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Nummer 190 ∙ Dezember 2014
Liebe Leserin, lieber Leser,
das „ob“ ist keine Frage mehr, vielmehr geht es „nur“ noch um die Frage, wann hier bei
uns derartige Krankheiten auftreten, wie sie beim 53. Detmolder Gespräch am 12.
November vorgestellt und besprochen wurden. Unter dem Titel „Neuartige
Krankheitserreger/ virale Zoonosen“ präsentierten Prof. Ludwig Haas von der Stiftung
Tierärztliche Hochschule Hannover und Dr. Ute Ziegler vom Friedrich-Löffler-Institut
Greifswald-Insel Riems kompetent und hoch informativ zahlreiche Erkrankungen, mit
denen wir uns vielleicht schon bald auseinander setzen müssen. Beide Referenten haben
dankenswerterweise Zusammenfassungen Ihrer Vorträge bereit gestellt, die wir für Sie
in dieser Postille abdrucken.
Liebe Leserin, lieber Leser, das Jahr 2014 neigt sich seinem Ende zu, ich möchte mich
daher im Namen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des CVUA-OWL bei Ihnen für die
insgesamt gute und erfolgreiche Zusammenarbeit bedanken.
Das Team des CVUA-OWL wünscht Ihnen eine besinnliche Adventszeit, frohe
Weihnachten und ein gutes Jahr 2015!
Ihr
(Dr. Manfred Stolz)
Zusammenfassung der Referate des 53. Detmolder Gesprächs vom 12. November 2014:
Rifttalfieber (Rift Valley Fever, RVF)
Rifttalfieber, hervorgerufen durch das Rift Valley Fever-Virus (RVFV), aus dem Genus
Phlebovirus der Familie Bunyaviridae, ist eine akute Erkrankung besonders der
Wiederkäuer, und hier vor allem der Schafe und (weniger) der Rinder, mit zoonotischem
Potential. Ziegen, Wasserbüffel, Kamele und einige Antilopenarten zeigen eine geringere
Empfänglichkeit.
Die Erkrankung ist endemisch in den tropischen Regionen Ost- und Südafrikas,
wenngleich auch Länder in West- und Nordafrika betroffen sein können. Außerhalb
Afrikas trat RVF bisher in Saudi-Arabien, dem Yemen, sowie in Madagaskar und den
Komoren auf.
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Ein epidemisches Auftreten des Rifttalfiebers wird mit schweren Regenfällen in
Verbindung gebracht, möglicherweise im Zusammenhang mit dem El Niño Southern
Oscillation (ENSO)-Phänomen. Aus infizierten Eiern der übertragenden Primärvektoren,
Aedes spp., welche in der Erde ausgetrockneter Vertiefungen der Steppen („Dambos“)
lange überleben können, schlüpfen schlagartig infizierte Mücken, die dann Wiederkäuer
befallen, an denen sich daraufhin sekundäre Vektoren (z.B. Culex-Arten) infizieren
können. Es sind über 50 Stechmückenarten bekannt, die das Virus biologisch oder
mechanisch übertragen können.
Klinisch sind besonders Schafe betroffen. Lämmer zeigen nach einer Inkubationszeit von
12-36 Stunden Fieber, Abgeschlagenheit und abdominale Schmerzen. Die Letalität
beträgt bei unter einer Woche alten Tieren bis über 90%. Ältere Tiere weisen blutigen
Durchfall und Nasenausfluss oder einen inapparenten Verlauf auf. Bei tragenden Tieren
sind hohe Abortraten (bis 100%, abortion storms) zu jedem Zeitpunkt der Trächtigkeit
möglich. Pathologisch zeigen sich Blutungen und vor allem schwere
Leberveränderungen mit generalisierten Nekrosen.
Kälber sind febril, auch plötzliche Todesfälle sind möglich. Die Letalität schwankt
zwischen 10 und 70%. Bei adulten Rindern kommt es entweder zu einem inapparenten
Verlauf, oder es treten Fieber, Schwäche, Anorexie, Durchfall und Ikterus auf. Die
Letalität liegt zwischen 5 und 10%. Abortraten von weniger als 10 bis hin zu 40% sind
beschrieben.
