Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich Departement 2 / Psychomotoriktherapie 0609 Wissenschaftliche Arbeit: Bachelor-Arbeit Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche Psychomotoriktherapie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie als pädagogisch-therapeutisches Konzept zur Behandlung von Patienten mit Störung im Sozialverhalten Eingereicht von: Simone Rüegg & Angela Wyler Begleitung: Beatrice Uehli Stauffer Datum der Abgabe: 12.02.2009 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Abstract Im Rahmen unserer Bachelorarbeit an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik schreiben wir über die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche und die psychomotorische Arbeit mit Patienten der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Wir fragen danach, wie Herzka und Hüther die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche beschreiben und wie in Kinder- und Jugendpsychiatrien in Hamm, Amersfoort und Basel in der Psychomotoriktherapie gearbeitet wird. Weiter beschäftigen wir uns mit dem Erscheinungsbild der Störung des Sozialverhaltens, den Zielen in der Arbeit mit betroffenen Patienten und den Möglichkeiten, mittels psychomotorischer Spielideen daran zu arbeiten. Wir beantworten die Fragestellungen mittels Literaturrecherchen, Fragebogen und eigenen Erfahrungen. Im Weiteren entstehen psychomotorische Spielideen in acht Phasen, welche nach Zielen orientiert sind und aufeinander aufbauen. 2/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Inhaltsverzeichnis 1 2 Einleitung 7 1.1 Persönlicher Bezug zur Fragestellung 7 1.2 Erläuterung und Begründung der Themenwahl 9 1.3 Genaue Formulierung der Forschungsfragen 10 1.4 Rahmenbedingungen 11 1.5 Forschungsmethoden 11 Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche 14 2.1 Einleitung 14 2.2 Die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche nach Herzka 14 2.2.1 Heinz-Stefan Herzka 14 2.2.2 Das dialogische Konzept von Psyche und Körper 15 2.2.3 Schlussfolgerung für die Psychomotoriktherapie 19 2.2.4 Persönliche Stellungnahme 20 2.3 2.4 Embodiment nach Hüther 22 2.3.1 Gerald Hüther 22 2.3.2 Prinzip des Embodiment 22 2.3.3 Die Wechselbeziehung zwischen Körper und Psyche aus neurobiologischer Sicht 23 2.3.4 Schlussfolgerung für die Psychomotoriktherapie 29 2.3.5 Persönliche Stellungnahme 30 Erkenntnisse zur Wechselwirkung zwischen Psyche und Körper nach Herzka und Hüther 3 31 Psychomotoriktherapie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie 33 3.1 Einleitung 33 3.2 Beispiele der Psychomotoriktherapie in Kinder- und Jugendpsychiatrien 3.3 im Ausland 33 3.2.1 LWL Klinik in Hamm, Deutschland 33 3.2.2 Symfora Groep in Amersfoort, Holland 38 Aktuelle Lage der Psychomotoriktherapie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Schweiz 40 3.3.1 40 Beschäftigungslage der Psychomotoriktherapie im KJPK Basel 3/84 Bachelor-These 3.3.2 3.4 Simone Rüegg & Angela Wyler Persönliche Stellungnahme Erkenntnisse aus den Beispielen der Psychomotoriktherapie in Kinderund Jugendpsychiatrien 4 42 Störung im Sozialverhalten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie 43 4.1 Begründung der Themenwahl 43 4.2 Definition 44 4.3 Klassifikation 44 4.3.1 Klinisch-kategoriale Ansätze 44 4.3.2 Empirisch-taxonomische Ansätze 45 4.4 Diagnostik 4.4.1 4.4.2 47 Kriterien zur Diagnose der Störung des Sozialverhaltens nach ICD-10 4.4.3 47 Kriterien zur Diagnose der Störung des Sozialverhaltens nach DSM-IV 47 Inhaltliche Unterschiede zwischen DSM-IV und ICD-10 bezogen auf die Störungen im Sozialverhalten 48 4.5 Häufigkeit 48 4.6 Komorbidität 49 4.7 Ätiologie 49 4.7.1 Konstitutionelle Faktoren 49 4.7.2 Soziale und familiäre Faktoren 49 4.7.3 Peer Gruppe und Schule 50 4.7.4 Massenmedien 50 4.8 5 41 Verlauf 50 Psychomotorische Spielideen zur Behandlung von Patienten mit Störungen im Sozialverhalten 51 5.1 Eingrenzung des Themas 51 5.2 Theoretische Ableitung der Interventionen 52 5.3 Anleitung zu den psychomotorischen Spielideen in acht Phasen 53 5.4 Psychomotorische Spielideen 55 5.4.1 Phase 1 55 5.4.2 Phase 2 58 5.4.3 Phase 3 60 4/84 Bachelor-These 5.5 6 Simone Rüegg & Angela Wyler 5.4.4 Phase 4 62 5.4.5 Phase 5 65 5.4.6 Phase 6 67 5.4.7 Phase 7 70 5.4.8 Phase 8 72 Diskussion der psychomotorischen Spielideen Schlussdiskussion 6.1 75 76 Wichtigste Ergebnisse unserer Arbeit in Bezug auf unsere Fragestellungen 76 6.2 Kritische Diskussion unserer Arbeit 79 6.3 Konsequenzen und Schlussfolgerungen für die pädagogisch- 6.4 therapeutische Praxis 79 Visionen 80 5/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Vorwort Wir bedanken uns herzlich für die Unterstützung durch Beatrice Uehli Stauffer. Sie nahm unsere Anliegen ernst und stand uns bei Fragen stets zur Verfügung. Weiterer Dank geht an alle Damen und Herren, die uns beim Erstellen unserer Arbeit unterstützt haben, sei dies beim Gegenlesen, bei der Formatierung oder beim Ausdrucken und Binden. 6/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 1 Einleitung 1.1 Persönlicher Bezug zur Fragestellung Die Themengebiete der Kinder- und Jugendpsychiatrie und der Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche haben uns beide aus persönlichen Gründen interessiert. Sie schienen für uns in der Praxis untrennbar voneinander zu sein. In der Zeit vor dem Studium der Psychomotoriktherapie an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik in Zürich arbeiteten wir beide im Klinischen Bereich und hatten da Berührung mit der Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche. Diese Erfahrungen prägten uns stark. Simone Rüegg war im Kindergarten des Kinderspitals Zürich tätig, wo Kinder oft körperlich und psychisch stark belastet waren. Sie machte dort die Erfahrung, dass sich die Kinder mit Zuwendung, Akzeptanz und Freude am Spiel während diesen Stunden als selbstwirksam erleben konnten. Dadurch konnte die psychische Verfassung stark verbessert werden. Die Kinder sagten jeweils, die Kindergartenstunde sei ihre “Sternstunde des Tages“ gewesen. Von Seiten der Eltern waren ebenfalls positive Rückmeldungen zu vernehmen. In einem Pflegepraktikum mit Erwachsenen in der Hirslanden Klinik in Zürich wurde im täglichen Kontakt mit den Patienten deutlich, dass sich körperliche Belastungen stark auf die Psyche niederschlagen. Die Patienten zeigten beispielsweise aggressives Verhalten oder schienen deprimiert, wenn sie tagelang an ihr Bett gebunden waren. Angela Wyler arbeitete in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Rüfenach. Sie konnte dort den Alltag mit psychisch kranken Kindern und Jugendlichen gestalten und hautnah miterleben. Ihr wurde vor allem in der Freizeitgestaltung der Patienten bewusst, wie wichtig Bewegung und das Ausleben der Kreativität für das Wohlbefinden der Patienten sind. Im Weiteren weckte diese Zeit bei ihr ein grosses Interesse an psychischen Krankheiten und deren Therapiemöglichkeiten – vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Das Studium an der Hochschule für Heilpädagogik und dessen Curricula mit Fächern wie Psychologie (Entwicklungspsychologie, Grundströmungen, Lern- und WahrnehmungsPsychologie), Entwicklungstheorien (Psychosoziale Entwicklung und Beobachtung), Entwicklungsstörungen (im emotionalen und sozialen Erleben und Verhalten) sowie Medizin (Anatomie und Physiologie, Entwicklungspsychopathologie, Neurophysiologie, Neuroanatomie und Sinnesphysiologie) konnte uns dafür begeistern, uns weiter mit diesen Themen auseinander zu setzen. 7/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Mit dem erworbenen Basiswissen in den oben genannten Fächern trauen wir uns zu, unsere Bachelorarbeit im Themengebiet der Medizin und der Psychologie, sprich der Psychiatrie, zu schreiben. Im Rahmen einer Studienreise hatten wir die Möglichkeit, eine Psychiatrie der Symfora Groep in Amersfoort (NL) zu besuchen. Dort konnten wir die psychomotorische Arbeit in der Psychiatrie kennen lernen. Dies motivierte uns, ein Praktikum im klinischen Bereich zu suchen. Wir weiteten die Suche in den deutschsprachigen Raum im Ausland aus, da sich in der Schweiz keine Möglichkeiten eröffneten. Wir bekamen die Möglichkeit, an die Wurzeln der Psychomotorik im klinischen Bereich zu gehen und ein Praktikum in der LWL Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hamm (D) zu absolvieren. Diese in Deutschland gewonnenen Erfahrungen möchten wir gerne in unsere Arbeit einfliessen lassen. Wir verwenden in unserer Arbeit den Begriff der “Patienten“ in der männlichen Mehrzahl. Im Berufsfeld der Psychiatrie wird vor allem der Begriff des Patienten gebraucht. Er beschreibt eine vom Arzt oder angehörige anderer Heilberufe behandelte Person (vgl. Wermke, KunkelRazum & Scholze-Stubenrecht, 2007). Da wir uns in unserer Arbeit vertieft mit dem Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie beschäftigen, wählten wir diesen klinisch gefärbten Begriff. Wir wählten ihn in männlicher Mehrzahl, um den Text leserlicher zu gestalten, meinen damit aber stets weibliche und männliche Personen. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie trifft man zudem zu einem grösseren Teil männliche Patienten an. Auch dies bewog uns, die männliche Form zu wählen. Psychomotoriktherapie verstehen wir, in Anlehnung an die Begriffsdefinition der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik, wie folgt: „Bei der Psychomotoriktherapie handelt es sich um ein pädagogisch-therapeutisches Konzept der kindlichen Entwicklungsförderung, bei dem Spiel und Bewegung als zentrale Erfahrungs- und Interaktionsmedien eingesetzt werden. Ziel ist eine ganzheitliche Förderung der Persönlichkeitsentwicklung in den Dimensionen Ich-, Sach- und Sozialkompetenz“ (Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik, 2009). Wir sprechen ebenfalls, um die Leserlichkeit zu unterstützen, nur von (Psychomotorik-) Therapeuten und meinen damit jeweils (Psychomotorik-)Therapeutinnen und (Psychomotorik-)Therapeuten. 8/84 Bachelor-These 1.2 Simone Rüegg & Angela Wyler Erläuterung und Begründung der Themenwahl Wie es in unserer Berufsbezeichnung schon anklingt, werden Körper und Psyche als Ganzes oder in Wechselwirkung stehende Teile eines Ganzen verstanden. In der alltäglichen Erfahrung scheint dies selbstverständlich und auch in der Sprache finden sich zahlreiche Redewendungen, welche dieses Zusammenspiel ausdrücken, wie zum Beispiel: “Dies (Problem, Konflikt) schlägt mir auf den Magen.“ Gleichzeitig werden auf der Sachebene jedoch Körper und Psyche noch getrennt dargestellt und behandelt, was einige Nachteile mit sich bringt. Unter anderem führt dies dazu, dass in der Medizin teilweise die Psyche vernachlässigt wird, während in der Psychiatrie der Körper wenig Beachtung findet. Wir entschieden uns, wegen den genannten einseitigen Sichtweisen, uns mit einem bestehenden Konzept und einem Prinzip auseinanderzusetzen: zum einen mit dem Konzept der Dialogik von Herzka (1992, 2004, 2005) und zum anderen mit dem Prinzip des Embodiment aus neurobiologischer Sicht nach Hüther (Storch, Cantieni, Hüther & Tschacher, 2006). Herzka spielt eine wichtige Rolle in der Psychiatrie für Kinder und Jugendliche der Schweiz. Er kennt das Gebiet ausgezeichnet und ist einer der herausragendsten Spezialisten der Kinder- und Jugendpsychiatrie unseres Landes. Mit seinen vielen Veröffentlichungen und Vorträgen prägt er das Denken der Menschen, die sich mit den Schwierigkeiten psychisch belasteter Kinder und Jugendlichen auseinandersetzen. Neben seinen supervisorischen Aufgaben bei Psychomotoriktherapeuten ist er auch als Dozent an der Hochschule für Heilpädagogik tätig und vermittelt dort Psychomotoriktherapeuten sein Wissen. Somit verfügt er über ein enormes Hintergrundwissen über Psychomotoriktherapie. Er beschäftigt sich schon lange mit dem Zusammenspiel zwischen Körper und Psyche und vertritt eine dialogische Auffassung, die von einem Zwei-Einheiten-Denken ausgeht, wie später genauer beschrieben wird. Er scheint uns ein idealer Bezugspunkt für unsere Arbeit, da sich wahrscheinlich kaum jemand so gut mit den Eigenschaften der Schweizer Kinder- und Jugendpsychiatrie, sowie der aktuellen Lage der Psychomotoriktherapie in der Schweiz auskennt. Herzka beschreibt die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche interessant. Er beleuchtet die gegenseitige Abhängigkeit von Körper und Psyche in der Entwicklung, die Bedeutung der Motorik, sowie Zusammenhänge zwischen Pathologien und motorischen Auffälligkeiten. Dies konnten wir sehr gut als Theorieinhalte für unsere Arbeit nutzen. 9/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Weiter entschieden wir uns dazu, das Prinzip des Embodiment nach Hüther genauer zu erläutern, weil einerseits das Prinzip des Embodiment, aber auch die Psychomotoriktherapie davon ausgehen, dass es ein Wechselspiel zwischen Psyche und Körper gibt. Hüther ist einer der führenden Neurobiologen. Er argumentiert auf neurobiologischer Ebene und kann die Ursachen und Zusammenhänge von Körper und Psyche auf dieser Ebene erläutern. Dies schien uns für unsere Arbeit sehr interessant, da die Medizin häufig entweder nur die Seite der Psyche oder die des Köpers analysiert. Hüther arbeitet an mehreren wissenschaftlichen Studien zu solchen Vorgängen, was unsere Aufmerksamkeit auf ihn lenkte. Im Umfeld der Psychiatrie ist es wichtig, auf der neurobiologischer Ebene zu argumentieren und erklären zu können, dass ein Wechselspiel zwischen Psyche und Körper besteht, denn diese medizinisch orientierte Fachrichtung beschäftigt sich ebenfalls mit Neurobiologie. Die Psychomotoriktherapie arbeitet im therapeutischen Prozess unter Berücksichtigung dieses Wechselspiels. Hüther beschreibt, dass er die motorische Ebene als einen sehr guten Zugang zur sensorischen und affektiven Ebene eines Menschen ansieht. Da Psychomotoriktherapie Spiel und Bewegung als Zugangsmedium zum Menschen betrachtet, stimmen wir dort sehr mit seinen Ansichten überein. Hüther ist auch der Meinung, dass unsere Kultur von einer Trennung zwischen Körper und Psyche geprägt ist. Er beschreibt das Erstaunen des Einzelnen, wenn er sich der Wechselwirkung bewusst wird und ist der Meinung, wir sollten uns auf die Einheit besinnen. Das verstärkte Interesse an der Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche führte uns zurück in den klinischen Bereich. Bei uns stellte sich die Frage, weshalb die Psychomotoriktherapie in diesem Gebiet noch nicht Fuss gefasst hat, da wir sie als ideale Therapiemöglichkeit, besonders für das klinische Arbeitsfeld, ansehen. Auf Grund dessen möchten wir in dieser Arbeit beschreiben, wie die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche aussieht, wo in der klinischen Praxis die Psychomotoriktherapie bereits Berücksichtigung findet. Wir möchten herleiten, wie wir an der konkreten Diagnose der “Störung im Sozialverhalten“ psychomotorisch ansetzten würden. 1.3 Genaue Formulierung der Forschungsfragen Für unsere Bachelorarbeit ergaben sich folgende Fragestellungen: − Welche Argumente aus dem Konzept der Dialogik von Herzka und dem Prinzip des Embodiment von Hüther machen eine relevante Aussage über die Wechselwirkung 10/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler zwischen Körper und Psyche und lassen sich in Bezug zur Psychomotoriktherapie setzen? − Wie gestaltet sich die psychomotorische Arbeit in Kinder- und Jugendpsychiatrien in Hamm (D), Amersfoort (NL) und Basel (CH)? − Wie lässt sich die Diagnose „Störung im Sozialverhalten“ in der Kinder- und Jugendpsychiatrie beschreiben und welche Ziele lassen sich in der Therapie mittels eigener psychomotorischer Spielideen erreichen? 1.4 Rahmenbedingungen Im Rahmen unserer Ausbildung an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik in Zürich, genauer im Studiengang Psychomotoriktherapie, schreiben wir eine wissenschaftliche Bachelorarbeit. Diese wird im Zeitraum von Sommer 2008 bis Februar 2009 verfasst werden. Für allfällige Kosten kommen die Verfasserinnen selbst auf. An der Hochschule für Heilpädagogik werden wir von Dr. phil. Beatrice Uehli Stauffer begleitet und unterstützt. 1.5 Forschungsmethoden Im Kapitel 2, in der Auseinandersetzung mit der Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche, nahmen wir als erstes eine Analyse der vorhandenen Literatur vor. Da sich die Auswahl zu diesem Thema als sehr breit erwies und das Thema von sehr verschiedenen Standpunkten her beleuchtet wurde, beschränkten wir uns auf zwei ausgewählte Sichtweisen. Das Themengebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie umfasst im Wesentlichen die Bereiche der Psychologie und Medizin. Aufgrund dessen entschieden wir uns für Literatur aus diesen beiden Bereichen. Herzka beschreibt aus psychologischer Sichtweise die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche und nimmt Bezug zur Psychomotorik, dies überzeugte uns sehr (Herzka, 1992, 2004, 2005). Anhand einer Dokumentenanalyse beschreiben wir in groben Zügen das Prinzip des Embodiment (Storch et al., 2006), um uns einen Überblick zu verschaffen. Wir gehen genauer auf die Beschreibung der Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche ein, da sie zentral in unserer Arbeit ist und von Hüther prägnant und einleuchtend beschrieben wurde. 11/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Um im Kapitel 3 Kenntnisse über die Anwendung von Psychomotoriktherapie im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu schaffen, beschrieben wir Beispiele aus Hamm (D), Amersfoort (NL), und Basel (CH). Im Sommer 2008 konnten wir ein Praktikum in einer deutschen Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hamm absolvieren. Die Geburtsstunde der Deutschen Psychomotoriktherapie ist mit Ernst „Jonny“ Kiphard im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu finden. Dies haben wir anhand einer Dokumentenanalyse (Hanne-Behnke, 2001; Kiphard, 2001; Köckenberger & Hammer, 2004; Zimmer, 2006) zusammengefasst. Hamm beschreiben wir aus eigener Erfahrung und Gesprächen mit dem Leiter der Psychomotorikabteilung. Ebenfalls aus eigener Erfahrung beschrieben wir die Arbeit der Psychomotoriktherapie in der Psychiatrie in Amersfoort (NL). Für die Darstellung der aktuellen Lage der Psychomotoriktherapie in der Schweizer Kinderund Jugendpsychiatrie konsultierten wir eine Liste des VSKJ (Vereinigung der Leiter/inner von stationären Kinder- und Jugendpsychiatrischen Einrichtungen, siehe Anhang). Unsere Recherchen ergaben, dass in der Schweiz lediglich zwei Kinder- und Jugendpsychiatrische Institutionen Psychomotoriktherapie anbieten, die Tagesklinik in Fribourg und das KJPK in Basel. Wir fragten per Mail und Telefon an und baten sie, uns einen kurzen E-MailFragebogen auszufüllen. Aus zeitlichen Gründen entschieden wir uns für einen Fragebogen und nicht für ein persönliches Interview. Wir bekamen von beiden Institutionen eine Bestätigung für die Beantwortung des Fragebogens, wegen Arbeitsunfähigkeit einer Therapeutin erhielten wir aber nur einen Fragebogen zurück, den wir qualitativ auswerten konnten. In der Ausarbeitung der Fragen wollten wir über folgende Bereiche mehr erfahren: − Stand der aktuellen Beschäftigungslage (Wieso wird Psychomotoriktherapie angeboten? Wie viel Stellenprozent Psychomotoriktherapie hat es? Wer überweist die Patienten? Problemstellungen der Patienten? Frequenz der Therapiestunden?) − Konzepte/ Theoretische Hintergründe der praktischen Arbeit − Anknüpfungspunkte zu unserer Arbeit (Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche) Um im Kapitel 4 an einem konkreten Beispiel aufzuzeigen, wie die psychomotorische Arbeit in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie aussehen könnte, haben wir mittels 12/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Dokumentenanalysen (Sass, Wittchen & Zaudig, 1996; Klinik Sonnenhof, 2008) und eigener Datenerhebung (der gestellten Diagnosen in Hamm) das Thema “Störung im Sozialverhalten“ konkretisiert. Die Daten aus Hamm konnten wir aus Patientenakten herauslesen und notieren. Wir haben die Daten in zwei Tabellen zusammengefasst. Eine tabellarische Darstellung zeigt die Anzahl gestellter Ein- oder Mehrfachdiagnosen mit Störung im Sozialverhalten (F 92.0, F 90.1, F 92.8) und weitere komorbide Störungen. Im Anhang ist eine Gesamttabelle zu finden mit allen erfassten Patienten und Diagnosen. Wir haben uns einen theoretischen Hintergrund zum Thema “Störung im Sozialverhalten“ anhand von weiteren Dokumentenanalysen (Beelmann & Raabe, 2007; ICD-10, 2005; Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Sass et al., 1996; Steinhausen, 1996) verschafft und schriftlich dokumentiert. Für die theoretische Ableitung von Interventionen haben wir weitere Dokumente (Beelmann & Raabe, 2007; Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Schilling 2000; Weinberger, 2007) analysiert, wie auch bei der Beschreibung der unterstützenden therapeutischen Haltung (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Steiner, 2001). Für den Aufbau der Spielideen im Kapitel 5 lehnten wir uns an das „Dina Dinosaurier Social Skills and Problem-Solving Curriculum“ (Beelmann & Raabe, 2007) an. Wir glichen es mit der theoretischen Ableitung der Interventionen (Beelmann & Raabe, 2007; Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Schilling 2000; Weinberger, 2007) ab und ergänzten mit eigenen Ideen. So sind wir zu einer Therapieplanung in acht Phasen gelangt, wobei für jede Phase eine eigene Zielsetzung formuliert wurde. Wir entschieden uns, zu jeder Phase vier Spielideen zu gestalten, um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen und trotzdem eine Auswahl geben zu können. Die Spielideen haben wir grösstenteils selbst entwickelt und einige aus Dokumentenanalysen ausgewählt (Erkert, 2003; Heine, 2008; Krowatschek, 2008; Schilling, 2000; SVSS, 2006; Zebenli-Sigrist, 2007). Damit man herauslesen kann, für welche Altersgruppe eine Spielidee geeignet ist, haben wir drei Altersgruppen kategorisiert und mit Kreuzen gekennzeichnet, für welches Alter die Spielideen gedacht sind. 13/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 2 Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche 2.1 Einleitung Wie die Berufsbezeichnung der Psychomotoriktherapie schon besagt, ist die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche als untrennbare Einheit zu sehen. Was auf den ersten Blick logisch erscheint, ist im allgemeinen Sprachgebrauch und somit auch in unserem Denken noch nicht verwurzelt. In der Praxis ist es häufig der Fall, dass beispielsweise in der Medizin die Psyche zu wenig Beachtung findet, während in der Psychiatrie der Körper vernachlässigt wird. Wir haben einen Vertreter aus der Psychiatrie und einen aus der Medizin ausgewählt, die beide die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche erkennen und beschreiben. In unserer Arbeit soll dieses Kapitel als theoretisches Fundament für die Auseinandersetzung der Psychomotoriktherapie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie dienen. 