Eine Architektur für Customer Relationship Management - IWI-HSG

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Eine Architektur für Customer Relationship
Management und Prozessportale bei Banken
DISSERTATION
der Universität St. Gallen,
Hochschule für Wirtschafts-,
Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)
zur Erlangung der Würde eines
Doktors der Wirtschaftswissenschaften
vorgelegt von
Roland Schmid
aus
Österreich
Prof. Dr. Hubert Österle
und
Prof. Dr. Torsten Tomczak
Vorwort
Kundenorientierung ist bei den meisten Unternehmen ein aktuelles Thema. Die technologischen Entwicklungen der letzten Jahre – insbesondere das World Wide Web –
haben eine Vielzahl neuer Möglichkeiten geschaffen. Die Herausforderung für den
Unternehmer besteht nun darin, dieses Potenzial zielgerichtet zu nutzen, um die Leistungen des eigenen Unternehmens verstärkt auf die Kundenbedürfnisse auszurichten.
Die vorliegende Arbeit beschreibt eine Prozess- und Systemarchitektur für den Aufbau
von Prozessportalen und den Einsatz von Massnahmen des Customer Relationship
Managements und leistet damit einen Beitrag zur Bewältigung dieser aktuellen Herausforderung.
Die Arbeit entstand im Rahmen des Kompetenzzentrums Customer Relationship Management des Forschungsprogramms „Business Engineering Universität St. Gallen“
(BE HSG) am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen. Die Kompetenzzentren des Forschungsprogramms BE HSG forschen anwendungs orientiert auf
strategischen Gebieten der Wirtschaftsinformatik in enger Kooperation mit der Praxis.
Zusätzlichen Einfluss auf die Arbeit hatte die Mitarbeit im Kompetenzzentrum Business Knowledge Management.
An dieser Stelle möchte ich allen danken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen
haben. In erster Linie danke ich Herrn Prof. Dr. Hubert Österle für die wissenschaftliche Betreuung und für die ausgezeichneten, praxisnahen Arbeitsbedingungen. Herrn
Prof. Dr. Torsten Tomczak danke ich für die Übernahme des Korreferats und für die
wertvollen Anregungen. Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. Volker Bach für die
fachliche Unterstützung und für die angenehme Zusammenarbeit.
Des Weiteren bedanke ich mich bei meinen Kollegen am Institut – insbesondere bei
Dieter Blessing, Oliver Christ, Christoph Jansen, Sandra Gronove r, Jens Schulze und
Frédéric Thiesse – für die kollegiale Zusammenarbeit und für die gute Arbeitsatmosphäre. Auch danke ich allen studentischen Mitarbeitern – insbesondere Adrian Büren
und Martin Spalinger – für die tatkräftige Unterstützung. Weiteren Dank schulde ich
allen Vertretern der Partnerunternehmen, die durch ihren Praxisinput wesentlich zum
Gelingen der Arbeit beigetragen haben. Ausserdem danke ich Frau Annette Glaus für
die stilistische und orthografische Qualitätssicherung.
Von ganzem Herzen danke ich meiner Frau Bettina, die mir stets mit viel Verständnis
beigestanden ist. Ganz besonders danke ich meinen Eltern, die mir meine gesamte
Ausbildung ermöglicht haben und die mich auf meinem Weg immer unterstützt haben.
Ihnen widme ich diese Arbeit.
St. Gallen, im April 2001
Roland Schmid
Inhaltsübersicht
i
Inhaltsübersicht
1 Einführung ........................................................................................................................... 1
1.1 Problemstellung............................................................................................................. 1
1.2 Ziele und Adressaten der Arbeit.................................................................................. 2
1.3 Einordnung der Arbeit.................................................................................................. 4
1.4 Forschungsmethodik..................................................................................................... 7
1.5 Aufbau der Arbeit ......................................................................................................... 9
2 Grundlagen ........................................................................................................................11
2.1 Customer Relationship Management ........................................................................11
2.2 Internetportale..............................................................................................................14
2.3 Prozessportale..............................................................................................................15
2.4 Geschäftsmodell des Informationszeitalters............................................................18
2.5 Entwicklungen in der Bankenbranche ......................................................................20
3 Erfolgsfaktoren für Prozessportale..............................................................................25
3.1 Kriterien .......................................................................................................................25
3.2 Fallbeispiel: yourhome.ch..........................................................................................40
3.3 Analyse von yourhome.ch .........................................................................................50
4 Anforderungen an eine Architektur.............................................................................55
4.1 Architekturbegriff .......................................................................................................55
4.2 Kategorisierung von Prozessen und Funktionen.....................................................57
4.3 Nutzungsprozess der Architektur ..............................................................................58
5 Geschäftsarchitektur .......................................................................................................61
6 Prozessarchitektur ...........................................................................................................65
6.1 Fallbeispiel: Customer Management Prozesse bei der Credit Suisse...................66
6.2 Leistungen an den Kundenprozess............................................................................68
6.3 Prozesse des Prozessportalbetreibers........................................................................75
6.4 Vertriebskanäle............................................................................................................89
6.5 Gestaltungsdeterminanten..........................................................................................91
ii
Inhaltsübersicht
6.6 Konzeption eines Prozessportals für Erbschaft und Bestattung............................98
7 IS-Architektur .................................................................................................................112
7.1 Funktionen und Daten ..............................................................................................112
7.2 Gestaltungsdeterminanten........................................................................................125
7.3 Applikationen ............................................................................................................128
7.4 IS-Architektur des Prozessportals für Erbschaft und Bestattung ........................148
8 Fazit und Ausblick .........................................................................................................152
8.1 Zusammenfassung der Ergebnisse..........................................................................152
8.2 Herausforderungen und Potenziale .........................................................................153
8.3 Ausblick .....................................................................................................................154
Anhang A: Prozessarchitektur – Aufgabenbeschreibungen ..................................159
Anhang B: Prozessportal für Erbschaft und Bestattung ........................................176
Anhang C: Funktionen der IS-Architektur................................................................201
Anhang D: Verzeichnis der Gespräche mit Herstellern und Anwendern..........218
Literaturverzeichnis..........................................................................................................219
Inhaltsverzeichnis
iii
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung ........................................................................................................................... 1
1.1 Problemstellung............................................................................................................. 1
1.2 Ziele und Adressaten der Arbeit.................................................................................. 2
1.3 Einordnung der Arbeit.................................................................................................. 4
1.4 Forschungsmethodik..................................................................................................... 7
1.5 Aufbau der Arbeit ......................................................................................................... 9
2 Grundlagen ........................................................................................................................11
2.1 Customer Relationship Management ........................................................................11
2.1.1 Begriffsdefinition ................................................................................................11
2.1.2 Ziele und Instrumente .........................................................................................13
2.2 Internetportale..............................................................................................................14
2.3 Prozessportale..............................................................................................................15
2.4 Geschäftsmodell des Informationszeitalters............................................................18
2.5 Entwicklungen in der Bankenbranche ......................................................................20
2.5.1 Die Finanzbranche im Wandel ..........................................................................20
2.5.2 Entstehung eines Wertschöpfungsnetzwerkes.................................................22
2.5.3 Rollen im Wertschöpfungsnetzwerk und Begriffe..........................................23
3 Erfolgsfaktoren für Prozessportale..............................................................................25
3.1 Kriterien .......................................................................................................................25
3.1.1 Kosten- und Zeitersparnis ..................................................................................28
3.1.2 Zusatznutzen ........................................................................................................35
3.1.3 Vertrauen ..............................................................................................................37
3.1.4 Zufriedenheit........................................................................................................39
3.2 Fallbeispiel: yourhome.ch..........................................................................................40
3.2.1 Inhalte von yourhome.ch....................................................................................41
3.2.2 Ausgangslage und Ziele .....................................................................................43
3.2.3 Business Case und Ertragskonzept....................................................................44
3.2.4 Prozesse................................................................................................................44
iv
Inhaltsverzeichnis
3.2.4.1 Kundenprozess .............................................................................................44
3.2.4.2 Geschäftsprozess „Verkauf von Hypotheken“.........................................45
3.2.4.3 Content Management ..................................................................................47
3.2.4.4 Anbindung der externen Partner auf Prozessebene .................................48
3.2.5 Architektur ...........................................................................................................49
3.2.6 Projektverlauf und aktueller Stand ....................................................................49
3.2.7 Ausblick................................................................................................................50
3.3 Analyse von yourhome.ch .........................................................................................50
4 Anforderungen an eine Architektur.............................................................................55
4.1 Architekturbegriff .......................................................................................................55
4.2 Kategorisierung von Prozessen und Funktionen.....................................................57
4.3 Nutzungsprozess der Architektur ..............................................................................58
4.3.1 Analyse des Potenzials zum Betrieb eines Prozessportals.............................59
4.3.2 Überprüfen der Realisierbarkeit neuer Prozessportale ...................................59
4.3.3 Konzeption eines Prozessportals .......................................................................59
4.3.4 Systemevaluation.................................................................................................59
4.3.5 Assessment bestehender Portale........................................................................60
5 Geschäftsarchitektur .......................................................................................................61
6 Prozessarchitektur ...........................................................................................................65
6.1 Fallbeispiel: Customer Management Prozesse bei der Credit Suisse...................66
6.2 Leistungen an den Kundenprozess............................................................................68
6.2.1 Kernleistungen.....................................................................................................70
6.2.2 Zusatzleistungen..................................................................................................72
6.2.3 Infrastrukturleistungen........................................................................................73
6.3 Prozesse des Prozessportalbetreibers........................................................................75
6.3.1 Customer Relationship Managementprozesse.................................................75
6.3.2 Prozessmodell für Banken im Privatkundengeschäft .....................................77
6.3.2.1 Prozesslandkarte ..........................................................................................79
6.3.2.2 Marketingprozess.........................................................................................80
Inhaltsverzeichnis
v
6.3.2.3 Verkaufsprozess ...........................................................................................81
6.3.2.4 Serviceprozess..............................................................................................82
6.3.2.5 Kundenprozessunterstützungs-Prozess .....................................................83
6.3.2.6 Portalbetriebsprozess...................................................................................84
6.3.2.7 Produktentwicklungsprozess ......................................................................85
6.3.2.8 Leistungserstellungsprozess .......................................................................86
6.3.2.9 Führungsprozess ..........................................................................................86
6.3.3 Unterstützungsprozesse ......................................................................................87
6.4 Vertriebskanäle............................................................................................................89
6.5 Gestaltungsdeterminanten..........................................................................................91
6.5.1 Kernleistungen über herkömmliche Mensch-Mensch-Kanäle ......................93
6.5.2 Kernleistungen über neue Kanäle .....................................................................94
6.5.3 Standardisierte Zusatz- und Infrastrukturleistungen über neue Kanäle .......96
6.5.4 Individualisierte Zusatz- und Infrastrukturleistungen ....................................97
6.6 Konzeption eines Prozessportals für Erbschaft und Bestattung............................98
6.6.1 Kundenprozess des Erblassers.........................................................................100
6.6.2 Kundenprozess des Erben ................................................................................100
6.6.3 Übersicht über Aufgaben und Leistungen......................................................101
6.6.4 Leistungen des Prozessportals .........................................................................104
6.6.5 Prozesse des Portalbetreibers...........................................................................105
7 IS-Architektur .................................................................................................................112
7.1 Funktionen und Daten ..............................................................................................112
7.1.1 Beschreibungsraster ..........................................................................................112
7.1.1.1 Datenbestände ............................................................................................113
7.1.1.2 Kategorisierung der Datenzugriffe ..........................................................114
7.1.2 IS-Funktionen ....................................................................................................115
7.1.2.1 Marketingfunktionen .................................................................................116
7.1.2.2 Verkaufsfunktionen...................................................................................118
7.1.2.3 Servicefunktionen ......................................................................................119
7.1.2.4 Kundenprozessunterstützungs-Funktionen.............................................120
vi
Inhaltsverzeichnis
7.1.2.5 Portalbetriebsfunktionen ...........................................................................121
7.1.2.6 Prozessübergreifende Funktionen............................................................121
7.1.3 Unterstützungsfunktionen ................................................................................122
7.2 Gestaltungsdeterminanten........................................................................................125
7.2.1 Kernleistungen über herkömmliche Mensch-Mensch-Kanäle ....................125
7.2.2 Kernleistungen über neue Kanäle ...................................................................125
7.2.3 Standardisierte Zusatz- und Infrastrukturleistungen über neue Kanäle .....126
7.2.4 Individualisierte Zusatz- und Infrastrukturleistungen ..................................127
7.3 Applikationen ............................................................................................................128
7.3.1 Applikationstypen .............................................................................................128
7.3.2 Anforderungen an eine Applikationsarchitektur ...........................................131
7.3.3 Applikationsarchitekturen ausgewählter Hersteller......................................132
7.3.3.1 SAP ..............................................................................................................132
7.3.3.2 Oracle ..........................................................................................................136
7.3.3.3 Siebel ...........................................................................................................139
7.3.3.4 Uniquare......................................................................................................142
7.3.4 Fallbeispiel: Applikationslandschaft bei Microsoft Deutschland GmbH ..145
7.4 IS-Architektur des Prozessportals für Erbschaft und Bestattung ........................148
7.4.1 Kernleistungen...................................................................................................148
7.4.2 Zusatzleistungen................................................................................................148
7.4.3 Infrastrukturleistungen......................................................................................149
7.4.4 Weitere Leistungen und Basisfunktionen ......................................................149
7.4.5 Applikationen.....................................................................................................150
8 Fazit und Ausblick .........................................................................................................152
8.1 Zusammenfassung der Ergebnisse..........................................................................152
8.2 Herausforderungen und Potenziale .........................................................................153
8.3 Ausblick .....................................................................................................................154
8.3.1 Internet Appliances ...........................................................................................154
8.3.2 Mobile Endgeräte ..............................................................................................154
8.3.3 Der Kunde als Portalbetreiber .........................................................................155
Inhaltsverzeichnis
vii
8.3.4 The Grid..............................................................................................................156
Anhang A: Prozessarchitektur – Aufgabenbeschreibungen ..................................159
A.1 Aufgaben des Marketingprozesses ........................................................................159
A.2 Aufgaben des Verkaufsprozesses...........................................................................162
A.3 Aufgaben des Serviceprozesses..............................................................................165
A.4 Aufgaben des Kundenprozessunterstützungs-Prozesses.....................................168
A.5 Aufgaben des Portalbetriebsprozesses ..................................................................170
A.6 Aufgaben des Produktentwicklungsprozesses......................................................171
A.7 Aufgaben des Leistungserstellungsprozesses.......................................................173
A.8 Aufgaben des Führungsprozesses ..........................................................................174
Anhang B: Prozessportal für Erbschaft und Bestattung ........................................176
B.1 Aufgaben im Kundenprozess des Erblassers........................................................176
B.2 Aufgaben im Kundenprozess des Erben................................................................179
B.3 Leistungen des Prozessportals ................................................................................186
Anhang C: Funktionen der IS-Architektur................................................................201
C.1 Marketingfunktionen................................................................................................201
C.2 Verkaufsfunktionen..................................................................................................203
C.3 Servicefunktionen.....................................................................................................205
C.4 Portalbetriebsfunktionen..........................................................................................209
C.5 Kanalunabhängige, prozessübergreifende Funktionen........................................211
C.6 Kanalspezifische, prozessübergreifende Funktionen...........................................214
Anhang D: Verzeichnis der Gespräche mit Herstellern und Anwendern..........218
D.1 Hersteller...................................................................................................................218
D.2 Anwender ..................................................................................................................218
Literaturverzeichnis..........................................................................................................219
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
ATM
Automatic Teller Machine
B2B
Business-to-Business
B2C
Business-to-Consumer
CAS
Computer Aided Selling
CRM
Customer Relationship Management
(deutsch: Kundenbeziehungsmanagement)
CSS
Customer Service and Support
E-CRM
Electronic Customer Relationship Management
EIP
Enterprise Information Portal
EMA
Enterprise Marketing Automation
ERM
Enterprise Relationship Management
eRM
eRelationship Management
ICE
Information and Content Exchange Protocol
IS
Informationssystem
IT
Informationstechnologie
POS
Point of Sales
PRM
Partner Relationship Management
SFA
Sales Force Automation
WAP
Wireless Application Protocol
WWW
World Wide Web
XML
Extensible Markup Language
ix
Einführung
1
1 Einführung
1.1 Problemstellung
Die Credit Suisse verfolgt verschiedene Aktivitäten zur Neugestaltung der Kundenbeziehung: Zur Realisierung von Relationship-Management-Ansätzen gestaltet sie
die Prozesse und Informationssysteme am Arbeitsplatz des Kundenberaters neu
[Jaeger et al. 2000] und führt eine umfassende Data Warehousing-Lösung ein. Das
Potenzial elektronischer Kundenschnittstellen nutzt sie mit einem modernen Internet-Banking (www.directnet.ch) und Online-Brokerage (www.youtrade.com). Ein
Komplettangebot aus eigenen und branchenfremden Leistungen bietet sie im Immobilienbereich mit www.yourhome.ch an (s. Kapitel 3.2).
