gute Sprachverständlichkeit
gewährleistet werden. Der gemessene Raumschallpegel liegt damit deutlich unter den
in [34] angegebenen Werten. Zusätzlich sind aber auch den Körper- und Luftschallübertragungen aus benachbarten Räumen, insbesondere bei teilweisem oder
weitgehendem Erhalt des Ausbaus, große Aufmerksamkeit zu schenken. Den Schallschutz als Planungskriterium hoher Priorität bestätigt das Ergebnis der Nutzerumfragen
in den Vergleichsgebäuden, in denen mehr als die Hälfte der Befragten sowohl einen
mangelnden externen wie internen Schallschutz beklagen.
Witterungsschutz
Die Sekundärfassade stellt die Schlagregendichtigkeit des Gesamtfassadensystems
sicher. Die Auswertung der Differenzdruckmessungen an der Demonstrationsfassade
der TU Braunschweig ergab, dass die durch die Sekundärfassade erreichbare mittlere
Dämpfung des Differenzdrucks abhängig ist vom Niveau und der Größe der anliegen-
Kapitel 7 Zusammenfassung
155
den Differenzdruckschwankungen. Sie beträgt an Tagen mit hohem Differenzdruckniveau bis ca. 60 Pa und großen wechselnden Differenzdruckschwankungen zunehmend
mit steigendem Differenzdruck 10-20 Pa. Diese Dämpfung ist unabhängig vom Öffnungsgrad der Sekundärfassade. Die durch Druckdifferenzen hervorgerufenen
Pfeifgeräusche an der Primärfassade können durch diese Dämpfung und das Erhöhen
der Auslöseschwelle von 55 auf über 75 Pa durch das Nachstellen der Fensterbeschläge fast vollständig ausgeschlossen werden.
Für instationäre statische Lastannahmen aus Winddruck kann eine dämpfende Wirkung der Doppelfassade für die Primärfassade jedoch nicht in Ansatz gebracht werden,
da die sich bei einem schnellen Anstieg aufbauenden hohen Differenzdrücke ohne
oder mit nur geringer Reduzierung in den Zwischenraum fortsetzten und erst mit dem
Druckabfall deutlich reduziert werden.
Energieverbrauch
Der Wärmeverbrauch betrug im Gebäude der Kreisverwaltung Bad Segeberg mit einer
unsegmentierten Doppelfassade vor einer sanierten Primärfassade 90 kWh/m²a. Erreichbar sind für Hochhäuser in der Sanierung 75 kWh/m²a. Der Stromverbrauch
betrug für Gebäude geringer technischer Ausstattung wie der Kreisverwaltung oder der
TU Braunschweig 30 kWh/m²a einschließlich der Arbeitshilfen. Zielwert ohne Arbeitshilfen ist eine Kennzahl von 25 kWh/m²a. Der sich daraus ergebende Zielwert einer
Primärenergiekennzahl von 150 kWh/m²a wurde in Bad Segeberg erreicht.
Um das sich aus der winterlichen Zulufterwärmung im Fassadenzwischenraum ergebende Einsparpotenzial zu quantifizieren, wurde in der thermischen Simulation dem zur
Erhöhung winterlicher solarer Gewinne optimierten Doppelfassadenmodell - Auslöseschwelle des Sonnenschutzes im Winter 250 W/m² - ein Referenzmodell ohne
Sekundärfassade gegenübergestellt. Die Lüftungswärmeverluste konnten in den Wintermonaten durch die Übertemperaturen im Fassadenzwischenraum um ca. 10 %, die
Transmissionswärmeverluste um bis zu 5 % reduziert werden. Im Doppelfassadenmodell wurde dabei ganzjährig von einem effektiven Öffnungsanteil der Sekundärfassade
von 5 %, der auch den sommerlichen Anforderungen genügt, ausgegangen.
Die Höhe der Reduzierung der Transmissions- und Lüftungswärmeverluste durch die
Übertemperatur im Fassadenzwischenraum ist abhängig vom Sanierungskonzept,
sowie in der Jahressumme von der gewählten Referenz.
Gebäudetechnik
Die ausschließlich natürliche Belüftung ist Grundlage der betrachteten Klimakonzepte.
Eine zentrale Gebäudeleittechnik, die die einzelnen Komponenten der Gebäudetechnik
steuert, regelt und überwacht, ist in den untersuchten Gebäuden nicht vorhanden. Die
Raumheizung kann über vorhandene Systeme, zumeist Radiatoren, erfolgen, Elektround Medienversorgung können meist in der bestehenden Trassenführung erneuert
werden.
156
Kapitel 7 Zusammenfassung
Wirtschaftlichkeit
Hauptnutzflächenkonzentration und Flächenkomfort sind die in [43] am höchsten bewerteten Planungskriterien zukunftsorientierter Bürokonzepte. Auf der Grundlage von
[17] wurden die für den Gebäudebestand hoher Verwaltungsbauten typischen Flächenkennwerte ermittelt und als Vergleichsgrundlage für die Neuplanung im Rahmen
der Sanierung herangezogen. Erreichbar ist danach in der Hochhaussanierung eine
Hauptnutzflächenkonzentration für das Zellen- oder Kombibüro von mehr als 70 %
(HNFg/BGFg) im Regelgeschoss. Von entscheidendem Einfluss ist dabei der Verkehrsflächenanteil. Die Arbeitsplatzdichte kann 12,5 m² (HNF/AP) betragen. Das entspricht
einer maximalen Arbeitsplatzkonzentration von fünf Arbeitsplätzen auf 100 m² BGF im
Regelgeschoss. Das Gebäude der R +V Versicherung in der Domstraße erreicht z.B.
eine Hauptnutzflächenkonzentration von mehr als 68 %. Die Arbeitsplatzdichte ist in
allen 3 Gebäuden mit ca. 15 m² (HNF/AP) eher gering.
Kenngrößen zur Flächenkonzentration im Gesamtgebäude sind abhängig von der
Nutzungsstruktur des betrachteten Gebäudes und dem Anteil von Sonderfunktionsflächen wie z.B. Tiefgaragen, der einer sehr großen Varianz unterliegt. Sie eigenen sich
daher nicht für den Vergleich einzelner Gebäude. Die für die BGFr erzielten Flächenkonzentrationen liegen für alle drei Gebäude bei ca. 60 % HNF/BGFr. Die
Flächenkonzentration erreicht damit die Kennwerte von „nicht - Hochhäusern“.
Die Sanierungskosten betragen ca. 350,-- €/m²BGF bis 1000,-- €/m²BGF netto für die
Kostengruppen 300 und 400 je nach Sanierungsaufwand und Ausbaustandard. Die
Sanierungskosten liegen um 70 % bzw. 25 % unter vergleichbaren Neubaukosten. Die
Gebäude der TU Braunschweig und der Kreisverwaltung Bad Segeberg entsprechen
dem einfachen, das Gebäude der R+V Versicherung dem hohen Sanierungskostenstandard. Eine Doppelfassadenkonstruktion unter Erhalt der bestehenden Primärfassade einschließlich ihrer Sanierung erfordert in den untersuchten Beispielen geringere Baukosten als die Errichtung einer neuen Primärfassade.
Der Betriebskostenvergleich ergab keine Antwort auf die Fragen nach dem Potenzial
der Sanierung oder den Besonderheiten hoher Häuser mit Doppelfassaden aufgrund
der teilweise unvollständigen und schwer bewertbaren Datengrundlage.
