CA report - Projected global warming

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Erwartete Klimaerwärmung bei einer weltweiten
Klimapolitik nach Schweizer Vorgabe
Im Auftrag von Greenpeace Switzerland
19. November 2009
Michiel Schaeffer
CLIMATE ANALYTICS, Potsdam, Deutschland und New York, USA
Deutsche Übersetzung durch Dieter Kuhn, New York, www.dkuhn.com
Inhaltsverzeichnis:
Einführung und Zusammenfassung........................................................................................................................2
1 Globaler Emissionspfad basierend auf Schweizer CO2-Ziel.........................................................................2
2 Konzentration und Klimaerwärmung...............................................................................................................5
3 Schlussfolgerungen ..............................................................................................................................................7
Literaturhinweise .........................................................................................................................................................8
Informationen zu Climate Analytics.........................................................................................................................9
Anhang A ....................................................................................................................................................................10
Climate Analytics GmbH
c/o Potsdam Institute for Climate Impact Research (PIK) e.V.
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14473 Potsdam, Germany
Tel.: +49 (0)331 288 2481
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www.climateanalytics.org
2
Einführung und Zusammenfassung
Die Schweiz hat vorgeschlagen, ihre CO2 -Emissionen bis 2020 um mindestens 20% unter den Stand von
1990 zu senken. Greenpeace Schweiz befürchtet, dass dieses Ziel gemäss den IPCC-Erkenntnissen, dass die
Industrieländer ihre Emissionen um 25-40% bis 2020 gegenüber 1990 senken müssen, um die globale
Erwärmung unter 2ºC gegenüber der vorindustriellen Zeit zu halten, nicht genügen. Ausserdem gibt es noch
keine bestätigte Schweizer Position für ein eigenes 2050-Ziel. Auf der anderen Seite will die Europäische
Union ihre Emissionen bis 2050 gegenüber 1990 um 80-95% und global um mindestens 50% reduzieren. Die
Allianz der kleinen Inselstaaten (AOSIS) und die wenigsten entwickelten Staaten (LDC) verlangen bis 2050
eine globale Reduktion von 85%. Im vorliegenden Bericht untersuchen wir ein Szenario mit globalen CO2 Reduktionsmassnahmen für den rein hypothetischen Fall, dass die Schweizer Position in dieser Frage von
allen Industrieländern übernommen würde und versuchen in Erfahrung zu bringen, wie ein solches Szenario
im Hinblick auf das erklärte Ziel, die Klimaerwärmung auf maximal 2°C über dem vorindustriellen Stand zu
beschränken, abschneidet. In diesem Szenario – von Greenpeace Schweiz als Diskussionsbeitrag vorgelegt –
kommen die Hälfte der gesamten CO2 -Reduktionen durch Massnahmen im Ausland zustande. Andere
Industrieländer nehmen, gemessen an ihren eigenen Emissionen, die genau gleichen Senkungen vor und der
Massnahmentrend bis 2020 wird linear bis 2100 verlängert. Die von den Industrieländern bis 2020
vorgenommene Gesamtsenkung der Emissionen auf 20% unter den Stand von 1990 ist weniger als die laut
IPCC zur Einhaltung der Temperaturlimite von 2 °C erforderlichen 25-40%. Die bescheidene Zielsetzung
der Industrieländer verführt auch die Entwicklungsländer dazu, keine über die gegenwärtig geplanten
Massnahmen hinausführenden Anstrengungen zur Reduktion der Emissionen ins Auge zu fassen.
In diesem Szenario erreichen die globalen Emissionen ihren Höhepunkt mit 60GtCO2-eq um 2050 – ein
bisschen früher also und rund 10GtCO2-equivalent (eq) tiefer als in dem als Vergleichsgrösse dienenden
Business as usual (BAU)-Szenario – und sinken dann um 2100 unter 50GtCO2-eq, ein Wert, der immer noch
über dem gegenwärtigen Stand liegt. Obschon die Gesamtemissionen der Entwicklungsländer bis 2060 weiter
ansteigen, während sie in den Industrieländern dannzumal abnehmen, gleichen sich die Pro-KopfEmissionen in beiden Regionen erst gegen Ende des Jahrhunderts an. Im Jahre 2020 liegen die Emissionen
in den Industrieländern bei 12 tCO2 -eq/ Jahr, währenddem es in den Entwicklunglsändern 6 tCO2 -eq/Jahr
sind. Im Jahre 2050 liegen die Werte bei 9 und 7 t tCO2 -eq/Jahr und nähern sich in beiden Regionen gegen
Ende des Jahrhunderts bei 6 tCO2 -eq/Jahr an.
