Theorie: Proteinbestimmung und proteolytischer Verdau von Bacteriorhodopsin 8 Theorie Proteinbestimmung und proteolytischer Verdau von Bacteriorhodopsin 8.1 Quantitative Proteinbestimmung 8.1.1 Einführung Bevor Proteine weitergehend charakterisiert werden, ist es meist erforderlich festzustellen, welche Proteinmenge in einer gegebenen Lösung vorhanden ist. Hierzu existieren viele unterschiedliche Methoden. Zu den meisten Bestimmungen gibt es darüber hinaus etliche Modifikationen und diverse kommerziell erhältliche Varianten. Auch nach jahrzehntelangen Untersuchungen auf dem Gebiet der quantitativen Proteinbestimmung ist noch kein Verfahren bekannt, das universell und einfach einsetzbar ist. Ein Hauptproblem neben dem komplexen und sehr variablen Aufbau von Proteinen ist, dass eine biochemische Probe neben Protein und Wasser noch eine Vielfalt unterschiedlicher Substanzen enthält. Salze, Puffer, Reduktionsmittel und Detergenzien beeinflussen die Verfahren in ganz unterschiedlichem Ausmaß. Wenn also ein und dieselbe Probe mit diversen Verfahren gemessen wird, muss daraus nicht das gleiche Ergebnis resultieren. Im Folgenden sind zwei kolorimetrische Verfahren vorgestellt, deren Farbreaktion Proben denaturieren. Im Gegensatz dazu bleibt bei der UV-Spektroskopie die biologische Funktion erhalten, dafür muss eine geringere Sensitivität in Kauf genommen werden. 8.1.2 Verfahren A: Bradford Die Bradford-Methode[1] beruht auf + der Anlagerungsreaktion von H 3C N Coomassie Brillant Blue G-250 -O3S SO3H 3C (CBBG) an Proteine (vor allem kationische und nichtpolare, hydrophobe N H3C Seitenketten). Dadurch kommt es zur CH 3 Verschiebung des AbsorptionsCH 3 maximums des Farbstoffs von 450 nm N O H zu 590 nm. Die Zunahme der AbsorpAbb. 8. 1: Coomassie Brillant Blue G-250 tion bei 590 nm ist proportional zur Proteinkonzentration in der Lösung. Eine bessere Linearität lässt sich erreichen, indem man das Verhältnis A590 nm/A450 nm gegen die Proteinkonzentration aufträgt. Die Proteinbestimmung nach der Bradford-Methode ist schnell und einfach durchzuführen, und weniger störanfällig insbesondere gegenüber Reduktionsmitteln als die Lowry- oder BCA-Methode. Nachteilig ist, dass die Bradford-Methode störanfällig gegenüber Substanzen ist, die das Absorptionsmaximum von CBBG beeinflussen (z.B. Detergenzien). Außerdem adsorbiert der Farbstoff an Gefäßwänden und der Haut. 1 Theorie: Proteinbestimmung und proteolytischer Verdau von Bacteriorhodopsin 8.1.3 Verfahren B: Pyrogallolrot Die Pyrogallol-Methode[2] beruht auf der Farbreaktion eines Pyrogallolrot-Molybdat-Komplexes mit Proteinen. Hierbei kommt es unter sauren Bedingungen zu einer Verschiebung des Absorptionsmaximums von 600 zu 470 nm. Störend wirken bei diesem Test Aminoglycoside und Ampholyte. Im Gegensatz zum Bradford-Test ist die Pyrogallol-Methode[3] robuster gegenüber Detergenzien, und der Pyrogallol-Farbstoff adsorbiert nicht an Gefäße. Ein weiterer Vorteil ist der große dynamische Bereich. O S O O HO OH O OH OH Abb. 8. 2: Pyrogallolrot 8.1.4 Auswertung der Proteinbestimmung Bei allen kolorimetrischen Verfahren wird zunächst die Proteinmenge im Testansatz bestimmt und diese anschließend unter Berücksichtigung der Verdünnungen und der eingesetzten Volumina auf die Proteinkonzentration der Ausgangslösung umgerechnet. Für diese Verfahren ist eine Kalibrierung mit einem Proteinstandard erforderlich, in diesem Versuch die BSA-Verdünnungsreihe mit bekannten Proteinmengen. Zur Erleichterung der Auswertung ist es empfehlenswert, die Absorption als x-Achse zu wählen und die Proteinmasse als y-Achse. Dies hat den Vorteil, dass man nach Erstellen einer Regressionsgerade sofort die geeignete Gleichung zur Bestimmung der unbekannten Proben erhält (siehe Abb. 8. 3: Auftragung der Absorption einer Proteinstandardreihe). Abb. 8. 