Das Schubfachprinzip

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Das Schubfachprinzip
Seminararbeit im Wintersemester 2014 2015
26. Januar 2015
Gabriel Ehmer
Jan Winz
HTW Aalen
HTW Aalen
Das Schubfachprinzip
Gabriel Ehmer, Jan Winz
Inhaltsverzeichnis
1
2
3
4
Einleitung ..........................................................................
Das Schubfachprinzip ............................................................
Die Anwendungen ................................................................
3.1 Einfache Anwendungen..................................................
3.1.1 Hashing .............................................................
3.1.2 Die Socken von Professor Mathemix ..........................
3.1.3 Theoretische Informatik..........................................
3.2 Zahlentheoretische Probleme ...........................................
3.2.1 Differenzen von Zahlen ..........................................
3.2.2 Summen ............................................................
3.2.3 Teilen oder nicht Teilen ..........................................
3.3 Monotone Unterfolgen ...................................................
3.4 Approximation irrationaler Zahlen .....................................
3.5 Beispiele aus der Geometrie.............................................
3.5.1 Punkte im Quadrat ................................................
3.5.2 Punkte in einem Würfel ..........................................
3.5.3 Punkte im gleichseitigen Dreieck...............................
3.5.4 Punkte in einer Ebene ............................................
3.6 Aussagen über Bekanntschaften ........................................
3.7 Cliquen .....................................................................
3.8 Satz von Ramsey ..........................................................
3.9 Dreiecksfreie Graphen ...................................................
Quellen .............................................................................
1
1
2
2
2
3
3
4
4
5
6
6
7
8
8
8
9
9
10
11
12
13
15
ii
Das Schubfachprinzip
Gabriel Ehmer, Jan Winz
Abbildungsverzeichnis
1
2
3
4
5
6
7
Beispiel eines endlichen Automaten. ..........................................
Aufteilung in Teilquadrate.......................................................
Aufteilung des Dreiecks .........................................................
Leere Kategorie ...................................................................
1. Fall ...............................................................................
2. Fall ...............................................................................
Beispiel für n + 1 = 3 ...........................................................
4
9
9
11
12
12
14
iii
Das Schubfachprinzip
1
Gabriel Ehmer, Jan Winz
Einleitung
Diese Seminararbeit beschäftigt sich mit dem Schubfachprinzip. Es wurde erstmals
im Jahre 1834 von Dirichlet angewendet. Die englischsprachige Literatur bezeichnet dieses Prinzip als P igeonhole P rinciple, weitere Sprachen verwenden den
Namen Dirichlet − P rinzip.
Das Schubfachprinzip scheint auf den ersten Blick keine große Bedeutung für
die Mathematik zu haben, es erlaubt jedoch den Beweis vieler Existenzaussagen
( ∃x : P (x) ) für endliche Mengen M . Dies ist auch dann möglich, wenn kein
spezielles Element a ∈ M angeben ist. [Juk08, Aig04, Tö06, Kri12]
Der Teil 2 befasst sich mit der Definition des Schubfachprinzips. Der darauf folgende Teil 3 beinhaltet Probleme der Mathematik und der Informatik in denen das
Schubfachprinzip Anwendung findet.
2
Das Schubfachprinzip
Wir betrachten folgende Aussagen:
• Unter 13 Personen gibt es mindestens zwei Personen, die im selben Monat
Geburtstag haben.
• Unter 367 Personen haben mindestens zwei Personen am selben Tag Geburtstag.
• Unter 85 Zahlen aus der Menge N gibt es drei Zahlen, die denselben Rest
besitzen, nachdem sie durch 42 geteilt wurden.
Hinter diesen Aussagen erkennen wir folgendes allgemeines Schema:
Theorem 2.1: Das Schubfachprinzip
Werden n > m Objekte auf m Schubfächer aufgeteilt, so gibt es mindestens ein Schubfach, welches mehr als ein Objekt enthält.
Wir stellen das Schubfachprinzip als eine Funktion f dar.
f : N −→ M
mit |N | = n > m = |M |
(1)
N, M sind zwei Mengen, wobei M die Menge der Schubfächer darstellt.
Diese Funktion ist nicht injektiv. Es existieren damit mindestens zwei verschiedene Objekte der Menge N , die auf dasselbe Schubfach der Menge M abgebildet
werden. Betrachten wir die Unkehrfunktion f −1 , so stellen wir fest, dass f −1 nicht
eindeutig ist. Das bedeutet, es existiert mindestens ein Schubfach a ∈ M mit
|f −1 (a)| ≥ 2.
