Mittwoch · 27. November 2013 4. Philharmonisches Konzert Reihe A 20 Uhr · Volkshaus Arnold Schönberg (1874-1951) Kammersinfonie Nr. 2 op. 38 Adagio Con fuoco Robert Schumann (1810-1856) Konzertstück für 4 Hörner F-Dur op. 86 Lebhaft – Sehr lebhaft Romanze. Ziemlich langsam, doch nicht schleppend – Sehr lebhaft Mit großem Ausdruck Pause Ludwig van Beethoven (1770-1827) Sinfonie Nr. 7 A-Dur op. 92 Poco sostenuto – Vivace Allegretto Presto Allegro con brio Dirigent: GMD Marc Tardue Hornquartett: Thomas Hauschild Anna Magdalena Euen Benedikt Euler Konrad Balint Der Dirigent Marc Tardue wurde als Sohn franko-italienischer Eltern in Amerika geboren. Er absolvierte das Peabody Conservatory in Baltimore und studierte anschließend Klavier und Dirigieren, darüber hinaus ist er ausgebildeter Gesangslehrer und Klavierbegleiter. Schon kurz nach Beendigung seiner Studien erhielt er von amerikanischen Choral-, Sinfonie- und Opernensembles Engagements als musikalischer Leiter und Chefdirigent. Von 1982 bis 1984 war Marc Tardue Chefdirigent der National Opera von Reykjavik, 1984 gewann er den internationalen Dirigentenwettbewerb Concours International d’Execution Musicale „Ernest Ansermet“ (CIEM). 1985 übernahm er kurzfristig beim Ensemble Instrumentale de Grenoble Aufführungen der 9. Sinfonie von Beethoven und wurde sowohl vom Publikum wie auch den Musikern dermaßen umjubelt, dass das Orchester ihn anschließend umgehend zum Musikdirektor wählte. Unter seiner Leitung wurde das Repertoire des Klangkörpers um große Sinfonien sowie Chor- und Opernwerke erweitert. Zwischen 1991 bis 2002 war Marc Tardue Chefdirigent des Sinfonieorchesters des Theaters Biel (Schweiz), von 1999 bis 2009 Chefdirigent des Orquestra Nacional do Porto (Portugal), seit 2010 ist er Künstlerischer Leiter und Musikdirektor der Oper Schenkenberg (Schweiz). Als gern gesehener Gastdirigent arbeitet er mit renommierten Orchestern im In- und Ausland zusammen. Für seine künstlerischen Leistungen wurde Marc Tardue mit vielen Preisen und Auszeichnungen geehrt, u.a. erhielt er 1989 den französischen Kulturorden »Chevalier des Arts et des Lettres« und 2004 die »Medalha de Mérito Cultural«, eine der höchsten Ehrungen Portugals. Seit Beginn der Spielzeit 2012/2013 ist Marc Tardue Generalmusikdirektor der Jenaer Philharmonie. Das Ensemble Der 1964 im thüringischen Greiz geborene Thomas Hauschild wuchs in einer musikalischen Familie auf und erhielt ab dem sechsten Lebensjahr Klavierunterricht. Parallel zu seiner sängerischen Tätigkeit als Mitglied des Thomanerchores erhielt er seinen ersten Hornunterricht im Alter von 12 Jahren bei Hermann Märker und später bei Günther Opitz. Während seines Studiums bei Professor Penzel an der Musikhochschule Köln war er kammermusikalisch als Korrepetitor und in Form eines Klavier-Cello-Duos tätig. Seit 1990 ist Thomas Hauschild Mitglied des Staatsorchester Stuttgart. Über mehrere Jahre war Thomas Hauschild Dozent beim Jugend-Festspieltreffen in Bayreuth, bei Kammermusikkursen des Landesmusikrates Baden-Württemberg und bei der Jungen Österreichischen Philharmonie. Seit 1998 wirkte Thomas Hauschild mehrfach bei den Bläsersolisten der Bachakademie Stuttgart und als Kammermusikpianist bei der Rheinischen Philharmonie Koblenz und den Stuttgarter Philharmonikern. Seit Herbst 2001 ist Thomas Hauschild Professor für Horn an der Musikhochschule Leipzig. Anna Magdalena Euen stammt aus Braunschweig und begann schon früh mit Klavier- und Hornunterricht. Im Alter von 10 Jahren wurde sie Mitglied des Jugendsinfonieorchesters der städtischen Musikschule Braunschweig, später Mitglied im Landesjugendblasorchester Niedersachsen. Sie war mehrfache Preisträgerin beim Bundeswettbewerb »Jugend musiziert« mit Horn