Algebra Algebra Roger Burkhardt [email protected] Fachhochschule Nordwestschweiz Hochschule für Technik Institut für Geistes- und Naturwissenschaft FS 2009 Roger Burkhardt [email protected] Algebra 1/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik 2 Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Roger Burkhardt [email protected] Algebra 2/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik 2 Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Elektrotechnische Grundkenntnisse Gesetze der Gleichstromtechnik Gesetze für Spule und Kondensator Berechnung mit Differentialgleichungen Stationäres Verhalten einer Spule (Induktivität) Stationäres Verhalten eines Kondensators (Kapazität) Berechnung mit komplexen Zahlen (Bildbereich) Bauteile in der Modellwelt Berechnung in der Modellwelt Roger Burkhardt [email protected] Algebra 3/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Elektrotechnische Grundkenntnisse Elektrotechnische Grundkenntnisse Im weiteren wollen wir eine Anwendung der komplexen Zahlen genauer untersuchen. Bei elektrischen Schaltungen interessiert man sich oft für die Spannung über den Bauteilen, den Strom in den Bauteilen und die Leistung die ein Bauteil bezieht. Dabei unterscheidet man verschiedene Situationen (Gleichstrom- und Wechselstromtechnik) und verschiedene Betrachtungsweisen (Einschaltvorgänge oder Grössen bei eingeschwungenem (stationärem) Zustand). Wir brauchen für die weitere Untersuchung einige Zentrale Begriffe aus der Elektrotechnik, welche hier kurz zusammengefasst sind. Roger Burkhardt [email protected] Algebra 4/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Elektrotechnische Grundkenntnisse Gesetze der Gleichstromtechnik Ohm’sches Gesetz R I U U = RI Maschenregel (Kirchhoff) R1 U1 ⋯ ⋯ U q1 P UQ = Rn Un Fliesst durch einen ohmschen Widerstand der Strom I , so misst man über dem Widerstand eine zum Strom proportionale Spannung U. Der Proportionalitätsfaktor R nennt man Widerstand. In einer geschlossenen Masche ist die Summe der Spannungsabfälle gleich der Summe der Quellspannungen. U qm P Uab Roger Burkhardt [email protected] Algebra 5/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Elektrotechnische Grundkenntnisse Knotenregel (Kirchhoff) I2 I3 Summe aller Ströme (inklusive Vorzeichen) in einem Knoten ist gleich Null. ⋮ I1 In P Ik = 0 Serieschaltung R1 R2 ⋯ Rn Rser = P Rk Roger Burkhardt [email protected] In Serie (Reihe) geschaltete Widerstände können durch einen Ersatzwiderstand ersetzt werden. Dabei ist der Widerstand des Ersatzwiderstandes gleich der Summe der einzelnen Widerstände. Algebra 6/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Elektrotechnische Grundkenntnisse Parallelschaltung R1 R2 ⋯ Rn Rpar = P1 1 Rk Roger Burkhardt [email protected] Parallel geschaltete Widerstände können durch einen Ersatzwiderstand ersetzt werden. Dabei ist der Widerstand des Ersatzwiderstandes gleich dem Kehrwert der Summe der Kehrwerte der einzelnen Widerstände. Algebra 7/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Elektrotechnische Grundkenntnisse Gesetze für Spule und Kondensator Spule - Induktivität L I t U L t d UL (t) = L dt I (t) Kondensator - Kapazität C I t U C t UC (t) = 1 C R I (t)dt Roger Burkhardt [email protected] Der Spannungsabfall an einer Spule ist proportional zur Stromänderung. Der Proportionalitätsfaktor nennt man Induktivität L der Spule. Der Spannungsabfall an einem Kondensator ist proportional zur gespeicherten Ladung Q. Die gespeicherte Ladung ist gleich dem Integral des Stromes nach der