Referent: Arnold Weiler (WiMa) Thema: Schubfachprinzip Das Schubfachprinzip (Dirichletsches Schubfachprinzip) (von Johann Peter Gustav Lejeune Dirichlet (1805-1859), 1863 veröffentlicht) Als erstes zwei ganz einfache Beispiele, um die Einfachheit des Prinzips zu zeigen und die allgemeine Formel daraus zu erkennen. 1.) Unter drei Personen sind mindestens zwei vom gleichen Geschlecht. 2.) Unter (mindestens) 13 Personen haben mindestens zwei im gleichen Monat Geburtstag. Satz: Werden n+1 Perlen auf n Schubfächer verteilt, so beinhaltet wenigstens ein Fach mehr als eine Perle. Wenn man also den Satz auf die Beispiele oben anwendet, so kann man die zwei Geschlechter bzw. die 12 Monate als Schubfächer sehen und die Personen als Perlen. Man sieht hier auch, dass es beides Mal genau eine Person mehr gibt als Fächer. Am nächsten Beispiel sieht man, dass der Satz etwas erweitert werden muss. 3.) Eine Schule mit 733 Schülern hat mindestens drei Schüler, die am selben Tag Geburtstag haben (Schaltjahr), denn 2366+1 = 733. Hier werden wiederum die Tage als Fächer betrachtet. Erweiterter Satz: Werden kn+1 Perlen auf n Fächer verteilt, so gibt es wenigstens ein Schubfach mit mehr als k Perlen. Oder formal ausgedrückt: Ist f: XY eine Abbildung und gilt |X| > |Y|, so gibt es ein y Y mit |f 1 (y)| 2. Für eine Schule mit z.B. 900 Schüler würde dieselbe Aussage wie oben gelten. Erst ab 1099 Schüler könnte man sagen, dass vier am selben Tag Geburtstag haben (3663+1 = 1099). Die Schwierigkeit ist dabei, grad für später, wenn die schwierigeren Beispiele kommen, herauszufinden, was die Schubfächer und was die Perlen sind. Erst dann kann man leicht die Aufgaben beweisen. Der Beweis dieses Prinzips kann mit einem Widerspruch geführt werden: Falls das Prinzip nicht stimmt, so ist nach der Verteilung der Perlen in jedem Fach höchstens eine Perle, was zur Folge hat, dass es höchstens so viele Perlen wie Fächer gibt. Das gibt aber ein Widerspruch, denn es sind mehr als n Perlen. 1 Referent: Arnold Weiler (WiMa) Thema: Schubfachprinzip Schubfachprinzip mit Hilfe von Graphen: 4.) In jedem Graphen existieren immer zwei Knoten mit dem gleichen Grad (Anzahl der vom Punkt ausgehenden Kanten zu anderen Punkten). Lösung: Wir haben n Knoten und nehmen n Schubfächer an, gekennzeichnet mit den Zahlen 0 bis n-1, die den Grad des Knotens angeben. Wenn man die Knoten auf die Fächer verteilt, merkt man, dass es nur n-1 Fächer geben kann, denn es gibt keinen Knoten vom Grad 0 und gleichzeitig vom Grad n-1. Damit sind immer zwei Knoten vom gleichen Grad. n 1 . 2 Zeigen Sie, dass G zusammenhängend (für jedes Paar von Knoten existiert ein Kantenzug) ist. 5.) Sei G ein Graph mit n Knoten. Jeder Knoten habe einen Grad von mindestens Lösung: Betrachten wir die Punkte A und B und nehmen an, dass diese nicht direkt miteinander verbunden sind. Insgesamt gibt es mindestens n-1 Kanten, die von A und B ausgehen und n-2 andere Knoten. Da es mindestens eine Kante mehr gibt als die von A und B verschiedenen Punkte, gibt es immer einen Punkt, in den sich zwei Kanten treffen (Schubfachprinzip) und somit A und B verbinden. 6.) (Ramsey-Problem) Beweisen Sie, dass es unter sechs Menschen entweder drei gibt, die sich alle gegenseitig kennen, oder drei gibt, die alle einander unbekannt sind. Vor.: Symmetrie, d.h. A kennt B und B kennt A. Lösung: Betrachtet man die Person A, von wo aus 5 Kanten (Beziehung zu anderen Person) zu den anderen Knoten gehen, und die zwei Bekanntheitsgrade (Fächer), so müssen mindestens 3 Kanten zu einem Bekanntheitsgrad gehören. Wenn jetzt die drei Personen, die A kennt, sich nicht kennen, folgt die Behauptung, genauso wenn sich zwei von den dreien kennen. Satz: Das unendliche Schubfachprinzip besagt, dass wenn man unendlich viele Perlen in endlich viele Fächer verteilt, dann gibt es mindestens ein Fach, das unendlich viele Elemente enthält. 