SYSTEM AGROGENTECHNIK – RISIKO FÜR MENSCH, TIER UND UMWELT …………………………………………………………….………........ STOPP FÜR GENTECHNISCH VERÄNDERTE PFLANZEN Der Bund Naturschutz fordert von der Politik eine grundsätzliche Abkehr von der Agrogentechnik, um Umwelt, Verbraucher, Landwirte und Imker in Bayern vor den Risiken der Agrogentechnik dauerhaft zu schützen. Der BN fordert u. a. den Stopp für neue Zulassungen gentechnisch veränderter Pflanzen, ein Verbot für den Herbizidwirkstoff Glyphosat, der im Paket mit gentechnisch veränderten, herbizidresistenten Pflanzen zum Einsatz kommt, aber auch in der deutschen Landwirtschaft, bei der Bahn und in Privatgärten verwendet wird, eine Kennzeichnungspflicht für tierische Lebensmittel, die mit Gentechnikfutter erzeugt wurden, sowie die Herausnahme der Bereiche Gentechnik, Landwirtschaft und Ernährung aus den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. 1 GENTECHNIKPFLANZEN AUF DER WARTELISTE In der EU sind derzeit über 50 gentechnisch veränderte Pflanzen als Futtermittel und Lebensmittel zum Import zugelassen. Doch nur der insektenresistente MON810 Mais von Monsanto darf angebaut werden. In Deutschland ist sein Anbau jedoch verboten. Nun will die EU-Kommission weitere gentechnisch veränderte Organismen (GVO) zum Anbau zulassen. Neun gentechnisch veränderte Pflanzen wurden von Gentechnikkonzernen zur Anbauzulassung auf EU Ebene beantragt. Wegen des Widerstands von Bevölkerung und den Regierungen mehrerer Mitgliedsstaaten gegen den Anbau hat die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, der nationale Anbauverbote ermöglichen soll. Der BN fordert, dass diese auf Umweltrecht beruhen müssen und kritisiert vehement die vorgeschlagene Konsultation mit den Gentechnikkonzernen. Daneben verhandelt die EU-Kommission mit der US-Regierung über ein Freihandelsabkommen, das auch den Bereich Gentechnik einschließt. Die Forderungen von US-Seite an die EU lauten ganz klar: Die als diskriminierend empfundenen EUGentechnikgesetze müssen abgeschafft, mindestens gelockert werden, um den EU-Markt für die gentechnisch manipulierten Pflanzen aus den USA zu öffnen. WELTWEITE BEDEUTUNG DER AGROGENTECHNIK WIRD MEIST ÜBERSCHÄTZT Nach 30 Jahren Forschung und 18 Jahren GVO-Anbau gibt es bei den kommerziell angebauten gentechnisch veränderten Pflanzen nach wie vor im Wesentlichen nur zwei Eigenschaften: Herbizidresistenz und Insektenresistenz. Daten: ISAAA, Brief 43, Global Status of Commercialized Biotech/GM Crops: 2011 (2012) Industriequelle ! Der Hauptanbau findet im Stammland vieler Agrokonzerne, den USA statt (41%), gefolgt von Brasilien mit 22% und Argentinien mit 14%, Kanada und Indien mit 7% bzw. 6% sowie China und Paraguay mit je 2%, Sonstige 6% (an den Daten von 2011 hat sich nichts Wesentliches geändert). Dies sind Zahlen der von der Gentechnikindustrie unterstützten Organisation ISAAA1. Es handelt sich dabei vor allem um Soja (47%), Mais (32,5%), Baumwolle (14,5%) und Raps (5%), praktisch alle GentechSojapflanzen sind herbizidresistent, zumeist Glyphosat-resistent. GESUNDHEITLICHE RISIKEN DER GENTECHNIK Gentechnik ist nicht die Fortsetzung der klassischen Züchtung mit modernen Mitteln Gentechnik ist nicht die Fortsetzung der klassischen Züchtung, sondern erlaubt den Gentransfer über alle Artgrenzen hinweg. Der Einbau der fremden Gene erfolgt dabei nicht gezielt, sondern nach dem Zufallsprinzip. Es entstehen gentechnisch veränderte Organismen (GVO) mit neuen Eigenschaften, die weder in der Umwelt noch als Lebensmittel erprobt sind. Nicht selten treten bei GVO