1
Das Schubfachprinzip
Gabriel Ehmer, Jan Winz
Beweis:
Falls jedes der m Schubfächer maximal ein Objekt enthalten würde, gäbe es insgesamt nicht mehr als m Objekte. Für die Umkehrfunktion f −1 gilt in diesem Fall
|f −1 (a)| ≤ 1
∀a ∈ M.
(2)
Dies ist ein Widerspruch, da das Schubfachprinzip mehr Objekte als Schubfächer
voraussetzt.
DasTheorem
2.1 zeigt den speziellen Fall. Im allgemeinen gibt es ein Schubfach
n
mit m
Objekten, falls n Objekte auf m Schubfächer aufgeteilt werden.
Für die Umkehrfunktion f −1 der Funktion f gilt im allgemeinem Fall:
lnm
∃a ∈ M : |f −1 (a)| ≥
.
m
Beweis:
n
Objekte enthalten, gäbe es insgesamt
Würde jedes Schubfach höchstens r = m
maximal r ∗ m Objekte. Dies ist wie im speziellem Schubfachprinzip ein Widerspruch, da das allgemeine Schubfachprinzip mehr als r ∗ m Objekte voraussetzt.
Wir werfen noch einen Blick auf das unendliche Schubfachprinzip. Es zeigt die
Existenz einer unendlichen Menge, falls unendlich viele Objekte auf eine endliche
Anzahl disjunkter Mengen abgebildet werden. [BZ14, Aig04, Tö06, Kok14, Kri12,
Ehm14]
3
Die Anwendungen
3.1
3.1.1
Einfache Anwendungen
Hashing
Das Prinzip des Hashing ist die Abbildung einer unendlichen Menge U auf eine
endliche Menge. Es wird in der Verwaltung von großen Datenmengen mit Hilfe
von Zugriffsschlüsseln und in der Kryptographie angewendet.
Wir berechnen, zum verwalten unterschiedlicher Objekte aus der Menge U (Datensätze), den Hashwert des Objekts x ∈ U durch eine Hashfunktion h(x). Das
Ergebnis der Hashfunktion h ist der Zugriffsschlüssel. Er bestimmt die Position
des Objekts x in der Hashtabelle. Die Hashtabelle ist dabei ein Feld, dessen Größe
der Mächtigkeit der Wertemenge von h entspricht.
Hashing bereitet jedoch das Problem der Kollision. Sie entsteht, falls verschiedene
Objekte aus der Menge U , denselben Hashwert besitzen.
x, y ∈ U
x 6= y :
h(x) = h(y)
Wir betrachten als U die Menge der natürlichen Zahlen N. Aus dem Schubfachprinzip folgt, dass eine Kollision spätestens mit dem (n + 1). Objekt aus U auftritt.
2
Das Schubfachprinzip
Gabriel Ehmer, Jan Winz
Definieren wir jeden Hashwert als ein Schubfach, so gibt es mindestens ein Schubfach, das mehr als ein Objekt enthält.
Das unendliche Schubfachprinzip ist in diesem P roblem ebenfalls anwendbar.
Durch die Aufteilung einer unendlichen Menge wie N auf endlich viele Schubfächer, enthält mindestens ein Schubfach unendlich viele Objekte. [Kar13]
3.1.2
Die Socken von Professor Mathemix
Dieses einfaches Anwendungsbeispiel hat folgenden Aufbau. In einer Kiste liegen
2n einzelne Socken die bis auf ihre Farbe völlig identisch sind. Das bedeutet, n
Socken sind schwarz und n Socken sind weiß.
Wie viele Socken müssen ausgewählt werden, um garantiert ein Paar in derselben
Farbe zu erhalten ?
Wir definieren die Socken als Objekte und die zwei verwendeten Farben (schwarz
und weiß) als Schubfächer. Nach dem Schubfachprinzip (Theorem 2.1) enthält eines der beiden Schubfächer mehr als ein Objekt, wenn die Anzahl der Objekte die
Anzahl der Schubfächer übersteigt. Um ein Paar Socken in der selben Farbe zu erhalten, werden drei Socken ausgewählt. Die Anzahl garantiert, dass entweder zwei
schwarze, oder zwei weiße Socken enthalten sind.
Eine weitere Bedingung an die Auswahl ist folgende: Wie viele Socken müssen
ausgewählt werden, um garantiert ein schwarzes Paar erhalten ?
Die Antwort ist hier n + 2, da im ungünstigstem Fall alle n weiße Socken gezogen
werden, bevor zwei schwarze Socken ausgewählt werden. [BZ14]
3.1.3
Theoretische Informatik
Eine weitere, jedoch triviale Anwendung ist die Feststellung der Minimalität deterministischer endlicher Automaten (DFA).