Der späte Höhepunkt und die bescheidene Abnahme der Emissionen nach dem Erreichen des Höhepunktes
in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts haben zur Folge, dass die Treibhausgaskonzentration bis 2100 auf
750 ppm CO2 -Aequivalente ansteigt. Die Zuwachsrate verlangsamt sich zwar allmählich, doch die
Konzentrationen sind auch auf diesem hohen Niveau alles andere als stabil. Da die Konzentrationen nicht
konstant bleiben und schon gar nicht abnehmen, erreichen die globalen Temperaturmittel ihren Höhepunkt
nicht im 21. Jahrhundert, sondern steigen auch um die Jahrhundertwende 2100 noch immer weiter. Die 2
°C-Limite wird dannzumal mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit überschritten sein und die Chance, dass
die Klimaerwärmung 3°C übertrifft, beträgt rund 50%. Die beste Abschätzung bezüglich der
Temperaturzunahme gegenüber der vorindustriellen Zeit in diesem Szenario ist 1ºC im Jahre 2020, 1,8ºC im
Jahre 2050 und 3ºC im Jahre 2100. Dieses Emissionssenkungs-Szenario lässt sich also nicht mit der
Forderung in Einklang bringen, der globale Temperaturanstieg sei auf maximal 2°C zu beschränken.
Dem obenstehenden Szenario könnte man zwei Szenarien gegenüberstellen, die in den vergangenen
Monaten an hochrangigen politischen Treffen diskutiert wurden: (i) ein von Lord Stern vorgeschlagenes
Szenario, das zu einer Stabilisierung bei einer atmosphärischen Konzentration von 450 ppm CO2 Äquivalenten führt und (ii) ein Szenario der AOSIS (Alliance of Small Island States/Allianz der kleinen
Inselstaaten), das die weltweite Klimaerwärmung, die um 2050 ihren Höhepunkt erreicht, noch im Verlauf
des 21. Jahrhunderts wieder auf 1.5 °C senken soll. Beide Szenarien zeigen, dass geophysische und
ökonomische Zwänge eine Beschränkung der Klimaerwärmung auf weniger als 2°C nicht unbedingt im weg
stehen; dazu sind allerdings einschneidendere CO2 -Reduktionen erforderlich, als sie die Schweiz gegenwärtig
vorsieht.
1
Globaler Emissionpfad basierend auf Schweizer CO2-Reduktionsziel
Das im vorliegenden Bericht dargelegte Szenario geht davon aus, dass alle Industriestaaten geschlossen das
3
CO2 -Reduktionsziel der Schweiz übernehmen. Obschon eine solche Annahme in Wirklichkeit höchst
unwahrscheinlich ist, kann die Auswertung der entsprechenden Klimafolgen durchaus ein wertvolles
Gedanken-Experiment darstellen, um den Effekt eines nationalen CO2 -Reduktionsziels zu verdeutlichen.
Die Schweiz hat das Kyoto-Protokoll ratifiziert und ist deshalb verpflichtet, ihre jährlichen Emissionen in
den Jahren 2008-2012 um durchschnittlich 8% unter den Stand von 1990 zu senken. Der Einfachheit
halber nehmen wir an, dass alle Reduktionen in Industrieländern sich auf den Stand der Industriemissionen
1990 beziehen (Anhang A des Kyoto-Protokolls) und nicht auf das sogenannte “Grundjahr”, das für einige
Länder von den Industrieemissionen 1990 abweicht. Man beachte, dass für die Jahre 2008-2012 eine
universelle Umsetzung des Schweizer Zielwerts durch sämtliche Industriestaaten eine tiefere kombinierte
Emissionssenkung bedeutet als im ‘wirklichen’ Kyoto-Protokoll festgehalten(-5%).