Die meisten Banken verfolgen derzeit ähnliche Ansätze wie die Credit Suisse. Sie reagieren damit auf eine Wettbewerbsdynamik, die in den letzten Jahren stark gestiegen
ist. Besonders im Privatkundengeschäft verschärft sich die Konkurrenzsituation: Deregulierungen und Internationalisierung verstärken den Wettbewerb unter bisherigen
Konkurrenten, „Nearbanks“ wie beispielsweise Versicherungen bieten vermehrt
Bankdienstleistungen an (z.B. Zürich Financial Services), und auch branchenfremde
Anbieter – sogenannte „Nonbanks“ wie etwa Kaufhauskonzerne, Tankstellenorganisationen und Versandhäuser – bieten klassische Bankdienstleistungen an [Bernet 1995,
S.32f.; vgl. Koch 2000]. Gleichzeitig verändert sich auch der typische Privatkunde: Er
ist – nicht zuletzt durch das Informationsangebot im Internet – besser informiert, ve rgleicht Bankleistungen nach sachlichen Kriterien und fordert ein adäquates PreisLeistungs-Verhältnis. Durch den verstärkten Technologieeinsatz verlieren viele Kunden ihre persönliche Beziehung zur Bank; die Kundenloyalität nimmt ab, parallele Beziehungen zu mehreren Banken werden zur Regel [Held 1998, S.37f.]. Da die Bankdienstleistungen verschiedener Anbieter immer weniger qualitative Unterscheidungsmerkmale bieten und auch der Wettbewerb über den Preis aufgrund stetig sinkender
Margen schnell an seine Grenzen stösst, versuchen die Institute zunehmend, sich durch
die Gestaltung der Kundenbeziehung zu differenzieren [Bernet 1995, S.42ff.; Ernst &
Young 1999, S.23].
Aus dieser Situation heraus sind verschiedene Ansatzpunkte entstanden: einerseits das
Customer Relationship Management (CRM, s. Kapitel 2.1) oder – bezogen auf die
Bankenbranche – das Relationship Banking [vgl. Bernet/Held 1998]. Mit diesen Begriffen werden verschiedene Aktivitäten bezeichnet, die möglichst langfristige und
profitable Kundenbeziehungen zum Ziel haben [vgl. Tomczak/Dittrich 1997, S.9f.].
Andererseits haben die Banken begonnen, durch eine Bündelung der Finanzdienstleistungen mit branchenfremden Leistungen [Bernet 1995, S.44] (z.B. Immobilien-
2
Einführung
vermittlung) und durch die Nutzung neuer technischer Potenziale (v.a. des World Wide Web) die eigenen Leistungen wieder attraktiver zu machen.
Die meisten dieser Ansätze sind nur mit Hilfe moderner Informations technologie realisierbar [Fischer 1998; Siebel 1999, S.263ff.]. Eine Vielzahl von Softwareprodukten ist
in den letzten Jahren auf den Markt gekommen, wobei sich die kundenkontaktorientierten CRM-Lösungen, die analyseorientierten Data-Warehousing-Produkte und
die internetorientierten E-Business-Anwendungen parallel entwickelt haben und erst in
letzter Zeit beginnen, zu integrierten Lösungen zusammenzuwachsen (s. Kapitel 7.2).
Unternehmen, die zur Unterstützung der Kundenbeziehung neue organisatorische und
technische Massnahmen einführen wollen, können bisher auf wenig Erfahrung zurückgreifen. Für ein systematisches Vorgehen im Sinne des Business Engineering [vgl.
Österle/Winter 2000] existiert zwar ein Methodenvorschlag [Schulze 2000], es fehlt
aber bisher eine Prozess- und Systemarchitektur, die als Referenz herangezogen werden kann. Insbesondere ist eine integrierte Betrachtung herkömmlicher und elektronischer Kundenschnittstellen erforderlich.
1.2 Ziele und Adressaten der Arbeit
Das Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen hat aktuelle Trends in
Technik, Gesellschaft und Politik analysiert und eine mögliche Struktur der zukünftigen wirtschaftlichen Zusammenhänge entwickelt. Im Vordergrund steht dabei die Nutzung neuer technischer Potenziale in Form des E-Business. Diese möglichen Entwicklungen wurden im sogenannten „Geschäftsmodell des Informationszeitalters“
beschrieben (s. Kapitel 2.4). Es dient als Bezugsrahmen für die vorliegende Arbeit.
Forschungsgegenstand der Arbeit ist die Schnittstelle zum Kunden. Ausgangspunkt
bildet die Feststellung, dass der Grad der Kundenorientierung in Zukunft ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor sein wird. Eine wichtige Aufgabe der Unternehmen ist demnach das Management der Kundenbeziehungen, das Customer Relationship Management (s. Kapitel 2.1). Ein hohes Potenzial für die Neugestaltung der Kundenschnittstelle bietet der Einsatz von Internetportalen (s. Kapitel 2.2). Ein Mittel zur
Verbesserung der Kundenorientierung ist die Ausrichtung der Leistungen auf die Prozesse des Kunden. Verbindet man die Kundenprozessorientierung mit Customer Relationship Management und Internetportalen, so ergibt sich das Konzept der Prozessportale (s. Kapitel 2.3).
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Beschreibung einer Architektur, die im oben
erläuterten Kontext des Geschäftsmodells des Informationszeitalters Aufbau und Betrieb von Prozessportalen sowie die organisatorische und technische Umsetzung von
Customer Relationship Management-Konzepten ermöglicht. Weiteres Ziel in diesem
Zusammenhang ist eine Zusammenstellung von Kriterien, die beim Aufbau und Be-
Einführung
3
trieb eines Prozessportals beachtet werden müssen, um möglichst gute Erfolgsaussichten zu haben.
Um das Thema im Rahmen einer Dissertation handhabbar zu machen, hat der Autor
folgende Fokussierungen vorgenommen:
?? Die Ergebnisse richten sich an Banken im Privatkundengeschäft. Der Grund für
diese Wahl des Branchenfokus liegt einerseits in der Aktualität des Themas für die
Branche (s. Kapitel 2.5) und andererseits in der Zusammensetzung des Kompetenzzentrums Customer Relationship Management aus fünf Banken und einer Versicherung.
?? Die Einschränkung auf das Privatkundengeschäft der Banken impliziert eine Fokussierung auf den Business-to-Consumer-Bereich (B2C) bei der Kundenschnittstelle.
?? Eine Architektur kann auf den vier Ebenen Geschäft, Prozess, Informationssystem
und Informationstechnik beschrieben werden (s. Kapitel 4.1). Die Arbeit beschränkt sich auf die Ebenen Prozess und Informationssystem. Einen kurzen Überblick über die Geschäftsebene gibt Kapitel 5. Die Ebene der Informations technik
ist sehr stark abhängig von den Gegebenheiten des einzelnen Unternehmens, so
dass die Beschreibung einer generalisierten Architektur nicht sinnvoll erscheint.
?? Bei der Prozessarchitektur wird zwischen Geschäfts- und Unterstützungsprozessen
unterschieden (s. Kapitel 4.2). Die in der vorliegenden Arbeit beschriebene Architektur konzentriert sich auf Geschäftsprozesse und -funktionen. Wichtige Unterstützungsprozesse und -funktionen werden in den Kapiteln 6.3.3 und 7.1.3 erläutert, detailliert werden diese in anderen Arbeiten am selben Lehrstuhl behandelt (s.
Kapitel 1.3).
Die Dissertation wendet sich gleichermassen an Adressaten aus Wissenschaft und Praxis. Im wissenschaftlichen Bereich richtet sich die Arbeit in erster Linie an Forscher
aus den Fachgebieten Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik, denen sie in
folgenden Bereichen einen Erkenntniszuwachs bringt:
?? Die Arbeit leistet einen Beitrag zur Strukturierung der uneinheitlichen Begriffswelt
im Bereich E-Business. Verschiedene Begriffe wie z.B. Customer Relationship
Management werden definiert sowie das Konzept der Prozessportale erläutert und
in den Kontext bekannter Konzepte eingeordnet.
?? Bisher verfügbare Modelle des Verkaufsprozesses umfassen vorwiegend Aspekte
der Verkaufsabwicklung [vgl. z.B. Scheer 1997, S.455ff.; SAP AG 2000b]. Die
vorliegende Arbeit bezieht sämtliche Kundenkontakte in Marketing, Kundenberatung, Verkauf und After-Sales-Service ein und entwickelt daraus ein integriertes
Prozessmodell für das Customer Relationship Management bei Banken.
4
Einführung
?? Mit dem Entwurf eines Architekturvorschlages für CRM und Prozessportale we ndet die Arbeit das Konzept der Informationssystem-Architekturen an. Die Veranschaulichung an konkreten Beispielen ermöglicht dem Wissenschaftler ein besseres
Verständnis des Architekturkonzeptes und dient als Beleg für dessen Praxistauglichkeit.
?? Der konkrete Architekturvorschlag auf Prozess- und Informationssystem-Ebene
bringt Wirtschaftsinformatikern vor allem in den Bereichen des Prozessentwurfs
und der Systementwicklung eine Erweiterung der bestehenden Erkenntnisse.
In der Praxis richtet sich die Arbeit einerseits an Business Engineers [zum Begriff vgl.
Baumöl/Winter 2000], also z.B. an Projektleiter oder an Unternehmensberater, und
andererseits an Hersteller von Standardsoftware. Dieser Zielgruppe bringt die Arbeit
folgenden Nutzen:
?? Business Engineers können die Architektur zur Unterstützung eigener Projekte
verwenden. Die in der Architektur spezifizierten Komponenten können als Ausgangspunkt dienen und eigenen Gegebenheiten angepasst werden. Da die Architektur in Kooperation mit Praxispartnern entwickelt wurde und somit konsolidierte
Praxiserfahrungen beinhaltet, ermöglicht sie eine Verkürzung der Projektdauer und
eine Reduktion des Projektrisikos. Das genaue Vorgehen bei der Anwendung der
Architektur ist in Kapitel 4.3 beschrieben.