Ein DFA M = (Z, Σ, δ, z, E) ist ein Fünf-tupel. Dabei ist Z eine endliche Zustandsmenge, Σ ein Alphabet, δ : Z × a ∈ Σ ⇒ Z eine Überführungsfunktion,
z ∈ Z der Startzustand des Automaten M und E ⊆ Z die Menge der akzeptierenden Zustände. Endliche Atomaten entscheiden nach dem lesen der Eingabe x,
durch die Überführung in einen entsprechenden Zustand, ob x in einer Sprache L
enthalten ist oder nicht.
Einer Sprache L ⊆ Σ∗ kann eine Äquivalenzrelation RL auf Σ∗ zugeordnet werden. Die Äquivalenzrelation ist wie folgt definiert.
Definition 3.1: Sei L ⊆ Σ∗
xRL y ⇐⇒ ∀z ∈ Σ∗ : xz ∈ L ⇐⇒ yz ∈ L
Die Relationen RL lässt sich in verschiedene Äquivalenzklassen aufteilen. Ist die
Anzahl der Äquivalenzklassen von RL endlich, wird die Sprache L durch einen
endlichen Automaten entschieden. Diese Tatsache beschreibt der Satz von Myhill
und Nerode.
3
Das Schubfachprinzip
Gabriel Ehmer, Jan Winz
Theorem 3.2: Myhill, Nerode
Eine Sprache L ∈ Σ∗ ist genau dann regulär, wenn die Anzahl ihrer
Äquivalenzklassen endlich ist.
Ein minimaler endlicher Automat M (L) besitzt genau so viele Zustände wie Äquivalenzklassen. Habe M (L) mehr der Zustände als Äquivalenzklassen der Sprache
die er entscheidet, folgt aus dem Schubfachprinzip die Existenz einer Äquivalenzklasse, für die es mehr als einen Zustand gibt. [Thi13, Mei01]
0
Z0
1
1
Z1
1
Z2
0
Z3
0,1
0
Fig. 1: Beispiel eines endlichen Automaten.
3.2
3.2.1
Zahlentheoretische Probleme
Differenzen von Zahlen
Dieses Kapitel bezieht sich auf die Teilbarkeit natürlicher Zahlen.
Theorem 3.3: Unter n + 1 natürlichen Zahlen gibt es immer mindestens zwei Zahlen deren Differenz durch n teilbar ist.
Beispiel:
Im Beispiel setzen wir n = 5. Die Zahlen {9, 12, 22, 15, 8, 49} sind n + 1 zufällig
gewählte Zahlen. Nun fällt auf, dass 22 − 12 = 10 durch 5 teilbar ist. Somit wurde
das Zahlenpaar aus diesem Beispiel bereits gefunden.
Beweis:
Die Schubfächer (Kategorien) werden durch alle möglichen Ergebnisse des Rests
bei einer Division bestimmt. Im obigen Beispiel gibt es 5 Kategorien, welche die
möglichen Restwerte von 0 bis 4 abbilden. Nach dem Schubfachprinzip werden bei
6 Zahlen im Beispiel bzw. n + 1 Zahlen im Allgemeinen, immer mindestens zwei
Zahlen der selben Kategorie zugeordnet. Diese Zahlen sind kongruent modulo n.
Sie ergeben mit anderen Worten den selben Rest bei der Division durch n. Wenn
man nun die Differenz dieser Zahlen bildet gibt es keinen Rest mehr und die Differenz ist durch n teilbar. Dies lässt sich durch folgende Gleichung veranschaulichen:
4
Das Schubfachprinzip
22 ≡ 12
Gabriel Ehmer, Jan Winz
(mod 5) ⇔ 22 − 12 ≡ 0
(mod 5)
Oder allgemein:
x≡y
(mod n) ⇔ x − y ≡ 0
(mod n)
[BZ14]
3.2.2
Summen
Theorem 3.4: Sei n ∈ N und a1 , . . . , an eine beliebige Folge aus n
ganzen Zahlen, dann gibt es unter den Summen
l
X
ai
i=k+1
der aufeinanderfolgenden Elemente ak+1 , . . . al mit k < l ≤ n eine
Summe, deren Summenwert ein Vielfaches von n ist.
Beweis:
Die Objekte der Menge N sind die Summen der ersten i = 0, 1, . . . , n Elemente
der im Theorem 3.4 beschriebenen Zahlenfolge.