Fazit
Bauwerk und Technik können ressourcenschonend saniert werden. Die Baukosten
eines Sanierungsvorhabens liegen um bis zu 70 % unter vergleichbaren Neubaukosten. Doppelfassaden können im Vergleich zu Einfach-Fassadensystemen die
wirtschaftlichere Lösung darstellen und müssen ihnen bezüglich des sommerlichen
Überhitzungsschutzes nicht nachstehen. Passive Doppelfassaden eignen sich für alle
Betriebszustände. Die Mess- und Simulationsergebnisse der Demonstrationsfassade
lassen sich zwar nicht in jedem Fall übertragen, zeigen aber doch Erkenntnisse und
Größenordnungen für den sommerlichen und winterlichen Betrieb von Doppelfassaden
in der Sanierung. Für die thermische Gebäudesimulation werden Kriterien aufgestellt,
die die Ergebnisse transparent, vergleichbar und realistisch darstellen, so dass auf der
Grundlage dieser Ergebnisse Entscheidungen über die Fassadenkonstruktion getroffen
werden können. Bei fachgerechter Planung und Ausführung wird die Doppelfassade
gerade in der Sanierung noch häufig zur Anwendung kommen.
Literaturverzeichnis
8
157
Literaturverzeichnis
[1]
Daniels, K.: Hohe Häuser: Kontroverse Beiträge, Hatje 1993
[2]
Danz, E.: Architektur von Skidmore, Owings & Merrill 1950-1962, Hatje 1962
[3]
Musterbauordnung, Schriftenreihe des Bundesministers für Wohnungsbau,
Band 16 1960
[4]
Walper, K.H.: Einführung in das Bauordnungs- und Bauplanungsrecht,
Bauverlag GmbH 1977
[5]
Musterbauordnung, Textausgabe, Bundesanzeiger 2002
[6]
Joedicke, J.: Bürobauten, 2. Auflage, Verlag Gerd Hatje Stuttgart 1962
[7]
Rafeiner, F.: Hochhäuser 1, Konzeptionen und Grundlagen,
Bauverlag Wiesbaden Berlin 1976
[8]
Rafeiner, F.: Hochhäuser 2, Elemente, Bauverlag Wiesbaden Berlin 1978
[9]
Rafeiner, F.: Hochhäuser 4, Planung, Bauverlag Wiesbaden Berlin 1976
[10] Firma Interpane: Gestalten mit Glas, Lauenförde 2002
[11] Firma Hartmann&Co. Firmeninformation Fenster Türen Fassaden,
Hamburg 1968
[12] Firma Hartmann&Co. Firmeninformation Fenster Türen Fassaden,
Hamburg 1976
[13] Klein, W., Das Fenster und seine Anschlüsse, Köln 1974
[14] Gottschalk, O., Flexible Verwaltungsbauten 1968
[15] Gottschalk, O., Flexible Verwaltungsbauten 1979
[16] Spaethe, K.: Erläuterungen zur DIN 4701/59, Werner Verlag Düsseldorf 1964
[17] Siegel, C.; Wonneberg, R.: Bau- und Betriebskosten von Büro- und Verwaltungsgebäuden - eine Auswertung von 110 ausgeführten und in Betrieb genommenen
Gebäuden, Bauverlag Wiesbaden Berlin 1977
[18] Eickenhorst, H.: Energieeinsparung in Gebäuden, Stand der Technik Entwicklungstendenzen, Vulkan 1999
[19] Lampe, G.: Lüftungs- und Klimaanlagen in der Bauplanung, Bauverlag 1974
[20] Hennings, D. et al.: LEE (Leitfaden Elektrische Energie) im Hochbau. Institut für
Wohnen und Umwelt, Darmstadt 2000
[21] Gesundheits- und Befindensstörungen in klimatisierten Gebäuden: vergleichende
Untersuchung zum „building-sickness-Syndrom“. Peter Kröling, München 1985
[22] ProKlimA, Fraunhofer IRB Verlag 2003
[23] Lorenz, D.: Büro nach Maß AIT Architektur, Innenarchitektur, Technischer Ausbau 4/2001
[24] Schütz, U., Projektentwicklung von Verwaltungsgebäuden, Expert Verlag Renningen-Malmsheim, 1994
[25] BKI: Baukostenindex des Bundesinformationszentrums Deutscher Architektenkammern GmbH, Stuttgart 2004
[26] Voss, K. et al.: SolarBau Monitor 2000, Informationsdienst BINE 2001
158
Literaturverzeichnis
[27] Treuter, P.: Besonderheiten bei Nutzung und Betrieb von Hochhäusern, Diplomarbeit Universität Stuttgart, Institut für Baubetriebslehre 2000
[28] SIA 380/1 1993, Thermische Energie im Hochbau, Schweizerischer Ingenieurund Architektenverein, Zürich 1988 im Nachdruck von 2002
[29] SIA 180/4 1982, Energiekennzahl, Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein, Zürich 1982
[30] Energieverbrauchskennwerte für Gebäude. VDI Richtlinie Nr. 3807 Blatt 2,
Düsseldorf 1997
[31] Energie- und Wasserverbrauchskennwerte von Gebäuden der Bundesrepublik
Deutschland. Forschungsbericht der ages GmbH, Münster 1996
[32] OSCAR 2000/2001/2002/2003/2004, Jones, Lang, LaSalle Immobilien- und
Facility-Management GmbH, Düsseldorf 2000/2001/2002/2003/2004
[33] Blum, H.J. et al.: Doppelfassaden. Ernst & Sohn 2001
[34] Oesterle, E., et al.: Doppelschalige Fassaden Ganzheitliche Planung,
Callwey 1999
[35] Lang, W.: Typologische Klassifikation von Doppelfassaden, Dissertation
TU München 2000
[36] Gertis, K.: Sind neuere Fassadenentwicklungen bauphysikalisch sinnvoll?, Teil 2:
Glas Doppelfassaden (GDF), Bauphysik 21 (1999), Heft, 2, S. 54-66,
Ernst & Sohn Verlag Berlin
[37] Pottgießer, U.: Mehrschalige Glaskonstruktionen Dissertation TU Dresden 2002
[38] Müller, H. F. O.: Klimagerechte Fassadentechnologie, I Doppelfassaden für die
Sanierung bestehender Gebäude, VDI Reihe 4 Nr. 170 2001
[39] Müller, H. F. O.: Klimagerechte Fassadentechnologie, II Monitoring von Gebäuden mit Doppelfassaden, VDI Reihe 4 Nr. 190 2003
[40] Pasquay, T.: Thermisches Verhalten von Doppelfassaden an drei Gebäuden in
Bauphysik 25 (2003), Heft 4 S. 220ff
[41] Al-Sibai, F.: Energetische Sanierung eines Bürokomplexes unter Einbeziehung
einer Doppelfassade, BMWi Abschlußbericht, RWTH Aachen 2002
[42] Rozynski, M., Altendorf, L., Brügger, A. Ellermann, J.: Nutzung einer Doppelfassade mit PV-Integration zur energie- und komfortgerechten Sanierung eines
Bürogebäudes, DBU Abschlußbericht, TU Braunschweig 2003
[43] DEGI Deutsche Gesellschaft für Immobilienfonds, Marktreport 2004
[44] Fisch, M.N., Rozynski, M.: SanIGS, Komfort- und energiegerechte Sanierung
eines Verwaltungsgebäudes, DBU Abschlußbericht, TU Braunschweig 2000
[45] Lichtblau, F., Sick, F.: Klimahülle in Glas und Umkehrlüftung – Integrale Sanierung „Kreishaus Bad Segeberg“ Abstract EUROSOLAR 2000
[46] Brockstedt Bergfeld Petersen Architekten: Wärmeschutznachweis Kreisverwaltung Bad Segeberg 2001
[47] Ingenieurbüro Priedemann: Fassadensanierung Kreishaus Bad Segeberg, Thermische Gebäude- und 2D Strömungssimulation 2001
[48] Windels – Timm – Morgen: Wärmeschutznachweis für das Bürogebäude Domstraße, Hamburg 2002
Literaturverzeichnis
159
[49] Lange, M.: R+V Versicherung Domstraße, Fassadenkonzeption und Nachweise
zur Bauphysik und Bauklimatik, Hamburg 2001
[50] Windels – Timm – Morgen: Fassadenstatik für das Bürogebäude Domstraße,
Hamburg 2001
[51] Ziller, C.: Modellversuche und Berechnungen zur Optimierung der natürlichen
Lüftung durch Doppelfassaden, Aachen 1999
[52] Roth, H.W.: Fassade und Raumklima – Neue Wege für ein besseres Raumklima,
Vortag auf der Fachtagung Doppelfassaden, CCI.Print 01/2004
[53] Maas, A.: Experimentelle Quantifizierung des Luftwechsels bei Fensterlüftung,
Dissertation, Universität Kassel 1995
[54] BIA-Report 3/2001: Berechnungsverfahren und Modellbildung in der Arbeitsbereichsanalyse, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften
[55] Nowotny, S.: Lüftungs- und Klimatechnische Gebäudeausrüstung,
Bauverlag 1996
[56] Maas, A.: Experimentelle Untersuchungen zum Luftaustausch bei Querlüftung,
wksb 42/98
[57] Pfafferott, J.: „Passive Kühlung mit Nachtlüftung“, BINE-Themeninfo 01/03.