?? Bestehende Portale können anhand der Kriterien in Kapitel 3 überprüft werden, um
Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Durch Anwendung dieser Kriterien
können möglicherweise die Nutzerzahlen erhöht oder die Kundenbindung verbessert werden.
?? Softwarehersteller können die Architektur nutzen, um Funktionsumfang und Strukturierung der eigenen Produkte zu überprüfen und zu verbessern. Durch eine Orientierung an der Architektur kann die Vollständigkeit der realisierten Funktionalitäten verbessert werden.
Der detaillierte Nutzungsprozess der Architektur („Kundenprozess der Dissertation“)
ist in Kapitel 4.3 ausführlich beschrieben.
1.3 Einordnung der Arbeit
Die Arbeit entstand im Rahmen des Kompetenzzentrums Customer Relationship Management (CC CRM) des Forschungsprogramms „Business Engineering Universität
St. Gallen“ (BE HSG) am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen.
Die Kompetenzzentren des Programms BE HSG forschen anwendungs orientiert auf
strategischen Gebieten der Wirtschaftsinformatik in enger Kooperation mit der Praxis.
Zusätzlichen Einfluss auf die Arbeit hatte die Mitarbeit im Kompetenzzentrum Busi-
Einführung
5
ness Knowledge Management (CC BKM). Die folgenden Partnerunternehmen waren
in den Kompetenzzentren CC CRM und CC BKM vertreten:
?? ABB Business Services
?? AGI IT Services
?? Bank Austria
?? Credit Suisse
?? Helsana
?? Landesbank Baden-Württemberg
?? Deutsche Telekom
?? Union Investment
Verschiedene abgeschlossene und laufende Dissertationen sowie Forschungsprojekte
an der Universität St. Gallen stehen in engem thematischem Zusammenhang mit der
vorliegenden Arbeit:
?? Die Grundlagen zu Prozessanalyse und -entwurf basieren im Wesentlichen auf der
Dissertation von Thomas Hess zum Prozessentwurf [Hess 1996].
?? Die Dissertation von Andreas Muther zum Thema Electronic Customer Care
[Muther 1999] liefert verschiedene Grundlagen in Bezug auf Customer Relationship Management und elektronische Kundenschnittstellen.
?? Jens Schulze beschreibt in seiner Dissertation eine Methode zur Einführung von
Customer Relationship Management [Schulze 2000]. Die in der vorliegenden Arbeit beschriebene Architektur kann im Rahmen der Methode als Referenzlösung
eingesetzt werden (s. Kapitel 4.3).
?? Oliver Christ verfasst derzeit eine Dissertation zum Thema Prozess- und Systemarchitektur für das Content Management. Das Content Management umfasst ve rschiedene Unterstützungsprozesse, die im Zusammenhang mit Portalen wesentlich
sind. Die bei Christ beschriebene Architektur ergänzt daher die vorliegende Arbeit.
?? Die Kundenschnittstelle im Business-to-Business-Bereich (B2B) ist Thema der
laufenden Forschungsarbeit von Thomas Puschmann. Diese kann als Ergänzung
zur vorliegenden Arbeit betrachtet werden, die sich auf den Business-to-ConsumerBereich konzentriert.
?? Die laufenden Dissertationen von Veith Körner (Institut für Medien und Kommunikationsmanagement MCM, Prof. Dr. Beat Schmid) und Cl audio Deplazes (Zuger
Kantonalbank, Doktorand am Schweizerischen Institut für Banken und Finanzen
s/bf-HSG, Lehrstuhl Prof. Dr. Beat Bernet) beschäftigen sich mit verwandten
Themen im Bereich Customer Relationship Management.
6
Einführung
?? Das Kompetenzzentrum „Bankenarchitekturen im Informationszeitalter“ (CC BAI)
am Lehrstuhl von Prof. Dr. Robert Winter entwickelt ausgehend vom Geschäftsmodell des Informationszeitalters (s.o.) eine Referenzarchitektur für Banken auf allen Ebenen. Zwischen Mitarbeitern des Kompetenzze ntrums und dem Autor fand
eine Zusammenarbeit statt. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit fliessen auch in
das CC BAI ein.
?? Das Kompetenzzentrum „Data Warehousing Strategie“ (CC DWH) am Lehrstuhl
von Prof. Dr. Robert Winter behandelt Themen, die in engem Zusammenhang mit
Customer Relationship Management stehen (s. Kapitel 6.4 und 7.3.1) [vgl.
Jung/Winter 2000].
?? Das Institut für Marketing und Handel (IMH-HSG), Lehrstuhl von Prof. Dr. Torsten Tomczak, führt verschiedene Projekte in für die vorliegende Arbeit relevanten
Teilgebieten des Marketings durch. Insbesondere die Dissertation von Sabine Dittrich zum Thema Kundenbindung [Dittrich 2000] lieferte wertvolle Grundlagen für
die Arbeit.
Eine Vielzahl von Arbeiten beschäftigt sich mit Informationssystem-Architekturen; die
meisten davon beschränken sich jedoch auf eine Architektur auf IT-Ebene und haben
daher einen anderen Fokus als die vorliegende Arbeit, die sich auf die Prozess- und ISEbenen konzentriert (s. Kapitel 4). Die folgenden Arbeiten stehen in engem thematischem Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit:
?? [Rahm 1999] diskutiert Informationssystem-Architekturen bei Banken. Er beschreibt verschiedene Architekturkonzepte, die sich auf die gesamte Applikationslandschaft der Banken beziehen und stellt einen Ansatz zur Entwicklung einer
bankindividuellen Architektur dar.
?? [Schmalzl 1995] behandelt Architekturmodelle für Informationssysteme bei
Kreditinstituten. Er betrachtet die Ebenen Prozess, IS und IT, wobei der Schwerpunkt auf IS- und IT-Ebene liegt. Er beschreibt Referenzmodelle für die
Architektur anhand verschiedener Geschäftssituationen, entwirft dabei aber keine
konkreten Lösungsvorschläge, sondern beschränkt sich auf die Darstellung der
Einflussfaktoren beim Architekturentwurf.
?? [Hoque 2000] beschreibt eine E-Business-Architektur auf den Ebenen Strategie,
Prozess, Informationssystem und Informationstechnologie. Der Schwerpunkt der
Ausführungen liegt auf strategischen Aspekten; Prozessanforderungen sind nicht
im Detail ausgearbeitet. Die IS- und IT-Architekturen beinhalten die ve rschiedenen
erforderlichen Komponenten und deren Zusammenhang, stellen aber keinen direkten Prozessbezug her.
?? [Kalakota/Robinson 1999] konzipieren eine umfassende E-Business-Architektur
auf Prozess- und IS-Ebene. Dabei werden sowohl die Einkaufsseite und die Ve r-
Einführung
7
kaufsseite als auch die Schnittstellen zu Angestellten und zum Management betrachtet. Auf der IS-Ebene werden Applikationen zur Prozessunterstützung erläutert. Ein weiterer Fokus sind unterstützende Prozesse und Applikationen (z.B.
Knowledge Management) und Integrationsaspe kte.
?? [Rajput 2000] führt kurz in Aspekte des E-Commerce auf Strategie- und Prozessebene ein, konzentriert sich aber im Detail auf die IT-Ebene. Die einzelnen technischen Komponenten und deren Zusammenspiel werden sehr detailliert analysiert
und erläutert.
?? [Ovum 2000, S.42ff.] beschreibt funktionale Aspekte von Portalen und stellt ve rschiedene Standardprodukte vor. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf der
IS-Ebene.
?? In [McCullough et al. 2000, S.11] ist eine E-Business-Architektur dargestellt. Diese fokussiert sich jedoch auf eMarketplaces und beschränkt sich auf die Beschreibung von Funktionen auf IS-Ebene.
Die vorliegende Arbeit weist folgende Charakteristika auf, die in dieser Kombination
keine dem Autor bekannte Arbeit bietet:
?? Die entwickelte Architektur bezieht sich auf die Kundenschnittstelle auf Prozessund Informations systemebene.
?? Der Branchenfokus liegt bei Banken und konzentriert sich dort auf den Businessto-Consumer-Bereich.
?? Diese enge Fokussierung erlaubt einen hohen Detaillierungsgrad der spezifizierten
Prozesse und Funktionalitäten.
?? Die Architektur verbindet die externe Sicht auf die Kundenschnittstelle (Kundenprozess, Portale etc.) mit den internen, organisatorischen Aspekten der Kundenbeziehung (Customer Relationship Management).
?? Durch die Berücksichtigung verschiedener Vertriebskanäle wird eine Verbindung
zwischen E-Business und „herkömmlichem Business“ hergestellt.
1.4 Forschungsmethodik
Die Wirtschaftsinformatik ist eine praxisorientierte Wissenschaft. Sie befasst sich mit
Informationssystemen und Informationsinfrastrukturen von Organisationen in Wirtschaft und Verwaltung. Ihre Aufgabe ist die Erklärung, die Prognose des Verhaltens
und die Gestaltung dieser Systeme, wobei die meisten der bisher vorhandenen Ergebnisse der Gestaltungsaufgabe zuzuordnen sind [Heinrich/Sinz 1999, S.1017]. Als angewandte Wissenschaft bezieht die Wirtschaftsinformatik wie die Betriebswirtschaftslehre die Problemstellungen aus der Praxis. Gemäss [Ulrich 1984, S.178-191] trifft die
Betriebswirtschaftslehre wertende und normative Aussagen und versucht, die betrieb-
8
Einführung
liche Wirklichkeit aktiv zu gestalten. Die praktische Problemlösungskraft ihrer Modelle und Handlungsempfehlungen ist dabei der Massstab für die Qualität der Arbeit.
Auf dieser Grundlage haben [Österle et al. 1991, S.35ff.] einen Forschungsprozess
definiert, der diese Grundsätze auf die Wirtschaftsinformatik als Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre anwendet. Wissenschaft und Praxis definieren ge meinsam die
Probleme. Die Wissenschaft strukturiert die Probleme und ent wickelt Vorschläge zur
Gestaltung der betrieblichen Wirklichkeit. Sie bringt dabei theoretisches Wissen, Beobachtungen in der Praxis und eigene Erfahrungen mit ein. Die Vorschläge werden zusammen mit der Praxis überprüft und verfeinert. Die Praxis wendet die Vorschläge
selbst an, gestaltet also die be triebliche Wirklichkeit gemäss den Vorschlägen. Anschliessend werden die Er gebnisse überprüft und die Vorschläge entsprechend weiterentwickelt [vgl. Ulrich 1984, S.192-195]. Dieser Ansatz entspricht dem Vorgehen
beim Action Research [vgl. Avison et al. 1999]. Der Forschungsprozess wird dabei
iterativ ange wendet und stellt so die unmittelbare Relevanz der Forschungsergebnisse
in der Praxis sicher [s. Stringer 1996].
Die vorliegende Arbeit stützt sich auf diesen Forschungsprozess. Sie verwendet ausschliesslich Mittel, welche den qualitativen Forschungsansatz repräsentieren [vgl.
Tomczak 1992; Mayring 1996]:
?? Desk Research
Der Desk Research diente zur Erarbeitung der Grundlagen und des Bezugsrahmens
für die Arbeit. Berücksichtigt wurde wissenschaftliche und populär wissenschaftliche Literatur aus den Bereichen der Marketingforschung, der Wirtschaftsinformatik, der Informatik und der Managementlehre. Ausserdem untersuchte der
Autor die Funktionalitäten und Architekturen verschiedener StandardsoftwareProdukte.
?? Projektmitarbeit
Die Mitarbeit des Autors in konkreten Projekten bei Partnerunternehmen des Instituts für Wirtschaftsinformatik (s. Kapitel 1.3) war eine wesentliche Informationsquelle für die Ausführungen in dieser Arbeit. Gemäss dem oben beschriebenen
Forschungsprozess konnte der Autor Teile der entwickelten theoretischen Konzepte in die Projekte einbringen und die Umsetzung beobachten.
?? Expertengespräche
Interviews mit Vertretern von Anwendern (i.d.R. Projektleiter) und von Softwareherstellern dienten dem Autor als Informationsquelle über bestehende Lösungen
und Probleme in der Praxis sowie über verfügbare Standardsoftware-Produkte. Die
Expertengespräche (s. Anhang D) wurden zur Ergänzung der durch Projektmitarbeit gewonnenen Erkenntnisse geführt.
?? Fallbeispiele
Die Fallbeispiele basieren auf den Expertengesprächen, auf der Projektmitarbeit
Einführung
9
und auf den Ergebnissen des Desk Research. Sie dienen dem Autor zur Veranschaulichung theoretischer Konzepte anhand konkreter Praxisbeispiele. Damit wird
auch die Praxisrelevanz der Forschungsergebnisse belegt. Bei der Beschreibung der
Fallbeispiele kommen auch Ansätze der qualitativen Evaluationsforschung zum
Einsatz [s. Mayring 1996, S.45ff.].