Die Labordiagnose für den direkten Erregernachweis beruht auf Virusisolierung,
Antigen-ELISA und PCR. Serologisch kommen VNT, ELISA (IgG/IgM), indirekter
Immunfluoreszenz- und Hämagglutinationshemmungstest in Betracht. In Deutschland
ist das Friedrich-Loeffler-Institut zuständig.
Die Übertragung des Virus auf den Menschen erfolgt weniger durch Vektoren (hier
besonders Culex, Anopheles), als durch Kontakt mit Blut und Sekreten infizierter Tiere
(über Geburtshilfe, Schlachtung, Nekropsie etc.), gelegentlich auch durch den Verzehr
unerhitzter Milch. RVF verläuft häufig inapparent oder es zeigen sich Influenza-ähnliche
Erscheinungen, die selbstlimitierend sind. Jedoch kommt es in etwa ein bis drei Prozent
der Fälle zu schweren Verlaufsformen (wie Retinopathie, Hepatitis, Nierenversagen,
hämorrhagischem Fieber, Enzephalopathie), mit teilweise letalem Ausgang. Eine kausale
Therapie ist nicht möglich. Impfstoffe für Menschen sind nicht zugelassen.
In endemischen Gebieten werden zur Bekämpfung neben Vektorkontrollmaßnahmen
Vakzinen bei Tiere eingesetzt. Hier kommen Lebendimpfstoffe zum Einsatz, die auf dem
Smithburn-Stamm beruhen. Sie sind billig und bereits nach einmaliger Applikation
wirksam, haben jedoch noch eine Restpathogenität für trächtige Schafe, die auch für den
MP12-Impfstoff beschrieben ist. Diese fehlt offenbar dem Clone13-Impfstoff, der auf
einen natürlichen avirulenten Virusstamm zurückgeht, und in Südafrika und Namibia
zum Einsatz kommt.
RVF-Virus könnte über infizierte Tiere, Menschen oder Vektoren sowie kontaminierte
tierische Produkte nach Europa eingeschleppt werden. In der Europäischen Union ist die
Infektion anzeige- und bekämpfungspflichtig (s. auch Bekämpfung Schaf- und
Ziegenpocken, Lumpy Skin Disease).
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Schaf- und Ziegenpocken und Lumpy Skin Disease
Die Erreger der Schaf- und Ziegenpocken sowie der Lumpy Skin Disease der Rinder
gehören dem Genus Capripox der Familie Poxviridae an. Sie sind eng miteinander
verwandt und serologisch nicht unterscheidbar. Die Viren bei Schaf und Ziege sind oft
virulenter für Schaf oder Ziege (seltener), es kommen jedoch auch Stämme mit gleicher
Virulenz vor.
Schaf- und Ziegenpocken
Für einheimische Rassen ist die Erkrankung (Pockenseuche) milder als für europäische
Rassen. Das Verbreitungsgebiet ist Nord- und Ostafrika, Naher und Mittlerer Osten,
Indien und China. Die Türkei ist Endemiegebiet, 2013/14 gab es auch Ausbrüche in
Bulgarien und Griechenland. Die Übertragung erfolgt vor allem direkt über Aerosole
sowie indirekt (hohe Tenazität der Erregers), Arthropoden scheinen keine bedeutende
Rolle zu spielen.
Klinisch treten nach einer Inkubationszeit von sechs bis zwölf Tagen
Allgemeinstörungen, Fieber, Konjunktivitis und Nasenausfluss auf. Insbesondere an der
unbehaarten Haut zeigt sich die Entwicklung der Pocken über Rötung (Macula),
Knötchenbildung (Papula), Pusteln (die fehlen können) und Krustenbildung. Auch innere
Organe sind bei dieser generalisierten Infektion betroffen.
Differentialdiagnostisch sind u.a. Orf (Ecthyma contagiosum, Lippengrind), Blauzungenkrankheit, Pest der kleinen Wiederkäuer, Dermatophilose und Räude zu berücksichtigen.
Die Labordiagnose für den direkten Erregernachweis beruht auf der Einsendung von
Hautgeschabseln und Borkenmaterial mittels Virusisolierung, Elektronenmikroskopie,
AGID und PCR. Serologisch kommen VNT, AGID, ELISA und Western Blot in Betracht. In
Deutschland ist das Friedrich-Loeffler-Institut zuständig.