7.) Unter 5 Punkten innerhalb eines gleichseitigen Dreiecks mit der Seitenlänge 2 gibt es stets zwei, deren Abstand 1 ist. Wie sieht es bei 17 Punkten aus? Beweis: Man kann das Dreieck in vier gleichgroße gleichseitige Dreiecke verteilen, die dann eine Seitenlänge von 1 haben. Nach dem Schubfachprinzip sind dann in einem Dreieck mindestens 2 Punkte mit Abstand 1. Bei 17 Punkten teilt man die 4 Dreiecke wiederum und erhält so 16 gleichseitige Dreiecke mit der Seitenlänge 0,5. 2 Referent: Arnold Weiler (WiMa) Thema: Schubfachprinzip 8.) Auf einem 1m x 1m großem Fenster sitzen (willkürlich) 51 Fliegen. Zeigen Sie, dass man mit einer kreisförmigen Fliegenklappe mit einem Radius von 15cm gleich 3 Fliegen erschlagen kann. Lösung: Man kann hier erkennen, dass die Fliegen die Perlen sind und jetzt nur noch die Anzahl der Fächer errechnet werden muss. Es soll gelten: 51 = 2n+1 n = 25. Also kann man 25 quadratische Fächer der Größe 20cm x 20cm erhalten. Nach dem Schubfachprinzip gibt es mindestens ein Quadrat, auf dem mindestens 3 Fliegen sitzen. Jetzt muss man nur noch nachweisen, dass die Klappe das ganze Quadrat abdeckt. Da die halbe Diagonale des Quadrats 2 10cm < 14,5cm < Radius Klappe(15cm), ist das Quadrat abgedeckt. Deswegen nennt man das Schubfachprinzip auch Taubenschlagprinzip. Wiederholung zur Restklassenarithmetik Es gilt n/a = q, Rest r oder n = aq + r mit 0 r a-1 kurz: n r (mod a) Also z.B.: 17 2 (mod 3) und 19 1 (mod 3) Außerdem gilt dann: 17+19 2+1 3 0 (mod 3) 9.) Von n+1 Zahlen haben sicher zwei davon eine Differenz, die durch n teilbar ist. Lösung: Man hat dann also n Restklassen (Fächer) und nach dem Schubfachprinzip hat mindestens eine Restklasse mindestens 2 Zahlen (Perlen). z.B.: n = 5 mit den Zahlen: 2,6,13,15,19,27 Restklasse: Zahlen: 0 15 1 6 2 2;27 3 13 4 19 Bei der Restklasse 2 sind hier zwei Zahlen. Nimmt man die Differenz 27-2 = 25, so ist das Ergebnis durch n = 5 teilbar. 10.) Sei A eine Teilmenge von {1,2,...,32}und enthalte 17 Elemente. Zeige: Es gibt a,b A mit a + b = 33. Lösung: Man unterteilt die Menge in 16 Mengen:{1,32},{2,31},...,{16,17}. Da A 17 Elemente enthält, kommen zwei Elemente aus derselben Menge. Diese ergeben zusammen 33. 3 Referent: Arnold Weiler (WiMa) Thema: Schubfachprinzip 11.) Sei n eine ungerade Zahl, die nicht durch 5 teilbar ist. Außerdem sei m = a1 ...al eine beliebige natürliche Zahl. Beweisen Sie, dass es eine Zahl mit der Dezimaldarstellung a1 ...al a1 ...al ...a1 ...al gibt, die durch n teilbar ist. So gibt es beispielsweise eine Zahl der Form 3737...37 , die durch n teilbar ist. Lösung: Betrachten wir die n Zahlen: N 1 = m, N 2 = a1 ...al a1 ...al = m+10 l m,....., N n = (1+10 l +...+10 ( n 1) l )m Angenommen, keine von diesen Zahlen ist durch n teilbar. Dann sind bei der Division durch n nur die Reste 1 bis n-1 möglich. Da eine Zahl mehr als Reste vorhanden ist, haben mindestens zwei Zahlen denselben Rest und die Differenz der beiden Zahlen ist durch n teilbar. N r -N s = 10 sl (1+10 l +...