?? Workshops
Die Workshops mit den Vertretern der Partnerunternehmen im Rahmen der Kompetenzzentren CC CRM und CC BKM (s. Kapitel 1.3) boten eine ideale Gelegenheit, um die theoretischen Konzepte mit Projektleitern und Führungs kräften zu diskutieren, weiterzuentwickeln und zu verifizieren.
Die in der vorliegenden Arbeit beschriebene Architektur (s. Kapitel 5 und 7) ist als
generisches Modell zu verstehen, das in einer konkreten Problemstellung als Referenz
herangezogen werden kann. Der Autor orientiert sich an dem konstruktivistischen
Modellbegriff, bei dem das Modell nicht als Abbild, sondern als (Re-)Konstruktion der
Realität betrachtet wird. Die mit der Modellierung geleistete Strukturierung wird dabei
als konstruktiver Akt verstanden. Die erstellte Struktur ist an der Zweckdienlichkeit
für das verfolgte Ziel – die Problemlösung – zu messen. Bereits durch die Strukturierung kann ein solches Modell einen wesentlichen Beitrag zur Problemlösung leisten,
da ein echtes Problem gerade durch eine fehlende Struktur gekennzeichnet ist [ vgl.
Thommen 1996, Kap.4; Dresbach 1997].
Die Architektur wurde nach der induktiven Methode hergeleitet [vgl. Balzer 1997,
S.260ff.]: Untersucht wurden bestehende Prozessarchitekturen, Informationssystemarchitekturen und Softwareprodukte, aus denen die generische Architektur abgeleitet wurde (s. Kapitel 5 und 7). Im Sinne des Action Research (s.o.) wurden wesentliche Teile der Architektur erfolgreich in Projekten der Partnerunternehmen des
CC CRM eingesetzt. Ausserdem wurden die Architekturbestandteile in gemeinsamen
Workshops mit den Partnerunternehmen verifiziert.
Daraus lassen sich aber keine verlässlichen Aussagen über die Leistungsfähigkeit der
Architektur ableiten; über ihre Problemlösungskraft kann letztlich nur die praktische
Anwendung entscheiden. Daher lässt sich die Leistungsfähigkeit erst in einigen Jahren
retrospektiv beurteilen. Die hier beschriebene generische Architektur soll somit als
Vorschlag für ein Architektur referenzmodell betrachtet werden [zum Begriff des Referenzmodells vgl. Scholz-Reiter 1990, S.30].
1.5 Aufbau der Arbeit
Abb. 1-1 illustriert den Aufbau der vorliegenden Arbeit. Das erste Kapitel führt in die
Thematik der Dissertation ein und erläutert Problemstellung, Ziele und Adressaten der
Arbeit. Ausserdem wird die Arbeit in die Forschungslandschaft eingeordnet sowie die
zugrunde liegende Forschungsmethodik dargestellt. Kapitel zwei fasst die wesentli-
10
Einführung
chen Grundlagen zusammen und erläutert die wichtigsten Begriffe und die relevanten
Entwicklungen in der Bankenbranche. Kapitel drei stellt die Kriterien dar, die bei Aufbau und Betrieb eines erfolgreichen Prozessportals beachtet werden müssen und illustriert diese anhand eines konkreten Fallbeispiels.
Den Kern der Arbeit bilden die Kapitel vier bis sieben mit der Beschreibung einer Architektur für Customer Relationship Management und Prozessportale. Kapitel vier
führt in den Architekturbegriff ein und erläutert die Strukturierung, welche der Architekturbeschreibung zugrunde liegt. Kapitel fünf gibt einen kurzen Überblick über die
Architektur auf Geschäftsebene. Kapitel sechs beschreibt die Architektur auf Prozessebene mit Leistungen, Prozessen und Aufgaben. Kapitel sieben behandelt die IS-Ebene
der Architektur und erläutert Funktionen, Daten und Applikationen. Schliesslich fasst
Kapitel acht die Ergebnisse der Dissertation zusammen und gibt einen Ausblick auf
mögliche zukünftige Entwicklungen.
1. Einführung
2. Grundlagen
4. Anforderungen an eine Architektur
5. Geschäftsarchitektur
6. Prozessarchitektur
Leistungen
Prozesse
Aufgaben
7. IS-Architektur
Funktionen
Daten
Applikationen
8. Zusammenfassung und Ausblick
Abb. 1-1: Aufbau der Dissertation
3.
Erfolgs faktoren
für
Prozessportale
Grundlagen
11
2 Grundlagen
2.1 Customer Relationship Management
2.1.1 Begriffsdefinition
Es existiert keine allgemein anerkannte Definition des Begriffs „Customer Relationship Management“ (CRM). Der Begriff und das zugehörige Konzept sind entstanden
durch das Zusammenwachsen verschiedener anderer Konzepte wie Beziehungsmarketing (Relationship Marketing), Marketingautomatisierung (Enterprise Marketing
Automation), Verkaufsautomatisierung (Sales Force Automation) und Serviceautomatisierung (vgl. Kapitel 7.3.1). [Mogicato 2000, S.11ff.] erläutert die verschiedenen Begriffe und deren Zusammenhang zu CRM. Die Entwicklung des CRM aus den
genannten Konzepten ist in [Schulze 2000, S.10ff.] dargestellt. Dort wird auch CRM
definiert als
„(…) kundenorientierter Managementansatz, bei dem Informationssysteme das erforderliche Wissen zur Unterstützung der Frontoffice-Prozesse im Marketing, Verkauf und Service sammeln, analysieren und integriert bereitstellen. (…)“ [Schulze
2000, S.18].
Während bei dieser Definition klar die Unterstützung durch Informationssysteme im
Vordergrund steht, definiert Kunz den deutschen Begriff Kundenbeziehungsmanagement allgemeiner:
„Kundenbeziehungsmanagement ist die Summe aller unternehmerischen Entscheidungen und Handlungen, die auf den Aufbau und die Erhaltung von längerdauernden Beziehungen zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden abzielen.“ [Kunz
1996].
Verschiedene gängige Definitionen aus Wissenschaft, Literatur und Beratung sind in
[ECCS 2000] zusammengefasst. Die Mehrzahl der Definitionen beschränkt CRM auf
Marketingaspekte im Sinne des Beziehungsmarketings. Dabei werden jedoch die Aspekte der Kundenbeziehung vernachlässigt, die z.B. in den Bereichen Verkauf und
Service liegen.
Eine detailliertere und sehr praxisnahe Definition stammt von Robert Shaw:
"Customer relationship management is an interactive process achieving the
optimum balance between corporate investments and the satisfaction of customer
needs to generate the maximum profit. CRM involves:
?? measuring both inputs across all functions including marketing, sales and
service costs and outputs in terms of customer revenue, profit and value.
12
Grundlagen
?? acquiring and continuously updating knowledge about customer needs,
motivation and behaviour over the lifetime of the relationship.
?? applying customer knowledge to continuously improve performance through a
process of learning from successes and failures.
?? integrating the activities of marketing, sales and service to achieve a common
goal.
?? the implementation of appropriate systems to support customer knowledge
acquisition, sharing and the measurement of CRM effectiveness.
?? constantly flexing the balance between marketing, sales and service inputs
against changing customer needs to maximize profits" [ECCS 2000].
In Anlehnung an die Definition von Robert Shaw dient die folgende Definition des
Begriffs Kundenbeziehungsmanagement bzw. Customer Relationship Management als
Grundlage für die vorliegende Arbeit:
Customer Relationship Management (CRM, Kundenbeziehungsmanagement) bezeichnet ein kundenorientiertes Managementkonzept mit dem Ziel, das Gleichgewicht zwischen unternehmensseitigen Investitionen und der Befriedigung von
Kundenbedürfnissen zu erreichen, um so die Profitabilität zu maximieren. Die wesentlichen Aufgaben von Customer Relationship Management sind:
?? Messung der Aufwendungen für alle Aktivitäten einschliesslich der Marketing-,
Verkaufs- und Service-Kosten und der Erträge in Form von Kundenumsatz,
Kundengewinn und Kundenwert
?? Gewinnung und laufende Aktualisierung von Wissen über Kunden (Bedürfnisse,
Motivation und Verhalten), Produkte und Umfeld (Märkte, Konkurrenten, …)
?? Laufende Anwendung dieses Wissens in allen Unternehmensprozessen, insbesondere in Marketing, Verkauf und Service mit dem Ziel, für jede individuelle
Kundenbeziehung das oben beschriebene Gleichgewicht zu finden
?? Integration der Aktivitäten in Marketing, Verkauf und Service zur Erreichung
gemeinsamer Ziele
?? Etablierung und zielgerichteter Einsatz verschiedener Vertriebskanäle und Sicherstellung der Konsistenz zwischen den einzelnen Kanälen
?? Laufende Anpassung der CRM-Aktivitäten an sich ändernde Kundenbedürfnisse
?? Einsatz von Informationssystemen zur Unterstützung aller genannten Aufgaben
von CRM, insbesondere der Wissensgewinnung und der Wissensnutzung sowie
der Integration und der Messung der Effektivität von Customer Relationship
Management
Grundlagen
13
2.1.2 Ziele und Instrumente
Nach dem aufgabenorientierten Ansatz umfasst das Marketing die vier Kernaufgaben
Kundenakquisition und Kundenbindung sowie Leistungsinnovation und Leistungspflege [s. Tomczak/Reinecke 1996]. Customer Relationship Management unterstützt
die Aufgaben Kundenakquisition und Kundenbindung, indem es die Schnittstelle vom
Unternehmen zum Kunden so gestaltet, dass die Kundenbedürfnisse möglichst gut befriedigt werden (vgl. Definition in Kapitel 2.1.1).
Im klassischen Transaktionsmarketing wurde jeder Kauf als isoliertes, unabhängiges
Ereignis betrachtet. Der Schwerpunkt der Marketingaktivitäten lag daher in der Kundenakquisition, in die Kundenbindung wurde wenig investiert. Im heute aktuellen
Beziehungsmarketing strebt ein Unternehmen eine möglichst lang andauernde
Kundenbeziehung an, während der ein Kunde wiederholt Käufe tätigt [vgl. Schulze
2000, S.12f.]. Dieser Trend wird dadurch begründet, dass es fünf- bis siebenmal teurer
ist, einen Neukunden zu gewinnen als einen bestehenden Kunden zu halten. Die
Profitabilität eines Kunden steigt mit der Dauer der Kundenbeziehung [Kunz 1996,
S.17f.].
Sowohl bei der Kundenakquisition als auch bei der Kundenbindung müssen sich die
Aktivitäten auf diejenigen (potenziellen) Kunden konzentrieren, die zur Erhöhung der
Profitabilität beitragen. Während bei der Kundenakquisition nur auf der Basis von Erfahrungswerten extrapoliert werden kann, welche Marktsegmente potenziell profitabel
sind, besitzt ein Unternehmen über bestehende Kunden meist Daten, die zu einer Kundenbewertung herangezogen werden können. Verschiedene Bewertungs kriterien und
Ansätze zur Kundenbewertung sind in [Tomczak/Dittrich 1997, S.18ff.] dargestellt.
Neben den Möglichkeiten der faktischen Kundenbindung durch ökonomische oder
rechtliche Bindungen [s. Tomczak/Dittrich 1997, S.24f.] zielen die meisten
Kundenbindungsmassnahmen auf die Erhöhung der Kundenzufriedenheit und auf die
Steigerung des Vertrauens des Kunden gegenüber dem Unternehmen ab [s.
Tomczak/Dittrich 1997, S.26ff.]. Die einzelnen Massnahmen sind in [Dittrich 2000,
S.144ff.] detailliert beschrieben.
Voraussetzung für die Umsetzung der verschiedenen Massnahmen ist die Verfügbarkeit des vorhandenen Wissens über Kunden aus allen Unternehmens bereichen und
über alle Prozesse hinweg. Um die Erfassung und Nutzung dieses Wissens zu strukturieren, gestaltet man beim Customer Relationship Management die Prozesse an der
Kundenschnittstelle neu. Sie orientieren sich an den vier Phasen Anregung, Evaluation, Kauf und After-Sales des Customer Buying Cycles [vgl. Mauch 1990; s. Muther
1999, S.14ff.] oder an spezifischen Kundenprozessen (s. Abschnitt 2.3). Unternehmens seitig gehören die Prozesse Marketing, Verkauf und Service zu den CRMProzessen. Jeder Kundenkontakt kann einem dieser Prozesse zugeordnet werden [vgl.
Schmid/Bach 2000a, S.34]. Der Marketingprozess deckt dabei im Wesentlichen Aufgaben des Kampagnenmanagements im Sinne des Direktmarketings ab. Er repräsen-
14
Grundlagen
tiert somit nur einen kleinen Ausschnitt des gesamten Marketing-Aufgabengebietes
(s.o.). Die Prozesssicht wird in Kapitel 5 detailliert behandelt.
„Erst die Unterstützung der CRM-Prozesse durch geeignete Informationssysteme ermöglicht die Umsetzung des CRM.“ [Schulze 2000, S.19]. Auch wenn die oben beschriebenen Konzepte der Kundenbindung und des Customer Relationship Managements prinzipiell unabhängig vom Einsatz bestimmter Informationssysteme sind, ist
die Umsetzung der Konzepte in der Praxis ohne IT-Unterstützung in der Regel nicht
möglich. Dies liegt vor allem daran, dass CRM einen Umgang mit grossen Datenmengen erfordert, die normalerweise auf verschiedene Informations systeme verteilt sind
und manuell nicht mehr sinnvoll verwaltet werden können. Neben den oben genannten
Zielen von CRM spielt also auch die Effizienzsteigerung in den CRM-Prozessen durch
den Einsatz einer geeigneten IT-Lösung eine wesentliche Rolle [vgl. Emmert et al.