Die Prophylaxe in endemischen Gebieten kann mit Lebendimpfstoff erfolgen (z.B. 0240
Stamm). Die Immunität hält bis zu ca. zwei Jahre.
(Bekämpfung s. Lumpy Skin Disease)
Lumpy Skin Disease (Dermatitis nodularis)
Die Lumpy Skin Disease (LSD) kommt vor allem auf dem Afrikanischen Kontinent vor
(einige nördliche Länder sind frei). 1989 trat sie erstmals außerhalb von Afrika in Israel
auf. Seit 2013/14 breitet sie sich massiv östlich (Jordanien, Syrien, Irak, Iran,
Aserbeidschan) und nördlich aus, wobei zum ersten Mal die Türkei betroffen ist, wo die
LSD inzwischen bis zum Schwarzen Meer gelangt ist.
Klinisch zeigt sich nach einer Inkubationszeit von ca. 1-4 Wochen eine generalisierte
Lymphadenopathie. An Brust, Bauch und Gliedmaßen treten Ödeme auf. Salivation,
Augen- und Nasenausfluss, Aborte, Mastitis und Orchitis kommen vor. Die Tiere sind
abgeschlagen, anorektisch (Abmagerung) und die Milchleistung geht zurück. Es bilden
sich dann Knötchen von 0,5 bis 5 cm Durchmesser am ganzen Körper, die sich bis in die
Subkutis, Faszien und gelegentlich sogar in die Muskulatur ausdehnen können.
Charakteristisch sind nach wenigen Wochen Veränderungen der Knoten mit einem
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runden, abgegrenzten nekrotischen Zentrum ("sitfasts"). Entzündungen der Gelenke und
Sehnenscheiden können zu Lahmheiten führen. Bei schwerem Verlauf sind auch innere
Organe betroffen. Die Rekonvaleszenz dauert lange. Die Morbidität kann stark
schwanken, die Mortalität ist mit 1-2% im Allgemeinen gering (Bedeutung als
„production disease“).
Differentialdiagnostisch sind (insbesondere im Anfangsstadium) eine Vielzahl von
Erkrankungen zu berücksichtigen, beispielsweise die Pseudo-Lumpy Skin Disease
(generalisierte
BHV-2-Infektion),
Hautleukose,
Hautform
des
Bösartigen
Katarrhalfiebers, Blauzungenkrankheit, Herpesmammilitis, Euterpocken, Dermatophilose, Trichophytose, Demodikose, Stomatitis papulosa, Hauttuberkulose, Urtikaria,
Photosensibilitätsreaktionen, Hypoderma bovis-Infektion oder Besnoitiose.
Die Diagnosestellung entspricht der der Schaf- und Ziegenpocken. Auch hier ist das
Friedrich-Loeffler-Institut zuständig.
Als prophylaktische Maßnahmen können in endemischen Gebieten Lebendimpfstoffe
einge-setzt werden. Homologe Impfstoffe (häufig auf dem Stamm Neethling beruhend)
verleihen eine Immunität für ca. 3 Jahre. Bei heterologen Vakzinen (auf Schaf- und
Ziegenpockenbasis) ist der Schutz etwas weniger effektiv.
Schaf- und Ziegenpocken und Lumpy Skin Disease sowie auch das Rifttalfieber sind in
der EU anzeigepflichtig (Richtlinie des Rates 82/894/EWG). Eine Bekämpfung dieser
Seuchen in der EU würde sich auf die Richtlinie 92/119/EWG des Rates (vom 17.
Dezember 1992) stützen. Eckpunkte sind Sperre des betroffenen Betriebs, unverzügliche
Tötung und unschädliche Beseitigung aller empfänglichen Tiere des Betriebs,
epidemiologische Nachforschungen und Errichtung einer Schutzzone (Mindestradius 3
km) sowie einer Überwachungszone (Mindestradius 10 km) um den Seuchenbetrieb. Eine
Impfung (nur als Ergänzungsmaßnahme und nach Zustimmung der Kommission) ist mit
Restriktionen verbunden.
