Der 1. Weltkrieg u. die nachfolgende Besatzungszeit

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Anhang 12
zur „Siedlungsgeschichte im Bereich
der Gemeinde Kreuzau“
Der 1. Weltkrieg u. die nachfolgende Besatzungszeit
Dem 1. Weltkrieg ging 1870/1871 noch der „Deutsch-/Französische Krieg“
vorauf, der eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich
einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie
den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden
und Hessen-Darmstadt andererseits war. Auslöser war der Streit zwischen
Frankreich und Preußen um die Frage nach der spanischen Thronkandidatur
durch einen Hohenzollernprinzen. Dies veranlasste den französischen Kaiser
Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen. Offiziell endete
der Krieg am 10. Mai 1871 mit dem Frieden von Frankfurt, der hohe
Reparationen sowie die Abtretung Elsass-Lothringens durch Frankreich an
Preußen vorsah. Noch während des Verlauf des Krieges traten Baden, Bayern,
Württemberg und Hessen-Darmstadt dem Norddeutschen Bund bei, der sich
mit Wirkung vom 1. Januar 1871 „Deutsches Reich“ nannte. Der preußische
König Wilhelm I. nahm den Titel
„Deutscher Kaiser“ an; Otto von
Bismarck wurde erster Reichskanzler. In Deutschland wiederum
verfestigte sich die Vorstellung von
der so genannten Erbfeindschaft
gegenüber Frankreich. Dies belastete die deutsch-französischen Beziehungen bis weit ins 20. Jahrhundert
hinein.
1914 - 1918
Als das deutsche Kaiserreich unter
Kaiser Wilhelm II. (1859 – 1941) im
Sommer 1914 in den Krieg zog, war
es schon eines der führenden Industriestaaten weltweit.
Grundlagen waren die Eisen- und
Stahlindustrie, die elektrotech-
nische und die chemische Industrie. Zwischen 1870 und 1913 war die deutsche
Industrieproduktion um das 4-fache angestiegen. Das Deutsche Reich besaß
1913 die stärkste Eisen-, Stahl- und Kohleindustrie Europas. Absolute
Schwerpunktsregion war das Ruhrgebiet mit der Dynastie Hoesch,
eingewandert aus Kreuzau.
Das Deutsche Reich präsentierte sich Anfang des 20. Jahrh. aber nicht nur als
wirtschaftliche sondern auch als militärische Großmacht; der Respekt des
Auslands gemischt mit bangen Gefühlen ob der Übermacht war groß. Die
militärischen Disziplinen wie strenge Ordnung, unbedingter Gehorsam und die
Liebe zu Kaiser und Vaterland waren auch im täglichen Leben der Deutschen
deutlich spürbar – nicht zuletzt weil die Kriegshelden bei jeder möglichen
Gelegenheit verehrt und verherrlicht wurden. Der Gedanke, zwischenstaatliche
Konflikte militärisch auszutragen, wurde in weiten Kreisen des bürgerlichen
Lebens als durchaus annehmbar angesehen. Nicht zuletzt fühlte man sich als
moderner richtungsweisender Rechtsstaat, dessen Grundlage die Verfassung
vom April 1871 bildete. Der Kaiser, der das Reich nach außen vertrat, entschied
zusammen mit dem Bundesrat, dem obersten Organ aus fürstlichen
Länderregierungen und den Stadtstaaten, über Krieg und Frieden.
Der Erste Weltkrieg, bei dem sich vom Grunde her länger aufgestaute
Spannungen und Konkurrenzbestrebungen im Bereich Kolonialismus und
Bildung von weltweiten Großreichen entluden, wurde von 1914 bis 1918 in
Europa, dem Nahen Osten, in Afrika, Ostasien und auf den Weltmeeren geführt
und forderte rund 17 Millionen Menschenleben. Seinem Beginn mit der
Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien am 28. Juli 1914 war das
Attentat von Sarajevo vom 28. Juni 1914 vorausgegangen. Der Krieg endete mit
dem Waffenstillstandsabkommen von Compiègne am 11. November 1918, der
einen Sieg der aus der Triple-Entente (England, Frankreich, Russland) hervorgegangenen Kriegskoalition bedeutete, wobei 2 Tage zuvor die Abdankung Kaiser
Wilhelm II. veröffentlicht worden war. Wesentliche Kriegsbeteiligte waren
Deutschland, Österreich-Ungarn, das Osmanische Reich und Bulgarien
einerseits sowie Frankreich, Großbritannien und das Britische Weltreich,
Russland, Serbien, Belgien, Italien, Rumänien, Japan und die USA andererseits.