www.bine.info
[58] VDI-Wärmeatlas, 6. Auflage, Düsseldorf, VDI-Verlag 1991
[59] Recknagel, Sprenger, Schramek: Taschenbuch für Heizung- und Klimatechnik,
71. Auflage, München, Oldenbourg Industrieverlag 2003
[60] Zürcher, C.: Bauphysik – Bau und Energie, Stuttgart, Teubner 1998
[61] Hebgen, H.: Neuer baulicher Wärmeschutz, Braunschweig, Vieweg 1978
Anhang
Anhang
Inhaltsverzeichnis
Tabellen und Grafiken
I
Datenblatt Kreisverwaltung Bad Segeberg
IV
Datenblatt R+V Versicherung Hamburg
V
Datenblatt Gebäude „BS4“ der TU Braunschweig
VI
Thermische Gebäudesimulation Variantenbeschreibung
VII
Musterfragebogen Sanierung
IX
Anhang
Tabellen und Grafiken
Anhang Abb. 1: Entwicklung des baulichen Wärmeschutzes in der BRD aus [61] S. 25
I
Bezugsjahr
[-]
1973
1972
1970
1972
1972
1971
1968
1973
1972
1974
1971
1974
1968
1970
1972
1970
1973
1972
1970
1974
1969
1973
1973
Projektnummer
[-]
13
18
24
26
29
30
39
40
47
57
60
61
64
67
70
72
75
77
78
79
82
106
110
Geschosszahl
Anhang Tab. 1: Kenndaten der Hochhäuser aus [17]
* Fassadenart: B Bandfassade, V Vorhangfassade
** Konstruktion: B Stahlbetonskelettbau, S Stahlskelettbau
*** Klimatisierung: VK vollklimatisiert, NK nicht klimatisiert
**** Nutzung: Z Zellenbüro, G Gruppenbüro, M Mischnutzung
19
bis 8
13
7
bis 18
bis 9
bis 12
19
13
13
11
bis 10
13
8
10
bis 10
bis 9
bis 9
26
8
bis 12
Geschosshöhe Regelgeschoss
9
3,55
2,97
3,20
4,40
4,30
4,00
3,65
3,23
2,98
3,10
3,16
3,50
3,40
3,60
3,50
3,30
3,75
4,30
3,45
3,50
4,00
3,57
3,56
Fassadenart *
8
Konstruktion **
B
V
V
V
V
B
V
V
B
V
B
V
B
B
B
B
B
B
V
V
B
B
B
B VK Z
B VK Z
B VK Z
B VK G
B VK G
B VK G
B VK M
B VK G
B NK Z
S VK Z
B VK Z
B VK M
B VK G
B VK G
B VK Z
S VK Z
B VK M
B VK G
B VK M
B VK G
B VK G
B VK M
B VK Z
[-] [-] [-] [-]
Klimatisierung ***
[m]
Nutzung ****
[-]
675
4.519
1.657
1.995
6.145
4.999 12.262 31.793 10.841
1.669
1.239
967
793
1.277
1.552
325
906
35.181 34.090 2.924
21.099 15.930 1.335
20.549 17.980 2.553
54.008 44.773 2.522
65.283 52.749 5.392
19.266 19.054 1.947
14.299 10.810 1.507
14.853 13.932 1.622
13.498 10.218 1.099
19.476 11.101 2.036
22.924 13.777 2.657
6.182
5.407
9.828
1450
750
630
1700
2000
700
370
825
300
500
750
260
2.877
31.931 27.940 2.017
1400
3.901
5.824
841
1.973
7.624
9.959
4.528
4.892
7.047
2.687
3.194
9.422
8.998
5.831
9.476
5.691
9.575
4.905
593
3.515
6.102
5.557
3.680
1.050
3.735
2.042
4.698 17.434 4.911
7.479 24.481 20.926
2.609
1.229
1.497
3.183
1.595
2.098
1.735
2.127
4.027
8.316 28.030 8.984
3.861
3.251
5.503 20.475 1.782
1.136
1.471
3.552
27.023 26.942 4.347
6.011 10.647 2.473
5.929
800
6.108
1.215
17.500 11.690 2.189
./.
2.074
6.352 10.938 26.647 2.679
50.854 48.210 4.250
7.935 17.715 11.358
6.599
49.071 35.527 5.464
820
1900
9.311 19.270 39.328 27.037
5.774
64.765 41.320 6.103
1350
3000 100.326 80.863 5.313
250
1.201
825
5.586
17.978 12.728 2.211
480
329
110
1.298
848
[m²]
5.989
NNF
8.783
[m²]
8.592
HNF
9.304
VF
[m²]
185
FF
[m²]
430
KF
[m²]
[m²]
[-]
[m²]
BGFr
BGF
AP
Gesamtgebäude
44
./.