2.2 Die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche nach Herzka 2.2.1 Heinz-Stefan Herzka (Herzka, 2009) Herzka wurde 1935 in Wien geboren und immigrierte 1938 mit seinen Eltern in die Schweiz. Nach seinem Medizinabschluss arbeitete er als Assistenzarzt in der Kinderklinik des Kantonsspitals Aarau. 1964 wurde er Assistenzarzt des Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienstes Zürich. Er bildete sich weiter und erhielt den Facharzttitel FMH für Pädiatrie. Es folgten verschiedene Anstellungen in Psychiatrien (Assistenzarzt Burghölzli, Oberarzt 14/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Psychiatrische Universitätspoliklinik für Kinder und Jugendliche, Zürich). Herzka erwarb sich den Facharzttitel FMH für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. 1969 wurde Herzka als Privatdozent für Kinder und Jugendpsychiatrie an der medizinischen Fakultät der Universität Zürich angestellt. 2 Jahre später übernahm er als leitender Arzt die Zweig- und Regionalstellen des Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienstes des Kantons Zürich. Später war er auch leitender Arzt der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie. 1977 machte Herzka ein persönliches Extraordinariat für Kinder- und Jugendpsychiatrie, speziell Psychopathologie und war leitender Dozent des Fachs "Psychopathologie des Kindes- und Jugendalters", ein Nebenfach an der Fakultät Phil. I. der Universität Zürich. Zurzeit ist Herzka noch Supervisor für therapeutisch tätige Fachpersonen (auch Psychomotoriktherapeuten) unterschiedlicher Grundausbildung und hält zusätzlich noch einige Dozentenstellen inne, unter anderem an der Hochschule für Heilpädagogik (Herzka, 2008). 2.2.2 Das dialogische Konzept von Psyche und Körper 2.2.2.1 Definitionen Herzka nimmt in seinem Vortrag am Kinderspital (Herzka, 2004) Bezug auf die geschichtlichen Sichtweisen von Körper und Seele. Er definiert den Begriff der Seele wie folgt: „Unter Seele verstehe ich das individuelle Denken und Fühlen, Kognition und Emotion“ (Herzka, 2004, S. 1). Seele setzt Herzka gleich mit dem Begriff der Psyche und verwendet hauptsächlich diesen Begriff. Er verwendet hauptsächlich den Begriff Körper, teilweise setzt er auch das Synonym Soma ein. Ist etwas somatisch, so versteht er dies gleich wie motorisch. Die Motorik selbst beschreibt er als die Bewegungsmuster des Körpers. 2.2.2.2 Die Integration zwischen Körper und Psyche Die menschliche Entwicklung ist immer eine Bewegung von Psyche und Körper, meint Herzka. Entwicklungsschritte der Psyche sind begleitet von Bewegungsschritten des Körpers. Als Beispiel dafür führt er an, wie das Kind lernt sich aufzurichten und zu gehen, die Laut- und Sprachentwicklung, das Kritzeln und später das Erlernen des Schreibens. In seinem Referat am Kinderspital nimmt Herzka Bezug zur historischen Sichtweise des Verhältnisses von Seele und Körper: In der Auffassung des abendländischen Mittelalters war der Körper als der Seele Untertan und damit weniger Wert dargestellt. Die Seele wurde als ursprünglicher beschrieben und 15/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler herrschte über den Körper. Der Körper wurde auch als das Gefängnis der Seele bezeichnet. In der Psychologie, Psychosomatik und vor allem in der Esoterik wird diese Vorstellung weiter geführt. Herzka nennt diese Auffassung Psychismus. Dem Psychismus stellt er den Biologismus gegenüber, der im 19. Jahrhundert entstand und auch heute noch beliebt ist. Empfindungen, seelische Regungen und Impulse werden im Biologismus als kausal biologischen Prozessen zugrunde liegend beschrieben. Folglich sind alle Krankheiten biologisch bedingt und somit mit materiellen Mitteln zu behandeln. Herzka bemerkt zu diesem Ansatz, dass dieser sich nicht um die Komplexität menschlicher Beziehungen und sozialer Bedingungen kümmere. Der Ansatz entspreche der Konsumgesellschaft, weil er gute Umsätze für die Pharma-Industrie und für die Hersteller von technischen Geräten zur Folge haben (Herzka, 2004). Herzka teilt selbst keine der genannten Auffassungen. „Ich betrachte Psyche und Soma, Seele und Körper als gleichwertig, gleichzeitig aktive Partner dessen, was den lebendigen Menschen ausmacht, mit je eigenen Regeln und Lebensgeschichten“ (Herzka, 2004, S. 1). Es gibt wichtige Parallelen, aber auch Widersprüche zwischen Psyche und Soma. Sowohl Psyche als auch Soma sind als selbstständige Teile zu sehen, bilden aber immer gemeinsam den Menschen. Dies nennt er ein Denken in Zwei-Einheiten was einem dialogischen Prinzip entspricht. Denn das Denken in Zwei- Einheiten ist nicht gleichzeitig möglich, der Körper und die Psyche schliessen sich als Begriffe gegenseitig aus und doch sind sie gleichzeitig, sowie gleichwertig und machen gemeinsam den ganzen Menschen aus. Herzka definiert das dialogische Prinzip wie folgt: Das dialogische Prinzip besagt, dass zwei Gedanken, die niemand gleichzeitig denken kann, oder zwei Strebungen, die niemand gleichzeitig verwirklichen kann, oder zwei Begriffe, die sich gegenseitig ausschliessen und je einen Bereich für sich bezeichnen, gleichzeitig (das heisst nicht nacheinander) und gleichwertig (d.h. ohne Überlegenheitsanspruch und Unterordnung) gemeinsam ein Ganzes ausmachen. (Herzka, 1992) Der dialogische Teil des Konzeptes baut zum einen auf die Getrenntheit, die Verschiedenheit und Eigengesetzlichkeit von Psyche und Soma und zum anderen auf deren Zusammengehörigkeit. Diese Widersprüchlichkeit bildet auch den Konflikt zwischen beiden Existenzformen. Sein Konzept ist sowohl dialogisch, wie oben beschrieben, als auch dualistisch. Dualistisch ist es, weil weder die Psyche den Menschen und damit den Körper schafft, noch die 16/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler seelischen Prozesse und insbesondere die Gefühle aus biochemischen oder anderen biologischen Prozessen entstehen. Der Dualismus beschreibt die Zweiheit oder Gegensätzlichkeit zweier Faktoren. Häufig wird er auch als die philosophisch-religiöse Lehre beschrieben, nach der es nur zwei voneinander unabhängige ursprüngliche Prinzipien im Weltgeschehen gibt. Es werden sich dabei materielle und immaterielle Arten gegenübergestellt (vgl. Wermke et al., 2007). Herzka grenzt sich klar von den Monisten ab, die z.B. dem Biologismus oder dem Psychismus angehören. Er bemerkt aber auch, dass man sich so lange nicht von den getrennten Begrifflichkeiten Psyche und Körper lösen könne, bis nicht auch ein sinnvolles Konzept für die Zwei-Einheit besteht, die diese Begriffe ersetzen kann. Auf die Frage, wie die beiden Existenzformen des Menschen miteinander kommunizieren, gibt er keine Antwort und verweist auf den Hirnforscher Sir John Eccles. Dieser sei überzeugt, eine Antwort gefunden zu haben, welche Herzka aber, mit dem Zusatz „wie so vieles in der Wissenschaft“, als vorläufig bezeichnet. Wie in seiner Definition des dialogischen Konzeptes beschrieben, stellt Herzka Psyche und Soma als absolut gleichberechtigt und gleichwertig dar. Kein Teil ist dem Anderen Untertan, beide stellen sie ihre eigenen Ansprüche, wollen je für sich wahrgenommen werden und doch sind sie immer aufeinander bezogen. Daraus abgeleitet betrachtet er psychosomatische Symptome nicht als die Folge einer besonderen Veränderung oder einer psychischen Dekompensation, die an den Körper weitergereicht wird. Er betrachtet sie als die unverwechselbare eigene Antwort, den leiblichen Selbstheilungsversuch in einer bestimmten realen Lebenslage. Gegeben wird diese Antwort aufgrund einer Körperbiographie, in der dem Körper eigenen Sprache, ähnlich wie auch die Seele ihre eigene Sprache (beispielsweise in Stimmungen oder Gefühlen) hat. Neben der je eigenen Sprache und Biographie haben Psyche und Soma ihre eigene Bildhaftigkeit; die Psyche äussert sich in Symbolen etwa im Traum und in den Phantasien. Der Körper verbildlicht mittels Haltungs- und Tonusveränderungen. Ausschlaggebend für die Entwicklung der Bereiche betrachtet Herzka Anlage und Umwelt, Biographie und das „Hier und Jetzt“ als zusammen wirkend. Herzka beschreibt deutlich, wie vernetzt er die Rolle von Psyche und Soma bei der Entstehung und der Manifestierung von Krankheiten sieht. Besonders deutlich wird dies bei folgendem Zitat: 17/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler „Alle Krankheiten haben eine psychische und eine somatische Erscheinungsform und Ursachenfaktoren in beiden Bereichen. So genannte somatische Krankheiten haben ihre psychische Seite und psychische Krankheiten und Verhaltensstörungen haben immer ihre körperliche Seite“ (Herzka, 2004, S. 3). Als Beispiele dazu wären Erkältung oder Unfall zu nennen, denn keine der beiden körperlichen Einschränkungen gehen spurlos an der Psyche vorbei (ganz zu schweigen von schwerwiegenderen Erkrankungen, Entwicklungsstörung oder wie psychische Diabetes Krankheit oder bringt einem körperliche Malignom). und Jede motorische Symptome mit sich, meint Herzka. In der folgenden Übersicht stellt Herzka die Verknüpfung von körperlichen Symptomen mit einigen psychopathologischen Befunden her, um zu verdeutlichen, was oben gemeint wurde: Psychopathologie: Motorik: Hemmung, Ängste, Depression Schlaffe Haltung, Verlangsamung, kleinräumige Bewegungen, fehlende Bewegungsfreude, Clownerien Aggressionsstörungen Abrupte Bewegungen, ausfahrend, „unerwartet“, ungesteuert Emotionale Deprivation Hypotonie, Ev. Bewegungsunruhe, schlaffe Mimik Ausbeutung und Misshandlung Resignierte Haltung, „Wachsamkeit“ der Mimik, Veränderungen im Blickkontakt Autismus Steife Bewegungen, inadäquat zur Situation bzw. Stimmung ( „Dissonanzen“) ADHS, HKS Hyper- oder Hypotonus, Tempo, Rhythmus, Impulskontrolle Sprach- und Sprechstörungen Tonus, Rhythmus, Tempo, Spannungszustand, etc. Tic Motorik als Leitsymptom! Übersicht: Psychopathologie und Motorik (Herzka, 2004, S. 3) 18/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Wie weiter oben beschrieben, misst Herzka der Motorik einen mit der Psyche gleichwertigen Stellenwert in der menschlichen Entwicklung bei. Für Kinder sei es deshalb besonders wichtig, Bewegungsaspekte ebenfalls zu fokussieren und in der Arbeit mit einzubeziehen. Motorik beschreibt er als − Ausdrucksmittel, welches durch Haltung, Mimik, Gestik und Atmung das Befinden mitteile. − veränderbar, wobei jede Veränderung auch eine psychische Veränderung mit sich bringe. − besonders wichtig in der sozialen Integration - durch „motorisches“ Verhalten und dessen soziale Abstimmung mit anderen sei soziale Integration erst möglich. − Indikator, denn jede Entwicklungsstörung und psychische Krankheit äussere sich motorisch. − Teil der Kommunikation (Körpersprache). Die Untrennbarkeit von Psyche und Soma, und somit auch von Motorik, ist nach Herzka ein Paradigmawechsel, der schon weit fortgeschritten ist, sich aber noch nicht genügend in Fachkreisen herumgesprochen hat. Der Paradigmawechsel besteht darin, nicht nur über Körper und Seele zu reden und zu schreiben, sondern mit beiden zu leben, unterwegs zu bleiben und zwar im mit Gesundheit und Krankheit gestalteten Alltag wie auch im therapeutischen Prozess. 2.2.3 Schlussfolgerung für die Psychomotoriktherapie Herzka bietet keine neue Behandlungstechnik an, sondern plädiert für ein Verknüpfungsprinzip der bereits bekannten Methoden der Psycho- und der Körpertherapie. Er erwähnt, dass auch die Psychotherapie mit Kindern das Bewegungsverhalten anspreche. In Spieltherapien, beim Malen und Zeichnen wie auch beim Sprechen, ist das Kind ständig in Bewegung. Durch Psychotherapien bewirkte Veränderungen bedeuten auch immer ein gewandeltes Bewegungsverhalten, das beispielsweise weniger gehemmt oder weniger aggressiv ist. Allerdings hat die Psychotherapie über einen langen Zeitabschnitt ihrer Geschichte die körperlichen Aspekte ignoriert und tabuisiert. Es sei besonders wichtig, unterwegs in jeder therapeutischen Entwicklungsarbeit sowohl den psychischen, wie auch den körperlichen Prozessen je für sich Raum zu schaffen und weder 19/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler die Psyche noch den Körper zu vernachlässigen. Ziel wäre es, sich mit beiden gemeinsam, einzeln und zusammengehörig auf die Entwicklungsreise zu begeben. In der Arbeit über die Motorik, wie bei der Psychomotoriktherapie, kann oft ein wesentlicher Beitrag an die Verbesserung der Lebensqualität und die Heilung des Kindes auch dann geleistet werden, wenn die Bewegungsstörung oder -auffälligkeit mehr Begleit- als Leitsymptom ist. Der gemeinsame Einstieg mit dem Kind über das Bewegungsangebot beschreibt Herzka als sinnvollen und wirksamen Zugang zur gesamten Persönlichkeit und Symptomatik des Kindes. Harmonisierung der Koordination, Regulation des Körpertonus, Arbeit am Körperbild, Umsetzung von Emotionen und Ideen in Bewegung durch das Spiel und weitere Themen der Psychomotoriktherapie sind Herzka zufolge effiziente Heilungsansätze auch für psycho- soziale Symptome. Dazu sind die aus der Therapieforschung bekannten Faktoren der Persönlichkeit der Psychomotoriktherapeuten, wie z.B. Einfühlung, Verständnis, Reflexion oder Anregung, gleich wie in der Psychotherapie gegeben. Ebenso tragen die situativen Faktoren wie feste Behandlungszeiten, kindgemässe Behandlungsräume und -materialien und anderes zu einer heilenden Wirkung bei. Will man den Paradigmawechsel nicht nur als theoretische Spielerei auffassen, sondern damit auch fachlich ernst machen, würde dies für die Arbeit mit Kindern heissen, dass wir sowohl beim gesunden Kind, wie erst recht in der Therapie, jeweils sowohl im körperlichen Bereich, wie auch im psychischen arbeiten. Dies verlangt in fachlicher Hinsicht unter Spezialisten viel Verständnis füreinander, für die Andersartigkeit des anderen und eine Menge an Kooperation und Koordination. Für den Weg, der bis dahin zu gehen ist, meint Herzka, besteht noch keine genaue Landkarte, sondern erst eine Skizze. Der Weg liege noch weitgehend vor uns. „Aber wir in unseren therapeutischen Berufen besitzen das Privileg, Kundschafter sein zu dürfen“ (Herzka, 2005, S. 66). 2.2.4 Persönliche Stellungnahme Herzka beschreibt das Konzept der Zwei-Einheiten von Psyche und Soma sehr spannend und einleuchtend. Wir erachten es gerade für die Arbeit als Psychomotoriktherapeutin als besonders wichtig und bereichernd, sich mit seinem Konzept auseinander zu setzen, denn schon unsere Berufsbezeichnung definiert sich mit der Untrennbarkeit von Psyche und Soma und damit auch der Motorik. Sehr deutlich wird die Untrennbarkeit von Psyche und Körper, wenn Herzka die Parallelität der Entwicklung der beiden Teile beschreibt. Als gingen sie Hand in Hand und jeder brauche 20/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler den anderen, um einen Schritt weiter zu kommen. Auf dem Entwicklungsweg werden beide Bereiche geprägt und bilden eine je eigene Biografie aus, die es wahrzunehmen und in unsere Arbeit als Therapeuten einzubeziehen gilt. Im Laufe der Entwicklung können auch Schwierigkeiten und Störungen auftreten, welche nach Herzkas Konzept nie nur abgetrennt in einem Bereich stattfinden oder gar durch den Konflikt der beiden Einheiten entstanden sind. Deshalb erscheint es uns absolut notwendig, in der Therapie- und Förderplanung eines Kindes stets beide Existenzformen einzubeziehen. Teilweise haben uns in seinen Erklärungen noch weitere Hintergrundinformationen gefehlt: Er sprach von der Parallelität und den Widersprüchen zwischen Psyche und Körper, ohne zu nennen, welche das sind. Bei der theoretischen Umsetzung dieses Paradigmawechsels stossen wir uns häufig an Begrifflichkeiten. Das dialogische Prinzip dieses Konzeptes macht es uns unmöglich die Zwei- Einheiten gleichzeitig zu denken. Wir benennen die beiden Bereiche getrennt und haben nur mangelhafte oder verwirrende Begriffe für die Untrennbarkeit von Psyche und Soma. Nahe liegend wäre da der Begriff der Psychosomatik. Herzka schreibt ihn aber klar der Körperebene zu, sie sei die „unverwechselbar eigene Antwort, allenfalls der leibliche Selbstheilungsversuch, aufgrund einer Körperbiografie, in der dem Körper eigenen Sprache“ (Herzka, 2005, S. 64). Auch bei der praktischen Umsetzung dieses Wissens um die Untrennbarkeit von Psyche und Soma liegt noch viel Pionierarbeit vor uns. Herzka hat dies sehr schön formuliert, indem er als Privileg der Therapeuten bezeichnet, Kundschafter sein zu dürfen. Wir erachten es als notwendig, Neugierde und Mut zu zeigen, sich mit neuen Konzepten und der interdisziplinären Vernetzung auseinander zu setzen. Herzka vermittelt eine optimistische Auffassung von Entwicklung und Therapie, dies hat uns Mut gemacht für die therapeutische Arbeit. Veränderung kann über Psyche und/oder den Körper geschehen und hat immer Einfluss auf den anderen Bereich. Im Speziellen nimmt Herzka auch Bezug zur Psychomotoriktherapie und beschreibt diese als eine wichtige und wirksame Therapiemethode. Zentral für die therapeutische Arbeit finden wir dabei auch folgende Aussage: „Um die Entwicklung eines Kindes zu fördern, um seine Entwicklungsstörungen vollständig zu diagnostizieren und es als ganzen Menschen zu behandeln, ist eine Verknüpfung von körperorientierten und seelisch orientierten therapeutischen Zugängen zweckmässig “ (Herzka, 2005, S. 61). 21/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Auch weitere Aussagen, wie „alle Entwicklungsstörung und psychischen Krankheiten äussern sich motorisch“ (Herzka, 2004, S. 4) oder „Veränderungen der Motorik bewirken immer psychische Veränderungen“ (ebd.) bestärken die Wirksamkeit und den Nutzen von Psychomotoriktherapie, sowohl im Alltag wie auch im therapeutischen Setting beispielsweise der Kinder- und Jugendpsychiatrie. 2.3 Embodiment nach Hüther 2.3.1 Gerald Hüther (Erfahrung ist Zukunft, 2008) Gerald Hüther wurde 1951 geboren. Er studierte und promovierte in Biologie an der Universität Leipzig. Danach arbeitete er an Hirnentwicklungsstörungen am Max-PlanckInstitut für experimentelle Medizin in Göttingen. Ebenfalls an der Universität Göttingen habilitierte er in Medizin und erhielt schliesslich die Venia legendi für Neurobiologie. Anschliessend baute er eine Abteilung für neurobiologische Grundlagenforschung auf, die er auch heute, neben der Zentralstelle für Neurobiologische Präventionsforschung der Universität Göttingen und von Mannheim/Heidelberg, noch leitet (Hüther, 2007; Psychophysik.com, 2005). 2.3.2 Prinzip des Embodiment 2.3.2.1 Definitionen Die Erläuterungen zur Wechselwirkung zwischen Köper und Psyche aus neurobiologischer Sicht beziehen sich, sofern nichts anderes angegeben, auf ein Kapitel, welches Hüther im Buch "Embodiment“ (Storch et al., 2006) darlegt. Im ersten Kapitel beschreibt der Co-Autor Wolfgang Tschacher das Prinzip des Embodiment und definiert Begriffe. Hüther verwendet in seinem Teil des Buches dieselben Begrifflichkeiten wie Tschacher. Auf Grund dessen werden im Folgenden das Prinzip des Embodiment und die Definitionen von Tschacher verwendet. 