Autoradiographische Untersuchungen über das Verhalten der

Werbung
D E S O X Y R IB O N U C L E IN S Ä U R E IN H ERPES-VIR U S-INFIZIE RTEN ZE LLEN
211
Autoradiographische U ntersuchungen über das V erhalten
der D eso x y rib o n u clein s äu re in Herpesvirus-infizierten Zellen
V on K.
M unk
u nd G.
S auer
Aus dem Institut für Virusforschung Heidelberg
(Z. N aturforschg. 18 b , 211— 215 [1963] ; ein gegan gen am 6. Novem ber 1962)
Herrn Professor Dr. A.
B utenandt
zum 60. Geburtstag g ew id m et
Herpes-simplex-Virus-(Herpes virus humanus) infizierte HeLa-Zellen wurden autoradiographisch
untersucht. In Kernen, die vor der Infektion 3H-Thymidin in ihre DNS eingebaut hatten, findet sich
die Markierung nach der Infektion in der Peripherie, im sog. Randchromatin wieder. Bei ^ -T h y m i­
din-Zugabe nach der Infektion wird dieses nur noch in den Keminnenbereich aufgenommen. Das
Randchromatin bleibt frei. Daraus geht hervor, daß der zell eigene DNS-Stoffwechsel unterbrochen
wurde und nur noch im Keminnenbereich ein DNS-Stoffwechsel für die Virus-Neubildung abläuft.
D as H erpes-sim plex-V irus (H sV ), (H erpes virus
h u m a n u s), gehört zu den V irusarten, deren V erm eh­
ru n g nicht n u r in den m akrom olekularen S ynthese­
stufen im K ern erfolgt, sondern die sich d o rt schon
zum N ucleocapsid zusam m ensetzen, das elektronen­
optisch erk en n b ar ist
D a dem N ucleocapsid noch eine zw eite H ülle
(envelope) fehlt, stellt es noch nicht das vollstän­
dige, infektiöse V irio n d a r 2. D iese w ird später, v er­
m utlich beim V erlassen des K ernes z u g e fü g t3.
D er erste und w esentliche A bschnitt d er V iru sv er­
m ehrung, die B ildung des genetischen M aterials,
vollzieht sich an den Stoffw echselvorgängen des Zell­
kernes, wobei fü r das D N S-haltige H s V 4 in erster
L inie der DNS-Stoffwechsel in F rag e kom m t. D as
E ingreifen in den K em stoffw echsel ist nicht ohne
E influß auf die K ern stru k tu r. D ie in m it H erp es­
v irus infizierten Zellen bekannten K ern-„E inschlußk örperchen“ entstehen nach heutiger K enntnis durch
S chrum pfung infolge bestim m ter histologischer F i­
xierungsm ethoden aus dem zentralen Bereich des
K ernes. Bei geeigneter F ix ieru n g bleib t diese E r ­
scheinung aus. Dem Innenbereich des cytopathisch
v eränderten K ernes g ilt h ie r die besondere A ufm erk­
sam keit, daneben ab er auch der v erän d erten R a n d ­
zone des K ernes. Im V erlauf der V irusv erm eh ru n g
w andert näm lich das K ernchrom atin an die M em ­
b ran . D adurch entsteht eine m ikroskopisch deutlich
erkennbare, Feulgen-positive V erdickung, das sog.
R andchrom atin (A bb. 3 ) . D ie N ucleoli sind m it
A bschluß der K ernum w andlung verschw unden.
E. P. J o n e s , J. exp.
Medicine 110, 643 [1959].
T h . F r a n c is j d n . u . H . B. K u r t z , Yale J. Biol. Med. 22, 579
[1950].
