Multiresistente gramnegative Erreger (MRGN) – Neue

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Multiresistente gramnegative Erreger (MRGN) –
Neue Meldepflichten nach dem
Infektionsschutzgesetz (IfSG)
Daten 2016 in München und Probleme bei der
praktischen Umsetzung
12. Ulmer Symposium Krankenhausinfektionen
15.03.2017
Cornelia Otto, Bernarda Lindner, Sabine Gleich
Neue Meldepflichten – gesetzliche Grundlage
IfSG-Meldepflicht-Anpassungsverordnung ab 1.5.2016
Neue Meldepflichten für Labore (§ 7 IfSG)
 Direkter Nachweis folgender Krankheitserreger
• Enterobakterien und Acinetobacter spp. mit Carbapenemresistenz oder bei
Nachweis einer Carbapenemase-Determinante
Meldepflicht bei Infektion oder Kolonisation!
Begründung der Einführung:
„Die zunehmende Verbreitung von Carbapenem-resistenten Erregern ….. erfordert die
Erhebung von bundesweiten Daten zur Häufigkeit dieser Erreger und Krankheiten.
Durch die Meldung an das Gesundheitsamt können zudem Ausbrüche frühzeitig erkannt und
Kontrollmaßnahmen eingeleitet werden.“
Neue Meldepflichten – Vorgehen des RGU München
 Erfassung der Meldedaten aller beim RGU eingehenden 4MRGN-Meldungen
 Meldungen mit Wohnort außerhalb Münchens  Weiterleitung an das für den
Wohnort zuständige Gesundheitsamt (§ 9 IfSG)
 4MRGN-Meldungen mit Wohnort München oder mit Wohnsitz im Ausland
 Ermittlungen (§ 25 IfSG),
u.a. Kolonisation/Infektion, mitgebracht/nosokomial, Risikofaktoren,
Hygienemanagement
 telefonisch oder schriftlich mittels standardisiertem Ermittlungsbogen
 Auswertung aller Meldedaten und der Ermittlungsergebnisse bis zum 31.12.2016
„Medizinische Landschaft“ in München
• 44 Plankrankenhäuser mit 11.215 Betten (16,6 % der bayerischen Planbetten),
darunter 2 Hochschulkliniken, 4 KH der Maximalversorgung...
•
> 20 konzessionierte Privatkliniken
• 58 Altenpflegeheime
• 20 außerklinische Intensivpflege-WG´s
• ca. 2500 Praxen....
Ergebnisse (1)
Patientendaten:
171 Meldungen (1.5.-31.12.16), > 20/Monat
63,6 % männl.
Altersmittelwert 70 J. (Median 65 Jahre)
Wohnorte
22 (13%)
76 ( 44%)
73 (43%)
München
Deutschland (o. M)
Ausland
Ergebnisse (2)
Wer meldet?
stationär 160 = 93,6 %
ambulant 11 = 6,4 % (Praxen, außerklinische Intensivpflege; keine Dialyse!)
Meldungen aus Kliniken (n = 160)
6%
21%
49%
6%
18%
Hochschulkliniken
Maximalversorger
Schwerpunktversorger
Grund- und Regelvers., Fachkliniken
auswärtige Kliniken
 Keine einzige Meldung kam aus
konzessionierten Privatkliniken ohne
Versorgungsauftrag (mit vielen Medizintouristen!)
Ergebnisse (3)
Erreger
alle (n=171=100 %)
Wohnsitz Ausland (n=22=100 %)
Klebsiella pneumoniae
83 = 48,5 %
12 = 54,5 %
Enterobacter spp
29 = 16,9 %
1 = 4,5 %
E.coli
24 = 14 %
5 = 22,7 %
Acinetobacter spp.
18 = 10,5 %
4 = 18,2 %
andere
16 = 9,4 %
Mehrfachinfektionen
7= 4%
--3 = 13,6 %
Carbapenemasen
alle (n=171=100 %)
Wohnsitz Ausland (n=22=100 %)
Oxa 48
28 = 16,4 %
6 = 27,3 %
NDM
14 = 8,2 %
3 = 13,6 %
VIM
12 = 7 %
1 = 4,5 %
andere
15 = 8,8 %
2 = 9,1 %
Kein Nachweis
18 = 16,4 %
2 = 9,1 %
Unbekannt/n.u.