Im Zusammenhang mit den UNFCCC-Klimaverhandlungen im Vorfeld der COP15 in Copenhagen im
Dezember 2009, hat die Schweiz vorgeschlagen, ihre Emissionen bis 2020 weiter auf 20% unter den Stand
von 1990 zu senken. Die Hälfte dieser Reduktion darf durch internationale Kompensationsgeschäfte erzielt
werden. Wenn diese Vorgabe auf alle Industrieländer ausgedehnt wird, dann erfordern die internationalen
Kompensationsgeschäfte Emissionssenkungen in den Entwicklungsländern, finanziert von den
Industrieländern. Dabei ist es nötig, dass die jetzigen Mängel durch Schutzmassnahmen aufgehoben werden,
etwa, indem die Additionalität der Projekte gewährleistet ist, etc. (siehe bspw. Sathaye and Andrasko 2007).
Das Szenario nimmt überdies an, die Emissionen würden bis 2100 sowohl im Inland wie in den
Entwicklungsländern (finanziert von den Industrieländern) alle zehn Jahre um je weitere 6 Prozent gesenkt
(vgl. Abb.1 und Tab. 1).
A B B . 1 CO 2 - EQ E M ISSION EN
R EDUKTIONSZIE L
AUFGRUND D ES G LOBA L EN
E M ISSIONS - PFADS
BA SIER END AUF D E M
S CHWEIZ ER CO 2 -
Eine effektive CO2 -Reduktion in den Industriestaaten auf 10% unter den Stand von 1990 bis zum Jahr 2020
und eine Absenkung im gleichen Umfang durch Kompensationsgeschäfte im Ausland kommt letztlich nicht
an die 25-40 prozentige Absenkung durch die Industriestaaten heran, welche laut Schätzungen der IPCC
(2007) erforderlich wäre, um der Welt eine Klimaerwärmung von 2°C oder mehr gegenüber der Zeit vor der
4
Industrialisierung zu ersparen. Auf Ersuchen von Greenpeace Schweiz sollte das Szenario auch die Annahme
widerspiegeln, dass die Entwicklungsländer angesichts der ambitionslosen Reduktionspläne der
Industriestaaten darauf verzichten könnten, über die bestehenden Absenkungspläne hinausgehende
Massnahmen ins Auge zu fassen. Letztere würden bis 2020, laut einer früheren Schätzung der Autoren
(Rogelj et al. 2009), eine Absenkung der Emissionen auf 4% unter BAU (business-as-usual; SRES A1B; IPCC
2000)) zur Folge haben. Für die Jahre nach 2020 wird diese Reduktion in den Entwicklungsländern hier
zusätzlich zur Reduktion durch internationale Massnahmen der Industrieländer berücksichtigt (vgl. Tab. 1).
T A B . 1 E M ISSIONSPFAD B A SI ER END A UF S CHWEI ZER A BS E NKUNGSZI E L
Jahr
C O 2 -Abs enkung i n der
Schwei z und den
Industri eländern inland
(% im Vergl eich zu
1990)
C O 2 -Absenkung in der
Schweiz und den
Industrieländern kompensiert im ausland
(% im Vergleich zu
1990)
C O 2 -Absenkung in
Entwicklungsländern durch
Kompensatiosmass nahme n der
Industriestaaten und eig ene
Massnahmen der
Entwicklungsländer
(% im Vergleich zu business-asus ual)
1990
2000
2010
2020
2050
2100
+0%
-1%
-4%
-10%
-28%
-58%
+0%
+0%
-4%
-10%
-28%
-58%
+0%
+0%
-3%
-9% (inkl. -4% aus eigenen Massnahmen)
-13% (inkl. -4% aus eigenen Massnahmen)
-27% (inkl. -4% aus eigenen Massnahmen)
In diesem Sznario werden die Industriestaaten CO2 -Reduktionen gegenüber 1990 in der Grössenordnung von
25-40% erst um 2050 erreichen; so lange dauert es auch, bis die Entwicklungsländer ihre Emissionen um 1530% unter BAU (business-as-usual) gesenkt haben werden – ein Stand, der laut IPCC jedoch bereits 2020
erreicht sein müsste (vgl. Tab.1). Obwohl in diesem Szenario die Emissionen in den Entwicklungsländern bis
weit ins 21. Jahrhundert hinein weiterhin ansteigen, die Emissionen in den Industrieländern hingegen stetig
abnehmen, werden sich die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der beiden Regionen erst in den späten