1 C . M organ , H . M . R o se, M . H olden u .
2
D ie geschilderten cytopathischen E rscheinungen
w erfen die F rag e auf, in welchem Z usam m enhang
die K ernveränderungen zur V iru sv erm eh ru n g , in s­
besondere zum DNS-Stoffwechsel, stehen. Elekronenoptische und fluoreszenzim m unologische U n ter­
suchungen lassen zw ar O rt u n d Zeit des A uftretens
der ersten virusspezifischen E inheiten erkennen, je ­
doch geben sie keine w eitere A uskunft ü b er die
S tru k tu r des K erninnenbereiches und des R andchrom atins, ebensow enig wie ü b er die d a rin ab lau ­
fenden Stoffwechselvorgänge w äh ren d d er V iru s­
verm ehrung.
D ie B egrenzung dieser M ethoden fü r die B eob­
achtung des V erm ehrungsablaufes beim H sV u n d
seines Stoffwechsels fü h rten zu dem G edanken,
U ntersuchungen m it H ilfe au to rad io g rap h isch er M e­
thoden un ter V erw endung von 3 H -T hym idin zu b e ­
ginnen. Ü ber die ersten E rgebnisse soll h ie r berich­
tet w erden.
Material und M ethoden
Virus
Der hier verwendete Herpesvirus-Stamm „Hofmei­
ster“ wurde von Prof. Dr. Th. N a s e m a n n aus typi­
schen Herpes-Bläschen (genitale Lokalisation) isoliert,
zuerst auf der CAM angezüchtet und später auf HeLaZellkulturen fortgeführt. Der Stamm durchlief während
dieser Untersuchungen die 19. —28. HeLa-Zellpassage.
Gewebekultur
Alle Untersuchungen wurden mit einem HeLa-Zellstamm durchgeführt, den wir dem Inst. f. Exp. Krebs3 D. F a l k e , R . S ie g e r t u . W. V o g e l l , Arch. Virusforschg.
IX, 484 [1959].
4 W. C. R u s s e l , Virology 16, 355 [1962].
Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung
in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der
Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:
Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland
Lizenz.
This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift
für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the
Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs
3.0 Germany License.
Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der
Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt,
um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher
Nutzungsformen zu ermöglichen.
On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal
of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is
to allow reuse in the area of future scientific usage.
K. M U N K UND G. S A U E R
212
forschung Heidelberg (Direktor Prof. Dr. H. L e t t r e ) ,
verdanken. Das verwendete Nährmedium bestand aus
H a n k s scher Lösung mit 0,5% Lactalbumin-Hydrolysat, 5% Kälberserum und Antibioticazusatz. Die Zel­
len wurden durch Behandlung mit Natrium-Versenat
umgesetzt.
F ür die hier beschriebenen Versuche wurden die
HeLa-Zellen auf Deckgläschen 7-30 mm angezüchtet,
die in Kulturröhrchen unter 5,0 ml Nährmedium gehal­
ten wurden. Zum Wechseln des Nährmediums wurden
die Deckgläschen von einem Kulturröhrchen steril in
ein anderes gebracht.
Radioisotope
Das hier verwendete 3 H-Thymidin (spezifische Akti­
vität 2,40 C/mMol) wurde vom Radiochemical Centre,
Amersham, Buckinghamshire, bezogen.
Färbemethoden
Das Färben der gestrippten P räparate erfolgte in üb­
licher Weise nach der von R o m e i s 6 angegebenen Me­
thode in E h r l i c h schem Hämatoxylin und anschlie­
ßender Differenzierung mit Salzsäurealkohol. Zum
Schluß wurden die entwässerten P räparate unter Ver­
wendung von Eukitt mit einem 7 •30 mm-Deckglas ein­
gedeckt.
V ersu ch e
Die Versuche wurden mit einem HsV-Stamm durch­
geführt, dessen cytopathogenes Verhalten auf der
HeLa-Zellkultur anderen O rtes 7 genauer beschrieben
wird. Der Stamm bildet in HeLa-Zellkulturen groß­
flächige Syncytien (Abb. 2). Er ähnelt damit dem von
Autoradiographische Methode
Zur autoradiographischen Darstellung wurden die
Deckgläschen entsprechend der Versuchsanordnung
dem Medium entnommen, in H a n k s scher Lösung ge­
waschen, in Osmiumsäuredämpfen fixiert und in
70-proz. Alkohol gebracht. Zur weiteren Verarbeitung
wurden die luftgetrockneten Deckgläschen auf gut ge­
reinigte O bjektträger mit Eukitt befestigt und darauf­
hin nicht weniger als 5 Stdn. fließend gewässert. Nach
erneuter Trocknung erhielten sie einen Gelatineüberzug
durch kurzes Eintauchen in Gelatinelösung: 5,0 g Foto­
gelatine, 0,5 g Chromalaun auf 1000 ml dest. Wasser.