22/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Das Prinzip des Embodiment geht davon aus, dass es eine Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche gibt, die akzeptiert und verstanden werden soll, um diesen Tatbestand nutzen zu können und mit einer körperlichen zu einer psychischen Veränderung zu kommen. Die Autoren des Embodiment sind der Meinung, dass dieses Wechselspiel heutzutage zu wenig Beachtung findet und von Seiten der Psychotherapeuten mehr genutzt werden sollte, gerade auch um wissenschaftlich seriös zu werden. Die Autoren fordern sogar, dass jede Fachperson, die Menschen in Beratung nimmt, eine Erklärung abgeben müsse, weshalb sie mit dem Menschen arbeitet, ohne den Körper mit einzubeziehen. Storch et al. versuchen die Wechselwirkung aus Sichtweise der Kognitionswissenschaften, der Psychologie, der Neurobiologie und der Körpertherapie zu erläutern. Unter Embodiment (deutsch etwa „Verkörperung“) verstehen wir, dass der Geist (also: Verstand, Denken, das kognitive System, die Psyche) mitsamt seinem Organ, dem Gehirn, immer in Bezug zum gesamten Körper steht. Geist/Gehirn und Körper wiederum sind in die restliche Umwelt eingebettet. (Storch et al., 2006, S. 15) Hüther spricht in seinem Kapitel vor allem vom Gehirn und weniger von der Psyche selbst. Das Gehirn sei die Ebene des Denkens, Fühlens oder Verhaltens. Daraus leiten wir ab, dass im Gehirn, welches das Organ der Psyche ist, die Vorgänge ablaufen, welche die Psyche ausmachen. 2.3.3 Die Wechselbeziehung zwischen Körper und Psyche aus neurobiologischer Sicht Hüther beschreibt die Wechselbeziehung zwischen Körper und Psyche aus neurobiologischer Sichtweise, diese werden wir im Folgenden erläutern. Wie schon erwähnt werden wir uns an die oben definierten Begrifflichkeiten der Autoren des Embodiment (Storch et al., 2006) halten und diese im folgenden Abschnitt übernehmen. Der Blutkreislauf sowie afferente und efferente Nervenbahnen verbinden das Gehirn mit den restlichen Teilen des Körpers. Die afferenten Nervenbahnen melden dem Gehirn fortlaufend, was im Körper passiert. Anderseits gibt das Gehirn über die efferenten Nervenbahnen Befehle an den Körper. Körper und Gehirn stehen immer in einer Wechselwirkung. Diese Tatsache zeigt auf, dass die Psyche über ihr Organ, das Gehirn, mit dem Körper verbunden ist und ein Austausch besteht. Auf der Sachebene findet diese Tatsache wenig Berücksichtigung. Bis Ende des 20. Jahrhunderts sei kaum beachtet worden, dass Denken untrennbar mit Fühlen vereint oder das Gehirn untrennbar mit dem Körper verbunden ist, meint Hüther. Dies ist vor allem in den westlichen Kulturkreisen so, während im asiatischen 23/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Raum beispielsweise schon seit Jahrhunderten Körpertherapien praktiziert werden, in denen dieser Zusammenhang Berücksichtigung findet. In unseren Kulturkreisen hingegen war man lange der Ansicht vom „nackten Verstand“, also ein kognitiver Ansatz, während der Körper keine Berücksichtigung fand und die Gefühle gar unterdrückt wurden. Laut Hüther hat die Diskussion um den Zusammenhang oder die Trennung von Körper und Gehirn eine lange Tradition und ist eine Weiterführung der Diskussion über die Trennung von Körper und Geist. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) prognostiziert laut Hüther für die kommenden Jahre einen drastischen Anstieg der psychosomatischen Krankheiten in hoch entwickelten Industriestaaten, die durch Depressionen oder Angst bedingt sind. Zur heutigen Zeit ist es bereits so, dass die Anzahl körperlich erkrankter oder seelisch leidender Menschen immer höher wird. Hüther sieht den Grund dieser dramatisch ansteigenden Zahl darin, dass wir in den letzten Jahren, wie oben schon angetönt, vor allem auf unsere Vernunft gehört haben. Wir haben nach ihr entschieden und gehandelt und dabei das Gefühl gehabt, zur bestmöglichen Lösung zu kommen, wenn wir rationell entscheiden. Dennoch steigt die Zahl leidender Menschen stetig und viele Menschen sind nicht zufrieden mit ihrer Lebenssituation. Um zufrieden, glücklich, mutig und zuversichtlich leben zu können, sei es notwendig, dass wir in der Lage sind, Emotionen zu empfinden, zuzulassen und die Intuition zu nutzen. „Wir müssen versuchen, die verloren gegangene Einheit von Denken, Fühlen und Handeln, von Rationalität und Emotionalität, von Geist, Seele und Körper wieder zu finden. Sonst laufen wir Gefahr, uns selbst zu verlieren“ (Storch et al., 2006, S. 77). Jeder Mensch erfährt Tag für Tag, dass die körperlichen Veränderungen auch Auswirkungen auf das Zentralnervensystem haben und somit auch psychische Veränderungen mit sich bringen können. Allerdings ist uns dieser Zusammenhang nur dann bewusst, wenn es zu spürbaren Störungen der Prozesse im Körper kommt, was mit der Funktionsweise unseres Zentralnervensystems zu tun hat. Erst wenn genügend starke Verschiebungen des Ionengleichgewichts an die Aussenwand eines Neuron des peripheren Nervensystems kommen, wird das Aktionspotential ausgelöst und werden somit die Impulse an das Gehirn weitergeleitet. Ist dann die Erregung im Gehirn wiederum stark genug, wird dort ein spezifisches sensorisches Erregungsmuster erzeugt, welches die Aktivierung bestimmter neuronaler Netzwerke steuert und somit ein charakteristisches reaktions- oder handlungsleitendes Erregungsmuster erzeugt. Wird die Erregung so intensiv, dass sie auch limbische und hypothalamische Hirnregionen erfasst, wird eine Notfallreaktion in Gang gesetzt. Es folgt Angriff, Flucht oder Erstarrung. Gleichzeitig werden auch zentralvenöse und somatische Veränderungen aktiviert. Alles was im Körper abläuft, führt bei längerem 24/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Anhalten zu Anpassungen der davon betroffenen neuronalen Regelkreise und synaptischen Verbindungen. Spannend erscheint in Hüthers Kapitel auch, dass man in den letzten Jahren immer mehr Einflussmöglichkeiten von körperlichen Veränderungen auf zentralnervöse Prozesse gefunden hat. Beispielsweise wurde entdeckt, dass im Gehirn gebildete Hormone, die als Botenstoffe freigesetzt werden, auch im Darm und anderen inneren Organen produziert werden können. Sie gelangen über den Blutkreislauf in das Gehirn und nehmen dort Einfluss auf die Aktivität spezifischer neuronaler Netzwerke und somit auch auf psychische Zustände. Es laufen noch weitere Untersuchungen und es werden bestimmt noch weitere Entdeckungen in dieser Art gemacht werden. Hüther glaubt, dass noch besser beschreibbar wird, wie spezifische Erregungsmuster entstehen und damit psychische Prozesse beeinflussen können. Wie der Titel dieses Abschnittes sagt, ruft nicht nur der Körper Veränderungen in der Psyche hervor, sondern haben auch psychische Veränderungen Auswirkungen auf den Körper. Wieder kennen wir unzählige Beispiele aus dem Alltag, die uns diese Beziehung deutlich machen. Sind wir verliebt, haben wir Schmetterlinge im Bauch; sind wir gestresst, schlägt es uns auf den Magen; sind wir traurig, verändert sich unsere Körperhaltung und die Mimik des Gesichtes, usw. Wir werden uns dessen am stärksten bewusst, wenn das seelische Gleichgewicht gestört wird. Ist dies der Fall, kommt es zu einer Aktivierung des emotionalen Zentrums, also des limbischen Systems im Gehirn. Es kommt zu Notfallreaktionen des Körpers, wenn die Situation im Vergleich mit den bisherigen Erlebnissen als bedrohlich empfunden wird. Diese Notfallreaktion ist stark spürbar, da das neuroendokrine StressSystem aktiviert wird: das Herz pocht stark, der Atem stockt, der Körpertonus ist massiv erhöht und teilweise stellen sich sie Körperhaare auf. Wird die Situation von einem selbst besser gelöst, als man es aufgrund der eigenen Erfahrungen erwartete, wird das Belohnungssystem im Gehirn aktiv. Dies bedeutet, dass Dopamin freigesetzt wird, welches eine stabilisierende Wirkung auf die neuronalen Verhaltensmuster hat, die an der Lösung des Problems beteiligt waren. Lebt man aber beispielsweise in einer immer wiederkehrenden Angst, kann es eine anhaltende Veränderung der Haltung und des Muskeltonus geben, was eine chronische Verspannung zur Folge haben kann. Weiter können immer wiederkehrende, psychische Belastungen zur Veränderung von Funktion und Struktur einzelner Organe führen, was im Extremfall eine chronisch entzündliche Krankheit zur Folge haben kann. Hüther versucht damit deutlich zu machen, dass besonders negativ bewertete Situationen Aktivität, Funktion und Struktur von Organen oder ganzer Organstrukturen langfristig 25/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler verändern kann. Die Zellen können Signale senden, die eine andere Zelle nur oberflächlich beeinflussen. Sie sind aber auch in der Lage, starke Signale zu senden, die andere Zellen dazu veranlassen, ihre Intensität zu erhöhen oder ihr Leistungsspektrum ganz umzugestalten, damit sie bis anhin ungenutzte Möglichkeiten zu eröffnen. Diese Art von Kommunikation zwischen den Zellen ist besonders während der embryonalen Entwicklung wichtig, da in dieser Zeit die Entwicklung zur Lenkung und Steuerung von somatischen und neuronalen Differenzierungsprozessen entwickelt wird. Der Hirnstamm und der Hypothalamus sind bereits vor der Geburt weitgehend ausgereift und bilden neuronale Netzwerke zur Kontrolle und Aufrechterhaltung des inneren Körpermilieus. Dies bedeutet, dass die Zusammensetzung und Eigenschaft des zirkulierenden Blutes im Körper ständig kontrolliert und angepasst wird, damit die Homöostase (Konstanz der Konzentration gelöster Stoffe, Temperatur, pH-Wert) gewährleistet werden kann. Dieser Informationsfluss an das Gehirn läuft konstant und unbewusst ab. Hüther zitiert an dieser Stelle den Hirnforscher Damasio, der diesen körperlichen und unbewussten Prozess als Grundlage des psychischen Selbst sieht. Hüther nennt dies das “Protoselbst“. Später in der Entwicklung werden das limbische System und der assoziative Cortex ausgereift. Dies macht es uns möglich, uns an ein Ereignis zu erinnern und die Körpergefühle nachzuempfinden. Es ist ein bewusstes Selbst, welches sich nicht über die Sprache ausdrückt. Das Körpergefühl, kann auch empfunden werden, wenn der äussere Reiz aktuell nicht vorhanden ist - rein durch die Erinnerung daran: Es wird das gefühlte Kernselbst. Auch diesen Begriff hat Hüther von Damasio übernommen und ergänzt, dass das Protoselbst und das gefühlte Kernselbst unter dem Begriff "Körper-Selbst" zusammengefasst werden können. Das Kernselbst bildet die Grundlage für einen weiteren Aufbau der „Ich“-Vorstellung. Erfahrungen werden verankert und bewertet auf der Basis von Körpersignalen. Deshalb ist das Körper-Selbst sehr individuell, kann aber durch andere Personen beeinflusst werden, beispielsweise durch Zuschreibungen und Bewertungen. Dies kann dazu führen, dass die eigenen Gefühle verdrängt oder unterdrückt werden, das heisst, es besteht keine ursprüngliche Verbindung mehr zum eigenen Körper. Wir versuchen dies mit einem Beispiel zu verdeutlichen: Ein Kind ist sehr aktiv und bewegungsfreudig, es verspürt also den Drang, sich draussen zu bewegen und sich dadurch auch automatisch von seinem Vater räumlich ein Stück zu entfernen. Immer wenn es sich bewegt, geht es ihm gut. Der Vater möchte aber, dass das Kind an seiner Seite geht und ruft es immer wieder zu sich zurück, sobald sich dieses entfernt. Mit der Zeit verinnerlicht das Kind die Rückmeldungen und geht ruhig neben dem Vater her und bewegt sich nicht mehr so wie früher. Seine Bedürfnisse werden unterdrückt und es hat nun von sich den Eindruck, es sei nun ein artiges Kind, weil es dem Vater gehorche und sich 26/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler nicht mehr entfernt. Es hat den Eindruck, es sei gar nicht bewegungsfreudig. Die Verbindung zwischen dem Körper und dem Selbstbild ist nicht mehr die wahre, die ursprüngliche, sondern diejenige, die es von anderen aufgenommen hat. Hüther meint, der Grund dafür, dass Menschen ihr Gefühl vom Verstand und ihren Körper vom Gehirn trennen, darin liege, dass jeder Einzelne das Bedürfnis nach Zugehörigkeit hat, die man nur mit dem von der Gesellschaft oder Kultur erwartetem Verhalten erlangt. Es findet also immer eine gewisse Anpassung statt, denn ganz ohne Anpassung an die gesellschaftlichen Normen und ohne soziale Kontakte könnte man nicht überleben. Ein gewünschtes Verhalten kann von Erwachsenen durch Angst einflössen erzielt werden oder es findet über die Spiegelneuronen statt, wodurch das Wahrnehmungs-, Bewertungs- und Verhaltensmuster des Kindes geprägt wird und somit über mehrere Generationen weiter gegeben werden kann. Die Orientierung an Idolen (Erwachsene, Geschwister, Freunde, Stars usw.) führt auch dazu, dass das Kind ab vier Jahren in der Lage ist, seine Gefühle zu beherrschen und sie einzusetzen, um bestimmte Dinge zu erreichen. Der eigentliche emotionale Ausdruck wird nicht mehr öffentlich gezeigt, sondern zunehmend internalisiert. Dies bedeutet, dass die Gefühle mit der Zeit stark kontrolliert und vom Körperempfinden abgelöst werden. Affektive, sensorische und motorische wie auch alle frühen Erfahrungen werden im Gehirn abgespeichert. Diese Abspeicherung wird “implizites Gedächtnis“ genannt, was bedeutet, dass der Wissensstand nicht bewusst reproduziert werden kann. Es bildet die Basis des Unbewussten, was nicht ganz deckend mit dem Unbewussten in der Psychoanalyse gleichgesetzt werden kann. Der Inhalt des impliziten Gedächtnisses ist der Eindruck, den das Kind von sich selbst hat und davon, womit es in Verbindung tritt. Dazu gehören auch die dabei aufkommenden Gefühle. Dies wird im affektiven, sensorischen und motorischen Teil des Cortex und im limbischen System abgespeichert. Diese Abspeicherungen bestimmen die erlebte Wirklichkeit und beeinflussen somit immer das seelische Erleben und folglich auch die Psyche mit. Dies betrifft auch Abwehrvorgänge. Dürfen in einer Beziehung zu einem Menschen negative Gefühle wie Schmerz, Trauer, Wut nicht gezeigt, sondern müssen unterdrückt werden, kann eine Abwehrhaltung den eigenen Gefühlen gegenüber entstehen, die sich auch in muskulären Anspannungen abzeichnet. Erinnert man sich später wieder an diese Situation, werden alle Erinnerungen wach, auch die an die muskulären Verspannungen und der Körper beginnt sich erneut zu verspannen. Vor allem negative Erfahrungen in der frühen Kindheit wie Ohnmacht, Hilflosigkeit, Ablehnung und Entwertung hinterlassen eine besonders markante und starke Verkörperung. Während die Gefühle oder Erinnerungen an die damalige Situation später überwunden werden können, wird die verkrampfte oder resignierte Haltung meist ein Leben lang sichtbar bleiben. 27/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Die abgespeicherten Erfahrungen werden immer wieder in derselben Weise verknüpft, wie wir sie einmal abgespeichert, das heisst „verkörpert“ haben. Diese Muster verfestigen sich immer mehr, denn im Gehirn werden Verbindungen, die oft gebraucht werden, immer fester und stärker, solche, die wir nicht brauchen, werden abgebaut („use it or lose it“). Dies veranlasst uns dazu, immer etwa in der gleichen Weise zu agieren. Wir haben das Gefühl, dass wir eben so sind. Wie oben angedeutet, kommt dies daher, dass wir unbewusst die alte Struktur der Erlebnisse und unseres Verhaltens wieder aufrufen und somit stabilisieren. Es bedeutet aber nicht, wie im Alltag oft angenommen, dass wir uns nicht ändern, also keine neuen Verhalten erlernen können. Unser Gehirn lernt nicht nur in der Kindheit, sondern es bleibt ein Leben lang aktiv und kann neue Verknüpfungen aufbauen. Wenn wir also ein altbekanntes motorisches, sensorisches oder affektives Muster verlassen, hat dies dank der engen neuronalen Verknüpfung zur Folge, dass sich auch die zwei anderen Muster verändern lassen. Im Prinzip des Embodiment werden diese Kenntnisse genutzt und es wird auf der motorischen Ebene angeknüpft, was automatisch auch eine Veränderung auf den anderen zwei Ebenen mit sich bringt. Je vielfältiger ein Erlebnis abgespeichert wird, desto intensiver kann sich später daran erinnert werden. Es braucht später nur eine kleine Erinnerung, wie beispielsweise ein Geruch oder ein Geräusch (sensorische Ebene), um ein bestimmtes Gefühl (affektive Ebene) und meist auch eine Anpassung der Körperhaltung (motorische Ebene) auszulösen. Dies erlebt man bei schönen, aber auch bei schrecklichen oder traumatischen Erlebnissen. Für uns Menschen ist es nicht einfach, unsere alten Muster aufzugeben, da man sich meist auch nicht bewusst ist, wie verstrickt sie sind und was sie alles mit sich bringen. Hüther verwendet ein sehr passendes Bild dazu: der Besitzer eines Hauses sieht von innen her nicht, wie schief sein Haus geworden ist. Wir müssen etwas Neues erlernen und dafür braucht es laut Hüther zuerst die Einsicht und dann einen starken Willen, etwas zu verändern. Hüther sieht dabei die Motorik als einen besonders guten Anknüpfungspunkt: Weil er ursprünglich so eng mit dem Gehirn und allem, was dort geschah, verbunden war, bietet der Körper einen besonders leichten Zugang zu allen Ebenen des Erlebens und Verhaltens, zu den im Gehirn abgespeicherten Sinneseindrücken, den Gefühlen, den unbewusst gesteuerten Verhaltensmustern, und nicht zuletzt zu den frühen Erinnerungen. (Storch et al., 2006, S. 97) 28/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 2.3.4 Schlussfolgerung für die Psychomotoriktherapie Wir versuchten, basierend auf der Neurobiologie, aufzuzeigen, wie die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche erklärt werden kann. Wir gehen davon aus, dass der Körper Ausdruck der Psyche sein kann, aber auch, dass der Körper Auswirkungen auf die Psyche haben kann. Diesen Ansatz teilen wir mit dem Prinzip des Embodiment. Herzka und Hüther nutzen diese Grundlage und setzen auf der motorischen Ebene an, um eine sensorische oder eine affektive Veränderung zu erreichen. In die Psychomotoriktherapie kommen zu einem grossen Teil Kinder, die motorische Schwierigkeiten aufweisen, deren Gründe in der Psyche des Kindes zu finden sind. Wir nutzen also neben dem Spiel auch die Motorik oder eine sensorische Erfahrung, um dem Kind psychische Stabilität zu ermöglichen, zum Beispiel das Selbstwertgefühl aufzubauen. In der Psychomotorik nutzen wir die Abhängigkeit der affektiven, sensorischen und motorischen Ebene. Wir gehen nicht ausschliesslich von der motorischen Ebene aus auf das Kind ein, sondern versuchen auch auf der psychischen Ebene anzusetzen, um eine Veränderung in der Motorik zu erreichen. Um nochmals auf das Beispiel des Selbstkonzepts zurück zu kommen, wird es einem Kind beispielsweise möglich, seine Angst zu überwinden und die Sprossenwand hochzuklettern. Hüther hat aufgezeigt, dass die immer wieder gebrauchten Verbindungen im Gehirn immer stärker werden und es nicht ganz einfach ist, zu erkennen, wie schief das eigene Haus und wie eine Veränderung angestrebt werden könnte. Deshalb ist es wichtig, dass wir möglichst früh diese teilweise unerwünschten, immer stärker werdenden Verbindungen abschwächen und vergessene wieder zu aktivieren versuchen oder neue Verknüpfungen ermöglichen. Die Psychomotorik kann dazu einen grossen Beitrag leisten. Einerseits, weil sich die meisten Patienten im Kindes- oder Jugendalter befinden und Veränderungen stattfinden können, bevor das Haus schon ganz schief ist und es immer schwieriger wird, diesen starken Verbindungen abzuschwächen. Anderseits auch, wie Hüther bemerkt, dass sich über die Motorik ein besonders guter Zugang finden lässt. Hüther schreibt, dass ein Erlebnis möglichst vielfältig abgespeichert werden soll, um sich später gut daran erinnern zu können. Auch hier lässt sich eine Parallele zur Psychomotoriktherapie ziehen, in der wir bemüht sind, bei schon Bekanntem anzuknüpfen und immer wieder kleine Variationen einzubauen. Das Kind zeigt uns, wie gross oder klein diese Variationen sein sollen und wann die Erfahrungen genügend stark abgespeichert sind, um einen Schritt weiter zu gehen und sich etwas Neuem widmen zu können. Weiter wird erwähnt, dass negative Gefühle in unserer Gesellschaft oft unterdrückt werden müssen und dies sich in muskulären Anspannungen manifestieren kann. In „Kinder – Körper 29/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler – Sprache Psychomotorisch fördern“ setzen sich Zimmer und Vahle (2005) mit Kindern und ihren Emotionen auseinander und machen Vorschläge, wie sie in der Psychomotoriktherapie thematisiert werden können. Sie erachten es als sehr wichtig, dass Kinder ihre positiven, wie auch negativen Gefühle zeigen können. Müssen die Gefühle unterdrückt werden, kann das Kind sie nicht verarbeiten, sie bleiben im Innern, bringen die Seele in ein Ungleichgewicht und können teilweise auch somatische Beschwerden auslösen. Deshalb ist eine Plattform für die Gefühle der Kinder zu bieten. 