(
)
1
2
n
X
X
X
N = 0,
ai ,
ai , · · ·
ai
i=1
i=1
i=1
Die n + 1 Summen aus N sind unsere Objekte. Als Schubfächer wählen wir die
Elemente aus Zn . Dies sind die Zahlen 0, 1, . . . , n − 1. Die Funktion
f (x) = x
(mod n)
verwenden wir für die Zuordnung der Objekte auf die Schubfächer.
Aus dem Schubfachprinzip folgt die Existenz von zwei Summen, deren Summenwerte kongruent modulo n sind. Das bedeutet,
P sie wurden durch f denselben
Schubfächern zugeordnet. Der Wert der Summe lk+1 ai der Elemente ak+1 , . . . , al
ist
Pldie Differenz der Summenwerte a1 + · · · + ak und a1 + · · · + al mit k < l.
k+1 ai ist damit ein Vielfaches von n. [Tö06, Aig04]
l
X
ai =
i=k+1
l
X
l
X
i=1
ai ≡ 0
ai −
k
X
ai
i=1
(mod n)
i=k+1
5
Das Schubfachprinzip
3.2.3
Gabriel Ehmer, Jan Winz
Teilen oder nicht Teilen
Damit zwei Zahlen teilerfremd sind muss ihr größter gemeinsamer Teiler eins sein.
Nun lassen sich für n + 1 Zahlen der Menge {1, 2, 3, . . . , 2n} zwei Behauptungen
beweisen.
Theorem 3.5: Wählt man n + 1 Zahlen der Menge {1, 2, 3, . . . , 2n}
so gibt es unter diesen Zahlen immer zwei teilerfremde.
Beweis:
Da unter n + 1 Zahlen mehr als die Hälfte des Gesamtintervalls abgedeckt werden,
sind laut Schubfachprinzip zwei dieser Zahlen aufeinanderfolgend. Zwei aufeinanderfolgende Zahlen sind immer teilerfremd.
Theorem 3.6: Wählt man n + 1 Zahlen der Menge {1, 2, 3, . . . , 2n}
so gibt es unter diesen Zahlen immer zwei von denen eine Zahl die
andere teilt.
Beweis:
Seien {a0 , a1 , ..., an } die gewählten Zahlen. Diese n + 1 Zahlen werden im Folgenden als Produkt einer Zweierpotenz geschrieben
ai = 2ei ui .
Dabei ist ei eine natürliche Zahl und darf den Wert Null annehmen. Die Zahl ui
ist die ungerade Zahl. Nun unterscheidet man zwei Fälle, ist ai ungerade dann ist
ei = 0 und ui = ai . Wenn ai gerade ist, zum Beispiel ai = 12 dann wäre ei = 2
und ui = 3.
Da in der Menge {1, 2, . . . , 2n} nur n ungerade Zahlen vorkommen, gibt es ein
i und ein j mit i 6= j für die gilt ui = uj . Dargestellt in der oben festgelegten
Darstellung wäre dann
ai = 2ei ui und aj = 2ej uj .
Konkret bedeutet dies, dass ui in zwei Zahlen als ungerader Faktor vorhanden ist.
Somit ist die Zahl mit der kleineren Zweierpotenz Teiler der Zahl mit der größeren
Zweierpotenz. [BZ14]
3.3
Monotone Unterfolgen
Die Zahlenfolge a1 , . . . , an2 +1 besteht aus n2 + 1 reellen Zahlen. Unter diesen
Zahlen gibt es immer entweder eine monoton steigende oder eine monoton fallende Teilfolge der Länge n + 1.
Beweis:
Es gibt zu jedem ai eine Zahl ti , die die Länge der längsten monoton steigende
Teilfolge ab ai ist. Die Zahl ti liegt zwischen 1 und n2 + 1. Falls ti ≥ n + 1 ist, so
6
Das Schubfachprinzip
Gabriel Ehmer, Jan Winz
haben wir die gesuchte monoton ansteigende Teilfolge bereits gefunden.
Nun untersuchen wir den Fall für ti ≤ n für alle i. Dazu definieren wir eine Funktion f (ai ) = ti ∈ [n], die Werte aller ai auf die ti abbildet. Das bedeutet n2 + 1 Ele2
mente werden n Werten zugeordnet. Im Durchschnitt würden dann n n+1 = n + n1
pro ti ∈ [n] vorkommen. Daraus folgt nach dem Schubfachprinzip, dass es ein ti
gibt, dem n + 1 Elemente zugeordnet werden. Das bedeutet es gibt eine Teilfolge,
die n + 1 Elemente enthält.