Ein anschließendes dünnes Bestreichen des O bjektträ­
gers mit Eiweißglycerin unter Aussparung des Ge­
webepräparates diente zum besseren Haften des Strip­
pingfilmes.
Der hier verwendete Kodak-A.R. 1 0 -Strippingfilm
wurde mit der lichtempfindlichen Schicht nach unten
auf einem Wasserbad (25 ) ausgebreitet und über die
P räparate gezogen. Das dest. Wasser des Wasserbades
enthielt 1% Kaliumbichromat, um unerwünschte W ir­
kungen reduzierender Substanzen auf den Film zu ver­
meiden. Auf ein faltenfreies und dichtes Anliegen des
Strippingfilmes auf den P räparaten war besonders zu
achten. Nach schnellem Trocknen der P räparate wurden
sie, gegen Licht und Feuchtigkeit geschützt, bei 4 C
aufbewahrt. Die Expositionszeit betrug in der Regel
7 Tage. Anschließend erfolgte die Entwicklung der
Filme mit Amidol-Entwickler5: Amidol 1,125 g, NaSulfit (wasserfrei) 4,5 g, K-Bromid in 10-proz. Lösung
2,0 ml auf 250 ml dest. Wasser.
Die Entwicklungszeit betrug 20 min bei 14°. Nach
kurzer Wässerung wurden die Präparate in Kodak-Xray-Fixage 1 0 min bei 14° fixiert und anschließend eine
Stde. gewässert.
5 C. D i l w o r t h , G. P. S. O c c h ia l in i u. L. V e r m a e s e n , Bull.
centre Phys. nucleaire Univ. libre Bruxelle 13 a, 16 [1950].
6 B. R o m e is , Mikroskop. Technik, Leibniz, München 1948.
7 K. M u n k u . D . D o n n e r , in Vorbereitung.
Abb. 1. HeLa-Zellkultur. Vergr.: 400-fach.
Abb. 2. HeLa-Zell-Syncytium nach Infektion mit Herpesvirus-Stamm „Hofmeister“ 48 Stdn. p. infectionem. Dunkle,
abgestorbene Zellen liegen auf dem Syncytium.
Vergr.: 100-fach.
S cott
und M itarbb. beschriebenen Stamm
„GC“ 8 und dem Stamm „M P“ von H o g g a n und Roizm a n 9. Die durch unseren Stamm hervorgerufenen KernM cN a i r
D. L . M c L e o d u . T . T o k u m a r u , J. Im­
munology 86, 1 [1961].
9 M. D. H o g g a n u. B. R o iz m a n , Amer. J. H y g . 70, 208 [1959].
s T . F . M c N a ir S c o t t ,
D E S O X Y R IB O N U C L E IN S Ä U R E IN H E R P E S -V IR U S IN F IZ IE R T E N ZELLEN
Veränderungen, lassen ein deutliches Randchromatin
und einen mikroskopisch strukturlos erscheinenden
Kerninnenbereich erkennen (Abb. 3). Die volle Aus­
prägung des cytopathischen Effektes dauert bei einer
M ultiplicity unter 1 zwischen 24 —48 Stunden. Die
Syncytienbildung ist für den Stamm genotypisch. Um­
fang und Anzahl der Syncytien können jedoch bei P as­
sagen durch Milieubedingungen des Gewebekulturme­
diums wechseln. Auf eine gute Syncytienbildung kam
es uns bei diesen Versuchen zum Erkennen der infizier­
ten Zellen an.
Abb. 3. Ausschnitt aus einem Syncytium. Kerne mit dunkel
gefärbtem Randchromatin. Vergr.: 400-fach.