2.3.5 Persönliche Stellungnahme Hüther beschreibt die Wechselwirkung und die Abhängigkeit von Psyche und Körper auf einer medizinischen Ebene. Aus seinen Beschreibungen ist klar zu entnehmen, dass er wie Herzka Psyche und Körper als eine Einheit versteht, dass Psyche und Körper untrennbar sind und sich gegenseitig beeinflussen. Dennoch scheint er nicht drauf zu beharren, alles aus medizinischer Sicht zu beweisen. Er beschreibt beispielsweise sehr schön, dass wir Menschen viel mehr auf unser Bauchgefühl hören sollten. Allgemeiner plädiert er dafür, dass das Zusammenspiel und die Einheit zwischen Körper und Psyche vermehrt wieder berücksichtigt werden sollen. Weiter geht er auf das Körperselbst ein, deren Entstehung er in Anlehnung an Damasio auf der medizinischen Ebene beschreibt. Er besagt aber auch, dass das Körperselbst sehr individuell ist und von aussen, also vom sozialen Umfeld, beeinflusst werden kann. Dem ist zu entnehmen, dass Hüther von einem Zusammenspiel zwischen Anlage und Umwelt ausgeht. Für die Arbeit als Therapeutin bestärkt uns dies, da es für uns bedeutet, dass wir auch einen positiven Einfluss auf das Kind nehmen können. Es macht aber gleichzeitig auch deutlich, welche Folgen es haben kann, wenn das Kind negative Erfahrungen macht. Dies bestätigt die Praxis der Psychomotoriktherapie, in der wir sehr darauf achten, dass das Kind positive Erlebnisse machen kann. Hüther beschreibt sehr überzeugend, dass die motorische, sensorische und affektive Ebene ebenfalls stark aufeinander reagieren und zusammenspielen. Wir stimmen Hüther klar zu, wenn er äussert, dass er die motorische Ebene als besonders guten Zugang zu den anderen Ebenen sieht. Dies bestätigt einen grossen Teil der Psychomotoriktherapie, in der wir genau auch über die Motorik und das Spiel einen Zugang zum Kind suchen. Die Betrachtung aus neurobiologischer Sicht von Hüther entspricht den Ansichten, welche die Psychomotoriktherapie vertritt. Es könnte unserer Meinung nach gut als theoretisches Fundament für einen Teil der psychomotorischen Arbeit dienen. 30/84 Bachelor-These 2.4 Simone Rüegg & Angela Wyler Erkenntnisse zur Wechselwirkung zwischen Psyche und Körper nach Herzka und Hüther Sowohl Herzka wie auch Hüther haben uns aus unterschiedlichen Gesichtspunkten aufgezeigt, wie die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche beschrieben werden kann. Beide sind sich aber einig, dass es eine Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche gibt und dass eine Erfahrung auf der einen Seite auch auf der anderen Seite erfahren und abgespeichert wird. Herzka spricht dabei von der “Körperbiografie“, während Hüther von “Verkörperung“ spricht. Sie messen nicht nur der Psyche einen besonderen Stellenwert zu: auch der Körper trägt eine Biografie in sich. Dies beispielsweise in Form von Mustern, die in intensiver Arbeit verändert werden können. Aus den Arbeiten von Herzka und Hüther lassen sich wichtige Argumente für die psychomotorische Arbeit ableiten. Unter anderem beschreiben sie die gegenseitige Beeinflussung in der parallelen Entwicklung von Psyche und Körper deutlich, was sich z.B. beim Lernen des Kriechens und der Autonomieentwicklung als zusammengehörig zeigt. Weiter wird deutlich, dass sie davon ausgehen, dass ein Teil der menschlichen Entwicklung genetisch veranlagt ist, dass aber die Umwelt und somit wir Therapeuten, einen Einfluss auf die Patienten nehmen können. Weiter lässt sich ableiten, dass in der Therapie der Patienten sowohl auf der körperlichen wie auch auf der psychischen Ebene Einfluss auf die Gesamtentwicklung einer Persönlichkeit genommen werden kann, da sie eng miteinander verbunden sind. Der Körper kann Ausdruck des psychischen Befindens sein, während sich das körperliche Befinden in der Psyche niederschlagen kann. Beiden Teilen, also körperlichen wie auch psychischen Prozessen, sollten in der Therapie genügend Raum gelassen werden. Beide Autoren betonen ausdrücklich, dass das Zusammenspiel in unseren Köpfen und in unserem Handeln noch nicht verinnerlicht ist und es Zeit für diesen Paradigmawechsel oder die Rückbesinnung in der westlichen Welt braucht. Die Beiträge von Herzka und Hüther liefern Argumente dafür, dass psychomotorische Arbeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie einen wichtigen Beitrag leisten kann. Die Psychomotoriktherapie berücksichtigt die Untrennbarkeit von Körper und Psyche, wie sie auch Herzka und Hüther beschrieben haben und findet über beide Ebenen Zugang zum Patienten. Beispielsweise kann über körperliche Erfahrungen positiver Einfluss auf die Psyche genommen werden. Sowohl Herzka als auch Hüther erachten Bewegungsangebote, beziehungsweise die Ebene der Motorik, als einen besonders sinnvollen und wirksamen 31/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Zugang zu einem Menschen. Wir betrachten die Psychomotorik nicht als alleinige Therapiemethode, sondern als eine Ergänzung zu bestehenden Therapien. 32/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 3 Psychomotoriktherapie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie 3.1 Einleitung Die Erkenntnisse des vorhergehenden Kapitels zeigten, dass die Psychomotoriktherapie einen wesentlichen, wichtigen und ergänzenden Beitrag zum bereits bestehenden Angebot in der Kinder- und Jugendpsychiatrie leisten könnte. In diesem Kapitel beschreiben wir nun bestehende Berührungspunkte der Psychomotoriktherapie mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Wie im Kapitel 1.5 bereits beschrieben, schauen wir in diesem Kapitel in die Geschichte der deutschen Psychomotoriktherapie und deren Geburtsstunde mit Ernst „Jonny“ Kiphard. Weiter beschreiben wir, wie die Arbeit seines direkten Nachfolgers Horst Göbel in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Hamm aussieht. Weiter zeigen wir die aktuelle Arbeit der Psychomotorik in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Amersfoort (NL) auf. Mit der Psychomotoriktherapeutin des Kinder- und Jungendpsychiatrischen Dienstes Basel konnten wir eine E-Mail-Befragung durchführen und somit einen kleinen Einblick in ihre Arbeit erhalten. 3.2 Beispiele der Psychomotoriktherapie in Kinder- und Jugendpsychiatrien im Ausland 3.2.1 LWL Klinik in Hamm, Deutschland Wir hatten die grosse Chance, ein Praktikum in der Ursprungsstätte der Deutschen Psychomotoriktherapie, der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hamm, zu absolvieren. Horst Göbel ist der jetzige Leiter der Psychomotorik in der Klinik und direkter Nachfolger Kiphards. Wir erhielten in zwei Wochen Hospitationen, Selbsterfahrungen und vielen wertvollen Gesprächen einen sehr umfassenden Einblick in die klinische psychomotorische Arbeit. 3.2.1.1 Geschichtlicher Hintergrund Wir bereiteten uns auf das Praktikum vor, indem wir uns die Geburtsstunde und Geschichte der Deutschen Psychomotoriktherapie anschauten. 33/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts gelangte man in der klinischen Kinder- und Jugendpsychiatrie zur Einsicht, dass es Bewegung als eines der wichtigsten kindgerechten Mittel braucht, um eine ganzheitliche Entwicklung zu ermöglichen. In diesem Verständnis wurzelt die Deutsche Psychomotorik. Die Entwicklung der Psychomotorik begann 1951 in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Gütersloh (Köckenberger & Hammer, 2004). Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe beauftragte Frau Dr. med. Elisabeth Hecker, eine Kinder- und Jugendpsychiatrie aufzubauen und diese zu leiten. Chefarzt der Klinik in Gütersloh wurde der Kinderpsychiater Dr. med. Helmut Hünnekens. Hecker und Hünnekens lernten den Zirkusclown und Sportstudenten Ernst „Jonny“ Kiphard kennen. Er bekam in der Klinik eine Anstellung mit der Aufgabe, sensomotorisch entwicklungsgestörte und in ihrer psychomotorischen Entfaltung behinderte Kinder über die Bewegung in ihrer Gesamtentwicklung zu fördern (Hanne-Behnke, 2001). 1965 zog die Kinder- und Jugendpsychiatrie von Gütersloh nach Hamm, ebenfalls in Westfalen, um. Zusammen mit Hünnekens entdeckte Kiphard, dass sich Bewegungstherapie auch positiv auf die Psyche auswirken kann. Kiphard entwickelte die „Psychomotorische Übungsbehandlung“. Für die Auswahl der Übungen und um Ideen zu finden, konsultierte er teilweise die heilpädagogische Rhythmik von Mimi Scheiblauer und Charlotte Pfeffer, die Sinneserziehung von Maria Montessori und Erfahrungen aus dem Orff-Schulwerk bezog er ebenfalls mit ein (Zimmer, 2006). Zum ersten Mal wurde damals das Trampolin zur Förderung der Bewegung und der Koordination, aber auch als diagnostisches Mittel eingesetzt. Schon bald darauf hat Kiphard den Trampolinkoordinationstest entwickelt. Zwischen 1957 und 1958 entstand eine Arbeit, die zeigte, dass ein sechswöchiges psychomotorisches Trainingsprogramm die motorische Leistungsfähigkeit massiv verbessern kann. Dank diesem intensiven Training liessen sich zwei Jahre in der Bewegungsentwicklung aufholen. Nach dem Training durchgeführte psychologische Tests zeigten folgende bemerkenswerte Fakten: − Abnahme der psychischen Desintegration, verbunden mit einer Stärkung und Stabilisierung innerseelischer Kräfte − Nachlassen der Intensität psychomotorischer Enthemmung und des Störverhaltens − Vermehrte Anstrengungsbereitschaft und Konzentrationsfähigkeit bei Bewegungsaufgaben 34/84 Bachelor-These − Simone Rüegg & Angela Wyler Gleichbleibend geringe Konzentrationsfähigkeit bei schulischen Arbeitsproben, wenn auch in der Verteilung über einen längeren Zeitraum ausgeglichener (Kiphard,2001, S. 13) Eltern, Heimerzieher oder Lehrer bemerkten eine positive Verhaltensänderung bei den Kindern nach Beendung dieser Übungsbehandlung. Es wurde allerdings auch erkannt, dass es innerhalb eines halben Jahres eine weitere psychomotorische Betreuung brauchte, damit die neuen Verhaltensweisen nicht wieder verloren gingen (Kiphard, 2001). Bei Kiphard standen nicht mehr die Defizite und Schwächen des Kindes, sondern das Kind mit seinen Stärken und Schwächen als ganze Persönlichkeit im Zentrum. Kiphard erkannte, dass sich motorische Beeinträchtigungen oftmals behindernd auf die perzeptive, kognitive, affektive und soziale Entwicklung auswirken. Hingegen kann eine gestörte Wahrnehmung und Intelligenz negative Auswirkungen auf beispielsweise motorische, verbale, emotionale und soziale Bereiche haben. Eine der ersten Erkenntnisse war, dass sich eine Verbesserung der motorischen Fähigkeiten positiv auf das niedrige Selbstwertgefühl von motorisch frustrierten Kindern auswirkte. Mit der Steigerung des Selbstwertgefühls gelang es diesen Kindern immer besser, ihre Handlungskompetenzen zu nutzen und soziale Kontakte zu knüpfen. Kiphard meinte laut Zimmer (Zimmer, 2006, S. 39), dass das Kind in drei grossen Bereichen gefördert und ihm Erfahrungen ermöglicht werden müssen, um erfolgreich handlungsfähig zu sein: Im Wahrnehmungsbereich, im Bewegungsbereich und im emotionalsozialen Bereich. Im Gegensatz zu den gängigen Methoden der sportmotorischen und anderen Trainingsmethoden wurden in den psychomotorischen Übungsbehandlungen keine isolierten Übungen mehr durchgeführt, sondern es wurde über das Spiel eine ganzheitliche Förderung angestrebt. Ausnahmen bildeten einige Übungen aus der Physio- und Ergotherapie, um tonische Reflexe zu mindern. Seither ist das Spiel ein zentrales Element der Psychomotorik und nicht mehr daraus weg zu denken. Kinder, die z.B. Höhenangst hatten, kletterten ohne zu zögern als Affen die Kletterwand hoch, was Kiphard selbst stolz machte. Psychomotorik war in der Medizin, Therapie und in der Pädagogik noch unbekannt und die Idee neu. Sie verbreite sich aber bald im Bereich der Sonderschule für Erziehungshilfe, Lernbehinderte und geistig Behinderte. Die Psychomotorik entwickelte sich nicht nach einer bestehenden Theorie oder Wissenschaft, sondern direkt in der Praxis. Das theoretische Gerüst folgte später. Die Entwicklung ist heute noch im Gange und noch nicht vollständig ausgereift und einheitlich gestaltet. Ergebnisse verschiedener Effizienzkontrollen konnten folgende positive Veränderungen bestätigen: 35/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler − Anstieg der Körper- und Bewegungsbeherrschung − Verbesserung und Stabilisierung des Selbstwertgefühls − Anstieg des Aktivationsniveaus und der Handlungsbereitschaft − Erhöhung der Motivation, Neugier und Begeisterungsfähigkeit − Verbesserung der Aufmerksamkeitsspanne und Konzentration − Verbesserung der Handlungs- und Verhaltenskontrolle − Erhöhung der sozialen Interaktion und Kommunikation (Köckenberger & Hammer, 2004, S. 41) 3.2.1.2 Aktuelle Lage der Psychomotoriktherapie in Hamm Heute betreut die LWL Klinik in Hamm jährlich rund 900 Patienten stationär oder ambulant. Die Patienten sind im Alter von vier bis 18 Jahren, in Ausnahmefällen auch bis 20 Jahre. Die Aufenthaltsdauer beträgt ca. drei Monate. Die Klinik wird von Krankenkassen finanziert und der Landschaftsverband Westfalen Lippe steuert einen Teil der Kosten durch Regierungsgelder bei. Ein bis zwei Wochen nach der stationären Aufnahme eines Patienten wird die erste Behandlungsplanungssitzung einberufen. Daran nehmen Erzieher, Ärzte, Psychotherapeuten, Psychomotoriktherapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten, Heilpädagogen und Lehrer teil. Es wird besprochen, wo das Kind aktuell steht und wie die weitere Behandlung aussehen soll. Diese Sitzung wird spätestens alle drei Wochen wiederholt (in Notfällen auch früher). Am Schluss der Behandlung wird ein Abschlussgespräch im selben Rahmen durchgeführt. Grundsätzlich besuchen alle stationären Patienten, ausser die Patienten des geschlossenen Bereichs, die Psychomotoriktherapie mit zwei bis vier Lektionen pro Woche. Zur Abklärung wird der standardisierte Körperkoordinationstest (KTK) von Schilling durchgeführt, welcher quantitativ und qualitativ ausgewertet wird. Im Weiteren wird das Trampolinspringen beobachtet, der Hampelmann und das Seilspringen analysiert. Im Fein- und grafomotorischen Bereich wird der Punktiertest von Schilling durchgeführt und ausgewertet. In der LWL Klinik in Hamm wurden ausserdem verschiedene motorische Screenings entwickelt. So lernten wir von Detlef Panten das HamMotScreening für Vorschulkinder kennen, welches er gemeinsam mit Horst Göbel entwickelt hat. Zurzeit befindet sich das Screening im Standardisierungsprozess. In der Psychomotorik wird in Hamm nach folgendem Konzept gearbeitet: 36/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler − Motodiagnostik (KTK, Trampolinspringen, Hampelmann und Seilspringen) − Kleingruppen als wichtigstes methodisches Mittel − Grosstrampoline − Behandlungsfrequenz zwei bis vier Therapieeinheiten/Woche − Konstanz der Rahmenbedingungen − Zwei-Therapeuten-Modell − Sechs der sieben Mitarbeiter besitzen einen Universitätsabschluss − Ambulanz: ärztliche Verantwortung der Behandlungsplanung − Elternarbeit − Vernetzung der KPT (Klinische Psychomotorische Therapie) − Multiplikatoren/ Tätigkeiten ( Mitarbeiter sind Lehrer/Dozenten/Referenten) − Wissenschaftliches Arbeiten Wie dem Konzept zu entnehmen ist, finden die Einheiten immer in Gruppen von höchstens sechs bis acht Kindern statt. Es wird in unterschiedlichen Hallen gearbeitet. Während in der einen eine Kletterwand steht, kann in der anderen gut eine Bewegungslandschaft aufgebaut werden. In einer weiteren Halle findet das grosse Luftkissen Platz. In jeder Halle ist mindestens ein Grosstrampolin aufgebaut, welches sich als sehr wertvolles Gerät für die Abklärung, aber auch für die folgende Therapie erweist. Neben allgemeinen Regelspielen wird Kickboard auf eigens mit Kreide auf den Boden gemalten Strassen gefahren, geschaukelt, Seil gesprungen, gerannt, entspannt, usw. Neben der motorischen Förderung finden auch gruppendynamische Prozesse statt. Ängste werden beispielsweise überwunden, indem ein Freund gut zuredet. Es wird aber auch gestritten und sich wieder vertragen, die Patienten lernen voneinander und erleben gemeinsame Momente. Soziale und emotionale Themen werden meist direkt in der Stunde angesprochen, ebenso positive wie negative Seiten eines jeden Einzelnen. Neben der Psychomotoriktherapie werden folgende Therapien angeboten: Heilpädagogik, Ergotherapie, Logopädie, Psychotherapie. 3.2.1.3 Persönliche Stellungnahme Dank Horst Göbel, der sich sehr für uns einsetzte, erhielten wir einen sehr guten Einblick in die Arbeit der Psychomotoriktherapie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hamm. Es war sehr hilfreich, dass wir, unter Wahrung des Datenschutzes, Einsicht in alle Akten erhielten, 37/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler um genauer zu erfahren, welche Geschichten hinter den Kindern und Jugendlichen stehen. Dabei ist uns stark aufgefallen, dass viele Kinder mit Störungen im sozialen und emotionalen Bereich diagnostiziert werden. In Gesprächen und Sitzungen wurde auch deutlich, dass die meisten Patienten aus sozial tieferen Schichten kommen und die Familiensysteme häufig erheblich gestört sind. In den Stunden mit den Kindern wurde für uns eindeutig spür- und sichtbar, wie die Kinder und Jugendlichen diese Stunden genossen und wie sie teilweise ihre störenden Verhaltensweisen reduzieren konnten. Natürlich harmonierte es nicht durchwegs in der Stunde, aber im Grossen und Ganzen bekamen wir den Eindruck, dass ein Zusammengehörigkeitsgefühl da war und die Kinder aufeinander Acht gaben. Es war schön zu sehen, wie anerkannt die Psychomotoriktherapie bei Klinikangestellten war, seien dies Ärzte, Psychologen oder Betreuer von Abteilungen. Sie waren vom Verständnis geprägt, dass die Psyche und die Bewegung eng zusammen hängen und Psychomotoriktherapie hilfreich und unterstützend für den gesamten therapeutischen Prozess ist. Wir sind überzeugt davon, dass Horst Göbel mit seiner Persönlichkeit und mit seinem Engagement ein grosser Verdienst zukommt, dass die Psychomotoriktherapie in Hamm zu dem geworden ist, was sie heute ist. Es ist noch anzumerken, dass dies ein Beispiel einer Arbeit der Psychomotoriktherapie in der deutschen Psychiatrielandschaft ist und es in Deutschland keineswegs üblich ist, ein so grosses und gut angesehenes Therapieangebot zu haben. Das Praktikum hat uns gezeigt, wie wertvoll die Arbeit der Psychomotoriktherapie im klinischen Bereich ist und hat uns motiviert, in diesem Bereich aktiv zu werden. Wir hoffen mit dieser Bachelorarbeit einen Schritt in diesen in der Schweiz noch nicht bekannten Bereich zu machen. 3.2.2 Symfora Groep in Amersfoort, Holland Wir waren auf unserer Studienreise in Holland und besuchten dort die Symfora Groep, eine grosse Psychiatrie in Amersfoort (NL) mit einer jährlichen Behandlungsquote von 18 000 Patienten. Durch unsere Studienreise konnten wir uns ein gutes Bild vom Arbeitsfeld der Psychomotorik in Holland machen. Wir haben einige Unterschiede zur Schweizer Psychomotorik festgestellt und diese auch in der Literatur wieder gefunden. 38/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler „In den Niederlanden ist die psychomotorische Therapie eine angesehene Therapie in der Psychiatrie. Psychomotorische Therapie wird beschrieben als eine Behandlung von Menschen mit psychischen und psychosozialen Problemen. Die Interventionen richten sich auf die Leibeserfahrung und/oder Handlungen in Bewegungssituationen“ (Hanne-Behnke, 2001, S. 27). Im Unterschied zur Schweiz, wo das Hauptarbeitsfeld in Schulen und Ambulatorien liegt, wird in Holland vorwiegend in Kliniken gearbeitet, aber auch auf privater Basis, in Rehabilitationen und Altersheimen. Die Psychomotorik- Therapie konzentriert sich in Holland hauptsächlich auf den Bereich der Grobmotorik und findet in grossen Sporthallen statt, während in der Schweiz häufig auch im Bereich der Fein- und Grafomotorik gearbeitet wird. Links für weitere Informationen über die Psychiatrie in Amersfoort und der Fachhochschule mit dem Studiengang Psychomotoriktherapie sind im Anhang zu finden. 