142
152
589
161
114
28
9
22
89
46
25
130
35
67
210
286
22
121
221
62
59
[-]
AP
1.130
1.180
2.855
3.532
6.900
2.544
2.293
513
386
389
1.035
698
613
1.853
821
1.477
4.434
5.741
496
2.036
3.867
950
1.025
[m²]
BGF
Regelgeschoss
KF
186
168
224
233
122
140
209
62
63
44
81
77
45
191
118
170
378
158
66
128
223
54
90
[m²]
FF
60
0
52
58
0
74
0
0
0
0
0
0
7
6
9
0
94
136
2
50
64
5
1
[m²]
VF
263
210
661
685
583
319
526
82
87
97
237
139
142
163
161
293
1.086
975
150
369
329
92
163
[m²]
578
751
1.804
2.429
6.195
1.911
1.470
320
208
234
679
460
403
1.431
509
899
2.762
4.357
253
1.426
3.100
766
738
[m²]
HNF
43
51
114
127
0
100
88
49
28
14
38
22
16
62
24
115
114
115
25
63
151
33
33
[m²]
NNF
II
Anhang
Anhang
III
Anhang Abb. 2: BKI Kriterien aus [25]
Element
Baukörper,
Raumkonzept
Fassade
Boden,
Elektroversorgung
Decke,
Beleuchtung
Einfach
Mittel
Hoch
einfacher Baukörper,
starres Raumkonzept
einfacher oder gegliederter
Baukörper, flexibles
Raumkonzept
gegliederter Baukörper,
flexibles Raumkonzept
Lochfassade,
Fensterbänder, einfache
Materialien (z.B. Putz)
Fensterbänder,
vorgehängte Fassade,
mittlere Materialien
vorgehängte Fassaden,
hochwertige Materialien
(z.B. Glas)
Massivboden,
Einzelsteckdosen oder
Brüstungskanäle
Massivboden,
Brüstungs- oder
Bodenkanäle
Doppelboden, Hohlraumboden,
Kanäle, Bodentanks
abgehängte Decken mit
Massivdecken, abgehängte
hochwertigen
Decken mit Deckenleuchten
Deckenleuchten
abgehängte Decken mit
direkt - indirekt strahlenden
Leuchten
Wärmeversorgung
statische Heizung,
Naturbelüftung
statische Heizung,
Sonderbereiche
teilweise klimatisiert
Sonstige
Ausstattung
DV-Netzwerk,
Zugangskontrolle,
Rauchmelder
wie vor, zusätzlich Aufzüge, wie vor, zusätzlich GLT,
Notstromversorgung
Videoüberwachung
Anhang Abb. 3: Checkliste Gebäudequalität nach [32]
innovative Wärmeversorgung, Teil- und
Vollklimatisierung
IV
Anhang
Datenblatt Kreisverwaltung Bad Segeberg
Allgemeines
Name des Gebäudes
Kreisverwaltung Bad Segeberg
Standort
Hamburger Str. 30, 23795 Bad Segeberg
Nutzung
Verwaltungsgebäude
Gebäudegeometrie
Erbauung (Bezug)
10 Geschosse (UG, EG und 8 Obergeschosse), Zweispänner Ost-West Ausrichtung, im Norden und Süden, denn Gebäudeköpfen je 1,24 m Vorsprung über die
äußeren 2 der insgesamt 11 Achsabschnitte
1971-1973 (1973)
Sanierung (Bezug)
08/2001 – 08/2002 (durchgehend)
Kennwerte vorher / nachher
20.540 / 24655 m³ BRI
6.468 / 7.712 m² BGF
5.562 / 5.667 m² NGF
(davon. 3.725 m³ Doppel- (davon 1.120 m² Doppelfassade)
fassade)
Anbau eines dritten Treppenhauses während Sanierung
Baukosten
2.690.000 € KG 300+400 netto (davon ca. 1.688.000 € Doppelfassade)
Arbeitsplätze
247
Planer
Architekt: Dipl.-Ing. P. O. Eberwein / Brockstedt, Bergfeld, Petersen
Statik: Pape & Dingeldein
Fassadenplanung: Büro Priedemann
Doppelfassade
Bauart
Unsegmentierte Vorhangfassade
Konstruktion
Zwischenraumtiefe
ESG rahmenlos, zweiseitig horizontal linienförmig gelagert, punktweise Aussteifung
5
der Scheiben in vertikalen Drittelspunkten, Achsmaß West / Ost 1,33 m, Nord / Süd
1,21m
Mittelteil: 2,00m
Kopfenden: 0,50 m
Fassadenfläche
Gesamt: 3.375 m²
Öffnungen
Vertikale Konstruktionsfugen 1 cm je Scheibe, Ost und West-Mittelteil: Gitterrostboden im EG + Vertikallamellen in der Attika, Nord und Süd-Kopfende: 64
feststehende Lamellenelemente (je 2 pro Geschoss und Fassadenseite) sowie im
Fußpunkt und der Attika
Mittelteil: 1255 m²
Kopfenden: 2110 m²
Energiekonzept
Heizung
Heizanlage unverändert: Fernwärmeanschluss, Flachheizkörper, Thermostatventile
Klimatisierung / Kühlung
Keine Klima- oder RLT-Anlage, ein dezentrales Einzelgerät (Klimagerät im Serverraum)
Über die bestehenden horizontalen Fensterbänder
Belichtung
Beleuchtung
Brandschutz
Vollständiger Ersatz der bestehenden Anbauleuchten durch abgependelte direkt –
indirekt - Spiegelrasterleuchten mit Bewegungsmelder und Tageslichtsensor
Automatische Früherkennung über Rauchmelder
Elektro- Medienversorgung
Keine Veränderung, Versorgung über bestehende Brüstungskanäle
Winterlicher Wärmeschutz
Erhöhung der Dämmung der Gebäudehülle: Dach: von 5 auf 13 cm, Außenwände:
von 4 auf 10-12 cm Wärmedämmverbundsystem
Der ursprünglich außenliegende Sonnenschutz wurde in den Gebäudeköpfen durch
einen roten Screen im witterungsgeschützten Fassadenzwischenraum ersetzt. Im
Mittelteil des Gebäudes übernehmen die horizontal kragenden Gitterroste im
Zwischenraum die Aufgabe des Sonnenschutzes.
Freie Fensterlüftung mit Dreh-Kippflügeln, nach der Sanierung über den Fassadenzwischenraum
Über bereits vorhandenen innenliegende Vertikallamellen
Sommerlicher Wärmeschutz
Belüftung
Blendschutz
Schallschutz
Abgehängte Decken zur Reduzierung der Nachhallzeit, Doppelfassade zur Reduzierung der Lärmimmissionen
Anhang Tab. 2: Datenblatt Kreisverwaltung Bad Segeberg
Anhang
V
Datenblatt R+V Versicherung Hamburg
Allgemeines
Name des Gebäudes
R+V Versicherung
Standort
Domstr. 15, 20095 Hamburg
Nutzung
Verwaltungsgebäude
Gebäudegeometrie
Erbauung (Bezug)
12 Geschosse, Zweispänner Ost-West Ausrichtung, EG mit abweichendem
Grundriss, zwei Untergeschosse u.a. mit Tiefgaragen
1961(1962)
Sanierung (Bezug)
10/2001 – 05/2002 (05/2002)
Kennwerte nach Sanierung
21.188 / 26.883 m³ BRI
6.277 / 8.082 m² BGF
5.561 / 6.847 m² NGF
(ohne / mit Tiefgarage,
(ohne/ mit Tiefgarage,
(ohne/ mit Tiefgarage)
davon 849 m³ Doppelfas- davon 357 m² Doppelfassade)
sade)
Keine Veränderung der Nutz- und Funktionsflächen durch die Sanierung
Baukosten
