Die Schilddrüse Die Schilddrüse ist die „bekannteste“ Hormondrüse. Störungen ihrer Funktion sind recht häufig. Deshalb ist das Wissen um die Funktion und Wirkungsweise dieser endokrinen Drüse sehr wichtig. Die Schilddrüse ist eine wichtige Hormondrüse und gehört zu den endokrinen Drüsen. Endokrine Drüsen sind Drüsen, die ihre Sekrete (Hormone) unmittelbar in die Blutbahn abgeben. Die Schilddrüse hat die Form wie ein „H“ und befindet sich am Hals unterhalb des Kehlkopfes vor der Luftröhre. Sie hat die Form eines Schmetterlings und liegt schildartig unterhalb des Schildknorpels vor der Luftröhre, daher auch ihre Bezeichnung. Der rechte und linke Lappen wölbt sich um Schildknorpel und Ringknorpel des Kehlkopfes. Das mittlere Verbindungsstück, das auch Isthmus genannt wird, hält beide Hälften zusammen. Embryonal entsteht die Schilddrüse aus einer Aussprossung der Anlage des Verdauungsapparats („Kopfdarm“) im Bereich der Kiemenbogen. Dieser „Schilddrüsen-Zungen-Gang“ (Ductus thyreoglossus) verschließt sich aber normalerweise, sodass die definitive Schilddrüse keine Verbindung mehr zum Kopfdarm hat. Gelegentlich kann ein Teil des Ganges bestehen bleiben und Ausgangspunkt für die Entstehung einer Zyste sein (Bochdalek-Zyste). Die Schilddrüsenlappen haben eine Länge von 3 - 5 cm und ihr Gewicht Schilddrüse beträgt bei Frauen etwa 18 g und bei Männern 25 g. Die beschriebene Form und insbesondere die Größe sind die „Norm“. Sie können aber in Einzelfällen sehr unterschiedlich sein, ohne daß ein krankhafter Befund vorliegt. Manchmal kommt es zB zu einer Auswölbung eines Lappens bis in den Bereich des Mundbodens. Schildknorpel Luftröhre Die Schilddrüse ist von einer Bindegewebskapsel (Capsula fibrosa) umgeben, von denen Septen ausgehen und das Organ in einzelne Läppchen unterteilen. Das eigentliche Drüsengewebe besteht aus mikroskopisch kleinen Bläschen (Follikeln), in deren Inneren die Hormone in inaktiver Form als Kolloid (gallertar- tiges Produkt von Zellen) gespeichert werden. Diese Follikel werden von einem einschichtigen Epithel (Drüsengewebe) umgeben. Follikelepithelzellen produzieren die Schilddrüsenhormone Die von der Schilddrüse gebildeten Hormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) sind jodhaltig. Sie werden von den Follikelepithelzellen gebildet, welche dabei auf eine ausreichende Zufuhr von Jod über die Nahrung angewiesen sind. Die Follikelepithelzellen bilden zunächst Thyreoglobulin und geben es in die Follikelhöhle ab. Weiterhin schleusen sie Jod und ein Enzym in das Follikelinnere. Letzteres sorgt für die Jodierung der Tyrosinanteile des Thyroglobulins. Das so entstandene Thyroxin und Trijodthyronin sind die eigentlichen Schilddrüsenhormone. Funktion der Schilddrüse Die Funktion der Schilddrüse wird durch das Hormon TSH (Thyreoidea stimulierendes Hormon) aus der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) im Rahmen des thyreotropen Regelkreises gesteuert. In Abhängigkeit vom TSH-Spiegel werden T3 und T4 vom Epithel aus den Follikeln durch Mikropinozytose aufgenommen und in das Blut abgegeben. Wirkung der Schilddrüsenhormone Die Schilddrüsenhormone T3 und T4 werden gebildet, indem an die Aminosäure Tyrosin Jod angelagert wird. An T3 lagern sich drei Jodatome an, an T4 vier Jodatome. T4 ist weniger wirksam, als T3. Dafür wird aber sehr viel mehr T4 gebildet. Die Schilddrüse produziert täglich ca. 80 bis 100 μg Hormon T4, vom Hormon T3 aber nur etwa 3 - 10 μg zuzüglich 1 μg Reserve-T3. Die Konzentration von T4 im Blut ist ungefähr 10 mal höher, als die von T3. Das Verhältnis von T4 zu