3.2.2.1 Die Symfora Groep Wir konnten während mehreren Tagen die Psychiatrie besuchen, Therapeuten kennen lernen, Selbsterfahrung machen, Gespräche führen und sogar an einer Sportlektion mit Patienten teilnehmen. Zu den Patienten der Klinik gehören Kinder und Jugendliche von vier bis 18 Jahren, Erwachsene zwischen 18-65 Jahren und Menschen, die 65 und mehr Jahre alt sind. Die Behandlungsmöglichkeiten sind sehr unterschiedlich. Neben den akuten Stationen werden ebenfalls mittel- und langfristige Therapie- und Wohnmöglichkeiten angeboten. Die Patienten besuchen während den stationären Aufenthalten und teilweise als Anschlusslösung daran verschiedene Therapien. Zum Angebot gehören Sozialtherapie, Psychotherapie, Psychodrama, Kunsttherapie, Musiktherapie und Psychomotoriktherapie. Bei diesem vielfältigen Angebot wird grosser Wert auf interdisziplinäre Zusammenarbeit gelegt. Gruppendynamische Prozesse dienen als wichtiges Arbeitsinstrument und Therapiemedium. Die Therapie findet fast ausschliesslich in einer festen Gruppe statt. Die Mitglieder der Gruppe wohnen zusammen und besuchen die meisten Therapien wie auch die Psychomotorik als Gruppe. Die Psychomotoriktherapeuten in Amersfoort arbeiten in grossen Sporthallen und dem Schwimmbad. Im Zentrum stehen grobmotorische Angebote, soziale Interaktion und Reflexionen der gruppendynamischen Prozesse. Beispiel einer psychomotorischen Sequenz: 39/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Die Gruppe bekommt die Aufgabe, sich frei im Raum zu bewegen. Auf ein vereinbartes Zeichen soll sich jeder wortlos einen Partner suchen und mit diesem in Interaktion treten. Nach einem anderen Zeichen bewegt sich jeder wieder alleine durch den Raum. Dies wird einige Male wiederholt und anschliessend trifft man sich gemeinsam im Kreis. Die Patienten werden nach ihren Erfahrungen und Empfindungen befragt und zur Reflexion angeregt. Mögliche Fragen sind: „Welche Rolle hast du eingenommen?“ oder „ Wie hast du Kontakt aufgenommen?“. Die Fragen hängen vom Thema der Stunde ab. In weiteren Stunden könnte die Gruppe auch dazu aufgefordert werden, sich in einer Rolle zu bewegen, die sie sonst nicht haben. 3.2.2.2 Persönliche Stellungnahme Es war sehr eindrücklich, die Psychomotoriktherapie in Holland kennen zu lernen. Die grossen Unterschiede im Arbeitsfeld haben uns einerseits überrascht und andererseits neugierig gemacht. Die Psychomotoriktherapie ist in der Gesellschaft stark verwurzelt und findet hauptsächlich im klinischen Bereich Beschäftigung. In der praktischen Arbeit ist die Psychomotoriktherapie sehr gruppenorientiert. Gruppendynamische Prozesse bilden ein wichtiges Arbeitsinstrument, was sich in der ganzen Tagesstruktur der Psychiatriepatienten zeigt. Die Psychomotoriktherapie ist im Vergleich mit der Schweiz eher grobmotorisch orientiert. Die Interdisziplinarität in der Symfora Groep beeindruckte uns durch die Qualität des Austausches. 3.3 Aktuelle Lage der Psychomotoriktherapie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Schweiz Um mehr über das aktuelle Arbeitsfeld der Psychomotoriktherapie in den Schweizer Kinderund Jugendpsychiatrien zu erfahren, haben wir einen kurzen Fragebogen entworfen und per E-Mail versendet. Genauere Angaben über die Entwicklung des Fragebogens ist im Kapitel 1.5 enthalten, der Fragebogen selbst ist im Anhang zu finden. 3.3.1 Beschäftigungslage der Psychomotoriktherapie im KJPK Basel Wir haben den per E-Mail retournierten Fragebogen aus Basel qualitativ ausgewertet und die wichtigsten Ergebnisse im Folgenden festgehalten. 40/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler In der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik (KJPK) Basel ist eine Psychomotoriktherapeutin zu 40% angestellt. Sie bekommt ihre Patienten durch Psychologen, Kinder- und Jugendpsychiater zugewiesen. Die Therapie findet ein bis zweimal wöchentlich statt und zurzeit nur im Einzelsetting. Die Problemstellungen der Patienten sind sehr verschieden. Gemeinsam ist ihnen, dass sie alle aus dem kinderpsychiatrischen Bereich kommen. Einige werden ambulant, andere stationär behandelt. Neben Ess- und Fütterungsstörungen, autistischen Problematiken, Wahrnehmungs- und Körperschemaschwierigkeiten, mangelndem Körper-Ich, Übergewicht, Ängsten und Aggressionsproblematiken, zwanghaftem Verhalten, Tics und mangelnder Bewegungsfreude sind auch Hyper- und Hypoaktivität Themen der Patienten. In Basel wird für diese Patienten Psychomotoriktherapie angeboten, da es dem KJPD Basel wichtig erschien, eine Bewegungstherapie als Ergänzung des restlichen Therapieangebots zu ermöglichen. Im Hintergrund der psychomotorischen Arbeit dieser Therapeutin steht das psychoanalytische Konzept von Bernard Aucouturier. Als Beispiel für den Nutzen der Psychomotoriktherapie für die Patienten beschreibt die Psychomotoriktherapeutin das Bild eines impulsiven, aggressiven Kindes, welches sich in der Psychomotoriktherapie mit seiner heftigen Aktivität nicht als negativ erleben muss und so akzeptiert ist. Die Therapeutin versucht, das Bewegungsverhalten des Patienten als Ausdruck seiner Persönlichkeit zu verstehen. 3.3.2 Persönliche Stellungnahme Da sich die Auswertung der Daten hier nur auf einen einzelnen Fragebogen beschränkt, kann nicht von einer grossen Aussagekraft, bezogen auf die Arbeit der Psychomotoriktherapeuten in der schweizerischen Kinder- und Jugendpsychiatrie, gesprochen werden. Es wird allerdings deutlich, dass sich die Psychomotoriktherapie bisher nur an Pionierstellen innerhalb der Kinder- und Jugendpsychiatrien in der Schweiz etabliert hat. Die Patienten kommen ein- bis zweimal wöchentlich einzeln in die Psychomotoriktherapie. Einzeltherapie ist sicherlich für einige Fälle wichtig und indiziert, trotzdem wundert es uns, dass keine Gruppentherapien angeboten werden. In Basel stützt sich die psychomotorische Arbeit auf Konzepte mit psychoanalytischem Hintergrund. Bewegung wird als gutes Medium angesehen, um Kontakt und Beziehung zu den Patienten herzustellen, wie dies auch schon Herzka und Hüther beschreiben. 41/84 Bachelor-These 3.4 Simone Rüegg & Angela Wyler Erkenntnisse aus den Beispielen der Psychomotoriktherapie in Kinder- und Jugendpsychiatrien Im Ausland sind mehrere gute Beispiele zu finden, wie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie psychomotorisch gearbeitet werden kann. In der Schweiz lassen sich bislang nur wenige Pionierstellen finden. Das Praktikum in Hamm gab uns einen persönlichen Eindruck und Erfahrungen in der psychomotorischen Arbeit in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie. Wir profitierten in der Praxis von der Bearbeitung verschiedener Problemstellungen. Vor allem durch diese persönlichen Erfahrungen konnten wir den positiven Beitrag der psychomotorischen Arbeit zur Therapie und Lebensqualität der Patienten erkennen. Wir konnten von aussen beobachten, wie zufrieden die Kinder waren, weil unter anderem ihre Impulsivität nicht negativ bewertet wurde und positiv in einem Spiel erlebt werden konnte. Die Patienten konnten sich teilweise in einzelnen Settings positiv erleben, während dies in anderen Settings weniger der Fall war, was uns bei den Besprechungen über die jeweiligen Kinder aufgefallen war. Die Erkenntnisse bieten uns weitere Argumente für den Nutzen der Psychomotoriktherapie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Am meisten fiel uns die Häufigkeit der Störung im Sozialverhalten auf. Dies motivierte uns persönlich, uns in einem nächsten Schritt konkret mit diesem Thema auseinanderzusetzen und praktische Interventionen zu planen. 42/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 4 Störung im Sozialverhalten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie 4.1 Begründung der Themenwahl Durch unser Praktikum in Hamm haben wir festgestellt, dass Störungen im Sozialverhalten auffällig häufig diagnostiziert werden. Dies motivierte uns, in anderen Quellen zu recherchieren, ob diese Erkenntnis der Hauptdiagnose in Kinder- und Jugendpsychiatrien entspricht. Wir haben zwei weitere Quellen gefunden, die dies bestätigen. Dazu gehören der Jahresbericht 2007 des Kinder- und Jugendpsychiatrischen Zentrums Klinik Sonnenhof in Ganterschwil und das DSM-IV, das diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen. Im Folgenden werden wir kurz auf die gestellten Hauptdiagnosen eingehen. Dem Jahresbericht des kinder- und jugendpsychiatrischen Zentrums der Klinik Sonnenhof in Ganterschwil (Klinik Sonnenhof, 2008) ist zu entnehmen, dass 47 der rund 134 Kinder die Diagnose im Bereich „emotionale Störung“ und „Störung sozialer Funktionen des Kindesalters“ gestellt bekommen haben, was eindeutig die häufigsten Diagnosen sind. Gefolgt werden sie von „Störungen des Sozialverhaltens, hyperkinetische und kombinierte Störung“, die bei 37 Kindern diagnostiziert wurde. Das diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen DSM-IV (Sass et al., 1996) besagt, dass Störungen im Sozialverhalten eine der am häufigsten gestellten Diagnosen bei stationären und nicht-stationären therapeutischen Einrichtungen für Kinderund Jugendpsychiatrie ist. Während unseres Praktikums in Hamm haben wir Diagnosen von denjenigen Kindern notiert, die wir auch im Setting der Psychomotoriktherapie gesehen haben. Die Anzahl der erfassten Patienten betrug 20, davon waren 3 Mädchen und 17 Jungen. Es wurden bei 14 Personen eine oder mehrere Diagnosen mit Störungen im Sozialverhalten gestellt. Bei den verbleibenden sechs Patienten wurden andere Mehrfachdiagnosen vermerkt. Trotz kleiner Untersuchungsmenge entsprechen einige der in Hamm gesammelten Informationen denen aus der Literatur. Beispielsweise wird die Störung im Sozialverhalten als der häufigste oder zweithäufigste Befund im stationären Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie dargestellt, was sich mit den von uns erfassten Daten deckt. Deutlich wird auch, dass Störungen im Sozialverhalten nur selten als Einfachdiagnose gestellt werden. 43/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Häufig treten diese in Kombination mit anderen Störungen im Sozialverhalten oder weiteren Entwicklungsstörungen auf. Zwei von drei Mädchen hatten keine Diagnose mit Störung im Sozialverhalten, während nur vier von 17 Jungen keinen Befund in diesem Bereich aufzeigten. Dies stimmt im Wesentlichen mit den in der Literatur gefundenen Werten überein, nach welchen Mädchen drei bis viermal weniger häufig diesen Befund gestellt bekommen (vgl. 4.4). Generell war auffällig, dass nur zwei von 20 Patienten eine Einfachdiagnose gestellt bekommen und sonst alle mindestens Zweifachdiagnosen erhalten haben. Auf Grund dessen, dass Störung im Sozialverhalten zu den Hauptdiagnosen in der Kinderund Jugendpsychiatrien zählt, entschieden wir uns dazu, diesen Befund genauer zu betrachten und heraus zu finden, wie Psychomotoriktherapie als pädagogisch- therapeutisches Konzept daran arbeiten kann. 4.2 Definition „Bei allen Störungen des Sozialverhaltens handelt es sich um Verhaltensweisen, mit denen altersgemässe Normen, Regeln und/oder Rechte anderer beeinträchtigt werden“ (Steinhausen, 1996, S. 219). Damit werden vier Gruppen von Problemverhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen zusammengefasst: oppositionelles, aggressives, delinquentes und kriminelles Verhalten (vgl. Beelmann & Raabe, 2007). Synonym für Störung im Sozialverhalten werden in der Literatur auch die Begriffe "Dissozialität" und "antisoziales Verhalten" verwendet. Wir werden in unserer Arbeit den Begriff "Störung im Sozialverhalten" verwenden, um für Klarheit in der Begrifflichkeit zu sorgen und zur Leserlichkeit beizutragen. 4.3 Klassifikation 4.3.1 Klinisch-kategoriale Ansätze Klinisch-kategoriale Ansätze beziehen sich auf Verhaltenssyndrome, welche den Störungsdefinitionen internationaler psychiatrischer Klassifikationssystemen DSM-IV und ICD-10 entsprechen. Klinisch-kategorial wird der Ansatz genannt, da er sich auf den psychiatrischen und damit klinischen Bereich bezieht und ein Klassifikationssystem mit Kategorien bildet. Für Störung im Sozialverhalten mit Beginn in der Kindheit und Jugend werden nach DSM-IV und ICD-10 Verhaltensstörungen wie folgt klassifiziert: 44/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler DSM-IV ICD-10 Störung des Sozialverhaltens (312.8) Hyperkinetische Störung (F90) Oppositionelles Trotzverhalten (313.81) − Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörungen (F90.0) Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung (314.0) − Unaufmerksamkeit (314.00) − Hyperaktivität / Impulsivität (314.01) − Sozialverhaltens (F91.0) Störungen des Sozialverhaltens (F91) − Kombiniert Hyperkinetische Störungen des Auf den familiären Rahmen beschränkt (F91.0) − Bei fehlenden sozialen Bindungen (F91.1) − Bei vorhandenen sozialen Bindungen (F91.2) − Mit oppositionellem/ aufsässigem Verhalten (F91.3) Kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und Emotion (F92) − Mit depressiver Störung (F92.0) − Sonstige kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen (F92.8) Nicht näher bezeichnete kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen (F92.9) (Beelmann & Raabe, 2007, S. 20) 4.3.2 Empirisch-taxonomische Ansätze Unter dem Begriff der Taxonomie wird die Einordnung der Lebewesen in ein biologisches System verstanden. Taxonomisch ist das Adjektiv zur systematischen Vorgehensweise nach der Methode der Taxonomie (vgl. Wermke et al., 2007). 45/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Empirische Ansätze stützen sich auf Erfahrungen, Beobachtungen und Experimente (vgl. Wermke et al., 2007). Einzelne Problemverhaltensweisen werden in den empirisch-taxonomischen Ansätzen mit dimensionalen Verfahren zu Symptomgruppen zusammengefasst. Es werden dabei internalisierende (u.a. Ängstlichkeit, Depression, psychosomatische Störungen), externalisierende (Aggression, Delinquenz) und gemischte Symptomgruppen gebildet (Beelmann & Raabe, 2007). Externalisierendes Verhalten kann mit der Definition von Störung im Sozialverhalten gleichgesetzt werden. Mit den folgenden Quadranten können die verschiedenen Systeme aufgezeigt werden, in die Patienten mit Störung im Sozialverhalten empirisch-taxonomisch eingeteilt werden können. Destruktiv Quadrant A: Quadrant B: Eigentumsverletzungen Aggressives Verhalten (Bsp. Stehlen) (Bsp. Schlagen) Verdeckt Offen Quadrant C: Quadrant D: Statusverletzungen (z.B. Oppositionelles Schule schwänzen) Verhalten (z.B. Wutanfälle) Nichtdestruktiv ( Beelmann & Raabe, 2007, S. 18) 46/84 Bachelor-These 4.4 Simone Rüegg & Angela Wyler Diagnostik 4.4.1 Kriterien zur Diagnose der Störung des Sozialverhaltens nach DSM-IV Die Diagnostik nach DSM-IV mit Störung im Sozialverhalten (312.8) besteht aus 15 Kriterien, die in vier Kategorien eingeteilt sind (die vollständige Übersicht ist im Anhang zu finden). In der ersten Kategorie ist aggressives Verhalten gegenüber Mensch und Tier zu finden (u.a. beginnt der Patient häufig Schlägereien, ist körperlich grausam zu Mensch und Tier, zwingt andere zu sexuellen Handlungen). Die zweite beinhaltet das Zerstören von Eigentum (Brandstiftung, vorsätzliche Zerstörung). In der dritten Kategorie sind die Kriterien Betrug und Diebstahl (Einbrüche, häufiges Lügen, um sich Vorteile zu verschaffen). In der vierten und letzten Kategorie finden sich schwere Regelverstösse (häufiges Wegbleiben über Nacht, Schulschwänzen) (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007). Mindestens drei der 15 Kriterien müssen für eine Diagnosestellung während den letzten zwölf Monaten aufgetreten sein. Eine der drei Kriterien muss sich im Zeitraum der letzten sechs Monate gezeigt haben. Die Verhaltensstörungen bringen zudem Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen mit sich, die klinisch bedeutsam sind (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007). Weiter wird in der Diagnosestellung nach Alter der Betroffenen bei Störungsbeginn unterschieden. Beginnt eines der oben genannten charakteristischen Symptome vor dem zehnten Lebensjahr, ist dies der Typus mit Beginn in der Kindheit. Treten erst nach dem zehnten Lebensjahr Symptome auf, spricht man vom Typus mit Beginn in der Adoleszenz. Als diagnostisches Kriterium kann nach dem Schweregrad unterschieden werden. Treten zusätzlich zu den notwendigen Kriterien für die Diagnose nur wenige oder gar keine weiteren Probleme im Sozialverhalten auf und wird Anderen durch ihr Sozialverhalten zudem nur geringer Schaden zugefügt, wird nach dem DSM-IV die leichte Form des Schweregrades angegeben. Die schwere Form kennzeichnet sich dadurch, dass neben den erforderlichen diagnostischen Symptomen viele weitere Probleme des Sozialverhaltens auftreten oder dass Anderen durch die Störung des Sozialverhaltens beträchtlich Schaden zugefügt wird (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007). 4.4.2 Kriterien zur Diagnose der Störung des Sozialverhaltens nach ICD-10 Beim diagnostischen Instrument ICD-10 werden 23 Verhaltensweisen zur Diagnostik von Störungen im Sozialverhalten (F91) angegeben (die vollständige Übersicht ist im Anhang zu finden). 47/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Die ersten acht Kriterien beschreiben oppositionelles Trotzverhalten (häufiges Streiten, Wutausbrüche). Diese Kriterien sind nicht so auffällig und führen zu einem grossen Spektrum des Vorkommens. Die folgenden 15 Kriterien entsprechen ungefähr den Kategorien aus dem DSM-IV mit aggressivem Verhalten gegenüber Mensch und Tier, Zerstörung von Eigentum, Betrug oder Diebstahl und schwere Regelverstösse. Für eine Diagnose der Störung im Sozialverhalten müssen drei Kriterien der Verhaltensweisen neun bis 23 gegeben sein, die über mindestens sechs Monate aufgetreten sind. Einzelne Kriterien wie Gebrauch von Waffen, körperliche Grausamkeit gegenüber Menschen, absichtliche Destruktivität gegenüber dem Eigentum anderer (ausser Brandstiftung), absichtliches Feuerlegen, kriminelle Handlungen (direkter Angriff auf Opfer), Zwingen einer anderen Person zu sexuellen Aktivitäten und Einbruch reichen schon bei einmaligem Vorkommen zu einer Diagnose (Dilling, Mombour & Schmidt, 2005; Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007). 4.4.3 Inhaltliche Unterschiede zwischen DSM-IV und ICD-10 bezogen auf die Störungen im Sozialverhalten Bei DSM-IV werden Störungen des Sozialverhaltens und oppositionelles Trotzverhalten getrennt klassifiziert und schliessen sich als Diagnose gegenseitig aus. Oppositionelles Trotzverhalten geht nach DSM-IV oftmals der Störung des Sozialverhaltens voraus. Hingegen bilden bei ICD-10 die ersten acht Kriterien eine Unterkategorie der Störung des Sozialverhaltens in Form des oppositionellen Verhaltens. 4.5 Häufigkeit Die Häufigkeit der Störung im Sozialverhalten liegt zwischen 2-9 % der Gesamtpopulation (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007). Bei Jungen wird die Störung drei bis viermal so häufig diagnostiziert wie bei Mädchen. Die Häufigkeit wird bei zehn- bis zwölfjährigen Jungen mit 4-8% angegeben (Steinhausen, 1996). Im Geschlechtervergleich wird in der Literatur deutlich, dass Mädchen vermehrt verbale Aggressivität, Jungen hingegen mehr körperliche Aggressivität zeigen. Risikofaktoren für die Entwicklung einer Störung im Sozialverhaltens sind soziale Schichtzugehörigkeit (untere Schicht häufiger betroffen), ungünstige soziale und familiäre Faktoren (Grossfamilien, grosse Kinderzahl), psychische Störungen der Eltern (Alkohol- 48/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler missbrauch, Delinquenz des Vaters, emotionale Störung der Mutter). Die Störung tritt ausserdem häufiger in Städten auf (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Sass et al., 1996; Steinhausen, 1996). 4.6 Komorbidität In der Literatur werden im Zusammenhang mit Störungen im Sozialverhalten folgende Begleitstörungen angegeben: − Dissoziale Störungen begleitet durch emotionale Störungen − Hyperkinetische Störungen − Organische Psychosyndrome − Spezifische Lernstörungen mit der Folge von Schulversagen − Drogenmissbrauch − Psychosen − Angststörungen (komplexer Zusammenhang) − Depressive Störungen (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Steinhausen, 1996) 4.7 Ätiologie 4.7.1 Konstitutionelle Faktoren Zu den konstitutionellen Faktoren gehört die Temperamentsstruktur des Kindes. Die Vulnerabilität wird beeinflusst durch Alkohol- und Drogenkonsum sowie dissoziale oder psychopathologische Persönlichkeitsstruktur der biologischen Eltern. Eine Tendenz zu unsicheren Bindungen zu primären Bezugspersonen wird erwähnt. Die Fähigkeit, Affekte im speziellen Ärger regulieren zu können, ist beeinflusst durch die Konstitution. Das männliche Geschlecht gilt als weiterer Risikofaktor (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Sass et al., 1996; Steinhausen, 1996). 4.7.2 Soziale und familiäre Faktoren Im familiären Bereich gibt es mehrere Risikofaktoren, unter anderem anhaltende Disharmonie und aggressives, antisoziales Verhalten von Eltern und Geschwistern (soziale Lerntheorie, wie auch Erleben am eigenen Körper durch Misshandlung oder sexueller Missbrauch). Grosse Familien und sozioökonomische Belastungen steigern das Risiko für 49/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler eine Störung im Sozialverhalten. Ein weiterer Risikofaktor ist ein stark strafender, restriktiver, inkonsequenter und wenig anregender Erziehungsstil wie auch eine fehlende Betreuung. Frühe Einweisung in eine Anstalt und häufiger Wechsel der Pflege- und Bezugspersonen erhöhen das Risiko weiter (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Sass et al., 1996; Steinhausen, 1996). 