Herzklappenerkrankungen: Symptome, diagnose und aktuelle

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Herzklappenerkrankungen:
Symptome, Diagnose und
aktuelle Therapieverfahren Priv.-Doz. Dr. med. Alexander Lauten
Prof. Dr. med. Hans-Reiner Figulla
Klinik für Innere Medizin (Kardiologie, Angiologie,
Pneumologie und internistische Intensivmedizin)
Universitäts-Herzzentrum Thüringen, Jena
Herausgegeben von der
Deutschen Herzstiftung
Stand: 2014
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Herzklappenerkrankungen:
Symptome, Diagnose und aktuelle
Therapieverfahren
Herzklappenerkrankungen sind häufige Erkrankungen des höheren Lebensalters. Ihre Diagnostik
und Behandlung gehören in die Hände des Herzspezialisten, der eine weitere Abklärung durch eine
Echokardiographie und – falls erforderlich – eine Herzkatheteruntersuchung durchführen wird.
Ist eine Behandlung erforderlich, verfügen Kardiologen und Herzchirurgen heute über ein breites
Spektrum an Therapieverfahren, angefangen von der klassischen Operation über minimalinvasive
Operationsverfahren bis hin zur katheterbasierten Behandlung.
Priv.-Doz. Dr. med. Alexander Lauten, Prof. Dr. med. Hans-Reiner Figulla,
Klinik für Innere Medizin (Kardiologie, Angiologie, Pneumologie und
internistische Intensivmedizin) Universitäts-Herzzentrum Thüringen, Jena
Rosemarie K. ist eine 83-jährige lebensfrohe
und aktive Frau. Von einer Bypassoperation vor
15 Jahren hatte sie sich gut erholt. Seither geht
sie regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen bei
ihrem Kardiologen. Bis auf eine leichte Verkalkung der Aortenklappe waren die Untersuchungsbefunde seither immer in Ordnung. Sie
hatte in all den Jahren keinerlei Beschwerden
verspürt und sich um diesen Befund nie Sorgen
gemacht.
Seit einigen Monaten jedoch fällt es ihr zunehmend schwer, bei Spaziergängen und Wanderungen mit den anderen mitzuhalten. Vor
kurzem wurde ihr beim Tanzen sogar plötzlich
schwarz vor Augen, sodass sie beinahe stürzte.
Der herbeigerufene Notarzt brachte sie in die
Notaufnahme der nahe gelegenen Uniklinik.
Hier wurde eine Ultraschalluntersuchung des
Herzens durchgeführt und eine nun hochgradige Verengung der Aortenklappe festgestellt,
weshalb ein Ersatz der Herzklappe notwendig
wurde.
Der Eingriff erfolgte mithilfe eines Katheters
über eine Arterie in der Leiste, da aufgrund
ihres Alters und der vorangegangenen Bypassoperation eine erneute Eröffnung des Brustkorbes vermieden werden sollte. Die Operation dauerte weniger als eine Stunde, auf eine
Narkose konnte verzichtet werden. Danach
erholte sich Rosemarie K. sehr schnell, bereits
am nächsten Morgen konnte sie das Bett
verlassen. Außer geringen Schmerzen in der
Leiste bestanden keinerlei Beschwerden. Nach
einer Woche konnte sie aus dem Krankenhaus
entlassen werden. Seither ist sie wieder gut
belastbar und kann mühelos ihren Aktivitäten
nachgehen.
Welche Aufgabe haben die
Herzklappen?
Die Arbeitsweise des menschlichen Herzens
kann man mit zwei nacheinander geschalteten,
synchron arbeitenden Pumpen vergleichen:
Der rechte Vorhof sammelt das sauerstoffarme
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Blut aus dem Körper und
leitet es in die rechte Herzkammer weiter, von wo
aus es über die Lungenschlagader in den Lungenkreislauf gepumpt
Pulmonalklappe
wird. Nach der Aufnahme von Sauerstoff
in der Lunge wir das
Blut im linken Vorhof
gesammelt und über
Trikuspidalklappe
die linke Herzkammer
in die Hauptschlagader
(Aorta) und damit in den
großen Körperkreislauf
gepumpt. Jeweils am Einund Ausgang der rechten
und linken Herzkammer befinden sich die Herzklappen,
die jeweils die Funktion eines
Ein- und Auslassventils erfüllen.