Zeit. Der Proportionalitätsfaktor nennt man Kapazität C des Kondensators. Algebra 8/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit Differentialgleichungen Berechnung mit Differentialgleichungen Die universelle Berechnungsmethode betrachten wir an einigen Beispielen: Beispiel (Einschaltvorgang bei Gleichspannung) Wir wollen eine Spule und einen ohmschen Widerstand in Serie an eine Gleichspannungsquelle anschliessen und den Strom und die Spannungsabfälle an den beiden Bauteilen bestimmen. I t U R t U L t Uq Roger Burkhardt [email protected] Algebra 9/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit Differentialgleichungen Beispiel (Fortsetzung) In der gegebenen Schaltung liegt eine geschlossene Masche vor und daher ist die Summe der Spannungsabfälle gleich der Summe der Quellspannungen: UR (t) + UL (t) = RI (t) + L d I (t) = Uq dt Dies ist eine lineare Differentialgleichung erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten. Die Lösung dieser Differentialgleichung liefert uns den Einschaltstrom der Schaltung (um die Lösung zu berechnen kann z.B. MATLAB verwendet werden): >> >> >> >> syms L R Uq I dgl=’L*DI+R*I=Uq’ => dgl=L*DI+R*I=Uq lsg=dsolve(dgl) => lsg=Uq/R+exp(-1/L*R*t)*C1 lsg_part=dsolve(dgl,’I(0)=0’) Roger Burkhardt [email protected] Algebra 10/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit Differentialgleichungen Beispiel (Fortsetzung) => lsg_part=Uq/R-exp(-1/L*R*t)*Uq/R Der berechnete Strom und die Spannungsabfälle: − RL t U (t) = Uq 1 − e R R R I (t) = Uq 1 − e− L t R UL (t) = Uq e − L t Roger Burkhardt [email protected] Algebra 11/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit Differentialgleichungen Bemerkung Liegt eine Gleichspannung an einer Schaltung, so berechnen wir mit der Differentialgleichung das Einschaltverhalten, d.h. den Übergang von einem stationären Zustand zu einem neuen stationären Zustand. So haben wir vor dem Einschalten keinen Stromfluss und nachdem Einschalten steigt der Strom und nähert sich einem Endwert und ist nachher wieder konstant. Analoges Verhalten zeigen die Spannungen. Der eigentliche Einschaltvorgang nennt man auch das transiente Verhalten (Zustandsübergang). Beispiel (Einschaltvorgang bei Wechselspannung) Wir wollen eine Spule und einen ohmschen Widerstand in Serie an eine Wechselspannungsquelle anschliessen und den Strom und die Spannungsabfälle an den beiden Bauteilen bestimmen. Roger Burkhardt [email protected] Algebra 12/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit Differentialgleichungen Beispiel (Fortsetzung) I t U R t U L t Uq Die linke Seite der Differentialgleichung bleibt die selbe, auf der rechten Seite wird die konstante Quellenspannung durch eine Wechselspannung ersetzt: UR (t) + UL (t) = RI (t) + L Roger Burkhardt [email protected] d b I (t) = Usin(ωt) dt Algebra 13/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit Differentialgleichungen Beispiel (Fortsetzung) >> syms L R U I w t >> dgl=’L*DI+R*I=U*sin(w*t)’ => dgl=L*DI+R*I=U*sin(w*t) >> lsg=dsolve(dgl) => lsg=(-L*U*w*cos(w*t)+U*R*sin(w*t)+exp(-1/L*R*t)*C1*R^2 +exp(-1/L*R*t)*C1*w^2*L^2)/(R^2+w^2*L^2) >> lsg_part=dsolve(dgl,’I(0)=0’) => lsg_part=(-L*U*w*cos(w*t)+U*R*sin(w*t) +exp(-1/L*R*t)/(R^2+w^2*L^2)*L*U*w*R^2 +exp(-1/L*R*t)/(R^2+w^2*L^2)*L^3*U*w^3)/(R^2+w^2*L^2) Der berechnete Strom und Rdie Spannungsabfälle: b U I (t) = R 2 +(ωL)2 ωLe − L t − ωLcos(ωt) + Rsin(ωt) R b UR UR (t) = R 2 +(ωL) ωLe − L t − ωLcos(ωt) + Rsin(ωt) 2 b − RL t UωL UL (t) = R 2 +(ωL) −Re + ωLsin(ωt) + Rcos(ωt) 2 Roger Burkhardt [email