8.600.000 € KG 300+400 netto (davon ca. 3.500.000 € Fassade)
Arbeitsplätze
226
Planer
Architekt: ASTOC – Architects + Planners, Köln
Höhler & Partner, Aachen
Statik: Windels – Timm – Morgen, Hamburg
Gebäudetechnik: IGH Ing. Ges. Höpfner, Köln
Fassadenkonzept: Michael Lange, Hamburg
Doppelfassade
Bauart
Kastenfassade
Konstruktion
Zwischenraumtiefe
ESG rahmenlos, zweiseitig vertikal linienförmig gelagert, je zwei Scheiben
nebeneinander bilden den Abschluss eines Kastenelements, Achsmaß ca. 1,40
m, Geschosshöhe 3,20 m
0,16 / 0,47 m minimal / maximal (schräggestellte Scheiben) geschosshoch
Fassadenfläche
Gesamt: 3.538 m² davon Doppelfassade: 2.433 m²
Öffnungen Doppelfassade
Je 1 feste Zu- und Abluftöffnung im Kastenelement; versetzte Anordnung um
Infiltrationen aus der Doppelfassade zu vermeiden
Energiekonzept
Heizung
Heizanlage erneuert: Fernwärmeanschluss, Radiatoren mit Thermostatventilen
Klimatisierung / Kühlung
Kompressionskälte, KW-Satz auf Dach, luftgekühlter Kondensator, 160 kW,
Geschäftsleitungs- und Konferenzräume mit Fancoils aus Fluren, Sonderkühlung
für EDV und Kopiercenter, RLT-Anlage mit WRG für die Räume mit Kühlung
Freie Fensterlüftung mit Dreh-Kippflügeln, nach der Sanierung über den Fassadenzwischenraum, Treppenhaus mit Druckbelüftung
Über die horizontalen Fensterbänder der Primärfassade
Belüftung
Belichtung
Beleuchtung
Brandschutz
Zweistufig schaltbare direkt – indirekt - Stehleuchten, Tischleuchte auf Wunsch,
Flure mit Einbauleuchten (ein/aus Schalter) in abgehängten Decken
Rauchmeldeanlage in den Fluren, Druckbelüftung im Treppenhaus
Schallschutz
Doppelfassade zur Reduzierung der Lärmimmissionen
Elektro- Medienversorgung
Überflurkanal entlang der Fassade, im EG Doppelboden
Winterlicher Wärmeschutz
Doppelfassade und Wärmeschutzglas in der Primärfassade
Sommerlicher Wärmeschutz
Warema Horizontallamelle mit fester Lichtlenkeinstellung ca. 25% oben im ZWR,
Verglasung der Sekundärfassade in der oberen Hälfte mit Horizontalstreifen
bedruckt (40% Bedruckungsgrad), EG mit Sonnenschutzverglasung
Siehe sommerlicher Wärmeschutz
Blendschutz
Anhang Tab. 3: Datenblatt R+V Versicherung Hamburg
VI
Anhang
Datenblatt Gebäude „BS4“ der TU Braunschweig
Allgemeines
Name des Gebäudes
Hochhaus „BS4“ der TU Braunschweig „BS4“
Standort
Mühlenpfordtstr. 23, 38106 Braunschweig
Nutzung
Forschung und Lehre (Universität)
Gebäudegeometrie
Erbauung (Bezug)
14 Geschosse (UG, EG, und 12 Obergeschosse), kompakter Baukörper, innenliegende Kombizone, außenliegende Büros, zwei Erschließungstürme
1973-1975 (1975)
Sanierung (Bezug)
Noch nicht erfolgt, Teilsanierung (10.OG) 1999/2000
Kennwerte vorher / nachher
35.829 / 37218 m³ BRI
9305 / 9666 m² BGF
8.075 / 8.125 m² NGF
(davon. 1.389 m³ Doppel- (davon. 361 m² Doppelfasfassade)
sade)
Geplant: 3.270.000 € KG 300+400 netto (davon ca. 1.265.000 € für die Fassadensanierung)
240 / 312 Mitarbeiter
Baukosten
Arbeitsplätze vorher / nachher
Planer
Architekt: Architekten PSP, Braunschweig
Statik Doppelfassade: Prof. Sprysch + Partner
Planung Doppelfassade: Institut für Gebäude- und Solartechnik / Architekten PSP
Doppelfassade
Bauart
Konstruktion
Geschossweise getrennte Kastenfassade im Stützenraster 7,05m auf der Südund Westseite, 10,35m auf der Südwestseite
ESG rahmenlos, 4-seitig linienförmig gelagert, punktgehalten
Zwischenraumtiefe
1,00 m
Fassadenfläche
Gesamt: 2.952 m²
Öffnungen
Je Geschoss und Fassadenrasterfeld eine feststehende linienförmige Zuluftöffnung im Bodenbereich und eine feststehende linienförmige Abluftöffnung im
Deckenbereich
Doppelfassade: 1.389 m²
Energiekonzept
Heizung
Klimatisierung / Kühlung
Belichtung
Heizanlage unverändert: Fernwärmeanschluss, Flachheizkörper, Thermostatventile
Neue RLT-Anlage für Sondernutzungen und übertiefe Gebäudebereiche
Elektro- Medienversorgung
Primär über die horizontalen Fensterbänder, sekundär über teilverglaste Bürotrennwände
Vollständiger Ersatz der bestehenden Anbauleuchten in den Bürobereichen durch
abgependelte direkt - indirekt - Spiegelrasterleuchten und Arbeitsplatzbeleuchtung
Automatische Früherkennung über Rauchmelder und Sichtkontakt in die Kombizone
Neue Elektroinstallationen in den bestehenden Brüstungs- bzw. Bodenkanälen
Winterlicher Wärmeschutz
Doppelfassade Süd-, Südwest-, Westseite:
Wärmeschutzverglasung
Beleuchtung
Brandschutz
Sommerlicher Wärmeschutz
Belüftung
Blendschutz
Schallschutz
Fassadensanierung Nord- Ostseite:
Wärme-, bzw. Sonnenschutzverglasung
Warema Klapplamelle im ZWR, tages- Sonnenschutzverglasung
lichtlenkend
Freie Fensterlüftung mit Kippflügeln über Freie Fensterlüftung mit Kippflügeln
den Fassadenzwischenraum
Siehe sommerlicher Wärmeschutz
Innenliegende Blendschutzlamellen auf
der Ostseite tageslichtlenkend
Teilabgehängte Decken zur ReduzieTeilabgehängte Decken zur Reduzierung der Nachhallzeit, Doppelfassade
rung der Nachhallzeit
zur Reduzierung der Raumschallpegels
Anhang Tab. 4: Datenblatt Gebäude „BS4“ der TU Braunschweig
Anhang
VII
Thermische Gebäudesimulation Variantenbeschreibung
2A
SW
Fassade Büro
Verglasung außen
LW im ZWR
Heizung
Kühlung
Lüftung
Infiltration
Personen
Arbeitshilfen
Beleuchtung
Sonnenschutz
2B
wie 2A
Fassade Büro
Verglasung außen
Kühlung
Lüftung
Infiltration
Beleuchtung
Sonnenschutz
2C
wie 2A
Fassade Büro
Verglasung außen
Lüftung
Sonnenschutz
2D
wie 2C
Fassade Büro
Lüftung
Sonnenschutz
2E
wie 2A
Beleuchtung
Fassade Büro
3A1
wie 2A
Lüftung
Kühlung
3A2
wie 2A
Kühlung
3A3** wie 2A
Kühlung