40 Staaten beteiligten sich am bis dahin umfassendsten Krieg der Geschichte,
insgesamt standen annähernd 70 Millionen Menschen unter Waffen.
Beim Attentat von Sarajevo wurde der österreichische Thronfolger Erzherzog
Franz Ferdinand von Mitgliedern der revolutionären Untergrundorganisation
Mlada Bosna ermordet, die in Verbindung mit offiziellen Stellen Serbiens
(Geheimdienst) stand bzw. gebracht wurde. Hauptmotive waren die Befreiung
Bosnien-Herzegowinas (Annexion Bosniens und Herzegowinas durch
Österreich-Ungarn 1908) von der österreichischen-ungarischen Herrschaft mit
dem Ziel einer Einigung der Südslawen unter Führung Serbiens.
Für ein Vorgehen gegen Serbien, das dessen Verbündeten Russland auf den
Plan rufen konnte, suchte Österreich die Rückendeckung durch das deutsche
Kaiserreich. Kaiser Wilhelm II. und Reichskanzler Theobald von BethmannHollweg sagten Österreich-Ungarn Anfang Juli (Beginn der Julikrise)
bedingungslose Unterstützung zu und stellten damit den sogenannten
Blankoscheck aus. Am 23. Juli forderte Österreich-Ungarn ultimativ von Serbien
eine gerichtliche Untersuchung gegen die Teilnehmer des Komplotts vom 28.
Juni unter Beteiligung von k.u.k. Organen. Die serbische Regierung hatte
Russlands Zusage auf militärischer Unterstützung im Konfliktfall. Russland
wurde wiederum durch Frankreich unterstützt, das in Bekräftigung der
Französisch-Russischen Allianz den Russen für den Kriegsfall mit Deutschland
Unterstützung garantierte, da die Franzosen ein starkes deutsches Reich
fürchteten. Am 28. Juli 1914 erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg.
Die Interessenlagen der Großmächte und die deutschen militärischen
Planungen (Schlieffen-Plan) ließen den Lokalkrieg innerhalb weniger Tage zum
Kontinentalkrieg unter Beteiligung Russlands (deutsche Kriegserklärung vom 1.
August 1914) und Frankreichs (deutsche Kriegserklärung vom 3. August 1914)
eskalieren. Die politischen Konsequenzen des Schlieffen-Plans – Angriff der
deutschen Truppen auf Frankreich unter Umgehung des französischen
Festungsgürtels zwischen Verdun und Belfort von Nordosten her auch mit
Verletzung der Neutralität Belgiens und Luxemburgs – führten zudem zum
Kriegseintritt der belgischen Garantiemacht Großbritannien und seiner
Dominions (britische Kriegserklärung vom 4. August 1914).
Der deutsche Vormarsch kam im September an der Marne zum Erliegen,
zwischen November 1914 und März 1918 erstarrte die Front im Westen. Da
Russland im Osten bis zur Oktoberrevolution 1917 und dem separaten
Friedensvertrag von Brest-Litowsk weiter am Krieg teilnahm, befand sich
Deutschland für lange Zeit entgegen der Planung im Zweifrontenkrieg. Zu
typischen Merkmalen des Kampfgeschehens wurden der Stellungs- und
Grabenkrieg sowie Materialschlachten mit hohen Verlusten bei zumeist nur
geringfügigen Geländegewinnen. Das betraf etwa die
Schlacht um Verdun (1916,
zusammen etwa 1.000.000 tote
Soldaten), die Schlacht an der
Somme (1916) mit ihren andauernden Grabenkämpfen, elf der
zwölf Isonzoschlachten und die
vier Flandernschlachten. Als
besondere
Eskalationsstufen
Kriegerdenkmal im Teich an der Teichstraße
gelten der Gaskrieg, der unein-
geschränkte U-Boot-Krieg – der 1917 den Kriegseintritt der USA gegen die
Mittelmächte zur Folge hatte –
und der im Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen stehende Völkermord an
den Armeniern.
