Auditive und visuelle Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Masterarbeit am Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie Psychologisches Institut der Universität Bern Verfasser Betreuer Georg Rees Prof. Dr. phil. Wolfgang Tschacher Route de la Glâne 109 Universitäre Psychiatrische Dienste Bern 1752 Villars-sur-Glâne Uniklinik und Poliklinik für Psychiatrie Telefon: +41 (0)26 4018732 Abteilung für Psychotherapie [email protected] Laupenstrasse 49 3010 Bern Telefon +41 (0)31 3876111 [email protected] Abgabetermin: Bern, den 03.09.2008 ...................................................................................................... Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Danksagung Ich möchte mich ganz herzlich bei Prof. Dr. phil. Wolfgang Tschacher für die Möglichkeit bedanken, über das, für mich sehr spannende und vielschichtige Thema der Gestaltwahrnehmung psychotischer Patienten, meine Abschlussarbeit verfassen zu können. Darüber hinaus bin ich sehr dankbar für seine außerordentlich gute, höchst wohlwollende Betreuung, die alles andere als selbstverständlich ist. Auch meiner Kommilitonin Janina von Schlippe, mit der ich gemeinsam das Masterprojekt durchgeführt habe, gebührt ein großes Dankeschön für die gute Zusammenarbeit. Mein Dank gilt weiterhin den Wissenschaftlichen Mitarbeitern der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern, Liz. phil. Claudia Bergomi, Dr. phil. Mario Pfammatter, Dr. phil. Zeno Kupper, und Dr. phil. Fabian Ramseyer für ihre qualifizierte und sehr hilfreiche Mitarbeit. Besonders hervorheben möchte ich hierbei Claudia Bergomi und Mario Pfammatter, die für die Entwicklung der Testbatterie dieser Studie verantwortlich waren sowie Zeno Kupper, der das PANSS-Rater-Training leitete. An dieser Stelle soll auch Marlise Matti für die stets freundliche und kompetente Hilfe in finanziellen und bürokratischen Belangen ganz herzlich gedankt sein. Bedanken muss ich mich auch beim Psychiatrischen Rehabilitationszentrum „RudolphSophien-Stift“ in Stuttgart - besonders bei Dr. med. Gerhard-Dieter Roth und Peter Hofmann, beim AMEOS-Klinikum Osnabrück - besonders bei Prof. Dr. phil. Karl Heinz Wiedl und Dr. med. Wolfgang Weig sowie bei den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern - besonders bei hier Prof. Dr. phil. Wolfgang Tschacher, Dr. med. Dan Baciu und Dr. med. Ulrich Junghan, die bei der Rekrutierung und Vermittlung von Patienten eine große Hilfe waren. Schließlich gilt mein Dank noch den teilnehmenden Patienten sowie den involvierten Mitarbeitern der genannten Institutionen für ihre Hilfe und die Bereitstellung von geeigneten Räumlichkeiten zur Durchführung der Tests. Last but not least bedanke ich mich herzlich bei meinen Eltern, Bianca und Wolfgang, meiner Schwester Johanna, meinen Freunden und auch bei Marie für ihre herzliche und kontinuierliche Unterstützung über die gesamte Zeit des Arbeitsprozesses. 2 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Vorwort Der Besuch des Seminars „Psychopathologische Prozesse und psychologische Interventionen“, das Prof. Dr. phil. Wolfgang Tschacher im Wintersemester 2006/2007 abhielt, motivierte Janina von Schlippe und den Autor dieser Arbeit, sich bei Wolfgang Tschacher um ein Thema für die Masterarbeit zu bewerben. Die Vorbereitungen für die vorliegende Studie begannen im Februar 2007. Gemeinsam mit Prof. Dr. phil. Wolfgang Tschacher und dessen Mitarbeitern Dr. phil. Mario Pfammatter und Liz. phil. Claudia Bergomi wurden erste Ideen entworfen, Literaturrecherche betrieben sowie ein vorläufiger Projekt- und Zeitplan bis Herbst 2007 erstellt. Während der folgenden vier Monate fanden etwa alle zwei Wochen Treffen statt, bei denen Fortschritte in der Umsetzung der erarbeiteten Ideen sowie theoretische, technische, organisatorische, bürokratische und rechtliche Fragen besprochen und diskutiert wurden. Die Weiterentwicklung der Testbatterie bis Juni 2007 übernahmen dann vor allem Claudia Bergomi und Mario Pfammatter. Hierbei war Claudia Bergomi, unterstützt von Tobias Reber, insbesondere für die Entwicklung und Installation der am Computer durchgeführten Tests verantwortlich. Mario Pfammatter kümmerte sich vorwiegend um die klinischen Interviews sowie um die handschriftlich auszufüllenden Fragebögen und Tests. Unter anderem erstellte er eigenständige, deutschsprachige Adaptationen der „Source Monitoring Scale“ (Morrison & Haddock, 1997) und des „Word-Fluency-Test“, welcher letztlich auf Thurstone (1938) zurückgeht. Dr. phil. Zeno Kupper führte Anfang Juni 2007 mit den beiden Versuchsleitern der vorliegenden Studie, Janina von Schlippe und dem Verfasser dieser Arbeit, sowie Mario Pfammatter ein PANSS-Rater-Training durch. Das Training beinhaltete ausführliche Videoanalysen von PANSS-Interviews, die von Experten durchgeführt worden waren, das Erstellen eigener Ratings sowie den Vergleich dieser Einstufungen mit Experteneinschätzungen. Die beiden Versuchsleiter begannen ab Mitte Juni 2007 mit den ersten Vortests zum Phantomwörter-Paradigma und zum Stream Segregation–Paradigma. Diese Vortests waren notwendig, da die genannten Paradigmen zwar in der Vergangenheit schon von anderen Forschern untersucht worden waren, aber die von Claudia Bergomi erarbeiteten TestVersionen teils stark von diesen abwichen. Nach Analyse der Vortests und den daraus resultierenden Überarbeitungen starteten die Untersuchungen mit der finalen Testbatterie Ende Juli 2007 im Psychiatrischen 3 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Rehabilitationszentrum Rudolph-Sophien-Stift in Stuttgart. Dort wurden vom Autor dieser Arbeit bis November 2007 insgesamt 15 psychotisch erkrankte Patienten getestet. Im gleichen Zeitraum wurden auch 15 gesunde Kontrollpersonen rekrutiert. Anschließend führte Janina von Schlippe zwischen November 2007 und Juni 2008 im Osnabrücker AMEOS-Klinikum und in Einrichtungen der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern, Untersuchungen mit 15 Patienten durch, die unter einer psychotischen Erkrankung litten. Leicht zeitversetzt testete sie bis Ende Juni 2008 ebenfalls 15 gesunde Personen, wodurch die Stichprobe komplettiert wurde. Die beiden Versuchsleiter teilten unter sich die Dateneingabe auf. Allerdings wertete anschließend jeder selbständig die Daten hinsichtlich unterschiedlicher Schwerpunkte und Fragestellungen aus. Auch der Theorieteil der Arbeiten wurde jeweils unabhängig voneinander erarbeitet. Die zwei akustischen Gestaltwahrnehmungs-Paradigmen „Stream Segregtion“ und „Phantomwörter“ teilte man ebenfalls unter sich auf Das Stream Segregation–Paradigma stellt einen Schwerpunkt von Janina von Schlippes Arbeit dar. Es wurde nur von ihr ausgewertet und soll deshalb im Folgenden nur kurz erwähnt werden. Korrespondierend fand ausschließlich in der vorliegenden Arbeit eine statistische Analyse des Phantomwörter-Paradigmas statt. Der Fragebogen „Davos Assessment of Cognitive Biases Scale“ und ein PC-Test zum „PitchShift-Paradigma“ waren zwar integrale Bestandteile der Testbatterie und wurden mit allen Probanden durchgeführt, doch letztlich wurden die beiden Tests aus zeit-ökonomischen Gründen weder in der Arbeit von Janina von Schlippe noch in der hier vorliegenden mit in die Auswertung einbezogen. Es könnte jedoch sehr spannend sein, dies in einer anschließenden Arbeit nachzuholen. Den Kern dieser Arbeit bilden im Allgemeinen die auditiven und visuellen Wahrnehmungstests; im Speziellen sind dies die Phantomwörter zusammen mit den beiden optischen Gestaltparadigmen „Circular Apparent Motion“ und „Motion-Induced Blindness“ sowie zusätzlich dem Source Monitoring zur Erfassung von Attributionstendenzen und Kontrollüberzeugungen. 4 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Abstract Die Grundfragestellung der vorliegenden Arbeit ist die Evaluation des Zusammenhangs von auditiver und visueller Gestaltwahrnehmung und der Symptomatik psychotischer Störungen. Die Gestalttheorie dient hierbei als theoretisches Grundgerüst für ein übergreifendes Verständnis psychotischer und schizophrener Erkrankungen (Silverstein & Uhlhaas, 2004). Anhand der Ergebnisse von akustischen und optischen Gestaltwahrnehmungstests, kognitiven Leistungstests, einem Reaktionstest sowie Fragebögen zu Attributionstendenzen und aktueller Stimmung wurden Patienten- und Kontrollgruppe miteinander verglichen. Bei der Patientengruppe kam noch zusätzlich die Erfassung des inidividuellen Psychopathologiestatus hinzu (Positive and Negative Syndrom Scale [PANSS]}, der zu den Testergebnissen in Beziehung gesetzt wurde. Die Stichprobe setzte sich aus je 30 psychotischen Patienten und gesunden Probanden zusammen, wobei die Kontrollgruppe in Alter und Geschlecht zur Patientengruppe parallelisiert wurde. Die Ergebnisse des Gruppenvergleichs zeigen für die auditiven (Phantomwörter) und visuellen Tests (Circular Apparent Motion [CAM] & MotionInduced Blindness [MIB]) keine bedeutsamen Unterschiede zwischen Patienten und Kontrollpersonen. Bei der Überprüfung der weiteren Tests resultierten aber überwiegend signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen. Besonders auffällig war das deutlich bessere Abschneiden der Kontrollgruppe in den kognitiven Tests (Mehrfach-WortwahlTest [MWT] & Word-Fluency-Test [WFT]) und dem Reaktionstest (MIB-Vortest). Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass die psychopathologischen Dimensionen des PANSS in differentieller und bedeutsamer Weise mit dem Gros der untersuchten Tests verknüpft sind. Bei den Tests zur Gestaltwahrnehmung waren im MIB geringe Ausprägungen negativer Symptome und hohe Werte in der Erregungskomponente mit einer höheren MIB-Rate assoziiert; beim CAM führte ein höherer Erregungswert hingegen zur Verringerung der wahrgenommen Gestaltwechsel; bei den Phantomwörtern resultierte für keine der PANSS-Dimensionen ein bedeutsamer Zusammenhang. Bei den übrigen Tests stachen besonders MWT und WFT hervor – hier konnten durch die PANSSDimensionen je 45% und 25% Varianz aufgeklärt werden. Schlüsselwörter: Auditive- und visuelle Gestaltwahrnehmung; Phantomwörter; Circular Apparent Motion; Motion-Induced Blindness; Source Monitoring; Kognitive Leistung, Kognitive Koordination; Psychopathologie; psychotische Störungen; Stage Marker. 5 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Danksagung ……………………………………………………………….. 2 Vorwort ……………………………………………………………………. 3 Abstract ……………………………………………………………………. 5 Inhaltsverzeichnis………………………………………………………….. 6 Abbildungsverzeichnis …………………………………………………… 12 Tabellenverzeichnis………………………………………………………... 13 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung………………………………………………………………. 14 1.1. Literaturrecherche & verwendete Datenbanken……………….......... 19 1.2. Erwarteter Nutzen des Projekts…………………………………….. 2. Theoretischer Hintergrund …………………………………………… 20 2.1. Schizophrene und psychotische Erkrankungen……………………... 2.1.1. Diagnosekriterien des DSM-IV-TR für schizophrene und psychotische Störungen………………………………… 22 2.1.2. Beschreibung ICD-10-GM-Diagnosen der teilnehmenden Patienten…………………………………… 23 2.2. Auditive und visuelle Gestaltwahrnehmung…………………………… 26 2.3. Kognitive Koordination……………………………………………. 2.4. Phänomenologie akustischer und anderer Halluzinationen ………….. 28 2.5. Erklärungsmodelle zu Entstehung, Auslösung und Aufrechterhaltung akustischer Halluzinationen……………………... 29 2.5.1. Spezifische Defizit-Modelle …………………………………30 2.5.2. Wahrnehmungs-Bias ………………………………………. 31 2.5.3. Einfluss von metakognitiven Überzeugungen…………………. 32 2.5.4. Bedeutung von Emotionen und Stress………………………… 2.5.5. Salienz des halluzinierten Materials………………………….. 33 6 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 2.6. Gestaltpsychologie………………………………………………... 33 2.6.1. Stabilität in der Gestaltbildung ……………………………… 34 2.6.2. Gestaltwahrnehmung als konstruktiver Prozess………………... 35 2.7. Systemtheorie……………………………………………………... 2.7.1. Attraktoren ………………………………………………. 36 2.7.2. Die Bedeutung des Kontextes ……………………………… 2.8. Kognitive Erklärungsansätze ……………………………………... 37 2.8.1. Attributionstheoretisches Modell …………………………… 2.8.2. Defizitäre Kontextverarbeitung………………………………38 2.9. Neurophysiologische und -psychologische Prozesse …………………. 39 2.9.1. Reafferenzsystem………………………………………….. 3. Ausgewählte Studien …………………………………………………... 41 3.1. Source Monitoring ………………………………………………... 42 3.2. Verbale Transformation …………………………………………... 43 3.3. Scheinbewegungen ……………………………………………….. 44 3.4. Bewegungsinduzierte Blindheit ……………………………………. 46 3.5. Wahrgenommene Kausalität ……………………………………… 48 3.6. Das Problem der Spezifität schizophrener Symptomatik ……………. 50 4. Hauptfragestellung und Forschungshypothesen ……………………... 52 4.1. Primäre Hypothesen……………………………………………….. 4.1.1. Unterschiede zwischen Patienten- und Kontrollgruppe in Gestaltwahrnehmung, Source Monitoring, kognitiver Leistung Reaktionszeit, sowie Stimmung……………………………… 4.1.2. Assoziation zwischen Psychopathologiestatus und Gestaltwahrnehmung, Source Monitoring, Reaktionszeit, kognitiver Leistung sowie Stimmung………………………… 7 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 4.2. Sekundäre Hypothesen ……………………………………………. 53 4.2.1. Positiver Zusammenhang zwischen auditiver und visueller Gestaltwahrnehmung in der Gesamtstichprobe………………… 4.2.2. Unterschiede in Gestaltwahrnehmung und Source Monitoring auf Grund des Halluzinationserlebens………………………… 4.2.3. Unterschiede in der Attribution von emotionalem Material beim Source Monitoring auf Grund des Halluzinationserlebens…. 4.2.4. Unterschiede in der Gestaltwahrnehmung zwischen Patienten-Subgruppen (stationär vs. teilstationär/ambulant) und Kontrollpersonen ……………………………………… 4.2.5. Positiver Zusammenhang zwischen langsameren Reaktionszeiten und niedrigeren Transitionsraten in der Gestaltwahrnehmung…... 4.2.6. Einfluss von Stimmung auf Gestaltwahrnehmung und Source Monitoring………………………………………… 5. Methodik ……………………………………………………………….. 54 5.1. Forschungsziele ………………………………………………….... 5.2. Versuchspersonen ………………………………………………… 55 5.2.1. Ein- und Ausschlusskriterien………………………………... 5.2.2. Stichprobenumfang………………………………………… 5.2.3. Rekrutierung der Versuchspersonen…………………………. 56 5.2.4. Zusammensetzung der untersuchten Stichprobe ………………. 5.3. Studiendesign…………………………………………………….. 57 5.3.1. Übersicht zu Testvorbereitungen und Untersuchungsablauf bei den Patienten ……………………………………………….. 58 5.4. Beschreibung der Messinstrumente………………………………... 59 5.4.1. Fragebogen zu demographischen und klinischen Angaben…….. 60 5.4.2. Positive and Negative Syndrome Scale (PANSS) …………….. 61 5.4.3. Psychotic Symptom Rating Scales (PSYRATS) ……………… 62 5.4.4. Word-Fluency-Test (WFT)…………………………………. 63 8 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 5.4.5. Mehrfach-Wortwahl-Test (MWT) ………………………….. 64 5.4.6. Source Monitoring Scale ………………………………….. 65 5.4.7. Davos Assesssment of Cognitive Biases Scale (DACOBS)…….. 66 5.4.8. Positive and Negative Activation Schedule (PANAS)…………. 5.4.9. Hörtest (HTTS) …………………………………………… 5.4.10. Motion Induced Blindness-Vortest (MIB-Vortest)…………….. 67 5.4.11. Phantomwörter……………………………………………. 68 5.4.12. Stream Segregation ………………………………………... 69 5.4.13. Motion Induced Blindness (MIB)…………………………… 70 5.4.14. Pitch-Shift………………………………………………… 71 5.4.15. Circular Apparent Motion (CAM)…………………………… 72 5.5. Qualitätssicherung ………………………………………………... 73 5.5.1. Optimierung der Studien-Adherence………………………… 74 5.5.2. Datenkontrolle und Datenmanagement ……………………… 5.5.3. Ethikkommission, Datenschutz und Versicherung…………….. 75 5.6. Technische Daten der verwendeten Geräte ………………………… 6. Resultate ……………………………………………………………….. 78 6.1. Deskriptive Ergebnisse …………………………………………… 6.1.1. Geschlecht und Alter ……………………………………… 80 6.1.2. Nationalität ………………………………………………. 6.1.3. Zivilstand und die Anzahl eigener Kinder …………………… 6.1.4. Bildungsgrad, Beufsabschluss und aktuelle Tätigkeit………….. 81 6.1.5. Tabakkonsum …………………………………………….. 6.1.6. Musikalisches Interesse / Selbst ein Instrument spielen ………... 6.1.7. Seh- und Hörvermögen……………………………………. 82 6.1.8. Therapeutisches Setting, Alter bei der Ersthospitalisation sowie Anzahl an Hospitalisationen………………………….. 83 9 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 6.1.9. Diagnose und Medikation…………………………………... 6.1.10. PANSS…………………………………………………… 84 6.1.11. PSYRATS………………………………………………... 85 6.2. Inferenzstatistik…………………………………………………… 6.2.1. Varianzanalysen und U-Tests zur ersten Primärhypothese……… 6.2.2. Korrelations- und Regressionsanalysen zur zweiten Primärhypothese…………………………………………... 96 6.2.3. Korrelationsanalyse (Spearman) zur 1. Sekundärhypothese…….. 101 6.2.4. Kruskal-Wallis-Test zur 2. Sekundärhypothese……………….. 6.2.5. U-Test ( nach Mann-Whitney) zur 3. Sekundärhypothese…........ 103 6.2.6. U-Test (nach Mann-Whitney) zur 4. Sekundärhypothese…......... 6.2.7. Korrelationsanalyse (Spearman) zur 5. Sekundärhypothese......... 104 6.2.8. Korrelationsanalyse (Spearman) zur 6. Sekundärhypothese…….. 106 6.2.9. Zusätzliche Korrelationsanalysen zur Überprüfung weiterer Einflüsse………………………………………….. 6.2.10. Reliabilitätswerte………………………………………….. 107 7. Diskussion und Ausblick ……………………………………………… 108 7.1. Bedeutung von demographischen Kennzeichen und spezifischen Hintergrundvariablen ………………………………… 7.1.1. Stichprobengröße………………………………………….. 7.1.2. Geschlecht, Alter und Nationalität…………………………… 7.1.3. Zivilstand und die Anzahl eigener Kinder …………………… 109 7.1.4. Bildungsgrad, Berufsabschluss und aktuelle Tätigkeit………….. 7.1.5. Tabakkonsum ……………………………………………… 7.1.6. Musikalisches Interesse / Selbst ein Instrument spielen………... 111 7.1.7. Seh- und Hörvermögen…………………………………….. 7.1.8. Einfluss der Testzeit auf die Performances…………………… 112 7.1.9. Therapeutisches Setting, Alter bei der Ersthospitalisation sowie Anzahl an Hospitalisationen……………………………113 10 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 7.1.10. Diagnose, PANSS und Medikation…………………………... 7.2. Beurteilung der inferenzstatistischen Ergebnisse……………………. 114 7.2.1. Unterschiede zwischen Patienten- und Kontrollgruppe………… 7.2.2. Psychopathologische Faktoren als Prädiktoren für die Testergebnisse …………………………………………….. 118 7.2.3. Zusammenhang von auditiver und visueller Wahrnehmung ……. 121 7.2.4. Vergleich von Subgruppen auf Grund des Halluzinationserlebens……………………………………... 122 7.2.5. Externalisierungs-Bias von psychotischen Patienten mit Halluzinationen………………………………………… 7.2.6. Unterschiede zwischen stationär vs. teilstationär/ ambulant behandelten Patienten …………………………….. 123 7.2.7. Assoziation von Reaktionszeit und Gestaltwahrnehmung………. 7.2.8. Einfluss von Stimmung auf Gestaltwahrnehmung, Source Monitoring und Reaktionszeiten……………………… 7.3. Phantomwörter unter der Lupe……………………………………. 124 7.4. Einschränkungen der Verallgemeinerbarkeit der gewonnen Ergebnisse……………………………………………... 125 7.5. Ausblick………………………………………………………….. 126 8. Literaturverzeichnis …………………………………………………… 128 9. Anhang………………………………………………………………….. 135 9.1. Testbogen…………………………………………………………. 9.2. Besondere Beobachtungen zu den durchgeführten Tests…………….. 159 9.3. Korrelationstabellen………………………………………………. 163 11 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Abbildungsverzeichnis Abbildung 1. Bistabilität: Kippfiguren und Vexierbild……………………………. 16 Abbildung 2. Reafferenzprinzip: Schematische Abbildungen……………...………. 40 Abbildung 3. SAM-Paradigma: Stimulusmuster……………………...………….. 46 Abbildung 4. Kausalitätswahrnehmung: Schematische Darstellung………………… 49 Abbildung 5. MIB-Paradigma: Stimulusmuster……………...…………………… 71 Abbildung 6. CAM-Paradigma: Stimulusmuster………………...……………….. 73 Abbildung 7. Hörtest: Getrennt nach Gruppen………………...…………………. 83 Abbildung 8. Medikation in der Patientengruppe………………………………….84 Abbildung 9. Boxplot: Phantomwörter-Transformationen…………………...……..86 Abbildung 10. Boxplot: Phantomwörter-Dauer……………………………………. 87 Abbildung 11. Boxplot: MIB-Rate………………………………………………. 88 Abbildung 12. Boxplot: MIB-Dauer……………………………………………... 89 Abbildung 13. Boxplot: CAM-Dauer……………………………….……………. 89 Abbildung 14. Boxplot: CAM-Transitionen……………………..………………... 90 Abbildung 15. Boxplot: Source Monitoring, Attribution/Kontrolle………………...... 91 Abbildung 16. Boxplot: Gesamtscores von MWT und WFT ………………..……… 92 Abbildung 17. Boxplot: Fehlerraten des WFT……………………..……………… 93 Abbildung 18. Boxplot: MIB-Vortest - Mittlere Reaktionszeiten……………...…….. 94 Abbildung 19. Boxplot: PANAS - Positive/Negative Aktivierung…………………... 95 12 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Tabellenverzeichnis Tabelle 1. Übersicht: Demographie- und Hintergrundvariablen……………………. 79 Tabelle 2. Deskriptive Statistiken der PANSS-Komponenten……………………… 85 Tabelle 3. Phantomwörter-Transformationen pro Basisbegriff……………………... 86 Tabelle 4. Phantomwörter-Dauer pro Basisbegriff………………………………... 87 Tabelle 5. WFT-Fehlerraten…………………………………………………… 93 Tabelle 6. MIB-Vortest: Reaktionszeiten ………………………………………. 94 Tabelle 7. PANAS: Positive und negative Aktivierung …………………………... 95 Tabelle 8. Korrelationsmatrix: PANSS – Phantomwörter………………………… 96 Tabelle 9. Korrelationsmatrix: PANSS – MIB ………………………………….. 97 Tabelle 10. Korrelationsmatrix: PANSS – CAM………………………………….. 97 Tabelle 11. Korrelationsmatrix: PANS - Source Monitoring……………………….. 98 Tabelle 12. Korrelationsmatrix: PANSS - MIB-Vortest……………………………. 99 Tabelle 13. Korrelationsmatrix: PANSS - MWT & WFT…………………………... 99 Tabelle 14. Korrelationsmatrix: PANSS – PANAS………………………………... 100 Tabelle 15. Korrelationsmatrix: Phantomwörter - MIB und CAM……………………101 Tabelle 16. Deskriptiv: Source Monitoring, MIB, CAM, MIB-Vortest in Bezug zu Halluzinationen………………………………………….. 102 Tabelle 17. Deskriptiv: Source Monitoring, MIB, CAM, MIB-Vortest in Bezug zu therapeutischem Setting………………………………….. 104 Tabelle 18. Korrelationsmatrix: MIB-Vortest (Press) - MIB, CAM und Phantomwörter…………………………………………………. 105 Tabelle 19. Korrelationsmatrix: MIB-Vortest (Release) - MIB, CAM und Phantomwörter…………………………………………………. 105 Tabelle 20. Korrelationsmatrix: PANAS/Positive Aktivierung Phantomwörter, MIB, CAM und Source Monitoring……………………. 163 Tabelle 21. Korrelationsmatrix: PANAS/Negative Aktivierung Phantomwörter, MIB, CAM und Source Monitoring……………………. 163 Tabelle 22. Korrelationsmatrix: CPZ – Testergebnisse……………………………... 164 Tabelle 23. Korrelationsmatrix: Testzeitpunkt – Testergebnisse…………………….. 164 13 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 1. Einleitung Die Ursprünge der Gestaltpsychologie und die sich daraus entwickelnde Gestalttheorie gehen bis auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Die Gestaltpsychologie gehört also zu den ersten psychologischen Ansätzen überhaupt. Die gestaltpsychologische Theorie wurde, wie viele weitere Ideen aus anderen Forschungszweigen der Psychologie, von philosophischen Konzepten inspiriert. Die Philosophen, insbesondere die Wiener Phänomenologen Brentano, Husserl und Ehrenfels setzten zu Beginn des 20. Jahrhunderts wichtige Akzente in der Wahrnehmungsforschung. Ehrenfels (1890) war zunächst Schüler Brentanos, löste sich aber später von ihm. Er gilt heute als einer der wichtigsten Wegbereiter der Gestaltpsychologie bzw. Gestalttheorie. Ehrenfels postulierte, dass die menschliche Wahrnehmung derart konstituiert ist, dass sie sich auf die Beziehung, die die Einzelelemente einer wahrgenommen Entität zueinander haben, richte. Demnach werden Entitäten in ihrer Gesamtheit, die aus der Anordnung der Beziehungen der einzelnen Komponenten hervorgeht, als eine Gestalt bzw. Gestaltqualität wahrgenommen. Ein bekanntes Beispiel von Ehrenfels (1890) ist die Wahrnehmung einer Melodie – diese werde als eine Gestalt erfahren / aufgenommen und bleibe als solche auch erhalten, wenn einzelne Töne durch andere ersetzt würden – vorausgesetzt, die Anordnung der Beziehungen zwischen den Tönen bleibe unverändert. Brentano (1874, 1907) prägte unter anderem den Begriff der „Intentionalität“, worunter er das Gerichtet-Sein des Bewusstseins auf reale wie vorgestellte Gegenstände, Sachverhalte oder auch Eigenschaften versteht. Intentionalität ist, gemäß Brentano, Ausdruck und charakteristisches Wesensmerkmal des Mentalen. Brentano versteht den Akt der Wahrnehmung als stets intentional, also auf etwas (das nicht real sein muss) bezogen oder gerichtet – auch wenn dies für uns unbemerkt abläuft. Brentanos Verständnis von Intentionalität war seinerzeit Anlass für kontroverse Diskussionen. Vor allem die Vertreter des Reduktionismus rieben sich an seinem Konzept, da es neben Materiellem und naturalistisch Beschreibbaren, auch dem Mentalen eine Existenz zusprach. Einige von Brentanos Begrifflichkeiten sind bis heute umstritten, allerdings gibt es neuere philosophische Ansätze, die sich auf seine Theorie(n) beziehen und diese auf interessante Weise weiterentwickeln (Smith, 2002). Vorangetrieben von den neuen Erkenntnissen in Philosophie und der experimentellen Erforschung des Nervensystems durch die Physiologie, begann die noch sehr junge Wissenschaft der Psychologie sich intensiv mit Wahrnehmungsprozessen zu beschäftigen. 14 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Die Gestaltpsychologen waren dabei die ersten, die sich gezielt mit der Organisation und den Gesetzen der Gestaltwahrnehmung auseinander setzten. Gestalttheoretiker wie Wertheimer, Koffka und Köhler begründeten die „Berliner Schuler“, die wegweisend für die weitere gestaltpsychologische Forschung war. Die Gestaltpsychologie setzte sich zwar schon früh auch mit psychischen Störungen auseinander, aber deren Sichtweise auf psychopathologische Phänomene fand in der wissenschaftlichen Literatur lange Zeit wenig Beachtung. Gleichwohl lassen sich zahlreiche Übereinstimmungen zwischen den Annahmen der Gestaltpsychologie, experimenteller Psychopathologie und kognitiven Neurowissenschaften finden. Dies gilt insbesondere für den Kontext der vielfältigen Krankheitsbildern der Schizophrenie und psychotischen Erkrankungen. Die Erforschung der kognitiven Organisation und Koordination bei schizophrenen Erkrankungen hat ihre Wurzeln im gestaltpsychologischen Ansatz, den Wissenschaftler wie Matussek (1952) schon Mitte des letzten Jahrhunderts auf psychiatrische Fragestellungen anwandten. Eine grundlegende Hypothese der Gestalttheoretiker, wonach schizophrene Symptome von einer dysfunktionalen Verarbeitung visueller Muster herrühren, fand in einer Reihe von Studien zur Wahrnehmungsorganisation Bestätigung (Uhlhaas & Silverstein, 2003a; Silverstein et al., 2000; Rabinowicz et al., 1996; zitiert nach Tschacher, Schuler & Junghan, 2006a). Darüber hinaus deuten die Ergebnisse etlicher Studien auf Zusammenhänge zwischen Wahrnehmungsorganisation und Psychopathologie hin; Beispiele dafür sind Schizotypie, das Desorganisations-Syndrom sowie positive und negative Symptome (Goodarzi et al., 2000; Doninger et al., 2001; Parnas et al., 2001; zitiert nach Tschacher et al., 2006a). Generell kann gesagt werden, dass die Wahrnehmung den sensorischen Input derart koordiniert, dass die dabei ablaufenden Prozesse unter natürlichen Bedingungen üblicherweise unbemerkt bleiben. Unter Laborbedingungen können diese aber „sichtbar“ gemacht werden. Bekannte Beispiele, die verdeutlichen, dass Wahrnehmung einerseits ein aktiver, dynamischer Prozess ist und andererseits wie von selbst und unbemerkt koordiniert wird, sind bi- und multistabile Phänomene. Hierzu gehören unter anderem ambige Figuren (Figur-Grund-Umkehr) oder so genannte Vexierbilder (siehe Abbildung 1.), wie sie in etlichen Werken von Künstlern wie M. C. Escher oder Salvador Dalí zu finden sind. Auch das Titelbild dieser Arbeit, der „Landschafts-Kopf“ von Holler stellt ein Vexierbild dar (Wikipedia, 2008). Es beinhaltet eine Figur, die meistens nicht auf den ersten Blick entdeckt wird. 15 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Abbildung 1. Was Bistabilität ist, wird hier anhand von Kippfiguren/Vexierbild deutlich (Wikipedia, 2008). In der Fachliteratur wurden bis heute zahlreiche weitere Täuschungen beschrieben, bei welchen bestimmte Bereiche oder Aspekte eines Gegenstands vollständig übersehen werden. Simons und Chabris (1999, zitiert nach Tschacher et al., 2006a) berichteten z.B. von einem bemerkenswerten Experiment zu ‚unbewusster Blindheit’. Hierbei wurden die Probanden angewiesen, ein auf einem Bildschirm präsentiertes Ballspiel zu verfolgen und währenddessen die Pässe des Teams in weißen Trikots, zu zählen. Die Forscher konnten zeigen, dass die meisten Versuchspersonen optisch klar erkennbare Ereignisse (z.B. ein Mann in einem Gorillakostüm, der durch die Mitte des Spielfelds geht) überhaupt nicht registrierten. Es besteht also nicht nur eine Konvergenz zwischen Evidenzen aus der empirischen Kognitionsforschung, neurobiologischen Untersuchungen und den gestaltpsychologischen Theorien hinsichtlich psychotischer Erkrankungen, sondern auch in Bezug auf normale, alltägliche Wahrnehmungsprozesse bei Gesunden (Tschacher, 1997). Im Bereich der Psychopathologie verstehen Silverstein & Uhlhaas (2004) die Gestalttheorie als ein nützliches theoretisches Grundgerüst für ein übergreifendes Verständnis der Schizophrenie. Die Autoren nehmen an, dass sowohl kognitive wie auch neurologische Prozesse zum Zusammenbruch der Organisation der Gestaltwahrnehmung bei Schizophrenen beitragen. Auf der Basis zahlreicher experimenteller Untersuchungen kann man heute von einer grundlegenden Beeinträchtigung der kognitiven Koordination und einer defizitären Wahrnehmungsorganisation bei schizophrenen Patienten ausgehen (Tschacher & Kupper, 2006b). Der Gestalt-fundierte Ansatz, wie ihn Uhlhaas & Silverstein (2003a) oder auch Tschacher (1997) verfolgen, ist breit gefächert: neurobiologische wie phänomenologische Theorien und Ansätze werden explizit miteinbezogen. Uhlhaas und Silverstein (2003a) 16 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees schlossen aus ihren Forschungen zunächst, dass schizophrene Erkrankungen wahrscheinlich durch eine generelle Beeinträchtigung in der Gestalt-Verarbeitung charakterisiert sind, welche das Bewusstsein als Ganzes, inklusive seiner neuronalen Träger, beeinflusst. Allerdings revidierten die Autoren zum Teil diese Meinung nach Einwänden anderer Forscher, wie beispielsweise Plaum (2003). Plaum macht in seiner Kritik neben methodologischen Problemen, wie der adäquaten Auswahl einer Kontrollgruppe, vor allem auf die strittige Frage nach der Spezifität bestimmter Defizite bei schizophrenen Erkrankungen aufmerksam. Er argumentiert, insbesondere auf Grund von Beobachtungen zeitlicher Fluktuationen schizophrener Defizite und Symptome, gegen eine vorschnelle Spezifitäts-Annahme. Uhlhaas und Silverstein (2003b) reagierten auf diese Einwände in späteren Publikationen. Sie wiesen daraufhin, dass schizophrene Patienten nicht in sämtlichen Aufgaben zur Wahrnehmungsorganisation Defizite zeigen. Die Defizite könnten je nach Schweregrad und Art der Symptome variieren. Die dysfunktionale Wahrnehmungsorganisation könnte Anzeichen eines, auf neurologischer Ebene entwickelten, Subtypus von Schizophrenie sein. Place und Gilmore konnten (1980) in einer Studie zeigen, dass schizophrene Patienten bei Gruppierungs-Aufgaben eine eng umschriebene, begrenzte Überlegenheit im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen aufwiesen. Dies stellt nach Uhlhaas & Silverstein (2003a) eine besonders eindrückliche Demonstration der Validität des Wahrnehmungs-OrganisationsModells dar. Andere, eher allgemeiner gehaltene Modelle konnten keine derartigen Resultate erzielen, da sie vor allem auf Defizite in der Verarbeitungsgeschwindigkeit, Verarbeitungskapazität und Aufmerksamkeitsleistung fokussiert waren. Die Sichtweise von Uhlhaas und Silverstein deckt sich mit Tschachers Annahme: “[…] not all schizophrenia patients show Gestalt deficits, and such deficits are probably not stable markers of schizophrenia” (2004, S. 335). Zwar geht auch Tschacher von einer grundlegenden Beeinträchtigung der kognitiven Koordination bei schizophrenen Patienten aus. Hierbei betont er allerdings, dass die Störung der Wahrnehmungsorganisation Schizophrener nicht ausschließlich und generell defizitär ist, sondern es ebenso zu einem so genannten „Gestalt-Exzess“’ kommen kann – je nach Krankheitsphase (Tschacher, 2004). Eine defizitäre Wahrnehmungsorganisation setzt sich aus reduzierter Aufmerksamkeit, reduzierter Erinnerungsfähigkeit und/oder reduzierter Planungsfähigkeit zusammen. Im Falle des Gestalt-Exzesses liegt eine Art von Überanfälligkeit vor, die dazu führt, dass Dinge wahrgenommen werden, die nicht real sind bzw. es werden Zusammenhänge hergestellt, die sich nicht mehr aus dem tatsächlich gegebenen Sachverhalt ableiten lassen und bis ins Wahnhafte reichen können. 17 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Typisch für derartige Patienten sind Attributionsfehler wie das Phänomen des „Jumping to Conclusions“ oder ein „‚Externalisierungsbias“. Unter „Jumping to Conclusions“ versteht man systematische Fehlschlüsse bis hin zu Wahngedanken; mit „Externalisierungsbias“ ist die Tendenz gemeint, eigene innerpsychische Vorgänge bzw. deren Ursprünge einer äußeren Quelle zuzuschreiben. Häufige Folgen von Gestalt-Exzessen sind Angst, Paranoia und Vermeidung. In den letzten drei Jahrzehnten wurden im englischsprachigen Raum zunehmend experimentelle Studien zur Überprüfung neurokognitiver Erklärungsmodelle von akustischen Halluzinationen bei Patienten mit Schizophrenie durchgeführt. Diese Studien beruhen auf der Grundannahme, dass motorische Handlungen von einer Efferenzkopie begleitet werden. Diese Idee wurde 1950 erstmals von den deutschen Biologen Von Holst und Mittelstaedt sowie dem amerikanischen Neurobiologen Sperry (1951) beschrieben und basiert auf den Erkenntnissen der Forschungen von Helmholtz (1866). Es wird angenommen, dass die Efferenzkopie ein Begleitsignal („corollary discharge“) zum sensorischen Kortex sendet, welcher wiederum signalisiert, das die eingehenden Empfindungen selbst initiiert oder selbst generiert sind. Von Holst und Mittelstaedt (1950) nannten diesen Mechanismus das „Reafferenzprinzip“. Feinberg (1978) und Frith (1987, 2005) zählen zu den Forschern, die diesen Ansatz entscheidend weiterentwickelt haben. Die zentrale Annahme von Friths Modell besagt, dass akustische Halluzinationen bei Schizophrenen durch ein Selfmonitoring-Defizit hervorgerufen werden. Die Selbstmonitoring-Defizite werden durch eine fehlerhafte Efferenzkopie im Sinne eines ungenauen „Forward Models“ (Vorlauf-Modell zur Vorhersage von Handlungen) und durch falsche Begleitsignale („Corollary Discharge“) erklärt (Seal, Aleman, McGuire, 2004; Frith & Frith 2005; Ford & Mathalon, 2005, Allen, Freeman, Johns & McGuire, 2006). Es existieren mittlerweile etliche empirische Belege für die Existenz des Reafferenzprinzips. Beispielsweise ist das Reafferenzsystem laut Blakemore, Wolpert und Frith (2000a) im somato-sensorischen System dafür verantwortlich, dass man sich selbst nicht kitzeln kann. Ebenso kann man das Prinzip des Reafferenzsystems auf die gesamte motorische Wahrnehmung (Frith, 2005) beziehen. Es wird auch vermutet, dass das Reafferenzsystem die auditorische Wahrnehmung koordiniert (Ford & Mathalon, 2005). Allerdings hat die Forschung zur auditiven Wahrnehmung noch einige Probleme zu lösen. So stellen die Unterscheidung, die Operationalisierung und Erfassung von Gedanken und inneren Selbstgesprächen („Inner Speech“) eine große Herausforderung dar. Im Unterkapitel 2.9.1. soll noch genauer auf das Reafferenzprinzip eingegangen werden. 18 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 1.1. Literaturrecherche und verwendete Datenbanken Der Großteil der zu Rate gezogenen Literatur, insbesondere die verwendeten Artikel aus wissenschaftlichen Fachzeitschriften in Druckversion, stammt direkt aus den Beständen der Uniklinik und Poliklinik für Psychiatrie (Abteilung für Psychotherapie) der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD). Die Bibliotheken der UPD und des Psychologischen Instituts der Universität Bern stellten vor allem für die Beschaffung von Lehrbüchern eine nützlich Quelle dar. Weiterhin waren Online-Datenbanken wie PsycINFO, PSYNDEX sowie die elektronische Zeitschriftenbank der Universität Bern eine entscheidende Hilfe auf der Suche nach aktueller Literatur, insbesondere für Zeitschriftenartikel und neuere Studien. 1.2. Erwarteter Nutzen des Projekts Die vorliegende Studie wurde mit der Zielsetzung und Erwartung konzipiert, weiteren Aufschluss darüber zu erhalten, inwieweit die auditive und visuelle Wahrnehmung psychotischer Patienten im Vergleich zu gesunden Personen verändert ist. Darüber hinaus ist es ein wichtiges Anliegen dieses Forschungsprojekts mögliche Zusammenhänge zwischen auditiver- wie visueller Wahrnehmung und Source Monitoring, kognitiven Leistungen, kognitiver Koordination und dem psychopathologischen Status der Patienten, zu eruieren. Zur Überprüfung der genannten Konstrukte und ihrer Verknüpfungen diente eine umfassende Testbatterie mit insgesamt 15 Messinstrumenten. Dazu gehören ein Fragebogen zur Erfassung demographischer Kennzeichen und spezifischer Hintergrund-variablen, zwei klinische Interviews (PANSS & PSYRATS), zwei kognitive Leistungstests (MWT & WFT), zwei Fragebögen zur Erfassung von Attributions-Biases (DACOBS & Source Monitoring Scale), ein Fragebogen zur Stimmungserfassung (PANAS), ein Hörtest (HTTS), ein Reaktionstest (MIB-Vortest) (Phantomwörter, und last Stream but not least Segregation drei & akustische Pitch Shift) Gestaltwahrnehmungstests sowie zwei optische Gestaltwahrnehmungstests (MIB & CAM). In die vorliegende Arbeit wurden mit Ausnahme von DACOBS, Stream Segregation und Pitch Shift alle aufgeführten Messmittel integriert bzw. statistisch ausgewertet. Einige der Test sind selbstständig entwickelt (unter anderem die Phantomwörter), weshalb ein erhoffter Nutzen dieser Studie auch die Validierung der neuen Verfahren ist. Das vorliegende Projekt stellt eine Pilotstudie dar. In anschließenden Studien soll der Schwerpunkt auf die Möglichkeit psychotherapeutischer Einflussfaktoren bei der Behandlung psychotischer Patienten mit akustischen Halluzinationen, gelegt werden. Der hierbei angesprochen Therapieansatz ist eine Form von „kognitiver Remediation“. Darunter ist in 19 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees diesem Kontext eine gezielt kognitiv-behaviorale Interventionsmethode zur Modifikation der, den auditiven Halluzinationen zu Grunde liegenden, Beeinträchtigungen zu verstehen. Ein notwendiger Schritt zur Entwicklung derartiger Interventionen besteht in der Identifizierung pathologischer Mechanismen und Prozesse. Darauf aufbauend könnten Therapieziele umschrieben und eine Klärung der Wirkfaktoren ermöglicht werden, wodurch dann eine potentielle Einflussnahme mit psychotherapeutischen Mitteln denkbar wäre bzw. erreichbar erscheint. 2. Theoretischer Hintergrund Schizophrenie stellt eines der größte Probleme auf dem Gebiet der psychischen Erkrankungen dar – sowohl hinsichtlich der Einschränkungen, die die Störung verursacht, als auch bezüglich der volkswirtschaftlichen Kosten (Tarrier et al, 1990; zitiert nach Morrsion & Haddock, 1997). Akustische Halluzinationen zählen zu den prominentesten Symptomen schizophrener Erkrankungen und treten, insbesondere unter stressvollen Bedingungen, sehr häufig auf (World Health Organization, 1973; zitiert nach Morrison & Haddock, 1997). Auf Grund der Heterogenität der Symptome, die mit der Diagnose einer schizophrenen Erkrankung verbunden sind, und den Schwierigkeiten hinsichtlich der Reliabilität und Validität einer derartigen Diagnosekategorie, legen eine Reihe von Autoren nahe, die Erforschung der Ätiologie und Behandlung psychotischer Erkrankungen eher auf die individuellen Symptome, als auf weit gefasste klinische Syndrome zu konzentrieren (Bentall, 1990a). Diese Vorgehensweise könnte dazu beitragen, die einer Schizophrenie zu Grunde liegenden Prozesse weitergehend zu eruieren (Persons, 1986; Bentall et al., 1988; Bentall, 1990b; zitiert nach Morrison & Haddock, 1997). 2.1. Schizophrene und psychotische Erkrankungen Der Begriff Schizophrenie wurde von Bleuler, ehemaliger Leiter der Züricher Universitätsklinik Burghölzli, im Jahr 1911 eingeführt und löste den zuvor von Kraeplin geprägten Begriff „ Dementia praecox“ ab. Oftmals beginnen psychotische und schizophrene Erkrankungen bereits im Jugendalter. Die meisten psychotisch Erkrankten finden sich in der Altersgruppe zwischen 15 und 35 Jahren. Die Prävalenzrate beträgt Kultur- und Milieu unabhängig rund ein Prozent. Allerdings werden durch die oftmals heftigen Beeinträchtigungen bis hin zur Arbeitsunfähigkeit, die häufig 20 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees chronischen Verläufe und meist sehr umfassenden medikamentösen Behandlungen überproportional hohe Kosten für die Therapie psychotischer Patienten, verursacht. Studien zeigen aber auch, dass seit Einsatz der ersten typischen Neuroleptika in den 1950er Jahren die Zahl stationär behandelter psychotischer Patienten, signifikant gesunken ist (Jahn, und Mussgay, 1989). Seit den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden auch zunehmend Sozial- und Gemeindepsychiatrische Interventionsmodelle entwickelt (Dörner, Teller, Plog & Wendt, 2004), die auch heute noch eine wichtige Alternative zur stationären Versorgung darstellen (Brenner, Junghan & Pfammatter, 2000). Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell geht davon aus, dass psychotische oder schizophrene Störungen bei Vorliegen einer spezifischen Anfälligkeit oftmals durch besonders belastende, einschneidende und stressreiche Ereignisse, wie der Tod eines nahe stehenden Menschen, Beziehungsabbrüche oder Schul- bzw. Ausbildungsabschluss ausgelöst werden. In den letzten Jahren wurden zunehmend Drogen- bzw. Substanz-induzierte psychotische Störungen diagnostiziert, die man auch auf eine bestimmte Vulnerabilität zurückführt. Manche Autoren sprechen in diesem Zusammenhang von einer latenten Psychose. Der Substanzmissbrauch wird demnach (nur) als Auslöser der psychotischen Störung gesehen, die latent schon zuvor vorhanden war. Das Frappierende ist allerdings, dass die Störung meist auch nach Absetzen der Drogen fortbesteht und oftmals Züge einer klassischen Schizophrenie aufweist. In der Schizophrenieforschung gilt das multifaktorielle Erklärungsmodell zur Ätiologie von schizophrenen bzw. psychotischen Störungen heute als etabliert. Es wird angenommen, dass biologische (genetische, biochemische, neurologisch-strukturelle Komponenten) psychologische und soziale Faktoren gemeinsam bzw. in Wechselwirkung zur Entstehung, Auslösung und Aufrechterhaltung psychotischer Erkrankungen beitragen. Im Folgenden werden vor allem psychologische und neurokognitive Theorien vorgestellt, da es den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, auf die zahlreichen biologischen und sozio-kulturellen Ansätze einzugehen. Bei den in der vorliegenden Studie untersuchten Patienten wird im Allgemeinen von psychotischen und nicht von schizophrenen Störungen/Erkrankungen gesprochen. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass nicht alle teilnehmenden Patienten die explizite Diagnose einer schizophrenen Störung hatten, wohl aber sämtliche Patienten psychotische Symptome aufwiesen. Der Terminus ‚Psychotische Störungen’ kann als eine Art Überbegriff verstanden werden, unter dem die verschiedenen schizophrenen Erkrankungen und weitere, nachfolgend beschriebenen psychotischen Störungen subsumiert werden. 21 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Es ist noch anzumerken, dass der Begriff „Psychose“ heute im Fachjargon offiziell nicht mehr gebräuchlich ist. Psychose wurde zwischenzeitlich durch den Terminus „Psychotische Störung“ ersetzt. Im Klassifikationssystem „Diagnostic and Statistical Manual of Mental disorders, 4th Edition Text Revision“’ (DSM-IV-TR) der „American Psychiatric Association“ (APA) aus dem Jahr 2000 wurde diese Modifikation auch durchweg umgesetzt. Allerdings wird die neue Sprachregelung im Allgemeinen noch nicht konsequent angewendet. Der Begriff Psychose ist in der klinischen Praxis weiterhin durchaus üblich; auch in der zehnten Revision (Version 2008) des offiziellen Klassifikationssystems der Weltgesundheitsorganisation (WHO) „Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - German Modification“, kurz ICD-10-GM (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, 2008) ist er noch zu finden. 2.1.1. Diagnosekriterien des DSM-IV-TR für schizophrene und psychotische Störungen Auf Achse I des DSM-IV-TR „Klinische Störungen und andere klinisch relevante Probleme Zustandsstörungen, schwere mentale Fehlstörungen und Lernunfähigkeiten“ werden schizophrene und psychotische Störungen unter „Schizophrenie und andere psychotische Störungen“ subsumiert. Die folgenden Abschnitte sind selbst erstellte Übersetzungen der englischen Originalversion des DSM-IV-TR (APA, 2000). Schizophrenie ist eine persistierende, oftmals chronische, und gewöhnlich gravierende psychische Störung, die in vielfältiger Weise Aspekte des Verhaltens, Denkens und Fühlens beeinflusst. Patienten, die unter Wahnvorstellungen oder Halluzinationen leiden, werden als psychotisch bezeichnet. Das Denken der Betroffenen kann unzusammenhängend und unlogisch sein. Eigentümliche Verhaltensweisen können mit sozialem Rückzug und allgemeinem Desinteresse einhergehen. Kriterium A: Zwei oder mehrere der nachfolgend aufgeführten charakteristischen Symptome müssen über einen bedeutsamen Zeitraum innerhalb eines Monats hinweg präsent sein – oder für kürzere Zeit, falls die Störung bereits erfolgreich behandelt wurde: • Wahnvorstellungen • Halluzinationen • Desorganisation von Sprache und Denken (z.B. Abschweifen oder Inkohärenz) • Grob desorganisiertes oder katatones Verhalten • Negativsymptome (z.B. Affektverflachung, Sprachverarmung oder Willensschwäche) Es gilt zu beachten: 22 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Treten bizarre Wahnvorstellungen auf oder Halluzinationen, die Stimmen beinhalten, die fortlaufend das Verhalten oder die Gedanken des Betroffenen kommentieren oder zwei und mehr Stimmen, die sich miteinander unterhalten, ist für die Diagnose einer schizophrenen Störung nur ein Kriterium A–Symptom erforderlich. Einzelne Diagnosekategorien/Typen schizophrener Störungen sind: • Katatone Schizophrenie (295.20) • Desorganisierte Schizophrenie (295.10) • Paranoide Schizophrenie (295.30) • Schizophrenes Residuum (295.60) • Undifferenzierte Schizophrenie (295.90) Weitere Störungen, die zum psychotischen Formenkreis gehören: • Schizophreniforme Störung (295.40) • Schizoaffektive Störung (295.70) • Wahnhafte Störung (297.1) • Kurze Psychotische Störung (298.8) • Sonstige Psychotische Störung (297.3) • Psychotische Störung auf Grund von allgemeinen medizinischen Vorbedingungen mit Wahnsymptomen und/oder Halluzinationen (293) • Substanz-induzierte psychotische Störung (291.3/291.5/292.11/292.12) • Nicht näher bezeichnete psychotische Störung (289.9) 2.1.2. Beschreibung der ICD-10-GM Diagnosen der teilnehmenden Patienten Die schizophrenen und einige psychotischen Störungen finden sich im ICD-10-GM in Kapitel V (F00 – F99) „Psychische- und Verhaltensstörungen“ unter ‚Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen’ (F20 - F29). In anderen Unterkapiteln (vor allem „Affektive Störungen“ [F30-F39] sowie „Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ [F10-F19]) sind etliche weitere Störung mit psychotischen Symptomen aufgeführt. Allerdings kommt bei diesen Störungsbildern der psychotischen Symptomatik in der Regel lediglich eine sekundäre Bedeutung zu; im Vordergrund steht vielmehr die affektive oder Substanz-bezogene Problematik. Wegen der Komplexität und teils fließenden Grenzen zwischen den Störungsgruppen ist aber stets ein profundes, präzises differentialdiagnostisches Vorgehen geboten, um beim Vorliegen psychotischer Symptome zu einer validen Klassifikation zu gelangen. 23 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Da alle an dieser Studie teilnehmenden Patienten auf Grund der allgemeinen Bestimmungen der Kostenträger und Krankenkassen anhand des ICD-10-GM diagnostiziert wurden, sollen kurz die ICD-Diagnosen, die für die partizipierenden Patienten vergeben wurden, dargestellt werden. Sie sind weitgehend wortgetreu dem ICD-10-GM (DIMDI, 2008) entnommen. Paranoide Schizophrenie (F20.0) Die paranoide Schizophrenie ist durch beständige, häufig paranoide Wahnvorstellungen gekennzeichnet, meist begleitet von akustischen Halluzinationen und Wahrnehmungsstörungen. Störungen der Stimmung, des Antriebs und der Sprache, katatone Symptome fehlen entweder oder sind wenig auffallend. Katatone Schizophrenie (F20.2) Die katatone Schizophrenie ist gekennzeichnet von den im Vordergrund stehenden psychomotorischen Störungen, die zwischen Extremen wie Erregung und Stupor sowie Befehlsautomatismus und Negativismus alternieren können. Zwangshaltungen können lange Zeit beibehalten werden. Episodenhafte schwere Erregungszustände können ein Charakteristikum dieses Krankheitsbildes sein. Die katatonen Phänomene können mit einem traumähnlichen Zustand mit lebhaften szenischen Halluzinationen verbunden sein. Schizophrenes Residuum (F20.5) Ein chronisches Stadium in der Entwicklung einer schizophrenen Krankheit, bei welchem eine eindeutige Verschlechterung von einem frühen zu einem späteren Stadium vorliegt und das durch lang andauernde, jedoch nicht unbedingt irreversible "negative" Symptome charakterisiert ist. Hierzu gehören psychomotorische Verlangsamung, verminderte Aktivität, Affektverflachung, Passivität Sprachverarmung, geringe Blickkontakt, Modulation und Initiativemangel, nonverbale der qualitative Kommunikation Stimme und durch Körperhaltung, und quantitative Gesichtsausdruck, Vernachlässigung der Körperpflege und nachlassende soziale Leistungsfähigkeit. Sonstige Schizophrenie (F20.8) Unter die Diagnosekategorie ‚Sonstige Schizophrenie’ fallen schizophreniforme Störungen, bei welchen häufig Synästhesien (synchrones Halluzinationserleben mit mehreren Sinnen) auftreten, psychotische Störungen ohne nähere Angaben sowie zönästhetische Schizophrenien. Bei letzterem erleben die betroffenen Patienten so genannte „zönästhetischen 24 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Halluzinationen“, worunter in etwa Leibeshalluzinationen zu verstehen sind, deren Herkunft external, außerhalb des eigenen Körpers zugeschrieben wird. Mittelgradige depressive Episode (F32.1) Der betroffene Patient leidet unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Es kommen Schuldgefühle oder Gedanken über die eigene Wertlosigkeit vor. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von so genannten "somatischen" Symptomen begleitet werden, wie, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Gewichtsverlust und Libidoverlust. Gewöhnlich sind vier oder mehr der oben angegebenen Symptome in einem mittleren Schweregrad vorhanden und der betroffene Patient hat meist große Schwierigkeiten, alltägliche Aktivitäten fortzusetzen. Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen (F32.3) Zusätzlich zu den oben beschriebenen depressiven Symptomen, ist eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen durch das Auftreten von Halluzinationen, Wahnideen, psychomotorischer Hemmung oder eines Stupors gekennzeichnet. Die Symptome sind so schwer ausgeprägt sind, dass alltägliche soziale Aktivitäten unmöglich sind und Lebensgefahr durch Suizid und mangelhafte Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme bestehen kann. Halluzinationen und Wahn können, müssen aber nicht, synthym sein. Der Großteil der untersuchten Patienten hatte die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie. Die restlichen Diagnosen „Katatone Schizophrenie“, „Schizophrenes Residuum“, „Sonstige Schizophrenie“‚ „Mittelgradige depressive Episode“ und „Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen“ wurden wesentlich seltener vergeben. Die beiden Diagnosen „Mittelgradige depressive Episode“ und „Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen“ stammen zwar aus dem Kanon der affektiven Störungen, da aber bei den betreffenden Patienten psychotische Symptome aktuell präsent waren und beide die Zusatzdiagnose einer paranoiden Schizophrenie hatten, wurden sie in die Studie mit eingeschlossen. Auf Grund der Zusatzdiagnose „Paranoide Schizophrenie“ ist auch zu vermuten, dass sich die Diagnosesteller bei den beiden Patienten nicht sicher waren, ob nun die schizophrene oder die depressive Störung als primär und dominant einzustufen war. 25 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Bleibt noch anzumerken, dass die „Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen“ am Abklingen war und sich die betreffende Patientin auf dem Weg der Besserung befand. Ansonsten hätte sie an den Untersuchungen nicht teilnehmen dürfen, da Akutpatienten ausgeschlossen waren. 2.2. Auditive und visuelle Gestaltwahrnehmung Unter Gestaltbildung versteht man die Integration von einzelnen Elementen in ein resultierendes großes Ganzes, welches auch als Gestalt bezeichnet wird. Der Integrationsvorgang wird durch eine Reihe von Mechanismen begleitet, die der Reduktion der ursprünglichen Komplexität dienen. Erst so wird die letztlich resultierende Vereinheitlichung/ Verdichtung zu einer Gestalt möglich (Silverstein & Uhlhaas, 2004). Dieser Studie liegt die Annahme der Selbstorganisationstheorie zu Grunde, die besagt, dass Gestaltbildung durch dynamische, Komplexitäts-reduzierende Prozesse zustande kommt, die im kognitiven System ablaufen. Musterbildung kann multistabil sein, d.h. bei gleicher Stimulation bzw. gleichen Umweltbedingungen können komplexe Systeme qualitativ deutlich unterschiedliche Muster produzieren. Unter Mustern werden in diesem Kontext perzeptuelle Gruppen mit einzigartigen Eigenschaften verstanden, die nicht reduziert oder aufgrund von Einzelheiten vorhergesagt werden können. Gestaltwahrnehmung wird als die Fähigkeit betrachtet, Objekte in ihrem natürlichen Kontext kohärent, d.h. schlüssig wahrzunehmen. Die subjektiv erlebte Gestaltwahrnehmung wird als ein Indikator angesehen, der es ermöglicht, die perzeptuelle und allgemeine kognitive Stabilität einzuschätzen. Diese Stabilitätsvariable wird durch die so genannte „Transitionsrate“ (Anzahl von Gestaltenwechseln) und/oder die Dauer der Gestaltwahrnehmungen operationalisiert. Die vorliegende Arbeit stützt sich auf zwei visuelle Gestaltwahrnehmungsvarianten (MIB und CAM) und einen neu entwickelten auditiven Test (Phantomwörter), welcher verbale Transformationen evoziert. 2.3. Kognitive Koordination Auditive und visuelle Gestaltwahrnehmung sind Teil der kognitiven Koordination, allerdings umfasst diese über die perzeptuelle Organisation hinaus weitere Bereiche. Der Begriff der kognitiven Koordination bezeichnet das Zusammenspiel verschiedener neuro-kognitiver Prozesse und Mechanismen, die dazu beitragen, Wahrgenommenes zu einem sinnvollen Ganzen zu verdichten. Die kognitive Koordination bezieht sich auf den internen Aspekt von Wahrnehmung bzw. darauf, was Psyche und Gehirn aus dem Wahrgenommen machen. Es 26 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees geht dabei also um einen aktiven und dynamischen Vorgang, was allerdings nicht bedeutet, dass die beteiligten Prozesse explizit ablaufen und steuer- oder kontrollierbar sind. Vielmehr beinhaltet die kognitive Koordination „Bottom-Up-Prozesse“ aus verschiedenen kognitiven Bereichen, die dem Bewusstsein größtenteils nicht zugänglich sind. Es sind insbesondere diese nicht (oder kaum) willentlich steuerbaren Prozesse, die der Gestaltbildung im Allgemeinen und somit auch optischen oder akustischen Illusionen zu Grunde liegen. Die kognitive Koordination ist dem Begriff der kognitiven Organisation verwandt. In einem fortlaufenden Prozess, in welchem die kognitive Organisation strukturelle Modifikationen erfährt, organisiert sich der kognitive Apparat via Schemata und Operationen, wodurch die Psyche letztlich ein in sich schlüssiges Bild des Wahrgenommen generiert. Das Konstrukt der kognitiven Koordination geht aber über das der kognitiven Organisation hinaus. Um es in den Worten von Uhlhaas und Silverstein (2003, S. 256) auszudrücken: „Consistent with Gestalt theory, perceptual organization and other forms of cognitive organization appear to operate via similar processes based in a general mechanism supporting cognitive coordination across domains, and there is evidence that this mechanism is dysfunctional in schizophrenia.” Der von Uhlhass und Silverstein angesprochene generelle Mechanismus, auf dem die kognitive Koordination basiert, wird je nach theoretischem Hintergrund unterschiedlich im neurokognitiven Binding-, Selfmonitoring- oder Reafferenzsystem vermutet, bzw. wird davon ausgegangen, dass schizophrene Patienten hier eine fundamentale Dysfunktion aufweisen. Es ist jedoch anzumerken, dass insbesondere Selfmonitoring und Reafferenzsystem verwandte Konstrukte sind und teilweise äquivalent gebraucht werden. Autoren wie Frith (2005) nehmen an, dass das allfällig dysfunktionale Selfmonitoring Schizophrener, auf einem gestörten Reafferenzsystem beruht. An dieser Stelle sollen die eben erwähnten Paradigmen allerdings nicht weiter erklärt werden, da sie in den folgenden Kapiteln noch ausführlich erläutert werden. Die untersuchten optischen Gestalt-Paradigmen MIB und CAM sowie das akustische Paradigma der verbalen Transformation (Phantomwörter) sind Wahrnehmungstests, die als Marker für die zu Grunde liegenden Prozesse gelten, insbesondere für die kognitive Koordination. In der vorliegenden Studie wurde also die kognitive Koordination nicht direkt erhoben, sondern lediglich die Gestaltwahrnehmung bzw. „perzeptuelle Koordination“ unmittelbar gemessen. Auch „Top-Down-Prozesse“ wie metakognitives Wissen, das für Interpretationen und Attributionen bedeutsam ist sowie allgemeine kognitive Funktionen, wie Intelligenz, Aufmerksamkeit, Konzentration oder Gedächtnis können die kognitiven 27 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Koordination bis zu einem gewissen Grad beeinflussen und wurden deshalb in dieser Studie ebenfalls erfasst. 2.4. Phänomenologie akustischer und anderer Halluzinationen Auditorische Halluzinationen gehören zu den prominentesten Symptomen psychotischer Störungen und sind Teil produktiver Symptomatik. Sie treten in Akut- und Stressphasen gehäuft auf und sind in diesen Perioden oft mit Wahnideen verknüpft. Der Inhalt bzw. die emotionale Valenz der Halluzinationen kann neutral, positiv (was eher selten der Fall ist) oder negativ sein. Bei den allermeisten Patienten sind die negativ konnotierten Inhalte dominant. In der Regel werden akustische Halluzinationen von den Betroffenen als (sehr) belastend empfunden und können in akuten Störungsphasen Stimmung, Interaktionsverhalten und Berufsausübung erheblich beeinträchtigen. Die auditiven Halluzinationen können Geräusche (z.B. Summen, Pfeifen, Rauschen, konkrete oder undifferenzierte Klänge) sein oder aus einer oder mehreren Stimmen bestehen. Laut Patientenberichten sprechen die Stimmen in der ersten, zweiten oder dritten Person (Singular oder Plural) zu bzw. mit den Betroffenen. Es kommt auch vor, dass die Patienten offen mit den Stimmen kommunizieren, mit ihnen diskutieren oder ihnen Paroli bieten. Die Stimme(n) kommentieren Gefühle, Gedanken oder Verhalten der betroffen Patienten. Sie können aber auch imperativen Charakters sein und konkrete Aufforderungen aussprechen. Letztere reichen von harmlosen Anweisungen wie z.B. „Leg jetzt diesen Stift wieder zurück“, bis zu höchst destruktiv-aggressiven Befehlen wie „Bring Dich endlich um“. Der Großteil der Patienten gibt aber an, insbesondere destruktiven Aufforderungen nicht nachzukommen und selbige auch in vergangenen Akutphasen nicht befolgt zu haben. Viele Patienten geben bei der Frage nach dem Ursprung des Stimmen-Hörens eine äußere Quelle an, oder wissen schlicht keine Antwort. Meistens werden die Stimmen als von einer externen Instanz oder Person gemacht erlebt; nur wenige Patienten schreiben die Herkunft der Sinnestäuschung sich selbst oder ihrer Störung zu. Dies ist besonders hinsichtlich der in dieser Studie durchgeführten Source Monitoring Scale interessant, deren Schwerpunkt auf der Evaluation von Attributionstendenzen (external vs. internal) eigener Gedanken liegt; hierzu später mehr. Nur wenige Patienten scheinen sich genauer damit auseinander zu setzen, woher ihre auditorischen Halluzinationen rühren. Diesen Eindruck hat zumindest der Verfasser dieser Arbeit während der PANSS-Interviews mit den teilnehmenden Patienten bekommen. Dies ist natürlich nur eine subjektive Einschätzung, die der weiteren Überprüfung bedarf und keinen 28 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Anspruch auf wissenschaftliche Evidenz erhebt. Bemerkenswerterweise scheint es aber einigen Patienten unter bestimmten Umständen durchaus möglich zu sein, eine gewisse Kontrolle über die akustischen Halluzinationen zu gewinnen und „wieder Herr im eigenen Haus zu sein“. Die meisten Patienten berichten, dass die Stimmen fast immer verstummen, sobald sie sich mit einer anderen Person unterhalten. Auf diese, vielleicht zunächst überraschende Tatsache soll im nächsten Abschnitt noch näher eingegangen werden. Generell gelingt es jedenfalls einigen Patienten, selbstständig Coping-Strategien zu entwickeln. Hierzu gehören im Allgemeinen ablenkende Tätigkeiten, wie spazieren gehen, etwas mit anderen unternehmen oder über einen Walkman Musik zu hören – so laut, dass sie die Stimmen übertönt. Ist das Stimmenhören aber zu intensiv, sind derartige Versuche nach Aussagen der Patienten in der Regel fruchtlos bzw. werden erst gar nicht initiiert. Neben den akustischen Halluzinationen treten auch bei manchen Patienten optische, gustatorische (Geschmackssinn), olfaktorische (Geruchssinn), taktile (Tastsinn) vestibuläre/ kinästhetische (Gleichgewichtssinn) oder Leibhalluzinationen auf. In seltenen Fällen kann es auch zu so genannten „Synästhesien“ kommen. Darunter ist das gleichzeitige Halluzinationserleben in verschiedenen Sinnesmodalitäten bezogen auf einen Inhalt zu verstehen. Da die vorliegende Arbeit insbesondere an der Evaluation des Zusammenhangs zwischen auditiven Halluzinationen und Gestaltwahrnehmung interessiert ist, konzentrieren sich die folgenden Unterkapiteln überwiegend auf die akustischen Halluzinationen. Verglichen mit den auditiven Halluzinationen werden die im vorausgegangenen Abschnitt beschriebenen Sinnestäuschungen wesentlich seltener beobachtet. 2.5. Erklärungsmodelle zu Entstehung, Auslösung und Aufrechterhaltung akustischer Halluzinationen Obwohl dem Thema „ Akustischen Halluzinationen“ in den vergangenen Jahrzehenten viel Aufmerksamkeit gewidmet wurde, gibt es bis heute kein umfassendes Modell, welches deren Auftreten zufriedenstellend erklären könnte und vollständig durch Evidenzen aus der empirischen Forschung unterstützt wird. Einige Forscher nehmen an, dass auditorische Halluzinationen internale kognitive Ereignisse sind, denen die Betroffenen eine externe Herkunft zuschreiben. Unterstützung erfährt diese Hypothese durch den Befund, dass akustische Halluzinationen von Subvokalisationen oder verborgenen Bewegungen der Sprechmuskulatur begeleitet werden (Gould, 1950; Inouye & Shimizu, 1970; zitiert nach Morrison & Haddock, 1970). Gleiches geschieht bei 29 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees gewöhnlichen Denkprozessen oder einem inneren Selbstgespräch/Sprechen in Gedanken (Mc Guigan, 1978; zitiert nach Morrison & Haddock, 1970). Wenn akustische Halluzinationen tatsächlich eine, an eine externe Quelle, fehl attribuierte Form des inneren Selbstgesprächs sein sollten, würde das den Befund erklären, dass verbale Aufgaben, die die Subvokalisation blocken, ebenfalls das Auftreten von akustischen Halluzinationen hemmen (Margo et al., 1981; Gallagher et al., 1994; zitiert nach Morrsion & Haddock, 1997). Es gibt zwar eine gewisse Übereinstimmung bezüglich der Verbindung von innerem Selbstgespräch und auditiven Halluzinationen; der Mechanismus, der der Fehlattribution zu Grunde liegt, ist aber nach wie vor nicht klar identifiziert. 2.5.1. Spezifische Defizit-Modelle Eine ganze Reihe von Wissenschaftlern nahm an, dass die Fehlattribution von einem Defizit eines kognitiven Funktionsmechanismus, wie z.B. der Fähigkeit zur Diskriminierung, herrührt. Hemsley (2005) geht davon aus, dass Schizophrenie als Ganzes betrachtet, als eine Störung der Moment-für-Moment Integration von gespeichertem Material und gegenwärtigem sensorischem Input, gesehen werden kann. Aus dieser gescheiterten Integration resultiere ein ambiger, unstrukturierter sensorischer Input, welcher mit einer erhöhten Aufmerksamkeit für irrelevante Stimuli einhergehe. Hieraus könnten letztlich psychotische Symptome wie auditive Halluzinationen entstehen. Autoren wie Hoffman (1986) oder Hoffman und Rapaport (1994; zitiert nach Morrison & Haddock, 1997) postulieren, dass akustische Halluzinationen eine bestimmte, im Langzeitgedächtnis gespeicherte linguistische Information widerspiegeln, welche Sprachproduktions-Prozesse unterbricht. Forscher wie David (2004) versuchen auditorische Halluzinationen mit Hilfe eines kognitiv-neuropsychologischen Modells mit sprachlichen Inund Outputprozessen zu erklären. David vermutet, dass Positivsymptome letztlich das Resultat von Defekten im sprachlichen System sind. Der Autor ist der Ansicht, dass diese Mängel in den Bahnen zwischen oder innerhalb der Ebenen auftreten, die für gewisse Aspekte der Sprachproduktion verantwortlich sind. Die unterschiedlichen Arten von Defekten könnten die verschiedenen Formen, die die Positivsymptome annehmen, erklären (Morrison & Haddock, 1997). Frith (1989, 1992) vertritt dagegen die Position, dass Halluzinationen ein Defizit eines internen Überwachungsmechanismus, der für die Regulierung von gedanklichen Selbstgesprächen zuständig ist, reflektieren. Dieses Defizit resultiert laut Frith (1991) in einer 30 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Dissoziation zwischen willentlichen bzw. geplanten Intentionen und Handlungen. Seine Schlussfolgerung lautet: Wenn Halluzinationen mit inneren Selbstgesprächen assoziiert sind, ist nicht das Auftreten der inneren Selbstgespräche das Problem – dies ist Teil normaler mentaler Prozesse – sondern vielmehr das Nichterkennen des Patienten, dass dieser Vorgang selbst initiiert ist. Das Problem des Nichterkennens der Eigeninitiierung wird laut Frith (1991) durch ein Defizit des internen Monitoring Prozesses verursacht. 2.5.2. Wahrnehmungs-Bias Bentall (1990a) argumentiert jedoch, dass die Tendenz, interne Ereignisse fälschlicher- weise external zu attribuieren, eher einen Bias, als einen Defekt in der Überwachung interner Ereignisse, widerspiegeln könnte. Es wird vermutet, dass dieser Bias von Top-DownProzessen beeinflusst sein könnte. Hierzu zählen beispielsweise die Überzeugungen und Erwartungen der Patienten bezüglich der Auftretenswahrschein-lichkeit bestimmter Ereignisse. Des Weiteren können negative Verstärkungsprozesse, wie die Reduzierung von Angstgefühlen, dazu beitragen, dass die externale Klassifizierung von bestimmten internal generierten Ereignissen, erleichtert bzw. gefördert wird. Ein Beispiel dafür könnten negative Gedanken über die eigene Person sein. Dieser Denkansatz ermöglicht es, die kulturellen Unterschiede, die im Erleben von Halluzinationen beobachtet wurden, zu erklären. Denn die Erwartungen darüber, welche Art von Ereignis mit welcher Wahrscheinlichkeit als ‚real’ betrachtet wird, sind unter anderem von kulturellen Praktiken abhängig (Bourgignon, 1970, zitiert nach Morrison und Haddock). Auch der Befund, dass halluzinierende Patienten sich eher durch Suggestionen beeinflussen lassen als Personen aus einer normalen und psychiatrischen Kontrollgruppe, ist stimmig mit Bentalls Theorie. Laut Morrsion und Haddock (1997) konnten Bentall und Slade (1985) anhand einer „SignalEntdeckungs-Aufgabe“ weiterhin zeigen, dass halluzinierende und normale Versuchspersonen, die eine Prädisposition für Halluzinationen hatten und sich in einem Zustand der Ungewissheit/Unsicherheit befanden, jeweils eine Neigung hin zur externalen Attribuierung aufwiesen. Diese Befunde werden auch von Heilbrun (1980; zitiert nach Morrison & Haddock, 1997) unterstützt, der zum Ergebnis gelangte, dass halluzinierende Personen relativ schlecht im Identifizieren ihren eigenen auf Band aufgezeichneten Gedanken sind. 2.5.3. Einfluss von metakognitiven Überzeugungen 31 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Morrison et al. (1995) sind der Überzeugung, dass metakognitive Überzeugungen, die in Widerspruch zu sich unwillentlich aufdrängenden Gedanken („Intrusive Thoughts“) stehen, zu deren externalen Attribuierung als auditive Halluzinationen führen. Sich unwillentlich aufdrängende Gedanken werden von Rachman (1978; zitiert nach Morrison & Haddock, 1997) definiert als sich wiederholende Gedanken, Bilder/Vorstellungen oder Impulse, welche unakzeptabel oder unerwünscht sind. Er fügt hinzu, dass diese Gedanken für gewöhnlich von einem Gefühl des Unbehagens begleitet sind und die Betroffenen dazu nötigen, momentane Aktivitäten zu unterbrechen Zahlreiche derartige Charakteristiken sind für sich unwillentlich aufdrängende Gedanken und auditorische Halluzination gleichermaßen evident. Weiterhin nehmen Autoren wie Morrison an, dass externale Fehlattribution aufrecht erhalten bleibt, da sie dazu beiträgt, kognitive Dissonanzen zu reduzieren. Diese Annahme hinsichtlich der Dissonanzreduktion basiert auf einer Reihe von Ähnlichkeiten in Form und Inhalt zwischen sich unwillentlich aufdrängenden Gedanken und auditorischen Halluzinationen. Es wird zudem angenommen, dass die Bewertung der resultierenden Erfahrung einer akustischen Halluzination, Reaktionen auf behavioraler, emotionaler und physiologischer Ebene hervorrufen, die zur Aufrechterhaltung des Gesamtprozesses beitragen. 2.5.4. Bedeutung von Emotionen und Stress Emotionen und Stress scheinen insbesondere bei der Auslösung von akustischen Halluzinationen eine wichtige Rolle zu spielen, Beispielsweise konnte in einigen Studien nachgewiesen werden, dass stressvolle Lebensereignisse mit schizophrenen Episoden/Schüben assoziiert waren, die wiederum häufig von akustischen Halluzinationen begleitet werden (Brown & Birley, 1968; Birley & Brown, 1970; zitiert nach Morrison & Haddock, 1997). Es gibt ebenfalls klinische Evidenzen für die signifikant erhöhte Wahrscheinlichkeit auditorischer Halluzinationen nach Stressperioden (Slade, 1972; zitiert nach Morrison & Haddock, 1997). Darüber hinaus scheint auch der Beginn von Episoden, in welchen Halluzinationen auftreten, in Zusammenhang mit einem erhöhten psycho-physiologischen Erregungszustand zu stehen (Allen & Argus, 1968; zitiert nach Morrison & Haddock, 1997). 2.5.5. Salienz des halluzinierten Materials Autoren wie Chadwick und Birchwood (1994) postulieren weitergehend, dass der persönlichen Salienz des halluzinierten Inhalts eine entscheidende Bedeutung zukommt. Daraus resultiert z.B. die Folgerung, dass die externale Zuschreibung emotionsgeladener 32 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Gedanken eine Verstärkung darstellt, die zur Aufrechterhaltung von halluzinatorischen Zuständen beiträgt (Bentall, 1990a). Daher nehmen Morrison und Haddock (1997) an, dass der Inhalt des halluzinierten Materials eine wichtige Rolle spielt, und dass dieser das Source Monitoring fördern/unterstützen oder auch hemmen kann. 2.6. Gestaltpsychologie/Gestalttheorie In der Gestalttheorie hat sich als zentrale Annahme herauskristallisiert, dass dynamische Prozesse, die im kognitiven System ablaufen, der Gestalt- bzw. Musterbildung zu Grunde liegen. Generell wird aus der dynamischen Perspektive auch eine Störung, z.B. eine schizophrene Störung, als Prozessgestalt bzw. „Attraktor“ verstanden. Der Begriff Attraktor bezeichnet eines der Kernkonstrukte der Systemtheorie und wird im nächsten Kapitel näher erläutert. Die Anwendung der Gestaltpsychologie bzw. Gestalttheorie auf psychiatrische Fragestellungen und Probleme hat eine lange Tradition; insbesondere bei den Bemühungen schizophrene und psychotische Erkrankungen besser verstehen zu können. Die deutschsprachigen Forscher Matussek (1952) und Conrad (1958) formulierten die Annahme, dass die Kernphänomenologie der Schizophrenie auf einer dysfunktionalen Verarbeitung von Gestaltmustern basiert. Sie befassten sich mit der Frage, inwieweit psychotische Symptome in Sinne eines Zusammenbruchs von Gestaltwahrnehmung erklärt werden können. Laut Matussek und Conrad sind durch die Störung der Wahrnehmung komplex kognitive Phänomene wie z.B. Wahn bedingt. Die Frage nach der Bedeutung der Gestaltwahrnehmungsprozesse psychotischer Patienten hat in jüngster Zeit wieder vermehrt Beachtung gefunden (Silverstein & Uhlhaas 2004, Uhlhaas & Silverstein 2003a). Silverstein und Uhlhaas (2004) beschäftigten sich eingehend mit der perzeptuellen Organisation - ein Paradigma, welches auf gestaltpsychologischen Prinzipien fußt – und laut den Autoren bei psychotischen Patienten konsistent divergent abläuft. Dass den Symptomen der Schizophrenie eine dysfunktionale Verarbeitung von visuellen Mustern zu Grunde liegt, konnte inzwischen durch diverse Studien belegt werden (Uhlhaas & Silverstein, 2003a; Silverstein et al. 2000; Rabinowicz et al. 1996; zitiert nach Tschacher, 2004). 2.6.1. Stabilität in der Gestaltbildung Basierend auf dem oben beschriebenen Hintergrund resultiert die Hypothese, dass es in der Gestaltbildung Unterschiede hinsichtlich der Stabilität gibt. Die Eigenschaft der Stabilität 33 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees zeigt sich in der Gestaltwahrnehmung, daher kann die Gestaltwahrnehmung zur Einschätzung der kognitiven Stabilität genutzt werden. Die Stabilität beschreibt somit eine kognitive Fähigkeit, bei der es um die Produktion neuer Gestalten bei konstanten Stimuli geht. In der vorliegenden Studie wurde die Stabilität durch die Anzahl und Dauer der wahrgenommenen Gestaltwechsel bei den auditiven (Phantomwörter) und visuellen Gestaltwahrnehmungstests (MIB und CAM) operationalisiert. Die angewendeten Tests basieren allesamt auf akustischen und optischen Illusionen. Eine ganze Reihe von psychologischen Tests wurde entwickelt, um das Konstrukt der Stabilität/Instabilität zu untersuchen - beispielsweise Wahrnehmungsaufgaben, bei welchen den Versuchspersonen bi- oder multistabile Stimuli präsentiert werden. Hierzu zählt unter anderem auch das „Apparent Motion Paradigm“ (Scheinbewegungs-Paradigma), welches in diese Studie in Form des CAM-Tests integriert wurde. Generell gilt die Annahme einer Attraktoren-artigen Dynamik hinsichtlich des Scheinbewegungs-Paradigmas als gut untersucht und fand in empirischen Studien mehrfach Bestätigung (Kruse et al, 1996; zitiert nach Tschacher, 2004). Es konnten z.B. neuronale Anzeichen für „Binding“ wie einen Anstieg der Gamma-Wellen-Frequenz zum Zeitpunkt des ruckartigen Wechsels der scheinbaren Bewegung beobachtet werden (Basar-Eroglu et al., 1996; zitiert nach Tschacher, 2004). Tschacher und Kollegen im Jahr 2004 eine Studie zu Scheinbewegungen durch und griffen hierfür neben dem CAM auf das „Stroboscopic Alternative Motion- Paradigma“ (SAM) zurück. CAM und SAM sollen in Kapitel 3.3. noch ausführlicher beschrieben werden; an dieser Stelle sollen lediglich die zentralen Ergebnisse der Untersuchung erläutert werden. An der Studie von Tschacher nahmen schizophrene Patienten teil, die sich zum Zeitpunkt der Messung in stationärer Behandlung befanden, sowie gesunde Kontrollpersonen. Es ergaben sich keine signifikanten Gruppenunterschiede bezüglich der Stabilität – weder in beim CAM, noch beim SAM–Paradigma. Fast alle Versuchspersonen erlagen, quasi augenblicklich, der Illusion einer Bewegung. Genauso ging die Täuschung in fast allen Fällen nach einer bestimmten Zeitspanne ruckartig in eine andere Illusion über – beim CAM z.B. von einer wahrgenommen Drehbewegung im Uhrzeigersinn in eine gegen den Uhrzeigersinn. Gemäß Tschacher (2004) ist es jedoch fraglich, ob die Stabilität von wahrgenommenen Gestalten per se tatsächlich den spezifischen, entscheidenden Parameter darstellt, um die kognitive Gestaltbildung schizophrener Patienten zu untersuchen. Es sei davon auszugehen, 34 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees dass spezifische Merkmale einer Schizophrenie mit weiteren Aspekten der Gestaltbildung in Zusammenhang stehen. 2.6.2 Gestaltwahrnehmung als konstruktiver Prozess Die Wahrnehmung scheinbarer Bewegungen wie die des CAM repräsentieren laut Tschacher, Dubouloz, Meier und Junghan (2008) zusammen mit weiteren Phänomenen der perzeptuellen Organisation, wie zum Beispiel das perzeptuelle Gruppieren und der Figur-GrundDiskrimination, die konstruktiven Eigenschaften der Wahrnehmung. Es könnte möglich sein, sich bei der auditorischen Wahrnehmung ähnliche Prozesse abspielen. Beispielsweise erzeugt die dauerhafte und rasche Wiederholung eines einzelnen Wortes im Phantomwörter-Test ebenfalls illusorische Wortveränderungen, wobei der Input konstant unverändert bleibt. Es werden also neue Gestalten produziert. Als veranschaulichendes Beispiel kann hier z.B. das konstant dargebotene Basiswort „Hase“ im Probedurchgang des Phantomwörter-Tests dienen. Dadurch dass sich das Wort ständig wiederholt, entstehen Gestalten, wie z.B. „Simba“, „Wasabi“ oder „Vase“. 2.7. Systemtheorie Tschacher (2004) hält insbesondere die nicht-lineare Systemtheorie (Synergieeffekte) von Haken (2000) für geeignet, die Struktur von Gestalten, die aus komplexen und dynamischen Systemen verschiedener Domänen neu entstehen, zu beschreiben. Die nicht-lineare Systemtheorie stellt für Tschacher einen integrativen Hintergrund dar, mit dessen Hilfe es möglich sein könnte, klare Konzepte und präzise mathematische Instrumente zu modellieren, um so allfällige Gemeinsamkeiten von Gestaltwahrnehmungsprozessen in verschiedenen Substraten und auf unterschiedlichen Ebenen der kognitiven Verarbeitung zu untersuchen Die Wurzeln der nicht-linearen Systemtheorie liegen in den Naturwissenschaften. Sie wurde ursprünglich zur Modellierung von sich selbst organisierenden Phänomenen in komplexen physikalischen, chemischen und biologischen Zusammenhängen genutzt. Autoren wie Varela, Thompson und Rosch (1991), Haken (1996) oder Tschacher und Dauwalder (1999, 2003, zitiert nach Tschacher, 2004) weiteten dann die nicht-lineare Systemtheorie auf neurowissenschaftliche und psychologische Fragestellungen aus. 2.7.1. Attraktoren Ein Kernkonstrukt der Systemtheorie stellen die so genannten „Attraktoren“’ dar. Darunter ist in etwa ein Schema, ein Muster oder auch eine Gestalt zu verstehen. Aus systemtheoretischer 35 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Perspektive können sämtliche Wahrnehmungsgestalten als Attraktoren bezeichnet werden. Laut Tschacher (2004) entdeckten Forscher wie Mechsner et al (2001), Kelso (2003), Kruse und Stadler (1990) oder Kriz (1997) Attraktoren in neu entstehenden Strukturen diverser Bereiche, wie z.B. in der Bewegungskoordination, in der kognitiven Koordination oder in Interaktionssystemen zwischen einzelnen Individuen. Der Begriff Attraktor steht insbesondere in Bezug zur Stabilität eines Systems beim Entstehen neuer Muster. Vom Standpunkt der Systemtheorie aus gesehen, ist die zentrale Eigenschaft eines Attraktors Stabilität. 2.7.2. Die Bedeutung des Kontextes Autoren wie Tschacher (2004) oder Uhlhaaas und Silverstein (2003b) nehmen an, dass die kontextuelle Adäquatheit einer Gestalt, welche durch bestimmte Kontrollparameter definiert ist, ein wichtiger Baustein ist, um funktionale von dysfunktionaler Gestaltwahrnehmung unterscheiden zu können. Nebst den Attraktoren spielen die Kontrollparameter in der systemischen Theorie eine entscheidende Rolle. Die Kontrollparametern bezeichnen hierbei die von der Umwelt auf komplexe Systeme einwirkenden Kräfte; sie sind notwendig um den relevanten Kontext, in dem Attraktoren entstehen, zu erfassen. Tschacher (2004) testete die Beziehung zwischen Kontrollparameterwerten und Gestaltbildung anhand des Scheinkausalitäts-Paradigmas von Michotte (1954; zitiert nach Tschacher 2004). Dabei nähern sich zwei Scheiben auf einem Computerbildschirm an und werden von den Versuchspersonen im Moment der visuellen Überlappung entweder als gegeneinander prallend oder als aneinander vorbeiziehend wahrgenommen. Bei diesem Experiment handelt es sich ebenfalls wieder um ein bi- bzw. multistabiles Gestaltphänomen. Lewkowicz (2000; zitiert nach Tschacher, 2004) kam auf die raffinierte Idee, ein Klickgeräusch als zusätzlichen Kontrollparameter einzuspielen. Dabei variierte er die zeitliche Latenz des Klicks bis zum Zeitpunkt des Überlappens der beiden Scheiben. Auch Tschacher (2004) nutze für seine Studie den zusätzlichen akustischen Kontrollparameter. Es zeigte sich, dass die Wahrscheinlichkeit für die Wahrnehmung eines Aufpralls größer war, wenn der Klick vor der visuellen Überlappung zu hören war. Umgekehrt wurde öfters ein Aneinander-Vorbeiziehen der Scheiben wahrgenommen, wenn der Klick nach der visuellen Überlappung eingespielt wurde. Die Erweiterung von Lewkowicz (2000; zitiert nach Tschacher, 2004) machte es also möglich die Beziehung zwischen den Kontrollparametern und der entstehenden Gestalt zu operationalisieren. Durch die Kombination von akustischen Kontrollparametern mit dem 36 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees ursprünglich rein optischen Paradigma, kann das Michotte-Display heute genutzt werden, um intersensorisches Binding zu untersuchen. Diesbezüglich resultierte in der Studie von Tschacher in der Patientengruppe eine geringere Ausprägung als in der Kontrollgruppe, allerdings war der Gruppenunterschied nicht signifikant. In Punkt 3.5. soll an Hand einer neueren Studie von Tschacher und Kupper (2006b) nochmals näher auf das Paradigma der wahrgenommen Kausalität eingegangen werden. 2.8. Kognitive Erklärungsansätze In der modernen Kognitionsforschung gibt es eine Fülle von verschiedenen Erklärungsansätzen zu schizophrenen Erkrankungen und deren Symptomatik, von denen einige bereits in Kapitel 2.5. erwähnt wurden. Zusätzlich sollen an dieser Stelle die für unsere Studie besonders relevanten Theorien, kurz dargelegt werden. 