3: Auftragung der Absorption einer Proteinstandardreihe Zur Auswertung der kolorimetrischen Verfahren sollte also zunächst eine Tabelle für die BSAStandardreihe angefertigt werden, wie z.B.: BSA-Masse 40 µg 20 µg Absorption bei 600 nm Absorption bei 470 nm 0,434 0,481 0,215 0,228 0,648 0,712 0,640 0,690 Quotient der Absorptionen 0,670 0,676 0,336 0,330 Mittelwert der Quotienten 0,673 0,333 2 Theorie: Proteinbestimmung und proteolytischer Verdau von Bacteriorhodopsin Hierbei wurde als Beispiel die Pyrogallolrot-Methode verwendet, wobei jeweils 20 µL von jeder Proteinlösung eingesetzt werden. Die berechneten Mittelwerte für die Absorption bzw. des Quotienten können dann wie in Abb. 8. 3: Auftragung der Absorption einer Proteinstandardreihe aufgetragen werden, um eine Regressionsgerade zu erhalten. Durch diese Gerade wird jedem Wert für die Absorption (bzw. Quotient) eine Proteinmasse zugeordnet. Der Zusammenhang zwischen der Proteinmenge und dem zugehörigem Absorptionswert ist nur in einem bestimmten Bereich linear. Es gibt aber immer einen mehr oder weniger stark ausgeprägten hyperbolischen Kurvenverlauf. Allen Methoden gemeinsam ist die Tatsache, dass sie keine absoluten, von der Art des Proteins völlig unabhängigen Konzentrationswerte ergeben. Die als Messgröße dienende Farbentwicklung ist nicht nur von der Proteinmenge, sondern auch von der Art des Proteins, d.h. von den jeweiligen Anteilen bestimmter Aminosäuren, abhängig. Nach der Auswertung für die BSA-Standardreihe ist nun an Hand der Regressionsgeraden die Proteinmasse in den unbekannten Proben zu bestimmen. Im nächsten Schritt wird die Proteinmasse auf das eingesetzte Probenvolumen (bei Verdünnung A: 20 µL bzw. Verdünnug B: 15 µL) bezogen und schließlich die Verdünnung einbezogen, um die Proteinkonzentration zu ermitteln. (z.B. Pyrogallolrot): Probe A B Mittelwert der Quotienten 0,201 0,206 0,133 0,132 Proteinmasse [µg] 10,9 11,2 8,1 8,0 Konz. der 1:10Verdünnung [µg/µL] 0,545 0,560 0,540 0,533 Konz. der Stammlösung [mg/mL] 5,45 5,60 5,40 5,33 Mittelwert Konzentration [mg/mL] 5,53 5,37 3 Theorie: Proteinbestimmung und proteolytischer Verdau von Bacteriorhodopsin 8.2 Proteolytischer Verdau In diesem Versuchsteil soll Bacteriorhodopsin in Purpurmembranen mit Proteasen behandelt und durch SDS-Gelelektrophorese analysiert werden. Abb. 8. 4: Modell von Bacteriorhodopsin mit möglichen Schnittstellen verschiedener Proteasen[4] Als Beispiel ist die Spaltung von Bacteriorhodopsin mit Papain und Chymotrypsin aufgeführt[5]. Papain ist eine Cystein-Protease, die aus Papaya isoliert werden kann. Papaya-Extrakte werden schon seit Tausenden Jahren zum Zartmachen von Fleisch eingesetzt und finden auch heute noch Verwendung in der Lebensmittelindustrie. In der Biochemie ist die Spaltung von Antikörpern eine bekannte Anwendung der Protease. Papain hat eine molare Masse von 23 kD. Das native Enzym ist recht inaktiv und bedarf einer Aktivierung durch Reduktionsmittel. Chymotrypsin[6] ist eine Serin-Protease und spaltet bevorzugt an der carboxyterminalen Seite von aromatischen Aminosäureresten, Leucin und Methionin. Es ist ein proteolytisches Enzym, welches im Verdauungssystem von vielen Säugetieren und anderen Organismen vorkommt. 8.3 Quellenverzeichnis [1] Marshall, T. and K. M. Williams (2004). "Interference in the Coomassie Brilliant Blue and Pyrogallol Red protein dye-binding assays is increased by the addition of sodium dodecyl sulfate to the dye reagents." Analytical Biochemistry 331(2): 255-259. [2] Watanabe, N., S. Kamei, et. al. (1986). "Urinary protein as measured with pyrogallol redmolybdate complex, manually and in Hitachi 726 automated analyzer." Clin Chem 32 (8): 1551-4 4 Theorie: Proteinbestimmung und proteolytischer Verdau von Bacteriorhodopsin [3] Marshall, T. and K. M. Williams (2004). "Interference in the Coomassie Brilliant Blue and Pyrogallol Red protein dye-binding assays is increased by the addition of sodium dodecyl sulfate to the dye reagents." Analytical Biochemistry 331(2): 255-259. [4] Liao, M. J. and H. G. Khorana (1984). "Removal of the carboxy-terminal peptide does not effect refolding of function of bacteriorhodopsin as a light-dependent proton pump." J Biol Chem 259 (7): 4194-9 [5] Wölfer, U., et al. (1988). "Bacteriorhodopsin precursor is processed in two steps." European Journal of Biochemistry 174 (1): 51-57. [6] Berg J. M., Tymoczko J. L., Stryer L., Häcker B. (2007): Stryer Biochemie, Spektrum Akademischer Verlag. 5