und Klavier. Im Alter von 13 Jahren wurde sie Studentin des Instituts für Frühförderung musikalisch Hochbegabter der Hochschule für Musik und Theater Hannover und war Mitglied sowohl im Niedersächsischen Jugendsinfonieorchester als auch im Niedersächsischen Blechbläserensemble. Es folgten mehrere Preisträgerkonzerte und noch vor dem Abitur ein Konzert als Solistin mit dem Orchester des Bayrischen Rundfunks München. Parallel zum Studium an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig sammelte Anna Magdalena Euen Praxiserfahrung bei der Jungen Deutschen Philharmonie, an der Staatsoper Hannover, beim Gustav-Mahler-Jugendorchester und bei der NDR Radiophilharmonie Hannover. Seit Januar 2011 ist Anna Magdalena Euen stellvertretende Solohornistin der Jenaer Philharmonie. Benedikt Euler wurde 1985 in Viersen geboren. Im Herbst 2006 begann er mit dem Studium in der Hornklasse von Prof. Thomas Hauschild an der Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn-Bartholdy« in Leipzig. Er besuchte zahlreiche Meisterkurse, u.a. bei Erich Penzel, Hermann Baumann, Marie-Luise Neunecker und Christian Lampert. In der Spielzeit 2007/08 hatte er für ein Jahr ein Engagement bei der Niedersächsischen Staatsoper Hannover, spielte danach auch als Aushilfe bei der Staatskapelle Halle, der Staatskapelle Weimar, dem Orchester der Staatsoper Stuttgart sowie der Staatskapelle Dresden. Im Jahr 2009 wurde er Mitglied der Jungen Deutschen Philharmonie. Seit Januar 2010 ist er als Hornist bei der Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz tätig, seit Beginn der Spielzeit 2011/12 als Solohornist. Neben seiner Orchestertätigkeit pflegt er Auftritte als Solist, unter anderem spielte er 2012 Robert Schumanns »Konzertstück für 4 Hörner« mit der Staatskapelle Halle sowie Josef Haydns Hornkonzert mit der Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz. Konrad Balint, 1984 in Greifswald geboren, erhielt seine musikalische Ausbildung in den Fächern Waldhorn, Klavier und Musiktheorie von 1993 – 2003 an der Musikschule in Magdeburg. In den Jahren 2000 und 2003 nahm er am Bundeswettbewerb »Jugend Musiziert« teil, war ab 2003 Mitglied des Landesjugendorchesters Sachsen Anhalt sowie 2005 bis 2006 Mitglied im Wehrbereichsmusikkorps Lüneburg. Zeitgleich erhielt er Instrumentalunterricht bei Theo Wiemes. Im Oktober 2006 begann Konrad Balint sein Studium an der Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« in Leipzig bei Prof. Thomas Hauschild; im April 2008 folgten Meisterkurse bei Prof. Erich Penzel sowie Prof. Christian Lampert. Orchestererfahrungen sammelte u. a im Hochschulorchester, in der »Summer Academy« des Nationaal Jeugd Orkest in den Niederlanden, beim Schleswig Holstein Musikfestival, in der Rostocker Philharmonie, an der Staatsoper Hamburg, dem Staatstheater Cottbus, an der Staatskapelle Halle sowie bei den Niederrheinischen Sinfonikern. Die Komponisten und ihre Werke Das musikalisch faszinierende Konzertstück für vier Hörner von Robert Schumann – ein origineller und seltener Beitrag zur konzertanten Gattung – steht im Zentrum des Konzerts. Umrahmt wird es von Arnold Schönbergs Kammersinfonie, die in der vor-atonalen Phase verwurzelt ist sowie der Sinfonie Nr. 7 von Ludwig van Beethoven. Anfang August 1906, gleich nach der Fertigstellung seiner ersten Kammersinfonie, beginnt Arnold Schönberg mit der Komposition an seiner Kammersinfonie Nr. 2 op. 38 im idyllischen Rottach-Egern am Starnberger See in Bayern. Hinsichtlich der musikalischen Form, des motivisch-thematischen Materials und der Harmonik beschreitet Schönberg an dieser Stelle Neuland. An die Stelle der Einsätzigkeit der ersten Kammersinfonie tritt nun eine Mehrsätzigkeit. Die dreiteilige Anlage verwirft