2.8.1. Attributionstheoretisches Modell Grundsätzlich postulieren kognitionstheoretisch orientierte Forscher wie Allen et al. (2003), Morrison & Haddock (1997) oder Jones & Fernyhough (2005), dass schizophrene Patienten unter bestimmten abnormen kognitiven Verarbeitungsmustern leiden. Neben dem Selfmonitoring-Defizit, kommt in kognitionstheoretischen Erklärungsmodellen dem attributionstheoretischen Modell eine entscheidende Bedeutung zu (Johns, Gregg, Allen und McGuire, 2006). Insbesondere Bentall (2003), Garety et. al (2005) sowie Kuipers et. al (2006) betonen die Bedeutung des Attributions- und Interpretationsprozesses. Es besteht die Annahme, dass zwar sowohl Selfmonitoring-Defizite wie auch ein gestörtes ReafferenzPrinzip Halluzinationen mit bedingen, diese aber erst durch dysfunktionale Attributions/ Interpretationsmuster als bedrohlich und unkontrollierbar wahrgenommen werden. Nach Seal et al. (2004) gibt es Hinweise darauf, dass bei Personen mit einer schizophrenen Erkrankung, eine Interaktion zwischen der gestörten Wahrnehmung von selbst generierten Material und Top-Down-Einflüssen – z.B. Interpretationen – besteht. Die Missattribution des selbst generierten Sprechens als external, kann man besonders bei Inhalten mit einer hohen emotionalen Valenz beobachten (Allen et al., 2003). Aus kognitionstheoretischer Sicht tragen Attributionsfehler wie der bereits erwähnte „Externalisierungs-Bias“ oder das „Jumping to Conclusions“ entscheidend zur Entstehung und dem Umgang mit akustischen Halluzinationen bei. Zur Überprüfung und Identifikation etwaiger Attribuierungstendenzen wurde in dieser Studie die - ursprünglich von Morrison und Haddock (1997) entwickelte - so genannte „Source Monitoring Scale“ verwendet. Dabei geht 37 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees es vor allem darum, festzustellen, inwiefern die Versuchspersonen den Ursprung eigener Gedanken internal oder external attribuieren und wie ausgesprägt ihr Kontrollgefühl bezüglich der Gedanken ist, die ihnen zu einem vorgegebenen Begriff in den Sinn kommen. In welchem Ausmass bestimmte Attributierungstendenzen und/oder fehlerhaftes Selfmonitoring für das Entstehen von akustisch verbalen Halluzinationen verantwortlich sind, bleibt aber weiterhin umstritten (Seal et al., 2004). In diesem Zusammenhang äußern Allen et al. (2003) die Vermutung, dass zusätzlich noch andere kognitive Prozesse involviert sein könnten. 2.8.2. Defizitäre Kontextverarbeitung Hemsley (2005) gehört zu einer Gruppe von Forschern, die bei schizophrenen Erkrankungen von einer defizitären Kontextverarbeitung ausgehen. Kontext wird als räumlich oder zeitlich vorangehender Stimulus verstanden, kann aber auch als kognitiv, semantisch im Sinne von Hintergrundwissen, Aufgabeninstruktionen oder konzeptuellen Vorstellungen definiert werden. Philips und Singer (1997) postulieren, dass die Verwendung des Kontextes ein System dazu befähigt über die unmittelbare Information hinauszugehen, indem der Kontext diese Information hervorhebt, sie weniger mehrdeutig macht oder sie mit anderen relevanten Signalen gruppiert. Die Beeinträchtigungen des Selbsterlebens, die für schizophrene Psychosen charakteristisch sind, könnten demnach ein Ausdruck eines misslungenen „Moment-zu-Moment-Abgleichs“ von aktuellen Wahrnehmungen mit kontextrelevanten Schemata sein. Hier besteht auch eine Verbindung zur Gestaltwahrnehmung. Eine Schwächung kontextueller Einflüsse kann auch als eingeschränkte Fähigkeit zur Mustererkennung betrachtet werden, die zu einem Zusammenbruch der Gestaltwahrnehmung führt. Für zukünftige, kognitiv orientierte Studien könnte der Einbezug des relativ jungen Forschungszweigs „Embodiment/Embodied Cognition“ fruchtbar sein (Storch, Cantieni, Hüther & Tschacher, 2006). Embodiment kann in etwa mit „Verkörperung“ übersetzt werden. Der Embodiment-Ansatz geht davon aus, dass der Körper Spiegel der Seele ist und umgekehrt. Das menschliche Gehirn kann danach nur im Zusammenspiel mit einem funktionierenden Körper und im Kontext einer valenten Umwelt sinnvoll arbeiten Der Kontext stellt hierbei einen Kontrollparameter dar, der als äußerer Antrieb notwendig ist. 2.9. Neurophysiologische und -psychologische Prozesse Frith (2005) schlägt vor, psychologische Abnormitäten generell in Verbindung mit den zu Grunde liegenden neurophysiologischen Störungen zu verstehen und zu untersuchen. 38 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Bezogen auf auditive Halluzinationen beschreiben Ford und Mathalon (2005) zwei Ansätze, die versuchen diese neurologischen bzw. neuropsychologischen Grundlagen zu erforschen. Zum einen ist dies das Modell des „Symptom capture“ (Symptomerfassung), welches mit Hilfe von Elektroenzephalographie (EEG), funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) und Positronen-Emissions-Tomographie (PET), das Gehirn bildlich darstellt, während die Patienten auditive Halluzinationen erleben. Zum anderen gehen auch Forscher wie Silbersweig & Stern (1996) von einem grundlegenden Defizit schizophrener Patienten aus und schlagen vor, zu dessen Identifizierung sowohl psychologische als auch neurobiologische Mechanismen auf deren Intaktheit zu überprüfen. Ford und Mathalon (2005) oder auch Frith (1987) nehmen an, dass schizophrene Erkrankungen durch ein Defizit im Self-Monitoring bedingt sind. Darunter verstehen die Autoren einen dysfunktionalen psychologischen Mechanismus, der für die Entstehung von akustischen Halluzinationen grundlegend sei. Sie beziehen sich hierbei auch auf die Annahme von Feinberg (1978), der vermutete, dass Selbstmonitoring-Defizite bei Schizophrenie die Dysfunktion der Efferenzkopie sowie der falschen Begleitsignale widerspiegeln. Feinberg (1978) sowie Feinberg und Guazzelli (1999) gehen generell davon aus, dass diese falschen Begleitsignale entscheidend zum Entstehen produktiver Symptomatik beitragen. 2.9.1. Reafferenzsystem Der Begriff „Reafferenzprinzip“ bzw. „Reafferenzsystem“ bezeichnet einen Rückkoppelungsmechanismus im Nervensystem, welcher ursprünglich im Bereich der optischen Wahrnehmung entdeckt wurde. Helmholtz beschrieb bereits 1866, dass das agierende Selbst dem perzeptuellen System Schwierigkeiten bereitet. Augenbewegungen verursachen z.B. eine Veränderung des sensorischen Inputs: Das Bild bewegt sich über die Retina. Daraus schlussfolgerte Helmholtz, dass es einen Mechanismus geben müsse, der eine Unterscheidung zwischen sich bewegenden Objekten und den Bewegungen auf der Retina erlaube. Aus heutiger Sicht kann dieses Problem durch den Mechanismus der Vorhersage erklärt werden (Frith, 2005). Das Gehirn trifft Vorhersagen über die Konsequenz der beabsichtigten Bewegung. Die Prädiktion im motorischen System wird als Vorlauf-Modell („Forward Model“) bezeichnet, welches laut Frith (2005) dem Reafferenzsystem entspricht. Diesen Mechanismus kann man als ein System verstehen, welches die Motorik der Augen mit einrechnet. Diese Verrechnung ist wegen der ständigen Bewegung (Sakkaden) der Augen notwendig. Durch die Augenbewegungen verändert sich das Netzhautbild immer mit – dennoch hat man nicht das Gefühl, dass sich die Umwelt ständig (mit)bewegt. Das ist dem 39 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Reafferenzsytem zu verdanken, da es dafür sorgt, dass das Ergebnis einer Bewegung immer mit der Efferenz-Kopie abgeglichen wird. Betrachtet man nun Patienten mit akustischen Halluzinationen, wird angenommen, dass gemäß der Reafferenz-Hypothese der auditorische Kortex bei Gedanken bzw. innerem Sprechen nicht mehr - wie im Normalfall - gehemmt wird. Das heißt, der akustische Kortex wird bei Gedanken normalerweise zwar erregt, aber durch die Efferenzkopie so weit abgeschwächt, dass Gedanken nicht als von außen kommend wahrgenommen werden. Bei akustischen Halluzinationen greift dieser Mechanismus der Hemmung also möglicherweise nicht mehr bzw. nicht mehr ausreichend. Der Unterschied zwischen gesunden Personen und schizophrenen Patienten und die Funktionsweise des Reafferenzprinzips wird in Abbildung 2. verdeutlicht. Abbildung 2. Zwei schematische Abbildungen des Mechanismus der Efferenzkopie bzw. des Begleitsignals während des Sprechens bei Kontrollpersonen und Patienten (Ford & Mathalon, 2005). Die Planung des Sprechens findet im Frontallappen (in der Abbildung durch einen grünen Kreis gekennzeichnet), in der Nähe des Broca-Areals, statt. Der Frontallappen sendet eine Efferenzkopie (grüner Pfeil) der Gedanken oder geplanten Geräusche, zum auditorischen Kortex. Dort wird die Efferenzkopie zu einem Begleitsignal („Corollary Discharge“, grüner Stern). Zur gleichen Zeit, oder ein paar Millisekunden später, wird das Sprechen initiiert und die Sprechgeräusche kommen beim auditorischen Kortex (roter Pfeil) als die auditorische Reafferenz (roter Stern) an. Wenn nun das Begleitsignal mit der auditorischen Reafferenz zusammenpasst, wird die sensorische Empfindung abgebrochen/annulliert oder in ihrer Auswirkung reduziert. Der 40 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees auditorische Kortex ist in der linken Abbildung blau dargestellt, um diese reduzierte Ansprechbarkeit zu verdeutlichen. In der rechten Abbildung, soll mit Hilfe des „X“ durch die Efferenzkopie und dem roten auditorischen Kortex dargestellt werden, dass hier keine Hemmung während des Sprechens stattfindet. Durch diese fehlende Hemmung entsteht dann das Gefühl, dass das Gehörte von einer externen Quelle produziert wurde und nicht von der Person selber. Das Reafferenzsystem bzw. Selfmonitoring wurde in dieser Studie zunächst anhand des so genannten „Pitch-Shift-Paradigmas“ mit psychologischen Mitteln relativ unmittelbar gemessen. Aus zeitökonomischen Gründen konnte der Test aber nicht mit in die statistische Auswertung einbezogen werden. Dennoch stellt das Reafferenzprinzip für die vorliegende Arbeit einen bedeutsamen theoretischen Hintergrund dar. Es spielt bei den durchgeführten Wahrnehmungstests eine wichtige Rolle, ist doch die Generierung von Gestalten letztlich erst durch den ständig intendierten Abgleich des Reafferenzsystems möglich. Allerdings war in den Wahrnehmungstests, auf die sich diese Arbeit stützt, keine unmittelbare Operationalisierung des Reafferenzsystems möglich. 3. Ausgewählte Studien Die in diesem Kapitel beschriebenen Studien zu den Paradigmen Verbale Transformation, Scheinbewegungen, Bewegungsinduzierte Blindheit und Source Monitoring waren Bestandteil der Testbatterie der durchgeführten Untersuchung. Sie bildeten sozusagen das Herzstück, des vorliegenden Projekts, weshalb sie an dieser Stelle etwas ausführlicher dargestellt werden sollen. Zusätzlich wird das Paradigma der wahrgenommenen Kausalität näher erläutert. Dieses war zwar nicht Bestandteil der Testbatterie, hatte aber auf Grund der Ähnlichkeit zu den durchgeführten Gestaltwahrnehmungs-Tests und den Schlüssen, die Tschacher und Kupper (2006) aus ihren Resultaten zogen, ebenfalls große Relevanz für die vorliegende Studie. Abschließend werden die Ergebnisse der optischen Gestaltwahrnehmungs-Paradigmen in Beziehung zu spezifischen Defizitmodellen schizophrener Störungen gesetzt. 3.1. Source Monitoring 41 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees In ältern Untersuchungen zum Source Monitoring schizophrener Patienten wurde meist nur das zeitlich verzögerte Source Monitoring evaluiert. Morrison und Haddock (1997) stehen dem kritisch gegenüber, weshalb sie in ihren Versuchsplan zusätzlich zum zeitlich verzögerten Abruf auch die unmittelbaren Ursprungs-Attribuierungen für selbst generierte Wörter überprüften. Das direkte Source Monitoring sollte einbezogen werden, da die Autoren annahmen, dass es vor allem die spontane Fehlattribution bestimmter mentaler Ereignisse ist, die entscheidend zum Auftreten akustischer Halluzinationen beiträgt. Morrison und Haddock (1997) sind der Meinung, dass eine solche Vorgehensweise die grundlegende Hypothese, wonach schizophrene Patienten zu einer externalen Attribution innerer mentaler Ereignisse tendieren, direkt(er) testen kann. Dies sei einer indirekten Analyse von Erinnerungsprozessen bei einer zeitlich verzögerten Zuschreibung entgegengesetzt, welche leicht zur Konfundierung der Ergebnisse führen könne. Diese Gefahr sei insbesondere auf die Tatsache zurückzuführen, dass die meisten schizophrenen Patienten medikamentös mit Neuroleptika und AntiCholinerika behandelt werden, welche schädliche Effekte auf die Erinnerungsfähigkeit haben können (Blanchard & Neale, 1992; zitiert nach Morrison & Haddock, 1997). Der Studie von Morrison und Haddock (1997) lag die Annahme zu Grunde, dass die halluzinierenden schizophrenen Patienten, verglichen mit einer psychiatrischen und normalen Kontrollgruppe, sowohl für das unmittelbare wie auch für das zeitlich verzögerte Source Monitoring externale Zuschreibungen ihrer Gedanken bevorzugen. Dies würde sich in einer Source Monitoring Aufgabe konkret durch niedrigere Internalitäts-Bewertungen und einer höheren Rate falscher externaler Zuschreibungen (Versuchsleiter wird fälschlicherweise als Quelle angenommen) zeigen. Beim zeitverzögerten Source Monitoring resultierten signifikante Haupteffekte bezüglich Ursprungszuschreibung (F (1, 42) = 20.99, p = 0.001) und Valenz (F (2, 84) = 6.66, p = 0.01). Konkret bedeutet dies, dass die Versuchspersonen (Gesamtstichprobe) bei selbst generierten Items sowie bei emotional geladenem Material mehr externale Fehlattributionen aufwiesen. Es gab zwar eine Tendenz in Richtung eines bedeutsamen Gruppen-Effekts, die aber letztlich nicht signifikant wurde (F (2, 42) = 3.15, p =0.053). Beim unmittelbaren Source Monitoring ergab sich ein signifikanter Gruppen-Effekt: Die halluzinierenden Patienten erreichten einen deutlich niedrigeren Wert als die beiden Kontrollgruppen, d.h. sie machten weniger internale Ursprungszuschreibungen (F (2, 42) = 9.28, p < 0.001). Hinsichtlich der Valenz der vorgegebenen Begriffe ergab sich kein signifikanter Haupteffekt (F(2, 84) = 3.48, p < 0.05). 42 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Die Interaktion zwischen Gruppe und Valenz für die unmittelbare Zuschreibung der Herkunft zeigte, dass die halluzinierenden Patienten mehr externale Attribuierungen bei emotionalem Material als bei neutralem Material vornahmen, währenddessen die Valenz keinerlei Effekte auf die Einstufungen der beiden Kontrollgruppen hatten. In der Analyse der Kontrolldimension zeigte sich zwar eine Tendenz in Richtung eines bedeutsamen Gruppeneffekts, die allerdings nicht signifikant wurde (F (2, 42) = 2.97, p = 0.062). Allerdings konnte ein signifikanter Haupteffekt hinsichtlich der Valenz nachgewiesen werden (F (2, 84) = 4.84, p = 0.01). Dieser Effekt begründet sich in den niedrigeren Bewertungen des positiven Materials, verglichen mit dem neutralen Material. Morrison und Haddock (1997) konnten also zeigen, dass Patienten, die auditorische Halluzinationen erleben, einen externalen Attributions-Bias hinsichtlich ihrer unmittelbaren Gedanken, jedoch nicht bezüglich der Erinnerungen dieser Gedanken aufweisen. Die Ergebnisse von Morrison und Haddock (1997) bezüglich direkter vs. zeitverzögerter Herkunftszuschreibung legen nahe, dass der Bias im Source Monitoring ausschließlich als kurzfristige Momentaufnahme existiert - im Gegensatz zur bisherigen Annahme, dass es sich dabei um ein relativ stabiles Defizit handelt. Außerdem spricht der Befund, dass halluzinierende Patienten- nicht aber die psychiatrische Kontrollgruppe - zu externalen Attribuierungen neigen, gegen die Theorie von Frith (1992), da diese prognostiziert, dass auch andere positive Symptome ein derartiges Defizit widerspiegeln. Der Befund, dass Patienten, die Halluzinationen erlebten, bei den Aufgaben zum zeitlich verzögerten Source Monitoring so akkurat wie die Kontrollgruppen abschnitten, suggeriert, dass sie beim Erinnern der Herkunft der Items keinerlei Defizite aufweisen. Dies scheint im Widerspruch zu den Theorien von Hemsley (1993) oder (David, 1994) zu stehen. Diese Modelle gehen von mangelnden Leistungen bei Aufgaben zur Informationsverarbeitung aus. Sie prognostizieren, dass es entweder misslingt, die sensorischen Inputsignale nützlich zu verwerten, um z.B. die Inanspruchnahme des Systems zu reduzieren, oder dass innerhalb des Sprachproduktionssystems eine Fehlfunktion von Inoder Output-Prozessen vorliegt. Die Resultate von Morrison und Haddock scheinen aber eher mit der Annahme eines Bias in der unmittelbaren Wahrnehmung als mit der Hypothese eines globalen Defizits in Produktionsprozessen übereinzustimmen. 3.2. Verbale Transformation Die grundlegende Idee der verbalen Transformation ist, dass ein fortdauerndes Anhören von aufgezeichneten Wiederholungen eines einzelnen Wortes oder einer Phrase illusorische 43 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Veränderungen auslöst, die sich von einem Wort, welches sich auf den aktuellen Stimulus reimt, bis hin zu extremen phonetischen Verzerrungen, erstrecken kann (Warren, 1968). In Warrens Versuchsanordnung wurden die präsentierten Worte jeweils links und rechts gleichzeitig wiederholt. Warren nimmt an, dass „ [es] bei einer Präsentation mit Wortwiederholung […] keine Bestätigung anhand des Kontextes geben [kann], kein Einsetzen in eine – durch die erklingenden Worte bereitgestellte - stabile grammatikalische Struktur und semantische Umgebung. Daraus folgt, dass das wiederholte Wort, Subjekt erfolgreicher Reorganisation ist, und keines, aus dem kontextuelle Bestätigung erhalten werden kann.“ (1968, S. 269) Inzwischen wurden weitere ähnliche Konzepte entwickelt. Hierzu gehört Deutschs Paradigma der Phantomwörter, bei welchem die Worte allerdings links und rechts mit gleichem Tempo, aber verschoben, wiederholt werden. Deutsch (2003) geht davon aus, dass die Phantomworte durch das Gehirn mit dem Bestreben generiert werden, aus dem entstehenden Klangchaos etwas Bedeutsames zu extrahieren. Zusammengefasst gibt es also eine Reihe von Variablen, die man manipulieren kann und berücksichtigen sollte. Hierzu gehören die emotionale Valenz der Wörter, der Zusammenhang zwischen den dargebotenen Wörtern und die Art der Antworten (phonemisch, Bedeutung) sowie die Zeit (wann werden die Wörter gehört, z.B. eher am Anfang oder eher am Ende der Durchgänge). Die emotionale Valenz kann variiert werden durch die Verwendung neutraler, positiver und/oder negativer Wörter. Bei den Experimenten von Deutsch (2003) wurden die Versuchsteilnehmer aufgefordert, jedes gehörte Wort oder jede Phrase niederzuschreiben. Dies könnte auf Grund von Motivations- und Antriebsproblemen bei Schizophrenen jedoch eine Störvariable darstellen. Deshalb wurden die Patienten in der vorliegenden Studie lediglich gebeten, jeden wahrgenommen Wortwechsel per Klick auf die Leertaste zu signalisieren. Nach jedem Durchgang befragte der Versuchsleiter die Probanden und notierte die gehörten Worte bzw. Phrasen. Um eine Art externe Kontrolle darüber zu haben, ob die Probanden überhaupt in der Lage waren, die gehörten Wörter korrekt wiederzugeben, wurde der Word-Fluency-Test zu Beginn der Untersuchung eingebaut. 3.3. Scheinbewegungen In einer Studie zum Scheinbewegungs-Paradigma von Tschacher et al. (2008) wurde untersucht, inwieweit Wahrnehmungsorganisation und neurokognitives Binding bei Patienten mit einer Störung, die dem schizophrenen Spektrum zuzuordnen ist, Veränderungen aufweist. 44 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Den Versuchspersonen (N = 68) wurden zirkuläre (CAM) und stroboskopische (SAM) Stimuli präsentiert. Der stroboskopische Effekt ist dem zirkulären bei den Scheinbewegungen des CAM verwandt. Hierbei wird eine schnelle Abfolge von „Stills“ (Einzelbilder) gezeigt weiche, nicht unterbrochene Bewegungen. Stills werden im Allgemeinen durch visuelles Scannen von Szenen verarbeitet. Das Scannen vollzieht sich in aufeinander folgenden, einzelnen Fixationen und schnellen, intermittierenden Augenbewegungen. Ein stabiles, konstantes Bild entsteht aber erst mit Hilfe des Reafferenz-Systems. In der Studie von Tschacher et al. (2008) wurden den Probanden beim SAM-Paradigma zwei unterschiedliche Stimulusmuster (A, B), die in Abbildung 3. dargestellt sind, präsentiert. Jede der beiden Konfigurationen bestand aus zwei kleinen schwarzen Scheiben (Zielstimuli) auf weißem Hintergrund. Die beiden Scheiben befanden sich jeweils in den Ecken eines imaginären Rechtecks. Die beiden Stimulusmuster (A, B) wurden rasch alternierend ohne Zwischenintervalle dargeboten. Durch das abwechselnde Aufblinken der beiden Muster wurde eine horizontale, vertikale oder sehr selten auch eine zirkuläre Scheinbewegung der Scheiben hervorgerufen. Beim CAM-Paradigma wurden den Versuchspersonen analog zum SAM zwei pausenlos alternierend aufblinkende Stimulusmuster (A, B) präsentiert. Die beiden Muster bestanden jeweils aus sechs schwarzen Scheiben, die auf weißem Hintergrund kreisförmig angeordnet waren - mit einem kleinen Zwischenraum zwischen den einzelnen Scheiben. Durch die schnelle abwechselnde Präsentation der Stimulusmuster (A, B) wurde eine Scheinbewegung der kreisförmigen Scheiben-Konfiguration im Uhrzeigersinn, gegen den Uhrzeigersinn oder hin- und her kippend evoziert. Der CAM - wie auch der MIB - werden in diesem Kapitel nicht abgebildet. Beide Paradigmen werden später noch im Methodenteil, in dem die in dieser Studie verwendeten Messmittel ausführlich beschrieben werden, dargestellt. Die Resultate der Studie von Tschacher und Kollegen lassen eine enge Verbindung zwischen der Wahrnehmung von Scheinbewegungen und dem Psychopathologie-Status (erhoben durch den PANSS) vermuten. Der Overall-Test war signifikant (F (15, 63.9) = 2.46, p < 0.1; Wilk’s lambda), wobei die Psychopathologie-Dimensionen gegensätzliche Effekte auf die Gestaltwahrnehmung hatten. Positive Symptome und Desorganisation standen in Zusammenhang mit verminderter Gestalt-Stabilität. Negative Symptome, Erregung und Depression waren mit dem Gegensätzlichen (erhöhte Gestalt-Stabilität) assoziiert. Darüber hinaus konnten 48% der Gesamtvarianz der CAM-Performances durch psychopathologische Prädiktoren aufgeklärt werden. 45 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Es resultierten in der logistischen Regressionsanalyse letztlich keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten- und Kontrollgruppe (N = 68; df = 3; χ2 =1.6; p = 0.65). Allerdings wurden zwei latente Dimensionen gefunden: Ambulante und stationäre Patienten waren durch eine weitere logistische Regressionsanalyse klar zu unterscheiden (N = 68; df = 6; χ2 = 23.5; p < .001). In beiden untersuchten Paradigmen erzielten die ambulant behandelten Patienten eine höhere Gestaltstabilität als die Kontrollgruppe und die stationär behandelten Patienten wiesen durchgängig eine niedrigere Gestaltstabilität als die gesunden Kontrollpersonen auf. Daraus schließen Tschacher et al. (2008), dass die Dysfunktion in der Wahrnehmung von Scheinbewegungen nicht per se spezifisch für schizophrene Erkrankungen sind. Allerdings vermuten die Autoren, dass das Scheinbewegungs-Paradigma ein viel versprechender „Stage Marker“ sein könnte. A B Abbildung 3. SAM-Paradigma: Die beiden Stimulus-Muster (A, B) wurden rasch alternierend präsentiert (Tschacher et al., 2008). 3.4. Bewegungsinduzierte Blindheit In der von Tschacher, Schuler & Junghan (2006a) durchgeführten Studie zum MIBParadigma wurde das subjektive Erleben von Blindheit durch spontane Figur-Grund-Wechsel evoziert. Den Probanden wurden drei ruhende gelbe Punkte als Zielstimuli auf einem Computerbildschirm präsentiert. Gleichzeitig rotierte ein viereckiges Gitter als Ablenkungsmuster, bestehend aus kontrastarmen blauen Punkten, um die Zielstimuli. Das Gros der untersuchten Stichprobe sah die hervorstehenden gelben Punkte verschwinden und nach wenigen Sekunden wieder auftauchen. Dieses Phänomen konnte auch mit einer Reihe von Mustervariationen reliabel repliziert werden. 46 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Bei der Untersuchung von Tschacher et. al (2006) waren die entscheidenden Parameter analog zum CAM-Paradigma Anzahl und Dauer der MIB-Wahrnehmungen. An der Studie nahmen 34 Patienten teil, die allesamt unter einer Störung litten, welche dem schizophrenen Spektrum zugeordnet war. Zusätzlich gab es eine Kontrollgruppe, die aus nach Alter und Geschlecht zur Patientengruppe parallelisierten gesunden Versuchspersonen bestand. Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass es, wie bei den Scheinbewegungs-Paradigmen, eine klare Verbindung zwischen psychopathologischem Status und Gestaltwahrnehmung gibt. So konnten 49% der Gesamtvarianz der MIB-Rate durch psychopathologische Prädiktoren (PANSS-Dimensionen) aufgeklärt werden. In einem umfassenden MANOVA-Test wurde die Hypothese, wonach eine generelle Beziehung zwischen beiden MIB-Variablen und allen psychopathologischen Variablen besteht, bestätigt. Der Gesamttest war signifikant (F (10, 48) = 2.78; p < 0.01; Wilk’s lambda) und zeigte somit einen klaren Zusammenhang zwischen MIB und Psychopathologie an. Positive Symptome und Erregung verstärken das MIB-Phänomen; wohingegen Depression und negative Symptome die Täuschung abmindern. Insgesamt erlagen die normalen Versuchseilnehmer häufiger der MIB-Illuion. Die Resultate blieben auch nach einer Adjustierung für Reaktionszeit und Fehlerquote konsistent. Folglich ist davon auszugehen, dass das MIB-Paradigma ein valides und reliables Messinstrument der kognitiven Organisation schizophrener Patienten darstellt. Bonneh et al. (2001, zitiert nach Tschacher, 2006a), die das MIB-Paradigma ursprünglich entwarfen, gehen davon aus, dass die MIB-Illusion wahrscheinlich einen bestimmten Aufmerksamkeitsmechanismus wiederspiegelt, der auf einer „Winner-takes-it-all“-Strategie beruht. Vermutlich kann das MIB-Phänomen nicht durch hierarchisch niedrigere Prozesse wie retinale Suppression oder Kontrastmaximierung erklärt werden. Es ist anzunehmen, dass die MIB-Täuschung holistische Prozesse reflektiert, die für Einordnung und Organisation von Charakteristiken des visuellen Inputs verantwortlich sind – was auch als „Neurokognitives Binding“ bezeichnet wird. Diese Sichtweise wird unter anderem von Forschern wie Hsu et al. (2004; zitiert nach Tschacher et al., 2006a) unterstützt. Sie kamen zum Ergebnis, dass die MIB-Täuschung verstärkt auftrat, wenn die perzeptuelle Bündelung zwischen Zielstimuli und Distraktor schwach war. Dies war z.B. der Fall, wenn sowohl Zielstimuli als auch Distraktoren, Gruppierungshinweise lieferten. 47 für sich selbst genommen, klare Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 3.5. Wahrgenommene Kausalität Tschacher und Kupper führten im Jahr 2006(b) die bereits angesprochene Studie zur Kausalitätswahrnehmung anhand des modifizierten Michotte-Paradigmas bei Patienten mit einer schizophrenen Störung und einer Kontrollgruppe durch. Die Probanden wurden dazu angehalten, über die gesamte Dauer eines Durchgangs ein Kreuz zu fokussieren, welches sich unterhalb der Bildmitte befand. Zwei weiße Scheiben erschienen auf beiden Seiten oberhalb des Kreuzes auf schwarzem Hintergrund. Am Ausgangspunkt jedes Durchgangs waren die Scheiben auf gleicher Höhe zwölf Zentimeter voneinander entfernt. Exakt ab dem Beginn eines Durchgangs bewegten sich die Scheiben mit einer gleichmäßigen Geschwindigkeit von 10 cm/s waagrecht aufeinander zu, überschnitten sich in der Bildschirmmitte und bewegten sich anschließend wieder von einander weg, bis sie den Anfangsabstand erreicht hatten. Um den Zeitpunkt, an dem sich die Scheiben überschnitten, wurde ein kurzes „Klickgeräusch“ eingespielt. Hierbei variierte der Beginn des Klickgeräuschs in randomisierter Abfolge über alle Durchgänge hinweg. Es setzte entweder - 150 oder - 75 ms vor dem Überschneidungzeitpunkt, bzw. + 75 oder + 150 ms nach dem Zeitpunkt des Zusammentreffens, oder exakt zum Zeitpunkt der Überschneidung (= Bedingung „0“) ein. Die wahrgenommene Kausalität wurde letztlich durch die Wahrscheinlichkeit wahrgenommener Zusammenstöße der Scheiben aus allen Durchgängen bestimmt. In der statistischen Analyse resultierte in der Gruppe der schizophrenen Patienten eine hochsignifikante Korrelation zwischen der wahrgenommenen Kausalität und dem psychopathologischen Status. In Zahlen ausgedrückt, bedeutet dies: 64% der Gesamtvarianz der wahrgenommenen Kausalität konnte durch Unterschiede im psychopathologischen Status, der an Hand des PANSS (Kay et al., 1987) erhoben wurde, aufgeklärt werden. Weiterhin zeigte eine schrittweise durchgeführte Regressionsanalyse, dass die wahrgenommene Kausalität bei Vorhandensein positiver Symptomen anstieg (S/beta = .79); bei kognitiven Defiziten jedoch abfiel (S/beta = -.51). Um allfällige Unterschiede zwischen der Patienten- und Kontrollgruppe zu eruieren, wurden die wahrgenommene Kausalität und die Darbietungszeit über alle Gruppen hinweg verglichen. In einer mulivariaten Varianzanalyse zeigte sich bei der Patientengruppe eine Tendenz hin zu weniger wahrgenommenen Kausalität als in der Kontrollgruppe (F 1,6 = 3.12; p < .1). Es ergab sich ein hochsignifikanter Zusammenhang zwischen dem Beginn des Klickgeräuschs und der wahrgenommenen Kausalität in der Gesamtstichprobe, jedoch nicht für die Unterscheidung der beiden Gruppen. In beiden Gruppen resultierte nahezu die gleiche 48 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Rangfolge für die Wahrscheinlichkeit wahrgenommener Kausalität in Abhängigkeit zu den differierenden Startpunkten des Klicks: 0 ms < -70 ms < -150 ms < +70 ms < +150 ms (Kontrollgruppe) und -70ms < 0 < -150ms < +70 ms < +150 ms (Patientengruppe). Aus den Ergebnissen schließen Tschacher und Kupper (2006), dass kausale Interferenzen und Attributionen als essentielle Bedingungen / Bestandteile höherer kognitiver Prozesse wie der „Theory of Mind“ (TOM) bzw. der sozialen Kognition verstanden werden können. Die beiden Autoren nehmen an, dass die wahrgenommene Kausalität analog zur Gestaltbildung eine grundlegende, vorausgehende kognitive Funktion darstellt. Tschacher und Kupper (2006) ziehen aus den Ergebnissen ihrer Untersuchung drei zentrale Schlüsse: • Die Grundlage der Symptome schizophrener Erkrankungen ist in bedeutsamer Weise mit der wahrgenommenen Kausalität verbunden. Das könnte also bedeuten, dass das Ausmaß an Kausalitätswahrnehmung zur Entwicklung von positiven Symptomen und kognitiven Defiziten beiträgt. • Das Paradigma der wahrgenommenen Kausalität betrifft die fundamentale Organisation der Wahrnehmung. Diese ist der Aufmerksamkeit vorgeschaltet und funktioniert unabhängig von Bewusstsein, Sprache und metakognitiven Prozessen. • Kausalitätswahrnehmung stellt kein Wesensmerkmal schizophrener Störungen dar, sondern ist vielmehr als ein Kennzeichen für einen bestimmten Zustand bzw. für ein bestimmtes Krankheitsstadium zu verstehen. Abbildung 4. Schematische Darstellung des Scheinkausalitäts-Paradigma: Die beiden Scheiben bewegen sich mit gleich bleibender Geschwindigkeit horizontal aufeinander zu, überschneiden sich in der Mitte des Bildschirms und bewegen sich kontinuierlich weiter, bis sie schließlich wieder bei ihrer ursprünglich Distanz angelangt sind. Um den Zeitpunkt des Aufeinadertreffens der beiden Scheiben wird ein akustisches Signal eingespielt (Tschacher & Kupper, 2006b). 3.6. Das Problem der Spezifität schizophrener Symptomatik 49 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees In den Schlussfolgerungen von Tschacher und Kupper (2006) wird bereits die Problematik bzw. die noch nicht eindeutig geklärte Frage der Spezifität schizophrener Symptome deutlich. Nach wie vor werden in verschiedensten Erklärungsansätzen zu Entstehung, Auslösung und Aufrechterhaltung schizophrener Störungen divergierende „Spezifitäts-Hypothesen“ kontrovers diskutiert. Die Vertreter einer Bereichs-spezifischen Hypothese gehen davon aus, dass Schizophrene auf Grund einer lokalisierbaren Gehirnläsion unter einer defizitären Wahrnehmung leiden. Der derzeitige Wissensstand in der Schizophrenieforschung lässt aber darauf schließen, dass diese Hypothese nicht weiter verfolgt werden muss. Es gibt bislang keinerlei empirische Evidenz für die Annahme, dass die Defizite schizophrener Patienten auf einzelne Bereiche der Informationsverarbeitung beschränkt sind (Tschacher, 2004). Aus Funktions-spezifischer Perspektive liegt schizophrenen Störungen hingegen ein klar umschriebenes Verarbeitungsdefizit zu Grunde, das allerdings nicht auf einen einzelnen kognitiven Bereich begrenzt ist. Es wird vielmehr angenommen, dass sich das umschriebene Defizit über einen gesamten Neuronenverbund erstreckt, der wiederum nicht in einem einzelnen Teil des Gehirns zu lokalisieren ist. Für die Funktions-spezifische Hypothese gibt es bislang zwar noch keine eindeutigen empirischen Evidenzen, was aber unter anderem auf methodische Probleme zurückzuführen ist. Die weitere Evaluation dieser Annahme stellt eine konstruktive Herausforderung für die heutige Schizophrenieforschung dar (Uhlhaas & Silverstein, 2003a). Last but not least geht der Zustands-spezifische Ansatz davon aus, dass sich spezifische Dysfunktionen einer schizophrenen Erkrankung dynamisch verhalten, d.h. sie variieren über die Zeit oder sind anders ausgedrückt, abhängig vom aktuellen Zustand und momentanen Stadium der Störung. Wie schon im ersten Kapitel angesprochen machen Autoren wie Plaum (2003) auf den, über die Zeit variierenden und reversierenden Charakter von schizophrenen Symptomen und Dysfunktionen, aufmerksam. Ausführliche Längsschnittstudien konnten zeigen, dass gerade Symptombereiche, von denen bislang angenommen wurde, dass sie relativ andauernd und beständig seien (z.B. Negativsymptomatik), tatsächlich oftmals schon innerhalb eines kurzen Zeitraums beträchtlich schwanken. D.h. konkret, dass sich Negativsymptome wie sozialer Rückzug oder kognitive Defizite von einem auf den anderen Tag ändern können. Diese Erkenntnisse decken sich mit dem dynamischen Krankheitsverständnis der Schizophrenie (Tschacher, 1997). 50 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Bereits in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatten Forscher wie Conrad (1958, zitiert nach Tschacher, 2004) festgestellt, dass sich schizophrene Erkrankungen gemeinhin über mehrere qualitativ unterschiedliche Stadien bzw. Phasen entwickeln. Laut Tschacher (2004) unterschied Conrad (1958) dabei zwischen dem „Trema-Stadium“ (Destabilisierung der Gestaltwahrnehmung) und dem „Apophänie-Stadium“ (Hyperstabilisierung von wahnhaften Gestalten). Auch die Befunde von Tschacher et al. (2004, 2006a, 2006b) aus Untersuchungen mit schizophrenen Patienten zu bi-stabilen Phänomenen stützen diese Annahme über die Existenz von Zustands-spezifischen Defiziten. In den bereits ausführlich beschriebenen Studien zu den Gestaltparadigmen CAM, SAM, MIB und dem Michotte-Display resultierten jeweils signifikante, spezifische Assoziationen zwischen den Ausprägungen psychopathologischer Dimensionen, welche mit Hilfe des PANSS (Kay et al., 1987) erhoben wurden und der Häufigkeit illusorischer Wahrnehmungen. Abschließend kann gesagt werden, dass die vorgestellten Forschungsergebnisse die Annahme von Zustandsspezifischen Defiziten schizophrener Patienten bekräftigen. 51 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 4. Hauptfragestellung und Forschungshypothesen Die Hauptfragestellung dieser Studie bezieht sich auf die Evaluation des allfälligen Unterschieds zwischen Patienten- und Kontrollgruppe hinsichtlich der auditiven und visuellen Gestaltwahrnehmung. Von zentraler Bedeutung ist auch die Evaluation des Zusammenhangs von akustischer und optischer Gestaltbildung mit dem individuellen Psychopathologiestatus der Patienten. Darüber hinaus spielt die Überprüfung einer möglicherweise generellen Verknüpfung von akustischer und optischer Gestaltwahrnehmung eine bedeutende Rolle. Die im Folgenden aufgeführten Forschungshypothesen (primäre und sekundäre Hypothesen) basieren auf dem in Kapitel 1, 2 und 3.dargestellten theoretischen Hintergrund. Insbesondere die beschriebenen Studien zur optischen Gestaltwahrnehmung dienten als Ausgangspunkt für die Hypothesengenerierung dieser Arbeit. 4.1. Primäre Hypothesen 4.1.1. Die Patienten- und Kontrollgruppe unterscheiden sich hinsichtlich a. auditiver Gestaltwahrnehmung b. visueller Gestaltwahrnehmung c. Source Monitoring d. kognitiver Leistung e. Reaktionszeit f. Stimmung 4.1.2. Es existiert eine Assoziation zwischen dem psychopathologischen Status der Patienten und deren a. auditiver Gestaltwahrnehmung b. visueller Gestaltwahrnehmung c. Source Monitoring d. kognitiver Leistung e. Reaktionszeit f. Stimmung 52 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen 4.2. Georg Rees Sekundäre Hypothesen 4.2.1. Bei der Patienten- wie bei der Kontrollgruppe besteht ein Zusammenhang zwischen auditiver und visueller Gestaltwahrnehmung. 4.2.2. Zwischen den Subgruppen „Patienten mit aktuell auftretenden Halluzinationen“ vs. „Patienten, bei denen früher Halluzinationen aufgetreten sind“ und „Patienten, die nie Halluzinationen erlebt haben“ bestehen Unterschiede bezüglich a. auditiver Gestaltwahrnehmung b. visueller Gestaltwahrnehmung c. Source Monitoring 4.2.3. Beim Source Monitoring attribuieren Patienten, die aktuell Halluzinationen Erleben, oder dies früher taten, emotional geladenes Material häufiger external, als Patienten, die nie halluzinatorische Erfahrungen gemacht haben und Kontrollpersonen. 4.2.4. Zwischen den Subgruppen stationär vs. teilstationär/ambulant behandelter Patienten gibt es Differenzen hinsichtlich a. auditiver Gestaltwahrnehmung b. visueller Gestaltwahrnehmung c. Source Monitoring 4.2.5. Zwischen langsameren Reaktionszeiten und niedrigeren Transitionsraten besteht ein positiver Zusammenhang in Bezug auf die a. auditive Gestaltwahrnehmung b. visuelle Gestaltwahrnehmung 4.2.6. Die Stimmungslage übt einen Einfluss aus, auf: a. akustischer Gestaltwahrnehmung b. optischer Gestaltwahrnehmung c. Sourcemonitoring 53 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 5. Methodik Im methodischen Teil sollen die zentralen Forschungsziele, das Studiendesign, die ergriffenen Maßnahmen zur Qualitätssicherung sowie die technischen Daten der verwendeten Geräte dargelegt werden. Darüber hinaus soll die untersuchten Stichprobe und die verwendeten Messmittel beschrieben werden. Die Beschreibung der untersuchten Versuchspersonen enthält die Ein- und Ausschlusskriterien für die Studienteilnahme, den a priori erforderlichen Stichprobenumfang, die Rekrutierung der Versuchspersonen sowie die Zusammensetzung der untersuchten Stichprobe. Bei der Beschreibung der verwendeten Erhebungsinstrumente wird neben der Darstellung und Erläuterung der vollständigen Testbatterie auch kurz auf die Instruktionen eingegangen. 5.1. Forschungsziele Es ist Ziel und Sinn dieses Forschungsprojekts, die gewonnen Resultate der durchgeführten auditiven und visuellen Gestaltwahrnehmungstests zueinander sowie zu Ergebnissen früheren empirischen Untersuchungen in Beziehung zu setzen. Im Bereich der auditiven Gestaltwahrnehmung wurden eigene Messmethoden für die vorliegende Studie entwickelt und sollen nun in der Anwendung auf ihre Validität überprüft werden. Der Zusammenhang zwischen auditorischer und optischer Gestaltwahrnehmung, SourceMonitoring und psychotischer Symptomatik (insbesondere akustische Halluzinationen) soll evaluiert werden. Hierzu werden den Probanden auditive Illusionen (Phantomwörter) und optische Täuschungen (MIB, CAM) präsentiert. Das Hauptaugenmerk bei der Auswertung liegt auf einem Vergleich der Gruppenmittelwerte von psychotischen Patienten vs. gesunden Kontrollpersonen. Ziel ist es, etwaige Unterschiede der beiden Gruppen zu eruieren und Antworten zu finden auf Fragen wie: • Unterscheiden sich Patienten in ihrer auditorischen und/oder visuellen Gestaltwahrnehmung von gesunden Kontrollpersonen? • Reagieren die Versuchspersonen, insbesondere psychotische Patienten mit akustischen Halluzinationen auf auditive Gestaltwahrnehmungstests anders als auf optische? • Welche Rolle spielen kognitive Leistungsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Konzentration bei der Gestaltwahrnehmung? • Beeinflussen Stimmung und Attributionstendenzen die Gestaltwahrnehmung? 54 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Des Weiteren sollen die Ausprägungen psychopathologischer Beschwerden/Symptome mit Hilfe der deutschen PANSS-Version (Gerhold, Huss, & Luecke, 2005) überprüft und zu den Ergebnissen der restlichen Testbatterie, in Beziehung gesetzt werden. Auch innerhalb der Patientengruppe soll anhand der deutschen Adaptationen von PANSS und PSYRATS (Vauth & Stieglitz, 2007) sowie auf Grund des Halluzinationserlebens (gegenwärtig vs. früher vs. nie) und des therapeutischen Settings (stationär vs. teilstationär/ambulant) ein Vergleich gemacht werden. 5.2. Versuchspersonen Es wurde versucht, möglichst bereits im Vorfeld der Testung zu eruieren, ob die potentiellen Studienteilnehmer den im Folgenden dargestellten Ein- und Ausschlusskriterien entsprachen. 5.2.1. Ein- und Ausschlusskriterien Einschlusskriterien • erwachsene Frauen und Männer zwischen 18 und 65 Jahren • DSM-IV und/oder ICD-10 – Diagnose einer psychotischen Erkrankung • Stationäre, teilstationäre oder ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung • Patienten mit persistierenden akustischen Halluzinationen ebenso wie Patienten, die früher unter akustischen Halluzinationen litten und Patienten, bei denen noch nie akustische Halluzinationen aufgetreten sind Ausschlusskriterien • aktuelle Substanzabhängigkeit (Alkohol, illegale Drogen) • akut psychotische Krankheitsphase • mangelnde Deutschkenntnisse • Ersterkrankung • Hörschädigung • Sprachstörung • Hirnorganische Erkrankung bzw. Verletzung 5.2.2. Stichprobenumfang Die vor Beginn der Untersuchungen bestimmte Stichprobengröße bezog sich auf die zu erwartenden Unterschiede der Resultate von Patienten- und Kontrollgruppe in den primären 55 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Messgrößen. Um bei einem Signifikanzniveau von .05 (beidseitig) und einer Teststärke von 80% einen Unterschied in der kognitiven Koordination beider Gruppen detektieren zu können, musste eine Stichprobengröße von N ≥ 60 gewählt werden. Bei einer angenommenen Ausfallrate von ca. 20% resultierte also eine Minimalgröße von n = 38 pro Gruppe, d.h. es wurde angestrebt insgesamt mindestens 76 Probanden zu rekrutieren. Es stellte sich als relativ schwierig heraus, innerhalb eines Jahres 36 schizophrene Patienten zu rekrutieren. Auf Grund der unter Punkt 5.2.1. aufgeführten Ausschlusskriterien kamen schon a priori zahlreiche Patienten nicht in Frage. Da von den Patienten, die ihre Teilnahme an der Studie bereits zugesagt hatten, einige kurzfristig doch noch ausfielen und ein paar weitere die Untersuchung vorzeitig abbrachen, resultierte im Endeffekt eine Gruppengröße von n = 30. Diese genügte den oben beschriebenen statistischen Anforderungen. 