(Apl. Prof. Dr. Ludwig Haas, Institut für Virologie, Stiftung Tierärztliche Hochschule
Hannover)
Zoonotische Flaviviren
(West-Nil-Virus, Usutu-Virus, JEV, FSME/TBEV)
West-Nil-Virus, Usutu-Virus, Japanisches-Enzephalitis-Virus und FrühsommerMeningoenzephalitis-Virus sind zoonotische Flaviviren mit wichtiger veterinärmedizinischer Bedeutung. Allen ist gemein, dass es sich um sog. „arthropod-borne“ (Arbo)Viren handelt, d.h. entweder Mücken oder Zecken fungieren als Vektoren im
Infektionszyklus.
Das West-Nil-Virus (WNV) gehört zur Gruppe der Japan-Enzephalitis-Viren, wird durch
Moskitos übertragen und besitzt ein hohes zoonotisches Potential. Das Virusreservoir
stellen infizierte Vögel dar, besonders Sperlingsvögel spielen für die Verbreitung des
Erregers eine wichtige Rolle.
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Der Infektionszyklus umfasst die Übertragung des Virus zwischen lokalen Vogel- und
Stechmückenpopulationen. Man nimmt an, dass das Virus durch Zugvögel über weite
Strecken transportiert werden kann und so aus Endemiegebieten in andere Gebiete
eingeschleppt wird. Als besonders empfänglich für eine Infektion scheinen die
Sperlingsvögel (Passeriformes), ganz besonders die Rabenvögel (Corvidae), zu sein. Das
Virus kann durch Stechmücken aber auch auf den Menschen oder auf Pferde (Equiden)
übertragen werden. Sowohl Mensch als auch Pferd sind sog. Fehlwirte („dead end
hosts“), da eine Weiterverbreitung des Virus von infizierten Menschen bzw. Pferden über
Stechmücken nicht möglich ist.
Bei Pferden äußerst sich die Erkrankung mit zentralnervösen Störungen aufgrund der
Meningitis bzw. Enzephalitis, während hohes Fieber selten beobachtet wird. Die Infektion
manifestiert sich beim Menschen bei nur etwa 20% der Infizierten mit leichteren
Krankheitssymptomen, wie Fieber und grippeähnliche Erscheinungen und wird deshalb
auch als sog. „West-Nil-Fieber“ bezeichnet. In weniger als 1% der Fälle kann allerdings
auch eine Meningitis oder Enzephalitis mit hohem Fieber und schwerer Krankheit
auftreten und führen. Ältere Menschen gelten als besonders gefährdet.
Das plötzliche Auftreten des WNV in New York im Jahre 1999 und seine rasante
Ausbreitung über den gesamten nordamerikanischen Kontinent hat auf eindringliche
Weise gezeigt, mit welcher Leichtigkeit ein Krankheitserreger in neue Gebiete eindringen
und sich dort dauerhaft etablieren kann, wenn kompetente Wirtssysteme und Vektoren
vorhanden sind. Durch veränderte Klimabedingungen und die bereits vorhandenen
Hauptvektoren des WNV (vorrangig Culex pipiens-Stechmücken) in Deutschland ist nicht
auszuschließen, dass sich dieser Erreger nach einem Eintrag halten und verbreiten
kann.
Gleichzeitig zeigen die Ausbrüche von WNV bei Vögeln, Pferden und Menschen in Südund Südosteuropa in den letzten Jahren, dass sich das Virus immer weiter nordwärts
ausbreitet. In den letzten Jahren wurde das aktive Überwachungsprogramm an
Hunderten von Proben von Vögeln und Pferden am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI)
weitergeführt. Im Ergebnis dieser Studie konnten bisher nur WNV-spezifische Antikörper
bei mittel- bis langstreckenziehenden Zugvögeln nachgewiesen werden, d.h. dieser
Viruskontakt geht auf den Kontakt in den Endemiegebieten (Überwinterungsgebiete der
Zugvögel) zurück. Bei den einheimischen Standvögeln, Wirtschaftsgeflügel in
Freilandhaltung oder bei Pferden gab es bisher keine Antikörperfunde. Ebenso wenig
wurden WNV-spezifische Nukleinsäuren in den untersuchten Proben nachgewiesen. Es
ist deshalb derzeit in Deutschland kein akutes WNV-Seuchengeschehen nachweisbar.