Jetzt muss noch gezeigt werden, dass diese Folge monoton fallend ist. Nehmen wir
Elemente ai1 , . . . , ain+1 , die von links nach rechts in der Folge sind i1 , . . . , in+1 .
Somit gilt, die Folge ist monoton fallend ai1 > ai2 > · · · > ain+1 . Falls aij <
aij+1 gelten würde, hätte ab aij+1 die längste monoton wachsende Folge die Länge
ti . Daraus folgt, dass auch ab aij eine längste Folge der Länge ti existieren würde.
Da aber dann aij < aij+1 gelten würde, hätte diese Folge die Länge ti + 1. Somit
muss die Folge ai1 > ai2 > · · · > ain+1 monoton fallend sein. [Aig04, Kri12,
Tö06]
3.4
Approximation irrationaler Zahlen
Das Theorem 3.7 zeigt die Existenz der Approximation (Näherung) reeller und irrationaler Zahlen, durch rationale Zahlen. Diese Approximation ist beliebig genau.
Theorem 3.7: Sei x eine reelle und irrationale Zahl, so existiert für
jede natürliche Zahl n, eine rationale Zahl p/q mit 1 ≤ q ≤ n und
x − p < 1 ≤ 1
(3)
q nq
q2
Beweis:
Sei x ∈ R\Q so definieren wir die Zahl L(x) als den Abstand zwischen der Zahl
x und der ersten ganzen Zahl die kleiner ist als x. Dieser Abstand liegt zwischen 0
und 1.
L(x) = x − bxc
0 < L(x) < 1
(4)
Zur Anwendung des Schubfachprinzips definieren wie die Zahlen L(ax) mit a =
1, 2, . . . , n + 1 als Objekte und die Intervalle
1
1 2
n−1
0,
,
,
,...,
,1
n
n n
n
als Menge der Schubfächer. Diese n Intervalle unterteilen das Intervall (0, 1) in n
Teile der Größe 1/n
Durch die Definitionen von L(ax) und den Intervallen erhalten wie n + 1 Objekte
7
Das Schubfachprinzip
Gabriel Ehmer, Jan Winz
und n Schubfächer. Damit existiert nach dem Schubfachprinzip ein Intervall das
mindestens zwei Zahlen enthält. Die Zahlen seien L(ax), L(bx). Ihr Abstand ist
durch 0 und der Intervallgröße beschränkt.
|L(ax) − L(bx)| = |(ax − baxc) − (bx − bbxc)|
1
= |(a − b)x − (baxc − bbxc)| <
n
nach 4
Wir wählen q = (a − b) und p = (baxc − bbxc). Dadurch haben wir haben zwei
ganze Zahlen p, q gefunden, welche die Ungleichungen
1
1
p |qx − p| < ,
x− <
n
q
nq
erfüllen.
Die Zahl q ist die Differenz zweier Zahlen der Menge {1, 2, . . . n + 1}. Für q gilt
damit auch 1 < q < n. [Juk08]
3.5
3.5.1
Beispiele aus der Geometrie
Punkte im Quadrat
Betrachtet man ein Quadrat der Seitenlänge 3 kann man mithilfe des Schubfachprinzips beweisen, dass es√unter zehn Punkten in diesem Quadrat stets zwei Punkte
gibt mit dem Abstand ≤ 2.
Ein Quadrat mit der Seitenlänge 3 lässt sich in neun Quadrate der Seitenlänge 1
aufteilen. Wenn man nun die zehn Punkte auf diese neun Quadrate aufteilt erhält
eines der neun Quadrate laut dem Schubfachprinzip zwei Punkte, da in die neun
Kategorien (Teilquadrate) zehn Werte (Punkte) eingeordnet werden. Der größte
Abstand den zwei Punkte in einem Quadrat haben können ist die Diagonale
des
√
Quadrats. Die Diagonale bei einem Quadrat der Seitenlänge 1 ist 2 und somit
gibt es unter √
10 Punkten auf einem Quadrat der Seitenlänge 3 immer zwei Punkte
mit Abstand 2. [BZ14]
3.5.2
Punkte in einem Würfel
Das Beispiel des Quadrats lässt ähnliche Eigenschaften bei einem Würfel vermuten. Die Behauptung ist herbei, dass unter neun Punkte
√ auf einem Würfel der Kantenlänge 2 stets zwei Punkte gibt deren Abstand ≤ 3 ist.