2000].
Die Aufgaben eines Informationssystems (IS) zur Unterstützung von CRM beschreibt
[Mogicato 2000, S.11] folgendermassen: „CRM wird (…) als Front-end-System wahrgenommen, welches einerseits Verkaufsberater, Aussendienstmitarbeiter sowie interne
Helpdesk- und Marketing-Mitarbeiter mit Informationen über die eigenen Produkte
und Dienstleistungen, über Kunden und die Konkurrenz versorgt und andererseits den
Input und das Feedback der Angestellten und Kunden verarbeitet.“. Die typischen
Funktionen eines CRM-Systems sind in [Schulze 2000, S.20] zusammengefasst. Kapitel 7 enthält eine ausführliche Beschreibung der informationssystemspezifischen Aspekte.
2.2 Internetportale
Ein durch die dezentrale Organisation des Internets bedingtes Grundproblem ist das
Auffinden benötigter Informationen. Um die Informationssuche zu unterstützen, sind
zunächst Suchmaschinen wie Altavista und Verzeichnisse wie Yahoo! entstanden, die
zum Ziel haben, einen möglichst grossen Teil aller Informationsangebote im Internet
zu erfassen. Zur weiteren Erleichterung der Orientierung im Internet begannen Informationsanbieter wie Yahoo! und Netscape, Einstiegsseiten mit thematisch geordneten
Listen ausgewählter Links von allgemeinem Interesse zu erstellen. Im Zusammenhang
mit diesen Einstiegsseiten tauchte der Portalbegriff erstmals im Internetkontext auf
[Kappe 2000, S.37].
In der Folge haben viele Informationsanbieter im Internet den Portalbegriff aufgegriffen und ihre eigenen Websites als Portale bezeichnet. Auch wenn z.B. [de Bakker/Seebacher 2000] das Portal definieren als „Internetseite, die Nutzer als Startseite
verwenden, von der aus sie sich im Internet bewegen oder die sie als wesentlichen Ankerpunkt benutzen, zu dem sie immer wieder zurückkehren“, hat der Portalbegriff in
Grundlagen
15
der Praxis heute eine wesentlich breitere Bedeutung. [Pils 2000] definiert Internetportale über die folgenden charakteristischen Eigenschaften:
?? Sie versuchen, den Anwender gezielt in seinem Bedürfnis nach Information zu unterstützen.
?? Sie bieten verschiedene Funktionalitäten für bestimmte Zielgruppen, basierend auf
Businessprozessen oder persönlichen Präferenzen.
?? Sie bündeln die Kunden- und Anwenderinteressen, indem sie unterschiedliche Datenquellen an einem zentralen Ort zusammenziehen und hierdurch aggregierte Informationen bereitstellen. Sie bilden damit eine einheitliche Oberfläche für unterschiedliche Daten und Systemplattformen.
Diese Definition beinhaltet zwei wesentliche Aspekte, die Internetportale charakterisieren und durch die sich Internetportale von anderen Websites abgrenzen lassen:
?? Internetportale integrieren Leistungen aus verschiedenen Quellen.
?? Die Auswahl und Aufbereitung der Leistungen erfolgt ausgerichtet auf die Bedürfnisse der Zielgruppe des Internetportals.
Die Integration kann dabei auf verschiedenen Stufen erfolgen. Im einfachsten Fall
stellt das Internetportal nur kategorisierte Linklisten zur Verfügung, auf der höchsten
Stufe werden alle Leistungen in einer einheitlichen Oberfläche integriert, so dass es für
den Benutzer nicht mehr direkt ersichtlich ist, aus welchen Quellen die einzelnen Inhalte stammen.
Die Leistungen umfassen sowohl Informationen als auch beliebige Anwendungen wie
z.B. Diskussionsforen, Auktionsplattformen, Bestellsysteme oder Abwicklungssysteme für Banktransaktionen. Bei den verschiedenen Quellen kann es sich um unterschiedliche Systeme im eigenen Unternehmen des Portalbetreibers handeln oder um
verschiedene Anbieter, die Leistungen über das Portal anbieten [vgl. Hess/Herwig
1999].
Zur Kategorisierung der verschiedenen Portaltypen existieren in der Literatur unzählige Ansätze. Häufig werden die Zielgruppen der Portale und/oder die dem Portal
zugrunde liegenden Geschäftsmodelle als Kriterien verwendet [s. z.B. Hoffmann/Wolf
2000; Pils 2000, S.15f.].
2.3 Prozessportale
Obwohl Kundenorientierung bereits seit Jahren propagiert wird und ein Leitsatz vieler
Unternehmen ist, steht nach wie vor das angebotene Produkt meist im Mittelpunkt der
Marketing- und Verkaufsaktivitäten. Die Kundenorientierung erschöpft sich in der
Regel darin, den Kunden zuvorkommend und zügig zu bedienen und ihm auch nach
dem Kauf bei Fragen und Problemen zur Verfügung zu stehen. Der Kunde hat jedoch
16
Grundlagen
normalerweise ein weiter gehendes Bedürfnis. Er befindet sich mitten in einem Kundenprozess wie zum Beispiel dem „Autobesitz“ oder dem „Immobilienerwerb“. Im
Rahmen dieses Prozesses benötigt er eine Vielzahl von Produkten und Dienstleistungen, die er sich selbst zusammensucht. Dazu muss er in der Regel mehrere Anbieter
von Produkten und Dienstleistungen kontaktieren, die Angebote evaluieren und die
Koordination des Prozesses übernehmen. Es handelt sich häufig um Prozesse wie z.B.
den Immobilienerwerb, die der Kunde vielleicht nur einmal im Leben durchläuft und
mit denen er daher sicher wenig Erfahrung hat. Ein Anbieter, der den Kundenprozess
vollständig unterstützt, also alle benötigten Leistungen aus einer Hand anbietet und
den Kunden in seinem Prozess führt, schafft für ihn einen erheblichen Zusatznutzen
[vgl. Kühn/Grandke 1997]. Ein möglicher Ausgangspunkt zur Identifikation von Kundenprozessen ist die Betrachtung von Life Events wie z.B. Heirat, Erwerbsaufnahme,
Erwerb von Wohneigentum, Pensionierung, Erbschaft etc. [s. Fey et al. 2000].
Einige innovative Unternehmen sind bereits dazu übergegangen, den gesamten Kundenprozess zu unterstützen. Sie bieten dem Kunden aus einer Hand jedes Produkt, jede
Dienstleistung und jede Information, die er braucht, und führen ihn in diesem Prozess.
Sie werden zum Leistungsintegrator und Spezialisten für diesen Prozess. Dem Kunden
bieten sie diese Leistungen in einem sogenannten Prozessportal an. In diesem Prozessportal fasst das Unternehmen alle Dienstleistungen und Informationen für einen bestimmten Kundenprozess zusammen. Dabei werden sowohl eigene Leistungen als
auch solche von Kooperationspartnern gebündelt [vgl. Massfeller 1999; s. Österle
1999, S.45-51; vgl. Österle 2000a, S.28ff.; vgl. Österle 2000b; vgl. Schmid/Bach
2000b].
Die Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse kann weiter verbessert werden, indem die
Leistungen den individuellen Bedürfnissen der einzelnen Kunden angepasst werden
(„One-to-one-Marketing“). Dies ist erst durch den Einsatz von Internettechnologie wie
z.B. personalisierten Homepages und automatischen E-Mail-Benachrichtigungen mit
wirtschaftlich vertretbarem Aufwand möglich geworden [vgl. Peppers/Rogers 1993;
Peppers/Rogers 1999; Reichardt 2000].
Die konzeptionellen Grundlagen für Prozessportale bilden Internetportale, Leistungssysteme und Customer Relationship Management.
?? Der beim Prozessportal benutzte Portalbegriff stammt aus dem Bereich der Internetportale (s. Abschnitt 2.2). Wie in einem Internetportal werden in einem Prozessportal Informationen und Leistungen aus verschiedenen Quellen integriert und dem
Benutzer aus einer Hand zur Verfügung gestellt. Während ein Internetportal nichts
anderes ist als eine Website mit bestimmten Eigenschaften, ist ein Prozessportal ein
betriebswirtschaftliches Konzept, das durch den Einsatz eines Internetportals die
Kundenprozessorientierung umsetzt. Die Leistungen eines Prozessportals werden
nicht ausschliesslich über das Internet erbracht, je nach Eignung der Leistung kön-
Grundlagen
17
nen beliebige Vertriebskanäle zum Einsatz kommen. In der Regel wird jedoch ein
Grossteil der Leistungen und Informationen – vor allem aus Gründen der Wirtschaftlichkeit – direkt über das Internet angeboten. Die zentrale Ko mponente eines
Prozessportals ist daher immer eine Website. Diese dient dem Kunden, welcher die
Leistungen des Prozessportals in Anspruch nehmen möchte, als Einstiegspunkt.
Leistungen, die über andere Kanäle erbracht werden, sind dort zumindest dokumentiert. Meist werden auch individualisierte Leistungen über diese Website angeboten.
?? Betriebswirtschaftlich gesehen liegt einem Prozessportal ein kooperatives Leistungssystem zugrunde. „Leistungssysteme lösen die Probleme für ausgewählte
Kunden umfassend und wirtschaftlich“ [Belz 1997, S.12]. Dazu werden bisher isolierte Einzelleistungen zu integrierten Lösungen kombiniert, die auf die Bedürfnisse des Kunden ausgerichtet sind. Im Prozessportal wird dieses Kundenbedürfnis
über den Kundenprozess definiert [vgl. Belz 1997, S.27]. Meist kann ein Unternehmen nicht alle Einzelleistungen selbst erstellen, die für eine integrierte Problemlösung erforderlich sind. Für die Gestaltung von Leistungssystemen werden daher häufig Kooperationen mit externen Partnern eingegangen [s. Schögel et al.
1999]. Eine wesentliche Leistung des Betreibers eines Prozessportals ist es daher,
die eigenen Produkte und Leistungen und diejenigen der Kooperationspartner zu
integrieren.
CRM Prozesse
Prozessportal
Kundenprozess
News
Lieferant
Marketing
Produktinformation
Beratung
Lieferant
Informieren
Evaluieren
Verkaufsabwicklung
Drittanbieter
Verkauf
Auktionen
Support
Drittanbieter
Service
Kaufen
Nutzen
Reparaturservice
Verkaufen
Drittanbieter
Supply Chain Service
Personalisierung
Abb. 2-1: Die CRM-Prozesse stellen die Leistungen eines Prozessportals bereit
?? Im Customer Relationship Management werden sämtliche Kundenkontakte einem
der CRM-Prozesse Marketing, Verkauf oder Service zugeordnet. Diese Prozesse
richten sich am Kundenprozess oder im allgemeineren Fall am Customer Buying
Cycle aus (s. Abschnitt 2.1.2). Besteht die Kundenschnittstelle aus einem Prozess-
18
Grundlagen
portal, sind demnach die CRM-Prozesse dafür verantwortlich, für den Kunden die
im Prozessportal angebotenen Leistungen zu erbringen (s. Abb. 2-1).
2.4 Geschäftsmodell des Informationszeitalters
Prozessportale spielen eine zentrale Rolle in einem neuen „Geschäftsmodell des Informations zeitalters“ [s. Österle 1999]. Dieses Modell wurde am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen entwickelt und beschreibt mögliche wirtschaftliche Strukturen, die sich in Zukunft aufgrund aktueller Trends in Technik,
Gesellschaft und Politik ergeben können. Im Rahmen dieses Geschäftsmodells (s.
Abb. 2-2) bilden sich verschiedene neue Rollen heraus.
Das Prozessportal bildet die Schnittstelle zum Kunden. Der Prozessportalbetreiber bezieht die benötigten Produkte und Dienstleistungen von verschiedenen Lieferanten und
Drittanbietern, mit denen er Kooperationen eingeht. Diese sind darauf spezialisiert,
konkurrenzfähige Produkte zu erstellen und über Prozessportale zu vertreiben. Ist der
Prozessportal-Betreiber selbst Ersteller von Produkten und Dienstleistungen, kombiniert er die eigenen Leistungen mit denen der externen Partner und vertreibt die Gesamtleistung über sein Prozessportal.
Unternehmensentwicklung und -führung
Anbieter
Beschaffung
Anbieter
Anbieter
Personal &
Wissensentw.
Produktion
Marketing
& Verkauf
Verteilung
Innovation &
Entwicklung
Portal
Kundenprozess
Anbieter
Unterstützungsprozesse
Personal Finanz Anlage
IS/IT
Business Bus
eServices
Business Support
Information
Networking
Abb. 2-2: Geschäftsmodell des Informationszeitalters [Österle 2000a, S.39]
Weitere, meist hoch standardisierte Dienstleistungen bezieht der Prozessportalbetreiber von sogenannten e-Service-Providern. Dies ist beispielsweise die Transakti-
Grundlagen
19
onsabwicklung im Zahlungsverkehr, die Durchführung von Logistikleistungen oder
die Bereitstellung von herstellerübergreifenden Produktkatalogen. E-Service-Anbieter
sind darauf spezialisiert, diese Leistungen kosteneffizient und in großem Volumen zu
erbringen.