+10 ( r s 1)l )m = 10 ls N r s ls Da aber 10 und n teilerfremd (s.Vor.) sind, ist somit die Zahl N r s durch n teilbar. Widerspruch 12.) (Satz von Erdös-Szekeres) Sei A = (a 1 ,a 2 ,...,a n ) eine Folge von verschiedenen reellen Zahlen. Wenn n sr+1 ist für zwei natürliche Zahlen s und r, dann enthält A entweder eine steigende Teilfolge mit s+1 Zahlen oder eine fallende Teilfolge mit r+1 Zahlen. Lösung: Angenommen, es gäbe weder eine steigende Teilfolge mit s+1 Zahlen noch eine fallende Teilfolge mit r+1 Zahlen. Wir ordnen nun jeder Zahl a j zwei natürliche Zahlen x j und y j zu, und zwar so, dass x j die Länge der längsten steigenden Teilfolge ist, die mit der Zahl a j endet, und y j die Länge der längsten fallenden Teilfolge ist, die mit der Zahl a j anfängt. Nach der obigen Annahme gilt x j s und y j r für jedes j. Die Anzahl n der Zahlen a j ist größer als sr (s.Aufgabenstellung). Also gibt es zwei Zahlen j und k mit j < k, für die x j = x k und y j = y k ist. Fall 1: a j < a k : die längste steigende Teilfolge kann um die Zahl a k ergänzt werden. x k x j +1 im Widerspruch zu x k = x j . Fall 2: a j > a k : entsprechend y k y j +1 13.) In einem rechtwinkligem Koordinatensystem sitzen in jedem Gitterpunkt außer dem Ursprung ein Hase. Alle Hasen sind kongruent und sitzen in der gleichen Position bezüglich der jeweiligen Gitterpunkte. Vom Ursprung aus schießt ein blinder Jäger in eine willkürliche Richtung. Zeigen Sie, dass stets ein Hase getroffen wird, gleichgültig, wie klein die Hasen sind. 4 Referent: Arnold Weiler (WiMa) Thema: Schubfachprinzip Lösung: Sei die Schussbahn mit der Gleichung y = x beschreibbar (die y-Achse durch die Gleichung nicht beschreibbar, wenn der Schuss aber entlang der y-Achse läuft, wird der erste Hase getroffen). Wir betrachten einen Kreis um den Gitterpunkt (m,n)vom Radius , der komplett innerhalb vom entsprechenden Hasen liegt. Wenn sich der Schussstrahl mit mindestens einem solchen Kreis schneidet, ist die Aufgabe gelöst. Hinreichend ist, wenn es ein n Z und ein m Z\{0} gibt mit |m-n|< bzw. der gebrochene Teil {m}< , d.h. | m - [m]| < . Wir teilen das Intervall [0,1] in M gleiche Intervalle a a 1 [ , ] für a = 0,1,2,...,M-1, M M 1 wobei M N, für die < gilt. M Dann berechnen wir für jedes m {1,2,...,M}den gebrochenen Teil von m und 1 wenn eines dieser gebrochenen Teile ins erste Intervall [0, ] gerät, ist die Aufgabe M gelöst, ansonsten kann man annehmen, dass es unter den restlichen M-1 Intervallen mindestens ein Intervall gibt, in dem zwei Zahlen {m 1 } und {m 2 } mit m 1 m 2 liegen. Sei 0 < {m 1 }< {m 2 }< 1. Also ist m 1 = n 1 + {m 1 } und m 2 = n 2 + {m 2 } mit n 1 , n 2 N und es gilt (m 2 - m 1 ) = (n 2 - n 1 ) + ({m 2 }-{m 1 }). Daraus schließt man: {( m 2 - m 1 )} = {m 2 }-{m 1 }< , 1 damit liegt der gebrochene Teil {( m 2 - m 1 )} im Intervall [0, ] Widerspruch M Quellen: - www.matheplanet.com - http://www-lti.informatik.rwth-aachen.de/lehre/ExtremalCombinatorics/SS2004/v3ausarbeitung.pdf - http://www.imosuisse.ch/maturaarbeiten/dreiProblemloesestrategien.pdf - http://lsgm.uni-leipzig.de/KoSemNet/pdf/graebe-04-6.pdf - http://www.iwr.uni-heidelberg.de/groups/ngg/People/winckler/LSLPages/mathe_ueb03.pdf - http://www.gutenberg-gym.de/coma/Ergebnisse/das_schubfachprinzip.htm - http://www.uni-giessen.de/~gc1154/diskrete/edm/Folien/Kap_1_Kombinatorik.pdf - http://de.wikipedia.org/wiki/Schubfachprinzip - A.Beutelspacher, M.-A.Zschiegner, Diskrete Mathematik für Einsteiger [4] - A. Engel, Problem-Solving Strategies, Chapter 4 [6] - A. Spivak, Das mathematische Fest - Zeitschrift Mathematische Bildung (2003) Zum Üben Multiple choice Aufgaben: http://www.math.uni-hamburg.de/home/cm/lgm/diskret/schubfach.htm 5 6