protected] Algebra 14/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit Differentialgleichungen Beispiel (Fortsetzung) Bemerkung Auch hier erkennt man einen Einschaltvorgang. Betrachten wir z.B. den Strom in der Schaltung, so haben wir zwei Summanden. Roger Burkhardt [email protected] Algebra 15/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit Differentialgleichungen Bemerkung (Fortsetzung) Der erste Summand beschreibt eine harmonische Schwingung und der zweite Summand zeigt exponentielles Verhalten. Die Schwingung ist nicht zeitabhängig (Amplitude und Kreisfrequenz sind konstant) und beschreibt das Verhalten der Schaltung nachdem der Einschaltvorgang abgeschlossen ist (partikuläre Lösung der inhomogenen DGL). Diese Schwingung nennt man auch das stationäre Verhalten der Schaltung. Das zweite Signal ist zeitabhängig und beschreibt den Übergang zwischen den stationären Zuständen (transientes Verhalten der Schaltung partikuläre Lösung der homogenen DGL). Weiter interessieren wir uns nur noch für das stationäre Verhalten daher wollen wir kurz dass stationäre Verhalten der beiden Bauteile Spule und Kondensator untersuchen: Roger Burkhardt [email protected] Algebra 16/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit Differentialgleichungen Stationäres Verhalten einer Spule (Induktivität) Wir legen an eine Spule eine Wechselspannung an und wollen den Stromfluss in der Spule untersuchen: L U q t = U sin t U L t d b I (t) = Usin(ωt) = Uq (t) dt Z Z b 1 1 U b I (t) = UL (t)dt = Usin(ωt)dt = − cos(ωt) L L ωL UL (t) = L Roger Burkhardt [email protected] Algebra 17/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit Differentialgleichungen Bemerkung Wir stellen zwei Ergebnisse in den Vordergrund: Der Strom eilt der Spannung um eine Viertelperiode nach. Das Verhältnis der Amplituden zwischen Spannung und Strom ist konstant und gleich UILL = XL = ωL. Roger Burkhardt [email protected] Algebra 18/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit Differentialgleichungen Stationäres Verhalten eines Kondensators (Kapazität) Wir legen an einen Kondensator eine Wechselspannung an und wollen den Stromfluss im Kondensator untersuchen: C U q t = U sin t UC (t) = I (t) = C 1 C U C t Z b I (t)dt = Usin(ωt) = Uq (t) d d b b UC (t) = C Usin(ωt)dt = ωC Ucos(ωt) dt dt Roger Burkhardt [email protected] Algebra 19/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit Differentialgleichungen Bemerkung Wir stellen zwei Ergebnisse in den Vordergrund: Der Strom eilt der Spannung um eine Viertelperiode vor. Das Verhältnis der Amplituden zwischen Spannung und Strom 1 ist konstant und gleich UICC = XC = ωC . Roger Burkhardt [email protected] Algebra 20/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit komplexen Zahlen (Bildbereich) Berechnung mit komplexen Zahlen (Bildbereich) In diesem Abschnitt betrachten wir nur die stationären Signale (Vernachlässigung des Einschaltverhaltens (transienter Vorgang)) bei Schaltungen die an einer Wechselspannung angeschlossen sind. Anstelle der Berechnung mittels Differentialgleichungen arbeiten wir mit einer Modellwelt für die Grössen und Signale. Da wir wissen, dass alle Signale (Ströme und Spannungen) ebenfalls Wechselgrössen (mit der gleichen Kreisfrequenz wie die Quelle) sind, können wir in einer Modellwelt arbeiten, in der die Zeit nicht mehr vorkommt. Um eine Wechselgrösse (harmonische Schwingung) zu beschreiben sind drei Angaben von Bedeutung. Dies sind: Amplitude der Schwingung, Kreisfrequenz der Schwingung und Anfangsphase der Schwingung. Roger