T3 wird vom Jodangebot bestimmt. Tritt ein Jodmangel ein, ändert sich das Verhältnis zugunsten von T3. Im Blut sind T3 und T4 an ein Trägerprotein gebunden. In diesem Zustand ist es inaktiv und geschützt. Erst, wenn Bedarf besteht, wird das T4 aktiviert, indem ein Jodatom abgespalten wird. Das dann entstandene T3 ist hundertfach aktiver, als das freie T4. Beschleunigung des Stoffwechsels Seine Wirkung entfaltet T3 nach der Aufnahme in die Zielzellen durch Bindung an Rezeptoren des Zellkerns. T3 ist in der Lage, in Stoffwechselprozesse einzugreifen und wirkt aktivierend: - fördert die Wärmeentwicklung - erhöht den Sauerstoffverbrauch - beschleunigt die Kohlenhydratauf nahme - steigert die Neubildung von Glukose sowie die Mobilisation des Leberglykogens (Glykogen = Speicherform von Kohlenhydraten) - aktiviert die Freisetzung körpereigener Fettbestände - beschleunigt den Cholesterinaufbau und -abbau - fördert die Proteinsynthese - beeinflußt den Wasserhaushalt und den Knochenstoffwechsel - Schilddrüsenhormone sind unentbehrlich für die Wachstums- und Reifungsprozesse des Skeletts sowie für die Gehirnentwicklung Jodmangel und Jodierung Durch eine angemessene Jodversorgung der Bevölkerung kann z. B. die Kropfbildung (Struma diffusa) ver- Mikrostruktur der Schilddrüse mit Schilddrüsenkolloid gefülltes Follikel Lumen Schilddrüsenepithel Follikelzelle mieden werden. Die Jodierung von Lebensmitteln und Futtermitteln, wie sie in Österreich, Deutschland und der Schweiz seit mehr als zehn Jahren üblich ist, bringt nach Ansicht der Befürworter große Vorteile in der Prophylaxe gegen die Kropfbildung. Es ist nicht gesichert, dass die Jodierung bei Menschen, die nicht an einem Jodmangel leiden, ein Auslöser von Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse wie der HashimotoThyreoiditis ist. Gegner der Jodierung führen dagegen an, dass jahrzehntelange Erfahrungen in den Ländern mit einer Trinkwasserjodierung (Schweden, Schweiz, USA) zeigen würden, dass diese Befürchtungen berechtigt seien. In diesen Ländern geschah die Jodierung aber nie über das Trinkwasser, sondern über das Kochsalz (zB in Schweden seit den 1940er Jahren als Pflichtjodierung), was aber die eigentliche Fragestellung, nämlich ob ein Kausalzusammenhang tatsächlich besteht, nicht beantwortet. Krankheiten der Schilddrüse Schilddrüsenerkrankungen äußern sich als morphologische Veränderungen (Vergrößerung oder Knotenbildung), Funktionsstörungen (Überoder Unterfunktion), Entzündungen, bösartige Entartungen oder als Kombination der genannten Formen. Als Struma wird eine VerKapillare größerung der Schilddrüse (Kropfbildung) bezeichnet. Überfunktionen der Schilddrüse werden als Hyperthyreose bezeichnet. Sie können zB durch ein Autonomes Adenom oder durch einen Morbus Basedow (autoimmune Überfunktion, Autoimmunthyreopathie Typ 3) verursacht sein. Unterfunktionen der Schilddrüse nennt man Hypothyreose. Sie kann bei fehlender (Aplasie) oder ungenügender Entwicklung (Hypoplasie) der Schilddrüse, Jodmangel, Hashimoto-Thyreoiditis (Autoimmune Schilddrüsenentzündung, Autoimmunthyreopathie Typ 1A und 2A) und Ord-Thyreoiditis (Atrophische Schilddrüsenentzündung, Autoimmunthyreopathie Typ 1B und 2B) auftreten. Eine Unterfunktion bei Schwangeren kann beim Kind Kretinismus verursachen. Entzündungen der Schilddrüse werden als Thyreoiditis bezeichnet. Spezielle Formen sind die Riedel Struma und die De Quervain Thyreoiditis. Knotenbildungen in der Schilddrüse können als „Kalter Knoten“ (malignitätsverdächtig; Schilddrüsenkrebs) oder „Heißer Knoten“ (Autonomes Adenom) vorkommen.