Sind die rechte und linke Hauptkammer gefüllt und beginnen zu kontrahieren, schließen sich die Klappen am
Eingang der Herzkammern (Trikuspidalklappe und Mitralklappe) und verhindern so
den Rückfluss des Blutes in die Vorhöfe. Der
Druck in den Herzkammern steigt und führt
nun zur Öffnung der Klappen zur Lungen- und
Hauptschlagader (Pulmonalklappe und Aortenklappe), sodass das Blut in den Lungenund Körperkreislauf abfließen kann. Ist die
jeweilige Kammer weitgehend leer, fällt durch
die Druckabnahme in der Herzkammer die
Klappe zwischen Herzkammer und Kreislauf
zu, die Kammermuskulatur erschlafft, und der
erneute Füllungsvorgang beginnt durch Öffnung der Klappe zwischen Vorhof und Kammer (Abb. 1).
Wie kommt es zu einem
Herzklappenfehler?
Herzklappen sind einer großen mechanischen
Belastung ausgesetzt. Mit 60-90 Kontraktionen
pro Minute pumpt das Herz rund 100 000 mal
Aortenklappe
Mitralklappe
Abb. 1: Das Herz des Menschen.
Herzklappen übernehmen die Funktion eines
Ventils jeweils am Ein- und Ausgang beider Herzkammern. Das Öffnen und Schließen der Herzklappen erfolgt passiv durch Druckänderungen
zwischen den Herzhöhlen während der Kontraktion und legt so die Flussrichtung des Blutes fest.
pro Tag 70 ml Blut in den Kreislauf des Menschen. Es erreicht dabei Drücke zwischen 100180 Millimeter Quecksilbersäule. Würde diese
Leistung durch ein technisches Gerät erbracht,
könnte man hier nicht von einer wartungsfreien
Lebensdauer von über 80 Jahren ausgehen. Sicher müssten immer wieder Verschleißteile,
die Ventile, ausgetauscht werden. Die Herzklappen halten dieser mechanischen Belastung
stand. Sie bestehen aus stabilem Bindegewebe
mit einem sehr hohen Anteil an Kollagenfasern.
Ihre Oberfläche ist mit einer dünnen Schicht
aus Endothelzellen überzogen, die sich ständig
erneuern und selbst reparieren. Die hauchzarte
Struktur der Klappen garantiert, dass nur sehr
geringe Druckunterschiede zum Öffnen und
Schließen der Klappen notwendig sind. Wie
an anderen Stellen des Kreislaufsystems auch
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kommt es im Laufe des Lebens an den Herzklappen zu Verkalkungen und Ablagerungen,
welche ihre Struktur und mechanischen Eigenschaften verändern und zu Verengungen
(Klappenstenose) oder Undichtigkeiten (Klappeninsuffizienz) führen.
So entsteht beispielsweise die Aortenstenose
meist infolge altersbedingter Verkalkungen der
zarten Taschen der Aortenklappe, welche hierdurch ihre Flexibilität verlieren. Sie entwickeln
sich zum zunehmenden Hindernis für den
Auswurf von Blut aus der linken Herzkammer
in den Körperkreislauf. Auch Entzündungen
oder bakterielle Infektionen können die Struktur der Herzklappen angreifen und so ihre
Funktion beeinflussen. Des Weiteren liegen
bei etwa einem Prozent der Menschheit angeborene, d. h. von Geburt an bestehende Herzklappenfehler vor, die im Laufe des Lebens zu
Beschwerden führen können.