80er Jahren angleichen. (vgl. Abb. 2)
Die Folgen des oben beschriebenen Szenarios werden dann mit den Auswirkungen dreier Alternativszenarien
verglichen. Das Referenz- oder Baseline-Szenario ist ein Normalbetriebs-Szenario (BAU), das weder für
Industrieländer noch für Entwicklungsländer irgendwelche CO2 -Absenkungen voraussieht. Dieses SRES A1BSzenario geht von einer fortschreitenden Globalisierung der Wirtschaft aus und rechnet nicht damit, dass
sich die wirtschaftliche Entwicklung grundlegend zu grösserer Nachhaltigkeit hin wandeln wird. Am anderen
Ende des Spektrums liegt ein Szenario, das sich an die Positionen der AOSIS (Alliance of Small Island
States) im UNFCCC-Prozess hält und in den Industriestaaten bis 2020 eine Reduktion gegenüber 1990 um
45% und für alle Emissionen weltweit bis 2050 eine Absenkung von 85% unter den Stand von 1990
veranschlagt (AOSIS 2009). Dieses Szenario zielt darauf ab, den Temperaturanstieg möglichst schnell und
auf einem möglichst tiefen Wert zu stoppen und rasch wieder zu einer Klimaerwärmung unter 1,5°C und
einer CO2 -eq-Konzentration unter 350ppm zurückzukehren. Das letzte Szenario zielt auf eine langfristige
Stabilisierung bei 450 ppm ab und rechnet damit, den Temperaturanstieg unter 2°C zu halten. Dieses
Szenario wurde von Lord Stern im Rahmen des Grönland-Dialogs vorgelegt und stützt sich auf Überlegungen
zur verbesserten Emissions-Effizienz der Wirtschaft in Industrie- und Entwicklungsländern (Stern 2009a;
2009b).
Niederemissions-Szenarien neueren Datums zeigen, dass globale Emissionsreduktionen und Absenkungsraten
im Umfang der beiden letztgenannten Szenarien technisch und wirtschaftlich im Rahmen des Möglichen
liegen (vgl. z.B. Knopf et al. 2008; Rao et al. 2008; van Vuuren et al. 2008). Um die CO2 -Konzentrationen
möglichst schnell abzusenken, verlangt das auf den AOSIS-Zielvorgaben beruhende Szenario nach 2050
negative Nettomengen bei den industriellen CO2 -Emissionen. Die Literatur zu den oben erwähnten
Niederemissions-Szenarien zeigt, dass Negativemissionen in diesem Umfang machbar sind, sofern
grossmasstäbliche CO2 -Abscheidungs- und Speichertechnologien mit den neusten Biobrennstoffen
kombiniert werden.
5
A B B . 2 CO 2 - EQ P RO -K OPF -E MISSIONEN
CO 2 -R EDUKTIONSZIE L
2
AUFGRUND D ES GLOBA LEN
E M ISSIONS - PFADS
BA SI ER END AUF D E M
S CHWEI ZE R
Konzentrationen und Klimaerwärmung
Zur Hochrechnung der Klimaerwärmung in den oben beschriebenen Szenarien wurden die globalen
Emissions-pfade (in CO2 -Äquivalenten) mit dem Equal-Quantile-Walk-Ansatz zu einem Zielpfad mit
Emissionen für alle Kyoto- Treibhausgase, einschliesslich Aerosole, entwickelt (Meinshausen et al. 2006).
Dieser Schritt war erforderlich, weil die verschiedenen Treibhausgase in der Atmosphäre eine sehr
unterschiedliche Lebensdauer und einen ungleichen Einfluss auf das Strahlungsgleichgewicht für die gleiche
Volumeneinheit oder Masse haben. Deswegen bietet ein lediglich in Begriffen von CO2 -Äquivalenten
definierter Emissions-Zielpfad nicht genug Informationen. Der so abgeleitete Zielpfad wurde dann als
Antrieb für ein Klimamodell mit reduzierter Komplexität verwendet (Meinshausen et al. 2008), um
Wahrscheinlichkeits-Schätzungen zukünftiger atmosphärischer Treibhausgaskonzentrationen und globaler
Temperaturen zu generieren. Dies in Anbetracht der verbleibenden Unsicherheiten hinsichtlich der
Reaktion des Klimasystems auf wechselnde Konzentrationen dieser Gase (Monte-Carlo set-up, vgl.