auch unerwartete Effekte auf, die durch so genannte Positionseffekte (Veränderungen an den Einbauorten der Transgene) oder durch Veränderungen im pflanzlichen Stoffwechsel bedingt sein können. Als Beispiele seien genannt: Stängel in1 http://www.isaaa.org/resources/publications/b riefs/46/executivesummary/ 2 sektenresistenter Maispflanzen hatten einen bis zu 28% höheren Ligningehalt als nicht-transgene Ausgangspflanzen. Oder: Zwei von vier mehltauresistenten Gentech-Weizenlinien zeigten im Freiland bis zu 56 % weniger Ertrag und eine bis zu 40fach höhere Empfindlichkeit gegen den Schadpilz Mutterkorn als Kontrollpflanzen. Auch Qualität und Verträglichkeit von Gentech-Lebensmitteln können beeinflusst werden, z.B. können neue Allergene auftreten. Zusätzlich besitzen GVO häufig Antibiotikaresistenzgene, die in die Kritik geraten sind, da sie auf Bakterien, darunter eventuell auch Krankheitserreger, übertragen werden könnten. Die Ergebnisse von Fütterungsversuchen mit transgenen Pflanzen sind umstritten. Studien der Antragsteller finden regelmäßig keine negativen Effekte, während sich in verschiedenen anderen Studien Hinweise auf gesundheitliche Effekte bei den Versuchstieren ergaben, wie Veränderungen an Magen, Leber oder Nieren oder erhöhte Tumorraten. In der Regel werden von den Antragstellern Kurzzeitversuche durchgeführt, häufig sogar mit isolierten Proteinen und nicht dem GVO selbst. Erst seit Neuem sollen in der EU Tierversuche über 90 Tage durchgeführt werden, doch selbst diese erlauben nur bedingt Aussagen über Langzeiteffekte von GVO oder Wirkungen auf Nachkommen. Zudem liegen die Detailergebnisse der Firmenstudien nur den Behörden vor, eine Überprüfung durch unabhängige Wissenschaftler ist zumeist nicht möglich. Gerne wird behauptet, negative Effekte auf die Gesundheit seien trotz mehrjährigen Verzehrs von gentechnisch hergestellten Lebensmitteln nicht beobachtet worden. Doch mangels Kennzeichnung solcher Lebensmittel in den GVOHauptanbauländern lassen sich keine epidemiologischen Untersuchungen zu eventuellen gesundheitlichen Wirkungen von Gentech-Lebensmitteln durchführen. RISIKEN FÜR DIE UMWELT Die Erfahrung der vergangenen Jahre lehrt: GVO lassen sich nicht begrenzen. Auskreuzung der Transgene auf Pflanzen der gleichen oder verwandte Arten lässt sich nicht verhindern. Wind und Insekten Protestaktion des BN: so weit die Luftballons fliegen, kann auch gentechnisch veränderter Pollen fliegen Problematisch: die weite Verbreitung von Pollen und das Auskreuzen der veränderten Gene auf verwandte Pflanzen verbreiten Pollen über große Entfernungen. Auch Samen werden durch Wind und Tiere verbreitet, sie können zudem oft Jahre überdauern. Besonders problematisch ist es, wenn gentechnisch veränderte Pflanzen in ihren Ursprungsregionen angebaut werden sollen, da dort in aller Regel auch zahlreiche verwandte Arten vorkommen. Dies gilt in Europa beispielsweise für den Raps. Rapssamen gehen leicht verloren, wie Funde von Gentech-Raps an Verkehrswegen zeigen und das selbst in Ländern, in denen er nie freigesetzt oder angebaut wurde, wie in der Schweiz. Rapssamen können jahrelang keimfähig bleiben. So fanden sich in Schweden herbizidresistente Rapspflan- 3 zen noch 10 Jahre nach einem einjährigen Anbau. Unerwünschte Effekte auf so genannte „Nichtzielorganismen“ sind zu erwarten, etwa wenn ein gegen das Schadinsekt Maiszünsler gerichtetes Toxin auch andere Schmetterlinge oder Nützlinge schädigt. Die Artenvielfalt im Agrarraum, die schon sehr bedroht ist, würde durch GVO weiter gefährdet. Die