Einen Würfel der Kantenlänge 2 kann man in acht Würfel der Kantenlänge 1 aufteilen. Wenn man nun neun Punkte auf diese acht Teilwürfel aufteilt enthält laut
dem Schubfachprinzip mindestens ein Teilwürfel zwei Punkte. Der maximale Abstand zweier Punkte in einem Würfel entspricht√höchstens der Raumdiagonalen
und ist bei einem Würfel der Kantenlänge 1 also 3. [BZ14]
8
Das Schubfachprinzip
Gabriel Ehmer, Jan Winz
1
√
0
2
1
Fig. 2: Aufteilung in Teilquadrate
3.5.3
Punkte im gleichseitigen Dreieck
Ähnlich der beiden vorherigen Eigenschaften lässt sich für ein gleichseitiges Dreieck eine Eigenschaft nachweisen. Verteilt man fünf Punkte auf ein gleichseitiges
Dreieck der Seitenlänge 1 so gibt es stets zwei Punkte deren Abstand ≤ 12 ist.
Wie in den vorherigen Beispielen teilt man das Dreieck wieder in vier kleinere
gleichseitige Dreiecke der Seitenlänge 12 auf. Das Schubfachprinzip zeigt nun, dass
bei fünf Punkten eines der vier Dreiecke mindestens zwei Punkte enthält. Da es
sich um gleichseitige Dreiecke der Seitenlänge 12 handelt haben die beiden Punkte
den höchstens den Abstand 21 . [BZ14]
Fig. 3: Aufteilung des Dreiecks
3.5.4
Punkte in einer Ebene
Theorem 3.8: Unter 5 Punkten einer Ebene, dessen Koordinaten ganzzahlig sind. gibt es zwei Punkte deren Mittelpunkt ebenfalls ganzzahlige Koordinaten besitzt.
Beweis:
Wir betrachten die Koordinaten der Punkte. Mit dessen Hilfe konstruieren wir vier
Kategorien (die Schubfächer).
9
Das Schubfachprinzip
Gabriel Ehmer, Jan Winz
• Die erste Kategorie enthält alle Punkte dessen x und y Koordinate geradzahlig ist.
• Die zweite, enthält die Punkte mit gerader x und ungerader y Koordinate.
• Die dritte enthält die Punkte mit ungerader x und gerader y Koordinate.
• Ungerade x und y Koordinaten haben die Punkte der vierten Kategorie.
Durch die Einsortierung von fünf Punkten in vier Kategorien, gibt es nach dem
Schubfachprinzip mindestens eine Kategorie, in diese mehr als ein Punkt einsortiert wurde.
Im nächsten Schritt berechnen wir den Mittelpunkt der Strecke zwischen zwei
Punkten P1 , P2 der selben Kategorie wie folgt:
x1 + x2 y1 + y2
.
,
2
2
Sei x1 , x2 bzw. y1 , y2 entweder gerade oder ungerade, so ergibt die Summe der x
und y Koordinaten der Punkte in einer Kategorie jeweils eine gerade Zahl. Damit
sind die Koordinaten des Mittelpunkts der Strecke P1 , P2 ganzzahlig. [BZ14]
3.6
Aussagen über Bekanntschaften
Theorem 3.9: In jedem ungerichteten Graphen G = (V, E) mit |V | ≥
2 Knoten, gibt es mindestens zwei Knoten mit der selben Anzahl an
Nachbarn.
Ein Knoten vi ist ein Nachbarknoten von vj , falls diese zwei Knoten durch eine
ungerichtete Kante verbunden sind. Das bedeutet (vi , vj ) ∧ (vj , vi ) ∈ E.
Eine andere Formulierung oben stehenden Aussage ist:
In jeder Gruppe mit n ≥ 2 Personen gibt es zwei Personen, mit der gleichen Anzahl an Bekannten innerhalb der Gruppe. Die Bekanntschaft ist symmetrisch. Das
Bedeutet, falls die Person Pi die Person Pj kennt, so ist Pi auch ein bekannter von
Pj .
Beweis:
Wir definieren dazu die Kategorien (Schubfächer) K0 , K1 , . . . , Kn−1 so, dass in
jeder Kategorie Ki die Knoten mit i Nachbarknoten liegen. Durch diese Definition
erhalten wir mit n Knoten, n Kategorien. Das Schubfachprinzip scheint auf den
ersten Blick jedoch nicht anwendbar, da die Anzahl der Objekte (Knoten) nicht
größer der Anzahl verschiedener Kategorien ist. Aus diesem Grund ist eine Kategorie gesucht, dessen Verwendung, eine leere Kategorie impliziert.