In den meisten Fällen bleibt die genaue Ursache des Klappenfehlers ungeklärt. Die wichtigsten Ursachen für Herzklappenfehler sind:
n Altersveränderungen der Herzklappen (Verkalkung).
n eine Vergrößerung und Erweiterung der
Herzkammern oder der Hauptschlagader,
die auch die Herzklappe mit einbeziehen
kann. Die Klappenränder reichen dadurch
nicht mehr aneinander heran, die Klappe
wird undicht.
n bakterielle Infektionen der Herzklappe
sowie chronische Entzündungen, die die
Struktur der Herzklappe plötzlich oder in
einen Jahrzehnte dauernden Prozess zerstören können.
n degenerative Prozesse des Bindegewebes
der Herzklappen (z. B. Mitralklappenprolaps).
n seltene Ursachen (zum Beispiel Brustkorbverletzungen, seltene Herz- und Gefäßerkrankungen mit Klappenbeteiligung oder
Herztumoren).
Wie macht sich ein
Herzklappenfehler bemerkbar?
Die Beschwerden, die ein Klappenfehler verursacht, sind sehr unterschiedlich. Sie sind von
der Schwere, der Art (Klappenschlussschwäche/Insuffizienz, Klappenverengung/Stenose)
und der betroffenen Klappe abhängig. Schwere Klappenfehler können über eine lange Zeit
hinweg unauffällig sein, d. h. der Erkrankte bemerkt keine Veränderung. Sie stellen jedoch
eine ständige Belastung dar und führen zu
einer schweren, zum Teil irreversiblen Schädigung des Herzmuskels.
Meist sind die Klappen des linken Herzens, die
Mitral- oder die Aortenklappe, betroffen, da
sie stärker mechanisch belastet sind. Es kommt
dann zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit, zu Luftnot bei Belastung und/oder in
Ruhe sowie zu Herzrhythmusstörungen. Bei
einer Verengung der Aortenklappe können
auch Herzschmerzen, Schwindel und Ohnmachtsanfälle auftreten. Bei Erkrankungen
der Klappen des rechten Herzens, der Trikuspidal- und Pulmonalklappe, kommt es zu
Wasseransammlungen in den Beinen (Ödeme),
Blauwerden z. B. der Lippen (Zyanose) oder
Appetitlosigkeit und Übelkeit, Dickerwerden
des Bauches sowie Gewichtsabnahme.
Wie stellt der Arzt die Diagnose?
Viele Informationen sind der Krankengeschichte (Anamnese) zu entnehmen. Bei der
körperlichen Untersuchung hört der Arzt die
Herztöne und -geräusche ab, die bei Klappenfehlern anders klingen, und achtet auf Auffälligkeiten wie z. B. Wasseransammlungen und
blaue Lippen. Aus dem EKG können keine direkten Informationen zu speziellen Klappenerkrankungen gewonnen werden. Es zeigen sich
jedoch in manchen Fällen Rhythmusstörungen
wie Vorhofflimmern. Eine entscheidende Bedeutung hat die echokardiographische Untersuchung des Herzens, mit der Informationen
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Abb. 2:
links: Ultraschalluntersuchung (Echokardiographie) des Herzens.
rechts: Die Ultraschalluntersuchung ermöglicht dem Arzt die Beurteilung der Struktur und Funktion der Herzkammern
und der Herzklappen. Die Messung der Blutflussgeschwindigkeit in verschiedenen Bereichen des Herzens erlaubt Rückschlüsse auf die Klappenfunktion.
über Art und Ausmaß des Klappenfehlers sowie dessen Folgen (Verdickung der Herzwände, Herzvergrößerung) gewonnen werden
können (Abb.2). Eine Echokardiographie wird
zunächst immer von außen durchgeführt.
Häufig muss sie jedoch zur Klärung spezieller
Fragen (z. B. Ausmaß der Verkalkung) auch
noch zusätzlich über die Speiseröhre erfolgen
(Schluckecho). Diese Informationen werden
ergänzt durch die Herzkatheteruntersuchung,
bei der die Druckkurven und Sauerstoffsättigungen in den verschiedenen Herzkammern
gemessen und Herzstrukturen mit Kontrastmittel dargestellt werden können.