3A4** wie 2A
Kühlung
Wärmeschutzverglasung WSV, U - Wert 1,1 W/m²K, g - Wert 0,57, RMG 2.2;
Brüstungspaneel U - Wert 0,5 W/m²K, Stütze U - Wert 0,65 W/m²K
ESG 10 mm, U - Wert 5,8 W/m²K, g - Wert 0,8, tL = 0,87
-1
65 h entsprechend einer 10° Klappenstellung
TO*
TO*
Soll - Raumtemperatur Sept. bis Mai Mo - Fr 7 - 18 Uhr 21 °C , sonst 17 °C
-1
Nachtlüftung 6,5 h , automatisiert Mai - Sept. Mo - Fr 17 - 8 Uhr und Sa - So 0 24 Uhr ab einer Raumtemperatur >25 °C, Auskühlung bis 20 °C wenn ϑa+1<ϑi
-1
Natürliche Lüftung über Doppelfassade; KW 23 - 36 Mo - Fr 8 - 17 Uhr n = 2 h ;
sonst Mo - Fr 8 - 12 und 13 - 17 Uhr 30 m³/Person
-1
Durchgehend 0,15 h
Arbeitsplatzdichte 15 m²HNF/Person, Mo - Fr 8 - 12 und 13 - 17 Uhr
150 W/Person Mo - Fr 8 - 17 Uhr, sonst 50 W/Person
Nennbeleuchtungsstärke 500 lx, zweireihig abgependelt manuell, installierte
Lampenleistung 11 W/m², 650 Vollaststunden
Sonnenschutz in der Doppelfassade mit einem FC - Wert von 0,1 wirksam ab
einer Einstrahlung von 120 W/m²
Sonnenschutzverglasung SSV, U - Wert 3,0 W/m²K, g - Wert 0,41, RMG 2.2,
Brüstungspaneel U - Wert 0,5 W/m²K, Stütze U - Wert 2,6 W/m²K
Keine Sekundärfassade
Keine
-1
Wochenweise angepasste Raumlüftung KW 19 - 41 Mo - Fr 8 - 17 Uhr n = 2 h
-1
Durchgehend 0,4 h
Nennbeleuchtungsstärke 500 lx, Anbauleuchten mit Blendschutzraster, installierte Lampenleistung 28 W/m², 1000 Vollaststunden
Innenliegender Sonnenschutz mit einem FC - Wert von 0,8 Wochentags gleichlaufend mit dem Sonnenschutz in 2A
Sonnenschutzverglasung SSV, U - Wert 1,1 W/m²K, g - Wert 0,34, Rahmen U Wert 1,8 W/m²K, Brüstungspaneel U - Wert 0,4, Stütze 0,65 W/m²K
Keine Sekundärfassade
-1
Wochenweise angepasste Raumlüftung KW 16 - 42 Mo - Fr 8 - 17 Uhr n = 2 h
Innenliegender Sonnenschutz mit einem FC - Wert von 0,8 (Reflexionsgrad des
Sonnenschutzes 0,45, helle Farben, beige) Wochentags gleichlaufend mit dem
Sonnenschutz in 2A
Wärmeschutzverglasung WSV, U - Wert 1,1 W/m²K, g - Wert 0,57
-1
Wochenweise angepasste Raumlüftung KW 19 - 41 Mo - Fr 8 - 17 Uhr n = 2 h
Außenliegend Sonnenschutz mit einem FC - Wert von 0,13 (Strahlungstransmissionsgrad des Sonnenschutzes 0,05, geschlossene, schienengeführte Raffstore,
Weißaluminium) Schaltschwelle 120 W/m² automatisiert (entspricht der Schaltschwelle der Variante 2A)
520 Vollaststunden, Tageslichttransmission von 67 % auf 76 % erhöht
Rahmen U - Wert 1,8 W/m²K, Brüstungspaneel U - Wert 0,4 W/m²K, Stütze U Wert 0,65 W/m²K
-1
Wochenweise angepasste Raumlüftung KW 20 - 38 Mo - Fr 8 - 17 Uhr n = 2 h
-1
Nachtlüftung 2 h , automatisiert Mai - Sept. Mo - Fr 17 - 8 Uhr und Sa - So 0 –
24 Uhr ab einer Raumtemperatur >25 °C, Auskühlung bis 22 °C wenn ϑa+1<ϑi
Keine
-1
3A5** wie 3A4 Kühlung / Lüftung
Nachtlüftung 2 h , automatisiert Mai - Sept. Mo - Fr 17 - 8 Uhr und Sa - So 0 24 Uhr ab einer Raumtemperatur >25 °C, Auskühlung bis 17 °C wenn ϑa+1<ϑi
-1
Nachtlüftung 6,5 h , automatisiert Mai - Sept. Mo - Fr 17 - 8 Uhr und Sa - So 0 24 Uhr ab einer Raumtemperatur >25 °C, Auskühlung bis 13 °C wenn ϑa+1<ϑi
-1
KW 23 - 36 Mo - So 0 - 24 Uhr n = 6,5h
3A6** wie 3A2 Kühlung / Lüftung
KW 23 - 36 keine Lüftung
3C1
wie 2C
Kühlung
3C2
wie 2C
Kühlung
Nachtlüftung 2 h , automatisiert Mai - Sept. Mo - Fr 17 - 8 Uhr und Sa - So 0 24 Uhr ab einer Raumtemperatur >25 °C, Auskühlung bis 22 °C wenn ϑa+1<ϑi
Keine
3D1
wie 2D
Kühlung
3D2
wie 2D
Kühlung
-1
-1
Nachtlüftung 2 h , automatisiert Mai - Sept. Mo - Fr 17 - 8 Uhr und Sa - So 0 24 Uhr ab einer Raumtemperatur >25 °C, Auskühlung bis 22 °C wenn ϑa+1<ϑi
Keine
VIII
Anhang
-1
4A1
wie 2A
LW im ZWR
20 h entsprechend einer 5° Klappenstellung
4A2
wie 2A
LW im ZWR
100 h entsprechend einer 30° Klappenstellung
5A1
wie 2A
Sonnenschutz
Einschaltschwelle 180 W/m²
5A2
wie 2A
Sonnenschutz
Einschaltschwelle 250 W/m²
6A1
wie 2A
6A2
wie 2A
7A1
wie 2A
Fassade Büro
Beleuchtung
Verglasung außen
Beleuchtung
Kühlung
7C1
wie 2C
7D1
wie 2D
8A1
wie 3A1 Interne Gewinne
Einsatz einer Sonnenschutzverglasung 67/34 anstelle der WSV
780 Vollaststunden, Tageslichttransmission von 67 % auf 58 % reduziert
Einsatz von ESG grün 62/48 anstelle des ESG
780 Vollaststunden, Tageslichttransmission von 67 auf 54% reduziert
-1
Nachtlüftung 6,5 h , automatisiert Mai - Sept. Mo - Fr 17 - 8 Uhr und Sa - So 0 24 Uhr ab einer Raumtemperatur >25 °C, Auskühlung bis 21 °C wenn ϑa+1<ϑi
Keine abgehängte Decke
-1
Nachtlüftung 6,5 h , automatisiert Mai - Sept. Mo - Fr 17 - 8 Uhr und Sa - So 0 24 Uhr ab einer Raumtemperatur >25 °C, Auskühlung bis 21 °C wenn ϑa+1<ϑi
Keine abgehängte Decke
-1
Nachtlüftung 6,5 h , automatisiert Mai - Sept. Mo - Fr 17 - 8 Uhr und Sa - So 0 24 Uhr ab einer Raumtemperatur >25 °C, Auskühlung bis 21 °C wenn ϑa+1<ϑi
Keine abgehängte Decke
50 W/Person Mo - Fr 8 - 17 Uhr, sonst 16 W/Person
8A2
wie 7A1 Interne Gewinne
250 W/Person Mo - Fr 8 - 17 Uhr, sonst 83 W/Person
Speicher
Kühlung
Speicher
Kühlung
Speicher
-1
9A1*** wie 2A
Sonnenschutz
Einschaltschwelle 250 W/m² von Oktober bis März
9C1***wie 2C
Fassade Büro
Sonnenschutzverglasung SSV, U - Wert 1,1 W/m²K, g - Wert 0,34, RMG 2.2;
Brüstungspaneel U - Wert 0,5 W/m²K, Stütze U - Wert 0,65 W/m²K
* OP operative Raumtemperatur
** nur Simulation Sommer 2003
*** nur Jahressimulation TRY 02
Anhang Tab. 5: Thermische Gebäudesimulation Variantenbeschreibung
Anhang
IX
Musterfragebogen Sanierung
Dieser Fragebogen wurde im Rahmen der Arbeit „Sanierung von Bürohochhäusern der
1960er und 1970er Jahre“ entwickelt.