4.7.3 Peer Gruppe und Schule Aggressive Modelle finden sich vor allem unter Gleichaltrigen. Die innere Organisation und das Klima einer Schule tragen dazu bei, dass Kinder Schule schwänzen, eine geringe Arbeitsmotivation entwickeln und z.B. Schulräume verunstalten (Klicpera & GasteigerKlicpera, 2007; Sass et al., 1996; Steinhausen, 1996). 4.7.4 Massenmedien Massenmedien, wie Fernsehen, Videofilme und Computerspiele beeinflussen, insbesondere durch Gewaltdarstellungen, die Entwicklung von aggressivem Verhalten (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007). 4.8 Verlauf Der Störung im Sozialverhalten geht häufig eine Auffälligkeit mit oppositionellem Trotzverhalten voraus. Dies zeigt sich vor allem in Unfolgsamkeit und häufigen Zornausbrüchen der Kinder. Im Schulalter kommen Zündeln, Stehlen sowie aggressives Verhalten gegen andere Kinder und schliesslich Schulschwänzen hinzu. Im Jugendalter können Vandalismus, Alkohol- und Drogenmissbrauch folgen. Störungen des Sozialverhaltens bringen eine weitaus weniger günstige Prognose mit sich, als andere kinder- und jugendpsychiatrische Störungen. Aufgrund dessen ist es besonders wichtig, effiziente therapeutische Massnahmen für die Betroffenen und ihre Eltern zu finden (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007). 50/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 5 Psychomotorische Spielideen zur Behandlung von Patienten mit Störungen im Sozialverhalten 5.1 Eingrenzung des Themas Um aufzuzeigen, wie die Psychomotoriktherapie im Themengebiet der Störung im Sozialverhalten ansetzen kann, ist es notwendig, die Psychomotoriktherapie zu definieren. Wir entschieden uns für folgende Definition: „Bei der Psychomotoriktherapie handelt es sich um ein pädagogisch-therapeutisches Konzept der kindlichen Entwicklungsförderung, bei dem Spiel und Bewegung als zentrale Erfahrungs- und Interaktionsmedien eingesetzt werden. Ziel ist eine ganzheitliche Förderung der Persönlichkeitsentwicklung in den Dimensionen Ich-, Sach- und Sozialkompetenz.“ (Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik, 2009) In der Psychomotoriktherapie wird unter anderem: − das Selbstwertgefühl gestärkt − Empathiefähigkeit gefördert − der Umgang mit Gefühlen erlernt − das Regelverständnis erarbeitet − Handlungsalternativen erprobt − Spannung reguliert − Soziales Verhalten vermittelt Die Psychomotoriktherapie kann mit diesen Eigenschaften einen wesentlichen Beitrag an die psychosoziale Gesamtentwicklung leisten, zu der auch das Sozialverhalten und ihre Störungen gehören. Wie bereits beschrieben, setzt sich die Störung des Sozialverhaltens aus oppositionellem, aggressivem, delinquentem und kriminellem Verhalten zusammen. Mit dem dargelegten Verständnis von Psychomotoriktherapie kann anhand psychomotorischer Interventionen direkt an oppositionellem und aggressivem Verhalten gearbeitet werden. Beispielhaft beschreiben wir später Therapiephasen und psychomotorische Spielideen dazu. 51/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Gegen delinquentes und kriminelles Verhalten planen wir keine direkten Interventionen, da dies ausserhalb unseres Aufgabengebietes liegt. Wir vermuten jedoch, durch die gesamte Persönlichkeitsentwicklung aufgrund der Psychomotoriktherapie ebenfalls Einfluss auf diese Verhaltensweisen nehmen zu können. Im Kontext der Kinder- und Jugendpsychiatrie möchten wir betonen, dass wir in der Psychomotoriktherapie nicht die einzige Therapiemassnahme für Störungen im Sozialverhalten sehen, sondern sie als hilfreiches Ergänzungsangebot zu bereits bestehenden Therapien verstehen. 5.2 Theoretische Ableitung der Interventionen Um psychomotorische Interventionen für die Störung im Sozialverhalten zu planen, leiteten wir aus der Literatur Ziele in der Arbeit mit Patienten mit Störungen im Sozialverhalten ab und entwickelten Spielideen, um die Ziele zu erreichen. Folgende Bereiche sollten in der Therapie von Störungen im Sozialverhalten gefördert werden: − Fähigkeit zum Emotionsverständnis − Fähigkeit, Emotionen zu äussern und allgemeine Kommunikationsfähigkeit zu verbessern − Perspektivenübernahmen und Empathiefähigkeit − Erweiterung des Selbstkonzeptes des Kindes (abgewehrte Erfahrungen integrieren, Selbstwertgefühl) − Fähigkeit zur Emotionskontrolle − Fähigkeit zur Verhaltenskontrolle (Wünsche, Gefühle, Bedürfnisse vs. Verhalten) − Angemessene soziale Verhaltensfertigkeiten − Schrittweises Erlernen, Probleme zu lösen, Handlungsplanung − Unabhängiges Denken (Entscheidungen treffen, Verantwortlichkeitsübernahme für die Lösung eigener Probleme) − Positiver Selbstwert (Beelmann & Raabe, 2007; Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Schilling 2000; Weinberger, 2007) Weiter finden wir in der Literatur folgende unterstützende Haltungen im Umgang mit aggressiven Kindern: 52/84 Bachelor-These − Simone Rüegg & Angela Wyler Wachheit und Momentzentriertheit, um auf blitzschnelle Reaktionen des Kindes zu reagieren − Genaues Wahrnehmen des Stimmungszustandes des Kindes, um rechtzeitig reagieren können, Grenzen zu setzten und eine mögliche Eskalation verhindern zu können. − Benennen und Beachten von erwünschten Verhaltensweisen und positives Feedback dafür geben − Innerhalb der erreichten Fähigkeiten des Kindes Wahlmöglichkeiten offen lassen − Positives, unkritisches Interesse vermitteln − Einfühlendes Verstehen (Empathie) − Unbedingte Wertschätzung des Kindes, was nicht heisst, dass sein Verhalten gebilligt wird − Echtheit und Kongruenz vermitteln, um ein klares Modell für das Kind zu sein (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Weinberger, 2007) Damit der therapeutische Prozess möglichst fruchtbar ist, ist allgemein eine vertrauensvolle Beziehung zwischen den Patienten und den Therapeuten Voraussetzung. 5.3 Anleitung zu den psychomotorischen Spielideen in acht Phasen Wir entwickelten psychomotorische Spielideen für Patienten mit Störungen im Sozialverhalten im Alter von sechs-14 Jahren in acht Phasen. Die Spielideen sind skizziert und sollen als Anstoss für eine Therapieplanung dienen. Die Therapeuten entscheiden, welche Spiele geeignet sind und wie sie für die jeweilige Gruppe konkretisiert, angepasst und umgesetzt werden können. Wir konzentrierten uns bei der Entwicklung der Spielideen auf das oppositionelle und aggressive Verhalten und schliessen kriminelles und delinquentes Verhalten aus. Die Spielideen sind für Gruppen von fünf bis acht Kindern und Jugendlichen gedacht. Bei der Zusammensetzung der Gruppe ist darauf zu achten, dass die Altersunterschiede nicht zu gross sind, damit die Entwicklungsthemen nicht zu unterschiedlich sind und eine gemeinsame Durchführung der Übungen möglich ist. Die Therapeuten entscheiden, ob besonders schwere Fälle zuerst Einzeltherapie bekommen und erst später in eine Gruppe eintreten oder ob sie schon zu Beginn in eine Gruppe kommen. 53/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Für jede Phase haben wir Ziele formuliert, damit deutlich wird, an welchen Schwerpunkten in einer Phase gearbeitet wird und worauf die Spielideen aufgebaut sind. Die Ziele haben wir aus dem „Dina Dinosaurier Sozial Skills and Problem- Solving Curriculum“ (Bellmann & Raabe, 2007) und weiterer Literatur (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Schilling 2000; Weinberger, 2007) abgeleitet. Teilweise haben wir die Ziele aus der Literatur etwas verfeinert und in kleinere Schritte aufgeteilt. Der Schwerpunkt der Therapiestunde ist durch die formulierten Ziele gesetzt und kann zu verschiedenen Zeitpunkten der Stunde umgesetzt werden. Ein Ziel kann über mehrere Stunden hinweg zentral sein. Neben dem Fokus auf die Ziele sollten in jeder Stunde auch Aggressions- und Spannungsabbau, Reflexion und Entspannung Platz finden. Die Phasen bauen aufeinander auf und beginnen bei grundlegenden Kompetenzen (z. B. Regelverständnis, Kommunikationsfähigkeit). Die erworbenen Ziele der vorhergehenden Phasen sind Voraussetzungen, um die Ziele der nächsten Phase erreichen zu können. Wie lange eine Phase dauert, ist abhängig von der jeweiligen Gruppenzusammensetzung und kann von den Therapeuten selbst angepasst werden. Die Übergänge der Phasen sind fliessend. Zu jeder Phase erarbeiteten wir vier Spielideen, von denen die Therapeuten selbst diejenigen auswählen können, welche sie für die Gruppe geeignet finden. Die Spielideen sind so gestaltet, dass sie eine gute Grundlage bilden, aber auch Möglichkeiten zur Variationen offen lassen und der jeweiligen Gruppe angepasst werden können. Ausserdem sind sie so ausgewählt, dass sie zur Erarbeitung der Ziele beitragen. Sie sind für eine oder mehrer Altersstufen geeignet, was bei der Beschreibung des Spiels jeweils durch ein Kreuz in der entsprechenden Altersgruppe angegeben wird. Abgeleitet durch unsere Erfahrung im therapeutischen Setting, erachten wir folgende Regeln als sinnvoll: − Stoppregel − Einander psychisch und körperlich nicht verletzen − Keine vorsätzliche Sachbeschädigung − Safeplace: Das Kind kann den Ausstieg und Einstieg in das Spiel selbst bestimmen und sich an einen sicheren Platz zurückziehen. − Time out: Die Therapeuten bestimmen, wann sich ein Kind auf einen von ihnen bestimmten Platz im Raum zurückziehen soll und wann es wieder ins Spiel einsteigen kann. Es wird thematisiert, dass dies nicht eine Strafe ist, sondern eine Möglichkeit, 54/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler sich zu sammeln. Bevor das Time out aufgelöst wird, reflektiert das Kind mit den Therapeuten, weshalb es zu einem Time out kam und ob es bereit sei, wieder einzusteigen. Es wird angestrebt, dass die Kinder mit der Zeit nicht mehr von den Therapeuten in das Time out geschickt werden, sondern selbst merken, dass sie eine Auszeit brauchen und selbstständig in den Safeplace gehen. 5.4 Psychomotorische Spielideen 5.4.1 Phase 1 Ziele der Phase: − Beziehungsaufbau − Bedeutsamkeit von Regeln kennen − Folgen von Regelverletzungen thematisieren − Strukturen und Regeln im therapeutischen Setting sind klar und werden akzeptiert Phase 1 1.Spiel Titel: Gruppierungsspiel Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Beziehungsaufbau X Beschreibung des Spiels: Kinder sind verteilt im Raum. Die Therapeuten stellen die Aufgabe, sich nach beispielsweise Anzahl Geschwister, Lieblingsmusik, Schuhgrösse usw. zu gruppieren. Es können bestimmte Orte zugewiesen werden (alle Einzelkinder gehen in die rechte Ecke, alle mit einem Geschwister in die Linke usw.) oder es den Kindern selbst überlassen, wie sie sich gruppieren. Das Spiel wird mit verschiedenen Themen wiederholt. Phase 1 55/84 Bachelor-These 2.Spiel Titel: Königsspiel Simone Rüegg & Angela Wyler Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Bedeutung von Regeln kennen lernen Beschreibung des Spiels: Die Kindergruppe wird in zwei Hälften geteilt. In der einen Gruppe sind alles Könige und in der anderen sind alle Wächter. Jeder König baut sich aus Bauklötzen am Rand des Raumes den Grundriss eines Hauses, wo er Sandsäcke aufbewahren kann. In der Mitte des Raumes liegt eine Matte. Die Könige versuchen nun, ihre Sandsäcke einzeln zur Matte zu transportieren. Die Wächter versuchen, dies durch Berührung zu verhindern und die Säcke dadurch zu rauben. Im Haus und auf der Matte sind die Könige sicher. Anhand des Spieles kann thematisiert werden, dass es Regeln braucht, Regelverstösse nervend sind und das Spiel aus dem Ruder laufen kann. Mögliche Schwierigkeit: Es ist möglich, dass das Spiel recht laut wird und die Patienten sich ungerecht behandelt fühlen. Diese emotionalen Reaktionen dienen dazu, den Nutzen von Regeln zu verstehen. Phase 1 3.Spiel Titel: Ballspiel Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre Ziel: Bedeutung von Regeln kennen lernen X X Beschreibung des Spiels: Die Kindergruppe wird in zwei Hälften geteilt. Jede Hälfte erhält einen oder mehrere Bälle und wird einem Tor zugewiesen. Die Aufgabe besteht darin, auf der anderen Seite ein Tor zu machen. Ansonsten gibt es keine Regeln. Die Therapeuten pfeifen nur bei einem Tor. Im Verlauf des Spieles können Reflexionsrunden einberufen werden, wo thematisiert wird, was gut und was weniger gut 56/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler funktioniert und woran das liegen könnte. Mit den Kindern wird ausgehandelt, welche Regeln eingeführt werden und wie mit Regelverstössen umgegangen wird. Im nächsten Schritt kann das Spiel mit den neuen Regeln gespielt werden. Wichtig: Die Regeln des Therapieraumes bleiben bestehen. Phase 1 4.Spiel Geeignet für folgende Altersgruppen: Titel: „ Wenn du dich nicht an die 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Regeln hältst, dann...“ Ziel: Folgen von Regelverletzungen X erleben. Mitbestimmen können. Beschreibung des Spiels: Es wird ein beliebiges Regelspiel gewählt und mit den Kindern ausgehandelt, welche Konsequenzen ein Regelverstoss hat. Die Konsequenzen werden von den Patienten selbst auf Karten geschrieben oder gezeichnet. Kommt es beim Regelspiel zu einem Verstoss gegen die Regeln, wird eine Karte gezogen und die Konsequenz durchgeführt. Beispiele: Eine Runde rennen, 5 Liegestützen, Time out... Mögliche Schwierigkeit: Je nachdem, was auf die Karten geschrieben wird, kann die Konsequenz Anreiz geben oder abschreckend wirken. Die Therapeuten coachen die Patienten in der Entwicklung sinnvoller Konsequenzen, indem ungeeignete Karten nach der Erprobung überarbeitet werden können. 57/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 5.4.2 Phase 2 Ziele der Phase: − Zuhören können − Sich mitteilen können − Andere Meinungen wahrnehmen Phase 2 1.Spiel Titel: Führen und geführt werden Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre Ziel: Zuhören üben X X Beschreibung des Spiels: Es werden Zweiergruppen gebildet. Einem Kind werden die Augen verbunden. Das andere Kind führt es über verbale Anweisungen durch den Raum. Dann werden die Rollen gewechselt. Mögliche Schwierigkeiten: Das Spiel ist schwierig für Patienten, die sich verbal nicht gut ausdrücken können sowie für fremdsprachige Patienten. Phase 2 2.Spiel Titel: Einführung des Talking Sticks Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Zuhören üben, sich mitteilen üben, andere Meinungen anhören X Beschreibung des Spiels: Der Talking Stick ist ein Stab, der in einer Diskussion gebraucht wird und dem Träger das Wort gibt. Alle anderen hören zu und können mit Hand erheben den Talking Stick einfordern. (Der Talking Stick kann für kleinere Kinder auch durch eine Tierfigur ersetzt 58/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler werden.) Weiter kann der Talking Stick in Reflexionen oder Gruppendiskussionen (auch bei der Entwicklung eines Spieles) eingesetzt werden. Wenn der Talking Stick eingesetzt wird, stellt sich die Frage: Welche Spiele werden gespielt? Wo finden wir einen Kompromiss, wenn wir unterschiedlicher Meinung sind? Welche Regeln brauchen wir? Die Therapeuten übernehmen die Moderation des Gespräches, sie coachen die Gruppe und können sich ohne den Talking Stick einbringen. Phase 2 3.Spiel Titel: Was hörst du? Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre Ziel: Einander zuhören üben, sich X mitteilen üben, andere Meinungen X wahrnehmen Beschreibung des Spiels: Die Therapeuten lassen ein (klassisches) Musikstück laufen. Die Patienten hören zu und malen während oder nach dem Lied Stimmungen und Bilder zum Lied. Anschliessend wird in der Gruppe ausgetauscht, was gehört wurde. Phase 2 4.Spiel Titel: Der König regiert Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre Ziel: Einander zuhören üben, sich mitteilen üben, andere Meinungen X wahrnehmen Beschreibung des Spiels: 59/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Die Therapeuten erzählen zum Einstieg eine kurze Geschichte, welche die Patienten in eine vergangene Zeit reisen lässt. Dort gibt es immer einen König, der durch ein Kind gespielt wird. Jedes Kind darf einmal König sein und das Geschehen der Gruppe bestimmen, indem er klare Befehle gibt. Der König ist gekennzeichnet durch eine Krone und sitzt auf einem Thron. Die anderen Kinder hören dem König gut zu und gehorchen seinen Befehlen. Die Therapeuten achten darauf, dass jedes Kind gleich lang König sein darf und seine Befehle befolgt werden. Mögliche Schwierigkeit: Das Spiel ist schwierig für Patienten, die sich verbal nicht gut ausdrücken können sowie für fremdsprachige Patienten. 5.4.3 Phase 3 Ziele der Phase: − Eigene Stärken und Schwächen kennen lernen − Selbstwirksamkeit erleben − Entscheidungen treffen Phase 3 1.Spiel Titel: Bazar Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre Ziel: Eigene Stärken und Schwächen kennen lernen X Beschreibung des Spiels: Die Kinder machen sich Gedanken über ihre Stärken und Schwächen. Im nächsten Schritt bereiten sie einen Verkaufsstand vor, den sie schön gestalten und ihre Stärken und Schwächen auf Papierstreifen zum Tausch anbieten. Der Bazar wird eröffnet und das Tauschgeschäft kann beginnen. Jeder kann selbst bestimmen, wie viel er von einer Eigenschaft ergattern oder tauschen möchte (z.B. 1/2 Ordentlichkeit, 2/3 Fröhlichkeit usw.). 60/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Phase 3 2.Spiel Titel: Das freie Spiel Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Sich selbstwirksam erleben, Entscheidungen treffen X Beschreibung des Spiels: In einer freien Spielsituation wird dem Kind die Möglichkeit geboten, sich eine Aktivität auszuwählen, die es gut beherrscht und gerne macht. Das Kind kann den Schwierigkeitsgrad und das Ziel der Aktivität selbst bestimmen und erlebt sich so als selbstwirksam. In der Gruppe wird jedem Kind die Möglichkeit gegeben, vorzustellen, was es gemacht hat. Schwierigkeit: Es gibt Kinder, die sich selbst wenig zutrauen und nicht wissen, was sie wählen könnten. Mit diesen Kindern können die Therapeuten vorbesprechen und thematisieren, was sie in der freien Spielsituation wählen könnten und so die Kinder auf der Suche nach Ideen unterstützen. Phase 3 3.Spiel Titel: Bewegungslandschaften Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Sich selbstwirksam erleben X Beschreibung des Spiels: Es wird eine Bewegungslandschaft aufgebaut (mit oder ohne Hilfe der Kinder), die verschiedenen Schwierigkeitsgrade beinhaltet. Das Kind wählt aus, womit (d.h. mit welchem Material, Spielzeug, etc.) mit was und wie lange es sich an einem Bereich aufhält. Ideen für Bewegungslandschaften: 61/84 Bachelor-These − Simone Rüegg & Angela Wyler SVSS Schweizerischer Verband für Sport in der Schule (Hrsg.). (2006). Mut tut gut!. Bewegen, riskieren, erleben auf der Basisstufe (4. Auflage). Lenzburg: Kromer Print AG. − Zebenli-Sigrist, E., (2007). Bewegungslandschaften. Psychomotorisches Konzept Bewegungslandschaften (2. Auflage). Bern: Schulverlag blmv AG. Phase 3 4.Spiel Titel: Feedbackrunde Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Eigene Stärken und Schwächen durch eigene Reflexion und Feedback X Anderer kennen lernen. Beschreibung des Spiels: Gesprächsrunde, bei der zu jedem Mitglied der Gruppe etwas Positives gesagt wird („ ich finde toll an dir, dass du ...“). Ist dies möglich, können in einem weiteren Schritt Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt werden („ ich fände es schön, wenn du...“) oder Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern aufgezeigt werden („ich bin weniger ordentlich als du, dafür kann ich besser backen“) Wichtig: Positive Gesprächskultur als Grundregel beachten 5.4.4 Phase 4 Ziele der Phase: − Verschiedene Gefühle kennen − Verschiedene Gefühle am eigenen Körper wahrnehmen und beschreiben können − Ursachen für Gefühle finden 62/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Phase 4 1.Spiel Titel: Befindlichkeiten äussern Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Verschiedene Gefühle kennen und äussern lernen X Beschreibung des Spiels: Am Anfang oder am Schluss der Stunde können die Kinder anhand von verschiedenen Hilfsmitteln Befindlichkeiten äussern: − Smilies − Gefühlsbarometer − Gefühlsdinos − Gefühlskarten − Knete: Darin ist ein Schatz der Stunde (d.h. etwas was ihnen besonders gut gefallen hat) als glänzender Stein und etwas, was ihnen nicht gefallen hat, als einen weniger schönen Stein, vergraben. Die Kinder graben diesen aus und benennen ihn. − Befindlichkeiten können auch gezeichnet oder nur verbalisiert werden. Die Therapeuten können den Kindern zu Beginn auch helfen, indem sie anhand von „IchBotschaften“ die Gefühle der Kinder einschätzen. Bsp. „ Ich habe den Eindruck, dass du heute wütend warst.