1916 mussten sich z.B. in Drove alle männlichen Personen zur Landsturmrolle
anmelden. Der Bürgermeister Darbrock unterzeichnete im Oktober eine
Kriegsanleihe von 10.000 Mark. Die Ausfuhr von Kartoffeln wurde in Drove
verboten, da die Ernte kaum für die Drover reichte. Die Fasergewinnung für das
Stoffgewerbe erfolgte aus Brennnesseln. In Drove wurde ein Kriegsgefangenenlager eingerichtet, bei dem man sich gegen eine Gebühr von 15
Mark/Monat Gefangene für Arbeiten ausleihen konnte.
In Ermangelung von Kartoffeln und Getreide gab es im extrem kalten Winter
1917/18 (Steckrübenwinter genannt) zu jeder Mahlzeit nur Steckrüben in allen
Variationen. Eine erneute Kriegsanleihe wurde von den anundfürsich recht
armen Drovern für 244.000 Mark unterzeichnet.
Russlands Ausscheiden aus dem Kriegsgeschehen nach dem Separatfrieden mit
den Bolschewiki ermöglichte zwar die Deutsche Frühjahrsoffensive 1918, doch
blieb auch diese letztlich erfolglos. Die Versorgungsmängel durch die britische
Seeblockade, der Zusammenbruch der Verbündeten und die Entwicklung an
der Westfront während der alliierten Hunderttageoffensive führten zur
Einschätzung der deutschen Militärführung, dass die deutsche Front unhaltbar
geworden war. Die Euphorie, die Anfang des Krieges in der deutschen
Bevölkerung noch herrschte, war längst der Ernüchterung gewichen. Am 29.
September 1918 informierte die Oberste Heeresleitung entgegen allen
bisherigen Verlautbarungen den Deutschen Kaiser und die Regierung über die
aussichtslose militärische Lage des Heeres und forderte durch Erich Ludendorff
ultimativ die Aufnahme von Waffenstillstandsverhandlungen. Am 4./5. Oktober
1918 ersuchte Reichskanzler Max von Baden die Alliierten um einen Waffenstillstand. Indem die Seekriegsleitung mit dem Flottenbefehl vom 24. Oktober
1918 im Sinne eines „ehrenvollen Untergangs“ die bisher vermiedene Entscheidungsschlacht mit der Grand Fleet suchte, weckte sie den Widerstand von
Matrosen, die in wachsender Zahl den Befehl verweigerten und als Folge die
Novemberrevolution auslösten. Am 11. November 1918 trat der
Waffenstillstand in Kraft. Die Friedensbedingungen wurden in den Jahren 1919
bis 1923 in den Pariser Vorortverträgen geregelt. Von den Verlierermächten
konnte lediglich Bulgarien die staatliche Verfasstheit der Vorkriegszeit erhalten,
das Osmanische Reich und Österreich-Ungarn zerfielen, in Russland ging das
Zarentum unter, in Deutschland das Kaiserreich.
Der Erste Weltkrieg wurde zum Nährboden für den Faschismus in Italien sowie
für den Nationalsozialismus in Deutschland, damit aber auch zum Vorläufer des
Zweiten Weltkriegs. Aufgrund der Verwerfungen, die der Erste Weltkrieg
auslöste, gilt er als die „Urkatastrophe des 20.
Jahrhunderts“.
Nach dem Ausbruch des 1. Weltkrieges 1914
wurde unsere Heimat zwar nicht unmittelbar in
das Kriegsgeschehen einbezogen, doch mussten
tausende junger Menschen an die Front. In der
ersten Zeit des Krieges war es noch möglich,
Pakete zu Verpflegung der Soldaten an die Front
zu schicken – sog. Liebesgaben; sie wurden in der
Heimat vielfach bei den Angehörigen der
Soldaten eingesammelt, zu Konvois zusammengestellt und dann mit Begleitschutz an die Front
Drover Heide
in Frankreich gebracht. Der Inhalt der Pakete war
vielfältig von Lebensmittel über warme Wäsche bis hin zu Tabak und anderen
Genussmitteln. So wurde zuhause auch fleißig gehäkelt und gestrickt. Nicht nur
Lebensmittel wie z.B. Speck, und Wurst, oder auch Wein, Tabakwaren und
Verbandsmaterial jedweder Art, sondern auch Ohrenklappen, Leibbinden,
Halstücher, Socken, Kopfschützer, usw. wurden somit in die Pakete gepackt.