Die Kommunikation zwischen den einzelnen Partnern in dem neuen Wertschöpfungsnetzwerk erfolgt über den sogenannten „Business Bus“. Dieser umfasst Protokolle und
Schnittstellen, die auf semantischer Ebene standardisiert sind. Die Existenz eines Business Bus als standardisierte Kommunikations möglichkeit erlaubt den einfachen Aufbau von Kooperationsnetzwerken und die einfache Einbindung neuer Partner.
Vom einem geschäftlichen Standpunkt aus betrachtet sind die zahlreichen ITEntwicklungen für sieben fundamentale Trends der Geschäftstransformation verantwortlich (s. Abb. 2-3) [s. Österle 1999]:
?? Das Enterprise Resource Planning, also die operative Abwicklung des Geschäfts,
läuft im Hintergrund. Integrierte Applikationen für die Administration sowie für
die Produktentwicklung und Technik erlauben eine Konzentration auf das Geschäft
anstatt auf die Administration.
Customer Process Support
Elektronische Dienste
Geschäftsvernetzung
Wissensmanagement
Intelligente
Geräte
Enterprise Resource Planning
Wertemanagement
Abb. 2-3: Sieben Trends auf dem Weg zum Unternehmen des Informat ionszeitalters [Österle
1999]
?? Wissensmanagement versorgt jede Aufgabe innerhalb eines Prozesses mit dem nötigen Wissen über Kunden, Konkurrenten, Produkte usw., vor allem auch über den
Prozess selbst.
?? Intelligente Geräte bringen die Informationsverarbeitung an den Ort des Geschehens. Die Verkehrsinformation kommt über das Navigationssystem (GPS) zum
Fahrer, die Point-of-Sales-Information aus der Ladenkasse zum Produkthersteller
und die Maschinenstörungen von den Sensoren zum Servicemitarbeiter.
?? Geschäftsvernetzung macht die Zusammenarbeit zwischen zwei Unternehmen so
einfach, als ob es sich um ein einziges Unternehmen handelte. So steht die Information über einen Verkauf des Endproduktes ohne Verzögerung allen Unternehmen dieser Supply Chain zur Verfügung.
20
Grundlagen
?? Viele Teilprozesse, die heute jedes Unternehmen individuell betreibt, werden als
elektronische Dienste vom Netz bezogen oder dort angeboten. Ein Beispiel könnte
Kundenprofiling sein. Zusätzlich zum Lieferanten kann ein OnlineDatenbankanbieter als Dritter sowie der Kunde selbst die Verantwortung für sein
Profil übernehmen und es über einen elektronischen Dienst anbieten.
?? Unternehmen verkaufen nicht einzelne Produkte oder Dienstleistungen, sondern
unterstützen ganze Kundenprozesse. Transportunternehmen übernehmen den Logistikprozess, Ärzte unterstützen den gesamten Therapieprozess, und Versicherungen betreuen an Stelle des Kunden den Prozess der Schadensabwicklung.
?? Die Unternehmensführung orientiert sich nicht nur an den finanziellen Ergebnissen, sondern an den Faktoren, we lche zu diesen Ergebnissen führen. Aus dem finanziellen Management wird ein Wertemanagement, das die Schlüsselfaktoren für
den Unternehmenserfolg im Auge behält.
2.5 Entwicklungen in der Bankenbranche
2.5.1 Die Finanzbranche im Wandel
Die Finanzbranche befindet sich in einem radikalen Wandel. Seit über 20 Jahren ist ein
kontinuierlicher Rückgang der Marktanteile von Banken im Vermögensverwaltungsgeschäft zu beobachten. Während 1976 noch 25% des Gesamtvermögens amerikanischer Haushalte den Banken anvertraut wurden, waren es 1997 nur noch 12%. Im gleichen Zeitraum konnten Vermögensverwalter ihren Anteil von 37% auf 67% erhöhen
(vgl. Abb. 2-4). Vermögensverwalter, welche die Kundenbeziehung in den Vordergrund stellen, anstatt wie die meisten Banken in erster Linie eigene Finanzprodukte zu
verkaufen, verzeichneten einen signifikanten Zuwachs an Umsatz und Gewinn [Ernst
& Young 1998, S.1].
Branchenfremde Unternehmen und Nischenanbieter dringen in klassische Geschäftsfelder von Banken vor. Versicherungen bieten beispielsweise immer mehr Investmentfonds und andere Anlageprodukte zur Altersvorsorge an. Direktbanken und Discount
Broker spezialisieren sich auf moderne elektronische Vertriebskanäle (Internet, Telefon) und haben so deutliche Kostenvorteile gegenüber etablierten Banken mit grossen
Filialnetzen. Softwarehäuser wie Microsoft oder Intuit haben populäre HomeBanking-Software entwickelt und sich so den Einstieg in das Geschäft mit Finanzdienstleistungen geebnet. Kreditkartenunternehmen wie American Express verkaufen
ihre Finanzprodukte gekoppelt mit umfangreichen Servicepaketen direkt an die Endkunden. Und nicht zuletzt gründen Unternehmen ganz anderer Branchen spezialisierte
Banken, so zum Beispiel die BMW Bank zur Vergabe von Krediten an Autokäufer.
Grundlagen
21
80%
70%
64%
66%
67%
59%
60%
47%
50%
49%
52%
41%
40%
30%
37%
25%
37%
25%
23%
23%
22%
20%
20%
17%
14%
13%
12%
10%
0%
1976
1977
1983
1986
Banken
1987
1989
1992
1995
1996
1997
Vermögensverwalter
Abb. 2-4: Verteilung der Vermögenswerte der US-Haushalte [Ernst & Young 1998]
[Lehmann 2000] sieht die Ursachen für diesen Wandel in rechtlichen Deregulierungsund Liberalisierungsschritten, Veränderungen im Kundenverhalten, strukturellen Ve rschiebungen in der Geld- und Vermögensbildung privater Haushalte, im Zusammenrücken der Finanz- und Risikomärkte, in technologischen Innovationen und in anhaltenden Internationalisierungs- und Globalisierungstendenzen.
Als eigentlichen Schlüsselfaktor für die funktionellen und strukturellen Veränderungen
im Bankwesen sieht [Bernet 1997] die Technologie. Abb. 2-5 illustriert die Zusammenhänge: Die Technologie erlaubt den Vertrieb von Bankprodukten über neue, kostengünstigere Vertriebskanäle. Dies ermöglicht einerseits wirtschaftlichere Prozesse
und Strukturen, verlangt aber andererseits Produktspezifikationen, die einen Vertrieb
mit wenig menschlicher Interaktion erlauben. Die Eintrittsbarrieren in das Finanzgeschäft sinken, da die Abhängigkeit von der physischen Präsenz abnimmt. Neue Anbieter mit günstigeren Kostenstrukturen bringen preisgünstigere Produkte auf den Markt.
Es entsteht ein Konkurrenzkampf, der zu sinkenden Preisen und – trotz ebenfalls rückläufiger Transaktionskosten – zu sinkenden Margen führt.
22
Grundlagen
Die moderne
Technologie
ermöglicht
verlangt
neue Produktspezifikationen
entwickeln
ermöglichen
alternative
Distribution
ermöglicht
reduziert Eintrittswirtschaft. Prozesse
barrieren für
und Strukturen
neue
Anbieter
haben
haben in Produktion
und Verkauf
tiefere Kosten/
tiefere Preise
führen zu
führen zur
“Revolution im
Bankwesen”
Abb. 2-5: Bedeutung der Technologie für Veränderungen im Bankwesen [Bernet 1997, S.337]
2.5.2 Entstehung eines Wertschöpfungsnetzwerkes
In der Wertschöpfungskette klassischer Banken werden dem Kunden Produkte ve rkauft, welche die eigene Bank erstellt und für die auch die Transaktionsabwicklung im
eigenen Haus stattfindet. Ernst & Young beschreibt in einer Studie [Ernst & Young
1997] die Aufspaltung dieser Wertschöpfungskette und die Entwicklung von drei spezialisierten Rollen, die in einem wechselseitigen Geschäftsverhältnis stehen und so ein
Wertschöpfungsnetzwerk bilden.
Gemäss Ernst & Young wird es neu die Rollen des Relationship Managers, des Product Providers und des Transaction Processors geben. Die Kernkompetenz des Relationship Managers ist die Beziehung zum Kunden. Er ist für die Beratung und Zufriedenstellung des Kunden verantwortlich, bezieht die Produkte dafür aber über das
Netzwerk von verschiedenen Product Providern. Dabei ist er nicht mehr an die Produkte einer bestimmten Bank gebunden. Der Product Provider bietet verschiedene Finanzprodukte an und verschafft sich einen Wettbewerbsvorteil durch die Kreation
neuer, innovativer Produkte. Die eigentliche Abwicklung wird dem Transaction Processor überlassen, der sich auf eine kosteneffiziente Durchführung der erforderlichen
Transaktionen spezialisiert.
Grundlagen
23
Tendenz 1:
Integration auf
der Kundenseite
Tendenz 2:
Desintegration auf
der Angebotsseite
Zulieferer
(intern, extern)
Zulieferer
(intern, extern)
Kunde
Kunde
Finanzdienstleister
Kunde
Zulieferer
(intern, extern)
Unbundling und
Rebundling
Gezieltes
Servicemanagement
Abb. 2-6: Tendenzen in den Wertschöpfungsprozessen von
Finanzdienstleistern [Lehmann 2000, S.27]
Dieselbe Entwicklung beschreibt [Lehmann 2000, S.26] in Form von zwei Trends: die
Integration auf der Kundenseite und die Desintegration auf der Angebotsseite (s. Abb.
2-6). Die Integration auf der Kundenseite bedeutet, dass der Kunde immer mehr Leistungen aus einer Hand bezieht. Der Erbringer dieser Leistungen wird jedoch immer
seltener in der Lage sein, alle Leistungen selbst zu erstellen; es entsteht daher eine Kooperation verschiedener Anbieter, welche gemeinsam die benötigten Leistungen
erbringen (Desintegration).
Die Tendenz zur Integration auf Kundenseite resultiert in einem gezielten Servicemanagement, das die Aufrechterhaltung einer langfristigen Kundenbeziehung in den
Vordergrund stellt. Die Tendenz zur Desintegration auf der Angebotsseite führt zu
vertikal desintegrierten Unternehmensformen. Demnach werden Finanzdienstleister
vielfach Leistungselemente anderer Anbieter zukaufen und zu einem Leistungspaket
für den Kunden zusammensetzen.
2.5.3 Rollen im Wertschöpfungsnetzwerk und Begriffe
Diese strukturellen Veränderungen in der Bankenbranche weisen auffällige Parallelen
zu dem in Abschnitt 2.4 beschriebenen Geschäftsmodell des Informationszeitalters
auf. Die bei Ernst & Young genannten Product Provider entsprechen den Drittanbietern und Lieferanten im Geschäftsmodell des Informationszeitalters, die Transaction
Processors sind mit den e-Services gleichzusetzen. Beide Rollen sind das Ergebnis der
bei Lehmann genannten Desintegration auf der Angebotsseite.
An der Kundenschnittstelle beschreibt Lehmann den Trend zu langfristiger Kundenbindung und die Erstellung bedürfnisgerechter Leistungspakete. Ernst & Young definiert den Relationship Manager etwas genauer:
24
Grundlagen
„Relationship managers are the customer service giants that own the customers,
know everything about them, manage that knowledge as an asset, and are able to
meet the full complement of financial needs.“ [Ernst & Young 1997, S.12]
Alle bei Lehmann und bei Ernst & Young beschriebenen Eigenschaften der Kundenschnittstelle tauchen auch im Geschäftsmodell des Informationszeitalters auf. Die
Kundenschnittstelle bildet dort das Prozessportal, das die Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse noch mehr in den Vordergrund stellt, indem es sich direkt am Kundenprozess orientiert.
Für die vorliegende Arbeit dient das in Abschnitt 2.4 beschriebene Geschäftsmodell
des Informationszeitalters und die dort verwendete Terminologie als Grundlage.
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
25
3 Erfolgsfaktoren für Prozessportale
In den letzten Jahren sind unzählige Internetportale im Business-to-Consumer-Bereich
entstanden. Viele davon können gemäss Kapitel 2.3 als Prozessportale bezeichnet
werden, z.B. www.yourhome.ch oder www.autobytel.com. Es stellt sich nun die Frage, wie sich die verschiedenen Portale voneinander unterscheiden und welche Kriterien Prozessportale erfüllen müssen, um gute Erfolgsaussichten zu haben.
3.1 Kriterien
Das Ziel der meisten kommerziellen Portale ist ein möglichst hoher Ertrag. Je nach
Geschäftsmodell, welches dem Portal zugrunde liegt, werden die Einnahmen aus unterschiedlichen Quellen erzielt, z.B. durch Werbeeinnahmen, durch Beiträge von Kooperationspartnern, die in das Portal eingebunden sind, und durch den Verkauf kostenpflichtiger Leistungen an die Portalnutzer. Alle diese Einnahmen sind abhängig von
der Anzahl der Portalbenutzer: Je mehr Nutzer ein Portal hat, desto attraktiver ist es
für Firmen, Werbung in diesem Portal zu machen oder eigene Leistungen über das
Portal abzusetzen und desto höher ist auch die Anzahl potenzieller Kunden, die kostenpflichtige Leistungen in Anspruch nehmen. Als Messgrösse für den Erfolg eines
Portals kann demnach der Traffic herangezogen werden, der Informationen über Nutzerzahl, Nutzungsdauer, Nutzungshäufigkeit etc. gibt [Hartmann 2000, S.10; vgl.