“ Phase 4 2.Spiel Titel: Gefühlsmasken Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Verschiedene Gefühle kennen lernen und am eigenen Körper X wahrnehmen Beschreibung des Spiels: 63/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Die Kinder stellen aus Papptellern Gefühlsmasken her (siehe Anhang). Die Masken werden in Bewegung einander gezeigt und mit Körpersprache untermalt. Dazu wird thematisiert: „Wie gehe ich, wenn ich wütend bin“, „Wie gehe ich, wenn ich traurig bin“ oder „Wie gehe ich, wenn ich fröhlich bin“. − Erkert, A. (2003). Spiele zum Abbau von Aggressivität (1. Auflage). München: Don Bosco Verlag. Phase 4 3.Spiel Titel: Geschichte spielen Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre Ziel: Verschiedene Gefühle am X eigenen Körper wahrnehmen und beschreiben können Beschreibung des Spiels: Die Therapeuten erzählen eine Geschichte, in welcher der Hauptakteur verschiedene Gefühle durchlebt (z.B. „Die Wut des kleinen Tigers“ Erkert (2003), siehe Anhang). Die Kinder setzten die Geschichte in Bewegung um. − Erkert, A. (2003). Spiele zum Abbau von Aggressivität (1. Auflage). München: Don Bosco Verlag. Phase 4 4.Spiel Titel: „Warum bin ich so wütend“ Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre Ziel: Ursachen für Gefühle finden X Beschreibung des Spiels: Ein Kind aus der Gruppe wird gebeten, eine Situation zu beschreiben, in der es wütend, traurig, fröhlich usw. war. Die Situation wird mit der Gruppe nachgespielt und 64/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler anschliessend wird reflektiert, was die Ursache des Gefühls war. In der Schlussreflexion kann allgemein gesammelt werden, welche Situationen welche bestimmten Gefühle bei uns auslösen. 5.4.5 Phase 5 Ziele der Phase: − Die Perspektive eines anderen übernehmen können − Unterschiede in nonverbale Kommunikation sehen Phase 5 1.Spiel Titel: Rollen erproben Ziel: Perspektive eines anderen übernehmen können Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre X Beschreibung des Spiels: Die Therapeuten geben eine Situation vor. Die Kinder spielen diese nach oder verändern sie. Dabei werden die Rollen immer wieder getauscht, damit die Situation aus verschiedenen Perspektiven wahrgenommen werden kann. Für elf bis 14-Jährige wäre eine weitere Variation, Rollen zu erproben, indem sie verschiedene Charaktere spielen (Bsp. ängstlicher, wortkarger Herr Meier oder nervöse und ungeduldige Frau Hunziker usw.) und in diesen Rollen in einer Diskussion argumentieren. 65/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Phase 5 2.Spiel Titel: Rollentausch Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Erfahren, wie eigenes Verhalten auf andere wirkt, wie sich die Rolle der X Therapeuten anfühlt. Perspektivenübernahme. Beschreibung des Spiels: Für diese Stunde werden die Rollen getauscht und jedes Kind ist einmal Therapeut und leitet einen Teil der Stunde. Die Therapeuten versetzen sich in die Rolle der Kinder und spielen deren Verhaltensweisen übertrieben nach. Phase 5 3.Spiel Titel: „ohne Worte“ Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre Ziel: Unterschiede in nonverbaler Kommunikation erleben X Beschreibung des Spiels: Die Therapeuten begegnen den Kindern in verschiedenen Körper- und Gangarten. Die Kinder bleiben dabei stehen und beobachten. In der Runde wird berichtet, wie die Körperhaltung auf die Kinder wirkte, wie sie sich gefühlt haben. Ebenso erzählen die Therapeuten, wie sie sich dabei gefühlt haben. In einem weiteren Schritt können die Rollen gewechselt werden. 66/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Phase 5 4.Spiel Geeignet für folgende Altersgruppen: Titel: Pantomime 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Unterschiede in nonverbaler Kommunikation erleben X Beschreibung des Spiels: Pantomimisch Gefühle, Berufsgruppen, Tiere usw. darstellen. Zu zweit Begrüssungen, Streit, Versöhnung, Freundschaft, Feindschaft usw. darstellen. Die Therapeuten wählen die Themen je nach Altersgruppe angepasst. 5.4.6 Phase 6 Ziele der Phase: − Gefühle der Anderen wahrnehmen − Gefühle Anderer nachvollziehen können − Empathiefähigkeit entwickeln Phase 6 1.Spiel Titel: Geschichten spielen Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Gefühle Anderer wahrnehmen üben. Gefühle der Anderen nachvoll- X ziehen üben, Empathievermögen entwickeln. Beschreibung des Spiels: Die Therapeuten erfinden eine oder mehrere Geschichten (kann auch aus Literatur genommen werden), in denen Kinder vor verschiedenen Schwierigkeiten stehen. Sie wird in eigenen Worten den Kindern erzählt. Die Geschichten können nachgespielt werden. 67/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Mit den Kindern werden die Gefühle der Hauptpersonen thematisiert und nachempfunden, indem die Therapeuten den Kindern verschiedene Fragen zur Geschichte stellen. Die Therapeuten machen den Kindern bewusst, dass das Nachempfinden von Gefühlen Einfühlungsvermögen ist. − Schilling, D.(2000). Soziales Lernen in der Grundschule. 50 Übungen, Aktivitäten und Spiele. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr. Phase 6 2.Spiel Titel: Puppenspiel Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Gefühle Anderer wahrnehmen üben. Gefühle der Anderen nachvollziehen üben, Empathievermögen entwickeln. Beschreibung des Spiels: Die Therapeuten bauen mit einer Handpuppe eine Beziehung zur Gruppe auf. Diese Puppe erlebt in einem Spiel verschiedene Situationen (z.B. dramatische, gefährliche, glückliche, lustige, usw. Situationen). Das Rollenspiel wird zwischendurch unterbrochen, um mit den Kindern die Befindlichkeit der Puppe zu thematisieren und die Ursachen für die verschiedenen Gefühle zu finden. In einem weiteren Schritt können die Kinder selbst eine Situation entwerfen, in der eine Puppe ein bestimmtes Gefühl erlebt. Das Publikum darf dann raten, warum diese Puppe am Ende dieses Gefühl hatte. 68/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Phase 6 3.Spiel Geeignet für folgende Altersgruppen: Titel: Gefühlsspiegel 6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre Ziel: Gefühle Anderer wahrnehmen und X nachahmen üben Beschreibung des Spiels: Die Gruppe geht im Kreis herum. Das erste Kind bekommt einen Hut als Zeichen, dass es das erste Gefühl vormachen darf Die Kinder können die Gefühle selbst auswählen oder sie können zu Beginn gemeinsam besprochen werden. Die ganze Gruppe übernimmt und spiegelt dieses Gefühl. Wenn die ganze Gruppe das Gefühl richtig gespiegelt hat, geben die Therapeuten ein Zeichen für die Weitergabe des Hutes. Der Nächste ist nun an der Reihe, ein Gefühl zu spielen. Phase 6 4.Spiel Geeignet für folgende Altersgruppen: Titel: Grimassen raten 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Gefühle Anderer wahrnehmen üben X Beschreibung des Spiels: Die Kinder rennen frei im Raum herum, während die Therapeuten trommeln. Wird das Trommeln gestoppt, stehen sich zwei Kinder gegenüber. Eines macht eine Gefühlsgrimasse vor und sein Gegenüber erratet das Gefühl. Danach werden die Rollen getauscht. 69/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 5.4.7 Phase 7 Ziele der Phase: − Ärger bei sich und Anderen erkennen − Umgang und Kontrolle für ärgerliche Reaktionen finden − Alternative Lösungen für Problemsituationen Phase 7 1.Spiel Titel: „Stress-Alarm“ Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Ärger und Stress bei sich wahrnehmen X Beschreibung des Spiels: Jedes Kind legt sich auf ein Packpapier. Seine Körperumrisse werden von einem Partner mit einem Stift nachgefahren. Mit Wasserfarben und Pinsel werden auf dem Körperumriss die verschiedenen körperlichen Signale bei Ärger aufgemalt. Mit den Kindern wird thematisiert, dass psychischer Stress körperliche Signale hervorruft und diese als Alarmzeichen erkannt werden können. (Beispiel siehe Anhang) − Schilling, D. (2000). Soziales Lernen in der Grundschule. 50 Übungen, Aktivitäten und Spiele. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr. Phase 7 2.Spiel Titel: „Ich werde wütend, was nun?“ Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Umgang und Kontrolle für ärgerliche Reaktionen finden X Beschreibung des Spiels: 70/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Mit der Gruppe wird Bezug genommen auf die Alarmsignale für Ärger. Darauf aufbauend werden Strategien gesucht, die zum Spannungsabbau beitragen und Wutausbrüche verhindern sollen. Die Strategien werden in kurzen Rollenspielen erprobt. Für jedes Gruppenmitglied soll eine oder mehrere persönliche Strategien gefunden werden. Beispiele: − Zähle auf zehn − Schliesse die Augen und atme tief durch − Nimm dich kurz aus der Situation und mache deine Entspannungsübung, z.B. den Yogabaum oder die Windmühlen- Atmung (siehe Anhang) − Wasche dir das Gesicht mit kaltem Wasser − Erinnere dich an das Bild vom Gummimenschen und mache dich ganz locker − Ziehe dich für zwei Minuten aus der Situation heraus, sage du kommst gleich wieder − Nimm einen Schwamm mit und drücke deine Wut hinein − Nimm dich kurz aus der Situation, boxe und kicke deine Wut in die Luft Die Therapeuten machen das Kind in den weiteren Stunden bei aufkommendem Ärger auf ihre persönliche Strategie aufmerksam. Sobald das Kind die Strategie ohne Aufforderung der Therapeuten anwendet, kann darauf hin gearbeitet werden, diese Strategie auch in den Alltag zu integrieren. − Schilling, D. (2000). Soziales Lernen in der Grundschule. 50 Übungen, Aktivitäten und Spiele. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr. Phase 7 3.Spiel Titel: Powerball Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Alternative Lösung für Problemsituation durch X Aggressionsabbau kennen lernen. Beschreibung des Spiels: Die Gruppe und der Raum werden in zwei Hälften geteilt. Die beiden Mannschaften 71/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler bekommen diverse Gymnastikbälle und schiessen damit auf die gegnerischen Tore. Es gibt einen Torwart, der Rest sind Feldspieler, die den Ball nur mit dem Fuss schiessen dürfen. Abwehren mit den Armen ist erlaubt. Die Mittellinie darf nicht überschritten werden. Als Variation könnte das Spielfeld für Sechs- bis Achtjährige kleiner gemacht werden. Phase 7 4.Spiel Geeignet für folgende Altersgruppen: Titel: Strategien zur Konfliktlösung 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Alternative Lösungen für Problemsituationen finden und X erproben. Beschreibung des Spiels: Mit der Gruppe werden verschiedene, persönliche Konfliktsituationen besprochen. „Was ist passiert? Wie hast du den Konflikt gelöst? Wie hättest du sonst reagieren können? “ Um den Kindern weitere Alternativen näher zu bringen, werden neun Strategien für Konfliktlösungen aus Schilling (2000) angeschaut und nachgespielt. Die neun Strategien sind im Anhang zu finden. − Schilling, D. (2000). Soziales Lernen in der Grundschule. 50 Übungen, Aktivitäten und Spiele. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr. 5.4.8 Phase 8 Ziele der Phase: − Bedeutung von Freundschaften kennen − Anderen helfen und mit Anderen teilen − Teamarbeit ist möglich 72/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Phase 8 1.Spiel Titel: Freundebuch Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Bedeutung von Freundschaft kennen lernen Beschreibung des Spiels: Mit den Kindern wird ein Bilderbuch („Freunde“, Heine (2008)) angeschaut und das Thema Freundschaft besprochen. Es können auch Themen aus dem Buch nachgespielt werden. Die Kinder können von ihren Freundschaften erzählen und berichten, was Freunde für sie ausmachen und was ihnen an einer Freundschaft wichtig ist. − Heine, H. (2008). Freunde (7. Auflage). Weinheim: Beltz & Gelberg. Phase 8 2.Spiel Titel: Turmbau Geeignet für folgende Altersgruppen: 6-8 Jahre 8-11 Jahre X X 11-14 Jahre Ziel: Anderen helfen, Teamarbeit fördern X Beschreibung des Spiels: Die Kinder bekommen die Aufgabe, als ganze Gruppe einen möglichst hohen Turm zu bauen. Dabei sollen sie sich erst absprechen, welches Material sie für geeignet halten. In der Umsetzung ist die Gruppe frei. Einzige Bedingung ist, dass der Turm nicht umfallen darf, sonst muss neu begonnen werden. (Beispiel siehe Anhang) − Erkert, A. (2003). Spiele zum Abbau von Aggressivität (1. Auflage). München: Don Bosco Verlag. 73/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Phase 8 3.Spiel Geeignet für folgende Altersgruppen: Titel: Werfen und klatschen 6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre Ziel: Teamarbeit fördern X X Beschreibung des Spiels: Die Kinder werden in zwei Gruppen aufgeteilt und stehen sich im Abstand von ca. vier Metern gegenüber. Eine Gruppe wirft den Ball einem Spieler der anderen Gruppe zu, der ihn fangen soll. Wird der Ball geworfen, klatschen alle Kinder in die Hände, wird er gefangen, stampfen alle mit dem Fuss. Wird der Ball nicht gefangen, wird auch nicht gestampft. Ziel ist es, einen gemeinsamen Rhythmus zu finden. − Krowatschek, D. (2008). Wenn Kinder rot sehen. Aggressionen erfahren, austragen und verhindern (8. Auflage). Lichtenau: AOL Verlag. Phase 8 4.Spiel Geeignet für folgende Altersgruppen: Titel: Diamantenschmuggel 6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre Ziel: Anderen helfen und mit Anderen den Sieg teilen, Teamarbeit fördern X Beschreibung des Spiels: Die Gruppe soll als Ganzes einen Gegenstand (grosser Diamant) von Punkt A nach Punkt B befördern. Der Gegenstand darf zum Transport nicht berührt werden, sondern wird auf Schnüren oder Seilen befördert. Es dürfen nur fünf bis sechs Schnüre verwendet werden. Niemand darf eine Schnur mit zwei Händen berühren, mehrere Personen dürfen jedoch mit einer Hand eine Schnur berühren. 74/84 Bachelor-These 5.5 Simone Rüegg & Angela Wyler Diskussion der psychomotorischen Spielideen Wir haben die psychomotorischen Spielideen auf einer theoretischen Ebene geplant und durchdacht. Die formulierten Übungsideen sind skizziert und lassen Spielraum für Weiterentwicklung. In der Erarbeitung der Ideen haben wir uns immer wieder in unsere praktischen Erfahrungen zurückversetzt und versucht, diese einzubringen. Die zeitlichen Ressourcen reichten nicht aus, um eine Institution zu suchen, in welcher wir die erarbeiteten Spielideen ausführlich ausprobieren konnten. Deshalb ist eine Evaluierung und Weiterentwicklung der Umsetzungsmöglichkeiten zurzeit nicht möglich. Wir können uns bei den Zielen für die verschiedenen Phasen auf Literatur abstützen. Ohne praktische Erprobung können wir aber keine sichere Aussage darüber machen, wie weit sich die Spielideen in der Praxis umsetzen lassen, wie weit beziehungsweise wie effektiv sich die gesetzten Ziele erreichen lassen und wie weit Veränderungen angebracht werden müssten. 75/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 6 Schlussdiskussion 6.1 Wichtigste Ergebnisse unserer Arbeit in Bezug auf unsere Fragestellungen In der ersten Fragestellung haben wir uns mit der Auseinandersetzung der Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche auseinandergesetzt und aus dem Konzept der Dialogik von Herzka und dem Prinzip des Embodiment von Hüther relevante Aussagen dazu abgeleitet und in Bezug zur Psychomotoriktherapie gesetzt. Herzka beschreibt Psyche und Soma als dialogisches Prinzip, indem sich die beiden Pole gegenseitig abstossen müssten und doch als gleichwertige, gleichzeitig aktive Partner dessen fungieren, was den lebendigen Menschen als Ganzes ausmacht. Kein Teil ist dem anderen Untertan. Beide stellen ihre eigenen Ansprüche, jeder will für sich wahrgenommen werden, aber dennoch sind sie immer aufeinander bezogen. Das Denken der beiden selbstständigen Einzelteile, die zusammen das Ganze bilden, nennt er ein Denken in ZweiEinheiten. Herzka plädiert für ein Verknüpfungsprinzip der bereits bekannten Methoden der Psychound Körpertherapie. Psychotherapie mit Kindern spreche immer auch ihr Bewegungsverhalten an, denn in Spieltherapien, beim Malen und Zeichnen, wie auch beim Sprechen sei das Kind immer in Bewegung. Herzka erwähnt, dass es besonders wichtig sei, in der therapeutischen Entwicklungsarbeit sowohl den seelischen wie auch den körperlichen Prozessen Raum zu schaffen. In der Psychomotoriktherapie schenken wir diesen beiden Ebenen Beachtung und nutzen Bewegung und Spiel als Medium, was Herzka als einen sinnvollen und wirksamen Zugang zur gesamten Persönlichkeit und Symptomatik des Kindes ansieht. Nach Herzka bietet die Psychomotoriktherapie effiziente Heilungsansätze für die Harmonisierung der Koordination, Regulation des Körpertonus, Arbeit am Körperbild, Umsetzung von Emotionen wie auch für psycho-soziale Symptome. Hüther beschreibt die Wechselwirkung zwischen Psyche und Körper aus neurobiologischer Sicht. Er geht davon aus, dass der Körper Ausdruck der Psyche sein kann, dass umgekehrt aber auch der Körper Auswirkungen auf die Psyche haben kann. Dies begründet er dadurch, dass jede Erfahrung, die gemacht wird, sowohl im affektiven, sensorischen und im motorischen Teil des Cortex wie auch im limbischen System abgespeichert wird. Die 76/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler abgespeicherten Erfahrungen werden immer wieder in derselben Weise verknüpft, wie wir sie einmal abgespeichert, das heisst "verkörpert“ haben. Neben Herzka sieht daher auch Hüther die motorische Ebene als einen sinnvollen Zugang zum Menschen, da die Verknüpfung zwischen dem Gehirn und der Motorik über beispielsweise den Blutkreislauf und die Nervenbahnen so eng ist. Über die Motorik kann ein besonders leichter Zugang zu allen Ebenen des Erlebens und Verhaltens gefunden werden. Aufgrund dieser Verkörperung von Erfahrung kann die sensorische und affektive Ebene über die Motorik angesprochen werden. Wie oben erwähnt, nutzt die Psychomotoriktherapie die motorische Ebene als Zugang zum Kind. Hüther beschreibt, dass ein Erlebnis möglichst vielfältig abgespeichert werden soll, damit wir uns später intensiver daran erinnern können. In der Psychomotoriktherapie setzen wir dies um, indem wir an schon Bekanntem ansetzen und immer wieder kleine Variationen einbauen. Hüther geht im Prinzip des Embodiment auf den Umgang mit Gefühlen ein. Die Zuschreibungen und Bewertungen anderer Personen können dazu führen, dass die eigenen Gefühle verdrängt oder unterdrückt werden. Es besteht keine ursprüngliche Verbindung mehr zum eigenen Köper. Die Gefühle werden stark kontrolliert und vom Körperempfinden abgelöst. Die Psychomotoriktherapie beachtet die affektive Ebene, übt, Gefühle auszudrücken, zu beschreiben und einen Umgang damit zu finden. Beide Autoren betonen ausdrücklich, dass das Zusammenspiel in unseren Köpfen und in unserem Handeln noch nicht verinnerlicht ist und es Zeit für diesen Paradigmawechsel und die Rückbesinnung in der westlichen Welt braucht. Bei der praktischen Umsetzung des Wissens um die Untrennbarkeit von Psyche und Soma, liegt laut Herzka noch viel Pionierarbeit vor uns. Bezogen auf die zweite Fragestellung konnten wir klären, wie sich die psychomotorische Arbeit in Hamm (D), Amersfoort (NL) und Basel (CH) gestaltet. Die Patienten der Kinder- und Jugendpsychiatrie Hamm (D) besuchen die Psychomotoriktherapie fast täglich in fixen Therapiegruppen. Neben der grobmotorischen Förderung finden auch gruppendynamische Prozesse statt. Die Psychomotoriktherapie ist ein fester Bestandteil der Therapieplanung und ist nach einem eigenen Therapiekonzept aufgebaut. Amersfoort (NL) ist eine Psychiatrie für Patienten im Alter ab vier Jahren. Die Wohngruppen bilden gleichzeitig die Therapiegruppen, in denen sie ein- bis zweimal wöchentlich in die Psychomotoriktherapie kommen. Es wird 77/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler auch schwerpunktmässig grobmotorisch und gruppendynamisch gearbeitet. In Amersfoort wie auch in Hamm wird grosser Wert auf interdisziplinäre Zusammenarbeit gelegt. In Basel wird vom Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst (KJPD) Psychomotoriktherapie angeboten. Die Therapie findet ein- bis zweimal wöchentlich statt. Zurzeit wird nur im Einzelsetting nach dem psychoanalytischen Konzept von Aucouturier gearbeitet. In der dritten Fragestellung haben wir die Diagnose der „Störung im Sozialverhalten“ beschrieben, nach Zielen in der Arbeit mit betroffenen Patienten, der Kinder- und Jugendpsychiatrie gefragt und gesucht, welche von ihnen mittels eigener psychomotorischen Spielideen erreicht werden können. Bei Störungen des Sozialverhaltens handelt es sich um ein häufiges Störungsbild in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Es werden Verhaltensweisen beschrieben, mit denen altersgemässe Normen, Regeln und/oder Rechte Anderer beeinträchtigt werden (Steinhausen, 1996). Es werden vier Gruppen von Problemverhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen genannt: das oppositionelle, aggressive, delinquente und kriminelle Verhalten (Beelmann & Raabe, 2007). Aus der Literatur haben sich für uns folgende Ziele in der Therapie als zentral erwiesen: − Fähigkeit zum Emotionsverständnis − Fähigkeit, Emotionen zu äussern und allgemeine Kommunikationsfähigkeit zu verbessern − Perspektivenübernahmen und Empathiefähigkeit − Selbstkonzept des Kindes erweitern (abgewehrte Erfahrungen integrieren, Selbstwertgefühl stärken) − Fähigkeit zur Emotionskontrolle − Fähigkeit zur Verhaltenskontrolle (Wünsche, Gefühle, Bedürfnisse vs. Verhalten) − Angemessene soziale Verhaltensfertigkeiten − Schrittweises Erlernen, Probleme zu lösen, Handlungsplanung − Unabhängiges Denken (Entscheidungen treffen, Verantwortlichkeitsübernahme für die Lösung eigener Probleme) − Positiver Selbstwert (Beelmann & Raabe, 2007; Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Schilling 2000; Weinberger, 2007) 78/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Wir haben auf diesen Zielen aufbauend eine Therapieplanung in acht Phasen entworfen, in der Spielideen skizziert werden und dazu dienen sollen, schrittweise die oben genannten Ziele zu erreichen. 