Für Pferde stehen Impfstoffe zur Verfügung, deren Einsatz für Sportpferde bei Reisen in
WNV-Endemiegebiete empfehlenswert ist.
Das Usutu-Virus (USUV) hat seinen Ursprung in Afrika (benannt nach einem Fluss in
Swaziland) und wird ebenfalls von Stechmücken übertragen. Hauptwirte für das Virus
sind Wildvögel, die in der Regel nicht erkranken. Es sind daneben aber auch sehr
empfängliche Vogelspezies bekannt, z.B. Schwarzvögel, die sich sehr leicht infizieren.
Klinisch zeigen diese infizierten Vögel häufig Apathien und Störungen des zentralen
Nervensystems wie Taumeln oder Kopfverdrehen. Es kann zum Massenvogelsterben
führen. Prinzipiell wird dem Usutu-Virus ein zoonotisches Potenzial zugeschrieben,
welches aber sehr gering ist. Humane Infektionen traten aber bisher sehr selten auf,
bekannt sind ein Fall aus Afrika (1982 in Dakar) und zwei Fälle aus Italien bei Patienten
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mit geschwächtem Immunsystem (2009) sowie im letzten Jahr bei 3 Patienten in
Kroatien.
Neuere Untersuchungen zeigen, dass die pathogene Form des USUV 1996 oder früher
nach Europa (Italien) gelangte. Ein massives Vogelsterben, vorrangig Amseln, trat auf,
als das Virus 2001 nach Österreich gelangte. Weitere Virusfunde gab es in Ungarn 2005,
Schweiz 2006, Spanien 2006 und Italien 2009. In Süddeutschland traten USUV-bedingte
Todesfälle bei Vögeln erstmals im Jahre 2011 auf (Becker et al., 2012), die bis jetzt
anhalten. Das Hauptepidemiegebiet liegt im Bereich der nördlichen Oberrheinebene und
in benachbarten Gebieten der Pfalz. Für 2013 und 2014 sind die Erkrankungszahlen unter
den Wildvögeln deutlich rückläufig.
Das Japanische-Enzephalitis-Virus (JEV) gehört wie die Dengue-Viren oder die
Gelbfieber-Viren ebenfalls zur Familie der Flaviviren. Japanische Enzephalitis tritt nicht
nur in Japan auf, sondern auch in anderen Ländern in der gemäßigten und tropischen
Zone Südost-Asiens. Jährlich sterben dort 30.000 bis 50.000 Menschen an solchen
Infektionen. Schwerpunkte sind dabei ländliche Regionen mit Reisproduktion und
Schweinezucht. Infektionen kommen aber auch in urbanen Regionen in entwickelten
Ländern Asiens vor.
Das Virus wird durch Mückenstiche übertragen. Eine direkte Übertragung von Mensch zu
Mensch ist nicht möglich. Das Virus befällt auch Haustiere wie Pferde, Schweine oder
Hunde. Über 95 Prozent der Infektionen beim Menschen verlaufen asymptomatisch, 5
Prozent der Infizierten entwickeln Enzephalitiden (oft mit neurologischen Spätschäden),
wovon jeder 200. Fall tödlich endet. Für Menschen und Pferde stehen Impfstoffe zur
Verfügung.
Die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) ist die bedeutendste durch Zecken
übertragene Viruserkrankung Europas und eine klassische virale Zoonose. Die FSME
kommt in Europa in allen Ländern außer im Vereinten Königreich, auf der Iberischen
Halbinsel und in den Beneluxstaaten autochthon vor, wobei die Erkrankungsinzidenz in
den einzelnen Risikogebieten sehr unterschiedlich sein kann. Der Erreger, das FSME
Virus (FSMEV), ist ein in der Regel durch Zeckenstich übertragenes humanpathogenes
Flavivirus. In Deutschland sind humane FSME-Fälle meldepflichtig, es erkranken jährlich
etwa 250 Patienten, rund 30 Prozent davon schwer.
Bei dieser Patientengruppe geht das erste, Influenza-ähnliche Krankheitsstadium nach
einem fieberfreien Intervall von einigen Tagen in eine ZNS-Manifestation über.