5.2.3. Rekrutierung der Versuchspersonen Zwischen Juli und November 2007 wurden insgesamt 15 psychotische Patienten, die im Psychiatrischen Rehabilitationszentrum des Rudolph-Sophien-Stifts (RRSS) Stuttgart stationär behandelt wurden, sowie 15 Kontrollpersonen aus dem Großraum Stuttgart und Bern, untersucht. Von November 2007 bis Februar 2008 wurden dann sieben weitere psychotische Patienten, die im Osnabrücker AMEOS-Klinikum teilstationär (vier Patienten) oder ambulant (drei Patienten) behandelt wurden und sieben gesunde Versuchspersonen, die ebenfalls aus Osnabrück und Umgebung stammten, getestet. Zuletzt nahmen ab März 2008 nochmals jeweils acht Patienten und Kontrollpersonen aus Bern an der Studie teil. Die Berner Patienten befanden sich in stationärer (fünf Patienten) oder teilstationärer (drei Patienten) Behandlung in einer den Universitären Psychiatrischen Diensten (UPD) zugehörigen Einrichtung. 5.2.4. Zusammensetzung der untersuchten Stichprobe Die Gesamtstichprobengröße beträgt N = 60; davon 30 Patienten und 30 Kontrollpersonen. Alle Patienten wurden auf pharmako-therapeutischer Basis behandelt und litten unter einer nach ICD-10 oder DSM-IV diagnostizierten psychotischen Störung. Die Kontrollgruppe setzte sich aus Probanden, die keinerlei diagnostizierte psychische Störungen aufwiesen, zusammen. Jede der beiden Untersuchungsgruppen besteht aus 18 (60%) Männern und 12 (40%) Frauen. Das durchschnittliche Alter in der gesamten Stichprobe liegt bei 36,97 (Sd = 10,78) Jahren. Sowohl das mittlere Alter in der Patienten- wie in der Kontrollgruppe, als auch das 56 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Durchschnittsalter von Männer und Frauen (in der Gesamtstichprobe wie je in Patienten- und Kontrollgruppe) wichen vom mittleren Alter in der Gesamtstichprobe nur marginal ab. Die Patientengruppe bestand aus stationär, teilstationär oder ambulant psychiatrischpsychotherapeutisch behandelten Personen. Von den 30 Patienten befanden sich 21 (70%) in stationärer, sechs (20%) in teilstationärer (Tagesklinik) und drei (10%) in ambulanter (Nachversorgung) Behandlung. Das durchschnittliche Alter bei der Ersthosptialisation war 26,33 (Sd = 8,56) Jahren. Die mittlere Anzahl an Hospitalisationen lag bei 4,93 (Sd = 2,53). Die durschnittliche Dauer der Erkrankung (bezogen auf das Alter bei Ersthospitalisation) beträgt 10,52 (Sd = 7,87) Jahren. Von den 30 Patienten hatten 23 die ICD-10-GM-Diagnose einer „Paranoiden Schizophrenie“, drei eine „Katatone Schizophrenie“ und jeweils ein Patient erhielt die Diagnose „Schizophrenes Residuum“, „Sonstige Schizophrenie“, „Schwere depressive Episode“ und „Mittelgradige depressive Episode“. Bei den letzten beiden ist anzumerken, dass sie als Zusatzdiagnose eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert bekamen. 5.3. Studiendesign Schon vor Beginn der ersten Untersuchungen, wurde festgelegt, dass die Kontrollgruppe bezüglich Alter und Geschlecht zur Patientengruppe parallelisiert werden sollte, um mögliche Einflüsse dieser Variablen auszuschließen. In beiden Gruppen wurden die gleichen Tests und Fragebögen durchgeführt, mit Ausnahme der zusätzlichen Erfassung psychopathologischer Symptomatik anhand der deutschen Adaptationen des PANSS (Gerhold et al., 2005) und des PSYRATS (Vauth et al., 2007). Generell war die Studie als Ein-Punkt-Messung angelegt - die Testungen sollten jeweils an einem Termin durchgeführt werden. Allerdings mussten bei drei Patienten die Untersuchungen, bedingt durch Überbelastung, abgebrochen und am nächsten Tag fortgeführt werden. Bei Patienten dauerte eine Untersuchung ca. zweieinhalb bis dreieinhalb Stunden (inklusive PANSS und teilweise PSYRATS) und bei der Kontrollgruppe ca. eineinhalb bis zweieinhalb Stunden. Im folgenden Abschnitt soll der Studienablauf bei den Patienten inklusive der im Vorfeld jeder Testung getätigten Vorbereitungen und Abklärung dargestellt werden. 57 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 5.3.1. Übersicht zu Testvorbereitungen und Untersuchungsablauf bei den Patienten • Kontakt zu den teilnehmenden Institutionen Die Versuchsleiter nahmen persönlich oder telefonisch Kontakt mit Ärzten, Psychotherapeuten, Sozialarbeitern, Betreuern und/oder Pflegern der betreffenden Klinikstation auf. Hierbei standen die Vermittlung von Basisinformation und die Aufklärung über die Studie im Vordergrund. Die Ein- und Ausschlusskriterien wurden den jeweiligen Kontaktpersonen explizit von Beginn an mitgeteilt. Sämtliche Informationen und das vollständige Testheft wurden den Kontaktpersonen per E-Mail zugeschickt und/oder direkt in einer ausgedruckten Fassung überreicht. • Auswahl und Anwerbung Die Ärzte, Psychotherapeuten, Sozialarbeiter, Betreuer und/oder Pfleger waren dann auf ihrer jeweiligen Station für die Auswahl und Anwerbung der Patienten zuständig. • Baseline-Erhebung Vor der eigentlichen Untersuchung des Patienten traf sich der Versuchsleiter zu einem ca. 20 Minuten langen Gespräch mit einer Pflegekraft oder einem Betreuer - möglichst der Bezugsperson des jeweiligen Patienten - um dessen Einschätzung bestimmter, für das PANSS-Interview relevanter Sachverhalte sowie die Basisdaten (demographische und klinische Angaben) einzuholen. • Begrüßung, Aufklärung und Information Am Beginn der Untersuchung stand die standardisierte Begrüßung, Aufklärung und Information des Patienten bezüglich Inhalt, Ablauf und zeitlichem Rahmen der Untersuchung sowie die Erläuterung der Einverständniserklärung. • Vervollständigung der Basisdaten Nach Einholen einer mündlichen Einverständniserklärung, die auf Video aufgezeichnet wurde, wurden die Basisdaten (demographische und klinische Angaben) vervollständigt, da die Pfleger bzw. Betreuer in aller Regel nicht alle diesbezüglichen Fragen beantworten konnten. • PANSS und PSYRATS Vor Beginn des PANSS-Interviews wurden die Patienten gefragt, ob sie damit einverstanden sind, dass das Gespräch auf Video aufgezeichnet wird. Die Durchführung des Interviews dauerte zwischen 45 und 90 Minuten. Falls der Versuchsleiter während des Gesprächs zur Überzeugung kam, dass der Patient beim PANSS-Item „Halluzinationen“ mit ‚3’ oder höher einzustufen war, führte er direkt das ca. 15 Minuten dauernde PSYRATS-Interview durch. 58 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees • Erste Pause Anschließend wurde eine Pause von ca. 15 Minuten eingelegt. Auf Wunsch des Patienten war aber auch eine längere Pause möglich, oder es wurde bei Bedarf schon während des PANSS-Interviews eine Pause gemacht. • Handschriftliche Tests und Fragebögen Sechs Tests und Fragebögen, die handschriftlich auszufüllen waren, folgten. • Zweite Pause Danach wurde nochmals eine Unterbrechung von ca. 15 Minuten eingeschoben. Wie bei der ersten Pause, war es auch hier möglich, diese auf Wunsch des Patienten auszudehnen, oder schon früher zwischen den einzelnen Tests kurz zu unterbrechen. • PC-Tests Abschließend folgte die Durchführung von sieben weiteren Tests am Computer. • PANSS-Einstufung Das PANSS-Rating wurde vom Versuchsleiter direkt nach dem PANSS-Interview, während die Patienten eine Pause machten, vorgenommen. Nach Abschluss der Untersuchung wurde die Einschätzung nochmals überprüft. Wenn der Patient einen Videomitschnitt genehmigte, wurde dieser zu Rate gezogen. • Besondere Beobachtungen Im Verlauf der gesamten Untersuchung machte sich der Versuchsleiter zu besonderen Beobachtungen Notizen. 5.4. Beschreibung der Messinstrumente Es wurde stets schon vor Beginn der Tests betont, dass es sich bei dieser Untersuchung nicht um Leistungstests handle, sondern zum Großteil um akustische und visuelle Wahrnehmungsaufgaben, bei denen es um das subjektive Erleben jedes Einzelnen gehe und nicht um richtige oder falsche Antworten, Reaktionen oder Wahrnehmungen. Gegebenenfalls wurde diese Grundinstruktion später nochmals zwischen einzelnen Tests wiederholt. Für alle verwendeten Erhebungsinstrumente stand eine standardisierte Instruktion zur Verfügung, um so eine möglichst optimale Vergleichbarkeit der Versuchspersonen zu gewährleisten. Für den Großteil der Fragebögen und Tests auf Papier wie am PC existierte eine schriftliche Instruktion, die sich die Studienteilnehmer vor Beginn der jeweiligen Tests in Ruhe durchlesen sollten. Anschließend wurden die Probanden gefragt, ob sie alles verstanden hätten In den meisten Fällen wurden die schriftlichen Instruktionen zwar prinzipiell richtig aufgefasst, aber oft blieb 59 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees noch die eine oder andere Frage offen bzw. gewisse Unsicherheiten bestehen. In solchen Fällen erläuterten die Versuchsleiter die Anweisungen noch einmal mündlich, wenn nötig auch mehrmals. In aller Regel waren die Instruktionen aber spätestens nach der ersten zusätzlichen Erklärung vollständig verstanden. Im Testbogen, der im Anhang dieser Arbeit beigelegt ist, können die meisten Instruktionen, eingesehen werden. Folgende Punkte wurden per Checkliste jeweils vor Beginn der Testungen am Computer überprüft bzw. beachtet, damit die Versuchspersonen unter möglichst störungsfreien und vergleichbaren Bedingungen getestet werden konnten: • Licht-Reflexion auf dem Monitor sowie Lichtquelle hinter dem Computer wurden vermieden. • Es wurde Wert darauf gelegt, dass die Tests in einem ruhigen Raum stattfanden und allfällige Hintergrundgeräusche konstant waren. Türen und Fenster wurden stets geschlossen. • Der Abstand vom Auge der Versuchsperson zum Bildschirm betrug bei den optischen Gestaltwahrnehmungstests jeweils 50 cm. • Die Versuchspersonen wurden aufgefordert senkrecht auf den Bildschirm zu schauen. • Vor den akustischen Tests wurden jeweils die Standardeinstellungen der Mikrofonund Kopfhörerlautstärke sowie der Regler auf den Software-Oberflächen der einzelnen Tests überprüft. • Die Studienteilnehmer wurden vor jedem akustischen Test darauf aufmerksam gemacht, dass der Kopfhörer eng geschlossen zu tragen sei, da das Gerät sich auf Grund der integrierten Drucksensoren erst so einschält. Die im Folgenden beschriebenen Messmittel stellen die gesamte Testbatterie dar und wurden in der aufgeführten Reihenfolge durchgeführt. Allerdings wurden das „Davos Assessment of Cognitive Biases Scale“, das „Pitch-Sift-Paradigma“ und die „Stream Segregation“ letztlich nicht mit in die Auswertung dieser Studie einbezogen. 5.4.1. Fragebogen zu demographischen und klinischen Angaben Mit dem Fragebogen zu demographischen und klinischen Angaben wurden demographische Kennwerte der Probanden zum Untersuchungszeitpunkt, allgemeine Hintergrundsvariablen und ergänzende Informationen erhoben. Zusätzlich wurden von Ärzten, Psychologen, Sozialarbeitern, Pflegern und/oder Betreuern bezüglich folgender PANSS-Items ergänzende Informationen zur Vorbereitung für das 60 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees klinische Interview eingeholt: Wahnideen, Halluzinationen, Erregung, Größenideen, Misstrauen/Verfolgungsideen, Feindseligkeit, emotionaler Rückzug, passiver/apathischer sozialer Rückzug, Manierismen und unnatürliche Körperhaltungen, Depression, motorische Verlangsamung, unkooperatives Verhalten, mangelnde Impulskontrolle sowie zu letzt aktives soziales Vermeidungsverhalten. 5.4.2. Positive and Negative Syndrome Scale (PANSS) Im Allgemeinen soll mit Hilfe der PANSS der gegenwärtige psychopathologische Status der Patienten unter Einbezug der Befindlichkeit in den letzten zwei Wochen vor Untersuchungstermin eruiert werden. In dieser Studie wurde die deutsche PANSS-Version von Gerhold et al. (2005) verwendet, die auf der Original- PANSS von Kay et al. (1987) basiert. Die beiden Versionen sind nahezu deckungsgleich. Prinzipiell ist die PANSS ein speziell für schizophrene Erkrankungen entwickeltes, semi-strukturiertes klinisches Interview mit einer Dauer von 45 – 90 Minuten. Abschließend stuft der Interviewer, einem spezifischen klinischen Interviewleitfaden folgend, den untersuchten Patienten in 30 Items ein. Die Einschätzung der Patienten für die einzelnen Items erfolgt mit der Graduierung 1 = nicht vorhanden / 2 = minimal / 3 = leicht / 4 = mäßig / 5 = mäßig schwer / 6 = schwer / 7 = extrem. Der Auswertung der 30 Items erfolgt bei der vorliegenden Arbeit nach der Fünf-FaktorenLösung von Lindenmayer, Bernstein-Hyman, Grochowski und Bark (1995). Durch die fünf Faktoren - statt der früher üblichen Aufsplittung in nur drei Faktoren (Positiv- und NegativSymptomatik sowie Allgemeine Psychopathologie) kann signifikant mehr Varianz aufgeklärt werden. Das Model von Lindenmayer und Kollegen unterteilt die PANSS-Items in Positivsymptomatik, Negativsymptomatik, Erregung, Depression und eine kognitive Komponente. Hierbei beinhaltet der positive Faktor vor allem charakteristische Symptome beginnender bzw. akuter Psychosen, wie z.B. Wahnvorstellungen, Halluzination und/oder eigentümliche Gedankeninhalte. Der negative Faktor umfasst defizitäre Symptome der Schizophrenie, die sich meist in emotionalen und sozialen Rückzug manifestieren. Der Erregungsfaktor schließt Feindseligkeit, Anspannung und Impulsivität mit ein. Zum Depressionsfaktor gehören Angstsymptome, Schuldgefühle, somatische Beschwerden und Grübeln/Gedankenkreisen. Zuletzt bezieht der kognitive Faktor Anzeichen kognitiver Desorganisation, wie konzeptuelle Desorganisation, Desorientierung und Schwierigkeiten im abstrakten Denken mit ein. 61 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Die PANSS gehört seit ihrer Entstehung zu den maßgebenden Skalen für die Erfassung von Psychopathologie in der Schizophrenieforschung und klinischen Praxis. Wohl kaum ein anderes klinisches Interview wurde einer so ausführlichen Überprüfung und Standardisierung unterzogen (Kay, Opler & Lindenmeyer, 1988). Das Manual bietet ausführliche Definitionen für Symptome und genaue Kriterien für deren Bewertung. Es wurden gute Reliabilitäts- und Validitätskennwerte gezeigt; der PANSS besitzt eine hohe Interrater-Reliabilität und eine hohe Retest-Relabilität (Kay et al., 1988). Für die Item-Definitionen, Beschreibungen der Ankerpunkte und die Auswertungsprozedur wurde immer das Rating-Manual hinzu gezogen. Die Patienten wurden von den zwei Versuchsleitern eingestuft. Laut Müller, Rosssbach, Davids, Wetzel und Benkert (2000) ist ein spezifisches PANSS-Training notwendig, um eine hinreichend akzeptable Interraterreliabiltät (K > 80% (Expertenstandard), kw > 60 (Kappa-Koeffizient)) zu erreichen. Aus diesem Grund nahmen die beiden Versuchsleiter vor Beginn der Untersuchungen im Juni 2007 gemeinsam mit zwei weiteren Mitarbeitern der UPD an einem PANSS-Rater-Training (an drei Terminen, jeweils vier Stunden) unter Anleitung eines Experten teil. Hierbei wurden auch die Übereinstimmungen - einerseits zwischen den Ratern und andererseits mit dem Experten – berechnet; beide Maße waren akzeptabel. 5.4.3. Psychotic Symptom Rating Scales (PSYRATS) Der PSYRATS ist wie die PANSS ein halb-strukturiertes klinisches Interview. Es dient der spezifischen und exakten Erhebung von akustischen Halluzinationen bei schizophrenen Patienten und dauert ca. 15 Minuten. Das Verfahren wurde 1999 von Haddock, McCarron, Tarrier und Faragher entwickelt. In der vorliegenden Studie wurde jedoch die quasiäquivalente deutsche Version von Vauth und Stieglitz (2007) verwendet. Das Interview bezieht sich primär auf den gegenwärtigen Zustand und die dem Untersuchungstermin vorausgegangene Woche. In unserer Untersuchung wurde der PSYRATS in der Regel nur eingesetzt, wenn ein Patient im PANSS beim Item „Halluzinationen“ mit 3 = leichte Ausprägung oder höher eingestuft wurde. Bei zwei Patienten wurde der PSYRATS allerdings trotz der Einstufung 2 = minimale Ausprägung für das PANSS-Item „Halluzinationen“ durchgeführt, da diese Fälle grenzwertig waren. Die beiden Patienten hatten zwar zum Zeitpunkt der Untersuchung sowie in den zwei zurückliegenden Wochen nur in geringem Ausmaß akustische Halluzinationen erlebt; allerdings waren diese bis kurz vor diesem Zeitraum noch stärker ausgeprägt. Der PSYRATS besteht aus zwölf Items zu akustischen Halluzinationen, die sich auf drei Faktoren verteilen: 62 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees • Physikalischer Faktor: Häufigkeit, Dauer und Lautstärke • Emotionaler Faktor: Negative Inhalte, Häufigkeit von Stimmen mit negativem Inhalt, Graduierung des negativen Inhalts, Ausmaß an subjektiver Belastung durch Stimmenhören sowie Intensität der Belastung • Kognitiver Faktor: Lokalisierung, Vorstellung über den Ursprung, Beeinträchtigung von Alltagsaktivitäten durch Stimmenhören und Kontrollierbarkeit der Stimmen Der Versuchsleiter ordnete die Versuchspersonen nach ihren Antworten für jedes Item auf einer fünf-stufigen Skala (0 – 4) ein. In einer Evaluationsstudie zum PSYRATS von Drake, Haddock, Tarrier, Bentall und Lewis (2007) resultierte eine exzellente totale Interrater-Reliabilität von .99 (Average Intra-Class Correlation). Die Test-Retest-Reliabilität betrug .70, die interne Konsistenz lag bei den Items zu akustischen Halluzinationen zwischen .17 und .41; bei den Items zu Wahnideen zwischen .63 und .76 (Kendall`s tau-b). Die Veränderungs-Sensitivität im Vergleich zum PANSS ergab für die Wahnideen-Items eine signifikante Spearman-Korrelation von .80; für die PANSSSubskala positiver Symptomatik noch .75; und korreliert mit dem totalen PANSS-Score ergab sich ein Wert von 69. 5.4.4. Word-Fluency-Test (WFT) Der WFT misst die individuelle Wortflüssigkeit der Probanden, dient zur Beurteilung des divergenten Denkens und ist ein klassischer kognitiver Leistungstest. Der Test beinhaltet komplexe kognitive Aufgaben, deren erfolgreiche Bewältigung von verschiedenen kognitiven Fähigkeiten abhängt. Hierzu gehören Aufmerksamkeit, Konzentration und Erinnerung. Die in dieser Studie verwendete Version ist eine leicht abgewandelte Fassung des „Regensburger Wortflüssigkeits-Tests“ (RWT) von Aschenbrenner, Tucha & Lange (2001), der wiederum auf dem Original von Thurstone (1938), dem so genannten „Thurstone-WordFluency-Test“ (TWFT) und dessen zwischenzeitlicher Weiterentwicklungen basiert. Bei der in dieser Untersuchung zum Einsatz gekommen Version gab der Versuchsleiter im ersten Teil des Tests (Anfangsbuchstaben, Version A) die drei Buchstaben F, B und L vor. Im zweiten Teil (Kategorien, Version A) gab der Versuchsleiter jeweils eine Kategorie pro Durchgang vor; im Ganzen waren dies „Obst“, „Körperteile“ und „Supermarkt“. Die Probanden hatten bei beiden Test-Abschnitten die Aufgabe, innerhalb jedes Durchgangs (je eine Minute) jeweils möglichst viele Wörter aufzuzählen, die mit einem der vorgegebenen Anfangsbuchstaben bzw. Kategorien beginnen. 63 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Sie konnten dabei jegliche Wörter verwenden, die ihnen in den Sinn kamen, mit Ausnahme von Eigennamen, Ortschaften und Ländern. Nicht gestattet war außerdem, dasselbe Wort oder den gleichen Wortstamm mit einer anderen Endung zu verwenden. Der Versuchsleiter schrieb während der Durchgänge die genannten Worte laufend mit. Nach Abschluss des dritten Durchgangs jedes Teil-Tests wurden die Gesamtsummen an korrekt genannten Wörtern, Wiederholungen und Regelbrüchen notiert. Jeder Teil des Tests dauerte ca. fünf Minuten einschließlich Einführung. Der WFT ist in seinen verschiedenen Versionen ein etabliertes und häufig eingesetztes neuropsychologisches Instrument. Nach Aschenbrenner et al. (2001) besitzt der Regensburger Wortflüssigkeits-Test für alle Untertests eine sehr hohe Interraterreliabilität von r = .99. Die Re-Test-Reliabilität über drei Wochen variiert für die einzelnen Untertests zwischen rtt = .72 und rtt = .89. Cohen und Stanczak kamen in ihrer Evaluationsstudie aus dem Jahr 2000 zum TWFT zu korrespondierenden Ergebnissen. 5.4.5. Mehrfach-Wortwahl-Test (MWT) Zur Überprüfung des Wortschatzes wurde den Probanden der, eine DINA-4-Seite umfassende, MWT (Version B) von Lehrl (1995) vorgelegt. Mit dessen Hilfe wurde das verbale, kristalline Intelligenzniveau erhoben, um mögliche Störvariablen, wie unterschiedliche prämorbide Intelligenz oder Bildung kontrollieren zu können. Der kognitive Leistungstest besteht aus 37 Reihen, die jeweils fünf Begriffe enthalten, von denen allerdings immer nur ein Wort tatsächlich existiert. Die anderen sind Fantasiebegriffe oder abgewandelte bzw. verfälschte Worte. Die Probanden hatten die Aufgabe, die Worte, die ihnen bekannt waren, durchzustreichen bzw. zu unterstreichen. Es wurde keine zeitliche Begrenzung festgelegt; die Versuchsteilnehmer brauchten zwischen fünf und zehn Minuten zur Fertigstellung. In die Auswertung des MWT wurden letztlich der Gesamtwert richtiger Antworten (korrekte Identifizierung der sinnvollen Worte), der vom Gesamtwert abgeleitete Prozentrang, der korrespondierende verbale IQ-Wert sowie der standardisierte IQ-Wert aufgenommen. Der MWT ist einfach zu handhaben und relativ kurz. Er erfreut sich allgemein großer Beliebtheit in klinischer Praxis wie Forschung und gilt sowohl als reliables wie auch valides Messinstrument zur Abschätzung der primären Sprachbildung. 5.4.6. Source Monitoring Scale 64 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Morrison und Haddock (1997) entwickelten die Source Monitoring Scale mit der Absicht die kognitiven Prozesse, die akustischen Halluzinationen zu Grunde liegen, weiter aufzuklären. Da die Source Monitoring Scale bislang nur in englischer Originalfassung existierte, wurde eine eigene deutsche Fassung erarbeitet. Die in dieser Studie verwendete abgespeckte Version überprüfte nur das unmittelbare, nicht aber das zeitverzögerte Source Monitoring. Im Vergleich zum Original wurde auch auf die Skala „Unwillentlichkeit“ („In welchem Ausmaß war Ihr Gedanke unwillentlich?“) und auf die abschließende Dimension „Vertrauen in die die zuvor erstellten Ratings“ verzichtet. Zur Evaluation des Sourcemonitorings wurden den Probanden insgesamt 12 Begriffe, wie z.B. „Schrank“, „Kompetenz“ oder „Furcht“ laut vorgelesen. Die vorgegebenen Begriffe waren entweder emotional neutral, positiv oder negativ konnotiert. Jede der drei Valenzen beinhaltete 4 Begriffe; auch dies stellte eine Veränderung zur Originalversion von Morrison und Haddock (1997) dar, waren es dort doch acht Begriffe pro Valenz. Die Probanden wurden aufgefordert, jeweils das erste Wort, das ihnen durch den Kopf ging, laut auszusprechen – frei assoziiert - ohne weiter darüber nachzudenken. Im Grunde genommen ist also der erste Teil der Source Monitoring Scale eine Wortassoziationsaufgabe. Allerdings wurde hierbei nicht wie im klassischen Wortassoziationsexperiment von Jung (1912) die Zeit bis zur Antwort gestoppt und diese, um allfällige Komplexe aufzuspüren, inhaltlich-qualitativ analysiert. Es war jedoch erstaunlich, wie lange einige Versuchspersonen - aus der Patienten- wie der Kontrollgruppe - bei bestimmten Begriffen mit ihrer Antwort brauchten (teilweise länger als eine Minute). Im Allgemeinen stellten solche Fälle aber die Ausnahme dar, da die meisten Probanden relativ rasch - meist mit einer Latenzzeit von einer bis fünf Sekunden - reagierten. In jedem Fall schrieb der Versuchsleiter die von der Versuchsperson genannten Wörter unmittelbar auf. Anschließend wurden dann die an sich zentralen Dimensionen des Tests erhoben: „Attribution“ („Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von ihren eigenen Gedanken stammt?“) und „Kontrolle“ („Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam?“). Die Probanden hatten die Möglichkeit, ihre Antworten auf einer fünf-stufigen Skala („überhaupt nicht“, „ein wenig“, „mittelstark“, „ziemlich“, „sehr zutreffend“) einzuordnen. In einer Studie von Vinograor et al. (1997) zur englischen Originalfassung lag die interne Reliabilität (Cronbach`s Alpha) für die einzelnen Variablen zwischen 0.76 – 0.95, was gut bis exzellent ist. Die Test-Retest-Reliabilität betrug im Mittel 0.54, was als akzeptabel bezeichnet werden kann. 5.4.7. Davos Assessment of Cognitive Biases Scale (DACOBS) 65 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Der DACOBS ist ein Fragebogen zur Erhebung von kognitiven Verzerrungen und Fehlattributionen psychotischer Patienten (insbesondere „Externaliserungbias“ und „Jumping to Conclusions“). Einige Beispiel-Items sind: „Ich sehe automatisch, wie Dinge zusammenhängen“, „Wenn irgendetwas schief läuft, steckt irgendjemand dahinter“ oder „Ich nehme alle Telefonanrufe entgegen“. Der Fragebogen sollte von den Versuchsteilnehmern selbstständig und möglichst ohne lange über die Antwort zu grübeln, ausgefüllt werden. Die Probanden hatten die Aufgabe, einzustufen, wie sehr die einzelnen Aussagen - gesamt 76 auf Sie persönlich zutreffen. Die Beurteilungsskala ging von -3 = stimmt überhaupt nicht, über -2 = stimmt nicht, -1 = stimmt eher nicht, 0 = unentschieden, 1 = stimmt eher, 2 = stimmt, bis zu 3 = stimmt genau. Vom DACOBS gibt es bislang keine Validitäts- oder Reliabilitätswerte. Er wurde von Landa, Delespaul, Bak, Tschacher und Gaag (2006) entworfen und kam bei diesem Projekt erstmalig zum Einsatz. 5.4.8. Positive and Negative Activation Schedule (PANAS) Der PANAS, ursprünglich von Watson, Clark und Tellegen (1988) entwickelt, ist ein kurzer, zweidimensionaler Fragebogen, der in dieser Studie in der deutschen Adaptation von Krohne, Egloff, Kohlmann und Tausch (1996) eingesetzt wurde. Die früheren Bezeichnungen positiver und negativer „Affekt“, wurden zwischenzeitlich in positive und negative „Aktivierung“ umbenannt, da die alten Termini häufiger mit Lust und Unlust verwechselt wurden (Tellegen, Watson & Clark; zitiert nach Schimmack, 1998). Die Versuchpersonen wurden gebeten anhand von 20 Begriffen, wie z.B. „aktiv“ auf einer fünf-stufigen Skala einzuschätzen, wie sie sich im Moment fühlen. Die Ratingskala beinhaltete die Stufen „überhaupt nicht“, „ein wenig“, „mittelmäßig“, „ziemlich“ und „sehr“. In Schimmacks (1998) Evaluationsstudie zu verschiedenen Strukturmodellen der Stimmung resultierten bei zwei Messzeitpunkten für beide PANAS-Faktoren größtenteils signifikante bis hochsignifikante Korrelationen (.31 bis .63) mit den drei Faktoren Lust-Unlust / ErregungRuhe / Wachheit-Müdigkeit des „Mehrdimensionalen Befindlichkeitsfragebogens (MDBF) von Steyer, Schwenkmezger, Notz und Eid (1997). Laut Schimmack (1998) gelten beide Stimmungsmodelle als gut untersucht und empirisch bestätigt. 5.4.9. Hörtest (HTTS) Der verwendete HTTS-Hörtest der SAX GmbH ist ein handelsüblicher Test, der z.B. auch in Fachgeschäften für Hörgeräte-Akustik in ähnlicher Form häufig Verwendung findet. HTTS ist ein Programm zur Durchführung eines Hörtests an einem Multimedia-PC und konnte kostenlos aus dem Internet herunter geladen werden. 66 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Das Ergebnis des Hörtest wurde getrennt für das linke und rechte Ohr in Form einer Audiogramm-Grafik dargestellt. Die Ergebnisse wurden gespeichert, um später die einzelnen Messungen miteinander zu vergleichen und auszuwerten. Die Versuchperson hörten zunächst acht Tonfrequenzen auf dem linken, dann acht auf dem rechten Ohr. Die Frequenzen begannen jeweils so leise, dass Sie zunächst nicht bewusst wahrgenommen werden konnten. Mit der Zeit nahm die Lautstärke jedoch sukzessive zu. Die dargebotenen Frequenzen wurden jeweils in aufsteigender Tonhöhe dargeboten. Sie betrugen 125 Hz, 250 Hz, 500 Hz, 1000 Hz, 2000 Hz, 4000 Hz, 6000 Hz sowie 8000 Hz. Aufgabe der Probanden war es, die Leertaste zu drücken, sobald Sie den jeweiligen Ton erkennen konnten. Danach wurde die nächste Frequenz eingespielt. Gemäß Kramer (2008) ist das Gehör normal, wenn die verschiedenen Frequenzen bis zu einer Lautstärke von 20 dB wahrgenommen werden. Bei Personen, die die Töne erst zwischen 20 und 40 dB hören, liegt eine leichte Beeinträchtigung des Gehörs vor. Werden die Tonfrequenzen erst bei einer Lautstärke zwischen 40 und 60 dB wahrgenommen, ist von einer mittleren Schwerhörigkeit auszugehen. Wer die präsentierten Frequenzen erst zwischen 60 und 100 dB hören kann, gilt als hochgradige schwerhörig. Personen, die ausschließlich Töne ab einer Lautstärke von 100 dB wahrnehmen, sind taub. Diese Werte gelten gleichermaßen für alle getesteten Tonfrequenzbereiche. Generell wird ab 30 dB ein Hörgerät empfohlen; allerdings nicht, wenn nur bei ein paar einzelnen Frequenzen der dB-Wert über 30 liegt, sondern vor allem dann, wenn die für das Sprachverständnis besonders relevanten, Frequenzen zwischen 250 und 4000 Hz erst über 30 dB wahrgenommen werden können – dies ist der eigentliche Indikationsbereich für ein Hörgerät. 5.4.10. Motion-Induced Blindness-Vortest (MIB-Vortest) Der MIB-Vortest ist ein Reaktionstest, anhand dessen die momentane Aufmerksamkeit und Konzentration der Versuchspersonen überprüft wurde. Auf dem Bildschirm ist ein schwach erleuchtetes, ortsfestes, viereckiges Gitter zu sehen, dass aus blauen Kreuzen besteht und sich auf schwarzem Hintergrund befindet. Innerhalb des Gitter-Vierecks befindet sich ein unsichtbares Dreieck, welches aus drei gelben Punkten besteht. Diese Punkte stellen die Zielstimuli dar. Aufgabe des Probanden war es nun, das blaue Kreuz, dass sich in der Mitte des imaginären Dreiecks befand, zu fixieren und immer dann möglichst schnell die Leertaste zu drücken, wenn ein oder mehrere gelbe Punkte des imaginären Dreiecks verschwanden. Die Leertaste 67 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees sollte so lange gedrückt werden, bis wieder alle drei gelben Punkte auf dem Bildschirm sichtbar waren. Während einer Präsentationsdauer von 60 Sekunden, wurden dann jeweils ein oder mehrere gelbe Punkte in zufälliger Abfolge für 0.5 – 5 Sekunden gelöscht, d.h. sie waren für diese Intervalle nicht mehr auf dem Bildschirm sichtbar. Allen Probanden wurde der gleiche Ablauf, bestehend aus acht Löschungen, präsentiert. Allerdings wurden die ersten drei Löschungen als Übungsdurchläufe angesehen und somit nicht in die Auswertung miteinbezogen. Neben der Erfassung der Reaktionen/Reaktionszeiten wurde zusätzlich die Anzahl fehlender Antworten erhoben. Der Reaktionstest enthält die gleichen Stimuli, die für die spätere Untersuchung des eigentlichen MIB-Paradigmas verwendet wurden – mit dem entscheidenden Unterschied, dass sich beim Reaktionstest das blaue Kreuzgitter nicht bewegt. Bei der Überprüfung des MIBPhänomens drehte sich das Gitter hingegen während der gesamten Testphase im Uhrzeigersinn. Der Reaktionstest wurde ca. 30 Minuten vor den Messungen zum MIBParadigma durchgeführt. 5.4.11. Phantomwörter Im Phantomwörter-Experiment wurden den Versuchspersonen insgesamt fünf Wörter präsentiert. Dies waren „weiße“ und „Hase“ in den Probedurchgängen sowie „leise“, „rosa“ und „rennen“ in den Testdurchgängen. Es wurden ausschließlich emotional neutrale Worte verwendet, da für einen statistisch sinnvollen Vergleich von negativ vs. positiv vs. neutral konnotierten Begriffen deutlich mehr als die fünf durchgeführten Durchgänge nötig gewesen wären. Dies war aber den Versuchspersonen nicht zuzumuten. Die Basiswörter wurden durch eine weibliche, emotionsneutrale Stimme dargeboten. Die Abspiel-Reihenfolge der Worte in den beiden Probedurchgängen war fix (zuerst „weiße“, dann „Hase“). In den drei Testdurchgängen war die Abfolge hingegen randomisiert und variierte somit von Proband zu Proband. Die beiden Probedurchgänge dauerten jeweils 23 Sekunden, die Testdurchgänge 46 Sekunden. Pro Trial wurde immer nur ein Wort abgespielt, welches via Kopfhörer synchron auf beiden Ohren zu hören war und sich ständig ohne Unterbrechung wie in einer Endlosschleife wiederholte. Die Versuchspersonen wurden gebeten, sich die dargebotenen Worte möglichst mit geschlossenen Augen anzuhören. Der erste Probedurchgang diente lediglich dazu, den Versuchspersonen einen Eindruck vom akustischen Signal zu vermitteln und wurde nicht weiter besprochen. Anschließend bekamen die Versuchspersonen die Information, dass sie nach jedem der folgenden Durchgänge kurz 68 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees nach dem Gehörten befragt würden. So sollte der Gefahr des Vergessens einzelner Worte vorgebeugt werden. Ab (und einschließlich) dem zweiten Probedurchlauf, notierte der/die Versuchsleiter/in dann nach jedem Durchgang die Worte, welche die Studienteilnehmer gehört hatten. Ab dem zweiten Probedurchgang waren die Probanden auch aufgefordert jeden wahrgenommen Wortwechsel mit dem Drücken der Leertaste zu signalisieren. Letztlich basiert der Illusionseffekt beim Phantomwörter-Test auf der pausenlosen Wortwiederholung. Durch die ständige Wiederholung entsteht eine Art akustische Täuschung, die dazu führte, dass viele Versuchspersonen im Verlauf eines Durchgangs andere, neue Worte bzw. Phantomworte hörten. Dieses Phänomen wird als „verbale Transformation“ bezeichnet. Die Konzeption des durchgeführten Phantomwörter-Tests wurde größtenteils selbstständig erarbeitet. Sie orientierte sich zwar an Untersuchungen von Warren (1968), Deutsch (2003) und Pitt et al. (2002), variierte jedoch in der Tracklänge und verwendete andere Worte, weshalb für die diese Testversion vor Beginn dieser Studie keine Konsistenzmasse vorlagen. Da sich die verwendete Version des Phantomwörter-Tests doch beträchtlich von den Vorbildern unterschied, wurde vor Beginn der Testreihe mit Patienten und Kontrollpersonen zunächst eine Vortestreihe mit 15 Studenten, die keinerlei DSM-IV oder ICD-10 Diagnosen vorwiesen, gestartet. Auf Grund der Ergebnisse und der Rückmeldungen der Studenten wurde dann darüber entschieden, welche und wie viele Wörter in die Endfassung aufgenommen werden sollten, wie lang die Audiofiles sein sollten und ob das Wort links und rechts gleichzeitig oder verschoben dargeboten werden sollte. Des Weiteren wurden unterschiedliche Instruktionen und Antwortmodalitäten evaluiert. 5.4.12. Stream Segregation Bei der Evaluation des Stream-Segregation-Paradigmas bekamen die Versuchspersonen über Kopfhörer in zehn Durchgängen – ein Probedurchgang/neun Testdurchgänge – verschiedene Vibraphon-Klangfrequenzen präsentiert. Diese dauerten ca. eine halbe bis eine Minute. Die einzelnen Klangfrequenzen unterschieden sich in Geschwindigkeit, Tonhöhe und Tonabfolge – diese Parameter veränderten sich aber auch innerhalb der einzelnen Durchgänge. Sämtliche Klangsequenzen waren durchgehende Galopp-Rhythmen. Durch die Variation von Geschwindigkeit, Tonhöhe und Tonabfolge hatten aber viele Personen nur an bestimmten Stellen den Eindruck, einen Galopp zu hören. 69 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Die Probanden wurden gebeten jedes Mal, wenn Sie den Eindruck hatten, einen Galopp zu hören, die Taste „2“ des angeschlossenen Gamepads zu drücken und diese solange gedrückt zu halten, bis sie keinen Galopp mehr hörten. Nach dem Probedurchgang fragte der Versuchsleiter nochmals beim Probanden nach, ob alles verstanden und ein Galopp-Rhythmus gehört wurde. War dies der Fall, folgten die neun Testdurchgänge, welche jeweils durch Drücken der Leertaste vom Versuchleiter gestartet wurden. Der verwendete Stream Segregation-Test wurde zwar von bestimmten Vorbildern wie Bergman, Colantonio und Ahad (1999); Bergman (2004); Grimault und Bacon (2001); Hain, Burnett, Larson und Kiran. (2001) oder Cusack und Roberts (2004) inspiriert, aber letztlich komplett selbstständig erstellt und programmiert. So existierten hierfür bislang auch keine Validitäts- und Reliabilitätswerte. Auf Grund der Neuheit des Paradigmas wurde die Stream Segregation analog zu den Phantomwörtern in verschiedenen Versionen vor Beginn der Untersuchungen in einer Vortestreihe mit 15 gesunden Studenten erprobt. 5.4.13. Motion Induced Blindness (MIB) Beim MIB-Paradigma wurden den Probanden drei gelbe Punkte bzw. kleine Scheiben als Zielstimuli dargeboten. Die drei gelben, ortsfesten Scheiben hatten einen Durchmesser von 0.3 cm (Blickwinkel 0.3°) und waren exakt an den Eckpunkten eines unsichtbaren Dreiecks platziert. Die Seiten des Dreiecks waren jeweils 4.6 cm lang (5.3°). Die leuchtenden Zielstimuli wurden auf einem schwarzen Hintergrund, auf welchem sich auch ein schwach erleuchtetes Gitter aus blauen Kreuzen befand, präsentiert. Das Gitter rotierte hierbei im Uhrzeigersinn in einem Durchgang jeweils 20 Mal, was 120°/s entspricht. Vor dem Probedurchgang wurden die Versuchsteilnehmer aufgefordert, mit ihrem Blick die Mitte des Bildschirms zu fixieren und währenddessen dem Versuchsleiter zu schildern, was sie wahrnahmen bzw. ob sie irgendwelche Veränderungen bemerkten. Die Studienteilnehmer wurden wiederholt darauf aufmerksam gemacht, die Fixierung des blauen Kreuzes in der Mitte des Bildschirms aufrecht zu erhalten, da nur so die optische Täuschung hervorgerufen werden kann. Bereits im Probedurchgang sahen die Mehrheit der Versuchspersonen eine oder mehrere gelbe Scheiben mindestens einmal verschwinden. Während der Probedurchgänge waren die Probanden dazu aufgefordert, laufend zu berichten, ob sie irgendwelche Veränderungen wahrnahmen; der Versuchsleiter hielt die Bemerkungen schriftlich fest. Unabhängig davon, ob die Versuchspersonen die Zielstimuli im Probedurchgang verschwinden sahen oder nicht, wurden alle Probanden vor dem ersten Testdurchgang darüber 70 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees informiert, dass in den nächsten drei Durchgängen möglicherweise (wieder) Stimuli verschwinden würden. Die Versuchsteilnehmer wurden dazu angehalten, unmittelbar die Leertaste zu drücken, sobald sie eine oder mehrere gelbe Scheiben verschwinden sähen und diese erst wieder loszulassen, wenn alle drei Zielstimuli sichtbar wären. Die Studienteilnehmer wurden angewiesen, in den Testphasen nicht mehr zu sprechen. Während der drei Testdurchgänge wurden das Drücken und Loslassen der Leertaste erfasst. Das MIB-Phänomen kann laut Tschacher et al. (2006) als eindrucksvoller Marker für die Organisation kognitiven Funktionierens bzw. des neurokognitiven Bindings-Systems angesehen werden. Gemäß den Autoren besitzt die MIB-Illusion eine hohe Test-RetestReliabilität von r = .87. Tschacher et al. (2006) merken außerdem an, dass der MIB valide und gut umsetzbar ist. Die MIB-Täuschung wird bei den meisten Probanden prompt ausgelöst, ist einfach und schnell nachzuweisen, affektiv neutral und kann nicht willentlich kontrolliert werden. Abbildung 5. Das MIB-Stimulusmuster: Die hellen gelben Punkte repräsentieren die Eckpunkte eines ortsfesten Dreiecks. Das Distraktormuster aus blauen Kreuzen rotiert bei 120°/s im Uhrzeigersinn um das Zentrum des Bildes (Tschacher et al., 2006a). 5.4.14. Pitch-Shift Im Pitch-Shift-Experiment wurde überprüft, inwiefern die Probanden ihre eigene Stimme unter dem Einfluss subtiler Tonhöhen-Veränderungen implizit diesen Variationen anpassen. Während die Versuchspersonen laut den Vokal „A“ aussprachen, hörten sie synchron dazu ihre eigene manipulierte Stimme über den Kopfhörer. Die Manipulation der Stimme des Probanden variierte über alle Trials hinweg in Tonhöhe, Dauer der Manipulation und der 71 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Länge des Intervalls bis zur nächsten Manipulation. Die Versuchspersonen sollten in 24 Testdurchgängen à fünf Sekunden laut „A“ in ein ca. zehn Zentimeter vom Mund entferntes Mikrophon sprechen. Zwischen den einzelnen Durchgängen gab es jeweils eine Pause von fünf Sekunden. Die Pausen wurden als Countdown dargestellt, d.h. die Versuchspersonen sahen auf dem Bildschirm die Ziffern von 5 – 0 herunter laufen und hörten synchron bei jeder Ziffer einen kurzen Piepston über den Kopfhörer. Der letzte Ton war höher als die anderen und somit Startsignal zur Vokalisation. Während der Vokalisation gab es auf dem Bildschirm ebenfalls eine Zeitanzeige. Um der Versuchsperson eine etwaige Scham zu nehmen, demonstrierte der Versuchsleiter zu Beginn den Ablauf mit drei Vokalisationen und zwei Pausen. Vor den Testdurchgängen sollte die Versuchsperson mindestens drei Probedurchgänge machen, um die optimale Tonlage und Lautstärke zu finden. Wurde es von Probanden nicht anders gewünscht, schob der Versuchsleiter mindestens zwei längere Pausen ein, indem er nach dem 8. und 16. Durchgang das Programm anhielt. Wie bei den Phantomwörtern und der Stream Segregation, existiert auch für den „Pitch Shift“ keinerlei Konsistenzmasse, da er ebenfalls für dieses Projekt selbstständig weiterentwickelt und programmiert wurde. Grundlage hierfür stellen Pitch-ShiftExperimente von Larson (1998), Larson et. al (2000) und Burnett et al. (1998), dar. 5.4.15. Circular Apparent Motion (CAM) Den Studienteilnehmern wurden zwei stetig alternierend aufblinkende Stimulusmuster (A, B) auf weißem Hintergrund präsentiert. Beide Muster waren aus sechs kreisförmig angeordneten schwarzen Scheiben (Zielstimuli) mit kleinen Zwischenabständen zusammengesetzt. Die Scheiben hatten einen Durchmesser von 1 cm (Blickwinkel 1.1°); der Durchmesser der kreisförmigen Anordnung betrug 8.8 cm (Blickwinkel 10°) und die Distanz zwischen den einzelnen Scheiben war 4.4 cm groß (Blickwinkel 5°). Durch die schnelle abwechselnde Darbietung der verschiedenen Stimulusmuster (A, B) wurde eine Scheinbewegung der kreisförmigen Scheiben-Konfiguration im Uhrzeigersinn, gegen den Uhrzeigersinn oder hinund her kippend hervorgerufen. Die Versuchspersonen sollten während des Tests mit ihrem Blick stets das Kreuz in der Mitte fixieren – worauf wiederholt aufmerksam gemacht wurde. Es gab zunächst ein „naiven’ Probedurchgang (eine Minute), bei dem die Versuchspersonen laufend berichten sollten, was sie sahen; der Versuchsleiter protokollierte die ersten drei Wahrnehmungen. Anschließend wurden die Versuchspersonen darüber aufgeklärt, dass eine Kreisbewegung nach rechts oder links, oder eine Kippbewegung sichtbar sein könnte. 