Wie behandelt man einen
Herzklappenfehler?
n W
enn eine Herzklappe entzündet ist, werden kleinere entzündliche Auflagerungen
über mehrere Wochen mit Antibiotika behandelt. Zu Beginn der Therapie ist ein Kran-
kenhausaufenthalt notwendig. Bei starker
Beeinträchtigung der Klappenfunktion oder
großen Auflagerungen (Vegetationen) auf
den befallenen Herzklappen oder einem
raschen Fortschreiten der Erkrankung ist
eine Operation notwendig.
n B
ei Herzklappenfehlern, die nicht Folge
einer akuten, frischen Entzündung sind,
ist in Abhängigkeit vom Ausmaß der Funktionseinschränkung der Herzklappe und
deren Folgen zu klären, ob bereits eine
Operation erforderlich ist oder ob man damit noch warten kann. Eine medikamentöse Therapie von Herzklappenfehlern gibt
es nicht. Es können nur die Beschwerden,
die der Herzklappenfehler auslöst, behandelt werden. Daher ist es sehr wichtig, im
Falle eines abwartenden Vorgehens den
richtigen Zeitpunkt für eine Operation nicht
zu verpassen. Obwohl es Erfahrungswerte
über den natürlichen Verlauf verschiedener
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Herzfehler gibt (zum Beispiel nimmt der
Druckunterschied, der Gradient, zwischen
Herzkammer und Hauptschlagader bei Aortenklappenstenosen pro Jahr um etwa 4 bis
8 mm Quecksilbersäule zu), kann man für
den einzelnen Menschen nicht genau vorhersagen, wie schnell sich dessen Klappenfehler verschlimmern wird. Die Entscheidung über den weiteren Behandlungsweg
ist sehr komplex; viele Faktoren müssen
berücksichtigt werden. Deshalb sind in
regelmäßigen Abständen Kontrolluntersuchungen bei einem Herzspezialisten erforderlich. Der Herzspezialist entscheidet
in Abhängigkeit von Art und Schwere der
Klappenerkrankung und basierend auf den
Empfehlungen der Fachgesellschaften über
Notwendigkeit und Häufigkeit dieser Kontrolluntersuchungen.
Bereits bei der ersten Vorstellung wird der
Patient in einem Beratungsgespräch von seinem Herzspezialisten über seine Erkrankung und die sich für ihn daraus ergebenden
Konsequenzen wie Medikamenteneinnahme,
körperliche Belastbarkeit, die Bedeutung bestimmter Beschwerden und den nächsten Vorstellungstermin informiert. Das Vorgehen ist
immer auf den individuellen Patienten und
seine Erkrankung abgestimmt. Welche Medikamente können bei Klappenfehlern, die noch
nicht operiert werden müssen, eingesetzt werden? Welche Medikamente sollten nicht verordnet werden?
Wenn die Mitral- oder Aortenklappe nicht
mehr richtig schließt (Mitral- und Aorteninsuffizienz), aber der Befund nur leicht oder mittelschwer ist, sodass zur Operation noch nicht
geraten wird, ist eine medikamentöse Behandlung mit Vasodilatatoren (gefäßerweiternde
Medikamente) wie ACE-Hemmern (Hemmstoffe des Angiotensin-Converting-Enzyms)
angezeigt.
Medikamente zur Senkung der Herzfrequenz
(Pulsrate) wie Betablocker oder Kalziumanta-
gonisten vom Verapamiltyp sind bei Aorteninsuffizienz eher ungünstig. Bei einer Verengung der Mitralklappe, die noch nicht einen
Eingriff erfordert, können bei Patienten mit
Luftnot harntreibende Medikamente (Diuretika) eingesetzt werden. Betablocker oder/und
Digoxin oder Digitoxin (Digitalisglykoside)
wird der Arzt bei Vorhofflimmern, welches
häufig zusammen mit Herzklappenfehlern auftritt, zur Bremsung der Herzfrequenz verordnen. Zur Verhinderung von Gerinnselbildung
und deren Verschleppung zum Beispiel in das
Gehirn, wodurch ein Schlaganfall entstehen
kann, ist bei Vorhofflimmern eine Blutverdünnung mit einem Vitamin-K-Antagonisten wie
Phen-procoumon (Marcumar bzw. Falithrom)
notwendig. Bei höhergradiger Verengung der
Aortenklappe können sich Vasodilatatoren,
Betablocker und Digitalisglykoside ungünstig
auswirken. Diese Patienten sollten stärkere
körperliche Belastungen vermeiden.