Meningitiden, Enzephalitiden und Radikulitiden bzw. deren klinische Mischformen sind
die Folge. Die Mehrzahl der Erkrankungen tritt in Bayern und Baden-Württemberg auf,
Einzelerkrankungen kommen aber auch in anderen Bundesländern vor. Das Robert
Koch-Institut veröffentlicht jährlich eine Karte der aktuellen FSME-Risikogebiete in
Deutschland.
Im Bereich der Veterinärmedizin ist die klinische FSME beim Hund mit einer
neurologischen Symptomatik seit mehr als 30 Jahren bekannt. Die FSME ist beim Hund
eine eher seltene Erkrankung. Die klinischen Verläufe sind sehr unterschiedlich und
können von subklinisch bis perakut-letal auftreten. Die FSME des Hundes ist in den
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meisten Endemiegebieten der FSME beobachtet worden, so auch in Deutschland. Ein für
die Anwendung am Hund zugelassener Impfstoff existiert nicht, insofern kommt der
Vermeidung von Zeckenstichen beim Hund prophylaktisch die größte Bedeutung zu.
Selten wird eine FSME des Pferdes beschrieben sowie die der Gemse (Rupicapra
rupicapra). 2006 gelang der Nachweis einer FSME beim Affen nach natürlicher Exposition
in einem FSME-Risikogebiet in Süddeutschland.
Das FSME Virus zirkuliert zwischen Vektor-kompetenter Zecke und kompetentem Wirt in
sogenannten Naturherden oder Risikogebieten, deren geographische Ausdehnung in der
Regel scharf begrenzt ist und sehr klein sein kann. Nutztiere wie Ziege, Schaf und Rind
bilden geeignete Wirte insbesondere für Adultstadien von Ixodes ricinus, sind für die
Übertragung des Virus auf die Zecke aber vermutlich von geringer Bedeutung, da sie nur
eine geringgradige Virämie ausbilden.
Insbesondere Ziege und Schaf, seltener die Kuh, haben jedoch für die sogenannte
alimentäre FSME eine Bedeutung. Während der virämischen Phase der Tiere gelangt das
Virus auch in die Milch und kann dann bei fehlender Pasteurisierung oder durch
Käsezubereitungen aus Rohmilch oral aufgenommen werden und auf diesem Wege zu
einer FSME-Erkrankung führen.
Weitere virale Zoonosen
(z.B. amerikanische Pferdeenzephalomyelitiden -WEE, VEE und EEE-, Hendra-Virus,
Nipah-Virus und CCHFV)
Im
Nationalen
Referenzlabor
am
Friedrich-Loeffler-Institut
für
Equine
Enzephalomyelitiden werden Erkrankungen untersucht, die durch das venezolanische
(VEE), östliche (EEE) und westliche (WEE) Pferdeenzephalomyelitisvirus verursacht
werden. Die auslösenden Viren gehören dem Genus Alphavirus aus der Familie
Togoviridae an und werden in die Gruppe der Arboviren eingeordnet, da sie über
Stechmücken übertragen werden. Das Hauptreservoir bilden Vögel, bzw. im Falle des
VEEV auch kleine Säugetiere, die selbst nicht oder nur leicht erkranken.
Pferde und Menschen sind für EEEV und WEEV sogenannte Fehlwirte, von denen keine
erneute Infektion ausgeht. Diese Infektionen verlaufen meist asymptomatisch, können
aber auch mit massiven zentralnervösen Schädigungen und dem Tod einhergehen. Im
Falle von VEEV kommt es ebenfalls meist zu milden Verlaufsformen, allerdings können
Pferde und Menschen auch als Infektionsquelle fungieren. In Amerika werden
verschiedene Impfstoffe für Pferde zur Prophylaxe eingesetzt.
Infektionen mit dem Hendra-Virus und dem Nipah-Virus (Henipaviren) wurden in den
90er Jahren des 20. Jahrhunderts erstmals als Ursachen für respiratorische und
neurologische Erkrankungen identifiziert, die bei einer Reihe von Tierspezies auftraten.