Meinshausen et al. 2009). Sofern nicht anders vermerkt, handelt es sich im folgenden bei allen Werten für
Konzentration und Temperaturanstieg um Mittelwerte, d.h. gemäss unserer gegenwärtigen Auffassung
schätzen wir, dass der unsichere ‘reale’ Wert mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit (1 in 2) oberhalb
dieses Mittelwerts und mit ebensolcher Wahrscheinlichkeit darunter liegt.
Konzentration
Konzentrationen können ungeachtet ihres jeweiligen Niveaus nur stabilisiert werden, wenn die globalen
Emissionen früher oder später auf annähernd Null reduziert werden (Matthews and Caldeira 2007; Weaver
et al. 2007). Das Niveau auf dem die Konzentration sich stabilisiert wird weitgehend bestimmt durch die
kumulative Menge der Treibhausgase bis zum Absinken der Emissionen auf praktisch Null. Der Pfad, der
6
dem Schweizer CO2 -Absenkungsziel folgt, nähert sich nicht dem Nullpunkt. Abb. 3 bestätigt, dass die
Konzentrationen in diesem Szenario bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zunehmen und sich dabei nur wenig
verlangsamen. Verglichen mit dem Normalbetriebsszenario (business-as-usual) wird die Konzentration um
mehr als 150ppm gesenkt, doch der Graben zu den beiden Szenarien, die auf Stabilisierung bei 450 bzw.
350ppm abzielen, wird bis 2100 viel grösser. Wie in Teil 2 erwähnt, wird das zunehmende Sinken der
Konzentrationen auf dem 350ppm-Pfad durch netto-negative CO2 -Emissionen aus der Industrie verursacht
– eine Folge der Kombination von CO2 -Abscheidung und Speicherung mit Biobrennstoff-Optionen.
A B B . 3 G LO BA L E K ONZEN TRA T IONEN D ER CO 2 - EQ IN D EN VIER S ZENAR I EN . D IE L IN I EN ST EL L EN D EN G ESCHÄTZ T EN
M ITT E LW ER T DAR , WAS B ED EU T E T , DASS SICH D ER EFF EKTIV E W ER T MI T EIN ER SY M M M E TR ISCHEN 5 0 %
W AHRSCHEIN L ICHKEIT EN TW ED ER Ü B ER ODER UN T ER D I ES ER L IN IE B EF IND E T . D ER BR EI T ER E , GRAUSCHATTI ER T E
9 0 % -U N SICHERHEI TSB ER E ICH HAT NUR FÜR D EN P FAD D ER S CHWEI Z ER P OSITION EIN E B ED EU TUNG .
Globaler mittlerer Temperaturanstieg
Da sich die Konzentrationen auf dem durch das Schweizer Absenkungsziel vorgegebenen Pfad nicht
stabilisieren, steigen auch die globalen Temperaturmittelwerte bis zum Ende des 21. Jahrhunderts schnell
weiter an ohne sich wesentlich zu verlangsamen. Es ist unter diesen Umständen höchst unwahrscheinlich,
dass der globale mittlere Temperaturanstieg unter 2°C bleibt. Das Risiko einer Erwärmung von über 3°C
steht bei beträchtlichen 50% und sogar das Risiko eines sehr hohen Anstiegs auf 4°C über vorindustriellen
Temperaturen wird noch mit 10 Prozent veranschlagt. Niederemissions-Szenarien hingegen werden
voraussichtlich schon bei weniger als 2°C ihren Höhepunkt erreichen. Abb.3 zeigt zwar, dass der
350ppm/1,5°C-Pfad bei der gleichen Konzentration seinen wärmsten Punkt erreicht wie der 450ppm/2°CPfad, doch seine ‘Gipfeltemperatur’ ist tiefer. Das ist so, weil die Konzentrationen im 350ppm/1,5°CSzenario schneller absinken und in dem Fall verhindern die langen Zeitverzögerungen im Klimasystem, dass
der Temperaturanstieg die nach Erreichen ihres Höchststandes schon wieder absinkenden Konzentrationen
‘einholt’.