Wann muss operiert werden?
Ein schwerer Herzklappenfehler muss rechtzeitig, das heißt vor dem Eintritt irreversibler
Schäden des Herzmuskels durch einen Eingriff
behandelt werden. Ein Klappenersatz ist immer
dann angezeigt, wenn die Klappenerkrankung
zu Beschwerden führt oder die Lebenserwartung des Patienten eingeschränkt ist. Bei der
Verengung der Aortenklappe zum Beispiel ist
das Auftreten von Angina Pectoris-Beschwerden oder Bewusstlosigkeit ein Zeichen, dass
jetzt operiert werden muss. Bei der Aorteninsuffizienz sind neben den Beschwerden die
Größe der linken Herzkammer und deren Auswurfleistung von entscheidender Bedeutung.
Ist eine Mitralklappeninsuffizienz Folge einer
Herzvergrößerung in Verbindung mit einer
Herzmuskelerkrankung, wird man eher eine
Behandlung der Herzschwäche empfehlen.
Ist die Herzschwäche jedoch Folge der Klappenerkrankung, muss eine Klappenoperation
erfolgen.
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Chirurgische Behandlung von
Herzklappenerkrankungen
Es gibt Operationen, bei denen die patienteneigene Herzklappe erhalten werden kann,
indem sie repariert wird (Rekonstruktion). Ist
das nicht möglich, kann der Herzchirurg eine
künstliche Herzklappe einsetzen. Grundsätzlich gibt es hierbei mechanische und biologische Herzklappenprothesen, die jeweils spezifische Vor- und Nachteile haben.
Mechanische Herzklappen sind nahezu über
die gesamte Lebensdauer des Patienten haltbar. Heute werden praktisch ausschließlich
sogenannte Doppelflügelprothesen verwendet, bei denen der Ventilmechanismus durch
zwei beweglich gelagerte Scheiben hergestellt
wird. Obwohl heutige mechanische Herzklappen über wesentlich günstigere Strömungseigenschaften verfügen als ältere Modelle, verursachen sie mehr oder weniger turbulente
Strömungen und begünstigen durch ihre
Fremdoberfläche die Entstehung von Gerinnseln. Deshalb muss lebenslang das Blut mit
Medikamenten (Vitamin-K-Antagonisten wie
Phenprocoumon, z.B. in Marcumar oder Falithrom) verdünnt werden.
Biologische Herzklappen bestehen dagegen
aus tierischem Gewebe. Sie haben den Vorteil, dass eine Blutverdünnung mit VitaminK-Antagonisten nach der Operation nur für
einen kurzen Zeitraum oder überhaupt nicht
erforderlich ist. Allerdings haben Bioklappen
eine begrenzte Lebensdauer von etwa 10 bis
15 Jahren und kommen daher nur für ältere
Menschen in Frage. Liegen allerdings Nierenschwäche mit der Notwendigkeit einer dauerhaften Blutwäsche (Dialyse) oder Störungen
der Nebenschilddrüsenkörperchen vor, verkalken diese Klappen noch schneller und müssen
früher ausgetauscht werden.
In Einzelfällen (z. B. bei Vorliegen bakterieller
Infektionen der Aortenklappe und -wurzel)
sind menschliche Spenderherzklappen, sogenannte Homograftherzklappen besser zum
Klappenersatz geeignet. Sie erfordern keine
Blutverdünnung und haben gute Blutflusseigenschaften. Allerdings stehen diese Herzklappen nur in begrenzter Anzahl zur Verfügung.