213
Im ersten Versuchsansatz hatten die Zellen 12 Stdn.
vor der Infektion 0,5 //C /l ml 3 H-Thymidin erhalten.
Diese Zeitspanne erwies sich als ausreichend, weil nach
12 Stdn. die meisten Zellen genügend 3 H-Thymidin incorporiert haben. Eine längere Verweildauer hatte kei­
nen Einfluß auf das Ergebnis. Unmittelbar vor der Beimpfung wurde das Nährmedium gewechselt und durch
mehrmaliges Waschen der Tritium-Überschuß beseitigt.
Im zweiten, in der Regel gleichzeitig vorgenomme­
nen Versuchsansatz wurden 0,5 //C/m l 3 H-Thymidin
bei der Beimpfung zugefügt. Gegenüber dem ersten
Ansatz wurden in dieser Versuchsreihe die Zellen län ­
ger, bis 24 Stdn. p.i. in 3 H-Thymidin-Gegenwart gehal­
ten, dam it sie während der Dauer der Virusvermehrung
Tritium incorporieren konnten. Nach diesem Zeitpunkt
mußten die K ulturen jedoch in tritiumfreies Medium
umgesetzt werden, um ein unspezifisches Adsorbieren
an absterbende Zellen zu vermeiden. Diese beiden Ver­
suchsansätze endeten 72 Stdn. p.i. mit der Entnahme
und Fixierung der Präparate.
Im dritten Versuchsansatz wurde eine Reihe der
oben beschriebenen Deckglas-Zellkulturen zur selben
Zeit mit der gleichen Virusdosis beimpft. Zu bestimm­
ten Zeiten: 2, 4, 8 , 12 und 24 Stdn. p.i. erhielt je eines
dieser Röhrchen 2,0 //C /l ml 3 H-Thymidin. 48 Stdn. p.i.
wurden alle K ulturen fixiert und weiter verarbeitet.
In einer Abwandlung des letzten Versuchsansatzes
wurde in verschiedenen, begrenzten Zeitintervallen p.i.
3 H-Thymidin dem Nährmedium zugesetzt (0 —3, 3 —6 ,
6 —9, 9 —12, 12 —24, 24 —36 und 36 —48 Stdn. p.i.).
Das geschah in der Absicht, den Zeitraum der stärksten
Thymidinaufnahme genauer einzuengen. In den kurzen
Abschnitten von 0 —12 Stdn. p.i. betrug die TritiumKonzentration 1,0 //C/ml, in den folgenden, langen
Intervallen von 1 2 —48 Stdn. p.i. wurde sie auf
0,5 //C /m l herabgesetzt.
Die Versuchsreihen 1 und 2 wurden viermal, der
Versuchsansatz 3 zweimal mit dem gleichen Ergebnis
wiederholt. Alle Versuche wurden bei 37^ durchge­
führt.
Ergebnisse
Abb. 4. HeLa-Zellkultur. Markierung mit 3H-Thymidin,
0,5 /xC/ml. Vergr.: 400-fach.
Unsere ersten beiden Versuchsreihen hatten zum
Ziel, festzustellen: 1 . wie sich die Zell-DNS, die bereits
in der unbeimpften Zelle mit 3 H-Thymidin m arkiert
worden war, unter dem Einfluß der Virusvermehrung
verhält und 2. wo ein DNS-Stoffwechsel in der Herpesvirus-infizierten Zelle stattfindet.
Die dritte Versuchsreihe galt der Frage, wie lange
nach der Virusinfektion in der Zelle noch eine Thymi­
dinaufnahme andauert.
Bei allen Versuchen wurden HeLa-Zellkulturen auf
7 • 30 mm-Deckgläschen in Kulturröhrchen mit 5,0 ml
Nährmedium angelegt. Nach 48 Stdn., als sie sich in
einem guten Vermehrungsstadium befanden, wurden
sie mit Virus beimpft. Beim Beimpfen wurde das N ähr­
medium erneuert.