Nutzerumfrage zur Sanierung mit Doppelfassaden
Im Rahmen Vorhabens „Sanierung von Bürohochhäusern der 1960 und 1970er Jahre“
möchten wir Ihnen einige Fragen zu Ihrem Arbeitsplatz und Arbeitsraum stellen. Durch Ihre
Antworten helfen Sie uns, die Komfortbedingungen dieses Gebäudes nach der Sanierung
zu bewerten. Ziel des Projektes ist es, diese Erfahrungen auszuwerten um Vorschläge für
die kostengünstige und umweltfreundliche Sanierung von Büro- und Verwaltungsgebäuden
zu erarbeiten, bei denen das Wohlbefinden der dort arbeitenden Menschen an erster Stelle
steht.
Alle Angaben in diesem Fragebogen sind freiwillig und anonym. Die Ergebnisse werden von
uns ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke verwendet, vertraulich behandelt und nicht
an Dritte weitergegeben. Bitte beantworten Sie, soweit möglich, alle Fragen. Auch für
Anmerkungen, Ideen und Vorschläge sind wir jederzeit dankbar!
A
Zunächst einige Fragen zu Ihrer Person (Zutreffendes bitte ankreuzen)
A1
Alter
O unter 20
O 20 – 30
O 31 – 40
O 41 – 50
O 51 – 60
O über 60
O männlich
O weiblich
A2
Geschlecht
A3
In welchem Bereich des Gebäudes haben Sie Ihr Büro?
..................-Geschoss
mit Fenstern nach
A4
O Norden
O Süden
O Westen
Verbringen Sie den größten Teil Ihrer Arbeitszeit in diesem Raum ?
O ja
A5
O Osten
O nein
Wie lange arbeiten Sie schon in diesem Raum?
......................................................................................................................................................
A6
Wie viele Arbeitsplätze befinden sich in Ihrem Büro?
Arbeitsplätze für ..................Person/en
A7
Wie und wo verbringen Sie den größten Teil Ihrer Arbeitszeit?
O
am Schreibtisch, kaum Bildschirmarbeit
O
am Schreibtisch, überwiegend Bildschirmarbeit
O
andere Tätigkeit
X
Anhang
B
Behaglichkeit und Aufenthaltsqualität
B1
Allgemein: Beurteilen Sie folgende Aspekte der Aufenthaltsqualität in Ihrem Büro
Empfundene Raumtemperatur:
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
häufig zu kalt
O
sehr verbessert
O
manchmal zu kalt
O
etwas verbessert
O
gerade richtig
O
nicht verändert
O
manchmal zu warm
O
etwas verschlechtert
O
häufig zu warm
O
sehr verschlechtert
empfundene Luftfeuchtigkeit
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
häufig zu feucht
O
sehr verbessert
O
manchmal zu feucht
O
etwas verbessert
O
gerade richtig
O
nicht verändert
O
manchmal zu trocken
O
etwas verschlechtert
O
häufig zu trocken
O
sehr verschlechtert
Frische der Luft
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
sehr gering
O
sehr verbessert
O
gering
O
etwas verbessert
O
gut
O
nicht verändert
O
sehr gut
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
Luftzug
Die Situation hat sich durch die Sanierung.
O
sehr stark
O
sehr verbessert
O
stark
O
etwas verbessert
O
kaum wahrnehmbar
O
nicht verändert
O
überhaupt nicht
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
Geräusche
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
sehr störend
O
sehr verbessert
O
störend
O
etwas verbessert
O
kaum wahrnehmbar
O
nicht verändert
O
überhaupt nicht
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
Anhang
XI
Gerüche
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
sehr stark
O
sehr verbessert
O
stark
O
etwas verbessert
O
kaum wahrnehmbar
O
nicht verändert
O
überhaupt nicht
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
empfundene Behaglichkeit
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
sehr unangenehm
O
sehr verbessert
O
unangenehm
O
etwas verbessert
O
angenehm
O
nicht verändert
O
sehr angenehm
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
Wenn es in Ihrem Raum zu Beeinträchtigungen wie Zugerscheinungen, Geruchsbelästigungen, etc.
kommt, beschreiben Sie dies bitte kurz
...........................................................................................................................................................................................
...........................................................................................................................................................................................
...................................................................................................................................................................
B2
Allgemeines: Bitte geben Sie Auskunft über Ihr gesundheitliches Wohlbefinden am
Arbeitsplatz. Haben Sie…
… trockene Schleimhäute?
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
ständig
O
sehr verbessert
O
oft
O
etwas verbessert
O
selten
O
nicht verändert
O
nie
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
… trockene Augen ?
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
ständig
O
sehr verbessert
O
oft
O
etwas verbessert
O
selten
O
nicht verändert
O
nie
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
…Sehbeschwerden ?
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
ständig
O
sehr verbessert
O
oft
O
etwas verbessert
O
selten
O
nicht verändert
O
nie
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
XII
Anhang
… Kopfschmerzen?
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
ständig
O
sehr verbessert
O
oft
O
etwas verbessert
O
selten
O
nicht verändert
O
nie
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
…Konzentrationsschwäche ?
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
ständig
O
sehr verbessert
O
oft
O
etwas verbessert
O
selten
O
nicht verändert
O
nie
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
…Rasche Ermüdung ?
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
ständig
O
sehr verbessert
O
oft
O
etwas verbessert
O
selten
O
nicht verändert
O
nie
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
… Benommenheit?
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
ständig
O
sehr verbessert
O
oft
O
etwas verbessert
O
selten
O
nicht verändert
O
nie
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
… Reizbarkeit ?
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
ständig
O
sehr verbessert
O
oft
O
etwas verbessert
O
selten
O
nicht verändert
O
nie
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
Sonstiges und eigene Anmerkungen zum gesundheitlichen Wohlbefinden am Arbeitsplatz:
...................................................................................................................................................................
...................................................................................................................................................................
...................................................................................................................................................................
Anhang
B3
XIII
Spezialfragen: Bewerten Sie die akustische Behaglichkeit in Ihrem Raum
Außenlärm bei geöffnetem Fenster
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
sehr störend
O
sehr verbessert
O
störend
O
etwas verbessert
O
kaum wahrnehmbar
O
nicht verändert
O
überhaupt nicht
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
Geräusche aus Nachbarräumen
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
sehr störend (Gesprächsinhalte verstehbar)
O
sehr verbessert
O
störend
O
etwas verbessert
O
kaum wahrnehmbar
O
nicht verändert
O
überhaupt nicht
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
Geräusche aus dem eigenen Raum
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
sehr störend
O
sehr verbessert
O
störend
O
etwas verbessert
O
kaum wahrnehmbar
O
nicht verändert
O
überhaupt nicht
O
etwas verschlechtert
O
sehr verschlechtert
B4
Spezialfragen: Bewerten Sie die gefühlte Temperatur in Ihrem Raum…
…an einem kalten Wintertag:
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
sehr kalt
O
sehr verbessert
O
kalt
O
etwas verbessert
O
gerade richtig
O
nicht verändert
O
warm
O
etwas verschlechtert
O
sehr warm
O
sehr verschlechtert
…an einem warmen Sommertag:
Die Situation hat sich durch die Sanierung
O
sehr kalt
O
sehr verbessert
O
kalt
O
etwas verbessert
O
gerade richtig
O
nicht verändert
O
warm
O
etwas verschlechtert
O
sehr warm
O
sehr verschlechtert
Falls es zu warm wird, treten die Überhitzungen eher
O
am Vormittag oder
O
am Nachmittag auf?