Das Hendra-Virus verursachte 1994 erstmals schwere Atemwegserkrankungen bei
Pferden, in dessen Verlauf zunächst 14 Pferde und der Trainer dieser Pferde in
Brisbaine, Australien, starben. Insgesamt wurden bisher fünf Menschen durch Kontakt
zu infizierten Pferden infiziert (Trainer und Tierärzte), wovon drei Infektionen tödlich
verliefen.
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Zwischen September 1998 und April 1999 verbreitete sich das Nipah-Virus unerkannt als
Auslöser eine respiratorische und enzephalitischen Infektion bei Schweinen in Malaysia
und manifestierte sich dann als fatale Enzephalitis bei Menschen. Mehr als eine Million
Schweine wurden im Rahmen der nun folgenden Bekämpfungsmaßnahmen gekeult.
Mehr als 400 Fälle von Nipah-Virus-Infektionen beim Menschen sind bisher bekannt
geworden, von denen mehr als 150 Menschen in Malaysia, Singapur, Bangladesch und
Indien verstorben sind. Flughunde (Fruchtfledermäuse) der Gattung Pteroptus sind die
natürlichen Wirte beider Viren.
Das Krim-Kongo-Hämorrhagische-Fieber-Virus (CCHFV) ist ein zu den Nairoviren
(Bunyaviridae) zählendes RNA-Virus. Das CCHFV kommt in Südosteuropa (z.B. Bulgarien,
Albanien, Türkei), in einigen GUS-Staaten, im mittleren Osten (Afghanistan, Syrien, Irak,
Iran), sowie in vielen Ländern Asiens und Afrikas vor.
Die Übertragung des Virus erfolgt meist durch den Stich von Zecken, vor allem
Hyalomma-Zecken. Als Virusreservoir dienen Haus- und Wildtiere, z.B. Rinder, Schafe
oder Ziegen. Weitere Übertragungswege sind die direkte Übertragung von infizierten
Flüssigkeiten (oft über Blutkontakt) von Tier zu Mensch oder Mensch zu Mensch oder
auch die Verbreitung via Tröpfcheninfektion oder die Übertragung durch kontaminierte
Instrumente oder Gewebe ist möglich. Nur der Mensch zeigt eine ausgeprägte klinische
Symptomatik, Haus- und Wildtiere erkranken nicht.
Die Inkubationszeit der Erkrankung ist vom Infektionsweg abhängig. Nach einem
Zeckenstich beträgt sie im Mittel etwa 2-3 Tage mit einem Maximum von 9 Tagen. Bei
einer Infektion durch Kontakt mit infiziertem Blut oder Gewebe ist sie etwas länger. Die
grippeähnlichen Symptome setzen meist plötzlich ein und sind zu Beginn unspezifisch.
Gelegentlich verläuft die Erkrankung auch inapparent.
Zu den wichtigsten Symptomen zählen: Fieber, Schüttelfrost, Nacken- und
Gliederschmerzen sowie Kopfschmerzen, Benommenheit und Übelkeit. Bei einem Teil
der Erkrankten kommt es zu einer hämorrhagischen Verlaufsform. Sie beginnt mit
Petechien im Gesicht und auf der Mund- und Rachenschleimhaut. Später treten schwere
Hämorrhagien mit ausgedehnten Ekchymosen, Epistaxis, Darmblutungen, Hämatemesis
und Hämaturie auf. Die Blutungen können zu einem Multiorganversagen (Leber, Niere,
Lunge) und schließlich zum Tod führen. Die Letalität ist abhängig vom Serotyp des Virus
und beträgt bis zu 30 Prozent.
Eine sichere Schutzimpfung gegen das Krim-Kongo-Fieber ist bislang nicht verfügbar. In
Osteuropa wird eine inaktivierte Vakzine aus Mäusegehirnen in kleinem Umfang
angewendet. Bei einem Aufenthalt in Endemiegebieten empfiehlt sich die Verwendung
von Repellents und das Tragen geschlossener, heller Kleidung. Nach Aufenthalten im
Freien insbesondere in der Nachbarschaft von Tieren sollte der Körper auf Zecken
abgesucht werden und diese ggf. sofort entfernt werden (Zeckenentfernung).
(Dr. Ute Ziegler, Institut für neue und neuartige Tierseuchenerreger, Friedrich-LöfflerInstitut, Greifswald-Insel Riems)
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