Obwohl die Ergebnisse der Herzchirurgie für
die meisten Herzklappenerkrankungen sehr
gut sind und auf jahrzehntelange Erfahrungen
basieren, ist eine offene Operation nicht immer
möglich oder sinnvoll. Dies trifft besonders für
alte und sehr alte Patienten zu, bei denen nicht
selten schwerwiegende Begleiterkrankungen
das Risiko einer Herzoperation erheblich erhöhen. In diesen Fällen sind heute katheterbasierte Behandlungsverfahren verfügbar, die eine
Behandlung unter Vermeidung des Traumas
einer konventionellen Herzoperation ermöglichen.
Ballonvalvuloplastie bei Verengungen
der Mitral – und Pulmonalklappe
Heute gibt es bei Verengungen der Mitral- und
Pulmonalklappe in den meisten Fällen eine Alternative zur Operation. Die Verengung kann
mit Hilfe eines Ballonkatheters gedehnt und
die Verkalkungen damit teilweise gesprengt
werden (Klappensprengung/Valvuloplastie).
Eine große Operation mit Vollnarkose, Eröffnung des Brustkorbes und Einsatz der HerzLungen-Maschine ist hierdurch vermeidbar.
Voraussetzung ist, dass nur eine Klappenverengung ohne wesentliche Klappenundichtigkeit vorliegt. In der klinischen Praxis ist das
Verfahren vor allem für die Behandlung von
Verengungen der Mitralklappe wichtig. Sofern
keine schwerwiegenden Verkalkungen der
Mitralklappe vorliegen, werden durch die Valvuloplastie sehr gute Ergebnisse erreicht. Bei
Verengungen der Aortenklappe wird die Ballonvalvuloplastie als alleiniges Verfahren heute
nur in wenigen Fällen eingesetzt, weil es hier
sehr schnell wieder zur Verengung der Klappe
kommt. Risiken des Verfahrens sind zum Bei7
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Abb. 3: Aortenklappenimplantation mit dem Katheter.
Die künstliche Herzklappe wird mit einem Katheter über eine Schlagader in der Leiste bis zum Herzen vorgebracht und dort freigesetzt. Je nach Prothesentyp wird die künstliche Herzklappe dabei mithilfe eines Ballonkatheters oder durch selbstexpandierende Eigenschaften verankert.
spiel Hirnembolien, Verletzung der Herzwand
(jeweils 1%) und die Entstehung einer schweren Klappenschlussschwäche (in rund 2% der
Fälle). Die mit einer Klappensprengung zusammenhängende Sterblichkeit liegt nur bei
rund 0,5%. In etwa 10% der durch Klappensprengung behandelten Mitralklappenverengungen kann eine Wiederverengung auftreten.
Kathetergeführter
Aortenklappenersatz
Bei diesem Verfahren wird eine neue, auf einem
Stent (= Metallgeflecht) fixierte biologische
Klappenprothese mit Hilfe eines Katheters
über eine Leistenschlagader bis zum Herzen
vorgebracht und dort implantiert („transfemoraler Aortenklappenersatz“, Abb. 3). Im Unterschied zur klassischen Operation sind eine
Eröffnung des Brustkorbes mit Freilegung des
Herzens, ein Herausschneiden der erkrankten
Klappe sowie der Einsatz der Herz-Lungen-Maschine nicht erforderlich. Auch auf die für viele
Patienten oft mit großer Unsicherheit verbundene Vollnarkose kann meist verzichtet werden. Die alte, verengte Herzklappe wird durch
die neue Klappenprothese verdrängt und liefert das Fundament für eine sichere Verankerung der neuen Prothese. Nach dem Freisetzen
übernimmt die neue Herzklappe sofort ihre
Funktion, sodass die Engstelle am Ausgang der
Herzkammer beseitigt ist (Abb. 4). Die Dauer
des Eingriffs beträgt nur ca. 45 Minuten.