XIV
Anhang
C
Technische Ausstattung
C1
Wie ist die technische Ausstattung Ihres Arbeitsplatzes ?
Monitor
O ja
O nein
Anzahl .......
LCD-Bildschirm
O ja
O nein
Anzahl .......
Computer
O ja
O nein
Anzahl .......
Laptop
O ja
O nein
Anzahl .......
Drucker
O ja
O nein
Anzahl .......
Schreibtischleuchte
O ja
O nein
Anzahl .......
Sonstiges
O ja
O nein
wenn ja, was
....................................................................................................................................................
C2
Gibt es an Ihrem Arbeitsplatz Geräte, die ständig betrieben werden, bzw. im Stand-ByModus laufen?
O ja
O nein
Wenn ja, welche?
....................................................................................................................................................
C3
Spielt der Energieverbrauch bei der Anschaffung technischer Geräte an Ihrem
Arbeitsplatz eine Rolle?
C4
O ja
O nein
Wann öffnen Sie in der Regel das/die Fenster?
O
wenn die Luft zu warm ist
O
wenn die Luft zu kalt ist
O
wenn die Luft zu trocken ist
O
wenn die Luft zu feucht ist
O
wenn die Luft zu sauerstoffarm ist
O
wenn die Luft zu geruchsbelastet ist
O
gar nicht
O
Sonstiges, und zwar
....................................................................................................................................................
C6
Wie häufig und wie lange öffnen Sie Ihre Fenster während eines warmen Sommertages
Häufigkeit :
O gar nicht
O .......mal/Tag
O weit geöffnet
O gekippt
Dauer: ..........................
Fensterstellung:
C7
Wie häufig und wie lange öffnen Sie Ihre Fenster während eines kalten Wintertages?
Häufigkeit :
O gar nicht
O .......mal/Tag
O weit geöffnet
O gekippt
Dauer: ..........................
Fensterstellung:
Anhang
XV
D
Beheizung
D1
Bewerten Sie bitte die Heizungsanlage in Ihrem Büro hinsichtlich Behaglichkeit und
Handhabung mit Noten von 1 = sehr gut bis 6 = sehr schlecht
Behaglichkeit: Note.......,
weil: ……………………………………………….. O
sehr verbessert
……………………………………………………… O
etwas verbessert
……………………………………………………… O
nicht verändert
……………………………………………………… O
etwas verschlechtert
……………………………………………………… O
sehr verschlechtert
Handhabung: Note.......,
D2
Die Situation hat sich durch die Sanierung
Die Situation hat sich durch die Sanierung
weil: ……………………………………………….. O
sehr verbessert
……………………………………………………… O
etwas verbessert
……………………………………………………… O
nicht verändert
……………………………………………………… O
etwas verschlechtert
……………………………………………………… O
sehr verschlechtert
Welche Verbesserungsvorschläge zur Heizungsanlage haben Sie?
......................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
E
Beleuchtung
E1
Bewerten Sie bitte die Beleuchtung in Ihrem Büro hinsichtlich der Lichtverhältnisse am
Arbeitsplatz und der Handhabung mit Noten von 1 = sehr gut bis 6 = sehr schlecht
Lichtverhältnisse am Arbeitsplatz
Tageslicht-Qualität:
Note.......,
Die Situation hat sich durch die Sanierung
weil: ……………………………………………….. O
sehr verbessert
……………………………………………………… O
etwas verbessert
……………………………………………………… O
nicht verändert
……………………………………………………… O
etwas verschlechtert
……………………………………………………… O
sehr verschlechtert
XVI
Anhang
Kunstlicht-Qualität: Note.......,
Die Situation hat sich durch die Sanierung
weil: ……………………………………………….. O
sehr verbessert
……………………………………………………… O
etwas verbessert
……………………………………………………… O
nicht verändert
……………………………………………………… O
etwas verschlechtert
……………………………………………………… O
sehr verschlechtert
Kunstlicht-Regelbarkeit: Note.......,
Die Situation hat sich durch die Sanierung
weil: ……………………………………………….. O
sehr verbessert
……………………………………………………… O
etwas verbessert
……………………………………………………… O
nicht verändert
……………………………………………………… O
etwas verschlechtert
……………………………………………………… O
sehr verschlechtert
Kunstlicht-Bedienungskomfort: Note.......,
Die Situation hat sich durch die Sanierung
weil: ……………………………………………….. O
sehr verbessert
……………………………………………………… O
etwas verbessert
……………………………………………………… O
nicht verändert
……………………………………………………… O
etwas verschlechtert
……………………………………………………… O
sehr verschlechtert
Sonnenschutz: Note.......,
Die Situation hat sich durch die Sanierung
weil: ……………………………………………….. O
sehr verbessert
……………………………………………………… O
etwas verbessert
……………………………………………………… O
nicht verändert
……………………………………………………… O
etwas verschlechtert
……………………………………………………… O
sehr verschlechtert
Sonnenschutz-Handhabung: Note.......,
Die Situation hat sich durch die Sanierung
weil: ……………………………………………….. O
sehr verbessert
……………………………………………………… O
etwas verbessert
……………………………………………………… O
nicht verändert
……………………………………………………… O
etwas verschlechtert
……………………………………………………… O
sehr verschlechtert
Blendschutz: Note.......,
Die Situation hat sich durch die Sanierung
weil: ……………………………………………….. O
sehr verbessert
……………………………………………………… O
etwas verbessert
……………………………………………………… O
nicht verändert
……………………………………………………… O
etwas verschlechtert
……………………………………………………… O
sehr verschlechtert
Anhang
XVII
Blendschutz-Handhabung: Note.......,
E2
Die Situation hat sich durch die Sanierung
weil: ……………………………………………….. O
sehr verbessert
……………………………………………………… O
etwas verbessert
……………………………………………………… O
nicht verändert
……………………………………………………… O
etwas verschlechtert
……………………………………………………… O
sehr verschlechtert
Bewerten Sie bitte die Beleuchtung in den folgenden Räumlichkeiten hinsichtlich
Behaglichkeit und Handhabung mit Noten von 1 = sehr gut bis 6 = sehr schlecht
Flure
Behaglichkeit: Note.....
Handhabung:
Toiletten
Note.....
Behaglichkeit: Note.....
Handhabung:
Note.....
Treppenhaus Behaglichkeit: Note.....
Handhabung:
E3
Note.....
Welche Verbesserungsvorschläge zur Beleuchtung haben Sie?
......................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
F
Alltag
F1
Was gefällt Ihnen an dem Gebäude besonders gut?
......................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
F2
Was gefällt Ihnen gar nicht an dem Gebäude?
......................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
XVIII
F3
Anhang
Wünschen Sie sich eine bessere Aufklärung über die Funktionsweise der
Doppelfassade und deren Zusammenwirken mit der Gebäudetechnik?
O ja
O nein
Wenn ja, was speziell?
......................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
F4
Bewerten Sie den Sanierungserfolg mit Noten zwischen 1 = sehr gut und 6 = sehr
schlecht geben Sie bitte eine kurze Begründung an
Note......,
weil................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
......................................................................................................................................................
Allgemeine Bemerkungen:
...................................................................................................................................................................
...................................................................................................................................................................
...................................................................................................................................................................
...................................................................................................................................................................
...................................................................................................................................................................
Sie sind nun am Ende des Fragebogens angelangt. Falls Sie sich für die Gesamtergebnisse
dieser Fragebogenaktion interessieren, wenden Sie sich bitte an
…………………………………………………………………………………………………
Vielen Dank für Ihre Mitarbeit!
Herunterladen