nicht auszuschließende Wirkung auf Nichtzielorganismen war der Grund, weshalb der Anbau des MON810 Mais in Deutschland im Frühjahr 2009 durch die damalige Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner verboten wurde. pflanze der Larven, in den Mais- und Sojaanbaugebieten in Verbindung gebracht wird. Durch die häufige Anwendung der immer gleichen Herbizide bilden Ackerbeikräuter immer schneller Resistenzen gegen diese Herbizide aus. Zur Bekämpfung dieser Beikräuter werden dann mehr Herbizide in höheren Dosen eingesetzt. So stieg mit Einführung der herbizidresistenten Gentech-Pflanzen der Herbizidverbrauch zur Beikrautbekämpfung in Ländern wie USA, Argentinien und Brasilien rapide an. Die Industrie entwickelt zunehmend Gentech-Pflanzen, die gegen weitere Herbizide resistent sind, darunter solche, die aufgrund ihrer Toxizität eigentlich auslaufen sollten. Eine umwelt- und gesundheitsverträgliche Landwirtschaft sieht anders aus. IMKEREI Freiwillige Selbstverpflichtung von Landwirten Negative Wirkungen auf die Artenvielfalt sind nicht nur durch insektenresistente Pflanzen zu befürchten, sondern auch durch herbizidresistente Pfanzen. Diese gegen die Breitbandherbizide Glyphosat und Glufosinat resistenten GVO sind darauf getrimmt, die „Herbiziddusche“ auszuhalten, während alle anderen Pflanzen absterben. Fehlen aber Wildpflanzen, fehlen Insekten und anderen Tieren Nahrung und Unterschlupf, die Vielfalt nimmt dramatisch ab. Zu beobachten ist dies in Ländern mit breitem Anbau von herbizidresistenten Pflanzen. So wird inzwischen in den USA ein massiver Populationsrückgang des Monarchfalters beobachtet, der mit dem großflächigen Verschwinden der Seidenpflanze, der Futter- Besonders betroffen durch den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ist die Imkerei. Bienen sind auf die Vielfalt an Nahrungspflanzen angewiesen und sorgen durch ihre Bestäubungsleistung dafür, dass Vielfalt erhalten bleibt. Da auch zahlreiche Nutzpflanzen auf die Bestäubung angewiesen sind, gelten Bienen als wirtschaftlich sehr relevante Nutztiere. Doch in ausgeräumten Agrarlandschaften haben sie große Probleme, ausreichend Nektar und Pollen zu finden. So befliegen sie zum Pollensammeln selbst den Mais, der keinen Nektar liefert. Raps gilt als exzellente Bienenweide, den sie auch über große Entfernungen anfliegen. Bienen überwinden leicht Entfernungen von drei km, unter Umständen auch deutlich weitere. Ein Volk kann damit ein Areal von 30 km2 befliegen. Gentech-Pollen Unabdingbar: z.B. Schutz der Bienen und anderer Insekten vor den schädlichen Einflüssen der Gentechnik 4 landet so im Honig und anderen Imkereiprodukten, obwohl weder Imker noch Verbraucher Gentech-Pollen im Naturprodukt Honig wünschen. Foto: Holger Loritz, Netzwerk Blühende Landschaft Der Schutz der Imkerei vor dem Eintrag von GVO wurde in den vergangenen Jahren sträflich vernachlässigt. Es existieren keine gesetzlichen Regelungen, die die notwendigen Abstände zwischen GVOFlächen und Bienenständen vorgeben würden. Stattdessen sollen Imker selbst dafür sorgen, dass Gentech-Pollen nicht im Honig landet! Der BN fordert: Um das Verursacherprinzip nicht völlig auszuhebeln, müssen dringend Mindestabstände zwischen GVOFlächen und Bienenständen festgelegt werden, die dem Flugverhalten der Bienen entsprechen. KOMMERZIELLER GVO-ANBAU IN DER EU – KAUM INTERESSE, ABER ERZWUNGENE EINFÜHRUNG DURCH FREIHANDELSABKOMMEN? Die überwältigende Mehrheit der europäischen Verbraucher lehnt die Agrogentechnik ab, doch die EU-Kommission hat immer wieder