M it H ilfe au to rad io g rap h isch er M ethoden unter
V erw endung von 3 H -T hym idin sollte ein Einblick in
den DNS-Stoffwechsel H erpesvirus-infizierter Zellen
w ährend d er V iru sv erm eh ru n g gew onnen w erden.
D ie V ersuche boten, sow eit es die M ethode zuläßt,
als erstes E rg eb n is A ufschluß ü ber einige Beziehun­
gen des Zell-DNS-Stoffwechsels zur V irusverm eh­
rung.
H eL a-Z ellkulturen w u rd en : 1. — 12 Stdn. vor
dem B eim pfen m it einem H sV -Stam m , 2 . — gleich­
zeitig u n d 3. — zu bestim m ten Zeiten p.i. m it 3 HT h y m id in m a rk iert.
D ie T h y m idin-A ufnahm e und vor allem die L oka­
lisation dieses V organges in den infizierten und
cytopathisch v erän d erten Zellen w urden mikrosko-
214
K. M U N K U N D G. S A U E R
p isd i beobachtet. V or der B eurteilung d er E rg e b ­
nisse m üssen einige B edingungen berücksichtigt w er­
den. Die D N S-Synthese findet norm alerw eise gegen
E nde der Interphase s ta tt10, deshalb können nicht
alle Zellen zu gleicher Zeit D N S-V orläufer incorporieren.
F ern er ließ sich u n ter unseren V ersuchsbedin g u n ­
gen die V irusm enge zur B eim pfung d er K ultu ren
nicht so hoch w ählen, daß jede Zelle gleichzeitig in ­
fiziert w urde, denn sonst entstehen nicht die ty p i­
schen Syncytien. A uf G rund dieser G egebenheiten
ist zu beachten, daß es in den P rä p a ra te n Zellen
verschiedener Z ustände g ib t: Zellen, die 1. nicht
m a rk iert und nicht infiziert, — 2 . m a rk ie rt und nicht
infiziert, — 3. nicht m a rk iert u n d infiziert, —
4. m a rk iert und infiziert sind. N u r die letztgenann­
ten Zellen w urden ausgew ertet. D abei sind die m a r­
k ierten Zellen klar zu erkennen. D ie infizierten Zel­
len unterscheiden sich von den nicht infizierten durch
die K ernveränderungen und die S yncytienbildung.
In den Z eitangaben w aren die Zeiten der T ritiu m bzw. V irus-Z ugabe zu den P rä p a ra te n m aßgebend,
auch wenn, wie bereits erw ähnt, nicht alle Zellen
des P rä p arate s zur gleichen Zeit 3 H -T hym idin a u f­
genom m en hatten oder infiziert w orden w aren.
Die U ntersuchungen erg ab en : In den Zellen, die
vor der Infektion 3 H -T hym idin aufgenom m en h a t­
ten, w ar die M arkierung im V erlauf der V iru s­
verm ehrung und der cytopathisdien V eränderu n g en
in ganz überw iegendem M aße im K ern-R andchrom atin (A bb. 5) lokalisiert. U m gekehrt w ar die M a r­
kierung bei den Zellen, die gleichzeitig m it d er V i­
rusinfektion oder später das 3 H -T hym idin erhielten
(A bb. 6 und 7 ) , n u r im K erninnenbereich nach­
w eisbar. D as R andchrom atin blieb frei.
im K ern in n en rau m u n d nicht im R andchrom atin. In
dem In terv all zwischen 24. und 36. Stde. p.i. w ar
die 3 H -T hym idin-A ufnahm e wesentlich geringer und
blieb auch zwischen 36. und 48. Stde. auf gleicher
H öhe.
Abb. 5. HeLa-Zell-Syncytium 48 Stdn. nach Infektion mit
Herpesvirus-Stamm „Hofmeister“. 3H-Thymidin-Markierung
im Randchromatin. Audi die in das Kerninnere vorspringen­
den Leisten des Randchromatins sind markiert, 0,5 [a,C/ml.
Vergr.: 400-fach.