Selbst die jungen Mädchen wurden in allen Orten in diese Strick- und
Häkelarbeiten einbezogen. Es kam fast zu einer Überhäufung der Soldaten mit
Liebesgaben, bis dass der Schweiß wegen des dicken Materials reichlich lief. An
der Front wurden diese Pakete immer sehnsüchtig erwartet. Nicht zuletzt
erfolgte mit den Liebesgaben ein ausgiebiger Briefpostverkehr in beide
Richtungen. Auch wurden z.B. in Drove bedürftige Familien der zum Heer
Einberufenen durch eine Kommission unterstützt und die Gemeinde spendete
Kriegsbeihilfen an die Angehörigen der Kriegsteilnehmer. Die anfängliche
Begeisterung in der Bevölkerung wich mit der Dauer des Krieges allmählich
jedoch der Trauer über die Gefallenen und der immer drückender werdenden
Einschränkung des Konsums und vor allem der Lebensmittel. So wurden ab 4.
März 1915 die ersten Brotkarten bzw. für die Selbstversorger Mahlkarten mit 2
kg Zuteilung pro Woche ausgegeben. Die Zuteilung wurde im April 1917
herabgesetzt. Weil aber viele bei uns etwas Land oder einen Garten hatten,
war die Not nicht so groß wie in den Städten. Die Säuglingssterblichkeit stieg
rapide an, die Rathäuser der Region beschäftigten sich alle mit der Frage der
Lebensmittelbeschaffung zur Versorgung ihrer Bevölkerung, das öffentliche
Leben kam aufgrund des Mangels an Rohstoffen und allen anderen
notwendigen Dingen des täglichen Lebens fast ganz zum Erliegen. Die
Versorgung der vielen heimkehrenden Verwundeten bereitete zusätzliche
Probleme.
Nachdem im Oktober 1918 das Kaiserreich durch eine in aller Eile vollzogenen
Verfassungsänderung in eine parlamentarische Monarchie umgewandelt
worden war, brach dennoch am 9.11.1918 in Deutschland die sog. „NovemberRevolution“ (die die ländlichen Regionen kaum berührten) aus, die zwei Tage
später zum Waffenstillstand mit den Alliierten führte. Bis Ende November
kehrten die deutschen Verbände in voller Ordnung von der Front zurück, was
jeden Tag erhebliche Einquartierungen in allen Orten notwendig machte.
Das traurige Ergebnis für das deutsche Kaiserreich waren
- 1,8 Mio. tote Soldaten
- 4,2 Mio. Verwundete Soldaten
- 0,31 Mio. seelisch schwerst Verletzte
- 0,76 Mio. tote Zivilisten, bei denen es sich meist um Säuglinge und
Kleinkinder sowie alte, schwache und kranke Menschen gehandelt
hatte, die infolge der Blockade der Alliierten an Hunger und
Unterernährung und somit an Entkräftung gestorben sind.
- Die Lebensmittelknappheit ließ natürlich dann auch die Preise in
schwindelerregende Höhe steigen.
Davon war natürlich auch unsere Heimatregion nicht verschont geblieben.
Im Jahre 1918 wurde, um Eskalationen zu vermeiden, im Rheinland verboten,
Branntweine aller Art auszuschenken, an Karnevalssitzungen und -umzügen
teilzunehmen, Verkleidung zu tragen, karnevalistischer Lieder zu singen oder zu
spielen und Konfetti, Luftschlangen oder andere Karnevalsartikel zu verkaufen.