Zulassungen für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) ausgesprochen. In der EU ist aktuell eine gentechnisch veränderte Pflanze für den kommerziel- len Anbau zugelassen: der seit 1998 zugelassene MON810 Mais von Monsanto mit eingebautem Insektizid. Die kurzzeitig zugelassene Amflora-Kartoffel der BASF mit einer veränderten Stärkezusammensetzung darf nicht mehr angebaut werden. In mehreren europäischen Ländern existieren Anbauverbote für den MON810 Mais, nämlich in Österreich, Luxemburg, Ungarn, Griechenland, Frankreich, Deutschland, Bulgarien und Italien. Der MON810 Mais wurde 2013 in Spanien auf 137 000 Hektar angebaut, außerdem vereinzelt in Portugal, Tschechien, der Slowakei und vermutlich in Rumänien. Der Gesamtanbau gentechnisch veränderter Pflanzen in der EU beläuft sich auf etwas mehr als 140 000 Hektar, das entspricht etwa 0,14% der Ackerfläche. Doch es stehen weiterhin diverse Gentech-Pflanzen auf der Warteliste für EU Anbauzulassungen. Alle besitzen entweder eine Herbizidresistenz oder eine Insektenresistenz und mehr als die Hälfte trägt beide Eigenschaften. Die überwältigende Mehrheit der europäischen Verbraucher lehnt die Agrogentechnik ab Die EU-Kommission will nun eine neue gentechnisch veränderte Maislinie zum Anbau zulassen: der 1507 Mais von DuPont Pioneer (in den USA als Herculex I bekannt) besitzt eine Resistenz gegen den Maiszünsler und zusätzlich eine Resistenz gegen das Breitbandherbizid Glufosinat (als Liberty, Basta oder Ignite bekannt) der Firma Bayer. Ähnliche Eigenschaften 5 hat der ebenfalls zum Anbau beantragte Bt11 Mais von Syngenta; für beide GVO wurden bereits Sortenversuche in EULändern durchgeführt. Glufosinat soll aufgrund seiner Toxizität in der EU ab 2017 die Zulassung verlieren. Eine gentechnisch veränderte Pflanze zuzulassen, die den Einsatz eines gefährlichen Herbizids ermöglicht, ist unverantwortlich. Deutschland hat sich bei der Abstimmung über die Zulassung im EU-Ministerrat leider enthalten und damit einer Genehmigung durch die EU-Kommission den Weg bereitet. Die EU-Kommission hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Importzulassungen für GVO erteilt, die als Futtermittel eingesetzt werden. So darf seit November 2013 sogar der besonders umstrittene SmartStax-Mais als Futter- und Lebensmittel in die EU importiert werden. Dieser Mais besitzt sechs Insektenresistenzgene und zwei Herbizidresistenzgene und wurde nicht ausreichend auf seine Sicherheit geprüft. Mit unbekannten Wechselwirkungen der verschiedenen Resistenzgene und Toxine sowie erhöhten Rückständen der Herbizide Glyphosat und Glufosinat ist zu rechnen. Marktexperten belegen, dass es nach wie vor genügend gentechnikfrei erzeugtes Soja am Weltmarkt gibt, um den europäischen Bedarf zu decken, so dass weitere Importzulassungen von GVO überflüssig sind. Der Bund Naturschutz unterstützt darüber hinaus alle Bemühungen, die regionale Eiweißfutterversorgung zu fördern. Gentechnikfreie Fütterung durch Anbau von Eiweißfutterpflanzen, hier Bayrischer Sojaanbau Wichtige Forderung des BN ist eine flächengebundene Tierhaltung, damit das Futter für die Tiere am landwirtschaftlichen Betrieb zum Großteil selbst erzeugt wird und die Ausscheidungen der Tiere sinnvoll als Dünger angewendet werden können, ohne die Umwelt zu belasten. Erfolgen Zulassungen etwa in vorauseilendem Gehorsam der EU gegen die USA und Gentech-Firmen, die im Rahmen des geplanten Freihandelsabkommens massive Änderungen des EU-Gentechnikrechts fordern? Denn die Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips im Zulassungsverfahren und die Kennzeichnung von GentechLebensmitteln ist den an der Ausweitung der Agrogentechnik Interessierten schon lange ein Dorn im Auge. Die EU/USVerhandlungen werden offenbar als Hebel gesehen, die bestehenden EUGentechnikregelungen abzuschaffen, mindestens aber aufzuweichen. Die USA wollen einem Abkommen nur zustimmen, wenn die von ihr als "Handelshemmnisse" bezeichneten EU-Regeln aufgegeben werden und US-Importe von GVO der Kennzeichnungspflicht nicht unterworfen werden. Der BN fordert: Deutschland muss sein Gewicht als größter Mitgliedstaat einsetzen, um ein Absenken von EU-Standards im Bereich Gentechnik, Landwirtschaft und Ernährung zu verhindern. Die viel- 6 fach wiederholten Äussagen der Politik, die europäischen Verbraucherschutz- und Umweltstandards seien nicht betroffen, sind nur bedingt glaubwürdig, denn das Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) ist als sogenanntes „living agreement“ angelegt. Dies bedeutet, dass nach Abschluss laufend weiterverhandelt werden soll und in sogenannten „regulatorischen Räten“ weitere Abmachungen zwischen Lobbyisten und Regierungsvertretern unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden können. BEDROHUNG DER GENTECHNIKFREIEN LANDWIRTSCHAFT – AUCH IN BAYERN: EINFÜHRUNG VON VERSCHMUTZUNGSGRENZWERTEN MIT GVO FÜR LEBENSMITTEL UND SAATGUT Die Agrogentechnikindustrie versucht auch andernorts, vollendete Tatsachen zu schaffen. So fordern GVO-Importeure und Ölmühlen seit längerem die Aufhebung der Nulltoleranz für in der EU nicht zugelassene gentechnisch veränderte Organismen in Lebensmitteln, um sich die Warenstromtrennung von Futtermitteln und Lebensmitteln zu ersparen. Die EUKommission schlug denn auch vor, diese Nulltoleranz nicht nur für Futtermittel, wie 2011 geschehen, sondern auch für Lebensmittel aufzuheben. Aufgrund von Einsprüchen aus Deutschland, Frankreich und Österreich wurde dieses Ansinnen 2012 verhindert, doch immer noch steht es auf der Tagesordnung der Kommission. Würde die Nulltoleranz bei Lebensmitteln aufgehoben, könnten Verunreinigungen durch GVO auftreten, die außerhalb der EU angebaut werden und das europäi- sche Zulassungsverfahren nicht durchlaufen haben. Die Produktion gentechnikfreier Lebensmittel würde deutlich erschwert und durch zusätzliche Kontrollund Analysekosten stark verteuert. Hinzu kämen die nach wie vor nicht kalkulierbaren Risiken durch gentechnisch veränderte Organismen und Konstrukte in der Nahrung. Auch die Saatgutindustrie übt Druck aus, sie versucht seit Jahren, die geltende Nulltoleranz für gentechnische Verunreinigung von Saatgut auszuhebeln. Doch Saatgut gehört zu den absolut sensiblen Bereichen. Eine Einführung von Schwellenwerten für zulässige GVO-Anteile im Saatgut würde das Ende der gentechnikfreien Produktion in allen Ländern bedeuten, in denen diese zulässig wären. Die Beispiele USA und Kanada zeigen, nach welch kurzer Zeit konventionelles Saatgut mit signifikanten Anteilen von GVO kontaminiert ist, sodass eine echte Gentechnikfreiheit praktisch nicht zu gewährleisten ist. Der BN fordert, die Nulltoleranz für Lebensmittel und Saatgut aufrecht zu erhalten. .. die Nulltoleranz vor Verunreinigung mit GVO für Lebensmittel und Saatgut ist nicht verhandelbar…. GENTECHNIKFREIE FÜTTERUNG IST MÖGLICH - KENNZEICHNUNGSPFLICHT AUCH FÜR TIERISCHE LEBENSMITTEL Der Einsatz von gentechnisch veränderten Futtermitteln, insbesondere Glyphosat-resistentem Importsoja steht zu Recht in der Kritik: Die vielfach in der Fütterung von Schweinen und Geflügel, aber