Sollte der Zugangsweg über die Leistenschlagader aufgrund von Verkalkungen unmöglich
sein, ist eine Klappenimplantation auch über
die Herzspitze möglich („transapikaler Klappenersatz“). Das Einbringen des Katheters erfolgt hierbei über einen kleinen, fünf bis sieben
Zentimeter messenden Schnitt am seitlichen
Brustkorb unterhalb der linken Brust. Die Spit-
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Abb. 4: Beispiel einer
kathetergeführten Herzklappenimplantation.
Nach Positionierung
in Höhe der kranken
Aortenklappe (A) wird
die auf einem Ballonkatheter fixierte Klappenprothese schrittweise
eröffnet (B und C). Die
Prothese verdrängt dabei die verkalkte Aortenklappe und übernimmt
unmittelbar nach der
Freisetzung die Ventilfunktion (D).
ze des Herzens ist an dieser Stelle sehr leicht
zugänglich, auch bei Patienten, die schon einmal am Herzen operiert wurden und bei denen
man eine Wiedereröffnung des Brustkorbes
über das Brustbein vermeiden will.
Im Jahre 2012 wurden in Deutschland von insgesamt über 18 300 Aortenklappenoperationen
mehr als 1/3 als Kathetereingriff durchgeführt.
Aufgrund des zunehmenden Bevölkerungsanteils älterer Menschen sowie der Weiterentwicklung der Katheterverfahren werden diese
zukünftig einen immer größeren Stellenwert in
der Behandlung von Patienten mit Herzklappenerkrankungen einnehmen.
Perkutane Therapie der
Mitralinsuffizienz
Eine Schlussunfähigkeit der zwischen der linken Kammer und dem Vorhof gelegenen Mitralklappe wird als Mitralinsuffizienz bezeichnet. Die häufigsten Ursachen hierfür sind
Veränderungen der Segelstruktur und des Halteapparates der Mitralklappe ebenso wie eine
Erweiterung des Mitralannulus infolge einer
Vergrößerung der linken Herzkammer. Der
unzureichende Schluss der Klappe führt zum
Rückstrom von Blut in den linken Vorhof und
den Lungenkreislauf während der Kontraktion
des Herzens. Das Hauptsymptom der Erkran9
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Abb. 5:
(A) Mitralklappe nach chirurgischer Reparatur. Hierbei werden
die Klappen mit Hilfe eines Rings
rekonstruiert und damit die Dichtigkeit wiederhergestellt.
(B) Bei der kathetergeführten
Behandlung wird der MitraClip
an der Spitze des Implantationskatheters in den linken Vorhof
vorgeführt.
(C) Unter Röntgendurchleuchtung
und Ultraschallkontrolle wird
dann der Clip zwischen beiden
Segeln der Mitralklappe platziert,
um die Undichtigkeit zu beheben.
kung ist daher das Auftreten von Luftnot während körperlicher Anstrengung. Häufig treten
auch Herzrhythmusstörungen, besonders Vorhofflimmern, als erstes Symptom der Erkrankung auf. Die Mitralinsuffizienz ist die häufigste
Herzklappenerkrankung im Erwachsenenalter.
Bei 9% aller Erwachsenen über 75 Jahre besteht
eine bedeutsame Mitralinsuffizienz.
Im Falle einer hochgradigen Undichtigkeit der
Mitralklappe ist die Behandlung mit Medikamenten meist nicht mehr ausreichend. Dann ist
ein herzchirurgischer Eingriff erforderlich, bei
dem die Mitralklappe repariert (Abb. 5) oder –
wenn eine Reparatur nicht möglich ist – durch
eine Prothese ersetzt werden kann.