Die Tabelle im Anhang A fasst die Auswirkungen der 4 Szenarien auf Emissionen und Klimaerwärmung
zusammen.
7
A B B . 4 G LO BA L ER MI T T L ER ER T E MP ERA TURANST I EG D ER V I ER S Z ENAR IEN GEGENU B ER D E M VORINDUSTR I E L LEN
S TAND . D IE L IN I EN ST EL L EN D EN G ESCHÄTZ T EN M IT T E L W ER T DAR , WAS B ED EU T E T , DASS SICH D ER EFFEKTIV E W E R T
M I T E IN ER SY M M M E TR ISCHEN 5 0 % W AHRSCHEIN LICHKEIT EN TW ED ER Ü B ER ODER UN T ER D I ES ER L IN I E B EF IND E T .
D ER BR E I T ER E , GRAUSCHATT I ER TE 9 0 % -U N SICHERHEI TSB ER EICH HAT NUR FÜR D EN P FAD D ER S CHWEIZ ER P OSITION
EIN E B ED EU TUNG .
3
Schlussfolgerungen
Wenn sich sämtliche Industrieländer das derzeitige, von der Schweiz vertretene CO2 -Reduktionsziel, welches
auf ein klares 2050-Absenkungsziel verzichtet, zu eigen machen würden, liesse sich der globale mittlere
Temperaturanstieg fast sicher nicht auf weniger als 2°C beschränken und das Risiko einer Erwärmung von
mehr als 3°C würde gar beträchtliche 50% betragen. Diese Prognosen zeigen, dass die Folgen einer
weltweiten Klimapolitik nach Schweizer Vorbild nicht konsistent mit einem politischen Ziel ist, welches die
globale Temperaturerhöhung unter 2ºC gegenüber der vorindustriellen Zeit halten will, geschweige denn, die
sicherere Grenze unter 1.5ºC, welche die verletzlichsten Länder verlangen. In deutlichem Gegensatz dazu
stehen zwei Ansätze mit grösseren CO2 -Reduktionen, welche in der Studie ebenfalls ausgewertet werden und
die Klimaerwärmung mit grosser Wahrscheinlichkeit auf weniger als 2°C beschränken würden. Ein Vergleich
zwischen dem auf der Schweizer Position beruhenden Szenario und diesen zwei Niedrigemissions-Ansätzen
macht deutlich, dass die Ursache für einen allfälligen Anstieg der mittleren Temperaturen um mehr als 2°C
weniger mit geo-physischen Gesetzen als mit sozialer und politischer Trägheit zu tun hat.
8
Literaturhinweise
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Weaver, A. J., K. Zickfeld, A. Montenegro, M. Eby (2007) "Long term climate implications of 2050 emission
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9
Informationen zu Climate Analytics
Siehe auch www.climateanalytics.org und www.primap.org
CLIMATE ANALYTICS GmbH ist eine in Potsdam gegründete gemeinnützige Organisation und ist beim Potsdamer
Institut für Klimafolgenforschung e.V. angesiedelt. Das Team verwendet wissenschaftliche Modelle zur Beurteilung und
Synthetisierung von klimawissenschaftlichen Problemstellungen und gewährt Verhandlungsführern und NGO’s im Rahmen
von internationalen Klimaverhandlungen politische und analytische Unterstützung. Ein grösseres Projekt von CLIMATE
ANALYTICS ist das PREVENT-Projekt zur “Beurteilung und Verhinderung von gefährlichem Klimawandel”. Das Ziel
von PREVENT ist es, Delegationen aus Entwicklungsländern politische und analytische Hilfestellung zu gewähren,
insbesondere der Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder (Least Developed Countries) und den kleinen Inselnationen
(Small Island States), in den Klimaverhandlungen für die Jahre nach 2012.