Kuß/Tomczak 2000, S.161ff.]. In Einklang mit den in Kapitel 2.1 dargestellten Zielen
von Customer Relationship Management gilt also auch für Portale das Ziel, möglichst
viele möglichst profitable Kunden zu gewinnen und diese möglichst lange zu binden.
Person mit
Kundenbedürfnis
Werbemassnahmen
Kosten-/Zeitersparnis
Zusatznutzen
Portalbesucher
Kundennutzen
Kundenvertrauen
Portalkunde
Portalprofitabilität
Kundenzufriedenheit
Regelmässiger
Portalkunde
Abb. 3-1: Kundenanforderungen und Portalprofitabilität
Die Kundengewinnung erfolgt i.d.R durch gezielte Werbemassnahmen wie z.B. die
Platzierung von Werbebannern und Links auf anderen populären Websites, Eintragun-
26
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
gen in Suchmaschinen und Verzeichnisse oder Werbung in klassischen Medien wie
Zeitung, Fernsehen, Radio, Plakaten etc. [vgl. Bellizzi 2000]. Besucht eine Person das
Portal erstmals, erhöht sie den Traffic des Portals und kann damit z.B. über Werbeeinnahmen bereits zum Portalerfolg beitragen. Geht man von Portalen aus, die nicht rein
werbefinanziert sind, sondern den Nutzern kostenpflichtige Leistungen anbieten, so
hat das Portal nun zwei Aufgaben: Erstens soll der Besucher vom Nutzen der angebotenen Leistungen überzeugt werden, Vertrauen in das Portal gewinnen und so zum
Kunden werden und zweitens sollen die Leistungen den Kunden zufrieden stellen. Dadurch kann möglicherweise ein freiwilliges Commitment des Kunden erreicht werden,
dass er auch zukünftige Bedürfnisse über dieses Portal befriedigen wird [vgl. Dittrich
2000, S.74ff.]. Abb. 3-1 illustriert diese Zusammenhänge [vgl. Ennew/McKechnie
1998, S.187ff.; vgl. Gabbott/Hogg 1998, S.15].
Das Kundenverhalten in Bezug auf Kundenbindung wird im Wesentlichen durch die
drei genannten Grössen Vertrauen, Zufriedenheit und Commitment beeinflusst. Im
allgemeinen Fall werden diese Grössen neben dem Nutzen noch durch weitere Faktoren bestimmt, z.B. spielen direkte Wechselkosten oder vertragliche Bindungen eine
Rolle. Für eine detaillierte Darstellung der komplexen Zusammenhänge sei auf
[Dittrich 2000, S.56ff.] verwiesen. Die weiteren Betrachtungen konzentrieren sich auf
den Nutzenaspekt als Einflussfaktor.
Den Ausgangspunkt bilden die Kundenanforderungen, welche den Nutzen des Kunden
durch das Portal, das Vertrauen des Kunden in das Portal und die Zufriedenheit des
Kunden mit den Portalleistungen beeinflussen. Aus den Kundenanforderungen werden
Massnahmen abgeleitet, die der Portalbetreiber berücksichtigen sollte, um die Anforderungen möglichst gut zu erfüllen. Die Anforderungen und Massnahmen wurden aus
verschiedenen Beispielen sowie aus der Literatur abgeleitet. Die einzelnen Beispiele
dienen im Folgenden zur Illustration der Kriterien, die Literaturquellen sind bei den
Kriterienbeschreibungen referenziert.
Ein wesentlicher Nutzenaspekt ist die Kosten- oder Zeitersparnis, welche der Kunde
durch die Nutzung des Portals hat. Die Kundenanforderungen werden daher im Folgenden den vier Bereichen Kosten-/Zeitersparnis, Zusatznutzen, Vertrauen und Zufriedenheit zugeordnet. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Anforderungen und die zugehörigen Massnahmen des Portalbetreibers. Die einzelnen Punkte
werden anschliessend detailliert erläutert. Die verschiedenen Massnahmen haben
Auswirkungen auf unterschiedlichen Architekturebenen. Auf strategische Konsequenzen wird in Kapitel 5 eingegangen, Auswirkungen auf Prozessebene werden in den
Kapiteln 6.3.3 und 6.5 behandelt, und Einflüsse auf die IS-Architektur sind in Kapitel
7.2 beschrieben.
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
Anforderung des Kunden
Kosten-/Zeitersparnis
Prozessunterstützung
Vollständigkeit
Konkurrenzfähigkeit
Neutralität
Vollständige Abwicklung
Einheitliche Bedienung
Zusatznutzen
Orts- und Zeitunabhängigkeit
Freie Wahl des Zugangsmediums
Individuelle Behandlung
Zusatzleistungen
27
Massnahme des Portalbetreibers
Abnahme von Aufgaben
Kundenprozessorientierung
Kritische Masse der Anbieter
Informationsfülle
Attraktive Konditionen
Ausgleich von Nachteilen
Einbezug von Konkurrenzanbietern
Integration aller Geschäftsvorgänge
Volle Integration der Partnerleistungen
Benutzerfreundliche Portaloberfläche
Trennung von Inhalt und Layout
24h Verfügbarkeit
Weltweite Logistikleistungen
Umfassende Unterstützung von Zugangsmedien
Volle Kanalintegration
Personalisierung und Kundenprofile
Bereitstellung von Wissen und Kommunikationsmöglichkeiten
Vertrauen
Rechtsklarheit
Risikominimierung
Datenschutz
Vertrauenswürdige Partner
Zufriedenheit
Qualität
Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit
Transparenz
Datensicherheit
Klare Geschäftsbedingungen
Kundenfreundliche Rücktrittsrechte
Datenschutzgarantien
Bekannte Namen einsetzen
Sorgfältige Partnerauswahl
Verpflichtende Partnereinbindung
Kritische Masse der Kunden
Prozess- und Systemintegration
Auftragsverfolgung
Hoher Sicherheitsstandard
Tabelle 3-1: Kundenanforderungen und Massnahmen des Portalbetreibers
28
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
3.1.1 Kosten- und Zeitersparnis
Eine Reduktion der zur Lösung eines Kundenproblems erforderlichen Kosten oder des
notwendigen Zeitaufwandes stellt für die Kunden meist einen wesentlichen Nutzenfaktor dar. Die folgenden Anforderungen und Massnahmen sind dabei relevant:
?? Prozessunterstützung
Der Kunde möchte in seinem Prozess geführt werden. Ihm reicht eine Sammlung
von Einzelleistungen zu einem bestimmten Thema nicht, sondern er möchte angeleitet werden, wie er den Prozess am besten gestaltet, welche Leistungen er von
welchen Partnern zu welchem Zeitpunkt beziehen muss, um sein persönliches Bedürfnis bestmöglich zu befriedigen. Er spart so den zeitlichen Aufwand, sich selbst
in die Thematik detailliert einzuarbeiten.
?? Abnahme von Aufgaben
Der Portalbetreiber muss dem Kunden die Prozessführung und möglichst viele
Aufgaben abnehmen. Denkbar wäre z.B. eine Lösung, die dem Kunden gezielt
Fragen stellt und ihn so zu einer auf ihn abgestimmten Lösung führt.
Beispiel: Die deutsche Direkt Anlage Bank (http://www.direktanlagebank.com)
bietet auf ihrer Website einen „Zukunfts-Planer“ (s. Abb. 3-2), der den Kunden
z.B. durch den Prozess der Vorsorgeplanung führt. Schrittweise werden die erforderlichen Angaben zu Einkommens- und Vermögenssituation erfragt, am
Ende erhält der Kunde einen konkreten Vorschlag für einen persönlichen Vo rsorgeplan.
Abb. 3-2: Der „Zukunfts-Planer“ der Direkt Anlage Bank
führt den Kunden durch den Vorsorgeplanungsprozess.
?? Vollständigkeit
Der Kunde erwartet, dass er sein konkretes Bedürfnis vollständig über das Portal
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
29
befriedigen kann. Diese Anforderung wird auch mit dem Stichwort „Everything“
bezeichnet [Österle 2000a, S.26]. Er möchte dabei nur mit dem Portalbetreiber eine
Geschäftsbeziehung unterhalten, gleichzeitig aber Zugang zu den Leistungen möglichst vieler Anbieter haben. Dadurch spart er den Aufwand, zu jedem einzelnen
Anbieter Beziehungen aufzubauen und zu unterhalten.
?? Kundenprozessorientierung
Um der Vollständigkeit möglichst nahe zu kommen, muss sich der Portalbetreiber am Kundenprozess orientieren. Er baut ein umfassendes Prozesswissen auf und beherrscht den Prozess besser als der Kunde selbst. Im Sinne
des Customer Resource Life Cycle [s. Ives/Learmonth 1984] versucht er, das
Kundenproblem zu lösen und dafür möglicht viele Produkte, Dienstleistungen
und Informationen zu verbinden. Des Weiteren sollten die Kundeninteressen in
den Vordergrund gestellt werden (Affiliation). So haben z.B. Amazon-Kunden
nicht lange akzeptiert, dass Verlage Amazon für gute Platzierungen ihrer Bücher bezahlten [Evans/Wurster 2000, S.87ff.].
Beispiel: Die amerikanische Website autobytel.com unterstützt den Autobesitz
vom Kauf (Modellwahl, Gebrauchtwagensuche, Finanzierung) über Besitz
(Versicherung, Wartung) bis zum Verkauf (s. Abb. 3-3) und deckt so den Kundenprozess möglichst vollständig ab.
Abb. 3-3: autobytel.com deckt den vollständigen Kundenprozess „Autobesitz“ ab.
?? Informationsfülle
Die angebotenen Informationen, z.B. über angebotene Produkte und Dienstleistungen, müssen möglichst umfassend und detailliert sein [Evans/Wurster
2000, S.89ff.]. Hier sind Hersteller und herkömmliche Händler gegenüber ne uen E-Business-Unternehmen als Portalbetreiber im Vorteil, da sie leichten Zu-
30
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
gang zu Produkt- und Kundeninformationen haben. Ein Kunde wird z.B. eher
einen Autovergleich benutzen, bei dem er sämtliche technische Daten vergleichen kann, als einen, bei dem ihm nur Modellbezeichnung und Preis als Kriterien zur Verfügung stehen.
?? Kritische Masse der Anbieter
Der Anbieter muss die Lieferanten der benötigten Leistungen überzeugen, ihre
Leistungen über ihn auf dem Markt anzubieten. Der Kunde wird mit dem
Leistungsintegrator zusammenarbeiten, zu dem er das grösste Vertrauen hat und
der ihm den Zugang zu den meisten Lieferanten bietet [s. Hagel/Singer 1999, S.
169ff].
?? Konkurrenzfähigkeit
Der Kunde bezieht Leistungen nur zu konkurrenzfähigen Konditionen. Konkurrenten sind nicht nur andere Portale, sondern auch herkömmliche Anbieter wie z.B.
der lokale Einzelhandel oder die Bankfiliale.
?? Attraktive Konditionen
Gleiche Leistungen dürfen nicht teurer sein als bei der Konkurrenz. Um einen
Wettbewerbsvorteil zu schaffen, sollten sie entweder günstiger sein oder andere
Vorteile wie z.B. ein grosszügiges Rückgaberecht bieten.
Beispiel: Amazon.de bietet Bücher zum selben Preis wie im Buchladen an, der
Versand zum Besteller erfolgt gratis. Der Kunde bekommt die Bücher also zu
denselben Konditionen wie im herkömmlichen Buchladen. Zusätzlich hat er
den Vorteil, die Bücher nach Hause geliefert zu bekommen. Ausserdem kann er
die Bücher innerhalb einer bestimmten Frist ohne Begründung zurückgeben und
erhält den Kaufpreis erstattet. Diese Regelung ist ein zusätzlicher Vorteil für
den Kunden und gleicht gleichzeitig den Nachteil aus (vgl. unten), dass er das
Buch vor dem Kauf nicht begutachten kann.
?? Ausgleich von Nachteilen
Dem Kunden entstehen häufig Nachteile, wenn er Leistungen über ein Portal im
Internet bezieht. Dazu gehören z.B. Lieferzeiten, Lieferkosten, die fehlende
Möglichkeit, die Ware vor dem Kauf zu begutachten oder die fehlende persönliche Beratung. Diese Nachteile muss der Anbieter ausgleichen, z.B. durch
Übernahme von Lieferkosten, Rückgaberechte oder durch die Möglichkeit einer
telefonischen Beratung. Vorteile des Portals müssen gleichzeitig deutlich ko mmuniziert werden.
Beispiel: Ein Nachteil beim Onlinekauf von Kleidern ist die fehlende Möglichkeit,
die
Kleider
anzuprobieren.
Der
deutsche
Otto-Versand
(http://www.otto.de) bietet die Möglichkeit, die Kleider aus dem Katalog online
anzuprobieren (s. Abb. 3-4). Dazu kann man auch ein Foto von sich selbst auf
dem Server ablegen und so die Kleider am eigenen Körper sehen.
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
31
Abb. 3-4: Der Otto-Versand gleicht Nachteile durch die Online-Anprobe aus.