Burkhardt [email protected] Algebra 21/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit komplexen Zahlen (Bildbereich) Da die Kreisfrequenz aller Signale gleich ist, müssen wir diese Grösse nicht in der Modellwelt mitführen. Um die restlichen beiden Grössen zu beschreiben wählen wir nun komplexe Zahlen für die Modellwelt. Eine komplexe Zahl in goniometrischer (oder exponentieller) Darstellung beinhaltet die beiden Informationen BETRAG und ARGUMENT. Nun können wir ein Signal wie folgt durch eine komplexe Zahl (bzw. einen Zeiger) beschreiben: Zeitbereich ⇔ Bildbereich Zeitbereich b f (t) = Asin(ωt + ϕ) Bildbereich (Modellwelt) F = b A sqrt2 cis (ϕ) = b A iϕ sqrt2 e Die Elektrotechniker Arbeiten meist nicht mit den Amplituden sondern mit den Effektivwerten. Bei harmonischen Signalen ist die √ Amplitude des Signals um den Faktor 2 grösser als der Effektivwert. Roger Burkhardt [email protected] Algebra 22/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit komplexen Zahlen (Bildbereich) Bauteile in der Modellwelt Impedanz eines Widerstandes Strom und Spannung an einem Widerstand sind in Phase und das Verhältnis zwischen Strom und Spannung ist durch den Widerstandswert gegeben. Daher definieren wir die Impedanz (Widerstand in der Modellwelt) wie folgt: ZR = R ⇒ UR = ZR IR Impedanz einer Spule Die Spannung eilt in einer Spule dem Strom um eine Viertelperiode vor und das Verhältnis zwischen Strom und Spannung ist durch XL = ωL gegeben. Daher definieren wir die Impedanz wie folgt: ZL = iωL ⇒ UL = ZL IL Roger Burkhardt [email protected] Algebra 23/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit komplexen Zahlen (Bildbereich) Impedanz eines Kondensators Die Spannung eilt in einem Kondensator dem Strom um eine Viertelperiode nach und das Verhältnis zwischen Strom und 1 Spannung ist durch XC = ωC gegeben. Daher definieren wir die 1 Impedanz wie folgt: ZC = −i ωC ⇒ UC = ZC IC Nun können Wechselstromschaltungen in der Modellwelt analog zu Gleichspannungsschaltungen berechnet werden! Beispiel Wir untersuchen die Serieschaltung einer Spule mit einem Widerstand, welche an eine Wechselquelle angeschlossen sind: Zeitbereich Quellspannung: b Uq (t) = Usin(ωt) Roger Burkhardt [email protected] → Bildbereich Quellspannung: Uq = b U √ 2 Algebra 24/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit komplexen Zahlen (Bildbereich) Beispiel (Fortsetzung) Zeitbereich Bildbereich Impedanzen: ZR = R ZL = iωL Zser = ZR + ZL = R + iωL Im Impedanzdiagramm Zser ZL Re ZR Roger Burkhardt [email protected] Algebra 25/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit komplexen Zahlen (Bildbereich) Beispiel (Fortsetzung) Zeitbereich √ Signale: I (t) =√ 2 |I | sin(ωt + arg (I )) UR (t) = √2 |UR | sin(ωt + arg (UR )) UL (t) = 2 |UL | sin(ωt + arg (UL )) Bildbereich Signale: ← Uq Zser b R−iωL U √ 2 R 2 +ω 2 L2 2 b UR = IZR = √U RR 2−iωLR +ω 2 L2 2 2 2 b +iωLR UL = IZL = √U RωR 2L+ω 2 L2 2 I = = ↔ Im Uq Re UL UR Roger Burkhardt [email protected] Algebra I 26/27 Algebra Anwendung komplexer Zahlen in der Wechselstromtechnik Berechnung mit komplexen Zahlen (Bildbereich) Es ergibt sich somit folgendes Verfahren für die komplexe Rechnung: Berechnungsverfahren Zeitbereich Gegebene Signale Grössen und Bildbereich ⇒ Komplexe Beschreibung der gegebenen Signale und Grössen ⇓ (↓) Problem kann mittels DifProblem kann mittels Algeferentialgleichungen direkt bra der komplexen Zahlen gelöst werden! gelöst werden! Gesuchte Lösung! ⇐ Lösung im Bildbereich! Roger Burkhardt [email protected] Algebra 27/27