auch bei Milchkühen eingesetzten Sojaprodukte stammen von Flächen, die regelmäßig mit Herbiziden behandelt werden. Diese Giftdusche führt zu erhöh- 7 ten Rückständen. So wurden in argentinischen Sojabohnen Glyphosatrückstände gefunden, die die zulässigen Werte teilweise deutlich überschreiten. Allein in Bayern werden nach Angaben der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft pro Jahr 775.000 Tonnen Importsoja verfüttert, deutschlandweit sind es 4,8 Millionen Tonnen. Doch die Verbraucher werden im Unklaren gelassen, wie die Tiere gefüttert werden, von denen ihre Milch, Eier und Fleischprodukte stammen. Gefordert wird deshalb eine Kennzeichnungspflicht auch für Lebensmittel von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden. Nur so erhalten Verbraucher eine echte Wahlfreiheit beim Lebensmittelkauf. Die Übergangslösung ist der Markt für „ohne Gentechnik“-Lebensmittel. Da die Kennzeichnung tierischer Lebensmittel bislang in der EU nicht durchsetzbar war, wurde in Deutschland 2008 eine Kennzeichnung für Lebensmittel geschaffen, die „ohne Gentechnik“ produziert werden. Wesentliche Voraussetzung dafür ist die gentechnikfreie Fütterung. Der Markt für gentechnikfrei erzeugte Lebensmittel wächst stetig: Ca. 200 Unternehmen setzen deutschlandweit bereits auf die Kennzeichnung “ohne Gentechnik“. Sie verpflichten die Milch, Eier oder Fleisch erzeugenden Landwirte zur gentechnikfreien Fütterung. Branchenexperten des VLOG (Verband Lebensmittel ohne Gentechnik) schätzen, dass – ausgehend von derzeit etwa 10% mittelfristig mindestens 50% der Milchmenge in Deutschland gentechnikfrei erzeugt werden. Auch am bayerischen Milchmarkt gibt es neben den Biomolkereien, die ausnahmslos ohne Gentechnik produzieren eine Reihe von Molkereien, die Milch und Käse mit der „ohne Gentechnik“- Kennzeichnung auf den Markt gebracht haben. Im Eiermarkt gehen die Schätzungen bereits jetzt von einem Anteil von 50% gentechnikfreier Fütterung aus, mit steigender Tendenz. Doch zumeist fehlt die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ auf den Packungen, weil die großen Anbieter sich bislang der Kennzeichnung verweigern. Im Fleisch- und Wurstbereich geht die Entwicklung verhalten voran. Der Lebensmitteleinzelhandel hat Interesse an gentechnikfreiem Fleisch signalisiert. Bei Rewe heißt es beispielsweise: Falls die großen Geflügelhalter nicht mitziehen, werden wir auf kleine, regionale zurückgreifen, die einfach auf gentechnikfreie Produktion umschalten können, oder ausländische Lieferanten als Alternative betrachten2. Mehr Verbrauchersicherheit durch das Label „ohne Gentechnik“ 2 http://www.ohnegentechnik.org/aktuelles/nach richten/2014/oktober/einzelhandel-drohtgefluegelindustrie.html 8 BN FORDERT VERBOT VON GLYPHOSAT Rückstände von Glyphosat und seinem Abbauprodukt AMPA sowie die gentechnische Veränderung als solche bergen ein hohes, zum Teil noch ungeklärtes Risikopotenzial für die Gesundheit von Mensch und Tier. Wissenschaftliche Studien der letzten Jahre erbrachten mehr und mehr Belege für toxische Effekte von Glyphosat-haltigen Herbiziden. Schon länger gibt es z.B. Berichte aus Lateinamerika über stark erhöhte Krebsraten bei Menschen, die Glyphosat-haltigen Herbiziden ausgesetzt sind sowie über eine Zunahme an Fehlgeburten und fehlgebildeten Neugeborenen. In diesen Ländern werden Glyphosat-resistente, so genannte RoundupReady-Sojabohnen auf vielen Millionen Hektar angebaut. Der Anbau der Sojapflanzen in Monokulturen in Südamerika führt außerdem zu umfangreichen Brandrodungen von Wäldern