2 Was ist Theoretische Chemie?

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Was ist Theoretische Chemie?
2.1
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Motivation
Theoretische Chemie
Paul Adrian Maurice Dirac (1902-1984, Nobelpreis 1933)10 wird der Satz
zugeschrieben, dass “Once the laws of quantum mechanics are understood,
the rest is chemistry!”
=⇒ (Theoretische) Chemie ist also einfach(?) die Anwendung der Gesetze
der Quantenmechanik
Dirac wird ebenfalls der folgende Satz zugeschrieben: “The underlying physical laws for the mathematical theory of a large part of physics and the whole
of chemistry are thus completely known, and the difficulty is only that the
exact application of these laws leads to equations much too complicated to
be soluble.”
=⇒ Theoretische Chemie ist also doch nicht einfach ein Teilgebiet der
Ingenieurwissenschaften!
2.2
Slide 13
Teilgebiete der Theoretischen Chemie
Theoretische Chemie
Grundlagen
• Die Lösung der Gleichungen ist sogar so komplex, dass man häufig die
Quantenmechanik durch die klassische Mechanik ersetzen muss!
• Für große Systeme mit einer großen Anzahl von Molekülen müssen
gemittelte Größen berechnet werden.
=⇒ Theoretische Chemie befasst sich mit
10
http://de.wikipedia.org/wiki/Dirac
9
1. Quantenmechanik
2. Quantenchemie
3. klassische Mechanik
4. statistische Mechanik (Thermodynamik)
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Teilgebiete der Theoretische Chemie
1. Theorie der Chemischen Bindung (z. B. Existenz von Molekülen, Geometrie, Bindungsenergien)
2. Theorie der Chemischen Reaktionen (z. B. Reaktionsdynamik, Reaktionskinetik)
3. Theorie der Molekülspektroskopie (z. B. Wechselwirkung von Molekülen mit elektromagnetischer Strahlung)
4. Theorie von Polymerstrukturen und -dynamik (z. B. Ionomere, Gasdiffusion, Scher- und Fließverhalten)
5. Theorie von Flüssigkeiten (z. B. Solvatation, Relaxationsphänomene)
6. Theorie von Festkörpern (z. B. Transporteigenschaften, mechanische
Eigenschaften)
7. Oberflächentheorie (Surface Science) (z. B. Adsorption, Katalyse, Elektrochemie)
8. Mathematische Ordnungsstrukturen in der Chemie (z. B. Molekülstrukture und -topologie, Reaktionen, Organisation von Datenbanken)
9. . . .
1. – 7. überlappen mit der (theoretischen) Physik
8. überlappt mit Mathematik und Informatik
2.3
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Moderne theoretische Chemie
10
Bedeutung heute
starke Zunahme in den letzten 20 Jahren
Theoretische Chemie ist Computerchemie:
Einsatz des Computers zur Lösung chemischer Probleme
Ursachen dieser Entwicklung:
• Zuwachs an Rechenkapazität (Moore’s Law)11
Moore’s Law
“The complexity for minimum component costs has increased at a
rate of roughly a factor of two per year. Certainly over the short term
this rate can be expected to continue, if not to increase. Over the
longer term, the rate of increase is a bit more uncertain, although
there is no reason to believe it will not remain nearly constant for at
least 10 years. That means by 1975, the number of components per
integrated circuit for minimum cost will be 65,000.”
G.E. Moore “Cramming more components onto integrated circuits”,
Electronics Magazine, 19.4.1965.
• algorithmische Verbesserungen der Software
• verbesserte graphische Benutzerinterfaces (GUIs)
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Moderne Theoretische Chemie
In weiten Bereichen der chemischen Forschung spielt die Unterstützung
durch Rechnungen eine immer wichtigere Rolle. Dies gilt sowohl für kleinere
Moleküle (z. B. Stabilität und Struktur von Radikalen, chemische Verschiebungen (NMR), Schwingungsspektroskopie) als insbesondere auch für größere Moleküle wie Makromoleküle und Proteine (z. B. Visualisierung von Strukturen, Struktur-Wirkungsbeziehungen in der pharmazeutischen Forschung)
und Molekülverbände (z. B. Docking, Materialsimulationen, also Simulationen mit Umgebung, chemische Reaktionen) . Es geht weltweit 1/3 der Kapazität von Supercomputern in chemische Anwendungen. Die Chemie liegt
damit weit an der Spitze! Vor diesem Hintergrund muß sich auch die Ausbildung in Theoretischer Chemie verändern!
