Himmelserscheinungen im Januar: Ein flüchtiger Bote vom Rand des Sonnensystems - Wissenschaft Hintergründe - NZZ.ch NZZ.CH WISSENSCHAFT Himmelserscheinungen im Januar Ein flüchtiger Bote vom Rand des Sonnensystems Von Felicitas Mokler Nach der Wintersonnenwende am 22. Dezember werden die Tage nun wieder länger. Jedoch sind die Nächte im Januar noch lang genug für ausgiebige Streifzüge am Firmament. Vor allem hält der Monat oftmals die zwar kältesten, aber klarsten Beobachtungsstunden bereit. Dabei wartet der Winterhimmel mit einigen besonders schönen Konstellationen auf. Im Westen neigt sich Pegasus zu Beginn der Nacht gen Horizont, ebenso das Tierkreisbild Fische. Hoch im Süden finden wir den Fuhrmann und in seiner Nähe auf der Ekliptik den Stier mit seinem blutunterlaufenen Auge, dem rötlich schimmernden Aldebaran. In dieser Konstellation fällt auch die Sterngruppierung der Hyaden auf, nicht weit davon erstrahlen die Plejaden. Unterhalb von Fuhrmann und Stier sticht der Himmelsjäger Orion hervor. Seite 1 Himmelserscheinungen im Januar: Ein flüchtiger Bote vom Rand des Sonnensystems - Wissenschaft Hintergründe - NZZ.ch Höher im Südosten folgen die Zwillinge mit den beiden Hauptsternen Kastor und Pollux. Im Osten steigt bereits der Löwe empor. Hoch im Westen steht Kassiopeia, im Nordosten finden wir den Grossen Bären, dessen Teilbild der Grosse Wagen ist. Auch wenn der Winterhimmel mit einigen ausgesprochen hellen Sternbildern selbst in Stadtnähe beeindrucken kann, suchen wir ausgerüstet mit einem Feldstecher ein dunkles Fleckchen auf. Denn zurzeit wandert ein neuer Komet über das Firmament, und den wollen wir uns nicht entgehen lassen. C/2014 Q2 Lovejoy steht zu Monatsanfang unterhalb des Orion im Sternbild Hase. Kern und Koma des Schweifsterns sind im Fernglas deutlich erkennbar. Unter extrem guten atmosphärischen Bedingungen und mit geübtem Blick wurde er auch bereits mit blossem Auge gesichtet. Der Schweif zeigt sich bis jetzt jedoch nur auf entsprechend lang belichteten Fotoaufnahmen. Der Komet C/2014 Q2 Lovejoy. Die Aufnahme wurde am 27. November mit einem Astrographen in Namibia gemacht. (Gerlad Rhemann) Kurz nachdem der Hobbyastronom Terry Lovejoy C/2014 Q2 im August 2014 im südlichen Sternbild Puppis entdeckte hatte, sagte man dem Kometen eine eher bescheidene Entwicklung voraus. Inzwischen ist seine Helligkeit jedoch deutlich stärker angestiegen als erwartet. Und bis Q2 Lovejoy seinen sonnennächsten Punkt, das Perihel, am 30. Januar erreicht, wird sie sich auch noch weiter steigern. So steht der beste Beobachtungszeitraum noch bevor; er ist etwa zwischen dem 9. und dem 16. Januar zu erwarten. Dann könnte der Komet auch für jedermann mit blossem Auge sichtbar werden. Zuvor und danach stört unter anderem das Mondlicht. Im Laufe der nächsten Tage wird Lovejoy das Sternbild Orion im Westen passieren; dann durchläuft er zunächst das Tierkreisbild Stier und tritt schliesslich in den Widder über. Doch woher stammen Kometen überhaupt? In grosser Entfernung ist das Sonnensystem von Material umgeben, das aus seiner Entstehungsphase in ursprünglicher Form erhalten ist. Kohlenstoffverbindungen, Gesteine und Eise Seite 2 Himmelserscheinungen im Januar: Ein flüchtiger Bote vom Rand des Sonnensystems - Wissenschaft Hintergründe - NZZ.ch sind dort zu einigen Kilometern grossen Agglomeraten zusammengeballt. Ein Teil dieser Materie bildet den Kuiper-Gürtel, der sich über eine Entfernung von etwa 30 bis 50 Astronomischen Einheiten (1 AE entspricht der mittleren Entfernung zwischen Erde und Sonne) erstreckt. Deutlich weiter hinaus reicht die sogenannte Oortsche Wolke, die vermutlich das Sonnensystem umgibt. Ihre Ausdehnung wird auf bis zu 1,6 Lichtjahre geschätzt. Durch den Einfluss von Gezeitenkräften gelangt aus diesem Bereich gelegentlich ein urzeitlicher Brocken auf eine bisweilen periodische Umlaufbahn ins Innere des Sonnensystems. Q2 Lovejoy entstammt der Oortschen Wolke. Während sich der schmutzige Eisbrocken auf seiner Bahn der Sonne nähert, wird er immer stärker der Strahlung unseres Tagesgestirns ausgesetzt. Das Material an der Oberfläche beginnt zu sublimieren. Um den festen Kometenkern bildet sich eine Hülle aus Gas und kleineren Staubpartikeln, die Koma. Sie kann sich bis zu einigen Millionen Kilometern ausdehnen. Je näher der Komet der Sonne kommt, umso mehr Material verdampft von der Oberfläche, und es lösen sich schliesslich auch grössere Staubpartikel ab. Ist der Komet innerhalb der Marsbahn angekommen, werden Sonnenwind und Strahlungsdruck so stark, dass Gasmoleküle und Staubteilchen aus der Komazone herausgedrückt werden – es bildet sich ein Schweif aus. Je nach Bewegungsrichtung des Kometen kann sich der Schweif auch in einen Plasmaschweif aus Gasmolekülen und einen Staubschweif auffächern. ▶ Lauf des Mondes: Am 5. Januar steht der Vollmond in den Zwillingen, am 13. ist der abnehmende Halbmond im Tierkreissternbild Jungfrau zu sehen. Zu Neumond befindet sich der Erdtrabant am 20. des Monats im Steinbock, am 27. Januar steht der zunehmende Vollmond im Walfisch. ▶ Lauf der Planeten: Um die Monatsmitte herum lässt sich der lichtschwache Merkur tief am Südwesthorizont in der Abenddämmerung auffinden; nicht viel höher erstrahlt die helle Venus, die als «Abendstern» den ganzen Monat über sichtbar ist. Weniger hell, aber dennoch gut am Abendhimmel zu erkennen, ist der rötlich schimmernde Mars. Jupiter geht abends im Osten auf und ist die ganze Nach über zu sehen – eine gute Gelegenheit, mit einem Feldstecher oder auch einem kleinen Teleskop den Tanz der vier Galileischen Monde um den Riesenplaneten zu verfolgen. Saturn gibt vor Beginn der Morgendämmerung im Südosten sein Gastspiel. Uranus steht weiterhin in den Fischen, Neptun im Wassermann. Seite 3