Pharmazeutische Chemie - Lenvatinib Lenvatinib (Lenvima®) Multikinase-Inhibitoren haben sich in kurzer Zeit in der Therapie der Schilddrüsenkarzinome etabliert (Gild et al. 2011, Perez et al. 2012, Jasim et al. 2014). In 2012 wurde mit Vandetanib (Caprelasa®) erstmals ein Multikinase-Inhibitor zur Behandlung bestimmter Schilddrüsenkarzinome, den C-Zell-Karzinomen, zugelassen. Cabozantinib (Cometriq®) folgte zwei Jahre später in 2014 für diese Indikation (s. „Neue Arzneistoffe 2012 und 2014“). Mit Lenvatinib (Lenvima®) ist nun ein weiterer peroral bioverfügbarer Multikinase-Inhibitor auf dem Markt, der zur Therapie des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten, differenzierten (papillären/ follikulären/ Hürthle-Zell-) Schilddrüsenkarzinoms, das auf eine Radioiodtherapie nicht angesprochen hat, bei Erwachsenen eingesetzt werden kann. Lenvima®Hartkapseln werden einmal täglich immer zur selben Uhrzeit eingenommen. Die Einnahme kann unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen, da Nahungsmittel lediglich die Resorption des Lenvatinibs verlangsamen nicht jedoch das Ausmaß der Resorption beeinflussen (Fachinformation Lenvima® 2015). Abbildung 1 Lenvatinib ist ein ATP-kompetitiver Inhibitor zahlreicher Rezeptor-Tyrosinkinasen, die für Tumorwachstum, -angiogenese und -metastasierung verantwortlich sind. Der Arzneistoff hemmt die Kinaseaktivitäten der VEGF-Rezeptoren 1 bis 3 (VEGF = vascular endothelial growth factor), der FGF-Rezeptoren 1 bis 4 (FGF = fibroblast growth factor), des RET-Rezeptors (RET = rearranged during transfection), des Stammzellfaktor-Rezeptors KIT sowie des PGDGF-Rezeptors α (PDGF = platelet derived growth factor) (Matsui et al. 2008, Okamoto et al. 2013, Fachinformation Lenvima® 2015). Als Pharmakophor für die Bindung in der ATP-Tasche der Kinasen dient beim Lenvatinib genauso wie schon beim Cabozantinib ein 6,7-disubstituiertes 4Oxyphenylchinolin, das in Analogie zum 4-Anilinochinazolin-Pharmakophor beim Vandetanib zu sehen ist (s. Abbildung 2). Der lange Substituent an Position 4 des Chinolins enthält eine Harnstoff-Partialstruktur. Genauso wie andere Chinazoline (z.B. Vandetanib) und Chinoline (z.B. Cabozantinib) erfolgt die Cytochrom-P450-vermittelte Biotransformation vornehmlich über CYP3A4. Allerdings scheinen auch nicht über Cytochrom-P450 ablaufende Reaktionen einen erheblichen Einfluss auf die Gesamtmetabolisierung des Lenvatinibs zu haben (z.B. über die Aldehydoxidase), so dass die Gefahr für 1 CA 12.8.2015 Pharmazeutische Chemie - Lenvatinib Arzneimittel-/Nahrungsmittel-Interaktionen wohl eher gering einzuschätzen ist (Inoue et al. 2014, Fachinformation Lenvima® 2015). Abbildung 2: Strukturvergleich der beiden Chinoline Lenvatinib und Cabozantinib Literatur: Fachinformation Lenvima® 2015, Eisai Europe Ltd. Inoue, K. Drug Metab Dispos 2014, 42, 1326 Gild, M.L. et al. Nat Rev Endocrinol 2011, 7, 617 Jasim, S. et al. Biologics 2014, 8, 281 Matsui, J. et al. Int J Cancer 2008, 122, 664 Okamoto, K. et al. Cancer Lett 2013, 340, 97 Perez, C.A. et al. Biologics 2012, 6, 257 2 CA 12.8.2015