72 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Es folgten zwei Testdurchgänge (je eine Minute); während diesen sollte nicht mehr gesprochen werden. Jede wahrgenommene Bewegung musste per Tastendruck angezeigt werden. Wenn eine Bewegung gesehen wurde, musste die entsprechende Pfeiltaste kurz gedrückt werden, sobald sich die Bewegung änderte, musste wieder eine neue Pfeiltaste gedrückt werden usw. (Bewegungswechsel = Tastendruck). In der Regel wurde von den Probanden eine Kreisbewegung nach rechts, nach links oder - nicht ganz so häufig - eine Kippbewegung wahrgenommen. Tschacher et al. (2008) kamen in ihrer Studie zur veränderten Wahrnehmung von scheinbaren Bewegungen bei Schizophrenen zum Schluss, dass der CAM ein sehr nützliches und valides Werkzeug zur Evaluation von Wahrnehmungsorganisation und neurokognitivem Binding schizophrener Patienten darstellt. A B Abbildung 6. CAM-Paradigma: Die beiden Stimulus-Muster (A, B) wurden ununterbrochen abwechslungsweise mit einer Frequenz von zwei Hz dargeboten. Muster B ist nach einer Rotation mit einem Winkel von 30° mit Muster A identisch. (Tschacher et al., 2008). 5.5. Qualitätssicherung Zur Qualitätssicherung wurden schon vor Beginn der Studie diverse Maßnahmen eingeleitet, um einen möglichst reibungslosen Start in die Testphase zu gewährleisten. Es fanden regelmäßige Treffen des Projektteams zum Informations- und Meinungsaustausch hinsichtlich Studiendesign, Operationalisierung und Patientenrekrutierung statt. Vereinbarungen und Pläne wurden schriftlich festgehalten und an alle Beteiligten per E-Mail weitergeleitetet. Zur Abklärung von optimaler Instruktion und Umsetzung selbst (weiter)entwickelter Tests (Phantomwörter, Stream Segregation) wurden Vortests mit Studenten der Universität Bern durchgeführt. 73 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Schwerpunkt der Qualitätssicherungsmaßnahmen unmittelbar vor Beginn und während der Testphase waren die in den nächsten Abschnitten beschriebenen Punkte zur Gewährleistung des Wohls der Studienteilnehmer, rechtliche und ethische Belange sowie die Sicherung und Kontrolle der gewonnen Daten. 5.5.1. Optimierung der Studien-Adherence Es wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Teilnahme an der Studie für die Patienten attraktiv zu machen: • Sämtliche Abteilungen / Teams der involvierten Kliniken wurden vor Studienbeginn ausführlich über das Vorhaben informiert. Klare Verhaltens- und KommunikationsRichtlinien sollten sicherstellen, dass der Untersuchung sowohl für die Kontroll- als auch für die Patientengruppe eine positive Konnotation anhaftet. • Insbesondere der Erstkontakt mit den Patienten und die Durchführung des Klinischen Interviews (PANSS) sollten standardisiert ablaufen. Ein genaues Protokoll der Vorgehensweise sowie ein PANSS-Rater-Training mit einem klinisch erfahrenen Psychologen sollten diese Vorgaben ermöglichen. • Im Falle des Nichterscheinens zu vereinbarten Untersuchungsterminen oder dem Abbruch einer begonnenen Sitzung war es die Aufgabe der behandelnden Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter, Betreuer oder Pfleger die Patienten möglichst unmittelbar über die Wichtigkeit der (vollständigen) Teilnahme aufzuklären. Ein möglichst frühes Intervenieren sollte die Drop-Out-Rate niedrig halten und einen reibungsloseren Ablauf der Versuchsphase garantieren. • Falls diese ersten Interventionen nicht griffen, versuchten die Versuchsleiter mittels direkter persönlicher Ansprache in einem zweiten Schritt die Patienten für eine Teilnahme an der Pilotstudie zu gewinnen. Bei diesem Vorgehen wurde jedoch immer betont, dass es jederzeit möglich sei ohne Angabe von Gründen aus der Studie auszutreten. 5.5.2. Datenkontrolle und Datenmanagement Um eine hohe Datenqualität zu erreichen, wurden diverse Maßnahmen ergriffen: • Die Versuchsleiter erhoben die Daten mittels standardisierter Datenhefte sowie mit Hilfe fest installierter spezifischer Programme auf dem PC. Es wurde fortlaufend ein Back-Up der Rohdaten erstellt und diese wurden anschließend von den Versuchsleitern selbst eingegeben sowie weiterverarbeitet. 74 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees • Eine Checkliste gab Auskunft über alle zu erhebenden Daten und wurde den beteiligten Personen ausgehändigt. • Einführungsveranstaltungen und Supervisionssitzungen während der Studiendauer sollten die Behandlungshomogenität garantieren. • Die Studienleitung traf sich mindestens monatlich, um die Rekrutierung der Patienten, Probleme während der Durchführung, Fragen der Datenakquisition, Vollständigkeit der Daten sowie Konsistenzchecks und Interims-Analysen zu besprechen. • Den Betreuern des Projekts wurde in ca. zweiwöchigen Abständen ein Kurzbericht über die aktuellen Kennwerte vorgelegt werden (Anzahl der rekrutierten Patienten, Berichte über Missing-Data, Bemerkenswertes zu den vorhandenen Daten). 5.5.3. Ethikkommission, Datenschutz und Versicherung Das Projekt wurde von der Ethikkommission des Kantons Bern evaluiert und genehmigt. Für sämtliche Probanden wurde eine schriftliche Patienteninformation angefertigt und eine, auf Video aufgezeichnete, Einverständniserklärung eingeholt. Die Resultate der Studie werden unabhängig vom Endergebnis publiziert. Die Daten der Versuchsteilnehmer werden entsprechend der Richtlinien des eidgenössischen Datenschutzreglements verwahrt. Wissenschaftliche Auswertungen und Publikationen finden mit anonymisierten Daten statt. Aus diesem Grund wurde angenommen, dass über die bestehende Haftpflichtversicherung der Universität Bern hinaus keine zusätzliche Versicherung abgeschlossen werden musste. 5.6. Technische Daten der verwendeten Geräte Für den zweiten Teil der Testbatterie, bei dem ausschließlich Tests am Computer durchgeführt wurden, sind die technischen Daten und Einstellungen der verwendeten Geräte für eine reliable Versuchsdurchführung sehr bedeutsam, insbesondere für die auditiven und visuellen Gestaltwahrnehmungstests. Computer Alle Testungen wurde auf dem selbem Computer durchgeführt; ein Notebook, welches eigens für diese Studie neu gekauft wurde und zuvor nicht benutzt wurde. Das verwendete Laptop-Modell ist ein IBM ThinkPad und verfügt über Lenovo T60; Intel® Core™2 CPU, T7400 @ 2.16 GHz sowie 1.00 GB RAM. Das Betriebssystem ist Microsoft Windows XP Professional, Version 2002, Service Pack 2. Die Bildschirmauflösung beträgt 1280 x 768 Megapixel, die Farbqualität 32 Bit. Die DPI-Einstellung beläuft sich auf 96 DPI (Normalgröße), der Bildschirm ist ein ThinkPad Display 1680x1050 und die Bildschirmgröße 75 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees beträgt 12 Zoll. Die Bildschirmaktualisierungsrate umfasst 60 Hertz. Der Monitor bzw. die Graphikkarte des ThinkPad ist vom Chiptyp ATI Mobility Radeon X1400 (0x7145). Weiterhin ist der DAC-Typ ein Internal DAC (400MHz) und der Speicher der Graphikkarte beläuft sich auf 512 MB. Kopfhörer Die verwendeten Kopfhörer von AKG sind ein k271 Studio – Modell und sorgten neben einer sehr guten Klagqualität, auch für einen optimalen Schallschutz gegen externe Störgeräusche. Das Modell verfügt über Drucksensoren, wodurch der Kopfhörer erst ‚on’ ist, wenn er fest auf dem Kopf sitzt. Wird er wieder angenommen, schält sich das Gerät automatisch wieder aus. Die Nennimpedanz des Modells beträgt 55 Ohm. Der Übertragungsbereich ist enorm und erstreckt sich von 16 bis 28000 Hz. Der Kennschalldruck beläuft sich auf 91 dB SPL/mW und die maximale Input-Power ist 200 mW. Interfacer Der Interfacer wurde als eine Art „Relaisstation“ zwischen Notebook und Kopfhörer zwischen geschaltet. Er sorgte für eine reibungslose Signalübertragung möglichst ohne Rauschen und Zeitverzögerung. Der verwendete Interfacer ist ein FastTrack USB Modell von der Firma M-Audio, welches üblicherweise für Gitarren oder Mikrophonaufnahmen am Computer genutzt wird. Dementsprechend ist das FastTrack auch mit einem XLR-Eingang für dynamische Mikrofone ausgestattet. Darüber hinaus besitzt das Modell einen KlinkenAusgang für Kopfhörer. Das Gerät verfügt über eine Audioqualität von 24bit / 48kHz und eine integrierte Software (DSound GT-Player & Live Lite 4). Gamepad Für die Durchführung des Stream Segregation-Paradigmas wurde ein Gamepad Modell von Logitech namens Precision verwendet. Das Gerät wurde via USB-Kabel direkt an den Laptop angeschlossen. An Stelle der Leertaste wie bei den anderen Test, sollten bei der Stream Segregation jeweils die Taste „2“ gedrückt werden, um Beginn und Ende eine Wahrnehmung zu signalisieren (bei der Stream Segregation die Wahrnehmung eines Galopp-Rhythmus). Sound und Lautstärke Der IBM ThinkPad ist mit dem Standardgerät SoundMAX HD Audio ausgestattet. Sämtliche Lautstärkeregler am Computer und in den jeweiligen Abspielprogrammen wurden voll aufgedreht und nicht mehr verändert (by default alle Regler auf Unity Gain), um so allfällige Fehlerquellen in diesem Bereich auszuschließen und konstante Messverhältnisse zu 76 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees gewährleisten. Die Lautstärke wurde dann letztlich über den Interfacer festgelegt. Die Standardeinstellung der Lautstärke variierte zwischen den einzelnen auditiven Tests. Beim Hörtest und der Stream Segregation war der Interfacer zu ¾ aufgedreht - bei den Phantomwörtern und dem Pitch-Shift hingegen nur bis zur Hälfte der maximalen Lautstärke. Die Versuchspersonen hatten aber jederzeit die Möglichkeit zu intervenieren, wenn ihnen die Standardeinstellung zu leise oder zu laut war. 77 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 6. Resultate Die folgenden Ergebnisse resultieren aus Berechnungen, die mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS 15.0 durchgeführt wurden. Im deskriptiven Teil sind die demographischen Merkmale der Versuchspersonen und spezifische Hintergrundvariablen zunächst in einer Übersichtstabelle dargestellt und werden anschließend genauer beschrieben. Es werden für die meisten Variablen Signifikanztests durchgeführt, um zu überprüfen, ob sich Patienten- und Kontrollgruppe in bedeutsamer Weise voneinander unterscheiden. Im inferenzstatistischen Teil sollen die Forschungshypothesen geprüft werden. Zur Evaluation der ersten Primärhypothese, die besagt, dass zwischen Patienten- und Kontrollgruppe Unterschiede in den durchgeführten Tests bestehen, werden einfaktorielle Varianzanalysen und U-Tests durchgeführt. Die zweite Primärhypothese, wonach die PANSS-Dimensionen mit den Testleistungen assoziiert sind, wird an Hand von Korrelationsanalysen (Spearman) und multiplen Regressionsmodellen (backward stepwise) überprüft. Anschließend wird mit einer weiteren Spearman-Korrelationsanalyse die erste Sekundärhypothese untersucht, die davon ausgeht, dass es in der Gesamtstichprobe einen Zusammenhang zwischen auditiver und visueller Gestaltwahrnehmung gibt. Danach soll die zweite Sekundärhypothese überprüft werden - die annimmt, dass zwischen den Patienten auf Grund ihres Halluzinationserlebens Unterschiede in Gestaltwahrnehmung und Source Monitoring bestehen – und zwar durch einen Kruskal-Wallis-Test. Zur Evaluation des Zusammenhangs zwischen Halluzinationserleben und Attributionstendenzen (dritte Sekundärhypothese) sowie zur Prüfung der vierten Sekundärhypothese, die einen Zusammenhang zwischen dem therapeutischen Setting der Patienten und Gestaltwahrnehmung nahe legt, wird jeweils ein U-Test nach Mann-Whitney durchgeführt. Hierauf folgend, werden die fünfte (Einfluss der Reaktionszeit) und sechste (Einfluss von Stimmung) Sekundärhypothese an Hand von Spearman-Korrelationsanalysen überprüft. Den Abschluss bilden nochmals drei Korrelationsanalysen zur Evaluation eines möglichen Einwirkens von Medikation, Testzeit und Hörvermögen auf die Testergebnisse. 6.1. Deskriptive Ergebnisse Die vorliegende Gesamtstichprobe (G) umfasst insgesamt 60 Probanden, gleichmäßig verteilt auf die Patientengruppe (PG) mit psychotischen Störungen und die Kontrollgruppe (KG). In Tabelle 1. wird eine Übersicht, über die erfassten Demographie- und Hintergrundvariablen gegeben. 78 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Tabelle 1. Demographische Kennzeichen und spezifische Hintergrundvaribalen für die Gesamtstichprobe Merkmal Geschlecht Ausprägungen männlich weiblich Nationalität Deutsch Schweizer Zivilstand geschieden getrennt ledig verheiratet Bildungsgrad Sonderschule/Abbruch Realschule Sekundarschule Matur FH/Lehrerseminar Universität Berufsabschluss Keiner Anlehre Lehrabschluss FH/Lehrer-/KG-Sem. Universität Aktuelle Tätigkeit Ohne Tätigkeit Geschützte Tätigkeit Teilzeit Vollzeit ICD-10Diagnose F20.0 F20.2 F20.5 F20.8 F32.1 F32.3 Tabakkonsum ja nein Sichtkorrektur ja nein Hörschwierigkeiten geringfügig ja nein Musik. Interesse ja nein Instrument ja nein Musik. Ausbildung ja nein Therapeut. Setting Ambulanz Hospitalisation 79 % % n PG PG n KG KG N G %G 18 60% 18 60% 36 60% 12 40% 12 40% 24 40% 23 77% 14 47% 37 62% 7 23% 16 53% 23 38% 2 7% 0 0% 2 3% 1 3% 1 3% 2 3% 24 80% 20 67% 44 73% 3 10% 9 30% 12 20% 2 7% 0 0% 2 3% 11 37% 2 7% 13 22% 5 17% 3 10% 8 13% 9 30% 12 40% 21 35% 0 0% 3 10% 3 5% 3 10% 10 33% 13 22% 13 43% 8 27% 21 35% 1 3% 0 0% 1 2% 11 37% 10 33% 21 35% 1 3% 4 13% 5 8% 4 13% 8 27% 12 20% 20 67% 1 3% 21 35% 5 17% 0 0% 5 8% 2 7% 6 20% 8 13% 3 10% 23 77% 26 43% 23 77% 0 0% 23 38% 3 10% 0 0% 3 5% 1 3% 0 0% 1 2% 1 3% 0 0% 1 2% 1 3% 0 0% 1 2% 1 3% 0 0% 1 2% 17 57% 11 37% 28 47% 13 43% 19 63% 32 53% 14 47% 23 77% 37 62% 16 53% 7 23% 23 38% 2 7% 2 7% 4 7% 0 0% 1 3% 1 2% 28 93% 27 90% 55 92% 23 77% 19 63% 42 70% 7 23% 11 37% 18 30% 13 43% 13 43% 26 43% 17 57% 17 57% 34 57% 0 0% 2 7% 2 3% 30 100% 28 93% 58 97% 3 10% 0 0% 3 5% 21 70% 0 0% 21 35% Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Tagesklinik Metrische Variablen 6 20% M Alter zum Testzeitpunkt 36,85 Dauer der Erkrankung 10,52 Anzahl eigener Kinder 0,23 Anzahl Zigaretten 6,12 Spieldauer Instrument 11,77 Anzahl Hospitalisationen 4,93 Alter Ersthospitalisation 26,33 SD 10,83 7,87 0,57 3,85 9,78 Georg Rees 0 0% 6 10% M SD M 37,10 10,91 36,97 10,52 0,80 1,06 0,52 3,43 3,74 5,33 11,23 6,86 11,50 SD 10,78 7,87 0,89 3,94 8,28 2,53 8,56 4,93 2,53 26,33 8,56 6.1.1. Geschlecht und Alter Jede der beiden Untersuchungsgruppen besteht aus 18 (60%) Männern und 12 (40%) Frauen. Das durchschnittliche Alter in der gesamten Stichprobe liegt bei 36,97 (SD = 10,78) Jahren. Versuchs- und Kontrollgruppe unterscheiden sich nicht bezüglich des Alters (F (1,56) = 0,009; p = 0,925). Auch zwischen männlichen und weiblichen Probanden ist kein signifikanter Unterschied im Alter gegeben (F (1,56) = 0,175; p = 0,678). Eine Wechselwirkung von Geschlecht und Untersuchungsgruppen ist ebenfalls nicht gegeben (F (1,56) = 0,002; p = 0,965). 6.1.2. Nationalität 37 (62%) der Stichprobe sind Deutsche, 23 (38%) Schweizer. Es findet sich ein signifikanter Unterschied bezüglich Nationalität in den Untersuchungsgruppen (χ2 (1) = 5,711; p = 0,017). In der Patientengruppe sind mehr Deutsche (77%) vertreten als in der Kontrollgruppe (47%). 6.1.3. Zivilstand und die Anzahl eigener Kinder In der gesamten Stichprobe sind 2 (3%) Probanden geschieden, ebenfalls 2 (3%) leben getrennt, 44 (73%) sind ledig und 9 (30%) sind verheiratet. Die Patienten- und Kontrollgruppe unterscheiden sich nicht bezüglich des Zivilstandes (χ2 (3) = 5,364; p = 0,147). In der gesamten Stichprobe haben 43 (72%) keine eigenen Kinder, 5 (8%) haben ein Kind, 10 (17%) haben 2 Kinder und 2 (3%) haben drei Kinder. Bezüglich der Anzahl der Kinder ist ein Unterschied zwischen den beiden Gruppen gegeben (z = -2,241; p = 0,025). In der Patientengruppe haben 83% keine Kinder, in der Kontrollgruppe sind nur 60% kinderlos. Jeweils ein Kind haben 10% der Patientengruppe und 7% der Kontrollgruppe, 2 Kinder haben 7% der Versuchsgruppe und 27% der Kontrollgruppe. Die drei eigenen Kinder entfallen auf Probanden der Kontrollgruppe. 80 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 6.1.4. Bildungsgrad, Beufsabschluss und aktuelle Tätigkeit Innerhalb der gesamten Stichprobe weisen 3% einen Sonderschulabschluss auf oder haben keinen Abschluss, 22% absolvierten die Realschule, 13% eine Sekundarschule, 35% haben Matura, 5% haben eine Fachhochschule oder ein Lehrerseminar abgeschlossen und 22% haben einen Universitätsabschluss. Zwischen den beiden Gruppen ist ein signifikanter Unterschied feststellbar (χ2 (5) = 15,929; p = 0,007). Die Kontrollgruppe weist dabei einen höheren Bildungsgrad als die Patientengruppe auf. Bezüglich des Berufsabschlusses ergibt sich folgendes Bild: 35% haben keinen Berufsabschluss, 2% befinden sich in einer Anlehre, 35% haben einen Lehrabschluss. Weitere 8% haben eine Fachhochschule abgeschlossen oder ein Lehrer- bzw. Kindergartenseminar absolviert. Schließlich weisen noch 20% einen Universtitätsabschluss auf. Zwischen Patienten- und Kontrollpersonen lässt sich kein signifikanter Unterschied in Bezug auf den Berufsabschluss feststellen (χ2 (4 ) = 5,371; p = 0,251). In der gesamten Stichprobe sind zum Zeitpunkt der Untersuchung 35% ohne Tätigkeit, 8% haben eine geschützte Tätigkeit, weitere 13% arbeiten in Teilzeit und 43% in Vollzeit. Zwischen Patienten- und Kontrollgruppe sind deutlich signifikante Unterschiede gegeben (χ2 (3) = 39,575; p < 0,001). Zwei Drittel der Probanden mit psychotischen Störungen sind ohne Tätigkeit, in der Kontrollgruppe sind es nur 3%. Vollzeit-beschäftigt sind in der Patientengruppe nur 10%, bei den psychisch unauffälligen Versuchspersonen sind es 77%. 6.1.5. Tabakkonsum Bezogen auf die gesamte Stichprobe sind 47% Raucher. Hierbei gibt es keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen (χ2 (1) = 2,411; p = 0,121). In der Patientengruppe sind 57% Tabakkonsumenten, in der Kontrollgruppe 37%. 6.1.6. Musikalisches Interesse / Selbst ein Instrument spielen 70% der gesamten Stichprobe geben an, über besonderes musikalisches Interesse zu verfügen. Ein statistsich belegbarer Unterschied zwischen den beiden Gruppen existiert dabei nicht (χ2 (1) = 1,270; p = 0,260). 77% der Patienten gaben an, über eine besonderes Musikinteresse zu verfügen, in der Kontrollgruppe waren es 63%. Jeweils 13 (43%) in beiden Gruppen spielen selbst ein Instrument. In der Dauer des Musizierens sind dabei keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten- und Kontrollpersonen 81 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees gegeben (z = -0,335; p = 0,738). Die durchschnittliche Dauer liegt in der Patientengruppe bei 11,77 (SD = 9,78), in der Kontrollgruppe bei 11,23 (SD = 6,86). 6.1.7. Seh- und Hörvermögen Eine Sichtkorrektur weisen 62% der gesamten Stichprobe auf, es existiert dabei ein statistisch relevanter Unterschied zwischen den Untersuchungsgruppen (χ2 (1) = 5,711; p = 0,017). In der Kontrollgruppe haben 77% eine Sichtkorrektur, in der Patientengruppe sind es hingegen nur 47%. In der gesamten Stichprobe gibt es eine Person, die definitiv Hörschwierigkeiten hat. Diese Person ist der Kontrollgruppe zugehörig. Jeweils 2 Personen (7%) haben geringfügige Hörschwierigkeiten. Diese Ergebnisse beziehen sich auf die Eigenauskunft der Probanden. Nach dem Hörtest ergibt sich folgendes Ergebnis: Der Gesamtmittelwert des Hörtest (links und rechts, alle Frequenzen) liegt bei 25,03 (SD = 8,00) dB. Die zwei Gruppen unterscheiden sich signifikant (z = -2,070; p = 0,038). Für die Patientengruppe wird ein Mittelwert von 26,35 (SD = 7,02) bestimmt. Der Median nimmt einen Wert von 24,94 an. In der Kontrollgruppe liegt der Mittelwert mit 23,72 ( SD = 8,79) und auch der Median mit 21,25 deutlich niedriger. Teilt man in Gruppen ein, so haben insgesamt 28% (PG: 17%; KG: 40%) eine normale Hörleistung, 68% (PG: 80%; KG: 57%) eine leichte Beeinträchtung und jeweils 2% eine mittlere (PG: 3%; KG: 0%) bzw. starke (PG: 0%; KG: 3%) Beeinträchtigung. Betrachtet man nun nur jene Hörleistungen im Frequenzbereich zwischen 250 und 4000 Hz, der für das Hören der menschlichen Stimme maßgeblich ist, so finden sich zwischen den beiden Gruppen auch wiederum signifikante Unterschiede (z = -2,588; p = 0,010); es ist bei einer Einteilung in Gruppen nach Hörleistung aber keine Person mehr in der Gruppe mit starker Beeinträchtigung zu finden. Im unteren Frequenzbereich weisen 33 % (PG: 23%; KG: 43%) eine normale Hörleistung auf, eine leichte Beeinträchtigung zeigen 63% (PG: 73%; KG: 53%) und eine mittlere 3% (PG: 3%; KG: 3%). 82 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Abbildung 7. Boxplot: Hörtest, getrennt nach Patienten- und Kontrollgruppe 6.1.8. Therapeutisches Setting, Alter bei der Ersthospitalisation sowie Anzahl an Hospitalisationen Das therapeutsiche Setting der untersuchten Patienten ist bei 3 (10%) ein ambulantes, bei 6 erfolgt die Behandlung teilstationär in einer Tagesklinik und bei 21 (70%) liegt eine Hospitalisation vor. Das durchschnittliche Alter bei der Ersthosptialisation liegt bei 26,33 (SD = 8,56) Jahren. Die mittlere Anzahl an Hospitalisationen ist 4,93 (SD = 2,53). Die Spannweite reicht dabei von 1 bis zu 11 Hospitalisationen. Die durschnittliche Dauer der Erkrankung (bezogen auf das Alter bei Ersthospitalisation) liegt bei 10,52 (SD = 7,87) Jahren. Das Minimum liegt bei 0,28 Jahren, das Maximum bei 27,50. 6.1.9. Diagnose und Medikation Die überwiegende Mehrheit der psychotischen Versuchspersonen - 23 (70%) Patienten – hat die ICD-10-Diagnose F20.0 „Paranoide Schizophrenie“, welche somit deutlich häufiger vertreten ist, als die übrigen diagnostizierten Störungen. Bei 3 (10%) Patienten ist eine „Katatone Schizophrenie“ (F20.2) diagnostiziert. Jeweils ein Patienten leidet laut Diagnose unter einem „Schizophrenes Residuum“ (F20.5), einer „Sonstigen Schizophrenie“ F20.8), einer „Schwer depressiven Episode mit psychotischen Symptomen“ (F32.1) und einer „Mittelgradig depressive Episode“ (F32.3). Bei den Patienten mit den depressiven Störungen wurde jeweils noch die Zusatzdiagnose einer paranoiden Schizophrenie gestellt. 83 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Wie bei psychotischen Störungen üblich, bekommen auch in der untersuchten Gruppen alle Patienten Neuroleptika verabreicht, 37% bekommen Antidepressiva, 33% Antiepileptika, 17% nehmen Benzodiazepine und 13% ein Magenschutzmedikament. Alle anderen Medikamentenkategorien werden weniger als 3 (10%) der Patienten verschrieben. An Hand des CPZ-Index, welcher sich auf das Neuroleptikum Chlorpromazin bezieht, werden die (Dosen der) Neuroleptika hinsichtlich ihrer verhältnismäßigen Wirkstärke in einen CPZÄquivalenzwert umgerechnet. Die Äquivalenzwerte wurden Studien von Möller (2001) und Woods (2003) entnommen. Der durchschnittliche Chlorpromazin-Äquivalenz-Wert liegt bei 253,6 (Sd = 144,3) mg/Tag, der Median weist eine Größe von 234,5 auf. Das Minimum liegt bei 10,5 mg/Tag, das Maximum bei 600. Abbildung 8. Medikation in der Patientengruppe 6.1.10. PANSS Wie bereits erwähnt wurde der PANSS nur in der Patientengruppe zur Erfassung des Psychopathologiestatus durchgeführt. Die Positivkomponente des PANSS weist den höchsten Mittelwert auf (M = 2,64; Sd = 0,91), der Mittelwert für die Depressionskomponente liegt bei 2,53 (SD = 0,65), für die Negativkomponente wird ein Mittelwert von 2,25 (Sd = 0,72) bestimmt. Die Erregungskomponente (M = 2,21; SD = 0,74) und die kognitive Komponente (M = 2,21; SD = 0,83) weisen den gleichen Mittelwert auf. Ein Signifikanztest zeigt, dass sich die fünf Komponenten nur tendenziell signifikant unterscheiden (F (4,116) = 2,419; 0 ,052). 84 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Tabelle 2. Deskriptive Statistiken der PANSS-Komponenten M SD ME Min Max Negativkomponente 2,25 0,72 2,17 1,00 3,67 Erregungskomponente 2,21 0,74 2,13 1,00 4,50 Kognitive Komponente 2,21 0,83 2,10 1,00 4,00 Positivkomponente 2,64 0,91 2,60 1,40 5,00 Depressionskomponente 2,53 0,65 2,40 1,20 3,80 6.1.11. PSYRATS Da die Mehrheit der Patienten nicht oder nur geringfügig (akustische) Halluzinationen erlebten, wurde der PSYRARS nur mit neun Patienten durchgeführt und konnte deshalb in den inferenzstatistischen Analysen nicht integriert werden. Vollständigkeitshalber sollen aber dennoch kurz die Mittelwerte und Standardabweichungen der neun Patienten erwähnt werden. Der kognitive Faktor weist den höchsten Mittelwert (M = 2,52, SD = 0,69) der drei PSYRATS-Skalen auf; für den emotionalen Faktor wird ein Mittelwert von 2,11 (SD = 0,81) errechnet und für den physikalischen Faktor wird der Mittelwert mit 1,83 (SD = 0,53) bestimmt. 6.2. Inferenzstatistik Im folgenden Kapitel Teil werden die Forschungshypothesen anhand verschiedener inferenzstatistischer Methoden überprüft. 6.2.1. Varianzanalysen und U-Tests zur Überprüfung der ersten Primärhypothese Die erste Primärhypothese besagt, dass Patienten- und Kontrollgruppe sich signifikant unterscheiden hinsichtlich (A) auditiver Gestaltwahrnehmung, (B) visueller Gestaltwahrnehmung, (C) Source Monitoring, (D) kognitiver Leistung, (E) Reaktionszeit und (F) Stimmung. A. Auditive Gestaltwahrnehmung (Phantomwörter) Abbildung 9. zeigt in Form von Boxplots die Verteilung der Messwerte für die Anzahl an Gestaltwechseln (Transformationen) bei den Phantomwörtern. Es ist zu sehen, dass außer beim Wort „Rosa“ immer Ausreißer nach oben hin vorliegen. Aus diesem Grund erfolgt die Auswertung parameterfrei mittels U-Test. Es ist anzumerken, dass in den Testdurchgängen die Reihenfolge der vorgegebenen Worte („Rosa“, „Leise“, „Rennen“) über alle Trials hinweg randomisiert war. Für die statistische Analyse wurden die Rohdaten aber so extrahiert, dass 85 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees sie nicht in der Reihenfolge (1., 2, 3. Probedurchgang) in Excel bzw. SPSS eingegeben wurden, sondern nach dargebotenen Worten, um hier mögliche Unterschiede auf zu decken. Abbildung 9. Boxplot: Phantomwörter-Transformationen für die vorgegebenen Worte, getrennt nach Patienten- und Kontrollgruppe Bei allen Einzelwörtern sind keine signifikanten Unterschiede gegeben („Hase“: z = -0,326; p = 0,745; „Leise“: z = -0,774; p = 0,439; „Rosa“: z = -0,076; p = 0,936; „Rennen“: z = -0,575; p = 0,566). Die beiden Gruppen unterscheiden sich somit nicht hinsichtlich der dargebotenen Worte. Auch beim Gesamtwert sind keine signifikanten Unterschiede zwischen Patientenund Kontrollgruppe gegeben (z = -0,425; p = 0,671). Insgesamt nahmen die Patienten im Durchschnitt 27,34 (SD = 22,05) Wortwechsel wahr; die gesunden Kontrollpersonen 34,03 (SD = 34,98). Der Median in der Patientengruppe liegt bei 22, in der Kontrollgruppe bei 29. Tabelle 3. Mittelwerte und Standardabweichungen: Phantomwörter - Wahrgenommene Wortwechsel (Transformationen) je vorgegebenem Basisbegriff inklusive Gesamtwert, getrennt nach Untersuchungsgruppen sowie gesamte Stichprobe Patientengruppe Kontrollgruppe Gesamt M SD Me M SD Me M SD Me Hase 3,10 3,22 3,00 3,43 4,52 1,00 3,27 3,91 3,00 Leise 7,38 6,94 6,00 10,43 10,75 8,50 8,93 9,13 7,00 Rosa 8,21 7,13 9,00 8,37 8,40 5,00 8,29 7,73 6,00 Rennen 8,66 10,12 6,00 11,80 14,92 6,00 10,25 12,78 6,00 Gesamt 27,34 22,05 22,00 34,03 34,98 29,00 30,75 29,29 26,00 86 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Der Boxplot bezüglich der Dauer (wie lange wurde ein Wort gehört) zeigt, dass einige Ausreißer vorhanden sind. Es wird daher parameterfrei mittels U-Test auf Unterschiede getestet. Abbildung 10. Boxplot: Phantomwörter-Dauer für die einzelnen Basisbegriffe, getrennt nach Gruppen Wie bei der Anzahl ist auch bei der Dauer bei keinem Wort („Hase“: z = -0,924; p = 0,355; „Leise“: z = -1,045; p = 0,296; „Rosa“: z = -0,888; p = 0,375; „Rennen“: z = -0,097; p = 0,922) ein statistisch relevanter Unterschied zwischen den beiden Probandengruppen gegeben. Entsprechend nicht signifikant ist daher auch das Ergebnis beim Gesamtwert der Dauer (z = 0,594; p = 0,553). Die durchschnittliche Dauer liegt in der Patientengruppe bei 6545,1 Sekunden (SD = 3643,7); in der Kontrollgruppe wird ein Mittelwert von 8406,4 Sekunden (SD = 6248,8) ermittelt. Die Mediane betragen 5041,2 (PG) und 8131,3 (KG). Tabelle 4. Mittelwerte und Standardabweichungen: Phantomwörter-Dauer, getrennt nach Gruppen sowie gesamte Stichprobe. Hase Leise Rosa Rennen Gesamt Patientengruppe M SD 5.796,2 2.757,9 7.037,0 5.469,3 5.612,8 3.898,7 5.877,2 4.016,0 Me 4.588,6 5.097,2 4.170,5 4.842,5 Kontrollgruppe M SD 4.788,1 2.695,6 6.381,7 6.446,0 8.596,8 7.105,1 7.959,7 7.977,4 Me 4.588,6 3.675,9 5.825,5 3.822,9 Gesamt M 5.338,0 6.701,7 7.204,3 6.991,1 SD 2.734,9 5.927,0 5.963,6 6.460,3 Me 4.588,6 3.822,9 4.587,5 4.170,5 6.545,1 3.643,7 5.041,2 8.406,4 6.248,8 8.131,3 7.550,2 5.249,5 5.712,8 87 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees B1. Visuelle Gestaltwahrnehmung (MIB) Insgesamt sind in der gesamten Stichprobe 58% der MIB-Täuschung erlegen. Einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt es dabei nicht (χ2 (1) = 0,069; p = 0,793). In der Kontrollgruppe sind 57% einer Täuschung erlegen, in der Patientengruppe waren es 60%. Diese Werte beziehen sich allerdings nicht auf alle Durchgänge des MIB, sondern nur auf den ersten Probedurchgang, nachdem die Probanden kurz schilderten was sie wahrgenommen hatten. Im Verlauf der Testdurchgänge erliegen aber tendenziell mehr Patienten der MIB-Täuschung als noch im Probedurchgang. Die Verteilung der MIB-Rate ist relativ symmetrisch; Ausreißer sind in beiden Untersuchungsgruppen nicht gegeben. Da auch Varianzhomogenität gegeben ist (p = 0,668) erfolgt die Auswertung mittels einfaktorieller Varianzanalyse. 100,00 MIB-Anzahl 80,00 60,00 40,00 20,00 0,00 Patientengruppe Kontrollgruppe Abbildung 11. Boxplot: MIB-Rate (Anzahl von Ereignissen „Bewegungsinduzierte Blindheit“), getrennt nach Gruppen. Das Ergebnis der Varianzanalyse wurde nicht signifikant (F (1,58) = 2,089; p = 0,154). Für die Patienten wird ein Mittelwert von 36,07 (SD = 24,11) errechnet, der Mittelwert in der Kontrollgruppe liegt bei 44,80 (SD = 22,66). Wie in Abbildung 12. einzusehen, sind bei der MIB-Dauer in der Kontrollgruppe Ausreißerbzw. Extremwerte feststellbar, daher wird mittels U-Test ausgewertet. . 88 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Abbildung 12. Boxplot: MIB-Dauer, getrennt für Patienten- und Kontrollgruppe Die beiden Gruppen unterscheiden sich auch bezüglich der MIB-Dauer nicht signifikant voneinander (z = -0,562; p = 0,574). Die Gruppe mit psychotischen Störungen weist einen durchschnittlichen Wert von 853,1 (SD = 506,4) auf. Der Median liegt hier bei 877,5. Für die KG wird ein Mittelwert von 988,2 (SD = 540,0) errechnet, der Median liegt bei 835,7. B2. Visuelle Gestaltwahrnehmung (CAM) Bei der CAM-Dauer sind in der Patientengruppe Ausreißer nach oben zu finden. Die Auswertung erfolgt daher mittels U-Test. Abbildung 13. Boxplot: CAM-Dauer, getrennt nach Gruppen 89 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Das Ergebnis des U-Tests ist nicht signifikant (z = -0,577; p = 0,564). Der Mittelwert für die Gruppe der Patienten wird mit 9321 (SD = 7144) Millisekunden bestimmt. In der Kontrollgruppe liegt der Mittelwert für die Dauer bei 17496 (SD = 19263) Millisekunden. Der Median ist in der Gruppe mit schizophrenen Probanden bei 7589 und in der psychisch unauffälligen Gruppe bei 6827 Millisekunden. Bei den CAM-Transitionen sind keine Ausreißer oder Extremwerte in beiden Gruppen gegeben. Der Hypothesentest auf Unterschiede zwischen den beiden Untersuchungsgruppen kann daher mit einer einfaktoriellen Varianzanalyse erfolgen. 50,00 40,00 30,00 20,00 10,00 0,00 Patientengruppe Kontrollgruppe Abbildung 14. Boxplot: CAM-Transitionen, getrennt nach Gruppen Bei den CAM-Transitionen sind zwischen den beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede feststellbar (F (1,58) = 0,073; p = 0,789). Probanden mit einer psychotischen Störung weisen im Durchschnitt 18,63 (SD = 12,07) Transitionen auf; die psychisch unauffälligen Versuchspersonen zeigen hier einen Mittelwert von 17,73 (SD = 13,76) wahrgenommen Scheinbewegungen. C. Source Monitoring Aus den Boxplots (Herkunftszuschreibung der der beiden in Skalen den Sinn des Source kommenden Monitorings Gedanken) „Attribution“ und Kontrolle (Kontrollgefühl über die in den Sinn kommenden Gedanken) ist erkennbar, dass die Dimension Attribution in der Versuchsgruppe durch einen Ausreißer nach unten 90 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees gekennzeichnet ist. Für die Skala Attribution wird daher für die Analyse allfälliger Unterschiede zwischen Patienten- und Kontrollgruppe der U-Test verwendet. Für die Skala Kontrolle wird eine univariate Varianzanalyse angewendet, da hier Varianzhomogenität gegeben ist (p = 1). Abbildung 15. Boxplot: Source Monitoring (Skalen Attribution und Kontrolle), getrennt nach Gruppen Bei der Skala Attribution sind keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten mit psychotischen Störungen und psychisch gesunden Probanden zu finden (z = -0,378; p = 0,706). Der Mittelwert für Attribution liegt in der Versuchsgruppe bei 4,04 (SD = 0,78), für die Kontrollgruppe wird ein Mittelwert von 3,99 (SD = 0,71) errechnet. Der Median liegt in der Patientengruppe bei 4,17; für die gesunden Kontrollpersonen wird ein Median von 4,04 bestimmt. Bei der Skala Kontrolle sind signifikante Unterschiede zwischen den beiden Untersuchungsgruppen gegeben (F (1,58) = 5,599; p = 0,021; η2 = 0,088). Die an psychotischen Störungen leidenden Personen weisen in dieser Dimension des Source Monitorings einen Mittelwert von 3,25 (SD = 0,99) auf, für die Kontrollgruppe wird ein Mittelwert von 2,67 (SD = 0,92) ermittelt. Die Kontrollgruppe hat somit eine geringer wahrgenommene Kontrolle als die Probanden mit psychischer Erkrankung. 91 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees D. Kognitive Leistung Beim MWT sind in beiden Gruppen keine Ausreißer oder Extremwerte zu finden. Die Auswertung auf Unterschiede zwischen den beiden Untersuchungsgruppen erfolgt daher mittels einfaktorieller Varianzanalyse. Varianzhomogenität kann vorausgesetzt werden (p = 0,735). Auch beim Gesamtscore des WFT sind keine Ausreißer erkenntlich und Varianzhomogenität ist gegeben (p = 0,840). Die Auswertung des WFT erfolgt ebenfalls varianzanalytisch. Abbildung 16. Boxplots: Kognitive Leistungen (MWT und WFT), getrennt nach Gruppen Patienten- und Kontrollpersonen unterscheiden sich signifikant in der Leistung beim MWT (F (1,58) = 5,403; p = 0,024; η2 = 0,085). Der Mittelwert in der Patientengruppe liegt bei 102,73 (SD = 14,99) IQ-Punkten, für die Kontrollgruppe wird ein Mittelwert von 111,30 (SD = 13,52) ermittelt. Die psychisch gesunden Versuchspersonen erbringen in diesem Test bessere Leistungen. Hoch signifikant sind auch die Unterschiede beim WFT (F (1,58) = 35,970; p <0,001; η2 = 0,383). Die Leistungen der Kontrollgruppe sind deutlich besser. Die gesunden Versuchspersonen weisen in diesem Test einen Mittelwert (Gesamtwert korrekt aufgezählter Wörter) von 113,47 (SD=21,15) auf. Bei den Probanden mit einer psychotischen Störung wird ein Mittelwert von 81,17 (SD = 20,56) ermittelt. Bei den beiden Fehlerarten des WFT (Repetitionen und Regelbrüche) sind in der Versuchsgruppe Ausreißer bzw. Extremwerte nach oben hin gegeben. Die Auswertung erfolgt daher parameterfrei mit einem U-Test. 92 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Abbildung 17. Boxplots: Fehlerraten des WFT, getrennt nach Gruppen Die beiden Gruppen unterscheiden sich weder bei den Repetitionen (z = -1,553; p = 0,120) noch bei den Regelbrüchen (z = -0,976; p = 0,329). Die deskriptivstatistischen Zahlen können nachfolgender Tabelle entnommen werden. Tabelle 5. WFT: Mittelwerte und Standardabweichungen der Fehlerraten, getrennt nach Untersuchungsgruppen sowie für die Gesamtstichprobe Patientengruppe Kontrollgruppe M M SD Me SD Me Gesamt M SD Me WFT Repetitionen 2,33 2,40 2,00 1,47 1,38 1,50 1,90 1,99 2,00 WFT Regelbrüche 2,30 2,32 2,00 1,63 1,67 1,00 1,97 2,03 1,00 E. Reaktionszeit (MIB-Vortest) Aus dem MIB-Vortest werden die mittleren Reaktionszeiten für „Press“ (Leertaste drücken wenn einer oder mehrere gelbe Punkte verschwinden) und „Release“ (Leertaste wieder loslassen, wenn alle drei gelben Punkte wieder sichtbar sind) verwendet. Der Boxplot der Reaktionszeiten je Gruppe zeigt, dass insbesondere in der Patientengruppe bei der mittleren Reaktionszeit „Release“ Ausreißer und Extremwerte nach oben gegeben sind. Aus diesen Gründen werden die Gruppenunterschiede mittels U-Test ausgewertet. 93 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Abbildung 18. MIB-Vortest, mittlere Reaktionszeiten für Press und Release, getrennt für Patienten- und Kontrollgruppe Bei der mittleren Reaktionszeit „Press“ sind hoch signifikante Unterschiede zwischen Patienten- und Kontrollgruppe gegeben (z = -3,489; p < 0,001). Die Patienten haben höhere mittlere Reaktionszeiten für Press als die Kontrollprobanden. Der Mittelwert für die Patientengruppe liegt bei 799,16 (SD = 542,88) Millisekunden. Der Median erreicht einen Wert von 577,96. In der Kontrollgruppe wird ein Mittelwert von 472 (SD = 142,11) bestimmt, der Wert liegt hier bei 460,96 Millisekunden. Ebenfalls signifikant sind die Gruppenunterschiede bei der mittleren Reaktionszeit „Release“ (z =-3,134; p = 0,002). Auch bei diesem Parameter zeigt die Patientengruppe deutlich höhere Werte. Der Mittelwert liegt bei 755,32 (SD = 432,55), der Median liegt bei 591,13 Millisekunden. In der Kontrollgruppe wird ein Durchschnittswert von 510,28 (SD = 100,58) berechnet. Der Median weißt eine Größe von 476,06 auf. Tabelle 6. MIB-Vortest: Mittelwerte und Standardabweichungen (mittlere Reaktionszeiten für Press und Release), getrennt nach Gruppen sowie gesamte Stichprobe Patientengruppe M SD Me Kontrollgruppe M SD Me Gesamt M SD Me Reaktionszeit Press 799,16 542,88 577,96 472,07 142,11 460,96 635,61 426,60 506,29 Reaktionszeit Release 755,32 432,55 591,13 510,28 100,58 476,06 632,80 334,96 542,50 94 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees F. Stimmung (PANAS) Der Boxplot der beiden Panas-Dimensionen zeigt sehr deutlich, dass in beiden Skalen in der Kontrollgruppe Ausreißer gegeben sind. Bei der Skala Positive Aktivierung liegen die Ausreißer im unteren Bereich, bei der Dimension negative Aktivierung finden sich im oberen Bereich Ausreißer und Extremwerte. Die Auswertung erfolgt daher parameterfrei. Abbildung 19. Boxplot: PANAS (positive und negative Aktivierung) getrennt nach Gruppen Bei der Skala Positive Aktivierung ist zwischen den beiden Gruppen kein signifikanter Unterschied gegeben (z = -0,030; p = 0,976). Deutlich signifikant ist jedoch der Unterschied in der Dimension Negative Aktivierung (z = -3-785; p < 0,001). In dieser Skala weisen Probanden mit einer psychotischen Störung einen Mittelwert von 1,48 (SD = 0,46) auf. Der Median liegt bei 1,40. Psychisch unauffällige Versuchspersonen weisen deutlich niedrigere Werte auf. Es wird ein Mittelwert von 1,18 (Sd = 0,34) bestimmt, der Median erreicht einen Wert von 1,10. In nachfolgender Tabelle sind die deskriptiven Kennzahlen für die beiden PANAS-Skalen, getrennt nach Untersuchungsgruppen sowie für die gesamte Stichprobe wiedergegeben. Tabelle 7. Mittelwerte und Standardabweichungen: Skalen des PANAS getrennt nach Gruppen sowie für die gesamte Stichprobe Patientengruppe Kontrollgruppe Gesamt M SD Me M SD Me M SD Me 3,33 0,73 3,25 3,27 0,48 3,30 3,30 0,61 3,30 Negative Aktivierung 1,48 0,46 1,40 1,18 0,34 1,10 1,33 0,43 1,20 Positive Aktivierung 95 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 6.2.2. Korrelations- und Regressionsanalysen zur zweiten Primärhypothese Die zweite Primärhypothese ging davon aus, dass eine Assoziation zwischen dem psychopathologischen Status der Patienten und deren (A) auditiver Gestaltwahrnehmung, (B) visueller Gestaltwahrnehmung sowie (C) Source Monitoring besteht, (D) Reaktionszeit, (E) kognitiver Leistung und (F) Stimmung besteht. Die Auswertung dieser Fragestellung erfolgt mittels multipler Regression (backward stepwise). Die abhängigen Variablen stellen die einzelnen Testskalen dar, als Prädiktoren gehen die PANSS-Dimensionen in die Regressionsanalyse ein. Da schon gezeigt wurde, dass quasi in jeder Testvariable Extremwerte und Ausreißer vorkommen und dies einen ungünstigen Einfluss auf die Regressionsanalyse haben kann, werden vor den Regressionen jeweils die zentralen Ergebnisse von bivariaten Korrelationsanalysen dokumentiert, wobei diese Korrelationen nach Spearman berechnet werden, um die Ausreißer zu berücksichtigen. A. Auditive Gestaltwahrnehmung (Phantomwörter) Wie Tabelle 8. zu entnehmen ist, steht keine der fünf PANSS-Komponenten mit den Testvariablen der Phantomwörter in einem signifikanten Zusammenhang. Tabelle 8. Korrelationsmatrix (Spearman): PANSS-Dimensionen mit akustischer Gestaltwahrung (Phantomwörter) Transformationen Dauer r p r p Negativkomponente -0,07 0,734 0,07 0,763 Erregungskomponente 0,14 0,468 -0,26 0,236 Kognitive Komponente -0,01 0,961 0,11 0,626 Positivkomponente 0,23 0,222 -0,01 0,952 Depressionskomponente 0,01 0,950 -0,27 0,211 Mit der schrittweisen Methode der Regression kann ebenfalls kein signifikantes Regressionsmodell gefunden werden. Es werden alle Variablen ausgeschlossen. Die Dimensionen des PANSS eignen sich nicht als Prädiktor für die Anzahl der akustischen Transformationen bei den Phantomwörtern. Auch für die Dauer der wahrgenommenen Gestaltwechsel kann kein signifikanter Prädiktor gefunden werden, wie zuvor verbleibt keine PANSS – Skala in der Regressionsgleichung. 