Gäbe es einen Knoten vi ohne einen Nachbarknoten, welcher sich in der Kategorie
K0 befindet, so kann es keinen Knoten vj in der Kategorie Kn−1 geben, der mit
allen anderen n−1 Knoten verbunden ist. Einer der Nachbarn von vn−1 wäre somit
10
Das Schubfachprinzip
Gabriel Ehmer, Jan Winz
der Knoten vi . Daraus folgt, unter den Kategorien K0 und Kn−1 bleibt eine leer.
Damit existieren mehr Knoten als Kategorien die Knoten enthalten. Dies impliziert, nach dem Schubfachprinzip, die Existenz von mindestens zwei Knoten in
einem ungerichteten Graphen, dessen Anzahl der Nachbarn identisch ist. [BZ14]
v1
v2
v0
v6
v3
v5
v4
Fig. 4: Leere Kategorie
3.7
Cliquen
Wir fragen uns, ob Aussagen über die Existenz größerer Bekanntschaftskreise
möglich sind. Dazu zeigen wir:
Theorem 3.10: Jeder ungerichtete Graph G = (V, E) mit |V | = 6
Knoten, enthält den vollständigen Graphen K3 oder eine unabhängige
Knotenmenge der Größe 3.
In einer Gruppe mit 6 Personen gilt nach der Behauptung 3.10: Unter 6 Personen
gibt es 3 Personen die sich paarweise kennen, oder 3 Personen die sich paarweise
nicht kennen.
Beweis:
Wir betrachten den Knoten v0 des Graphen G. Aus dem allgemeinen Schubfachprinzip folgt, dass v0 entweder mindestens
|V | − 1
5
=
=3
2
2
Nachbarn besitzt, oder zu mindestens drei Knoten nicht benachbart ist.
v0 habe hier drei Nachbarn, nämlich die Knoten v1 , v4 , v5 . Wir unterscheiden nun
zwei einfache Fälle.
Im 1. Fall existieren keine Kanten zwischen je zwei der Knoten v1 , v4 , v5 . Diese
Knoten bilden somit eine Unabhängige Knotenmenge der Größe 3.
Im 2. Fall sind mindestens zwei der drei Nachbarn von v0 selbst benachbart. Es
seien die Knoten vi und vj . Diese beiden Knoten vi , vj bilden zusammen mit v0
11
Das Schubfachprinzip
Gabriel Ehmer, Jan Winz
den vollständigen Graphen K3 . Beide Fälle zeigen die Korrektheit der Behauptung
3.10. [BZ14, Kri12]
v1
v2
v0
v3
v5
v4
Fig. 5: 1. Fall
v1
v2
v0
v3
v5
v4
Fig. 6: 2. Fall
3.8
Satz von Ramsey
Die Beobachtungen aus 3.7 sind der Beginn der Ramseytheorie.
Innerhalb der Ramseytheorie betrachten wir Färbungen der Objekte einer Menge mit r verschiedenen Farben. Dabei entspricht die Menge der r Farben in der
Theorie, der Menge der Schubfächer im Schubfachprinzip. Der Satz von Ramsey
ist eine weitere Verallgemeinerung des Schufachprinzips.
Theorem 3.11: Ramsey
Sei k, l, r ∈ N, so existiert eine kleinste Zahl R(k, l, r) ∈ N, so dass
für jede Menge N , mit |N | ≥ R(k, l, r) gilt: Durch jede Färbung
N
f:
→ [r]
l
12
Das Schubfachprinzip
Gabriel Ehmer, Jan Winz
existiert eine Menge K ∈ Nk und eine Farbe r0 ∈ [r], mit der Eigenschaft
N
K
f (L) :
→ [r0 ]
∀L ∈
.
l
l
Sei l = 1, so beschreibt der oben stehende Satz von Ramsey (Theorem 3.11) das
Schubfachprinzip. Für l ≥ 2, färben wir jeweils Teilmengen der Größe l mit je
einer Farbe ri ∈ r.
Der Satz von Ramsey ist aussagekräftiger als das Schubfachprinzip. Er zeigt die
Existenz einer Teilmenge K ⊆ N der Größe k, dessen l-tupel mit der selben Farbe
gefärbt sind. Den Satz von Ramsey werden wir in dieser Arbeit nicht beweisen
oder weiter erklären. Wir zeigen aber ein Anwendungsbeispiel.
Nach dem Problem aus 3.7 gilt:
R(k, l, r) = 6
für k = 3, l = 2, r = 2.
