SCHIZOPHRENE STÖRUNGEN Von. Dr. Ivano A. Simioni Facharzt für Psychiatrie an der Psychiatrie Bruneck HISTORISCHES und so weiter Die Erkrankung, die man heute Schizophrenie nennt, scheint schon seit Jahrtausenden bekannt zu sein. In manchen Kulturen werden Menschen mit Schizophrenie als Erleuchtete oder als Menschen mit einem besonderen Kontakt zu Göttern, etc. gesehen Im Abendland wurde erstmals von Kraeplin 1896 des Krankheitsbild der „Dementia Präcox“ beschrieben Bleuler prägte 1911 den Begriff der „Schizophrenie“ HISTORISCHES und so weiter Schizophrene Menschen wurden vor allem nach Beginn des Industriezeitalters in den so genannten Irrenhäusern / Irrenanstalten untergebracht Die Irrenhäuser waren ein Ort, um Kranke aus der Gesellschaft der Gesunden und Produktiven abzusondern Irrenhäuser waren auch Gesellschaften „im Kleinen“ und sollten durch klare einfache Regeln für die Kranken ein erträgliches Lebensumfeld bieten und somit zur Genesung beitragen Nach der Entdeckung/Erfindung der Psychopharmaka konnten die meisten Patienten aus den Anstalten entlassen werden und in die Gesellschaft integriert werden ZAHLEN Ca. 1% der Bevölkerung leidet an einer Schizophrenie (in Südtirol ca. 4.000 Menschen) Jährlich gibt es ca. 50 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner Männer erkranken früher (20.-30. Lebensjahr), Frauen erkranken später (25.-35. Lebensjahr) 60-70% der an Schizophrenie Erkrankten benötigen eine Rehabilitation 10% sterben durch Suizid ZAHLEN Frauen sind häufiger betroffen als Männer 5-6% der Kosten im Gesundheitssystem betreffen die Schizophrenie (Schlagwort: „teuerste Erkrankung“) Schizophrenie kann jeden Menschen treffen, unabhängig vom sozialen Status, Bildung, Intelligenz, Herkunft. Die Prognose der Schizophrenie ist in der sog. Dritten Welt besser als bei uns SYMPTOME Gedankenlautwerden, Gedankeneingebungen, Gedankenentzug, Gedankenausbreitungen. Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten bezogen auf Körperbewegungen oder Gedanken oder Tätigkeiten und Empfindungen. Akustische Halluzinationen, vor allem kommentierende und dialogisierende Stimmen, die über den Patienten und sein Verhalten sprechen, oder Stimmen, die aus einem Körperteil kommen. Anhaltender und kulturell unangemessener unrealistischer und bizarrer Wahn. SYMPTOME Halluzinationen, die alle Sinne betreffen, oft begleitet von flüchtigen Wahngedanken ohne deutliche Gefühlsbeteiligung, oder beleitet von anhaltenden überwertigen Ideen. Gedankenabreissen, Einschiebungen in den Gedankenfluss, was zu Zerfahrenheit, Danebenreden oder Neologismen führt. Katatonie, Bewegungssturm mit Erregung, Haltungsstereotypien, wächserne Biegsamkeit, Negativismus, Mutismus, Stupor Negative Symptome: Apathie, Sprachveranrmung, Flachheit oder inadäquate Affekte, sozialer Rückzug, Nachlassen der Leistungsfähigkeit. SYMPTOME Man unterscheidet formale Denkstörungen und inhaltliche Denkstörungen Man unterscheidet positive und negative Symptome Positive Symptome sind leichter zu behandeln als negative Manche Menschen bleiben „chronisch produktiv“ psychotisch Manche Menschen haben ein Residualsyndrom mit negativen Symptomen URSACHEN DER SCHIZOPHRENIE Die Schizophrenie ist eine multifaktorielle Erkrankung. Es besteht eine genetische Veranlagung zur Schizophrenie. 10% wenn 1 Geschwister schizophren ist, 5-6% bei einem schizophrenen Elternteil. Je mehr Angehörige schizophren sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung. 46% Konkordanz bei eineiigen Zwillingen, 17% bei zweieiigen Zwillingen Manchmal sind Hirnschäden während der Geburt als eine möglich Mitursache feststellbar (Perinatalschaden) URSACHEN DER SCHIZOPHRENIE Die Erziehung ist wichtig: Es gelingt nicht dem Kind Coping-Mechanismen beizubringen. Gestörte Kommunikation in der Familie, wie „high expressed Emotions, Doppeldeutigkeiten“ Durch emotionale Belastungsfaktoren dekompensiert der Mensch und entwickelt eine psychotische Symptomatik Hyperaktivität des Dopaminsystems im Bereich der Basalganglien (Halluzinationen und positive Symptome), Hypoaktivität des Dopaminsystems im Präfrontalhirn (negative Symptome) WIE ERLEBT DER MENSCH DIE STÖRUNG? Der sensorische Filter der Wahrnehmung