6.2 Kritische Diskussion unserer Arbeit Schon zu Beginn der Arbeit stellte sich für uns das Problem der Eingrenzung des Themengebietes. Obwohl wir die zu Beginn grossräumig gestellten Fragestellungen immer wieder bearbeitet und eingegrenzt haben, sind sie nach wie vor noch breit gefasst. Die Wahl von Herzka als ein Theoretiker zur Beschreibung der Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche lässt uns im Nachhinein etwas verunsichert zurück, da er häufig aus seiner persönlichen Sichtweise und Erfahrung aus der Praxis schreibt. Er präsentiert dabei spannende und einleuchtende Argumente, uns fehlt jedoch teilweise die stichhaltige Begründung dazu. Beispielsweise spricht er von der Parallelität und den Widersprüchen zwischen Psyche und Soma, nennt diese aber nicht explizit. Aus Mangel an zeitlichen Ressourcen war es uns nicht möglich, eine Institution zu finden, die bereit wäre, uns einen Rahmen zur Verfügung zu stellen, um die theoretisch fundierten Spielideen auszuprobieren. Dies wäre für eine Evaluierung und Weiterentwicklung unabdingbar. Bei der Evaluierung des Fragebogens hat sich gezeigt, dass die Ergebnisse daraus nicht sehr aussagekräftig sind: Unsere Fragen waren nicht eng genug gefasst und wir konnten nur eine Befragung durchführen. 6.3 Konsequenzen und Schlussfolgerungen für die pädagogischtherapeutische Praxis Das Theoriefundament aus Kapitel 2 dient uns zur Argumentation, weshalb der Körper und die Motorik einen geeigneten Zugang zur Entwicklung und Persönlichkeit eines Menschen darstellen. Die beschriebene Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche besagt, dass sowohl Psycho- als auch Körpertherapie, in der die Psychomotoriktherapie eingeschlossen ist, auf den Körper und die Psyche einwirken. Aufgrund dessen ist es in der Praxis sinnvoll, beiden Bereichen Aufmerksamkeit zu schenken und Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten. Durch unsere praktischen Erfahrungen im Ausland haben wir bereits bestehende und gut funktionierende Beispiele kennen gelernt, bei denen Psychomotoriktherapie und Psychiatrie 79/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler zusammen arbeiten. In der Schweizer Praxis der Psychiatrie gibt es bislang nur einzelne Pionierstellen, wo diese Zusammenarbeit zu finden ist. Uns motivierten diese Erfahrungen, im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie aktiv zu werden und unsere Bachelorarbeit in diesem Gebiet zu schreiben. Aus unserer Arbeit geht eine Spielsammlung hervor, die in der Praxis zur Anwendung kommen könnte. Sie bietet Spielideen für drei Altersklassen und einen nach Zielen orientierten Aufbau in acht Phasen. 6.4 Visionen Die theoretische Auseinandersetzung mit der Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche zeigte uns vertieft die Zusammenhänge auf. Sie fundierte unsere Überzeugung, dass über Körper und somit Motorik ein geeigneter Zugang zur Gesamtpersönlichkeit des Menschen gefunden werden kann. Die Psychomotoriktherapie stellt daher eine wirksame Therapie dar, die sowohl Körper wie auch Psyche berücksichtigt und in die Praxis einbezieht. Aufgrund dessen sehen wir die Psychomotoriktherapie als eine sinnvolle Ergänzung des bereits bestehenden Therapieangebots in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, was uns auch die Beispiele LWL Hamm (D) und Symfora Groep Amersfoort (NL) zeigten. Wir sind der Meinung, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrien der Schweiz aus den Beispielen des Auslandes profitieren könnten und ein Austausch für beide Seiten bereichernd wäre. Bezogen auf unsere Arbeit haben wir die Vision, in der Zukunft ein psychomotorisches Projekt in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie zu lancieren. Unter anderem möchten wir die nach Zielen orientierten, aufeinander aufbauenden Phasen und die jeweiligen Spielideen ausprobieren und evaluieren. 80/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Literaturverzeichnis Beelmann, A. & Raabe, T. (2007). Dissoziales Verhalten von Kindern und Jugendlichen. Erscheinungsformen, Entwicklung, Prävention und Intervention. Göttingen: Hogrefe Verlag. Dilling, H., Mombour, W., Schmidt (Hrsg. Weltgesundheitsorganisation). (2005). Internationale Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10 Kapitel V (F). Klinischdiagnostische Leitlinien (5., durchgesehene und ergänzte Auflage). Bern: Verlag Hans Huber. Erkert, A. (2003). Spiele zum Abbau von Aggressivität (1. Auflage). München: Don Bosco Verlag. Hanne-Behnke, G. (2001). Klinisch orientierte Psychomotorik. Kompetenzerwerb im Spiel. München: Richard Pflaum Verlag. Heine, H. (2008). Freunde (7. Auflage). Weinheim: Beltz & Gelberg. Herzka, H.-S. (1992). Umschreibung („Definitionen“) zur Dialogik. 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Wermke, M., Kunkel-Razum, K. &Scholze-Stubenrecht, W. (Hrsg.). (2007). Duden: Das Fremdwörterbuch (9., aktualisierte Auflage). Mannheim: Dudenverlag. 82/84 Bachelor-These Zebenli-Sigrist, Simone Rüegg & Angela Wyler E., (2007). Bewegungslandschaften. Psychomotorisches Konzept Bewegungslandschaften (2. Auflage). Bern: Schulverlag blmv AG. Zimmer, R. & Vahle, F. (2005). Kinder – Körper – Sprache. Psychomotorisch fördern. Freiburg im Breisgau: Verlag Herder. Zimmer, R. (2006). Handbuch der Psychomotorik. Theorie und Praxis der psychomotorischen Förderung von Kindern (1. Auflage der vollständig überarbeiteten Neuausgabe und 8. Gesamtauflage). Freiburg im Breisgau: Verlag Herder. 83/84 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Bilderverzeichnis Erfahrung ist Zukunft. Eine Initiative zum demografischen Wandel (2008). Es gibt nichts schöneres, als ein Lernender zu sein. Internet: http://www.erfahrung-ist-zukunft.de/Webs/EiZ/Content/DE/Artikel/Wissenswertes/ 20080218-interview-gerald-huether.html [21.1.2009]. Herzka, H.-S. Fotos. Internet: http://www.herzkaprof.ch/person/fotos.html [12.1.09]. 84/84 Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich Departement 2 / Psychomotoriktherapie 0609 Wissenschaftliche Arbeit: Bachelor-Arbeit Anhang Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche Psychomotoriktherapie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie als pädagogisch-therapeutisches Konzept zur Behandlung von Patienten mit Störung im Sozialverhalten. Eingereicht von: Simone Rüegg & Angela Wyler Begleitung: Beatrice Uehli Stauffer Datum der Abgabe: 12.02.2009 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Inhaltsverzeichnis Anhang 1 Liste des VSKJ 3 2 E-Mail-Fragebogen 5 3 Antwortmail aus Basel 6 4 Diagnosen in Hamm (D) 8 5 Diagnosekriterien 9 6 Gefühlsmasken 12 7 Die Wut des kleinen Tigers 13 8 Stress-Alarm 14 9 Windmühlen- Atmung 15 10 Anleitung für die 9 Konfliktlösungsstrategien 16 11 Strategie 1-9 für Konfliktlösungen 21 12 Turmbau 30 13 Werfen und Klatschen 31 14 Lebenslauf von Simone Rüegg 32 15 Lebenslauf von Angela Wyler 34 2/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 1 Liste des VSKJ 3/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 4/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 2 E-Mail-Fragebogen Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche als Kernthema der Kinder- und Jugendpsychiatrie 1. Wie viele Stellenprozent hat die Psychomotorik-Therapie in Ihrer Institution? 2. Wer überweist in Ihrer Institution die Patienten in die Psychomotorik- Therapie? 3. In welcher Frequenz kommen die Kinder und Jugendlichen zu Ihnen in Therapie? 4. Welche Problemstellungen treffen Sie an? 5. Nach welchen psychomotorischen Konzepten arbeiten Sie? 6. Ist Ihnen bekannt, weshalb sich Ihre Institution bzw. der Kostenträger für Psychomotorik- Therapie als Angebot entschied? Wenn ja, warum? 7. Setzen sie gruppendynamische Prozesse in ihrer Arbeit ein? Können Sie ein Beispiel dazu nennen? 8. Wie würden Sie die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche an einem Beispiel aus Ihrer praktischen Arbeit beschreiben? Vielen herzlichen Dank für Ihre Unterstützung! 5/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 3 Antwortmail aus Basel Im Folgenden finden sie das Antwortmail aus Basel. Kursiv sind die von Frau S. retournierten Antworten. 1. Wie viele Stellenprozent hat die Psychomotorik-Therapie in Ihrer Institution? 40% 2. Wer überweist in Ihrer Institution die Patienten in die Psychomotorik- Therapie? Psychologen; Kinder- und Jugendpsychiater. 3. In welcher Frequenz kommen die Kinder und Jugendlichen zu Ihnen in Therapie? Ein- bis zweimal wöchentlich. 4. Welche Problemstellungen treffen Sie an? Sehr verschiedene Erkrankungen aus dem kinderpsychiatrischen Bereich (ambulant und stationär): Ess- und Fütterungsstörungen; authistische Problematik; Wahrnehmungs- und Körperschemaschwierigkeiten; mangelndes Körper-Ich; Übergewicht; Ängste und Aggressionsproblematik; zwanghaftes Verhalten; Tics; mangelnde Bewegungsfreude; Hyperaktivität und Hypoaktivität. 5. Nach welchen psychomotorischen Konzepten arbeiten Sie? Nach B. Aucouturier, d.h. mit psychoanalytischem Hintergrund. 6. Ist Ihnen bekannt, weshalb sich Ihre Institution bzw. der Kostenträger für PsychomotorikTherapie als Angebot entschied? Wenn ja, warum? Weil es wichtig erschien, in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Institution eine Bewegungstherapie anbieten zu können. 7. Setzen sie gruppendynamische Prozesse in ihrer Arbeit ein? Können Sie ein Beispiel dazu nennen? Gruppen bieten wir momentan keine an. 8. Wie würden Sie die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche an einem Beispiel aus Ihrer praktischen Arbeit beschreiben? Der Körper, resp. das Handlungsgeschehen bietet oftmals eine sehr gute Möglichkeit, in Kontakt zum Patienten zu kommen und ein Vertrauen aufzubauen. Bsp.: ein impulsives, aggressives Kind erlebt sich in seiner heftigen Aktivität in der Psychomotorik-Therapie 6/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler nicht negativ, es kann so sein, wie es ist und wird akzeptiert, resp. versuchen wir, es zu verstehen (innerhalb der Beziehung zum Therapeuten). Weshalb kommen die Impulse, wann kommen sie? Was ist soeben geschehen? 7/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 4 Diagnosen in Hamm (D) Im Folgenden finden Sie eine tabellarische Darstellung der Patienten aus Hamm (N 1-20), die die Psychomotoriktherapie besuchten. Genauer aufgelistet sind Störungen im Sozialverhalten, weiter ist gekennzeichnet, ob noch andere Diagnosen gestellt wurden. N= 20 F 92 F 90.1 F 92.8 Andere Störungen 1 Keine II 2 I III 3 I 4 I 5 I 6 I II I III 7 I II I I 9 I I 10 I 8 I 11 I 12 I 13 I I I I I I 14 I III 15 I I 16 Keine III 17 Keine III 18 Keine II 19 Keine IIIII 20 Keine IIII 8/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 5 Diagnosekriterien Kriterien der Diagnostik nach DSM-IV Aggressives Verhalten gegenüber Menschen und Tieren (1) bedroht oder schüchtert andere häufig ein, (2) beginnt häufig Schlägereien, (3) hat schon Waffen benutzt, die anderen schweren körperlichen Schaden zufügen können (z.B. Schlagstöcke, Ziegelsteine, zerbrochene Flaschen, Messer, Gewehre), (4) war körperlich grausam zu Menschen, (5) quälte Tiere, (6) hat in Konfrontation mit dem Opfer gestohlen (z.B. Überfall, Taschendiebstahl, Erpressung, bewaffneter Raubüberfall), (7) zwang andere zu sexuellen Handlungen; Zerstörung von Eigentum (8) beging vorsätzlich Brandstiftung mit der Absicht, schweren Schaden zu verursachen, (9) zerstörte vorsätzlich fremdes Eigentum (jedoch nicht durch Brandstiftung); Betrug oder Diebstahl (10) brach in fremde Wohnungen, Gebäude oder Autos ein, (11) lügt häufig, um sich Güter oder Vorteile zu verschaffen oder um Verpflichtungen zu entgehen (d.h. „legt andere herein“), (12) stahl Gegenstände von erheblichem Wert ohne Konfrontation mit dem Opfer (z.B. Ladendiebstahl, jedoch ohne Einbruch, sowie Fälschungen); Schwere Regelverstösse (13) bleibt schon vor dem 13. Lebensjahr trotz elterlicher Verbote häufig über Nacht weg, (14) lief mindestens zweimal über Nacht von zu Hause weg, während er noch bei den Eltern oder bei einer anderen Bezugsperson wohnte (oder nur einmal mit Rückkehr erst nach längerer Zeit), (15) schwänzt oft schon vor dem 13. Lebensjahr häufig die Schule (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007) 9/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Kriterien für die Diagnostik nach ICD-10 1. für das Entwicklungsalter des Kindes ungewöhnlich häufige und schwere Wutausbrüche; 2. häufiges Streiten mit Erwachsenen; 3. häufige aktive Ablehnung und Zurückweisung von Wünschen und Vorschriften Erwachsener; 4. häufiges, offensichtlich wohl überlegtes Ärgern anderer; 5. häufiges Verantwortlichmachen anderer für die eigenen Fehler oder für eigenes Fehlverhalten; 6. häufige Empfindlichkeit oder Sichbelästigtfühlen durch andere; 7. häufiger Ärger oder Groll; 8. häufige Gehässigkeit oder Rachsucht; 9. häufiges Lügen oder Brechen von Versprechen, um materielle Vorteile oder Begünstigungen zu erhalten oder Verpflichtungen zu meiden; 10. häufiges Beginnen von körperlichen Auseinandersetzungen (ausser Auseinandersetzungen Geschwisterauseinandersetzungen); 11. Gebrauch von gefährlichen Waffen (z.B. Schlagholz, Ziegelstein, zerbrochene Flasche, Messer, Gewehr); 12. Häufiges Draussenbleiben in der Dunkelheit, entgegen dem Verbot der Eltern (beginnend vor dem dreizehnten Lebensjahr); 13. körperliche Grausamkeit gegenüber anderen Menschen (z. B. Fesseln, ein Opfer mit dem Messer oder mit Feuer verletzen); 14. Tierquälerei; 15. absichtliche Destruktivität gegenüber dem Eigentum anderer (ausser Brandstiftung); 16. absichtliches Feuerlegen mit dem Risiko oder der Absicht, ernsthaften Schaden anzurichten; 17. Stehlen von Wertgegenständen ohne Konfrontation mit dem Opfer, entweder Zuhause oder ausserhalb (z.B. Ladendiebstahl, Einbruch, Unterschriftenfälschung); 10/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 18. häufiges Schulschwänzen, beginnend vor dem dreizehnten Lebensjahr; 19. Weglaufen von den Eltern oder elterlichen Ersatzperson, mindestens zweimal oder einmal länger als eine Nacht (ausser dies geschieht zur Vermeidung körperlicher oder sexueller Misshandlung); 20. jede kriminelle Handlung, bei der ein Opfer direkt angegriffen wird (einschliesslich Handtaschenraub, Erpressung, Strassenraub); 21. Zwingen einer anderen Person zu sexuellen Aktivitäten; 22. häufiges Tyrannisieren anderer (z.B. absichtliches Zufügen von Schmerzen oder Verletzungen, einschliesslich andauernder Einschüchterung, Quälen oder Belästigung); 23. Einbruch in Häuser, Gebäude oder Autos. (Dilling et al., 2005) 11/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 6 Gefühlsmasken (Erkert, 2003) 12/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 7 Die Wut des kleinen Tigers (Erkert, 2003) 13/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 8 Stress-Alarm (Schilling, 2000) 14/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 9 Windmühlen- Atmung (Schilling, 2000) 15/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 10 Anleitung für die 9 Konfliktlösungsstrategien 16/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 17/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 18/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 19/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler (Schilling, 2000) 20/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 11 Strategie 1-9 für Konfliktlösungen 21/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 22/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 23/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 24/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 25/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 26/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 27/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 28/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler (Schilling, 2000) 29/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 12 Turmbau (Erkert, 2003) 30/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 13 Werfen und Klatschen (Krowatschek, 2008) 31/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 14 Lebenslauf von Simone Rüegg Schulbildung 2000 - 2004 Kantonsschule Enge, Zürich. Eidgenössische Matura, Typus Neusprache 1991 - 2000 Primar- und Sekundarschule in Gommiswald und Zürich Berufsausbildung 2006 - 2009 Psychomotoriktherapie an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik, Zürich. Bachelor of Arts (EDK anerkannt) Praktika 07.07. – 18.07. 2009 Psychomotoriktherapeutin in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Hamm (D) Aufgaben - Hospitationen - Übernahme von einzelnen fachlicher Betreuung 08 2005 - 02 2006 Therapie-Einheiten unter Kindergärtnerin im Kinderspital Zürich Aufgaben - pädagogische Mitbetreuung von psychisch und physisch angeschlagenen Kindern der chirurgischen und medizinischen Abteilung am Spitalbett oder im Kindergarten - Klassenhilfe für Schüler und Schülerinnen - Anfertigung von Dekorationen - Mitverantwortung für das gesamte Spielmaterial 32/36 Bachelor-These 04 2005 - 07 2005 Simone Rüegg & Angela Wyler Kleinkinderzieherin in der Kinderkrippe Wunderland, Zürich Aufgaben - 09 2004 - 03 2005 allgemeine Körperpflege bei Säuglingen und Kleinkindern Mitgestaltung von Aktivitäten und Bastelarbeiten Mitverantwortung für die Nahrungszubereitung Mitgestalten der Elternabende Pflegeassistentin in der Klinik Hirslanden, Zürich Aufgaben - Pflege von Patienten - Mitverantwortung für Wartung des Materials - Verantwortung für die Bestellung und Ausgabe des Essens Diverse Tätigkeiten 1998 - 2003 Kinder- und Jugendgruppenleitern, Jugend und Sport Lagerleitung Temporärstellen Migros, Buchbinderei, Werbeagentur, Kinderbetreuung, PKZ 33/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler 15 Lebenslauf von Angela Wyler BERUFSERFAHRUNG Sep. 2008- Jetzt PreSport in einem Karatecenter Bewegungsstunde für 4-6 jährige Kinder während einer Stunde pro Woche http://www.karate-akademie.ch/de/bookmarks.php Juni.2006- Jetzt 10-20% Mitarbeiterin im Sportzentrum Sanapark Barbetrieb, Verkauf im Sportshop, Rezeptionistin Sep.2006- Jetzt Vollzeitstudium in Psychomotorik- Therapie Aug. 2006- Juni 2007 Sonntagsschullehrerin 2 h pro Woche Geschichten lesen, spielen und dazu Basteln. Alterstufe von Kindergarten bis 2. Klasse Feb.- Aug. 2006 40% Schwangerschaftsvertretung als Sozialpädagogin Aufgaben: Gestaltung der Tagesstruktur, Elternarbeit, Gestaltung von Einzelstunden Kinderstation Rüfenach, 5235 Rüfenach Jan.- Feb. 2006 Serviceangestellte Restaurant Hörnli, 8933 Maschwanden Nov. 2005- Jan.2006 Temporärangestellte bei Zimmer GmbH Aufgaben: Administrative Aufgaben Zimmer GmbH, 8404 Winterthur 34/36 Bachelor-These Okt. 2004- April 2005 Simone Rüegg & Angela Wyler Sozialpädagogin in Ausbildung Aufgaben: Gestaltung der Tagesstruktur, Administration, Elternarbeit, Gestaltung von Einzelstunden Kinderstation Rüfenach , 5235 Rüfenach Aug.2005-Okt. 2005 Praktikantin Sozialpädagogik auf der teilstationären Abteilung Aufgaben: Gestaltung der Tagesstruktur, Administration, Elternarbeit, Gestaltung von Einzelstunden Kinderstation Rüfenach , 5235 Rüfenach Aug. 2004 – Juli 2005 Praktikantin Sozialpädagigik auf der stationären Abteilung Aufgaben: Gestaltung der Tagesstruktur, Administration, Elternarbeit, Gestaltung von Einzelstunden Kinderstation Rüfenach , 5235 Rüfenach AUSBILDUNG Schulbildung 1990-1995 Primarschule Unterlunkhofen 1995-1999 Bezirksschule Bremgarten 1999-2003 Kantonsschule Wohlen/ Maturitätsausweis 2004- 2005 Fachhochschule Nordwestschweiz, Sozialarbeit 2006- 2009 Hochschule für Heilpädagogik, Psychomotorik- Therapie Psychomotorik- Praktikas Therapiestelle Affoltern (Therapiepraktikum) Grundstufe Glattbrugg (Integrationspraktikum) 35/36 Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler Kleinklasse in Berikon (Integrationspraktikum) Therapiestelle in Windisch (Therapiepraktikum) Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hamm (D) (Therapiepraktikum und Hospitation) Therapiestelle im Gubel (Therapiepraktikum) Ab März im Sonderschulheim Klingnau (Therapiepraktikum, Förderprojekt) Weiterbildung „Konfliktfeld Arbeitsplatz- Bewältigungstraining im Umgang mit Aggression und Gewalt“ 36/36