Ist das Risiko einer Operation zu hoch, besteht
die Möglichkeit, die Mitralklappe in Kathetertechnik zu rekonstruieren. Das hierbei ange-
wandte MitraClip-Verfahren ist ein minimalinvasives Verfahren, bei dem ohne Eröffnung
des Brustkorbes ein Katheter durch eine Vene
in der Leiste über die Vorhofscheidewand bis
in das linke Herz geführt wird. Unter Röntgendurchleuchtung und Ultraschallkontrolle wird
dann ein Clip zwischen beiden Segeln der Mitralklappe platziert, um die Undichtigkeit zu
beheben. Das MitraClip-Verfahren wird heute
vor allem bei Patienten mit einer Mitralinsuffizienz und einer schweren Störung der Pumpfunktion sowie einer Vergrößerung der linken
Herzkammer eingesetzt, da bei diesen das Risiko bei einem herzchirurgischen Eingriff meist
deutlich erhöht ist.
Zukünftig wird auch der Prothesenersatz der
Mitralklappe mit kathetergeführten Verfahren möglich sein. Dieses Verfahren befindet
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sich derzeit in der Entwicklung, erste Anwendungen am Menschen verliefen bisher vielversprechend.
Behandlungsstrategien –
dargestellt anhand von
Fallbeispielen
Bei jedem Patienten stellt sich die Frage, welche der verschiedenen Möglichkeiten, über die
die Medizin heute verfügt, am besten geeignet
ist. Zur Veranschaulichung von Behandlungsstrategien sind in der Folge stichwortartig einige Fallbeispiele genannt:
n 83-jährige Frau mit hochgradiger und symptomatischer Aortenstenose und schweren
Begleiterkrankungen:
kathetergeführter
Aortenklappenersatz,
n 7
0-jährige Frau, hochgradige symptomatische Aortenstenose: biologischer Aortenklappenersatz,
n 48-jähriger Mann, kombinierter Aortenklappenfehler (Stenose und Insuffizienz): mechanischer Aortenklappenersatz,
n 1
8-jähriger Mann, Pulmonalstenose: Klappensprengung mit Ballonkatheter,
n 52-jähriger Mann mit schwerer bakterieller
Entzündung der Aortenklappe und -wurzel:
Homograft,
n 6
6-jähriger Mann mit Mitralklappeninsuffizienz nach älterem Hinterwandherzinfarkt:
Mitralklappenrekonstruktion bei gleichzeitig notwendiger Bypassoperation,
n 36-jährige Patientin mit Mitralstenose: Herzklappensprengung mit Ballonkatheter,
n 76-jähriger Patient mit schwerer Mitralinsuffizienz, Vergrößerung und Funktionsstörung der linken Herzkammer: MitraClip,
n 4
5-jähriger Mann, mittelgradige Aorteninsuffizienz mit sehr guter Pumpfunktion
des Herzens und normalen Herzhöhlen­
Größen: Medikamente, Kontrollen.
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Herzklappenerkrankungen: Symptome,
Diagnose und aktuelle Therapieverfahren Wie alle Schriften der Deutschen Herzstiftung wird auch dieser Sonderdruck von
namhaften Herzexperten erarbeitet und regelmäßig aktualisiert.
Herausgeber: Deutsche Herzstiftung e.V.
Vogtstraße 50 · 60322 Frankfurt am Main
Telefon 069 955128-0
Fax
069 955128-313
www.herzstiftung.de
[email protected]
Bildnachweis:
Celestino Piatti (Logo); S. 3: Volker Klein; S. 5:
PD Dr. med. Alexander Lauten, Prof. Dr. med.
Hans-Reiner Figulla; S. 8: links: Edward
Lifescience; rechts: Medtronic; S. 9: PD Dr. med.
Alexander Lauten, Prof. Dr. med. Hans-Reiner
Figulla
Druck:
Druckmedien Speyer GmbH, Speyer
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Tragen Sie sich dafür auf unserer Website ein: www.herzstiftung.de
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Klinik für Innere Medizin (Kardiologie, Angiologie, Pneumologie und internistische Intensivmedizin)
Universitäts-Herzzentrum Thüringen, Jena
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Priv.-Doz. Dr. med. Alexander Lauten, Prof. Dr. med. Hans-Reiner Figulla
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