und gefährdet die einheimische Bevölkerung, die der Vertreibung durch Großgrundbesitzer, meist unter Duldung der Regierungen, ausgesetzt ist. Der BN setzt sich daher für einen Umstieg auf importunabhängige, regionale Fütterungssysteme ein. Die Fleischproduktion in Europa muss reduziert werden, um bei weltweit knapper Fläche nicht auch noch Futtermittelfläche in anderen Kontinen- ten für einen gesundheitlich und klimapolitisch schädlich hohen Fleischkonsum in Anspruch zu nehmen. Glyphosat wird aber nicht nur im Zusammenhang mit herbizidresistenten Pflanzen verwendet, sondern auch unabhängig davon, in Deutschland etwa zur Unkrautbekämpfung vor der Aussaat, in Sonderkulturen und sogar im Haus- und Kleingarten. Der Einsatz in Speise- und Futtergetreide zur Abtrocknung des Strohs vor der Ernte (Sikkation) wurde in Deutschland inzwischen etwas eingeschränkt. Glyphosat wird von Mensch und Nutztieren aufgenommen und wurde auch im menschlichen Urin nachgewiesen. Obwohl zahlreiche Untersuchungen vorliegen, die die Gefahren für die Gesundheit und die Umwelt durch Glyphosat aufzeigen, verteidigt das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) bisher Glyphosat als „sicher“ und „umfassend“ geprüft. Für Glyphosat läuft derzeit die Neubewertung für die Wiederzulassung, Deutschland kommt dabei eine herausragende Rolle zu. Der BN fordert ein Verbot von Glyphosat. BUND Naturschutz fordert ein Verbot von Glyphosat GENTECHNIKFREIE REGIONEN UND BÜNDNISSE WACHSEN Es gibt in Deutschland inzwischen 212 Gentechnikfreie Regionen und Initiativen, davon über 50 in Bayern und 343 Gentechnikfreie Kommunen, davon über 150 in Bayern (www.gentechnikfreieregionen.de). In der Hälfte aller bayerischen Landkreise existieren aktive Bündnisse, die über die Risiken der Agrogentechnik aufklären und politisch aktiv sind und es auch bleiben werden. (www.buendnis-bayerngentechnikfrei.de). 9 PATENTE NÜTZLICHE LINKS Gentech-Pflanzen unterliegen dem Patentschutz und dürfen nicht nachgebaut werden. Über diese Patente und Anbauverträge erzeugt die AgrobiotechIndustrie wirtschaftliche Abhängigkeiten. Bei Zuwiderhandlung werden die Landwirte gerichtlich verfolgt, wie zahlreiche Landwirte in den USA und Kanada in den vergangenen Jahren erleben mussten. Konzentrationsprozesse im Saatgutbereich lassen erwarten, dass künftig nur wenige internationale Firmen den weltweiten Saatgutmarkt kontrollieren. Die Entscheidungsfreiheit der Landwirte wie auch der Verbraucher wäre stark bedroht. Inzwischen wird der Patentschutz sogar auf konventionell gezüchtete Pflanzen ausgeweitet. Der BN fordert, keine Patente auf Pflanzen und Tiere zu erteilen: Denn die Natur und das Arbeitsergebnis von Bäuerinnen und Bauern und spezialisierten Züchtern aus vielen Jahrhunderten dürfen nicht in den Besitz von Großkonzernen gelangen, die sich damit unrechtmäßig eine Monopolstellung ungeahnten Ausmaßes verschaffen würden. http://www.bundnaturschutz.de/themen/gentechnik.html Landesverband Bayern des Bundes für Umwelt- und Naturschutz http://www.bund.net/themen_und_proj ekte/gentechnik/ http://www.keine-gentechnik.de/ http://www.no-patents-on-seeds.org/de http://www.testbiotech.org/ Bauernfeindstr. 23 90471 Nürnberg Tel. 0911 / 81 87 8-0 Ansprechpartner zum Thema: Fax 0911 / 86 95 68 Marion Ruppaner [email protected] Tel.: 0911/81 87 8-20 [email protected] www.bund-naturschutz.de Stand Oktober 2014 Impressum: Herausgeber: Bund Naturschutz in Bayern e.V. Redaktion und Text: Marion Ruppaner und Dr. Martha Mertens Bilder: wenn nicht anders genannt: BN Archiv 10