1919 – 1933
Der Versailler Vertrag sah für unsere Heimatregion vor, dass das linksrheinische
Gebiet für min. 5 Jahre von alliierten Truppen besetzt bleiben würde. Anfang
Dezember rückten englische Soldaten für mehr als ein halbes Jahr als
Besatzungstruppen
in
unsere Heimat ein. Sie
wurden überwiegend in
Privatquartieren
untergebracht.
Nach
der
Unterzeichnung
des
Friedensvertrages
im
Spiegelsaal
von
Versailles (am 28. Juni
1919
von
der
Reichsregierung
unterschrieben, Inkrafttreten aber erst am
10.01.1920) wurden die englischen
Besatzungstruppen durch französische
abgelöst. Die Engländer hatten bereits die
Kasernen in Düren belegt.
Während der französi-schen Besatzung
wurden vor allem bei den Manövern im
Sommer und Herbst noch größere
Truppeneinhei-ten
in
der
ganzen
Umgebung einquartiert.
Die Bearbeitung der Felder wurde durch
Beschlagnahmungen der Ernte und auch
durch den Truppenübungsplatz stark
behindert. Es kam immer wieder zu
Belästigungen der Bevölkerung und zu
Beeinträchtigungen im täglichen Leben,
über die die Akten des Bürgermeisteramtes in Drove ein beredtes Zeugnis ablegen. Ab 1914 wurde von den
Engländern als Exerzierplatz für die Garnison in Düren, beziehungsweise für
deren Rekrutenausbildung im Ersten Weltkrieg der Truppenübungsplatz auf
der Heide zwischen Drove und Soller in Angriff genommen.
Reichspräsident Friedrich Ebert hatte am 11.08.1919 die Weimarer
Reichsverfas-sung unterschrieben.
In Drove baute man an der Grünstraße, wo sich bereits ein Zeltlager befand, ein
Barackenlager für ein Bataillon französischer Besatzungstruppen. Bis zur Fertigstellung des Wohnblocks für die Offiziere und ihre Familien, der 1921 am
Ortsausgang nach Kreuzau errichtet wurde, heute noch den Namen
„Offiziershäuser“ trägt, mussten diese in Privatquartieren in Drove und den
umliegenden Orten untergebracht werden.
.
Aber auch das normale Leben kehrte wieder ein z.B. in Drove:
Der Fußballclub organisierte das erste Nachkriegsfest mit Fußball auf dem Platz
auf der Drover Heide und mit einer Tanzveranstaltung im Saale Valter. Der
Wanderclub feierte sein Stiftungsfest. Es gab wieder eine Prozession mit der
Bahn nach Trier. Der Turnverein nahm seinen Betrieb wieder auf. Es gab
Schauturnen auf der Festwiese in der Wehrstraße. Aber auch die Drover Heide
wurde andererseits von den Besatzungsmächten zu Schießübungen genutzt.
1923 wurde dann sogar ein Kriegerdenkmal errichtet.
Nachdem am 11.1.1923 französische und belgische Truppen das Ruhrgebiet
besetzt hatten, um die als Wiedergutmachung geforderten Kohlelieferungen zu
sichern, kam es im gesamten von den Franzosen besetzten Rheinland zum
„passiven
Widerstand“
(die
Verweigerung jeglicher Zusammenarbeit
mit den Besatzungsmächten).
Die
unter
französischer
„Regie“
stehende Eisenbahn wurde von der
Bevölkerung
sabotiert.
Eisenbahnbeamte, die den Anordnungen
der Besatzung nicht Folge leisteten,
wurden ausgewiesen. Aber auch andere
Beamte waren von den Ausweisungen betroffen. So konnte der damalige
Bürgermeister von Drove, Franz Dabrock, erst im August 1924 seinen Dienst
wieder aufnehmen. Der von der Reichsregierung in Berlin unterstützte passive
Widerstand gegen die Ruhrbesetzung wurde am 26.9.1923 offiziell aufgegeben
(Verkündigung durch Reichskanzler Stresemann). Nachdem die Ruhrindustrie
sich verpflichtet hatte, einen Teil ihrer Produktion und die Reichskohlensteuer
direkt an die Alliierten abzuführen, zogen die Franzosen im Dezember 1923 ihre
ersten Truppen wieder aus dem Ruhrgebiet ab. Die Beendigung des Rückzuges
und die Aufgabe der „Regie“ der Eisenbahn erfolgten aber erst am 31.8.1924.