Schönberg jedoch zugunsten eines Adagios und eines weiteren Satzes Con fuoco. Zudem präsentiert Schönberg in der 2. Kammersinfonie eine Überfülle an thematischem Material; die Komposition bleibt im Ganzen in der voratonalen Phase verwurzelt. Im Sommer bricht Schönberg die Arbeit an seiner Kammersinfonie ab und nahm diese erst knapp vier Jahre später in Berlin wieder auf; eine erneute Unterbrechung von mehreren Jahren folgte. Es sollte bis zum Jahre 1940 dauern, bis die 2. Kammersinfonie von Fritz Stiedry in New York uraufgeführt wurde. Besonders die harmonischen Parallelismen des ersten Satzes unterstreichen die tonal angelegte Musik der 2. Kammersinfonie. Spannung erzeugt Schönberg durch eine motivisch und rhythmisch stark ausgeprägte Musiksprache. Arnold Schönberg kommentiert dies wie folgt: »Eine Sehnsucht zu dem älteren Stil zurück zu kehren, war immer mächtig in mir, und von Zeit zu Zeit mußte ich diesem Drang nachgeben. Also schreibe ich manchmal tonale Musik. (…) Ich weiß nicht, welche von meinen Kompositionen besser sind; sie gefallen mir alle, weil sie mir gefielen, als ich sie schrieb.« Als ein kurioses Stück, aber auch als eines seiner besten, bezeichnete Robert Schumann sein Konzertstück für 4 Hörner F-Dur op. 86, welches im Jahr 1849 entsteht. Schumann stellt dem Orchester – ganz in der Concerto-grosso-Tradition – ein Hornquartett gegenüber. Die ungewöhnliche Solobesetzung verleiht der Komposition Glanz und Frische. Zwei Einleitungsschläge eröffnen den ersten Satz, bevor die Hörner ein aufsteigendes Triolen-Motiv intonieren. Hornquartett und Orchestertutti werfen sich die musikalischen Ideen hin und her. Die bereits vorgestellte Triolenfigur leitet über zum Seitensatz, welcher von den Hörnern gestaltet wird. Es folgt eine Verarbeitung des motivischen Materials, wobei das Triolenmotiv weiterhin eine zentrale Rolle zugewiesen bekommt. Zum Ende des ersten Satzes führt Schumann unerwartet eine neue Melodie in den Hörnern ein, welche von den Streichern begleitet wird. Eine einfache Melodie steht am Beginn der dreiteiligen Romanze; diese wird von zwei Hörnern aufgenommen und von der Posaune intensiviert. Schumann verdichtet in der Folge die Harmonik und führt Orchester Hörner und Holzbläser zusammen. Ein dreimaliges Trompetensignal leitet ohne Unterbrechung über in den dritten Satz. Aus diesem Trompetensignal gewinnt Schumann den Rhythmus sowie eine Sechzehntelfigur in den Hörnern. In der Durchführung bezieht sich Schumann auf den Mittelteil der Romanze und zeigt die gesamte Bandbreite der Instrumentation und Satzstruktur. Von Richard Wagner als »Apotheose«, als Verherrlichung des Tanzes bezeichnet, handelt es sich bei der Sinfonie Nr. 7 A-Dur op. 92 von Ludwig van Beethoven, wie schon bei den Sinfonien eins bis vier um absolute Musik; sie folgt somit weder einer bestimmten Idee noch einem Programm. Prägendes Element ist vielmehr der Rhythmus, welcher der Sinfonie ihren freudigen, lebensbejahenden Charakter verleiht. Theodor W. Adorno ließ sich sogar zu der Äußerung hinreißen, sie sei die Sinfonie par excellence. Auch Kritiker und Publikum sind von der Qualität der Komposition überzeugt und nehmen das Werk, im Gegensatz zu seinem Violinkonzert, mit Begeisterung auf. Der Rezensent der Uraufführung notiert in der Wiener allgemeinen musikalischen Zeitung folgendes: »Die Classizität der Symphonien des Hrn. V. Beethoven, des größten Instrumental-Componisten unserer Zeit, ist anerkannt. Diese neueste erwirbt dem genialen Verfasser nicht geringere Bewunderung, als die ältern, vielleicht ist es sogar ein wichtiger Vorzug, den sie vor diesen behauptet, dass sie, ohne ihnen in der Künstlichkeit des Satzes nachzustehen, in allen Teilen so klar, in jedem Thema so gefällig