Abb. 6. Zweizeiliges HeLa-Zell-Syncytium 48 Stdn. nach In­
fektion mit Herpesvirus-Stamm „Hofmeister“. ^-Thym idinMarkierung im Kerninnenraum, 5,0 /^C/ml. Vergr.: 400-fach.
In der dritten V ersuchsreihe, bei der den K u ltu ­
ren zu verschiedenen Zeiten nach d er In fektio n das
:JH -T hym idin zugefügt w urde, w ar eine ^ - T h y m i ­
din-A ufnahm e in den infizierten Zellen noch 24 Stdn.
p.i. zu beobachten. Sie erfolgte im K erninnenbereich
und schien, sow eit eine quantitative A ussage h ier
zulässig ist, geringer als sonst zu sein.
In einer A bw andlung dieses A nsatzes m it b e­
grenzter 3 H -T hym idin-E inw irkung w urde das E r­
gebnis noch präzisiert. D abei zeigte sich, daß der
stärkste 3 H -T hym idin-E inbau zwischen der 6 . und
24. Stde. p.i. stattfand. E r vollzog sich ausschließlich
10 C. P. S t a n n e r s u . I. E. T il l , Biodiim. biophysica Acta
[Amsterdam] 37,406 [I960].
Abb. 7. HeLa-Zell-Syncytium 48 Stdn. nach Infektion mit
Herpesvirus-Stamm „Hofmeister“. 3H-Thymidin-Markierung
im Kerninnenraum. Randchromatin dunkel gefärbt,
0,5 ^uC/ml. Vergr.: 400-fach.
D E S O X Y R IB O N U C L E I N S Ä U R E IN H ERPES-VIR U S-INFIZIE RTEN ZELL EN
D iskussion
A n der V irusv erm eh ru n g des H erpes-sim plexV irus (H erpes virus h u m a n u s ), das als N ucleinsäure-K om ponente die DNS 4 enthält, ist der DNSStoffwechsel des Zellkernes w eitgehend m itbeteiligt.
F rü h e re U ntersuchungen stam m en von N e w t o n und
S t o k e r 1 1 sowie W i l d y und M ita r b b .12. Sie fanden,
daß bei dem zw ölfstündigen V erm ehrungszyklus
des H sV zwischen der 6 . und 9. Stde. p.i. ein A n­
stieg des D N S-G ehaltes beginnt. E r erreicht das
D oppelte des N orm alw ertes nicht infizierter K erne
nach 72 Stdn. p.i. Sie nehm en jedoch nicht an, daß
die gesam te DNS zum A ufbau neu er V irusteilchen
dient.
D ie durch die H sV -V erm ehrung h ervorgerufene
S tru k tu r-U m w andlung des Z ellkernes lä ß t einm al
das R andchrom atin und zum an d eren den m ik ro ­
skopisch stru k tu rlo s erscheinenden, schwach Feulgenpositiven Innenbereich des K ernes erkennen.
D arin ist elektronenoptisch das erste Erscheinen
inkom pletter V irusteilchen zu beobachten 1. F lu o res­
zenzm ikroskopische U ntersuchungen von L e b r u n 13
zeigten ebenfalls im In n eren des K ernes die erste
B ildung virusspezifischen M aterials.
D iese g enannten B eobachtungen erlau b en noch
keine Schlüsse d arü b e r, w ie sich die V irusverm eh­
ru n g zum DNS-Stoffwechsel verhält. N e w t o n und
S t o k e r verm uteten allerdings, daß es sich bei der
von ihnen beobachteten verm ehrten D N S-B ildung
um eine überschüssig p ro d u zierte Zell-DNS handeln
müsse.