96 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees B1. Visuelle Gestaltwahrnehmung (MIB) In der Spearman-Korrelationsanalyse sind die Negativkomponente (r = -0,50, p = 0,005). und die Erregungskomponente (r = 0,42; p = 0,02) signifikant mit der MIB-Rate assoziiert. Geringe Werte in der Negativkomponente und hohe Werte in der Erregungskomponente korrelieren mit einer höheren Rate. Die PANSS-Dimensionen stehen allerdings in keiner signifikanten Verbindung mit der MIB-Dauer. Tabelle 9. Korrelationsmatrix (Spearman): PANSS-Dimensionen mit MIB Rate Dauer r p r p Negativkomponente -0,50 0,005 -0,26 0,173 Erregungskomponente 0,42 0,020 0,25 0,179 Kognitive Komponente -0,02 0,912 -0,26 0,161 Positivkomponente 0,19 0,322 -0,07 0,698 Depressionskomponente -0,10 0,606 0,03 0,875 Im Regressionsmodell verbleibt bei der MIB-Rate ebenfalls die Negativkomponente; das Regressionsmodell ist signifikant (F (1,28) = 6,80; p = 0,014). Der Betakoeffizient liegt hier bei -0,442 (t = -2,607; p = 0,014). Eine gering ausgeprägte Negativkomponente führt zu mehr MIB-Transitionen. Auf die MIB-Dauer hat die Psychopathologie keinen statistischen Nachweis.Alle Variablen werden der Reihe nach aus dem Regressionsmodell ausgeschlossen. . B2. Visuelle Gestaltwahrnehmung (CAM) In der Spearman-Korrelationsanalyse ergaben sich keine statistisch relevanten Beziehungen zwischen PANSS-Dimension und CAM-Transitionen sowie CAM-Dauer. Tabelle 10. Korrelationsmatrix (Spearman): PANSS-Dimensioen mit CAM Dauer Transitionen r p r p Negativkomponente -0,12 0,523 0,11 0,571 Erregungskomponente 0,28 0,129 -0,29 0,123 Kognitive Komponente 0,27 0,156 -0,26 0,166 Positivkomponente -0,00 0,985 0,08 0,678 Depressionskomponente 0,15 0,414 -0,04 0,852 97 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Das Regressionsmodell für die CAM-Transitionen ist allerdings tendenziell signifikant (F(1,28) = 3,80; p =0,061). Die Erregungskomponente verbleibt in der Schätzgleichung mit einem beta von -0,35 (t = 01,950; p = 0,061). Weist die Erregungskomponente hohe Werte auf, so treten weniger Transitionen auf. Der erklärte Varianzanteil liegt bei 9%. Auf die CAM-Dauer hat ebenfalls nur die Erregungskomponente einen positiven Einfluss (F(1,28) = 3,85; p = 0,060). Der Betakoeffizient liegt bei 0,35; (t =1,962; p = 0,060). Die Dauer steigt an, wenn die Erregungskomponente hoch ist. Es werden 9% an Varianz erklärt. C. Source Monitoring (Source Monitoring Scale) Es findet sich eine tendenziell signifikante Spearman-Korrelation zwischen Positivkomponente und der Source Monitoring Skala für Kontrolle (r = -0,32; p = 0,088). Eine geringe Ausprägung der Positivkomponente ist verbunden mit hohen Werten in der Skala Kontrolle. Tabelle 11. Korrelationsmatrix (Spearman): PANSS-Dimensionen mit Source Monitoring Attribution Kontrolle r p r p Negativkomponente -0,24 0,199 -0,28 0,132 Erregungskomponente 0,20 0,300 0,25 0,188 Kognitive Komponente -0,08 0,682 0,02 0,899 Positivkomponente -0,15 0,442 -0,32 0,088 Depressionskomponente -0,06 0,762 0,03 0,895 Im Regresionsmodell haben die PANSS-Komponenten jedoch keinen statistisch belegbaren Einfluss auf die Source Monitoring Skalen Attribution und Kontrolle. D. Reaktionszeiten (MIB-Vortest) Mit der mittleren Reaktionszeit Press (r = 0,43; p = 0,019) und der durchschnittlichen Reaktionszeit Release (r = 0,41; p = 0,023). korreliert die Negativkomponente signifikant. Die Reaktionszeiten wachsen, wenn die Negativkomponente stärker ausgeprägt ist. Eine tendenziell signifikante Korrelation existiert zwischen der mittleren Reaktionszeit bei Release mit der kognitiven Komponente (r = 0,32; p = 0,083). Hohe Werte in der kognitiven Komponente sind verbunden mit hohen Werten in der Reaktionszeit. 98 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Tabelle 12. Korrelationsmatrix (Spearman): PANSS-Dimensionen mit MIB-Vortest M. RZ Press M. RZ Release r p r p Negativkomponente 0,43 0,019 0,41 0,023 Erregungskomponente -0,23 0,214 -0,05 0,774 Kognitive Komponente 0,22 0,242 0,32 0,083 Positivkomponente -0,06 0,756 0,02 0,898 Depressionskomponente 0,07 0,701 0,03 0,890 Die negative Komponente verbleibt im Regressionsmodell, das aber nur tendenziell signifikant ist (F (1,28) = 3,00; p = 0,094). Die negative Komponente hat ein beta von 0,31 (t = 1,721; p = 0,094). Durch diese PANSS-Dimension können 6% der Varianz der mittleren Reaktionszeit bei Press erklärt werden. Die Reaktionszeit steigt mit wachsender Negativkomponente. Auch bei der Vorhersage der mittleren Reaktionszeit Release verbleibt im fünften Schritt der Negativfaktor im Regressionsmodell, das wieder nur tendenziell signifikant ist (F (1,28) = 3,15; p =0,087. Der Betakoeffizient der negativen Komponente liegt bei beta = 0,32 (t = 1,775; p = 0,087). Der erklärte Varianzanteil liegt bei 7%. Hohe Ausprägung in der Negativkomponente geht mit hoher Reaktionszeit einher. E. Kognitive Leistung In der Spearman-Korrelationsanalyse ergeben sich (hoch)signifikante Zusammenhänge zwischen MWT und der PANSS-Negativkomponente (r = 0.993, p = 0.00) sowie der Positivkomponente (r = 0,647 p = -0,09). Auch für den WFT resultieren hochsignifikante Korrelationen mit der Positivdimension (r = 0,958; p = 0,01) sowie mit dem Depressionsfaktor (r = 0,992; p = -0,00). Tabelle 13: Korrelationsmatrix (Spearman): PANSS-Komponenten mit kognitiven Leistungstests MWT WFT p r p r Negativkomponente 0,00 0,993 -0,37 0,044 Erregungskomponente 0,36 0,054 0,22 0,250 Kognitive Komponente -0,52 0,003 -0,47 0,008 Positivkomponente -0,09 0,647 0,01 0,958 Depressionskomponente 0,10 0,601 -0,00 0,992 99 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Im Regressionsmodell ergeben die psychopathologischen Komponenten des PANSS ebenso ein hoch signifikantes Ergebnis (F (2,27) = 12,83; p < 0,001), wobei zwei Prädiktoren signifikant im Modell verbleiben. Es handelt sich dabei um die kognitive Komponente (beta =-0,624; t =-4,510; p < 0,001) und die Erregungskomponente (Beta = 0,38; t = 2,708; p = 0,012). Eine stark ausgeprägte Erregungskomponente und geringe Ausprägungen in der kognitiven Komponente führen zu besseren Leistungen im MWT. Durch diese beiden Komponenten können 45% an Varianz des MWT erklärt werden (Tabelle 30., Anhang). Auch die Leistung im WFT ist durch zwei PANSS-Komponenten vorhersagbar (F (2,27) = 5,85; p = 0,008). Es handelt sich dabei um die kognitive (Beta = -0,464; t = 2,886; p = 0,008) und die negative (beta = 0-,28; t = 1,730; p = 0,095) Dimension. Geringe Ausprägungen in diesen beiden Komponenten führen zu besseren Leistungen im WFT. Der erklärte Varianzanteil beträgt 25% F. PANAS Die Depressionskomponente des PANSS steht in einem tendenziell signifikanten Zusammenhang mit positiver (r = -0,35; p = 0,056) und negativer (r = -0,36; p = 0,052) Aktivierung. Ist die Depressionskomponente stärker ausgeprägt, so ist die positive Aktivierung geringer und die negative Aktivierung höher. Tabelle 14. Korrelationsmatrix (Spearman): PANSS-Dimensionen mit PANAS Positive Aktivierung Negative Aktivierung r p r p Negativkomponente 0,03 0,872 -0,09 0,654 Erregungskomponente 0,18 0,346 -0,15 0,435 Kognitive Komponente -0,01 0,945 0,13 0,491 Positivkomponente -0,07 0,722 0,08 0,684 Depressionskomponente -0,35 0,056 0,36 0,052 Die Regression der PANSS-Komponenten auf die Skala positive Aktivierung ist tendenziell signifikant (F (1,28) = 3,97; p = 0,056). Die im Modell verbleibende Variable ist die Depressionskomponente (beta = -0,35; t = -1,992; p =0,056). Eine stärker ausgeprägte Depressionskomponente ist verbunden mit geringerer Ausprägung der positiven Aktivierung. Der erklärte Varianzanteil liegt bei 9%. 100 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Die Depressionskomponente ist auch bei der negativen Aktivierung der einzige im Modell verbleibende Prädiktor (F (1,28)=9,95; p = 0,004). Der Betakoeffizient liegt bei 0,51 (t = 3,154; p = 0,004). Der erklärte Varianzanteil liegt bei 24%. Eine stark ausgeprägte Depressionskomponente ist assoziiert mit hohen Werten in der negativen Aktivierung. 6.2.3. Korrelationsanalyse (Spearman) zur ersten Sekundärhypothese Die erste Sekundärhypothese postuliert, dass bei Patienten- wie bei der Kontrollgruppe ein positiver Zusammenhang zwischen auditiver und visueller Gestaltwahrnehmung existiert. Der Gesamtwert der Phantomwörter (Anzahl Transformationen) wird in Beziehung gesetzt mit den Scores aus CAM und MIB. Die Auswertung erfolgt für die gesamte Stichprobe als auch für die beiden Untersuchungsgruppen getrennt. Es findet sich zwischen akustischer und visueller Gestaltwahrnehmung kein einziger signifikanter Zusammenhang. Das gilt sowohl für die gesamte Stichprobe als auch für jede der beiden Untersuchungsgruppen. Alle möglichen Korrelationskoeffizienten sind in nachfolgender Tabelle dargestellt. Tabelle 15. Spearman-Korrelationsmatrix: Phantomwörter mit MIB und CAM, getrennt nach Untersuchungsgruppen sowie gesamte Stichprobe Gesamt Patientengruppe Kontrollgruppe r p r p r p CAM-Dauer 0,00 0,996 0,25 0,189 -0,16 0,386 CAM-Transitionen 0,05 0,697 -0,13 0,514 0,19 0,327 MIB-Rate 0,13 0,332 0,10 0,619 0,14 0,446 MIB-Dauer 0,05 0,733 -0,12 0,520 0,26 0,165 6.2.4. Kruskal-Wallis-Test zur Überprüfung der zweiten Sekundärhypothese Die zweite Sekundärhypothese nimmt an, dass zwischen den Subgruppen „Patienten mit aktuell auftretenden Halluzinationen“ vs. „Patienten, bei denen früher Halluzinationen aufgetreten sind“ und „Patienten, die nie Halluzinationen erlebt haben“ Unterschiede bestehen bezüglich auditiver Gestaltwahrnehmung, visueller Gestaltwahrnehmung sowie Source Monitoring. Bezüglich der Ausprägung der Variable Halluzination ist nur bei der Gesamtdauer aus dem CAM ein signifikanter Unterschied gegeben (χ2 (2) = 6,626; p = 0,036). Probanden, die früher akustische Halluzinationen hatten, weisen einen Mittelwert von 6126 ms auf, der Median liegt bei 5240 ms. Bei Patienten mit aktuellen Halluzinationen wird ein Mittelwert 101 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees von 13441 ms ermittelt, der Median liegt bei 11016 ms. Die Patienten, die bisher keine akustischen Halluzinationen hatten, weisen einen Mittelwert von 8044 auf, der Median liegt in dieser Gruppe bei 5454 ms. Werden paarweise Einzelvergleiche durchgeführt, so unterscheiden sich die Gruppen „Früher“ und „Aktuell“ (z = -2,399; p = 0,016). Die Gruppe mit aktuellen akustischen Halluzinationen weist höhere Werte in der CAM-Dauer auf als Probanden, die früher akustische Wahrnehmungen hatten. Die Gruppe „Früher“ und „Nein“ unterscheiden sich hingegen nicht signifikant (z = -0,540; p = 0,624). Signifikant ist der Unterschied zwischen den Gruppen „Aktuell“ und „Nein“ (z =-1,978; p = 0,048). Bei Berücksichtigung einer Alphafehlerkorrektur nach Bonferoni (p = 0,017) ist nur noch von einem signifikanten Unterschied zwischen der Gruppen Früher und Aktuell auszugehen. Tendenziell signifikante Unterschiede finden sich in der Phantomwörter-Dauer (χ2 (2) = 5,267; p = 0,072) und den CAM-Transitionen (χ2 (2) = 6,626; p = 0,054). Bei der Phantomwörter-Gesamtdauer haben Probanden mit einer aktuellen Halluzination den niedrigsten Median und Personen, die nie Halluzinationen hatten, den höchsten Median. Bei den Transitionen im CAM weisen Probanden mit aktuellen Halluzinationen den geringsten Median auf. Bei den Tests und Skalen Phantomwörter-Gesamtanzahl (χ2 (2) = 4,494 p = 0,106); MIB-Rate (χ2 (2 ) = 3,412 p = 0,182); MIB-Dauer (χ2 (2) = 3,318 p = 0,190); Source Monitoring Attribution (χ2 (2) = 1,857 p =0,395) und Source Monitoring Kontrolle (χ2(2) = 0,406 p = 0,816) sind keine bedeutsamen Unterschiede gegeben. Tabelle 16. Deskriptivstatistische Kennzahlen von Phantomwörtern, Source Monitoring, MIB, CAM, und MIB-Vortest; Subskalen getrennt nach Halluzinationserleben Früher M PhantomwörterTransformationen Aktuell SD Me M Nein SD Me M SD Me 23,50 19,00 20,00 39,30 24,73 43,50 19,27 18,22 19,00 Phantomwörter-Dauer 6.376 2.492 5.300 5.352 4.014 3.702 8.014 3.815 6.609 MIB-Rate 48,50 14,74 48,00 27,40 24,50 23,00 35,00 26,86 34,50 MIB-Dauer 1.185 496 470 753 CAM-Dauer 6.126 2.986 5.420 13.411 8.521 11.016 8.044 6.714 5.454 CAM-Transitionen 24,38 11,92 23,00 11,80 8,19 9,00 20,50 12,98 20,00 SourceMonitoring Attribution 4,39 0,56 4,46 3,85 0,87 4,04 3,96 0,82 4,08 SourceMonitoring Kontrolle 3,44 1,17 3,13 3,37 0,81 3,08 3,03 1,04 3,17 1.091 707 102 824 478 858 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 6.2.5 U-Test ( nach Mann-Whitney) zur Überprüfung der dritten Sekundärhypothese Die dritte Sekundärhypothese besagt, dass beim Source Monitoring Patienten mit aktuell oder früher auftretenden Halluzinationen, emotional geladenes Material häufiger external attribuieren als Patienten, die nie Halluzinationen erlebt haben und Kontrollpersonen. Vergleicht man bei der Skala Attribution die Kontrollgruppe mit jener Patientengruppe, die akustische Halluzination jetzt oder früher hatte, so ist kein signifikanter Unterschied gegeben (z = -0,407; p = 0,684). Der Mittelwert in der Kontrollgruppe liegt bei 3,99 (SD = 0,71). Der Median nimmt einen Wert von 4,04 an. Personen mit früheren oder aktuellen akustischen Halluzinationen weisen einen Mittelwert von 3,85 (SD = 0,87) auf, der Median nimmt den gleichen Wert (4,04) wie in der Kontrollgruppe an. 6.2.6. U-Test (nach Mann-Whitney) zur Evaluierung der vierten Sekundärhypothese Die vierte Sekundarhypothese geht davon aus, dass es zwischen den Subgruppen stationär vs. teilstationär/ambulant behandelter Patienten Differenzen in der auditiven wie visuellen Gestaltwahrnehmung und dem Source Monitoring gibt. In Abhängigkeit des therapeutischen Settings, bei dem die ambulante Nachbetreuung und die Behandlung in einer Tagesklinik zu einer Kategorie zusammengefasst wurde (da sonst auf Grund der zu kleinen Größe dieser Subgruppen statistisch nicht sinnvoll), ergeben sich signifikante Unterschied bei den CAM-Transitionen (z = -2,010; p = 0,044) und der Skala Kontrolle aus dem Source Monitoring (z = -2,407; p = 0,016). Die stationär betreuten Patienten weisen deutlich weniger Transitionen auf. Der Mittelwert liegt bei 15,57, der Median bei 12. Für die zweite Gruppe ergibt sich ein Mittelwert von 32,00, der Median liegt bei 27 Verkennungen. Die stationär betreuten Probanden weisen höhere Werte in der Skala Kontrolle auf. Der Mittelwert liegt bei 3,31, der Median bei 3,17. Für ambulante oder teilstationär betreute Personen wird ein Mittelwert von 1,86 bestimmt. Der Median in dieser Patientengruppe liegt bei 1,83. Bei der MIB-Rate (z = -1,881; p = 0,060) und den Phantomwörter-Transformationen (z = -1,835; p = 0,067) liegen tendenziell signifikante Unterschiede vor. Die stationär betreute Gruppe nimmt deutlich weniger Wortwechsel bei den Phantomwörtern wahr. Der Mittelwert liegt bei 25,55, der Median bei 24. Für die andere Gruppe ergibt sich ein Mittelwert von 49 und der Median nimmt einen Wert von 53 an. Auch bei der MIB-Rate zeigt die stationäre Patientengruppe eine geringere Anzahl (M = 29,81; Median = 30). Für die ambulant oder in 103 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees der Tagesklinik betreuten Patienten wird ein Mittelwert von 64,33 bestimmt, der Median liegt bei 65. Von den weiteren Skalen (Phantomwörter-Dauer (z = -0,533; p = 0,594): MIB-Dauer (z= -0,393; p = 0,694); CAM-Dauer (z = -1,178; p =0,239), Source Monitoring Attribution (z = -1,618; p = 0,106)) können keine statistisch auffälligen Ergebnisse berichtet werden. Tabelle 17. Deskriptivstatistische Kennzahlen von Phantomwörtern, Source Monitoring, MIB und CAM; getrennt nach Ausprägungen des therapeutischen Settings. Ambulant/Teilstationär Stationär M SD Me M SD Me Phantomworte-Transitionen 49,00 7,81 53,00 25,55 22,83 24,00 Phantomworte-Dauer 4.628 147 4.684 6.763 4.091 5.662 MIB-Rate 64,33 26,01 65,00 29,81 21,23 30,00 MIB-Dauer 753 8 750 869 590 940 CAM-Dauer 6.215 4.294 4.479 10.716 7.968 8.540 CAM-Transitionen 32,00 13,23 27,00 15,57 10,28 12,00 Source Monitoring Attribution 4,61 0,67 5,00 3,83 0,76 4,00 Source Monitoring Kontrolle 1,86 0,63 1,83 3,31 0,84 3,17 6.2.7. Korrelationsanalyse (Spearman) zur fünften Sekundärhypothese Die fünfte Sekundärhypothese besagt, dass zwischen langsameren Reaktionszeiten und niedrigeren Transitionsraten in der auditorischen wie optischen Gestaltwahrnehmung ein Zusammenhang besteht. Für die mittleren Reaktionszeiten bei Press sind keine signifikanten Zusammenhänge mit den Resultaten der akustischen oder visuellen Gestaltwahrnehmungstests gegeben. Das gilt sowohl für die gesamte Stichprobe als auch für die Kontrollgruppe. In der Versuchsgruppe lässt sich aber ein negativer Zusammenhang zwischen der MIB-Rate und der Reaktionszeit bei Press erkennen (r = -0,43; p =0,019). Schnelle Reaktionszeiten führen zu einer höheren Rate. Weiter ist in der Versuchsgruppe noch ein tendenziell positiver signifikanter Zusammenhang mit der Phantomwörter-Dauer feststellbar (r = 0,36; p = 0,094). Je länger die mittleren Reaktionszeiten bei Press sind, desto größer ist auch die Dauer bei den Phantomwörtern. 104 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Tabelle 18. Korrelationsmatrix (Spearman): MIB, CAM, Phantomwörter mit MIB- Vortest Mittlere Reaktionszeit Press, getrennt nach Gruppen sowie Gesamtstichprobe Gesamt Patientengruppe Kontrollgruppe r p r p r p MIB-Rate -0,34 0,008 -0,43 0,019 -0,10 0,610 MIB-Dauer -0,25 0,056 -0,28 0,131 -0,16 0,395 PhantomwörterTransformationen -0,16 0,220 -0,14 0,462 -0,20 0,279 PhantomwörterDauer 0,07 0,647 0,36 0,094 -0,02 0,937 CAM-Dauer -0,18 0,160 -0,10 0,598 -0,28 0,135 CAM-Transitionen 0,15 0,254 0,06 0,741 0,26 0,160 Die mittlere Reaktionszeit bei Release korreliert - bezogen auf die gesamte Stichprobe - mit der MIB-Rate negativ (r = -0,40; p = 0,002). Ebenfalls negativ ist die Korrelation von MIBDauer (r = -0,35; p = 0,006). Je schneller die Reaktionszeiten bei Release sind, desto höher ist die MIB-Rate und desto länger ist die MIB-Dauer. Diese Zusammenhänge finden sich im Wesentlichen in der Patientengruppe wieder, in der Kontrollgruppe liegen keine signifikanten oder tendenziell signifikanten Ergebnisse vor. Zusammenhänge mit CAM oder den Phantomwörtern und der mittleren Reaktionszeit bei Release sind nicht verifizierbar. Tabelle 19. Korrelationsmatrix (Spearman): MIB, CAM, Phantomwörter mit MIB-Vortest Mittlere Reaktionszeit Release; getrennt nach Gruppen sowie Gesamtstichprobe Gesamt Patientengruppe Kontrollgruppe r p r p r p MIB-Rate -0,40 0,002 -0,36 0,051 -0,32 0,082 MIB-Dauer -0,35 0,006 -0,48 0,007 -0,26 0,162 PhantomwörterTransformationen -0,09 0,506 -0,07 0,705 -0,09 0,633 Phantomwörter-Dauer 0,00 0,992 0,38 0,074 -0,18 0,359 CAM-Dauer 0,05 0,712 -0,03 0,890 0,25 0,183 CAM-Transitionen -0,07 0,596 -0,03 0,882 -0,20 0,298 105 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 6.2.8. Korrelationsanalyse zur sechsten Sekundärhypothese Die sechste Sekundärhypothese postuliert, dass die Stimmung einen Einfluss auf die auditive und visuelle Gestaltwahrnehmung sowie auf das Source Monitoring hat. Für die PANAS-Skala Positive Aktivierung ist in der gesamten Stichprobe kein signifikanter Zusammenhang mit akustischer oder optischer Gestaltwahrnehmung gegeben. Tendenziell signifikant ist der Zusammenhang mit der Source Monitoring Skala Attribution (r = 0,22, p = 0,087). Je internaler die Attribution ist, desto höher sind die Werte bei der positiven Aktivierung. Mit der Skala Kontrolle ist kein signifikanter Zusammenhang gegeben. Betrachtet man die Gruppen getrennt, so sind in der Kontrollgruppe weder signifikante noch tendenziell signifikante Korrelationen zu finden. In der Patientengruppe ist die Dauer bei den Phantomwörtern signifikant positiv mit der positiven Aktivierung assoziiert (r = 0,52; p = 0,012). Je länger die Dauer, desto höher die positive Aktivierung. Knapp nicht signifikant ist der Zusammenhang mit der Attribution (r = 0,36; p = 0,053). Je höher die Attribution, desto positiver die Aktivierung. Schließlich findet sich auch noch mit den Phantomwörter-Transformationen ein negativer Zusammenhang (r = 0,32; p = 0,092). Die Anzahl der wahrgenommen Wortwechsel ist geringer, wenn die positive Aktivierung höher ist. Zwischen akustischer bzw. optischer Gestaltwahrnehmung und negativer Aktivierung besteht kein statisch belegbarer Zusammenhang. In der gesamten Stichprobe ist ein tendenziell signifikanter Zusammenhang mit der Dauer bei den Phantomwörtern gegeben (r = -0,39, p = 0,067). Die Dauer steigt, wenn die negative Aktivierung geringer ist. In der Kontrollgruppe ist die Korrelation von negativer Aktivierung und mittlerer Reaktionszeit bei Press signifikant (r = -0,49; p = 0,006). Je geringer die Reaktionszeit , desto größer die negative Aktivierung. Signifikant ist auch die Korrelation mit MIB-Dauer (r = 0,38; p = 0,040). Je größer die Dauer bei MIB, desto größer auch die negative Aktivierung. Schließlich findet sich in der Kontrollgruppe auch noch eine tendenziell signifikante Korrelation mit der Skala Attribution (r = -0,36; p = 0,053). Je interner die Attribution, desto geringer die negativer Aktivierung. Die Korrelationstabellen zum Einfluss von negativer und positiver Aktivierung können im Anhang eingesehen werden (Tabelle 20. und 21.). 6.2.9. Zusätzliche Korrelationsanalysen zur Überprüfung weiterer Einflüsse Die Tabellen zu den folgenden Korrelationsanalysen von Medikation-Testergebnisse sowie Testzeit-Testergebnisse können im Anhang eingesehen werden (Tabelle 22. und 23.). 106 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Zusammenhang von Medikation und Testergebnissen Der Chlorpromazin-Äquivalenz-Mittelwert pro Tag steht in keinem statistisch belegbaren Zusammenhang mit den Ergebnissen in den einzelnen Tests und deren Subskalen. Kein einziger Korrelationskoeffizient ist signifikant. Zusammenhang von Testzeit und Testergebnissen Da die Testzeiten sehr stark variierten (08:00 – 20:00) wird an dieser Stelle überprüft, ob die Testzeit mit den Testergebnissen zusammenhängt. Die Testzeiten werden in eine Rangreihung gebracht und diese wird mit den einzelnen Testwerten in Beziehung gesetzt. Es findet sich nur ein einziger signifikanter Korrelationskoeffizient mit dem Testergebnis des Wortflüssigkeitstests (r = 0,30; p = 0,018). Das Ergebnis besagt, dass mit späteren Testzeiten die Leistungen in diesem Test eher besser werden. Zusammenhang zwischen Hörtest und akustischer Gestaltwahrnehmung Weder in der gesamten Stichprobe noch in den beiden Untersuchungsgruppen sind signifikante Zusammenhänge mit den Testscores der akustischen Gestaltwahrnehmung und der Hörleistung gegeben. 6.2.10. Reliabilitätswerte Für die meisten Tests können die Reliabilitätswerte dem Kaiptel 5.5. entnommen werden. Für einige Verfahren konnten in der Literatur keine Reliabilitätswerte ausfindig gemacht werden; allerdings gelten diese als etabliert (MWT, PANAS & Hörtest). Für andere Tests konnten a priori keine Reliabilitäten berechnet werden, da die Verfahren keine Items enthalten; aber auch hier gelten die betreffenden Tests als anerkannt (CAM, MIB & MIB-Vortest). Es fehlen allerdings noch dementsprechende Werte für die Phantomwörter. Da in dieser Studie eine selbstständig erstellte deutsche Version der Source Monitoring Scale verwendet wurde und viele Probanden Schwierigkeiten mit dem Test hatten, werden an dieser Stelle die zentralen Ergebnisse der zur deutschen Version durchgeführten Reliabilitätsanalyse aufgezeigt. Für die Attributionsskala kann ein Cronbach-α von 0,86 ermittelt werden. Die Trennschärfen liegen zwischen 0,37 (Item 2) und 0,65 (Item 6). Bei keinem Item ergibt sich eine merkbare Steigerung des Reliabilitätskoeffizienten, wenn es weg gelassen würde. Der Reliabilitätskoeffizient für die Skala Kontrolle ist mit 0,90 noch etwas größer als für die Skala Attribution. Die Itemtrennschärfen bewegen sich in einem Bereich zwischen 0,48 (Items 1) und 0,69 (Item 4, 9 und 11). Eine Verbesserung der Reliabilität durch Weglassen eines Items aus der Skala kann auch hier nicht erzielt werden. 107 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 7. Diskussion In den Folgenden Unterkapiteln werden die Ergebnisse der statistischen Analysen diskutiert und in Bezug zu den Resultaten früher Studien gestellt. Des Weiteren sollen methodische und inhaltliche Probleme erörtert werden und mögliche Einschränkungen in der Verallgemeinerbarkeit der gewonnen Ergebnisse aufgezeigt werden. Abschließend wird im Ausblick dargelegt, wie zukünftige Studien zur Gestaltwahrnehmung psychotischer Patienten ausgerichtet sein könnten, welche weiteren Möglichkeiten zur Evaluation psychotischer Störungen gegeben sind und wie man die wissenschaftlichen Ergebnisse für therapeutische Interventionen nutzbar machen könnte. 7.1. Bedeutung von demographischen Kennzeichen und spezifischen Hintergrundvariablen Es war im Rahmen dieser Arbeit weder möglich, über die Variablen Geschlecht und Alter hinaus, weitere demographischen Merkmale zu parallelisieren und somit zu kontrollieren, noch konnten sämtliche potentiellen Einflüsse eingehend statistisch überprüft werden. In den nächsten Anschnitten sollen die vorwiegend deskriptiven Ergebnisse für die demographischen und zusätzlich relevanten Hintergrundvariablen diskutiert werden. 7.1.1. Stichprobengröße Die, zur Eruierung bedeutsamer Unterschiede zwischen Patienten- und Kontrollgruppe erforderliche, Mindestzahl beschrieben im Unterkapitel 5.2.2. ist mit einer Stichprobengröße von N = 60 erreicht. Dennoch ist eine Stichprobe dieser Größe relativ anfällig für Verletzungen der Varianzhomogenität durch Ausreißer und Extremwerte. Deshalb konnte, wie zu Beginn des inferenzstatistischen Teils erläutert, bei der Evaluierung der ersten Primärhypothese einige Male keine varianzanalytische Überprüfung erfolgen. Bei der Prüfung der zweiten Primärhypothese wurden, auf Grund von Ausreißern und Extremwerten, den Regressionsmodellen jeweils Korrelationsanalysen vorangestellt, die diese Werte miteinbezogen. Hieraus lassen sich unter anderem auch die meist nicht deckungsgleichen Resultate der Korrelations- und Regressionsanalysen bei der Analyse des Zusammenhangs von Psychopathologiestatus und Testergebnissen erklären. 7.1.2. Geschlecht, Alter und Nationalität Auf Grund der Parallelisierung der Kontrollprobanden in Geschlecht und Alter zu den Patienten ist der Einfluss dieser Variablen für den Gruppenvergleich ausgeschlossen. Da auch 108 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees zwischen Männern und Frauen in der Gesamtstichprobe, wie in den beiden Gruppen, nur sehr geringe Altersunterschiede existieren, kann davon ausgegangen werden, dass hier das Alter bei auftretenden Unterschieden ebenfalls keine Rolle spielt. In der gesamten Stichprobe sind jedoch die Männer mit 60 % stärker vertreten. Dies könnte Auswirkungen auf die Gesamtergebnisse haben. Allerdings geht aus der wissenschaftlichen Literatur nicht hervor, dass sich Frauen und Männer in den untersuchten Domänen prinzipiell unterscheiden. Gleiches gilt für die Nationalität. Zwar gibt es in der untersuchten Stichprobe signifikant mehr deutsche Studienteilnehmer als solche aus der Schweiz, aber es gibt weder in der Forschungsliteratur noch in anderen Quellen Anhaltspunkte, die vermuten ließen, dass Deutsche und Schweizer in den durchgeführten Tests anders abschneiden sollten. 7.1.3. Zivilstand und die Anzahl eigener Kinder Da Patienten- und Kontrollgruppe sich nicht signifikant bezüglich des Zivilstands unterscheiden, ist nicht davon auszugehen, dass diese Variable einen relevanten Einfluss auf den Gruppenvergleich hat. Zwar ist ein Unterschied zwischen Patienten- und Kontrollgruppe bei der Anzahl eigener Kinder gegeben, aber aus Literatur und Forschung geht nicht hervor, dass dies einen Einfluss auf die Evaluation der Gruppenunterschiede haben sollte. Dem Verfasser dieser Arbeit scheint eher plausibel, dass sowohl die Anzahl eigener Kinder wie auch der Zivilstand bei den durchgeführten Tests nicht direkt, sondern allenfalls durch verdeckte Variablen, die mit Kinderanzahl und Zivilstand assoziiert sind, einen Einfluss ausüben könnte. Es war im Rahmen der vorliegenden Arbeit allerdings nicht möglich, dieser Frage weiter nachzugehen. 7.1.4. Bildungsgrad, Berufsabschluss und aktuelle Tätigkeit Der Bildungsgrad in der untersuchten Stichprobe variiert zwischen Patienten- und Kontrollgruppe signifikant und es ist liegt nahe, dass sich dies auf einige der Testergebnisse ausgewirkt haben könnte. Im Besonderen zwischen Bildungsgrad und dem Abschneiden in den kognitiven Tests könnte ein Zusammenhang vorliegen. Die Kontrollprobanden haben sowohl einen signifikant höheren Bildungsgrad als auch deutlich bessere Werte in den kognitiven Leistungstests. Es scheint einleuchtend, dass sowohl der niedrigere Bildungsgrad der Patienten als auch das schlechtere Absschneiden in den kognitiven Tests durch ihre Erkrankung mitbedingt ist. Hinzu kommt, das ist aus der Literatur bekannt, dass auch Neuroleptika – vor allem bei langjähriger Einnahme und hohen Dosen – 109 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees einen schädlichen Einfluss auf kognitive Funktionen, wie Erinnerung, Aufmerksamkeit oder Konzentration, haben können. In diesem Licht betrachtet, ist es gut vorstellbar, dass der Bildungsgrad auch mit dem kognitiven Faktor des PANSS assoziiert ist. Denn zwischen kognitivem Faktor und der kognitiven Leistung resultierte eine hochsignifikante Korrelation. Es ist also nicht auszuschließen, dass die, in diesem Anschnitt beschriebenen Variablen miteinander konfundiert waren. Es könnte nützlich sein, diesen Aspekt in einer anschließenden Studie näher zu beleuchten. Da beim Berufsabschluss kein bedeutsamer Unterschied zwsichen Patienten- und Kontrollprobanden festzustellen ist, kann angenommen werden, dass diese Variable keinen Einfluss auf beobachtete Gruppenunterschiede ausübte. Die Patientengruppe zeichnet sich nach Einschätzung des Verfassers - durch einen relativ hohen durchschnittlichen Berufsabschluss aus – insbesondere in Relation zu den signifikant schlechteren Werten bezüglich Bildungsgrad und aktueller Tätigkeit im Vergleich mit der Kontrollgruppe. Die Differenzen zwischen den beiden Untersuchungsgruppen in der Variable „Aktuelle Tätigkeit“ sind frappierend; gingen doch ganze zwei Drittel der psychotischen Patienten zum Testzeitpunkt keiner beruflichen Tätigkeit nach. Dies war lediglich bei 3%. der Kontrollpersonen der Fall. Hier könnte zwar unter anderem ein Zusammenhang zum niedrigeren Bildungsgrad der Patienten vermutet werden, doch andererseits gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Berufsabschluss-Niveau der Patienten und ihrem aktuellen Tätigkeitsstatus – immer in Relation zu den diesbezüglichen Werten der Kontrollgruppe gesehen. Der verhältnismäßig niedrige Bildungsgrad und Tätigkeitsstatus der Patienten könnte durch die psychotische Störung mitbedingt sein; dies scheint vor allem bei der aktuell ausgeübten Tätigkeit der Fall zu sein. Viele Patienten, die dem schizophrenen Formenkreis zu zuordnen sind (und das war der Großteil der untersuchten Patienten), sind so stark beeinträchtigt, dass sie keiner geregelten Arbeit mehr nachgehen können, höchstens in einem geschützten Rahmen als Teilzeitbeschäftigte, wenn sie nicht ganz arbeitsunfähig sind. 7.1.5. Tabakkonsum Zwar gibt es in der Patientengruppe mehr Raucher (57%) als in der Kontrollgruppe (37%), da aber der Unterschied nicht signifikant wurde, kann davon ausgegangen werden, dass der Tabakkonsum keine Einflüsse auf die Gruppenunterscheidung hatte. Darüber hinaus liegen auch keine Forschungsbefunde vor, die eine Beziehung zwischen Tabakkonsum und den durchgeführten Test suggerieren. Es ist aber denkbar, dass ein Zusammenhang zwischen 110 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Tabakkonsum und dem psychopathologischen Status sowie der Neuroleptika-Dosis besteht. Es gibt einige Neuroleptika (und auch weitere Medikamente), die durch (insbesondere starken) Tabakkonsum an Wirkung verlieren und deshalb in der Dosis erhöht werden müssen. Allerdings geht es weit über den Rahmen dieser Arbeit hinaus, die komplexen Mechanismen der Neuroleptika und deren Wechselwirkungen mit anderen Substanzen und Bedingungen zu untersuchen. Diese Fragestellung kann nur in einer umfassend angelegten pharmazeutischmedizinisch-psychologisch fundierten Studie sinnvoll bearbeitet werden. 7.1.6. Musikalisches Interesse / Selbst ein Instrument spielen Das musikalische Interesse wurde vor allem wegen der Durchführung des Stream Segregation-Paradigmas erfasst, da die Probanden dabei Galopp-Rhythmen zu hören bekamen. Bei den Variablen „Musikalisches Interesse“, „Selbst ein Instrument spielen“ und „Dauer des Spielens“ ergaben sich keinerlei signifikante Unterschiede zwischen Patientenund Kontrollgruppe. Daher kann als gesichert gelten, dass diese Variablen sich nicht auf den Gruppenvergleich auswirkten. 7.1.7. Seh- und Hörvermögen Bei der Variable „Sichtkorrektur“ ergibt sich zwar ein statistisch bedeutsamer Unterschied zwischen Patienten- und Kontrollgruppe, 77% der gesunden Kontrollprobanden, aber nur 47% in der Gruppe psychotischer Patienten sind Brillenträger. Doch da alle Probanden, die eine Sichtkorrektur benötigen, diese auch dabei hatten, ist es unwahrscheinlich, dass die Erfassung der Gruppenunterschiede in den visuellen Wahrnehmungstests beeinträchtigt war. Gleiches gilt für die Ergebnisse der Gesamtstichprobe, für die ein Anteil von 62% Brillenträger resultiert. Zwischen der Selbsteinschätzung der Versuchspersonen hinsichtlich ihres Hörvermögens und den Resultaten des später am PC durchgeführten Einfach-Hörtest, besteht eine erstaunliche Diskrepanz. So gaben in Patienten- und Kontrollgruppe jeweils lediglich zwei Personen an, geringfügige Hörschwierigkeiten zu haben. Außerdem gab es einen Kontrollprobanden, der laut Selbstauskunft, definitiv unter Hörschwierigkeiten litt. In der Auswertung des PC-Hörtests ergab sich dann ein etwas anderes Bild: Rund zwei Drittel der Versuchspersonen wurden als leicht gehörbeeinträchtigt eingestuft und nur knapp 30% verfügten über ein normales Gehör. Darüber hinaus gab es in der Patientengruppe einen Probanden mit mittelgradiger und in der Kontrollgruppe eine Person mit starker Beeinträchtigung. Zwischen den Untersuchungsgruppen besteht zwar ein signifikanter 111 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Unterschied beim Gesamtmittelwert über alle Tonfrequenzen hinweg (die Kontrollgruppe schnitt hier besser ab), dieser löst sich aber auf, wenn nur noch die, für das Sprachverständnis relevanten Frequenzen berücksichtigt werden. Es dürfte also zu keiner Verzerrung des Gruppenvergleichs bei den auditiven Tests gekommen sein - und auch nicht bei den Ergebnissen über die ganze Stichprobe betrachtet. Dennoch wirkt das Ergebnis von 68% leicht Hörbeeinträchigter in der Gesamtstichprobe befremdlich. Zwar gab es einige Patienten, die Schwierigkeiten mit der Instruktion und/oder dem Drucksensoren-System des Kopfhörers hatten (siehe Kapitel 5.5.4.), dies vermag aber nicht den hohen Anteil an leichten Hörbeeinträchtigungen zu erklären. Eigentlich kommen für die Befunde nur zwei Erklärungen in Frage: der HTTS-Hörtest – kostenlos und selbstständig aus dem Internet heruntergeladen – wurde nicht zu 100% korrekt instaliert bzw. die Eichung stimmte nicht oder das Auswertungsschema passte nicht mit dem Test zusammen. Da kein Auswertungsschema zum HTTS aufzutreiben war, wurde dies aus einem Fachinstitut für Hörakustik bezogen. Laut Kramer (2008), Leiter des Fachinstituts, enstpricht der HTTS allerdings den Tests, die z.B. auch in Fachgeschäften für Hörgeräte eingesetzt werden. Er misst auch die exakt gleichen Frequenzen, wie sie im Auswertungsschema von Kramer enthalten sind. Im Endeffekt wurden alle Probanden in die Untersuchungen eingeschlossen, da aus den Audio-Graphiken, die die Veruschsleiter direkt nach Beendigung des HTTS einsehen konnten, ersichtlich war, dass die kritsichen Patienten vor allem in den sehr hohen und tiefen Tonbereichen schlecht abschnitten. Es sind aber insbesondere die mittleren Tonfrequenzen für das Sprachverständis maßgeblich. Die Versuchsleiter hatten in der Kommunikation mit den Veruschpersonen auch nie den Eindruck, dass einer der Probanden ernstlich hörbeeinträchtigt war. Dennoch wurden zur Absicherung allfällige Zusammenhänge zwischen Hörvermögen und Testergebnissen in einer Korrelationsanalyse überprüft; es konnten erwatungsgemäß keine Zusammenhänge nachgewiesen werden. 7.1.8. Einfluss der Testzeit auf die Performances Es war ursprünglich geplant, die Testungen jeweils vormittags ab 09:00 Uhr sowie nachmittags ab 14:00 Uhr durchzuführen. Dieses Vorhaben stellte sich allerdings vor allem bei den Testungen der Patienten als nicht durchgängig realisierbar heraus. Zunächst war es relativ schwierig, genügend Patienten zu finden, die den Teilnahmekriterien entsprachen und bereit waren, an der Studie teilzunehmen. Darüber hinaus zeigte sich schon bei den ersten Testungen, dass es einigen Patienten offensichtlich nicht leicht fiel, den angesprochenen 112 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Termin einzuhalten. Die Versuchsleiter reagierten flexibel und sorgten dafür, dass die Testungen möglichst noch am selben Tag, aber zu einer späteren Zeit durchgeführt werden konnten. Im Endeffekt begannen die Testungen zwischen 08:00 Uhr und 20:00 Uhr. Auf Grund dieser breiten Streuung wurde statistisch überprüft, ob die Testzeiten einen Einfluss auf die durchgeführten Tests hatte; es ließen sich dabei keinerlei (negative) Auswirkungen auf die Ergebnisse feststellen – beim WFT wurden die Resultate überraschenderweise mit späterer Tageszeit sogar besser. 7.1.9. Therapeutisches Setting, Alter bei der Ersthospitalisation sowie Anzahl an Hospitalisationen Um den Einfluss des therapeutischen Settings auf die Testresultate zu überprüfen, wurde ein U-Test durchgeführt, auf den im Kapitel 7.2.5. noch näher eingegangen wird. Es ist durchaus möglich, dass auch das Alter bei der Ersthospitalisation sowie die Anzahl an Hospitalisationen in einem Zusammenhang zu den Ergebnissen der durchgeführten Tests stehen. Derartige allfällige Zusammenhänge könnten, wie von Tschacher et. al (2008) in ihrer Studie zum CAM- und SAM-Paradigma durchgeführt, mit Hilfe einer Latenten Klassenanalyse (LCA) oder auch anhand einer hierarischen Clusteranalyse aufgedeckt werden. Für anschließende Untersuchungen könnte dieses Vorgehen sehr nützlich sein, um zusätzlichen Aufschluss über mögliche Hintergrundzusammenhänge der erzielten Resultate, zu gewinnen. 7.1.10. Diagnose, PANSS und Medikation Der Großteil der untersuchten Patienten hat die ICD-10-Diagnose „Paranoide Schizophrenie“, allerdings gewann der Verfasser dieser Arbeit bei seinen Testungen bei rund 5 Patienten den Eindruck, dass diese Diagnose nicht valide war. Nach den Testungen wurde jeweils noch einmal mit einem oder mehreren Betreuern aus dem Pflegeteam Rücksprache gehalten. Diese bestätigten den gewonnen Eindruck. Es hatte den Anschein, dass die betreffenden Patienten nur schwer, klar diagnostisch zuzuordnen waren, da ihr Auftreten auch durch persönlichkeitsgestörte Züge charakterisiert war. Dies könnte einen globalen Einfluss auf die Ergebnisse dieser Studie gehabt haben und mit erklären, warum einige Befunde früherer Studien zur Gestaltwahrnehmung nicht repliziert werden konnten. Allerdings war es im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht möglich, diesen Kontext eingehender zu eruieren. Es könnte auch durchaus eine Verbindung zwischen dem eben dargestellten Sachverhalt und den Ausprägungen auf den fünf PANSS-Dimensionen geben. Die Durchschnittswerte für die 113 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees fünf PANSS-Faktoren waren alle im Bereich eines minimalen bis leichten Schweregrads angesiedelt, was bei einer überwiegend stationär behandelten Patientengruppe etwas überrascht. Auch dieser Umstand könnte dazu beigetragen haben, dass Teilergebnisse früherer Studien nicht bestätigt werden konnten. Der PANSS-Positivfaktor ist zwar am stärksten ausgeprägt, aber schon an zweiter Stelle rangiert die Depressionskomponente, wobei es zwischen den einzelnen Skalen keine bedeutsamen Unterschiede gibt. Im folgenden Unterkapitel werden die PANSS-Dimensionen und deren mögliche Einflüsse auf die Testergebnisse noch näher erörtert. Da alle Patienten Neuroleptika verschrieben bekamen und die Dosen dabei teils stark variierten, ist in dieser Arbeit der Einfluss der neuroleptischen Medikation auf die PatientenTestergebnisse durch die Berechnung der Chlorpromazin-Äquivalenzen (CPZ-Index) für die eingenommenen Neuroleptika erfasst. Alle weiteren Medikamente, hier besonders bedeutsam die vielfach verschriebenen Antidepressiva, konnten nicht in Beziehung zu den Testresultaten gesetzt werden, da nur für die Neuroleptika ein mehr oder weniger standardisierter Vergleichsindex existiert. Von den restlichen Medikamenten (bzw. zusammengefasst in Medikamentengruppen) gibt es dementsprechend nur eine Häufigkeitsverteilung für die Patientengruppe. Anhand des CPZ-Index werden die (Dosen der) übrigen Neuroleptika hinsichtlich ihrer verhältnismäßigen Wirkstärke in einen CPZ-Äquivalenzwert umgerechnet. Ein Problem besteht vor allem bei der Umrechnung der neueren atypischen Neuroleptika; es ist nicht einfach, eine zitierfähige Referenz für die CPZ-Äquivalenzwerte dieser Medikamente aufzutreiben. Überhaupt scheinen unter den Forschenden diverse Listen mit nicht immer identischen Äquivalenzwerten zu kursieren, da bislang nach Wissens des Autors kein allgemein gültiger CPZ-Index existiert. 