und leicht fasslich ist, dass jeder Musikfreund, ohne eben Kenner zu seyn, von ihrer Schönheit mächtig angezogen wird, und zur Begeisterung entglüht«. Beethovens »Siebte« entsteht parallel zu seiner 8. Sinfonie; erste Skizzen reichen dabei bis 1805 beziehungsweise 1806 zurück. Die endgültige Ausarbeitung erfolgt schließlich von Herbst 1811 bis Frühjahr 1812. Dem Kunstsammler und Mitinhaber eines angesehenen Wiener Bankhauses, dem Reichsgrafen Moritz von Fries gewidmet, wird die Sinfonie im Dezember 1813 im Rahmen einer »Großen Akademie« in der Aula der Wiener Universität unter der Leitung von Beethoven selbst und mit namhaften Musikern wie Ignaz Moscheles, Louis Spohr, Johann Nepomuk Hummel, Giacomo Meyerbeer und Antonio Salieri und rund 500 weiteren Zuhörern uraufgeführt. Mit vier kurzen Akkorden im Orchestertutti eröffnet Beethoven den ersten Satz der siebten Sinfonie. Oboe, Klarinette, Horn und Fagott spielen sich das viertönige Motiv zu, wobei die gesamte Einleitung in einem langsamen Tempo gehalten wird. Kontrastierend zum ersten, setzt Beethoven ein zweites Motiv in Tonleiterketten und schiebt sogleich nach einer kurzen Pause ein drittes nach, um mit dem thematischen Material in der Folge spielen und experimentieren zu können, bevor ein Wandel vom 4/4-Takt in einen 6/8-Takt in den Streichern vollzogen wird. Hieraus entspringt das Hauptthema des Satzes, welches zunächst von den Holzbläsern intoniert und anschließend von den ersten Violinen im Fortissimo aufgenommen wird. Diese rhythmische Prägnanz ist fundamental für den weiteren Verlauf der gesamten Sinfonie und bleibt von nun an ständig im Vordergrund; aus ihr werden sämtliche Themen und sogar die Melodie abgeleitet. Die Exposition endet mit dem Hauptthema im Fortissimo – es folgt eine zweitaktige Generalpause. Unisono-Schläge der Streicher, begleitet von den Bläsern führen zur Durchführung, wobei die ersten Violinen konsequent den Rhythmus des Hauptthemas beibehalten. Beethoven entwickelt fortwährend neues thematisches Material, ohne den Grundrhythmus aus dem Auge zu verlieren: Alle Streicher und Holzbläser bleiben diesem treu und bereiten die Grundlage für eine enorme Steigerung, welche in berauschenden Skalen gipfelt. In diesem ständigen Vorwärtsdrängen entwickelt sich ein Dialog zwischen den beiden Orchestergruppen, der im Hauptthemenkopf des Satzes endet, das gesamte Werk jedoch noch offen lässt. Der zweite Satz, welcher bei der Uraufführung wiederholt werden musste, orientiert sich ebenfalls an einem zweitaktigen Grundrhythmus. Dem Hauptthema stellt Beethoven ein weiteres Thema in den Bratschen und den Celli gegenüber und lässt es durch die Instrumentengruppen wandern und dynamisch kontinuierlich steigern. Während die Klarinetten das thematische Material weiter fortführen beginnt ein Prozess der Ausdünnung der unterschiedlichen Themenkomplexe – am Ende des Satzes zerfällt es in seine Bestandteile und steigt von der Höhe in die Tiefe. Teile des Hauptthemas lassen diesen Abschnitt so ausklingen, wie er begonnen hat. Geradezu übermütig und freudig wirkt der Beginn des Scherzos in seinem schnellem Tempo und seinem auf- und absteigenden Staccato. Einzelne Thementeile erinnern immer wieder an das Hauptthema. Im Trio geht es anschließend etwas ruhiger zu, Fagotte und Hörner artikulieren eine liedhafte Passage. In der Coda erklingen nochmals mehrere Takte des TrioThemas, bevor fünf Tuttischläge des Orchesters das Satzende verkünden. Die ersten Violinen, Celli, Bässe, Blechbläser und Pauken kündigen das rauschende Finale an. Beethoven lässt den Themen freien Lauf, setzt noch ein weiteres hinzu und steigert sie ständig durch einzelne Motivabspaltungen – im Jubel und Taumel endet das Werk. Text: Markus Pietrass