funktioniert in der Psychose nicht mehr Der Mensch ist durch Halluzinationen abgelenkt Er schafft es nicht Emotionen anderer wahrzunehmen Kann mit Gesichtsausdruck und Mimik nichts anfangen Er versteht Humor und Wortspiele nicht Automatismen gehen verloren Er erlebt die Realität wie eine Diashow Er verliert die Fähigkeit zur Wahrnehmung des „Eigenen“ (Körper, Gedanken, Worte) WIE ERLEBT DER MENSCH DIE STÖRUNG? Der Patient verliert den Sinn für das Ganze, er verliert sich in Details. Er Bezieht vieles auf sich, er wird paranoid. Er denkt nicht mehr parallel, sondern muss analytisch und sequentiell denken. Sein Erleben und Denken kostet ihn sehr viel Anstrengung und Energie und er zeiht sich deswegen apathisch zurück (Selbstschutz) Bilder der Schizophrenie Bilder der Schizophrenie Ein Patient mit Verfolgungswahn Bilder der Schizophrenie Die psychotische Spannung Bilder der Schizophrenie „Die Kognitive Überforderung“ Bilder der Schizophrenie Beziehungslosigkeit Bilder der Schizophrenie Die gleiche Patientin: „zwei Ansichten einer Stadt“ Bilder der Schizophrenie Die gleiche Patientin: „4 Ansichten eines Waldes mit Haus“ Einteilung der Schizophrenieen Man teilt die verschiedenen Erscheinungsformen der Schizophrenie nach der Art der hauptsächlichen Symptomatik ein. Paranoide Schizophrenie Hebephrene Schizophrenie Schizophrenia simplex Katatone Schizophrenie PARANOIDE SCHIZOPHRENIE Diese Form der Schizophrenie ist durch das Auftreten einer „bunten“ Psychopathologie gekennzeichnet. Die Betroffenen erleben massiv Halluzinationen, entwickeln überwertige Ideen und Wahn, haben sehr viele formale und inhaltliche Denkstörungen. Trotz der massiven Symptomatik, lässt sich die Erkrankung gut und relativ rasch behandeln. HEBEPHRENE SCHIZOPHRENIE Diese ist eine besonders schwere und schlecht zu behandelnde Form der Schizophrenie. Sie tritt meist im Jugendalter auf, die Patienten entwickeln eigenartig „läppische“ Verhaltensweisen, wirken sehr bizarr, kichern, lachen inadäquat. Die Störung spricht wenig auf Therapie an, die Patienten sind oft chronisch hospitalisert. SCHIZOPHRENIA SIMPLEX Bei dieser Form der Schizophrenie gibt es kaum oder gar keine produktive Symptome. Sie hat einen schleichenden und chronischen Verlauf, wobei negative Symptome im Vordergrund stehen. Oft wird diese Form der Schizophrenie lange nicht erkannt und der Patient bleibt lange Zeit unbehandelt KATATONE SCHIZOPHRENIE Ist eine seltene Form der Schizophrenie, die aber unter Umständen auch tödlich verlaufen kann, wenn sie sich zur Periniziösen Katatonie entwickelt. Die Patienten erstarren oder brechen in einen Bewegungssturm aus. Sie sind von Halluzinatorischen Erlebnissen überwältigt, sind stuporös, „wächserne Biegsamkeit“, „psychisches Kopfkissen“. Bei der periniziösen Form kommen Fieber, vegetative Instabilität und Nierenversagen dazu. VERLAUF SCHIZOPHRENER ERKRANKUNGEN 1/3 der Patienten heilt aus und bleibt stabil 1/3 der Patienten hat einen Verlauf in Schüben. Nach jedem Schub bleibt eine Restsymptomatik zurück, die eine schlechtere Realitätsanpassung bedingt (Residualsyndrom) 1/3 der Patienten hat einen langsamen aber fortschreitenden Verlauf THERAPIE Wir können die Behandlung der Schizophrenie in zwei Phasen einteilen. Zuerst behandeln wir die akute Psychose, die produktiven Symptome und dann später nach Abklingen der Psychose versuchen wir den Patienten der Rehabilitation und Stabilisierung zuzuführen. Eine besondere Herausforderung stellen die sog. negativen Symptome dar, die das Schizophrene Residuum besonders betreffen und auch für viele Schwierigkeiten der Pati9enten im Alltag verantwortlich sind THERAPIE Antipsychotika, Neuroleptika zur Behandlung der produktiven Symptome und der Negativen Symptome. Depotneuroleptika bei nicht-kooperativen Patienten Tranquilizer zur Bruhigung bei Spannungsund Unruhezuständen Reizabschirmung, ruhiges Milieu THERAPIE NACH DER AKUTEN BEHANDLUNG Vorsichtiges Stimulieren Ergotherapie Kunsttherapie und andere Stabilisierung in einem Wohnheim oder in einer Reha-Abteilung Rehabilitation (Wohnen, Arbeiten) Berufliche Wiedereingliederung Stützende Gespräche, in der Akutphase keine Psychotherapie, außer stützende Techniken