Diese Krise und der rasante Verfall der Währung (der US-Dollar stieg von 7525
Mark am Anfang 1923 auf 2,9 Milliarden Mark im Oktober) auf riefen im Laufe
des Jahres 1923 auch wieder Sonderbündler (rheinische Separatisten) auf den
Plan, die mit Duldung der Franzosen und Belgier die Loslösung des Rheinlandes
von Preußen und dem Deutschen Reich anstrebten. Im Herbst 1923 hatten sich
drei rivalisierende Gruppierungen zusammengeschlossen. So kam es am 1.
September im Dürener Stadttheater zu einer Versammlung der Separatisten
auf Anregung des Leiters der Dürener Ortsgruppe, des Fabrikanten Theo
Klevinghaus.
Am 22.10.1923 wurde in Düren die „Rheinische Republik“ ausgerufen.
Landratsamt, Rathaus, Post, Bahn und verschiedene Schulen wurden von den
Separatisten besetzt. Auf dem Rathaus wurde die grün-weiß-rote Fahne
gehisst. Der Oberbürgermeister wurde für einen Tag in Haft genommen und
der Landrat für abgesetzt erklärt. Am 24. November griffen bewaffnete Gegner
aus Köln die Separatisten in Düren an, wurden aber durch die Franzosen am
Erfolg gehindert. Es gab Tote und Verletzte.
In Kreuzau und Umgebung traten die Separatisten kaum in Erscheinung. Es kam
lediglich zu einigen Plünderungen und zur Beschlagnahme von Schreibpapier,
und der Polizei wurden Waffen abgenommen; außer in Kreuzau plünderte man
auch in Niederau Bekleidung, demolierte eine Gastwirtschaft und bezahlte mit
ungültigem Separatistengeld. Aus Rache steckten unbekannte Täter in
Maubach das Sommerhaus des obengenannten Theo Klevinghaus in Brand. Am
21. Februar 1924 verließen die Separatisten die Hilfsschule, ihren letzten
Stützpunkt in Düren.
Die politische Rechte beantwortete die Politik der Erfüllung der unerfüllbaren
Reparationsforderungen mit wüsten propagandistischen Angriffen und fand
auch immer mehr Gehör. Ihre Hetzkampagnen führten schließlich zur
Ermordung hochrangiger für die Erfüllungspolitik verantwortlicher Politiker in
1921 und 1922, die vorher als Vaterlandsverräter abgestempelt worden waren.
Diese rechtsgerichtete Radikalisierung wurde im Ausland jedoch nicht gesehen.
Am Vorabend des 09.11.1923 verkündete Adolf Hitler im Münchener Bürgerbräukeller die „Nationale Revolution“; die NSDAP wurde daraufhin jedoch erst
einmal verboten. Hitler referierte jedoch in den folgenden Jahren immer
wieder vor ausgewähltem Publikum in verschiedenen Städten.
Inzwischen hatte die Inflation ungeahnte Höhen erreicht. MiIliarden und zuletzt
Billionen wurden zum Teil in Form von Notgeld in Umlauf gebracht. Alle 10
Tage wurden Löhne und Gehälter ausgezahlt, und man musste sich beeilen,
sofort nach der Auszahlung einige Lebensmittel gegen irrsinnige Summen
einzukaufen. Hart getroffen von der rapiden Inflation waren insbesondere das
Bürgertum und die mittelständischen Sparer – also somit auch viele Bürger und
Bürgerinnen unserer Heimatregion. In den Städten hungerten sogar die, die
noch Arbeit hatten. Der Ruf nach einem Diktator erklang immer öfter. Bei
ihrem Marsch auf Berlin als Putschversuch am 08./09. November 1923 mit
Adolf Hitler an der Spitze sind die Rechten zunächst jedoch noch einmal kläglich
gescheitert.
Am 1.11.1923 setzte dann die Einführung der Rentenmark auf Goldbasis dem
Spuk der ins Unermesslich führenden Inflation ein Ende. Am 30. August 1924
wurde zusätzlich zur Rentenmark die Dt. Reichsmark eingeführt.