73 = 42,7 %
8 = 36,4 %
Ergebnisse (4)
Weitere Ergebnisse für Pat. mit Wohnsitz München oder Ausland (n = 98)
Herkunftsländer (Wohnsitz München, n = 76)
15,80%
32,90%
Italien,
51,30%
Deutschland
andere Länder
andere Länder: Türkei,
Kroatien, arab. Länder je 20%
nicht bekannt
Material
München (n=76=100%) Ausland (n=22=100%)
Screening
47 = 61,7 %
17 = 77,3 %
Klinisches Material
28 = 38,2 %
5 = 22,7 %
Ergebnisse (5)
Mitgebracht versus nosokomial erworben
München (n=76=100%)
Ausland (n=22=100%)
mitgebracht
44 = 57,9 %
18 = 81 %
Nosokomial erworben
12 = 15,8 %
1 = 4,5 %
Unklar/nicht zu
ermitteln
20 = 26,3%
3 = 13,5 %
Kolonisation versus Infektion
München (n=76=100%)
Ausland (n=22=100%
Kolonisation
42 = 55,3 %
14 = 63,6 %
Infektion
16 = 21,1 %
3 = 13,6 %
Nicht zu differenzieren
10 = 13,2 %
4 = 18,2 %
8 = 10,5 %
1 = 4,5 %
Unklar/nicht zu
ermitteln
Ergebnisse (6)
Hospitalisierung in den letzten 12 Monaten
ja
nein
Unklar/nicht zu
ermitteln
München (n=76=100%)
Ausland (n=22=100%)
60 = 79,8 %
17 = 77,3 %
6 = 7,9 %
3 = 13,6 %
10 = 13,3,%
1 = 4,5 %
Hospitalisierung im Ausland
München (n=76=100%)
Ausland(n=22=100%)
ja
12 = 15,8 %
17 = 77, 3 %
nein
40 = 52,6 %
3 = 13,6 %
Unklar/nicht zu ermitteln
24 = 31,6%
2 = 9,1 %
Internationale Reise in den letzten 12 Monaten
14 = 14,3 % (8 verschiedene Länder)
Ausbrüche
 Im Untersuchungszeitraum kein 4MRGN-Ausbruch
 In 8 Monaten nur eine einzelne Übertragung, die ohne Meldepflicht vermutlich nicht
aufgefallen wäre!
 Unerkannte Ausbrüche durch Weiterleitung an für den Wohnort zuständige
Gesundheitsämter und fehlende Zusammenführung der Ermittlungsergebnisse???
Probleme/festgestellte Defizite (1)
 Auf Seiten der Krankenhäuser
• In kleineren Kliniken zwar regelhaft MRSA-, aber mitunter noch kein etabliertes
MRGN-Screening
• Screening von Kontaktpatienten gemäß KRINKO-Empfehlung nicht überall etabliert
• Keine präventive Isolierung, oft auch nicht bei Risikopatienten; häufig Platzmangel/zu
wenig Einzelzimmer
• Mitunter unzureichendes, nicht den KRINKO-Empfehlungen entsprechendes
Hygienemanagement
 Auf Seiten der Labore
• Teilweise keine korrekte Umsetzung der Meldepflichten, z.B. mehrfach Meldung von
3MRGN oder anderen nicht meldepflichtigen Erregern
• Nicht einheitliche, manchmal ungeeignete Meldeformulare; Antibiogramme werden oft
nicht mit der Meldung mitgeschickt, sondern müssen extra angefordert werden.
Probleme/festgestellte Defizite (2)
 Auf Seiten des ermittelnden Gesundheitsamtes
 Ermittlungen oft sehr zeitaufwendig
• Patienten werden sehr häufig verlegt und müssen mühsam „gesucht“ werden
(Problem vor allem in großen Kliniken)
• zuständiges/sachkundiges Personal oft erst nach mehreren Versuchen erreichbar
• Ermittlungsbogen wird nicht zurückgeschickt und muss mehrfach angemahnt
werden oder ist unvollständig ausgefüllt.
 Mitunter keine Auskunftserteilung unter Berufung auf Schweigepflicht
 Neue gesetzliche Aufgaben ohne Personalmehrung!
Fazit (1)
 Carbapenemresistente Erreger sind auch in Deutschland in Kliniken aller
Versorgungsstufen angekommen.
 Häufigster Erreger ist mit fast der Hälfte aller Meldungen Klebsiella pneumoniae, sowohl
bei in Deutschland wohnhaften als auch bei ausländischen Patienten.
 Mehr als die Hälfte der Keime sind mitgebracht, bei ausländischen Patienten ca. 80 %.
 In mehr als der Hälfte, bei ausländischen Patienten bis zu 2/3, handelt es sich um
Kolonisationen.
 Die wichtigsten Risikofaktoren waren vorangegangene Krankenhausaufenthalte und
medizinische Behandlung im Ausland.
.
Fazit (2)
Werden die mit den neuen Meldepflichten für MRGN angestrebten Ziele erreicht?
 Erhebung von bundesweiten Daten zur Häufigkeit dieser Erreger
 Vermutlich ja
 Frühzeitige Erkennung von Ausbrüchen
 In München bisher eher nein. Ausbrüche werden unabhängig von der Meldepflicht für
Einzelerreger frühzeitig gemeldet.
 Grundsätzlich wäre zur Erkennung von Ausbrüchen ein einrichtungsbezogenes
Vorgehen günstiger als das bisher im IfSG verankerte Wohnortprinzip.
Sonstiger Nutzen?
 Erkennen von Defiziten bei Screening und Hygienemanagement, vor allem in kleineren
Kliniken
 Möglichkeiten zur Beratung; vor allem im ambulanten Bereich stark nachgefragt.
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