11
http://de.wikipedia.org/wiki/Moore’s Law
11
3
Klassische Teilchen und Wellen
3.1
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Klassische Teilchen
Klassische Teilchen
• Newton’s Bewegungsgleichungen
dv
dt
d2 x
= m · ẍ = m 2 = F
dt
m · a = m · v̇ = m
• oft ist F = −
dV (x)
dx
• V = V (x) heißt Potentialfunktion
• Beispiele:
• Hookesches Federgesetz F = −kx
V = 21 kx2
• Bewegung im (konstanten) Gravitationsfeld der Erde F = −mg
mgx (oft: z)
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Verallgemeinerung
• n wechselwirkende Teilchen
x −→ xi
d
∂
−→
dx
∂xi
• Newtons Bewegungsgleichungen
dvi
dt
d2 xi
∂V ({x1 , . . . , xn })
= mi · ẍi = mi 2 = Fi = −
dt
∂xi
mi · ai = mi · v̇i = mi
12
V =
3.2
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Wellen (klassisch)
Klassische Wellen
• Ortsabhängigkeit einer freien (ebenen) Welle:
φ(x) = cos kx oder φ(x) = sin kx
• äquivalent (mathematisch bequem)
φ(x) = cos kx + i sin kx = eikx
k=
2π
λ
• Zeitabhängigkeit
φ(t) = cos ωt + i sin ωt = e−iωt
ω = 2πν = 2πcν̃
• Gesamtwellenfunktion
ψ(x, t) = Aφ(x) · φ(t) =
A ·ei(kx−ωt)
|{z}
Amplitude
kx − ωt heißt die Phase der Welle.
Bezug zu den “Materiewellen” atomarer Teilchen
h
Man ersetzt E = hν = ~ω und p = , und erhält die Wellenλ
funktion sich frei bewegender Teilchen als
i
ψ(x, t) = A · e ~ (p·x−E·t)
~=
h
2π
Chemgapedia http://www.chemgapedia.de/...12
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12
http://www.chemgapedia.de/vsengine/vlu/vsc/de/ch/1/pc/pc 11/pc 11 01/pc 11 01 01.vlu.html
13
Operatoren
• Man kann den Impuls aus der Wellenfunktion z.B. so gewinnen
~ ∂
~ i
ψ(x, t) = · pψ(x, t) = pψ(x, t)
i ∂x
i ~
Operator
~ ∂
ist ein Operator, durch dessen “Anwendung auf die Weli ∂x
lenfunktion” wir die physikalische “Observable” des Impulses berechnen können.
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Aufenthaltswahrscheinlichkeit
eine freie Welle ist im ganzen Raum ausgebreitet
Wo befindet sich das Teilchen?
Antwort:
Irgendwo im Raum, mit überall gleicher Wahrscheinlichkeit
W (x, y) = const.
Beobachtung: ψ ∗ (x, t) · ψ(x, t) = A2 = const.
⇒ Vermutung:
W (x, t) = ψ ∗ (x, t)·ψ(x, t) könnte eine Wahrscheinlichkeitsdichte
sein
14
4
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Das Doppelspaltexperiment
Klassische Teilchen (Schrotkugeln)
P2
Gewehr
P12
x
P1
Detektor
Doppelspalt
Auffangwand
Häufigkeitsverteilungen
Teilchen aus “Teilchenquelle” fliegen durch den Spalt
oder werden an einer Kante abgelenkt.
Man beobachtet die Verteilungen P1 , P2 , P12 , wenn Spalt
1, Spalt 2, oder beide Spalte offen sind.
Offensichtlich ist
1. P12 = P1 + P2
2. Es treffen nur ganze Kugeln auf.
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Klassische Wellen (Wasserwellen)
15
P2
P12
Wellenerreger
x
P1
Detektor
Doppelspalt
Auffangwand
Offensichtlich ist
1. P12 6= P1 + P2
Wellen zeigen Interferenzerscheinungen.
2. Die Intensität kann jeden beliebigen Wert zwischen 0
und der maximalen Intensität annehmen.
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Das Verhalten von Elektronen
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P2
P12
Elektronenquellle
x
P1
Detektor
Doppelspalt
Auffangwand
Offensichtlich ist
1. P12 6= P1 + P2
Elektronen zeigen Interferenzerscheinungen
2. Die Stärke der Detektorimpulse ist immer gleich groß.
3. Selbst wenn die Elektronen einzeln nacheinander ankommen, misst man stets ganze Elektronen, ihre Verteilung
zeigt jedoch das Interferenzmuster
4. Es scheint, als ob die Elektronen mit sich selbst interferieren.
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Welle-Teilchen-Dualismus
• Das Elektron verhält sich als Welle, soweit es die Statistik der Ereignisse betrifft.
• Andererseits verhält sich das Elektron als Partikel, da bei jeder Messung immer nur ein ganzes Teilchen im Detektor auftrifft.
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Kopenhagener Interpretation
(↔ Viel-Welten-Theorie)
– Kollaps der Wellenfunktion: Dem Teilchen stehen 2
Wege offen, die es gleichzeitig benutzt ⇒ Interferenz
– Der Messprozess beeinflusst (stört) das Elektron und legt
fest, welchen Weg es benutzt.
• YouTube-Filmsequenz des Doppelspaltexperimentes13
13
http://www.youtube.com/watch?v=1pO5dZZUJVM
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