7.2. Berurteilung der inferenzstatistischen Ergebnisse Im Folgenden sollen die Resultate der Hypothesenprüfungen kritisch diskutiert werden und miteinander sowie zu den Befunden früherer Studien in Beziehung gesetzt werden. 7.2.1. Unterschiede zwischen Patienten- und Kontrollgruppe Die erste Hypothese, wonach ein Unterschied in der auditiven wie visuellen Gestaltwahrnehmung, dem Source Monitoring, den Reaktionszeiten, der kognitiven Leistungsfähigkeit und der Stimmung zwischen Patienten- und Kontrollgruppe besteht, wurde nur in Teilen bestätigt. Hinsichtlich des auditorischen Paradigmas der Phantomwörter und den 114 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees beiden visuellen Paradigmen MIB und CAM ergaben sich weder für die Transitionsraten, noch für die Dauer wahrgenommener Illsuionen bedeutsame Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen. Dieser Befund ist auf Grund früherer Ergbenisse aus Studien zur Gestaltwahrnehmung nicht überraschend. Beispielsweise resultierten auch in den, in Kapitel 3. ausführlich beschriebenen Untersuchungen von Tschacher et al. (2004, 2006a, 2006b & 2008) zu verschiedenen Gestaltparadigmen – inkusive MIB und CAM meist keine signifikanten Differenzen zwischen Patienten- und Kontrollgruppe. Gestaltwahrnehmungstests dieser So gesehen Studie sprechen gegen die auch Annahme die Ergebnisse generell der gestörter Wahrnehmungsprozesse psychotischer Patienten, stellen also keinen Trade Marker dar. Bei der Auswertung der Source Monitoring Skala „Attribution“ (internal/external) mittels UTest ergab sich ebenfalls kein signifikanter Unterschied zwischen Patienten- und Kontrollgruppe. Die Ergebnisse von Morrison und Haddock (1997) konnten in diesem Punkt also nicht bestätigt werden. Dabei gilt es aber zu beachten, dass in der Studie von Morrison und Haddock die Gruppe Schizophrener ausschließlich aus halluzinierenden Patienten bestand. Diese Patienten erreichten im Vergleich zu einer gemischten psychiatrischen und zu einer gesunden Kontrollgruppe signifikant niedrigere Werte in der Herkunftszuschreibung eigener Gedanken; sie attribuierten also weniger internal als die Kontrollgruppen. Eine weitere Erklärung für das Resultat dieser Studie könnten die Verständnisschwierigkeiten vieler Versuchsperosnen gewesen sein. Wie bereits in Punkt 5.6.8. angesprochen, gab es häufig Probleme, die Fragen zu den beiden Skalen Attribution und Kontrolle richtig zu verstehen. Dies gilt insbesondere für die Frage bezüglich der Attribuierung „Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von Ihren eigenen Gedanken stammt?“. Diese Frage lässt tatsächlich viel Interpretationsspielraum. Es liegt hier offensichtlich ein Validitätsproblem vor, welches höchstwahrscheinlich nicht auf die selbst erstellte deutsche Übersetzung zurück-zuführen ist. Nachdem schon bei den ersten Testungen im Sommer 2007 klar wurde, dass Patienten wie Kontrollpersonen gleichermaßen Verständnisschwierigkeiten hatten, wurde die Übersetzung nochmals überprüft und für gut befunden. Die Reliabilitätsanalyse, die zu der verwendeten deutschen Adaptation durchgeführt wurde, zeigte gute Cronbach-α Werte, die mit den, in Kapitel 5.4.6. aufgeführten, Maßen von Morrisons und Haddocks englischer Originalversion korrespondieren. Auch bei der Frage nach der Kontrolle („Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam?“) gab es öfters Nachfragen, allerdings längst nicht in dem 115 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Ausmaß wie bei der Attribution-Skala. Bei der Kontroll-Skala, die anhand einer einfaktoriellen Varianzanalyse ausgewertet wurde, zeigt sich eine signifiknate Differenz zwischen den beiden Gruppen. Die Patienten haben einen höheren Kontrollwert als die gesunden Probanden Dies muss aber nicht bedeuten, dass die tatsächliche Kontrolle über die in den Sinn gekommen Wörter bei den Patienten größer war, sondern nur, dass ihr Kontrollgefühl effektiv ausgeprägter war als in der Kontrollgruppe. In der Studie von Morrison und Haddock von 1997 hatten die schizophrenen (halluzinierenden) Patienten im Vergleich zur psychiatrischen Kontrollgruppe und den gesunden Probanden ebenfalls höhere Kontrollwerte, allerdings wurde dieser Unterschied nicht signifikant. Die Ergebnisse dieser Studie, wie auch die Resultate von Morrsion und Haddock, scheinen mit den Vorhersagen des Modells von Morrison et al. (1995) in Einklang zu stehen. Dieses geht davon aus, dass die Einschätzung der Gedankenkontrolle für den Prozess der Fehlattribuierung bedeutsamer ist, als die eigentliche Kontrolle über die Gedanken. Daher ist es gut möglich, dass halluzinierende Patienten glauben, mehr Kontrolle über ihre Gedanken zu haben, als die Probanden der Kontrollgruppe. Es ist denkbar, dass gerade psychotische Patienten, die aller Wahrscheinlichkeit nach deutlich mehr Erfahrung mit nicht zu kontrollierenden Gedankenprozessen haben als gesunde Personen, auf Grund dessen ein stärker augeprägtes Bedürfnis nach Kontrolle haben. Dies könnte sich bei der Kontrollattribuierung im Source Monitoring manifestiert haben. Es scheint möglich, dass es den psychotischen Patienten schwerer fiel als den Kontrollpersonen ihre Nicht-Kontrolle einzugestehen. Denn es ist im Grunde evident, dass bei einer spontanassoziativen Reaktion/Antwort, wie sie im Source Monitoring gefordert ist, keine bzw. kaum Kontrolle besteht. Vorausgesetzt, die Probanden befolgen die Instruktion und nennen wirklich direkt das erste Wort, dass ihnen zum vorgegebenen Begriff in den Sinn kommt. Bei der Überprüfung der Ergebnisse zur kognitiven Leistungsfähigkeit ergab sich beim MWT mittels Varianzanalyse ein signifikanter Unterschied zwischen den Untersuchungsgruppen. Die Kontrollgruppe schnitt hier signifikant besser ab. Hierbei stellt sich die Frage, ob es zwischen den beiden Stichproben zufällig, a priori bedeutsame Unterschiede im verbalen, kristallinen Intelligenzniveau gab, oder ob diese Unterschiede seitens der Patienten durch die Auswirkungen der psychotischen Störungen bedingt waren. Aus der Literatur geht hervor, dass keine Zusammenhänge zwischen niedrigeren Intelligenzwerten und schizophrenen/ psychotischen Erkrankungen feststellbar sind. Andererseits ist evident, dass (vor allem chronisch verlaufende) psychotische Störungen die 116 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees kognitive Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können; auch Neuroleptika können einen schädlichen Einfluss auf kognitive Funktionen ausüben. Diese Befunde könnten also prinzipiell helfen, die Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen zu erklären, aber der MWT gibt laut Lehr (1995) eigentlich vor, die prämorbide (verbale kristalline) Intelligenz zu messen. Letztlich ist es zwar unwahrsscheinlich, aber nicht auszuschließen, dass es sich bei der untersuchten Stichprobe um einen Artefakt handelt und die prämorbiden Intelligenzniveaus der beiden Gruppen effektiv unterschiedlich waren. Beim WFT wurden die Gesamtscores beider Gruppen (Anzahl richtiger Nennungen) durch eine Varianzanalyse verglichen; es resultierte ein signifikant höherer Wert in der Kontrollgruppe. Bei der Auswertung der Regelbrüche und Repetitionen mittels U-Test zeigten sich allerdings keine signifikanten Ergebnisse. Der signifikante Gruppenunterschied im Gesamtscore des WFT ist ein weiteres Anzeichen für ein niedrigeres kognitives Leistungsnievau in der Patientengruppe. Das Fehlen bedeutsamer Unterschiede bei Regelbrüchen und Repetitionen spricht gegen eine - relevante- Beeinträchtigung des divergenten Denkens der Patienten. Bei den Reaktionszeiten, welche im MIB-Vortest erhoben wurden, resultierte sowohl bei Press als auch bei Release ein hochsignifikanter Unterschied zwischen Patienten- und Kontrollgruppe. Die Patienten hatten jeweils höhere Zeitwerte, reagierten also später bzw. langsamer als die Kontrollgruppe auf die Ereignisse (gelbe Punkte verschwinden und tauchen wieder auf dem Bildschirm auf). Es ist gut vorstellbar, dass die langsameren Reaktionszeiten mit bestimmten Symptomen psychotischer Patienten, insbesondere mit Negativsymptomen und psychomotorischen Beeinträchtigungen einhergehen. Hierauf soll im nächsten Unterkapitel näher eingegangen werden. Zur Überprüfung von Unterschieden in der Stimmung zwischen den Untersuchungsgruppen, wurden die beiden Dimensionen „NegativeAktivierung“ und „Positive Aktivierung“ parameterfrei ausgewertet. Der U-Test zeigte für die postive Aktivierung keine bedeutsamen Differenzen, förderte aber bei der negativen Aktivierung einen signifikanten Gruppenunterschied zu Tage. Die Patienten hatten hier – wohl auf Grund der bei den meisten offensichtlich oder latent vorhandenen depressiven Symptomatik - einen deutlich höheren Gruppenmittelwert als die Kontrollprobanden. Auffällig war, dass es bei der negativen Aktivierung in der Kontrollgruppe einen Ausreißer nach oben hin gab. Ein derartiges Ergebnis wäre a priori wohl eher in der Patientengruppe zu erwarten gewesen. 117 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 7.2.2. Psychopathologische Faktoren als Prädiktoren für die Testergebnisse Die zweite Primärhypothese ging davon aus, dass eine Assoziation zwischen dem psychopathologischen Status der Patienten und deren auditiver Gestaltwahrnehmung, visueller Gestaltwahrnehmung, Source Monitoring, Reaktionszeiten, kognitiver Leistung und Stimmung besteht. Die Auswertung dieser Fragestellung erfolgte mittels Korrelationsanalysen und multipler Regression (backward stepwise) und konnte für die auditive Gestaltwahrnehmung (Phantomwörter), kein signifikantes Regressionsmodell finden. Dieses Ergebnis überrascht, wurde doch davon ausgegangen, dass auditorischer und optischer Gestaltwahrnehmung verwandte kognitive Prozesse zu Grunde liegen. Für die in Kapitel 3. erörterten optischen Gestaltparadigmen wie MIB, CAM, SAM und Kausalitätswahrnehmung konnten Zusammenhänge zwischen der Ausprägung psychopathologischer Dimensionen des PANSS und der Gestaltwahrnehmung belegt werden. Nun ist der Phantomwörter-Test selbst konstruiert und bislang nicht validiert. Auch die Studien von Deutsch (2003), Warren (1968) oder Pitt et al. (2002) können hier nicht als Referenz gelten, da deren Untersuchungen nur mit gesunden Probanden durchgeführt wurden und auch grundsätzlich anders operationalisert wurden - z.B. eine asynchrone Darbietung der Worte für linkes und rechtes Ohr bei Deutsch, die Präsentation von Nonsens-Begriffen in den Studien von Pitt sowie die Variierung der emotionalen Valenz bei Warren. Im Grunde können nur weitere Studien, in denen psychotische und gesunde Versuchspersonen, möglichst unter verschiedenen Bedingungen (synchron vs. asynchron/Variation der emotionalen Valenz der vorgegebenen Basiswörter/Real vs. Phantasieworte) verglichen werden, Klarheit schaffen. Im Gegensatz zum Phantomwörter-Paradigma konnte das Regressionsmodell des MIB – zumindest bei der MIB-Rate – ein signifikantes Ergebnis aufzeigen. Der Befund, dass die PANSS-Negativkomponente mit niedrigen MIB-Raten assoziiert ist, der Erregungsfaktor hingegen die MIB-Täuschung fördert, korrespondiert mit den Ergebnissen von Tschacher et al. (2006a). Allerdings konnten in deren Studie auch noch für die Positiv- und KognitivKomponente bedeutsame Assoziationen nachgewiesen werden. Für die MIB-Dauer fand sich letztlich kein statistisch signifikanter Zusammenhang mit den PANSS-Dimensionen. Auch in der Studie von Tschacher und Kollegen war die Verbindung von Psychopathologiestatus und MIB-Dauer schwächer als jene für die MIB-Rate. Das Ergebnis des Regressionsmodells für CAM-Dauer und CAM-Tranistionen bezüglich der PANSS-Erregungskomponente war erwartungsgemäß (tendenziell) signifikant. Dass die Erregungskomponente weniger CAM-Transitionen und erhöhte Werte in der CAM-Dauer 118 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees fördert, deckt sich mit den Ergebnissen der CAM- und SAM Studie von Tschacher et al. (2008). Es verwundert allerdings etwas, dass sowohl beim CAM wie auch beim MIB, für keine weiteren PANSS-Faktoren ein signifikanter Zusammenhang zu den Testergebnissen gefunden werden konnte. Möglicherweise ist dies auf den Umstand zurückzuführen sein, dass die mittleren Ausprägungen der untersuchten Patienten in allen fünf PANSS-Dimensionen nur minimal bis mittelgradig waren. Die Vermutung liegt nahe, dass die Zusammenhänge zwischen einzelnen Untersuchungen stark streuen können, je nach Ausprägung der PANSSDimensionen. Beim Source Monitoring ergab sich für die Skala Kontrolle ein tendenziell bedeutsamer Zusammenhang in der Korrelationsanalyse (jedoch nicht im Regressionsmodell), und zwar dergestalt, dass eine geringe Ausprägung der Positivkomponente mit hohen Kontrollwerten assoziiert war. Da die Positivkomponente sich unter anderem aus PANSS-Items wie Wahnideen und Halluzinationen zusammensetzt, ist es im Grunde erwartungsgemäß, dass Patienten mit einer niedrigen Ausprägung auf diesem Faktor, ein höheres Kontrollgefühl haben. Beim MIB-Vortest wurden in der Korrelationsanalyse signifikante Assoziation zwischen dem kognitiven Faktor des PANSS (hohe Werte auf diesem Faktor fördern längere Reaktionszeiten) und der Durchschnittsreaktionszeit Release sowie dem Negativfaktor und beiden Reaktionszeiten (Press und Release) festgestellt. Eine erhöhte Negativkomponente zieht verlängerte Reaktionszeiten nach sich. Gleichermaßen verblieb der Negativfaktor im Regressionsmodell tendenziell signifikant für beide Reaktionszeiten. Es scheint plausibel, dass Patienten mit einer stärkeren Negativsymptomatik langsamer reagieren, da sich die Negativkomponente des PANSS unter anderem aus Symptomen wie passivem/apathischen Rückzug, Mangel an Spontaneität oder Affektverflachung zusammensetzt. Bei der Evaluation des Zusammenhangs von Psychopathologiestatus und kognitiver Leistungsfähigkeit, ergeben sich sowohl in der Korrelationsanalyse als auch den Regressionsmodellen hochsignifikante Zusammenhänge. Beim MWT resultieren sowohl für den Negativ- als auch für den Positivfaktor des PANSS signifikante Spearman-Korrelationen. Beim WFT ergibt sich mit der Positivkomponente ebenfalls ein bedeutsamer Zusammenhang. In der Regressionsanalytischen Auswertung zeigte sich ein starker Zusammenhang zwischen kognitiver Leistungsfähigkeit und kognitiver wie Erregungskomponente. Eine stark ausgeprägte Erregungskomponente und geringe Ausprägungen in der kognitiven Komponente führen zu besseren Leistungen im MWT. Durch diese beiden Komponenten können ganze 45% an Varianz des MWT erklärt werden. 119 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Auch beim WFT gibt es einen bedeutsamen Zusammenhang mit der kognitiven PANSSKomponente; außerdem ergibt sich für den Negativfaktor eine signifikante Korrelation. Geringe Ausprägungen in diesen beiden Komponenten führen zu besseren Leistungen im WFT. Der erklärte Varianzanteil beträgt hier auch immerhin noch 25%. Diese Ergebnisse sprechen für den Einfluss bestimmter psychopathologischer Symptomausprägungen auf die kognitiven Funktionen. Dies stellt auch eine mögliche Erklärung der generellen Unterschiede zwischen Patienten- und Kontrollgruppe in den kognitiven Leistungen dar, die aus der Prüfung der ersten Primärhypothese hervorgingen. Es sind also insgesamt alle PANSS-Dimensionen - mit Ausnahme des Depressionsfaktors für die kognitive Leistungsfähigkeit relevant. Es scheint plausibel, dass sich stärkere Ausprägungen in Symptomen wie Desorientierung, kognitiver Desorganisation oder Mangel an Aufmerksamkeit (kognitive Komponente) sowie passiver/apathischer Rückzug oder Mangel an Gesprächsfluss (Negativfaktor) auf die Ergebnisse des MWT und WFT kontraproduktiv auswirken. Die Ergebnisse lassen also letztlich auf eine Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit der untersuchten Patienten durch die psychopathologischen Symptomausprägungen schließen. Dennoch ist es möglich, dass die verhältnismäßig schlechten Ergebnisse der Patienten in den kognitiven Tests keinen (bedeutsamen) Einfluss auf die Wahrnehmungen der Gestalttests hatten. Die bisherigen Gestaltwahrnehmungsprozesse Forschungsergebnisse kognitiven lassen darauf Funktionen, Aufmerksamkeitsfokussierung, Konzentration, Planung, schließen, wie dass bewusster Schlussfolgern oder Gedächtnis- prozessen, vorgeschaltet sind und von diesen weitestgehend unabhängig ablaufen. (Tschacher et al., 2006a). Deshalb wurde der direkte Zusammenhang zwischen kognitiver Leistung und Gestaltwahrnehmung in dieser Arbeit nicht eingehender eruiert. Bei der abschließenden Evaluation des Zusammenhangs von PANSS-Faktoren und den beiden Stimmungsdimensionen des PANAS wurden erwartungsgemäß Verknüpfungen zwischen der Depressionskomponente und einer niedrigeren positiven Aktivierung wie auch einer erhöhten negativen Aktivierung festgestellt. Vor allem die negative Aktivierung trägt zur Varianzaufklärung bei und scheint in Bezug zu psychopathologischen Prozessen die relevantere Dimension zu sein. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Gros der Ergebnisse zur Evaluation des Zusammenhangs von Psychopathologiestatus und Testergebnissen für die Beibehaltung der Stage-Marker-Hypothese sprechen, die davon ausgeht, dass psychotische Symptome bzw. durch die Störung hervorgerufene Beeinträchtigungen, zustands- und Phasen -abhängig sind. 120 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Die Beeinträchtigungen der Patienten sind demnach keine Wesensmerkmale für psychotische Störungen. Die Defizite können zwischen einzelnen Personen sowie über die Zeit stark variieren und sind deshalb viel mehr als Kennzeichen für einen bestimmten Zustand bzw. für ein bestimmtes Stadium zu sehen. 7.2.3. Zusammenhang von auditiver und visueller Wahrnehmung Die erste Sekundärhypothese konnte nicht bekräftigt werden. Es ergaben sich keinerlei statistisch relevante Zusammenhänge zwischen den Ergebnissen der auditiven und visuellen Gestaltwahrnehmungstests. In gewisser Weise korrespondiert dieser Befund mit den auseinander driftenden Resultaten von Phantomwörtern und MIB/CAM in den Regressionsanalysen. Offensichtlich unterscheiden sich die akustische und optische Gestaltwahrnehmung in der untersuchten Stichprobe relativ grundlegend. Ob dies nun allerdings auf Phantomwörter) methodische Probleme zurückzuführen ist (insbesondere oder in für die die Operationalisierung beiden der Sinnesmodalitäten unterschiedlichen neuro-kognitiven Prozessen begründet, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Jedenfalls stellten sich die Phantomwörter in der statistischen Analyse als das wohl strittigste der verwendeten Messinstrumente heraus. Die Grundintention war, eine adäquate Entsprechung für das auditive Wahrnehmungssystem zu den bereits gut untersuchten visuellen Gestaltparadigmen, zu implementieren. Da psychotische Patienten, die Halluzinationen erleben, meistens unter auditorischen Sinnestäuschungen leiden, scheint es plausibel, bei der Evaluation dieses Kontextes akustische Paradigmen anzuwenden. Autoren wie Frith (2005) gehen von einer grundlegenden Störung des Selfmonitoring bzw. des Reafferenzsystems schizophrener Patienten aus und nehmen an, dass diese Dyfunktion produktive Symptome wie akustische Halluzinationen bedingen. Diese Vermutung ist zwar plausibel, aber die grundsätzliche Annahme, dass das Reafferenzsystem die auditive mehr oder weniger analog zur visuellen Wahrnehmung koordiniert, ist nach dem Wissensstand des Verfassers bislang empirisch nicht bestätigt. Wohingegen für das optische und motorische System Evidenzen aus empirischen Studien vorliegen. Bei der Selbsterprobung der Phantomwörter in der Vortestphase der vorliegenden Studie fiel dem Verfasser dieser Arbeit auf, dass es möglich ist, die Wahrnehmung hierbei ein Stückchen weit zu lenken bzw. zu beeinflussen. Dies ist definitiv nicht vollständig, aber teilweise möglich. Auch andere (naive) Vortest-Probanden berichteten von diesem Phänomen. Man kann sich bei dem Phantomwörter-Test „fallen lassen“ und Spaß daran finden, die 121 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees verschiedensten Wörter zu hören. Es kann sogar ein hübsches /amüsantes Spiel/Wettbewerb daraus werden, regelrecht nach neuen Begriffen zu suchen. Die meisten Studienteilnehmer haben sich jedoch sehr konzentriert, um möglichst alles genau herauszuhören. Letztlich hat man beim Phantomwörter-Test zwar keine vollständige Kontrolle, aber es scheint partiell möglich, Einfluss auf die Wahrnehmung auszuüben. Dies ist bei visuellen Gestaltparadigmen wie MIB und CAM wesentlich schwerer, wenn überhaupt möglich. Hierin besteht also ein fundamentaler Unterschied zwischen den durchgeführten Wahrnehmungstest, der die divergierenden Resultate der statistischen Auswertung, insbesondere bei den Regressionsmodellen, zumindest teilweise erklären könnte. 7.2.4. Vergleich von Subgruppen auf Grund des Halluzinationserlebens Bei der zweiten Sekundärhypothese ergab sich zwischen auditiver und visueller Gestaltwahrnehmung in Bezug zum „Halluzinationsstatus“ erneut ein divergierendes Ergebnis. Waren niedrige CAM-Transitionen- und dazu korrespondierend hohe Werte in der CAM-Dauer tendenziell bedeutsam mit dem aktuellen Auftreten von Halluzinationen verknüpft, waren bei den Phantomwörtern hingegen niedrige Dauer-Werte annährend signifikant mit gegenwärtigem Halluzinieren assoziiert. Dieser Befund lässt aber die Vermutung zu, dass halluzinierende Patienten im Vergleich zu Patienten, die früher oder noch gar nie Halluzinationen erlebt haben, eine geringere Stabilität in der auditiven Wahrnehmung aufweisen. 7.2.5. Externalisierungs-Bias von psychotischen Patienten mit Halluzinationen Der Befund von Morrison und Haddock (1997), demnach psychotische Patienten, die aktuell Halluzinationen erleben, einen Externalisierungs-Bias im Source Monitoring aufweisen, konnte in dieser Studie nicht repliziert werden. Allerdings sind in der vorliegenden Arbeit auch die beiden Patienten-Subgruppen, die aktuell oder früher Halluzinationen erlebten zusammengefasst. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, warum keine signifikanten Gruppenunterschiede gefunden werden konnten. Außerdem ist es gut möglich, dass auch bei dieser Fragestellung die bereits erwähnten Verständnisschwierigkeiten, die die meisten Versuchspersonen mit der Attributionsskala des Source Minitoring hatten, das Ergebnis verzerrt hat. 122 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 7.2.6. Unterschiede zwischen stationär vs. teilstationär/ambulant behandelten Patienten Beim Vergleich der Patienten untereinander – bezüglich des therapeutischen Settings konnten korrespondierende Ergebnisse zwischen auditiver und visueller Gestaltwahrnehmung gezeigt werden. So hatte die Gruppe stationär behandelter Patienten im Vergleich zu den teilstationär/ambulant therapierten Probanden sowohl bei den Phantomwörtern als auch bei CAM und MIB deutlich niedrigere Raten. Dies könnte auf eine stärker ausgeprägte Negativsymptomatik der stationär behandelten Gruppe deuten. Wie aus den regressionsanalytischen Berechnungen dieser Studie und aus der Fachliteratur hervorgeht, kann dieser Zusammenhang (Negativfaktor & Stabilität in der Gestaltwahrnehmung) zumindest für MIB und CAM als bestätigt gelten. Für die Phantomwörter steht dies hingegen noch aus. 7.2.7. Assoziation von Reaktionszeit und Gestaltwahrnehmung Bei der Auswertung des Zusammenhangs von Reaktionszeiten und den Ergebnissen der Gestaltwahrnehmungstests ergaben sich, vor allem in der Patientengruppe, signifikante und tendenziell signifikante Ergebnisse. So korrelierte eine schnellere mittlere Reaktionszeit Press und Release bei den Patienten mit höheren MIB-Raten; bei Release war dies auch in der Gesamtstichprobe der Fall. Bei den Phantomwörtern gab es zwischen einer größeren Dauer und längeren Reaktionszeiten (Press) ebenfalls eine tendenziell bedeutsame Verknüpfung in der Patientengruppe. Betrachtet man diese Ergebnisse im Zusammenhang mit den Regressionsmodellen zu MIB und Reaktionszeiten, ist auffällig, dass bei beiden Tests die Negativ-Komponente des PANSS einen erheblichen Einfluss auf die Resultate hat. Sowohl längere Reaktionszeiten, als auch niedrigere MIB-Raten sind mit dem Negativfaktor korreliert. Es ist also möglich, dass die Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen, die bei der Evaluation des Zusammenhangs von Reaktionszeiten und Gestaltwahrnehmungstest resultieren, letztlich mit der Negativsymptomatik in der Patientengruppe verknüpft sind. 7.2.8. Einfluss von Stimmung auf Gestaltwahrnehmung, Source Monitoring und Reaktionszeiten Die Evaluation des Zusammenhangs von Stimmung und Gestaltwahrnehmung sowie Source Monitoring lässt darauf schließen, dass die beiden Stimmungsdimensionen negative und positive Aktivierung auf einige Testergebnisse tendenziell signifikanten Einfluss ausüben – allerdings gilt dies nicht für die Gesamtstichprobe, da lediglich bei der getrennten Gruppenauswertung bedeutsame Ergebnisse erzielt werden konnten. Beim Gruppenvergleich 123 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees sticht der divergierende Einfluss von positiver und negativer Dimension zwischen den beiden Untersuchungsgruppen ins Auge. Bei der Patientengruppe scheint lediglich die positive Komponente einen Einfluss zu haben, da für die negative Aktivierung keinerlei Zusammenhänge festgestellt werden konnten. Andererseits weist die Kontrollgruppe ausschließlich bei der negativen Aktivierung bedeutsame bzw. tendenziell bedeutsame Korrelationen auf. Der Befund, dass eine höhere positive Aktivierung in der Patientengruppe mit einer erhöhten Dauer bei den Phantomwörtern und einer geringeren Phantomwörter-Rate verknüpft ist, entspricht den Erwartungen. Im Gegensatz zur Patientengruppe gibt es in der Kontrollgruppe fast ausschließlich signifikante Korrelationen von negativer Aktivierung und Testvariablen. So bei der mittleren Reaktionszeit Press - je geringer die Reaktionszeit, desto größer die negative Aktivierung. Signifikant ist ebenfalls die Korrelation mit der MIB-Dauer – je größer die MIB-Dauer, desto ausgeprägter auch die negative Aktivierung. 7.3. Phantomwörter unter der Lupe Da die Phantomwörter in dieser Studie von besonderer Relevanz sind und der Test selbstständig entwickelt wurde, sollen zusätzlich zu den Analysen bei der Hypothesenprüfung, die Ergebnisse noch genauer betrachtet werden. Bei der Häufigkeitsverteilung gehörter Worte je vorgegebenen Basisbegriff ergaben sich keine bedeutsamen Unterschiede, mit Ausnahme des Wortes „Rennen“, welches in der Patientengruppe signifikant mehr Wortwechsel evozierte als in der Kontrollgruppe. Dass es außer bei „Rennen“ keine relevanten Differenzen gibt, könnte auf den Umstand zurück zu führen sein, dass die Basisworte alle eine ähnliche Struktur aufweisen – kurz, zweisilbig und emotional neutral. Vielleicht hatte das dynamische „nn“ bei Rennen einen Einfluss auf die erhöhte Rate an gehörten Wörtern. Es ist zu beachten, dass hier nicht die Transformationsrate, also die Anzahl an wahrgenommen Wortwechseln gemeint ist, sondern wie viele verschiedenen Worte pro Basiswort gehört wurden. Im Extremfall können diese beiden Parameter sehr weit auseinander liegen – wenn z.B. ein ständiger Gestaltwechsel wahrgenommen wird, aber dieser nur zwischen zwei Worten besteht, die ständig hin- und her switchen. Einige der Studienteilnehmer erlebten dieses Phänomen über alle Durchgänge hinweg. Weiterhin wurden nach Abschluss der Untersuchungen Kategorien zu den Phantomwörtern erstellt, deren Analyse teils deutliche und interessante Gruppenunterschiede hervorbrachte. So hörten die Kontrollprobanden signifikant mehr Phantasieworte als die Patienten. Bei der Anzahl der gehörten Basisbegriffe (wie oft das vorgegebene Basiswort gehört wurde) und der 124 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Anzahl an anderen realen Wörtern, die wahrgenommen wurden, unterschieden sich die Gruppen indes nicht. Bemerkenswert ist allerdings der Umstand, dass bei der Evaluation der Unterkategorien (positive-, negative, - neutrale Valenz) der wahrgenommen Realworte, die Kontrollgruppe signifikant häufiger negativ konnotierte Worte als die Patientengruppe hörte. Es wäre interessant, ob sich dieser Befund in weiteren Untersuchungen replizieren ließe. Es ist anzumerken, dass das Gros der gehörten Phantasie- und Realwörter Abwandlungen des vorgegebenen Basiswortes waren. So wurde z.B. „Rennen“ häufig zu „trennen“ „glennen“ oder „grennen“ transformiert; „“Rosa“ wurde des öfteren in „Arosa“ umgekehrt; „Hase“ wurde zu „Hasse“, „Hasi“ oder „heiß/beiß/weiß sie“. Einige Versuchpersonen nahmen auch Worte aus ihrem Dialekt oder aus ihnen bekannten Fremdsprachen wie Englisch oder Französisch war. Bei der Subgruppenauswertung auf Grund des Halluzinationserlebens resultierte weiterhin Interessantes: Auch bei den wahrgenommenen negativen Realworten gab es signifikante Unterschiede. Spitzenreiter war wiederum die Kontrollgruppe, den zweithöchsten Wert hatten die halluzinierenden Patienten Hier könnte eine mögliche Erklärung für die Unterschiede zwischen den Patientensubgruppen sein, dass die halluzinierenden im Vergleich zu den anderen Patienten wegen der negativen Stimmen, die während akustischer Halluzinationen oft erlebt werden, auf negative Inhalte geprimt sind. Dies könnte aber nicht erklären, warum die Kontrollgruppe hier den höchsten Wert erzielte. Für weitere Untersuchungen zum Paradigma der Phantomwörter wäre es wohl vorteilhaft, zunächst einmal nur dieses Paradigma für sich allein, detailliert zu untersuchen. Eine eingehendere Überprüfung sollte auf jeden Fall wesentlich mehr Durchgänge vorsehen und Basiswörter mit unterschiedlicher emotionaler Valenz vorgeben. Schon die Analyse der wahrgenommenen Wörter zeigt, dass die emotionale Valenz eine interessante Variable darstellt. 7.4. Einschränkungen der Verallgemeinerbarkeit der gewonnenen Resultate Neben der fraglichen Validität und Reliabilität des Paradigmas der verbalen Transformation für die Evaluierung psychopathologischer Prozesse bestehen weitere Schwierigkeiten und Einschränkungen der Gültigkeit der vorliegenden Ergebnisse in der Stichprobengröße (da Ausreißer und Extremwerte vorkamen), den Verständnisschwierigkeiten mit der Source Monitoring Scale, der wohl nicht lupenrein psychotischen Patientenkonstellation sowie in der möglichen Konfundierung sozio-ökonomischer Variablen wie in 7.1.5 beschrieben. 125 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Ein weiterer kritischer Punkt betrifft die Kontrollgruppe: Nach Romme und Escher (1989; zitiert nach Morrison und Haddock, 1997) könnte eine wichtige Erwägung für zukünftige Studien darin bestehen, abzusichern, dass keiner der Probanden der Kontrollgruppe(n) bislang halluzinatorische Erfahrungen gemacht hat. Das Ausschlusskriterium für die Kontrollgruppe gesunder Versuchspersonen, in der Vergangenheit psychiatrische Behandlung erfahren zu haben, scheint in diesem Zusammenhang unzulänglich. Es ist vielmehr evident, dass auch gesunde Personen halluzinatorische Erlebnisse haben können. Studien zur Erhebung von halluzinatorischen Erfahrungen bei Gesunden kommen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen, je nach Fragestellung geben zwischen 20% – 80% an, schon einmal Halluzinationen erlebt zu haben. 7.5. Ausblick Das Gros der erzielten Resultate stützt eine der grundlegenden Annahmen dieser Studie, die besagt, dass die schizophrene/psychotische Symptomatik nicht auf ein eng umschriebenes Wahrnehmungsdefizit zurückzuführen ist, sondern dass vielmehr ein mehrschichtiges Zusammenspiel verschiedener neuro-kognitiver Prozesse für die psychopathologischen Ausformungen verantwortlich sind. Diese sind noch nicht klar identifiziert. Allerdings scheint die Annahme einer grundlegenden Beeinträchtigung in der kognitiven Koordination bzw. im neuro-kognitiven Binding, von der Autoren wie Silverstein und Uhlhaas (2004) oder Tschacher (2008) ausgehen, in Anbetracht der in dieser Arbeit zusammengetragenen Befunde ein interessanter Ansatz für die zukünftige Schizophrenieforschung zu sein. Einer der entscheidenden Fragen ist wohl auf welchem Weg bzw. mit welchen Mitteln die mutmaßlich zu Grunde liegenden dysfunktionalen Prozesse aufzudecken sind. Tschacher (2004) schlägt in diesem Zusammenhag vor, neben dem Paradigma der perzeptuellen Gestaltbildung weitere Alternativen in Betracht zu ziehen. Ein seiner Meinung nach viel versprechendes Konstrukt stellt das so genannte intersensorische Binding dar, bei welchem die kognitive Koordination umfassender, da in mehreren Domänen gleichzeitig stimuliert, untersucht werden kann. Auch der Hinweis von Morrison und Haddock (1997), die anmerken, dass die Suche nach dem entscheidenden basalen Defizit, das zu schizophrenen Störungen führt, bislang vielleicht deshalb erfolglos geblieben ist, weil in zu großen Dimensionen bzw. mit einem zu groben Raster danach gesucht wurde, ist beachtenswert. Die Autoren glauben, dass es durch viele kleine Schritte und der Untersuchung konkreter Aspekte psychotischer Symptomatik letztlich 126 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees möglich sein könnte, eine zu Grunde liegende Dysfunktion immer näher einzukreisen und schließlich zu identifizieren. In weiterführenden Studien zur Evaluation des Kontextes von (auditiven) Halluzinationen wäre es wohl nützlich, die Bedeutung von metakognitiven Überzeugungen bezüglich der Kontrollierbarkeit eigener Gedanken genauer zu untersuchen, um so weitere Rückschlüsse auf die Attribuierungsprozesse gewinnen zu können. Hilfreich wäre nach Morrison und Haddock (1997) auch die genauere Untersuchung der Frage welche Rolle das Konstrukt der kognitiven Dissonanz in der Entwicklung und Aufrechterhaltung von Halluzinationen spielt. Darin liegt möglicherweise auch ein wichtiger Ansatzpunkt für die Weiterentwicklung von psychologisch-psychotherapeutischen Interventionen darstellen. Sowohl Morrison und Haddock (1997) als auch Tschacher und Kupper (2006) sehen insbesondere in einer kognitiv, informativ- aufklärend orientierten Therapiemethode eine viel versprechenden Behandlungsmöglichkeit psychotischer Patienten. Tschacher und Kupper bezeichnen diesen Ansatz als „Kognitive Remediation“ und verstehen darunter konkret, dass die Therapie über Tendenzen beim Beurteilen/Einschätzen von Zusammenhängen aufklären und informieren soll - mit dem Ziel der Modifizierung von Antworten und Reaktionen auf bestimmte Wahrnehmungen. Ein wichtiger Bestandteil der kognitiven Remediationstherapie ist auch die praktische Anwendung. Für Patienten mit Gestaltdefiziten ist zunächst ein Training mit abstrakten visuellen Mustern und Material angedacht, dass letztlich die soziale Wahrnehmung schulen soll. Der Therapeut soll hierbei gezielt sowohl Unterstützung als auch Hilfe bieten, um den Patienten bei Übungen zum Suchen und Finden von kausalen Strukturen bzw. Bedeutungen zu fördern. Auf Grund der Annahme, dass bei psychotischen Störungen, insbesondere bei Gestaltdefiziten, vorbewusste Prozesse eine entscheidende Rolle spielen, ist es allerdings noch fraglich inwieweit hierauf tatsächlich kognitiv-aufklärend-informativ therapeutisch Einfluss genommen werden kann. Jedenfalls wird für die Effektivität psychotherapeutischer Interventionen wie für die weitere Theorienbildung und erfolgreiche wissenschaftliche Evaluation psychotischer Störungen entscheidend sein, dass Praxis und Forschung möglichst eng zusammen arbeiten. Beide Domänen können von einer konstruktiven und eng verzahnten Zusammenarbeit nur profitieren und so gemeinsam dazu beitragen, das Rätsel Schizophrenie Schritt für Schritt zu lösen. 127 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 8. Literaturverzeichnis Allen, P.P., Johns, L.C., Fu, C.H.Y., Broome, M.R., Vythelingum, G.N. & McGuire, P.K. (2003). Misattribution of external speech in patients with hallucinations and delusions. Schizophrenia Research, 69, 277-287. Allen, P., Freeman, D., Johns, L. & McGuire, P. (2006). Missatribution of selfgenerated speech in relation to hallucinatory proneness and delusional idestion in healthy volunteers. Schizophrenia Research, 84, 281-288. American Psychiatric Association (2000). Diagnostic and Statistical Manual of Mental disorders (4th Edition Text Revision). Washington, DC: Author. Aschenbrenner, S. Tucha. O. & Lange, K.W. (2001). Der Regensburger Wortr- flüssigkeits-Test. Göttingen: Hogrefe. 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Testbogen Name: ___________________________Vorname: _________________________ Code* ___________________________Datum _________________Zeit________ Codierung Erste Stelle: I: Index [Personen mit einer schizophrenen Erkrankung nach ICD-10] C: Control [Personen ohne psychiatrische Erkrankung] Zweite Stelle: O: [Personen, bei denen nie akustische Halluzinationen aufgetreten sind (erhoben mit Abschnitt aus SKID-Interview und Dokumentation der Krankengeschichte)] F: [Personen, bei denen früher akustische Halluzinationen aufgetreten sind (erhoben mit Abschnitt aus SKID-Interview und Dokumentation der Krankengeschichte)] A: [Personen, die gegenwärtig unter akustischen Halluzinationen leiden (erhoben mit der PANSS)] Dritte Stelle: M: male (männlich);F: female (weiblich) Vierte Stelle: Zweiter Buchstabe des ersten Vornamen: bei Luca⇒ U Fünfte Stelle: Zweiter Buchstabe des Nachnamen: bei Meier⇒ E Stelle sechs bis acht: Durchnummerierung der Personen von 001 bis XXX. Beispiel: Bei Luca Meier wurde eine schizophrene Erkrankung nach ICD-10 diagnostiziert. Bei ihm treten derzeit keine Halluzinationen auf; das Auftreten dieser Symptomatik ist aber in der Krankengeschichte dokumentiert. Er ist als 7. Versuchsperson gekommen. ⇒ IFMUE007 135 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Begrüssung und Information Wir danken Ihnen herzlich dafür, dass Sie sich die Zeit nehmen, an unserer Studie über Wahrnehmung teilzunehmen. In der folgenden Studie werden wir mit Ihnen ein Interview führen, eine Reihe kurzer Tests durchführen und Sie bitten ein paar Fragebögen auszufüllen. • Bei dem Interview, den Tests und Fragebögen geht es darum, etwas mehr über Vorgänge der Wahrnehmung herauszufinden. Die Studie soll insbesondere zeigen, von welchen Faktoren das Hören von akustischen Signalen/Reizen beeinflusst werden kann. • Es handelt sich hierbei nicht um einen Leistungstest. Entsprechend gibt es kein „richtig“ oder „falsch“; uns interessiert lediglich Ihre persönliches Erleben. • Die Untersuchung wird in zwei Phasen durchgeführt: Die erste Phase besteht aus einem ca. 60-minütigen Interview, während dem wir abklären möchten, ob Sie derzeit unter irgendwelchen psychischen Beschwerden leiden. In der zweiten Phase werden wir einige demographische Angaben von Ihnen erfragen und Sie dann bitten, ein paar Fragebögen auszufüllen sowie einige Tests durchzuführen. Auch diese Phase dauert ca. 60 Minuten. • Die Ergebnisse der Befragung, Ihre Antworten zu den Fragen sowie Ihre Testresultate werden anonymisiert behandelt und können nur von dafür autorisierten Personen mit Verpflichtung zur Schweigepflicht eingesehen und ausgewertet werden. 136 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Demographische und klinische Angaben Geburtsdatum: _______________________ Nationalität: O CH Geschlecht: O ledig (led) O ja (j) O geschieden (gesch) O verheiratet (verh) O verwitwet (verw) O getrennt (getr) Kinder: Om O andere _______________________ Aufenthaltsbewilligung Zivilstand: Ow Anzahl eigene Kinder: ___________________________ Bildungsgrad: O 1 (Sonderschule oder Abbruch der obligatorischen Schulzeit) O 2 (Realschule) O 3 (Sekundarschule) O 4 (Matur / DMS / u.a. Mittelschulen) O 5 (Fachhochschule /Lehrer-Seminar) O 6 (Universitätsabschluss) Berufsabschluss: O 1 (Keinen Berufsabschluss) O 2 (Anlehre) O 3 (Lehrabschluss) O 4 (Fachhochschulen, Seminar (Lehrer-, Kindergarten-)) O 5 (Universität) Aktuelle Tätigkeit: O 1 (ohne Tätigkeit) O 2 (geschützte Tätigkeit) O 3 (Teilzeit-Tätigkeit) O 4 (Vollzeit-Tätigkeit) 137 O nein (n) Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung: Aktuelle ICD-10-Diagnose/n (aus KG): ICD-10-Code: ________ Diagnose ausgeschrieben: __________________________________________ ICD-10-Code: ________ Diagnose ausgeschrieben: __________________________________________ Wann wurde/n die obige ICD-10-Diagnose/n vergeben: ___________________________ Medikation: O nein (n) O ja (j),welche? ______________ _______________ _______________ Dosen am Tag der Testung? Hospitalisationen: O nein (n) O ja (j) Anzahl (inkl. der aktuellen Hospitalisation) __________________ Datum Ersthospitalisation: _____________ Alter:_______ Eintrittsdatum der aktuellen Hospitalisation: ______________ Tabakkonsum: O nein (n) O ja (j) Wie viel Zigaretten haben Sie heute schon geraucht? _______________________________ Wie viel Zigaretten rauchen Sie durchschnittlich pro Tag? ____________________________ Sichtkorrektur: O nein (n) O ja (j) Hörschwierigkeiten: O nein (n) O ja (j) Musikkenntnisse: Haben Sie ein besonderes Interesse an Musik? O ja (j) O nein (n) Spielen Sie ein Instrument? O ja (j) O nein (n) O ja (j) O nein (n) Wie lange? ____________ Haben Sie Ausbildung im musikalischen Bereich? 