Wir färben in der Knotenmenge eines ungerichteten Graphen G = (V, E) alle
Tupel (vi , vj ) mit einer Farbe ri ∈ r. Ein Tupel wird mit r0 gefärbt, falls die
ungerichtete Kante (vi , vj ) nicht existiert. Sei ein Tupel mit r1 gefärbt, sind die
Knoten vi , vj durch eine ungerichtete Kante verbunden.
Der Satz 3.11 zeigt, das in jedem ungerichteten Graphen, dessen Knotenmenge V
mindestens 6 Knoten enthält, eine Teilmenge K ⊆ V der Größe |K| = 3 existiert,
dessen Tupel mit einer Farbe ri ∈ r gefärbt sind. [Tar09, Tö06]
3.9
Dreiecksfreie Graphen
Die folgende Anwendung kombiniert das Schubfachprinzip mit der vollständigen
Induktion. Diese Technik lohnt sich um komplizierte Existenzaussagen zu beweisen.
Theorem 3.12: Mantel
Falls ein ungerichteter Graph G mit 2n Knoten mindestens n2 + 1
ungerichtete Kanten besitzt, dann besitzt G ein Dreieck.
Beweis durch Induktion:
Wir betrachten im Induktionsanfang n = 1 einen Graphen G mit 2 Knoten. Dabei
bemerken wir, dass ein ungerichteter Graph mit 2 Knoten nur eine Kante besitzt.
Die Existenz eines Dreiecks erfordert außerdem mindestens drei Knoten. Der Satz
3.12 ist für n = 1 jedoch wahr. Er beschreibt eine Implikation deren Voraussetzung
für n = 1 falsch ist.
Wir nehmen im Induktionsschritt von n nach n + 1 an, dass der Satz 3.12 für
n gilt und betrachten einen beliebigen ungerichteten Graphen G = (V, E) mit
|V | = 2(n + 1) Knoten und |E| = (n + 1)2 + 1 Kanten. Die mit dem Induktionsschritt hinzugefügten Knoten x, y sind durch eine ungerichtete Kante verbunden
13
Das Schubfachprinzip
Gabriel Ehmer, Jan Winz
(x, y) ∧ (y, x) ∈ E. Wir definieren den Graphen H als Teilgraphen von G der
die Knoten x, y und alle von diesen Knoten ausgehenden Kanten nicht enthält. Die
Anzahl der Knoten von H ist 2n.
Wir betrachten zwei Fälle:
Im 1.Fall enthält der Graph H mehr als n2 +1 ungerichtete Kanten. Die Induktionsvoraussetzung ist erfüllt. Der Teilgraph H enthält hiermit ein Dreieck und damit
auch G.
Im 2.Fall enthält H maximal n2 Kanten. Die Existenz eines Dreiecks in H kann
ausgeschlossen werden. Wir wenden hier das Schubfachprinzip an. Die Kantenmenge F enthält alle Kanten die von den Knoten x, y ∈ G in den Graphen H
führen. Die Mächtigkeit der Kantenmenge F schätzen wir durch die Ungleichung
ab.
|F | ≥ |E| − n2 − 1 ≥ ((n + 1)2 + 1) − n2 − 1 = 2n + 1
Der Graph H enthält 2n Knoten welche wir als Schubfächer definieren. Die Kanten aus F , welche ausgehend der Knoten x, y, in den Graphen H führen, seien die
verschiedenen Objekte. Aus dem Schubfachprinzip folgt die Existenz eines Knoten z im Graphen H, der mit beiden Knoten x, y durch eine ungerichtete Kante
verbunden ist. Die Knoten x, y, z bilden das Dreieck. [Juk08, Ehm14]
x
v0
v1
v2
v3
y
Fig. 7: Beispiel für n + 1 = 3
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Das Schubfachprinzip
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Gabriel Ehmer, Jan Winz
Quellen
Die in dieser Arbeit verwendeten Graphiken wurden innerhalb der Arbeit mit der
Umgebung TikZ erstellt, falls sie keine Quellenangabe besitzen.
Literatur
[Aig04] Martin Aigner. Diskrete Mathematik. Springer Verlag, 2004.
[BZ14]
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[Ehm14] Gabriel Ehmer. Grundlagen der mathematik. Mitschrieb der Vorlesung
von Prof. Dr. habil. Thomas Thierauf, gelesen im Sommersemester 2013,
2014.
[Juk08]
Stasys Jukna. Crashkurs Mathematik für Informatiker. B.G. Teubner
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[Kar13] Christoph Karg. Algo2: Hashing. Vorlesungsskript, HTW Aalen, 2013.
[Kok14] Nobert Koksch. Das schubfachprinzip. Vorlesungsskript, TU Dresden,
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[Tar09]
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