U nsere B eobachtungen fü h re n zu folgender D is­
k ussion: Bei nicht infizierten Zellen ist das ^ - T h y ­
m idin an die chrom osom ale DNS gebunden, denn in
den verschiedenen M itose-Stadien sind n u r die C hro­
m osom en m a rk iert (A bb. 4 ) . W enn solche Zellen
nach 3 H -T hym idin-E inbau infiziert w urden, fand
sich die M arkierung im R and ch ro m atin w ieder
(A bb. 5 ) . D as gleiche gilt auch fü r Zellen, die zwi­
schen 3 H -T hym idin-E inbau u n d In fek tio n in A b­
w esenheit von 3 H -T hym idin m indestens zwei M itose­
zyklen durchlaufen haben. D arau s schließen w ir,
daß das R andchrom atin die ursprü n g lich zelleigene
DNS darstellt. W enn, w ie N e w t o n und M ita rb b . 1 4
11 A. A. N e w t o n , M. G. P. S t o k e r , Virology 5, 549 [1958].
12 P. W il d y , C. S m i t h , A. A. N e w t o n u . P. D e n d y , Virology
1 5 ,4 8 6 [1961].
13 J. L e b r u n , Virology 2, 496 [1956].
215
zeigen konnten, nach der Infektion ein A bbau der
Zell-DNS stattgefunden hat, d an n verbleiben nach
unseren Befunden die D NS-Bruchstücke in der
H auptsache im R andchrom atin.
Nach dem E in d rin g en des V irusgenom s in den
K ern bleibt ein 3 H -T hym idin-E inbau im R an d ch ro ­
m atin aus (A bb. 6 und 7 ) . D arau s erg ib t sich, daß
m it der V irusinfektion d er zelleigene D N S-Stoff­
wechsel unterbrochen w ird. Zu gleicher Zeit setzt im
K erninnenbereich, gem essen an d er T ritiu m m ark ie­
run g , ein n euer DNS-Stoffwechsel ein (A bb. 6
und 7 ) . D a in diesem Bezirk die H erpesvirus-N eub ild u n g abläuft 13, m uß die 3 H -Thym idin-A ufnahm e dam it in u n m ittelbarem Z usam m enhang
stehen. D as bedeutet, daß nach d er In fek tio n ein
DNS-Stoffwechsel n u r noch zum Zwecke d er V irusN eubildung erfolgt. D iese T hym idin-A ufnahm e im
zentralen K ernbereich erreicht ih r stärkstes A usm aß
zwischen 6 und 2 4 S tdn. p.infectionem . In g erin g e­
rem U m fang erstreckt sie sich jedoch noch bis
4 8 Stdn. p.infectionem . Im R and ch ro m atin u n te r­
bleibt sie dagegen ganz.
Ob an der V irus-N eubildung au ß e r dieser denovo-Synthese noch Bruchstücke der abgebauten
Zell-DNS teilnehm en, m uß d ahingestellt bleiben.
Nach unseren B eobachtungen (A bb. 5) k an n dieser
A nteil nicht erheblich sein, vorausgesetzt, daß sich
alle N ucleotide gleichartig v erhalten. Berücksich­
tig t m an die Ü b erlag eru n g des R andchrom atins
(A bb. 5 ) , so k an n es sich bei der M ark ieru n g im
K erninnenbereich n u r um geringe M engen handeln.
Diese Beobachtung findet eine U n terstü tzu n g in den
E rgebnissen von K it u n d D u b b s 15,1 6 m it V accine­
virus.
Im H inblick au f die U nterbrechung des zelleige­
nen DNS-Stoffwechsels nach der V iru sin fek tio n e r­
scheint es fraglich, ob solche Zellen noch zu w eiteren
M itosen fäh ig sind.
H errn Prof. Dr. T h . N a s e m a n n , Dermat. K linik der
Universität München, danken wir für die Überlassung
des Virusstammes, Frau Dr. A. S c h l e i c h und H errn
A. M e y e r , Institut für Exp. Krebsforschung, Heidel­
berg, für wertvolle, technische Ratschläge.
Die Arbeit wurde mit Unterstützung der D e u t ­
s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t durchge­
führt.
14
15
16
A. A. N e w t o n , P. D e n d y , C. L. S m i t h u . P. W il d y , Nature
[London] 194,886 [1962].
S . K i t u . D . R. D u b b s , Virology 18, 274 [1962] .
S . K i t u. D . R. D u b b s , Virology 18, 286 [1962].
Herunterladen