Am 26.04.1924 wird Paul von Hindenburg neuer Reichspräsident.
Am 25.10.1929 gibt es den „Schwarze Freitag“ an der New Yorker Börse, der
eine Weltwirtschaftskrise einleitet und ganz entscheidend wird für die weitere
Entwicklung Deutschlands, weil die hiesige Wirtschaft massiv getroffen wird
(massenhafte Konkurse und rapide steigende Arbeitslosenzahlen).
Noch vor Beendigung der französischen Besatzung im Jahre 1930 räumten die
Franzosen im November 1929 ihr Barackenlager an der Grünstraße und die
Offiziershäuser in Drove; aus diesem Anlass wurden am 30. November abends
und am Sonntag, dem 1. Dezember, mittags eine halbe Stunde lang feierlich die
Glocken geläutet. Nach der endgültigen „Befreiung des Rheinlandes“ wurde das
Barackenlager abgerissen und das Land den Eigentümern wieder zur Verfügung
gestellt. Der Wohnblock „Offiziershäuser“ wurde vom Reichsvermögensamt
übernommen und vorwiegend an Beamte vermietet.
Die Weltwirtschaftskrise der frühen 30-er Jahre (Schwarzer Freitag am
24.10.1929 wegen Kurszusammenbruch der New Yorker Börse, Beginn einer
Weltwirtschaftskrise) brachte dem Dt. Reich erneut Armut, Arbeitslosigkeit und
soziale Not, die wiederum die extremen Rechten für ihre Politik auszunutzen
wussten.
Die radikale Rechte gewann mit ihrer geschickten Propagandapolitik in ihren
Wahlkämpfen mehr und mehr an Einfluss. Das Versprechen Hitlers, der schon
1924 einmal zu 5 Jahren Haft wegen Hochverrats verurteilt worden war, das Dt.
Reich wieder zu alter Stärke zurückzuführen blieb dabei nicht ungehört. Bei den
Reichstagswahlen am 14.09.1930 erringt die NSDAP, die sich im Februar 1925
neu gegründet hatte, 107 von 327 Sitzen (vorher 12). Bereits am 05.10.1930
empfängt Reichskanzler Brüning Hitler, Frick und Göring zu einem Gespräch,
um die Nationalsozialisten zur Mitarbeit an der Regierung zu bewegen. Im Juli
1931 beginnt dann mit dem Zusammenbruch der Darmstädter Bank und der
Nationalbank eine Bankenkrise. Die Arbeitslosenzahlen stiegen unaufhörlich.
Am 13.08.1932 forderte Hitler, zum Reichskanzler ernannt zu werden,
Hindenburg
lehnte
jedoch ab. Bei der
Reichstagswahl
am
06.11.1932 erlitt die NSDAP noch einen Rückgang auf 33,5 %. Am 30.01.1933
wurde Hitler jedoch von Reichspräsident von Hindenburg zum Reichskanzler
ernannt.
(Karte an Hubert Kaptain)
Literaturhinweis:
(Dieser Text ist zu einem großen Teil wörtlich übernommen aus: Beiträge zur
Geschichte von Kreuzau, 1794 – 1988; Nikolaus Nolden, Dr. Reiner Nolden)
(Ansonsten siehe Literaturhinweis im Haupttext)
Bilder:
Bild „Urkunde“, S. 1 aus www.wickipedia.de
Bilder aus Literaturhinweis 54:
Bild „Kriegerdenkmal im Kreuzauer Teich“, S. 3
Bild „Drover Heide“, S. 4
Bild „Französisches Barrackenlager“, S. 5
Bild „Offiziershäuser in Drove“, S. 5
Bilder aus Literaturhinweis 56:
Zeichnung „Straßenbahn und Viadukt“, S. 6
Bilder aus Literaturhinweis 126:
Bild „Gruppenbild“; S. 10
Bilder aus Literaturhinweis 166:
Bild „Des Kriegers Traum“, S. 10
Bild „Sie sollen ihn nicht haben“; S. 10
Bild „Sieg“, S. 10
Bilder aus Literaturhinweis 167:
Bild „Der Infanterist an der Westfront“; S. 10
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