138 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Word-Fluency- Test („F“, „B“, „L“ / Kategorien, Version A) Instruktion: „Ich werde Ihnen nun gleich 3 Mal einen Buchstaben vorgeben. Zählen Sie jeweils möglichst viele Wörter auf, die mit diesem Buchstaben beginnen. Sie können dabei die verschiedensten Wörter nehmen ausser Namen von Personen oder Ortschaften und Ländern. Wenn ich den Buchstaben "R" vorgebe, sollen Sie nicht "Robert" oder "Russland" sagen. Sie können z.B. "roh" oder "Rauch" nennen. Sie sollen auch nicht das gleiche Wort mehrmals mit einer anderen Endung verwenden. Wenn Sie also schon "rot" gesagt haben, so geht "Rotlicht" nicht mehr. Pro Buchstabe, den ich vorgebe, haben Sie 1 Minute Zeit.“ (Pause) „Sobald Sie den Buchstaben hören, können Sie beginnen. Der erste Buchstabe ist "F":“ Word fluency: F B L A F- Wörter B-Wörter 139 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees L-Wörter ∑ korrekt: Pers: rule breaks: Word fluency: Kategorien F%: A Instruktion: „Ich werde Ihnen nun gleich jeweils eine Kategorie, wie z.B. "Obst", vorgeben. Zählen Sie möglichst viele Wörter, welche in diese Kategorie passen – z.B. Äpfel, Birnen etc. Achten Sie bitte darauf, dass Sie kein Wort mehrmals nennen. Pro Kategorie, die ich vorgebe, haben Sie 1 Minute Zeit.“ (Pause) „Sobald Sie die Kategorie hören, können Sie beginnen. Die erste Kategorie ist "Tiere":“ Kategorie "Tiere" 140 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Kategorie "Körperteile" Kategorie "Supermarkt" ∑ korrekt: Pers: rule breaks: 141 F%: Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Mehrfachwahlwortschatztest (MWT, Version B) Instruktion: „Sie sehen hier mehrere Reihen mit Wörtern. In jeder Reihe steht höchstens ein Wort, das Ihnen vielleicht bekannt ist. Wenn Sie es gefunden haben streichen Sie es bitte durch.“ 1. Nale - Sahe - Nase - Nesa - Sehna 2. Funktion - Kuntion - Finzahm - Tuntion - Tunkion 3. Struk - Streik- Sturk - Strek - Kreik 4. Kulinse - Kulerane - Kulisse - Klubihle - Kubistane 5. Kenekel -Gesonk - Kelume - Gelenk- Gelerge 6. siziol - salzahl - sozihl - sziam - sozial 7. Sympasie - Symmofeltrie - Symmantrie - Symphonie - Sympianie 8. Umma - Pamme - Nelle - Ampe - Amme 9. Krusse - Surke - Krustelle - Kruste - Struke 10. Kirse - Sirke - Krise - Krospe - Serise 11. Tinxur - Kukutur - Fraktan - Tinktur - Rimsuhr 12. Unfision - Fudision - Infusion - Syntusion - Nuridion 13. Feudasmus - Fonderismus - Föderalismus - Födismus - Föderasmus 14. Redor - Radium - Terion - Dramin - Orakium 15. kentern - knerte - kanzen - kretern - trekern 16. Kantate - Rakante - Kenture - Krutehne - Kallara 17. schalieren - waschieren - wakieren - schackieren – kaschieren 18. Tuhl - Lar- Lest - Dall - Lid 19. Dissonanz - Diskrisanz - Distranz - Dinotanz - Siodenz 20. Ferindo - Inferno - Orfina - Firanetto - Imfindio 21. Rilkiase - Kilister- Riliker- Klistier- Linkure 22. kurinesisch - kulinarisch - kumensisch - kulissarisch - kannastrisch 23. Rosto - Torso - Soro - Torgos - Tosor 24. Kleiber- Beikel - Keibel - Reikler - Biekerl 25. Raike - Korre - Ruckse - Recke - Ulte 26. Lamone - Talane - Matrone - Tarone - Malonte 27. Tuma - Umat - Maut - Taum - Muta 28. Sorekin - Sarowin - Rosakin - Narosin - Kerosin 29. beralen - gerältet - anälteren - untären - verbrämen 30. Kapaun - Paukan - Naupack- Aupeck- Ankepran 31. Sickaber - Bassiker - Kassiber - Sassiker - Askiber 32. Pucker- Keuper- Eucker- Reuspeck- Urkane 33. Spirine - Saprin - Parsin - Purin - Asprint 34. Kulon - Solgun - Koskan - Soran - Klonus 35. Adept - Padet - Edapt - Epatt - Taped 36. Gindelat - Tingerat - Indigenat - Nitgesaar - Ringelaar 37. Berkizia - Brekzie - Birakize - Brikazie - Bakiria 142 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees “Source Monitoring Scale” Instruktion: „Ich werde Ihnen nun eine Reihe von Begriffen nennen. Sagen Sie mir bitte das erste Wort, das Ihnen jeweils bei dem von mir genannten Begriff durch den Kopf geht.“ Der Versuchsleiter schreibt die von der Versuchsperson genannten Wörter auf; stellt dann die Fragen inkl. der Antwortmöglichkeiten zur Internalität und Kontrolle und notiert die Antworten. Welches Wort geht Ihnen beim Begriff Schrank als Erstes durch den Kopf?___________________ Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von Ihren eigenen Gedanken stammt? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Welches Wort geht Ihnen beim Begriff Mut als Erstes durch den Kopf?_______________________ Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von Ihren eigenen Gedanken stammt? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Welches Wort geht Ihnen beim Begriff Sofa als Erstes durch den Kopf?_____________________ Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von Ihren eigenen Gedanken stammt? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Welches Wort geht Ihnen beim Begriff Furcht als Erstes durch den Kopf?_____________________ Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von Ihren eigenen Gedanken stammt? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr 143 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Welches Wort geht Ihnen beim Begriff Vertrauen als Erstes durch den Kopf?__________________ Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von Ihren eigenen Gedanken stammt? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Welches Wort geht Ihnen beim Begriff Bücherregal als Erstes durch den Kopf?________________ Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von Ihren eigenen Gedanken stammt? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Welches Wort geht Ihnen beim Begriff Nervosität als Erstes durch den Kopf?__________________ Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von Ihren eigenen Gedanken stammt? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Welches Wort geht Ihnen beim Begriff Kompetenz als Erstes durch den Kopf?_________________ Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von Ihren eigenen Gedanken stammt? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr 144 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Welches Wort geht Ihnen beim Begriff Panik als Erstes durch den Kopf?______________________ Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von Ihren eigenen Gedanken stammt? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Welches Wort geht Ihnen beim Begriff Tischdecke als Erstes durch den Kopf?_________________ Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von Ihren eigenen Gedanken stammt? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Welches Wort geht Ihnen beim Begriff Anspannung als Erstes durch den Kopf?________________ Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von Ihren eigenen Gedanken stammt? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Welches Wort geht Ihnen beim Begriff Sicherheit als Erstes durch den Kopf?__________________ Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von Ihren eigenen Gedanken stammt? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam? überhaupt nicht ein wenig mittelstark ziemlich sehr 145 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees DACOBS Wie sehr treffen die folgenden Aussagen nach Ihrer Ansicht zu? Bitte kreuzen Sie bei jeder Aussage das zutreffende Kästchen an. -3 -2 -1 0 1 2 3 stimmt überhaupt nicht stimmt nicht stimmt eher nicht unentschieden stimmt eher stimmt stimmt genau 1 2 3 4 5 6 7 8 9 1 0 1 1 1 2 Ich habe Mühe, morgens aufzuwachen. Die Gefühle anderer Leute verwirren mich. Wenn ich mich auf eine Aufgabe konzentriere, vergesse ich die Welt um mich herum. Ich vergewissere mich zuhause stets, dass alle Fenster und Türen geschlossen sind. Die Leute hacken auf mir herum. Zweifel sind Zeitverschwendung. Irrelevante Informationen lenken mich nicht ab. Die Welt verändert sich ständig. Bevor ich zu einem Entschluss gelange, muss ich zuerst lange Zeit nachdenken. Man verlässt sich besser auf sich selbst. -2 -2 -1 -1 0 0 1 1 2 2 3 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -3 -3 -2 -2 -2 -1 -1 -1 0 0 0 1 1 1 2 2 2 3 3 3 -3 -3 -2 -2 -1 -1 0 0 1 1 2 2 3 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -2 -1 0 1 2 3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 Wenn ich eine andere Person anschaue, bleibe ich oft an Einzelheiten hängen: ich sehe zum Beispiel nur die Nase, Augen oder Ohren. -3 Ich nehme alle Telefonanrufe entgegen. 1 3 1 4 1 5 1 6 Der erste Gedanke oder Einfall ist der Richtige. 1 7 Oft kommt mir die richtige Lösung ganz plötzlich in den Sinn. Ich bin nicht empfänglich für Gefahren. 1 8 -3 -3 Es verwirrt mich, wenn Andere freundlich zu mir sind. Leute, die ich nicht kenne, sind gefährlich. Menschen machen mein Leben lebenswert. 1 9 2 0 2 1 2 2 Ich zögere nicht, Dinge zu hinterfragen. 2 3 Ich verstehe nicht, warum Menschen glücklich sein können. Wenn es notwendig ist, gehe ich auch an gefährliche Orte. -3 Wenn ich ein Ziel habe, weiß ich nicht, wie ich es erreichen kann. -3 Ich sehe automatisch, wie Dinge zusammenhängen. 146 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Wie sehr treffen die folgenden Aussagen nach Ihrer Ansicht zu? Bitte kreuzen Sie bei jeder Aussage das zutreffende Kästchen an. -3 -2 -1 0 1 2 3 stimmt überhaupt nicht stimmt nicht stimmt eher nicht unentschieden stimmt eher stimmt stimmt genau 2 4 2 5 Ich wittere überall Gefahren. 2 6 Ich bin ein Schnelldenker. 2 7 Die Reaktionen anderer Leute überraschen mich nicht so leicht. Ich frage die Leute offen, was sie denken. 2 8 2 9 3 0 3 1 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 Manchmal habe ich recht, manchmal nicht. Ich kann rasch Zusammenhänge herstellen. -3 -2 -1 0 1 2 3 Ich kann die Gedanken anderer Leute nicht sehr gut lesen. -3 Ich öffne alle an mich adressierten Briefe. -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 Auch wenn ich von etwas überzeugt war, kann ich meine Meinung leicht ändern. -3 Es ist häufig glasklar, was die Leute wirklich meinen. -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -2 -1 0 1 2 3 -2 -1 0 1 2 3 3 2 Meine Befürchtungen bestätigen sich immer. 3 3 Meine Verfolger überwachen mich. 3 4 3 5 3 6 3 7 Die Leute geben mir immer eine Chance. 3 8 Zuhause ist dort, wo ich mich am wohlsten fühle. 3 9 Manchmal nehme ich Musik nur als einzelne Töne wahr. 4 0 4 1 4 2 4 3 Ich ziehe es vor, die Leute im Auge zu behalten. -3 -2 -1 0 1 2 3 4 4 Wenn ich andere lachen höre, denke ich, dass sie über mich lachen. -3 Ich öffne nicht immer die Türe, wenn es klingelt. -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 4 6 Die Menschen sind gerecht zu mir. In meinem Leben liefen einige Dinge wegen anderer Leute schief. -3 Bevor ich einen Entschluss fasse, wäge ich für eine Weile die Alternativen ab. -3 Wenn etwas schief läuft, steckt irgendjemand dahinter. Manchmal fällt in meinem Kopf alles auseinander. 147 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Wie sehr treffen die folgenden Aussagen nach Ihrer Ansicht zu? Bitte kreuzen Sie bei jeder Aussage das zutreffende Kästchen an. -3 -2 -1 0 1 2 3 stimmt überhaupt nicht stimmt nicht stimmt eher nicht unentschieden stimmt eher stimmt stimmt genau 4 7 4 8 Für die Dinge, die in meinem Leben schief gehen, bin ich selbst verantwortlich. -3 Geräusche und Lärm alarmieren mich. -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 9 Hinter Misserfolg steckt Pech, nicht Sabotage. -3 -2 -1 0 1 2 3 5 0 Ich vertraue meinen Schlussfolgerungen nicht. -3 -2 -1 0 1 2 3 5 1 5 2 5 3 5 4 Wenn andere wütend auf mich sind, weiß ich meist warum. -3 In manchen Situationen begreife ich nicht, was los ist. -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 5 5 Je schneller desto besser. -3 -2 -1 0 1 2 3 5 6 Ich kann mich leicht in andere hinein versetzen. -3 -2 -1 0 1 2 3 5 7 5 8 5 9 6 0 Orte mit vielen Leuten vermeide ich nicht. -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -2 -1 0 1 2 3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 6 1 Ich kann meine Überzeugungen rasch beweisen. Ich werde ohne Grund verfolgt. Ich kann andere Leute täuschen. Das Verhalten anderer Leute verwirrt mich überhaupt nicht. -3 In einem geschlossenen Raum sitze ich gerne nahe bei der Türe. -3 Ich kann Emotionen sehr gut an Gesichtern ablesen. 6 2 Menschen kann man vertrauen. 6 3 6 4 6 5 6 6 Ich suche nach Beweisen, die meine Ideen bestätigen. 6 7 Wenn ich Gefahr wittere, gehe ich weg. 6 8 -3 6 9 -3 -2 -1 0 1 2 3 Die Leute sind hinter mir her, weil ich etwas falsch gemacht habe. -3 Ich ändere meine Meinung sehr oft. -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 Es gibt einen kontinuierlichen Fluss der Dinge und Ereignisse. -3 In einer Gruppe fühle ich mich wohl. -2 -1 0 1 2 3 -2 -1 0 1 2 3 Leute überwachen mich. 148 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Wie sehr treffen die folgenden Aussagen nach Ihrer Ansicht zu? Bitte kreuzen Sie bei jeder Aussage das zutreffende Kästchen an. -3 -2 -1 0 1 2 3 stimmt überhaupt nicht stimmt nicht stimmt eher nicht unentschieden stimmt eher stimmt stimmt genau 7 0 7 1 Ich kann mich leicht entspannen und dabei die Welt um mich herum vergessen. -3 Ich kann andere Menschen leicht einschätzen. -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 7 2 Es kommt vor, dass ich mich irre. -3 -2 -1 0 1 2 3 7 3 Leute verwirren mich. -3 -2 -1 0 1 2 3 7 4 7 5 7 6 Ich denke, Vorsicht ist besser als Nachsicht. -3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3 Ich schenke den Einzelheiten mehr Aufmerksamkeit als dem Ganzen. -3 -2 -1 0 1 2 3 Auch für eine simple Tatsache gibt es viele Erklärungen. 149 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees PANAS Geben Sie bitte an, wie Sie sich im Moment fühlen überhaupt nicht ein wenig aktiv interessiert erfreut stark angeregt stolz begeistert wach entschlossen aufmerksam bekümmert verärgert schuldig erschrocken feindselig gereizt beschämt nervös durcheinander ängstlich 150 mittelmäßig ziemlich sehr Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees BEGINN DER TESTREIHE AM COMPUTER Checkliste vor Beginn der Testung am Computer: Folgende Punkte sollten beachtet werden, damit die Versuchspersonen unter vergleichbaren Bedingungen getestet werden. • Vermeiden von Licht-Reflexion auf dem Monitor Keine Lichtquelle hinter dem Computer • Konstante Hintergrundgeräusche Türe und Fenster schliessen • 50 cm Abstand vom Auge der Versuchsperson zum Bildschirm • Die Versuchsperson soll senkrecht auf den Bildschirm schauen • Vor akustischen Tests müssen die Standardeinstellungen der Mikrofon- und Kopfhörerlautstärke sowie der Regler auf den Softwareoberflächen der einzelnen Tests überprüft werden Vorbemerkung an die Versuchsperson: „Bevor wir die Testreihe beginnen, möchte ich Sie bitten, falls Sie Fragen haben, diese jeweils nach der Instruktion zu einem Test oder während und nach Probedurchläufen zu stellen, wenn ein Test ein solche vorsieht. Während der Testphasen sollten Sie aber aus Konzentrationsgründen nicht mehr sprechen; es sei denn Sie werden darum gebeten.“ 151 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Einfach-Hörtest Der Versuchsleiter überprüft die Lautstärkeneinstellung des Kopfhörerausgangs am „Interface“. Der Lautstärkenregler am „Interface“ sollte zu ¾ aufgedreht sein. Er weist die Versuchsperson aber gleichzeitig darauf, dass diese Standardeinstellung individuell angepasst werden kann, falls diese für sie zu leise oder zu laut ist. Gegebenenfalls sollte sie den Versuchsleiter möglichst rasch nach Beginn des Tests darauf aufmerksam machen. Instruktion: Die Instruktionen werden vom Programm gegeben „Motion Induced Blindness“ (MIB_Vortest) Instruktion: Die Instruktionen werden vom Programm gegeben 152 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Phantom-Wörter Der Versuchsleiter überprüft zuerst die Lautstärkeneinstellung des Kopfhörerausgangs am „Interface“. Der Lautstärkenregler am „Interface“ sollte halb aufgedreht sein. Instruktion: Die Instruktion wird weitgehend vom Programm gegeben. Nachdem die Versuchsperson die Instruktion gelesen hat, den Kopfhörer angezogen und die Augen geschlossen hat, startet der Versuchsleiter den Durchgang jeweils durch das Drücken der Leertaste. Der Testablauf beinhaltet 2 Probe- und 3 Testdurchgänge. Der 1. Probedurchgang dient lediglich dazu, die Versuchsperson einen Eindruck vom akustischen Signal gewinnen zu lassen und wird nicht weiter besprochen. Nach jedem weiteren Durchgang wird die Versuchsperson, nachdem sie die Augen wieder geöffnet und den Kopfhörer abgenommen hat, gefragt, was sie während des Durchgangs erlebt hat. Dies wird ihr vor dem 2. Probedurchgang mitgeteilt. Vorbemerkung an die Versuchsperson: „Nach den nun folgenden Durchgängen werde ich Sie jeweils fragen, was Sie genau gehört haben.“ Instruktion der Nachbefragung: „Wahrscheinlich haben Sie gerade eben verschiedene Wörter gehört. Können Sie mir sagen, wie viele und welche Wörter das waren?“ Der Versuchsleiter notiert die genannten Wörter 2. Probedurchgang 1. Testdurchgang 2. Testdurchgang 153 3. Testdurchgang Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees „Stream Segregation“ Der Versuchsleiter überprüft die Lautstärkeneinstellung des Kopfhörerausgangs am „Interface“. Der Lautstärkenregler am „Interface“ sollte zu ¾ aufgedreht sein. Instruktion „Sie werden nun über den Kopfhörer jeweils verschiedene Klangsequenzen hören. Diese dauern jeweils ca. eine halbe bis 1 Minute. Ich bitte Sie jedes Mal, wenn Sie den Eindruck haben einen Galopp zu hören, zwei Tasten auf dieser Bedienung zu drücken (Der Versuchsleiter zeigt dem Probanden die Tasten). Wichtig ist dabei, dass Sie die Taste so lange gedrückt halten, so lange Sie den Eindruck haben einen Galopp zu hören. Sobald Sie den Galopp nicht mehr hören, lassen Sie die Taste los. Drücken Sie bitte jedes Mal, wenn Sie den Eindruck haben einen Galopp zu hören – unabhängig davon, ob Sie diesen Eindruck nur für sehr kurze Zeit oder länger haben. Halten Sie die Taste, während der Dauer des Galoppeindrucks gedrückt. Haben Sie noch Fragen? Dann beginnen wir nun mit einem Probedurchgang. Nach diesem 1. Durchgang gibt es eine kurze Pause, in der Sie mir Fragen stellen können, sofern Ihnen etwas unklar erscheint. Danach folgen 9 bzw. 12 Testdurchgänge. Ich bitte Sie beim Hören die Augen zu schliessen. Die einzelnen Durchgänge werden jeweils von mir gestartet. Nicken Sie deshalb mit dem Kopf, wenn Sie bereit sind, damit ich den Durchgang starten kann. Wenn ein Testdurchgang beendet ist, öffnen Sie bitte die Augen und nicken Sie bitte wieder mit Kopf, wenn Sie für den nächsten Durchgang bereit sind, oder sagen Sie mir, dass Sie eine Pause benötigen. Legen Sie nun bitte die Finger auf die Tasten der Bedienung, schließen Sie die Augen und konzentrieren Sie sich ganz auf das folgende Klangbeispiel.“ Der Versuchsleiter startet die Durchgänge durch das Drücken der Leertaste. 154 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees „Motion Induced Blindness“ (MIB, Version Grossmann) Kurzbeschrieb: Der Versuchsperson werden 3 gelbe Punkte präsentiert, die in Form eines Dreiecks angeordnet auf blauem Hintergrund zu sehen sind. Der blaue Hintergrund besteht aus einem sich im Uhrzeigersinn drehenden Gittermuster. Die gelben Punkte können einzeln oder gemeinsam zeitweise verschwinden. Während die Versuchsperson immer das Kreuz in der Mitte (Hintergrund) fixiert (wiederholt darauf aufmerksam machen!), drückt sie die Leertaste sobald einer oder mehrere Punkte verschwinden und hält die Taste solange gedrückt bis wieder alle drei Punkte zu sehen sind. Nach einem naiven Probedurchgang werden 3 Testdurchgänge durchgeführt. Die Versuchsperson wird vor jedem Durchgang gefragt, ob sie bereit sei. 1 Probephase (naiv): Anleitung zur Durchführung: 1. 2. 3. 4. 5. 6. Aufzeichnungsprogramm (Recorder) öffnen: „Verknüpfung mit Aufzeichnung f...“ doppelklicken. Aufzeichnungszeit eingeben in Millisekunden [ms]: 60'000 ms. Öffnen des Demoprogramms: „Verknüpfung mit winmib.exe“ doppelklicken. Mit rechtem Mausklick klicken, bis die erwünschte MIB-Vorlage erscheint. Recorder in den Vordergrund holen: ALT gedrückt halten und mit TAB das „Kaffeesymbol“ auswählen; dann ALT und TAB loslassen. Instruktion geben. Recorder starten: Aufzeichnungszeit überprüfen: 60'000 ms und dann „Aufzeichnung“ klicken. Mit dem Klicken auf „Aufzeichnung“ beginnt der Recorder aufzuzeichnen. Mit dem Ablaufen der eingegebenen Aufzeichnungszeit kommt ein Fenster, das fragt, ob - und wenn ja, wo die aufgezeichneten Daten gespeichert werden sollen. a. Auf dem Desktop speichern b. Code_x.txt i. *.txt steht für Textdatei: Um diese Datei zum Lesen zu öffnen, kann dann auf dem Desktop das entsprechende Icon doppelklicken. ii. Code steht für den Code der Versuchsperson. iii. x steht für den Indexbuchstaben des Testdurchgangs: a-d, wobei a= Probedurchgang und b-d= Testdurchgänge 1-3 Instruktion zur Probephase: „Im folgenden Experiment werden Sie drei gelbe Punkte in einem Rechteck aus blauen Kreuzen sehen. Das Rechteck aus blauen Kreuzen wird sich drehen. Ich würde sie bitten das blaue Kreuz ganz in der Mitte zu fixieren und mir laufend zu berichten, ob Sie irgendwelche Veränderungen waIhrnehmen.“ Falls die Versuchsperson nachfragt: Welche Art von Veränderung, antworten: „Irgendwelche Veränderungen auf dem Bildschirm.“ Die Versuchsperson wird während dem ersten Durchgang gefragt, was sie sieht. Bemerkungen: 155 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Hat die Versuchsperson das MIB erkannt? ❏ Ja, die Versuchsperson hat MIB erkannt? ❏ Nein, die Versuchsperson hat MIB nicht erkannt? 3 Testdurchgänge: Anleitung zur Durchführung: 7. Einleiten eines nächsten Durchgangs: Demoprogramm (winmib) durch Anklicken in den Vordergrund holen und mit dem Klicken der rechten Maustaste MIB-Vorlage auswählen. 8. Aufzeichnungsprogramm in den Vordergrund holen mit ALT und TAB (siehe oben) und „Reset“ drücken. (Die Expositionszeit von 60'000 bleibt bestehen und wird auch nicht verändert.) 9. Instruktion geben. 10. Recorder starten. Instruktion zum 1. Testdurchgang: „Sie sehen nachfolgend drei gelbe Punkte in einem Rechteck aus blauen Kreuzen. Fixieren Sie bitte, das blaue Kreuz ganz in der Mitte. Die gelben Punkte werden einzeln oder gemeinsam verschwinden und wieder auftauchen. Drücken Sie die Leertaste, sobald einer der Punkte verschwindet und lassen Sie die Taste erst dann los, wenn sie alle drei Punkte wieder sehen. Reagieren Sie so schnell wie möglich.“ Instruktion für die folgenden 2 Testdurchgängen:: „Das Experiment wird nun noch zweimal wiederholt. Alles läuft genau so ab wie vorher. Drücken Sie die Leertaste, sobald einer der Punkte verschwindet und lassen Sie die Taste erst dann los, wenn sie alle drei Punkte wieder sehen. Reagieren Sie wieder so schnell wie möglich.“ Die VP sollte während der Testphasen nicht sprechen. Anmerkungen: Zwei Anwendungen könnten wichtig werden: Experiment abbrechen: Mit ALT + TAB Recorder hervorholen. ALT gedrückt halten und mit TAB das Kaffesymbol auswählen. Aufzeichnungsfenster erscheint: Dort Reset drücken. Neustarten, d.h. einsetzen bei Anleitung zur Durchführung / 4 (das Demoprogramm läuft schliesslich nach wie vor.) Bedeutung der Pfeiltasten (↑,↓): Mit den Pfeiltasten wird die Geschwindigkeit verändert. Sollte man unabsichtlicherweise diese Tasten drücken, muss das Experiment neu gestartet werden. ESC drücken, um das Demoprogramm zu beenden. Neustarten, d.h. Anleitung zur Durchführung / 1 und 2 156 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees „Pitch-Shift“ Instruktion: „Im folgenden Experiment bitte ich Sie über einige Sekunden hinweg den Vokal a auszusprechen, d.h. a zu vokalisieren. Wählen Sie dabei eine Ihnen angenehme Tonhöhe und versuchen Sie diese, so gut es geht, über die Dauer von 6 Sekunden konstant zu halten, unabhängig von irgendwelchen möglichen Störungen, die beim Hören Ihrer Vokalisation über Kopfhörer auftreten. Die Vokalisation soll insgesamt 24 Mal wiederholt werden. Zwischen den einzelnen Vokalisationen liegen jeweils Pausen von 5 Sekunden, während denen Sie Zeit haben Atem zu holen und sich zu sammeln. Das Ende der Pausen wird jeweils mit einem „Countdown“ angezeigt; nachdem 5., etwas höheren Ton beginnen Sie jeweils mit der Vokalisation und beenden diese beim 1. Ton des nachfolgenden „Countdown“. Nach einer Vokalisation können Sie jederzeit eine längere Pause als die vorgegebenen 5 Sekunden wünschen. Teilen Sie dies dem Versuchsleiter gleich nach dem Ende der 6-sekündigen Vokalisationssequenz mit. Wir empfehlen etwa nach jeder 8. Vokalisation eine etwas längere Pause einzuschalten, d.h. also 3 Durchgänge mit je 8 Vokalisationen und 2 dazwischen geschalteten längeren Pausen zu absolvieren. Ich werde Ihnen nun den Ablauf am Beispiel von 3 aufeinander folgenden Vokalisationen demonstrieren.“ Der Versuchsleiter demonstriert einen Ablauf mit 3 Vokalisationen und 2 Pausen. 3 Probedurchgänge Instruktion: „Ich möchte Sie nun bitten selber 3 Probedurchgänge mit 2 Pausen zu machen. Wichtig ist, von oben in einem Abstand von 5-10 cm ins Mikrofon zu sprechen. Sprechen Sie mit der Lautsstärke, die sie nicht allzu sehr anstrengt und ihnen angenehm ist.“ 24 Testdurchgänge Der Versuchseiter richtet den „PITCH_SHIFTER“ ein, in dem er, nach Anklicken des Startkästchens, die beiden „open“-Menus öffnet und für den Probanden ein direktes Audiofile (CODE_direkt) und ein manipuliertes Audiofile (CODE_manip) abspeichert. Der Versuchsleiter fragt dann die Versuchsperson, ob sie bereit sei und startet dann die Testdurchgänge. Instruktion: „Haben Sie noch Fragen. Ansonsten beginnen wir mit den Testdurchgängen.“ Äussert die Versuchsperson den Wunsch nach einer längeren Pause, drückt der Versuchsleiter während der 5-sekündigen Pause (und nur dann!) die Leertaste. Nachdem die Versuchsperson bereit ist fortzufahren, drückt der Versuchsleiter erneut die Leertaste. Äussert die Versuchspersonen bis zur 8. Vokalisation keinen Pausenwunsch, unterbricht der Versuchsleiter nach der 8. Vokalisation von sich aus mit der Leertaste und fragt nach. Diesen Vorgang wiederholt er nach der 16. Vokalisation. Nach den Testdurchgängen kontrolliert der Versuchsleiter, ob die Protokolle aufgezeichnet wurden und speichert diese unter der Verwendung der jeweiligen Codierung der Versuchsperson (bevor die „Reset“-Taste gedrückt wird!) ab. 157 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees „Circular Apparent Motion“ (CAM) Kurzbeschrieb: Auf dem Bildschirm ist ein Kreis bestehend aus 6 Punkten zu sehen. Es wird eine Kreisbewegung nach rechts oder nach links oder eine Kippbewegung wahrgenommen. Die Versuchsperson sollte während des Tests stets das Kreuz in der Mitte fixieren (wiederholt darauf aufmerksam machen!). Es wird zuerst ein „naiver“ Probedurchgang (1 min) durchgeführt, dann folgen 2 Testdurchgänge (je 1 min). Jede wahrgenommene Bewegung muss per Tastendruck angezeigt werden. Sobald eine Bewegung gesehen wird, muss die entsprechende Taste kurz gedrückt werden, sobald sich die Bewegung ändert muss wieder eine neue Taste gedrückt werden usw. (Bewegungswechsel = Tastendruck): Kreisbewegung nach rechts = Pfeiltaste ‚rechts‘ Kreisbewegung nach links = Pfeiltaste ‚links‘ Kippbewegung = Pfeiltaste Mitte ‚nach unten‘ Instruktion: Die Instruktion wird vom Programm gegeben. Die Versuchsperson wird vor jedem Durchgang gefragt, ob sie bereit sei. 1 Probedurchgang (naiv): Die Versuchsperson wird während einer Minute gefragt, was sie sieht. Die Bewegungen sollen möglichst genau beschrieben werden. Die ersten 3 Wahrnehmungen der Versuchsperson werden protokolliert: 1. Wahrnehmung: Dreht im Uhrzeigersinn❏ Gegenuhrzeigersinn ❏ oszilatorisch❏ 2. Wahrnehmung: Dreht im Uhrzeigersinn❏ Gegenuhrzeigersinn ❏ oszilatorisch❏ 3. Wahrnehmung: Dreht im Uhrzeigersinn❏ Gegenuhrzeigersinn ❏ oszilatorisch❏ 2 Testdurchgänge: Die VP sollte während der Testphase nicht sprechen. Gespeicherte Daten unter: • E-Prime – E-Studio – Tools – E-DataAid – entsprechendes File öffnen CAM- ... .edat (unter RT & Gestalt – Apparent Motion – CAM) Gespeichert werden: • RESP = Actual Response • RT = Subject response time (ms) • RTTime = Subject response timestamp in relation to beginning programm execution. • DurationError = Difference between the expected duration and the actual duration. • OnsetDelay = Difference between the target onset time and the actual onset time. • OnsetTime = Timestamp of stimulus onset (ms). 158 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 9.2. Besondere Beobachtung zu den durchgeführten Tests Im Folgenden soll nur auf die Messinstrumente eingegangen werden, auf die sich die vorliegende Arbeit stützt. DACOBS, Source Monitoring und Pitch Shift werden dementsprechend nicht berücksichtigt. Im Allgemeinen gab es bei ca. der Hälfte der untersuchten Patienten auf Grund von Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwierigkeiten mehrere Unterbrechungen, die bis zu 15 Minuten dauern konnten. Allerdings wurde nie ein bereits begonnener Test abgebrochen und wieder gestartet; die Pausen fanden stets zwischen einzelnen Tests statt. Rund fünf Patienten hatten relativ große Probleme, die Instruktionen klar zu verstehen und benötigten wiederholt detaillierte Erklärungen, bevor der jeweilige Test gestartet werden konnte. Eine Patientin gab ganz zum Schluss ihrer Untersuchung an, einen Tinitus zu haben. Die Versuchsleiterin hatte allerdings Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage, da der behandelnde Psychotherapeut davon nichts wusste. Die Patientin beklagte auch, bedingt durch die Einnahme von Zyprexa (Olanzapin), unter Gedächtnisstörungen zu leiden. Die Versuchsleiterin hatte aber während der Untersuchung nicht den Eindruck einer diesbezüglichen Beeinträchtigung; auch der behandelnde Therapeut konnte derartiges nicht bestätigen. Da die Versuchsleiterin den Eindruck hatte, dass die Patientin aus Angst ,‚schlecht“ in den Testungen abgeschnitten zu haben, am Ende angab unter einem Tinitus und Gedächtnisstörungen zu leiden, wurden die Ergebnisse der Probandin in die statistische Auswertung mit einbezogen. Bei zwei Studienteilnehmer wurde auf Wusch über den Interfacer die Lautstärke für die akustischen Tests leicht herunter reguliert, ansonsten wurden bei allen Probanden die Standardeinstellungen beibehalten. Ein Patient schlug vor, zur Evaluation der optischen Gestaltwahrnehmung zusätzlich die Augenbewegungen (Sakkaden) der Versuchspersonen zu messen, um so möglicherweise weitere Unterschiede zwischen Patienten- und Kontrollgruppe zu entdecken. WFT Bei der Auswertung des WFTs gab es trotz Auswertungsmanuals einige Unklarheiten; wohl auch weil dieses Manual für den RWT konzipierte wurde und die in Eigenregie leicht abgewandelt Version dessen Auswertungsschemata nicht zu 100% entsprach. Die offenen Fragen konnten jedoch nach Rücksprache der beiden Versuchsleiter mit anderen wissenschaftlichen Mitarbeitern der UPD geklärt werden. Im Folgenden sollen kurz die letztlich beschlossen Regeln für die zunächst unklaren Fälle dargestellt werden. 159 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Generell liegt eine Repetition bei der Wiederholung des gleichen Wortes und bei der wiederholten Verwendung des gleichen Wortstammes vor. Wortstamm meint ausschließlich den Wortanfang, nicht aber das Wortende, deshalb wurde z.B. Augen/Augenbraue als Repetition gewertet, nicht aber Beere/Brombeere. Im Allgemeinen gab es mehr Repetitionen als Regelbrüche. Im zweiten Teil des Testes galten bei der Kategorie „Körperteile“ Organe und weitere „spezielle“ Begriffe, wie z.B. Nabel oder Haare, allesamt als richtig, da in der Testanwendung nichts Gegenteiliges behauptet wurde und in der Instruktion nicht explizit erläutert wurde, was unter „Körperteilen“ zu verstehen bzw. nicht zu verstehen ist. Im Allgemeinen wurden Subkategorien als korrekt eingestuft, da in der Testanwendung nichts Gegenteiliges behauptet wurde und in der Einführung nicht erwähnt wurde, dass Unterkategorien nicht erlaubt seien. Ein exemplarisches Beispiel für diesen Fall ist die Nennung eines Grundbegriffs wie „Fisch“ und die anschließende Aufzählung von Subelementen wie „Forelle“, „Karpfen“ etc. Nannte eine Versuchsperson zwei äquivalente Begriffe, wie z.B. Kopf/Schädel, Ross/Pferd oder Löwe/Leu wurde dies als Regelbruch gewertet. In der Testanwendung gab es zu diesem Fall keinerlei Anhaltspunkte oder Erklärungen. Der ‚Common Sense’ nach Rücksprache zwischen Versuchsleitern und wissenschaftlichen Mitarbeitern der UPD war jedoch die Einstufung von äquivalenten Begriffen als falsch. MWT Zum MWT merkte eine Studienteilnehmerin aus der Kontrollgruppe an, dass "Umma" - das erste Wort aus der achten Zeile des MWT - im Arabischen so viel wie "weltweite Glaubensgemeinschaft" bedeutet. Im MWT wurde es jedoch als ‚sinnloses’ Wort verwendet. Source Monitoring Beim Source Monitoring gab es für zahlreiche Studienteilnehmer Unklarheiten bei den Fragen „Wie stark hatten Sie Kontrolle darüber, welches Wort Ihnen in den Sinn kam?“ und insbesondere bei „Wie stark haben Sie den Eindruck, dass das Wort von ihren eigenen Gedanken stammt?“. Den meisten Probanden (Patienten- wie Kontrollgruppe) musste wiederholt erklärt werden, wie die Fragen genau zu verstehen seien. Die Versuchsleiter konnten die Schwierigkeiten gut nachvollziehen, da die beiden Fragen tatsächlich einen beträchtlichen Interpretationsspielraum lassen. Man könnte alleine über die Frage wie stark bestimmte Worte den eigenen Gedanken entstammen, stundenlang philosophieren. 160 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Einige Versuchspersonen zweifelten grundsätzlich die Konzeption der Source Monitoring Scale an. Ein Studienteilnehmer merkte an, dass er den Eindruck habe, dass das Gefühl Kontrolle zu haben eher vorhanden ist, wenn einem länger kein Wort in den Sinn kommt und man dann doch irgendwie überlege. Des Weiteren habe man auch mehr Kontrolle, wenn man ein bestimmtes Wort nicht sagt – z.B. weil es einem peinlich ist und man dann erst das nächste Wort nennt. Der Schluss liegt nahe, dass die Validität der Source Monitoring Scale immer auch von der Aufrichtigkeit der Versuchspersonen anhängig ist. HTTS Einige Studienteilnehmer lagen bei dem Hörtest zwar im Bereich mittlerer Beeinträchtigungen und ein Proband sogar knapp im Bereich hochgradiger Schwerhörigkeit. Die betreffenden Versuchspersonen wurden aber dennoch für die Untersuchung zugelassen, da im Gespräch keinerlei Hörschwierigkeiten erkennbar waren und die kritischen Resultate zumindest teilweise darauf zurück zu führen waren, dass die Instruktion nicht vollständig bzw. nicht von Beginn an verstanden wurde. Einige wenige Probanden legten den Kopfhörer, trotz explizitem Hinweis auf die integrierten Drucksensoren, nicht ausreichend eng geschlossen an, wodurch es bei diesen Personen vor allem im ersten Durchgang zu verzögerten Reaktionen kam. MIB-Vortest Beim MIB-Reaktionstest hatte ein Patient über den ganzen Durchgang hinweg Probleme akkurat zu reagieren; bei den anderen Tests waren allerdings keine Auffälligkeiten zu beobachten. Phantomwörter Bei der Untersuchung des Phantomworte-Paradigmas gab es einen Patienten, der während der Testsprache laut vor sich hin redete – in diesem Fall das vorgegebene Wort "rosa" über den gesamten Durchgang mitsprach. Mehrere Versuchsteilnehmer hörten die Worte auch in ihrem Dialekt (Sschweizerdeutsch, Schwäbisch und Bayerisch) oder seltener auch in ihnen vertrauten Fremdsprachen (Englisch, Französisch). Eine Patientin musste den Test nach dem ersten Probedurchgang auf Grund aufkommender negativer Erinnerungen und starker Erregung abbrechen. Die Patientin nahm das dargebotene Wort "weiße" als "weiß sie" wahr, womit sie negative Vorkommnisse in der Familie während ihrer Kindheit assoziierte. Die Patientin beruhigte sich wieder relativ schnell und konnte die 161 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees restlichen Tests ohne weitere Zwischenfälle zu Ende bringen. Im Übrigen erlebten etliche Studienteilnehmer haargenau dieselbe Transformation von „weiße“. MIB Beim MIB-Paradigma hatte ein Patient die ungewöhnliche Wahrnehmung, die gelben Punkte zu Rechtecken werden zu sehen. Die Punkte wurden scheinbar einfach eckig, flimmerten oder „bewegten sich von klein zu groß - wie eine Hand, die sich öffnet", um es in den Worten des Patienten auszudrücken. Ein paar wenige Versuchsteilnehmer hatten Schwierigkeiten jeweils über den ganzen Durchgang die Mitte des Bildschirms zu fixieren und berichteten von Aufmerksamkeitsproblemen. Es gab auch einige Studienteilnehmer (Patienten- wie Kontrollgruppe), die weder im Probedurchgang noch in den Testdurchgängen der MIBTäuschung erlagen. Später stellte sich aber zumindest bei einem Teil dieser Versuchspersonen heraus, dass sie vergessen hatten, das Kreuz im Zentrum des Bildschirms zu fixieren. Eine Versuchsperson gab an, die Leertaste über einen Durchgang hinweg wiederholt nur aus Versehen gedrückt zu haben, da sie die Punkte gar nicht verschwinden gesehen habe. Allerdings könnte es auch gut möglich sein, dass die Patientin auf Grund der MIB-Instruktion verunsichert war und deshalb reagierte. Die Instruktion suggerierte klar, dass die gelben Punkte verschwinden würden. Einige Probanden artikulierten auch ganz offen den Verdacht, dass es sich beim MIB um eine optische Illusion handle. Ein Patient machte darauf aufmerksam, dass vor Testbeginn explizit abgeklärt werden sollte, ob sich unter den potentiellen Versuchteilnehmern Personen mit Epilepsie befinden, da die Durchführung des MIB für Epileptiker gefährlich sein könnte. CAM Beim CAM nahm ein Patient bei der Fixierung der Mitte des Bildschirms, satt eines einfachen, ein doppeltes Kreuz wahr. Ein weiterer Patient hatte Mühe, die Fixation der Mitte über eine Minute aufrechtzuerhalten und berichtete von Aufmerksamkeitsschwierigkeiten. Einigen wenige Probanden gelang es generell nicht, akkurat zu reagieren, d.h. sie nahmen zwar die zirkuläre Scheinbewegung wahr, aber drückten die Pfeiltasten nach eigenen Angaben zeitverzögert und/oder nicht die zur wahrgenommenen Bewegungsrichtung korrespondierenden Tasten. 162 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees 9.3. Korrelationstabellen Tabelle 20. Korrelationsmatrix (Spearman): Phantomwörter, MIB, MIB-Vortest, CAM und Sourcemonitoring mit PANAS: Positive Aktivierung, getrennt nach Gruppen sowie Gesamtstichprobe Gesamt Versuchsgruppe Kontrollgruppe r p r p r p PhantomwörterTransformationen -0,18 0,166 -0,32 0,092 -0,11 0,570 Phantomwörter-Dauer 0,18 0,209 0,52 0,012 -0,06 0,763 MIB-Rate 0,17 0,199 0,16 0,402 0,16 0,388 MIB-Dauer 0,00 0,971 -0,05 0,810 0,10 0,585 Mittlere Reaktionszeit Press 0,06 0,637 0,13 0,491 -0,05 0,813 Mittlere Reaktionszeit Release 0,06 0,672 0,20 0,287 -0,16 0,392 CAM-Dauer -0,22 0,087 -0,30 0,112 -0,21 0,255 CAM-Transitionen 0,17 0,187 0,19 0,315 0,18 0,341 Source Monitoring Attribution 0,22 0,087 0,36 0,053 0,10 0,587 Source Monitoring Kontrolle 0,09 0,479 0,22 0,238 -0,03 0,857 Tabelle 21. Korrelationsmatrix (Spearman): Phantomwörter, MIB, MIB-Vortest- CAM und Source Monitoring mit PANAS: Negative Aktivierung, getrennt nach Gruppen sowie Gesamtstichprobe Gesamt Versuchsgruppe Kontrollgruppe r p r p r p PhantomwörterTransformationen 0,18 0,161 0,31 0,100 0,21 0,273 Phantomwörter-Dauer -0,17 0,224 -0,39 0,067 -0,02 0,914 MIB-Rate -0,22 0,098 -0,21 0,265 -0,02 0,907 MIB-Dauer 0,02 0,862 -0,17 0,380 0,38 0,040 CAM-Dauer 0,08 0,545 0,30 0,107 0,17 0,357 CAM-Transitionen -0,04 0,735 -0,15 0,429 -0,15 0,416 Source Monitoring Attribution -0,08 0,529 0,03 0,863 -0,36 0,053 Source Monitoring Kontrolle 0,09 0,501 0,03 0,888 -0,16 0,389 Mittlere Reaktionszeit: Press 0,07 0,587 -0,03 0,866 -0,49 0,006 Mittlere Reaktionszeit: Release 0,19 0,152 -0,05 0,798 -0,03 0,868 163 Gestaltwahrnehmung bei Patienten mit psychotischen Störungen Georg Rees Tabelle 22. Korrelationen zwischen CPZ-Mittelwert in mg/Tag und den Tests Phantomworte-Transformationen -0,00 0,990 29 Phantomworte-Dauer -0,06 0,769 23 Mittlere Reaktionszeit Press 0,13 0,482 30 Mittlere Reaktionszeit Release 0,09 0,624 30 MIB-Rate -0,25 0,174 30 MIB-Dauer -0,06 0,763 30 CAM-Transitionen -0,01 0,945 30 CAM-Dauer -0,01 0,977 30 Source Monitoring Attribution -0,15 0,420 30 Source Monitoring Kontrolle 0,29 0,122 30 MWT-Gesamtscore -0,07 0,729 30 WFT-Gesamtscore Korrekt 0,20 0,295 30 Tabelle 23. Spearman-Korrelationsmatrix: Testzeitpunkt mit den verwendeten Tests r p N Phantomworte-Transformationen -0,08 0,572 59 Phantomworte-Dauer 0,06 0,679 50 Source Monitoring Attribution 0,16 0,233 60 Source Monitoring Kontrolle -0,15 0,258 60 WFT-Gesamtscore Korrekt 0,30 0,018 60 WFT-Repetitionen -0,08 0,542 60 WFT-Regelbrüche -0,10 0,425 60 MIB-Rate 0,19 0,157 60 MIB-Dauer 0,19 0,139 60 CAM-Dauer -0,12 0,358 60 CAM-Transitionen 0,13 0,311 60 Mittlere Reaktionszeit Press -0,10 0,430 60 Mittlere Reaktionszeit Release -0,08 0,551 60 PANAS - Positive Aktivierung 0,08 0,565 60 PANAS - Negative Aktivierung -0,28 0,030 60 MWT-Gesamtscore 0,04 0,748 60 164