Dr. Michiel Schaeffer doktorierte in dynamischer Meteorologie an der Universität von Utrecht, Niederlande; sein
Spezialgebiet sind die Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Ozeanen, Ökosystemen und Gesellschaft. Er arbeitete als
leitender Forscher für Erdsystemwissenschaft am Nationalen Institut für öffentliche Gesundheit und die Umwelt (RIVM). Er
ist gegenwärtig mit dem Institut für Umweltanalyse an der Universität und dem Forschungszentrum Wageningen (WUR)
affiliiert. Von 2005 bis 2009 arbeitete er in Accra, Ghana und Kigali, Ruanda, am Aufbau einer Zusammenarbeit zwischen
praxisorientierten Wissenschaftern und politischen Entscheidungsträgern in West- und Ostafrika zum Thema Klimawandel.
Seit seinem Umzug von Kigali nach New York mitte 2009 liegt der Schwerpunkt seiner Arbeit bei der Verbindung von
wissenschaftlicher Erkenntnis und politischer Anwendung für sämtliche Projekte von Climate Analytics.
10
Anhang A
ZUSA MM ENFASSUNG VON E MISSIONS - UND K L I MAFOLGEN FÜR D I E V IER IN D IES E M B ER ICHT UN T ER SUCHTEN
S ZENAR IEN . Z UR B ER ECHNUNG D ER P RO -K OPF -E MISSIONEN WURD E D IE B EVÖLKERUNGSEN TW ICKLUNG D ES
N OR MA L B E TR IE B -S Z ENAR IOS AUF A L L E Ü BR IGEN S Z ENAR I OS Ü BER TRAGEN . D A S W E L T TOTA L EN TSPR ICHT AU S
R UNDUNGSGRÜNDEN N ICHT UNGED INGT D ER S U M M M E VON I N DUSTR I E - UND E N TW ICKLUNGSLÄND ERN . F ÜR DAS
4 5 0 PPM /2 ° C-S Z ENAR IO STA M M EN D I E E IN Z IG EN A NGABE N ZU D EN G LOBA L EN E MISSION EN VON S TERN (2 0 0 9 A ;
2 0 0 9 B ).
Jahr
Sz enario
Treibhausgase miss ionen
(GtC O 2 e/Jahr)
Treibhausgase missionen
pro Kopf
(tCO 2 e pro
Kopf und Jahr)
Treibhausgaskonz entration
(ppm CO 2 -eq)
Klimaerwärmung
(°C über vorindustriell)
2020
Normalbetrieb
(Business-asusual)
Weltweit
Schweiz
60 (Welt)
22 (Industrialisiert)
38 (Entwicklung)
52 (Welt)
18 (Industrialisiert)
34 (Entwicklung)
44 (Welt)
8 (Welt)
15 (Industrialisiert)
6 (Entwicklung)
7 (Welt)
12 (Industrialisiert)
6 (Entwicklung)
6 (Welt)
415
1.0
415
1.0
420
1.0
40 (Welt)
11 (Industrialisiert)
29 (Entwicklung)
76 (Welt)
20 (Industrialisiert)
56 (Entwicklung)
63 (Welt)
14 (Industrialisiert)
49 (Entwicklung)
20 (Welt)
5 (Welt)
7 (Industrialisiert)
5 (Entwicklung)
9 (Welt)
14 (Industrialisiert)
8 (Entwicklung)
7 (Welt)
9 (Industrialisiert)
7 (Entwicklung)
2 (Welt)
420
1.0
560
2.0
535
1.8
500
1.6
1 (Welt)
1 (Industrialisiert)
1 (Entwicklung)
9 (Welt)
10 (Industrialisiert)
8 (Entwicklung)
6 (Welt)
6 (Industrialisiert)
6 (Entwicklung)
0 (Welt)
505
1.7
860
3.6
735
3.0
450ppm/2°C
5 (Welt)
1 (Industrialisiert)
4 (Entwicklung)
62 (Welt)
15 (Industrialisiert)
47 (Entwicklung)
42 (Welt)
8 (Industrialisiert)
34 (Entwicklung)
0 (Welt)
480
1.8
350ppm/1.5°C
-14 (Welt)
-2 (Welt)
390
1.3
450ppm/2°C
350ppm/1.5°C
2050
Normalbetrieb
(Business-asusual)
Weltweit
Schweiz
450ppm/2°C
350ppm/1.5°C
2100
Normalbetrieb
(Business-asusual)
Weltweit
Schweiz
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