?? Neutralität
Vielfach erwartet der Kunde die Neutralität des Portalbetreibers gegenüber den
Leistungserbringern. Diese Neutralität erlaubt zum Beispiel einen umfassenden
und objektiven Vergleich der Leistungen verschiedener Anbieter. Der Kunde spart
Zeit, da er den Vergleich sonst selbst durchführen müsste, oder Kosten, da er ohne
Vergleich wahrscheinlich nicht den günstigsten Anbieter finden würde.
?? Einbezug von Konkurrenzanbietern
Der Portalbetreiber sollte konkurrierende Anbieter in das Portal einbeziehen
und einen Vergleich ermöglichen. Dies stellt in der Regel kein Problem in Bereichen dar, in denen der Portalbetreiber keine eigenen Leistungen erbringt. Unter Umständen kann aber auch der Einbezug eines Vergleichs von eigenen Leistungen mit den Konkurrenzleistungen oder das Angebot von Konkurrenzleistungen im eigenen Portal eine Erfolg versprechende Strategie darstellen.
Eine Möglichkeit ist auch ein Joint Venture mit direkten Konkurrenten
[Evans/Wurster 2000, S.84f.]. Beschränkt sich der Portalbetreiber auf ein Angebot der eigenen Leistungen, so läuft er Gefahr, die Portalnutzer an einen neutralen Portalbetreiber zu verlieren, da dieser ihm durch die Neutralität einen zusätzlichen Nutzen bieten kann.
Beispiel: Der neutrale Portalbetreiber comparis.ch bietet einen Vergleich ve rschiedener Versicherungs- und Bankkonditionen (s. Abb. 3-5). Durch die Neutralität erhält der Kunde hier einen fast vollständigen Marktüberblick.
Ein weiteres Beispiel ist GetMusic.com, ein Joint Venture von Universal und
BMG, zwei der weltweit grössten Musikfirmen. GetMusic.com bietet eine voll-
32
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
ständige Auswahl von Musikalben an, die sowohl aus der eigenen Produktion
wie aus der anderer Firmen stammen [Evans/Wurster 2000, S.86].
Abb. 3-5: Comparis.ch bietet einen neutralen Krankenversicherungs-Vergleich.
?? Vollständige Abwicklung
Diese auch als „One-stop“ bezeichnete Forderung bedeutet, dass der Kunde das gesamte Geschäft in einem einzigen Vorgang erledigen kann [Österle 2000a, S.26].
Er muss – abgesehen von einem physischen Warentransport – nie auf die Leistungen warten. Der Kundenprozess wird so durch die Leistungserbringer nicht unterbrochen.
?? Integration aller Geschäftsvorgänge
Der Portalbetreiber muss alle notwendigen Geschäftsvorgänge in sein Portal integrieren [vgl. Fellenstein/Wood 2000, S.33ff.]. Insbesondere dürfen keine Ve rträge o.ä. mehr auf Papier abgeschlossen werden, da dies durch den Postweg zu
unnötigen Verzögerungen führt und zu einem Medienbruch, der die automatische Verarbeitung erschwert. Die rechtlichen Grundlagen für eine Abwicklung
sämtlicher Geschäftsvorgänge über Internet werden derzeit in den meisten Industrieländern geschaffen. Dazu gehören vor allem eine Gesetzgebung zur Anerkennung digitaler Unterschriften sowie die dafür notwendige Infrastruktur.
Beispiel: Die Webinsurance (http://www.webinsurance.ch) der Winterthur Versicherungen erlaubt es, den Abschluss verschiedener Versicherungen vollständig online vorzunehmen (s. Abb. 3-6). Nach erfolgtem Abschluss kann man
sich eine (vorläufige) Police selbst ausdrucken. Nach geltendem Recht kommt
zwar kein rechtsgültiger Vertrag zustande, das Risiko des Zahlungs ausfalls trägt
die Winterthur.
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
33
Abb. 3-6: Die Webinsurance der Winterthur ermöglicht
den Online-Abschluss von Versicherungen.
?? Einheitliche Bedienung
Eine einheitliche und intuitive Bedienung des gesamten Portals erleichtert es dem
Kunden, sich zurechtzufinden. Die Einheitlichkeit sollte über alle Portalinhalte
hinweg gegeben sein, unabhängig davon, welcher Partner die Inhalte bereitstellt.
Erfordert die Bedienung erst eine langwierige Einarbeitung oder Gewöhnung, so
können Zeitersparnisse aus anderen Vorteilen hier wieder verloren gehen.
?? Volle Integration der Partnerleistungen
Die Portalpartner sollen soweit integriert sein, dass dem Kunden das Portal als
einheitlicher Anbieter erscheint. Dies bezieht sich auf verschiedene Aspekte
wie Darstellung der Inhalte, Auftrags- und Zahlungsmöglichkeiten, Abwicklung
und Kontaktmöglichkeiten über andere Vertriebskanäle.
Beispiel: Das amerikanische Hochzeitsportal theknot.com (s. Abb. 3-7) unterstützt den Prozess der Hochzeitsvorbereitung. Die Leistungen werden von ve rschiedenen Anbietern erbracht (Online-Shops für Geschenke und Kleidung, Online-Reiseanbieter, Online-Betreiber von Diskussionsforen und persönlichen
Hochzeitswebsites etc.). In der Regel merkt der Benutzer dies nicht, da alle Anbieter nahtlos in eine einheitliche Portaloberfläche integriert sind.
34
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
Abb. 3-7: The Knot integriert die Leistungen vieler Anbieter
in einer einheitlichen Oberfläche.
?? Benutzerfreundliche Portaloberfläche
Die Gestaltung der Portaloberfläche sollte modernen Kriterien der Ergonomie
genügen. Das Portal sollte vor allem übersichtlich, gut strukturiert, nicht überladen und einfach zu bedienen sein. Hinweise zur Oberflächengestaltung geben
sogenannte Style Guides [s. z.B. Lynch/Horton 1999]. Wichtig ist auch eine gute Performance mit kurzen Antwortzeiten.
?? Trennung von Inhalt und Layout
Erreicht werden kann eine einheitliche Oberfläche über alle Partner hinweg am
einfachsten durch eine Trennung von Inhalt und Layout. Voraussetzung dafür
ist, dass alle Partner die reinen Portalinhalte in strukturierter Form bereitstellen.
Dies ist oft schwierig zu erreichen, da viele Anbieter die Kontrolle über die
Darstellung der Inhalte behalten wollen. Die Integration von Inhalten verschiedener Anbieter in einer Website bezeichnet man als Content Syndication [s.
whatis?com 2000, Stichwort Syndication]. Zur Standardisierung und Automatisierung von Content Syndication sind in letzter Zeit verschiedene Dokumentstandards und Protokolle entwickelt worden, die einen einfachen, layoutunabhängigen Austausch von Inhalten ermöglichen, z.B. das standardisierte
Information and Content Exchange Protocol (ICE) [vgl. Greening 1999; ICE
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
35
Authoring
Group
2000].
Anbieter
wie
z.B.
iSyndicate
(http://www.isyndicate.com) haben sich darauf spezialisiert, strukturierte Inhalte anzubieten und stellen auch die Technologie zur Content Syndication zur
Verfügung.
3.1.2 Zusatznutzen
Weitere Merkmale tragen nicht oder nur indirekt zu Kosten- oder Zeitreduktion bei,
stiften für Kunden aber einen klaren Zusatznutzen:
?? Orts- und Zeitunabhängigkeit
Der Kunde möchte die Leistungen des Prozessportals jederzeit und an jedem Ort
der Welt in Anspruch nehmen können („Non-stop“ und „Everywhere“ [Österle
2000a], S.26).
?? 24h Verfügbarkeit
Die Portalleistungen müssen 24 Stunden am Tag, an allen Tagen im Jahr ve rfügbar sein. Die Verfügbarkeit muss durch entsprechend redundant ausgelegte
Systeme sichergestellt sein.
?? Weltweite Logistikleistungen
Während die Erbringung elektronischer Leistungen ortsunabhängig ist, muss
bei physischen Warentransporten eine weltweit funktionierende Logistik sichergestellt werden.
?? Freie Wahl des Zugangsmediums
Der Kunde bestimmt, über welches Zugangsmedium (z.B. Internet, Telefon, Fax,
Geschäft/Filiale, …) er die Leistungen des Portals nutzen möchte („Anyhow“
[Österle 2000a, S.26]). Die Wahl des Mediums erfolgt häufig nach sehr subjektiven
Kriterien [vgl. Black et al. ].
?? Umfassende Unterstützung von Zugangsmedien
Der Portalbetreiber sollte die Leistungen über möglichst viele Zugangsmedien
erbringen [vgl. Fellenstein/Wood 2000, S.46f.]. Hauptzugangsmedium ist i.d.R.
das Web, andere Medien werden meist ergänzend eingesetzt. Z.B. bei
www.immoscout24.de kann sich der Kunde per Telefon an ein Call Center
wenden, wenn er Probleme mit dem Leistungsangebot hat. Bei
www.yourhome.ch kann der Kunde jederzeit in eine Filiale gehen, wenn er eine
weiter gehende persönliche Beratung wünscht. Bei der Auswahl der unterstützten Zugangsmedien müssen auch Wirtschaftlichkeitskriterien berücksichtigt
werden. Meist ist es beispielsweise nicht sinnvoll, qualifizierte Bankberater im
Sinne der Kundenprozessunterstützung für Beratungs tätigkeiten einzusetzen,
die ausserhalb ihrer Kernkompetenz liegen.
Beispiel: Die Autoversicherung der Zürich (http://www.zurich.ch) nutzt ve rschiedene Kanäle für den Kundenkontakt (s. Abb. 3-8). Versicherungsantrag
36
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
und weitere Zusatzleistungen wie ein Fahrzeugmarkt sind online verfügbar.
Ebenfalls kann eine Schadenmeldung online erfolgen. Im Schadenfall steht aber
auch eine Support-Telefonnummer zur Verfügung, über die der Kunde Unterstützung bei der Schadenabwicklung erhält. Bringt er sein defektes Fahrzeug zu
einem physischen „Help Point“, so wird ihm die Abwicklung vollständig abgenommen.
Abb. 3-8: Multikanal-Kundenschnittstelle der Zürich Autoversicherung
?? Volle Kanalintegration
Die verschiedenen Vertriebskanäle müssen auf Prozess- und auf Systemebene
vollständig integriert sein, d.h. alle Kundeninformationen sind an einer Stelle
verfügbar, egal welchen Kanal der Kunde nutzt.
?? Individuelle Behandlung
Die Kommunikation des Kunden mit dem Portal ist in allen Belangen vom Marketing bis zum After-Sales-Service auf seine persönlichen Bedürfnisse abgestimmt
(„One-to-one“ [Österle 2000a, S.26]). Insbesondere sollten die Portaloberfläche
und die Portalinhalte individuellen Präferenzen angepasst werden können [vgl. Hoque 2000, S.76ff.].
?? Personalisierung und Kundenprofile
Der Portalbetreiber speichert Verhalten und Präferenzen des Kunden in Kundenprofilen. Diese Informationen nutzt er zum Aufbau von persönlichen Homepages für den Kunden und zur Individualisierung von Leistungen.
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
37
?? Zusatzleistungen
Der Kunde erwartet eine Nutzung der Möglichkeiten des Internets zur Realisierung
von Zusatzleistungen, die so über herkömmliche Vertriebskanäle nicht möglich
wären.
?? Bereitstellung von Wissen und Kommunikationsmöglichkeiten
Der Portalbetreiber stellt Kommunikationsmöglichkeiten wie Diskussionsforen
und Chat, multimediale Informationsangebote etc. im Portal zur Verfügung.
Solche Leistungen bieten einen erheblichen Mehrwert, da sie z.B. den ortsunabhängigen Austausch mit Gleichgesinnten ermöglichen oder Expertenwissen verfügbar machen, das sonst nur schwer zugänglich wäre [vgl. Hoque
2000, S.83ff.].
3.1.3 Vertrauen
Bevor ein Kunde erstmals ein Vertragsverhältnis mit dem Portalbetreiber oder mit einem der Portalpartner eingeht und z.B. persönliche Daten preisgibt, muss er Vertrauen
in das Portal gewinnen. Dazu sind entsprechende Zusicherungen des Portalbetreibers
erforderlich:
?? Rechtsklarheit
Der Kunde muss sich informieren können, mit wem er ein Vertragsverhältnis eingeht und welche Bedingungen damit verknüpft sind. Insbesondere möchte er wi ssen, welche Rechte und Pflichten er hat und welche Risiken er tragen muss.
?? Klare Geschäftsbedingungen
Der Portalbetreiber verfasst klare und verständliche Geschäftsbedingungen, die
er dem Kunden leicht auffindbar im Portal zugänglich macht. Insbesondere vor
einem Vertragsabschluss muss darauf hingewiesen werden, dass er die Geschäftsbedingungen nachlesen kann.
?? der Kunde auf die Möglichkeit hingewiesen werden, diese Geschäftsbedingungen zu lesen.
?? Risikominimierung
Beim Bezug von Dienstleistungen über ein Portal geht der Kunde in der Regel gewisse Risiken ein, z.B. kann die Ware nicht den Vorstellungen entsprechen oder
beim Transport beschädigt werden. Er verlangt daher vom Portalbetreiber, dass
dieser durch entsprechende Vereinbarungen und Garantien die Risiken für den
Kunden minimiert.
?? Kundenfreundliche Rücktrittsrechte
Der Portalbetreiber sollte dem Kunden kundenfreundliche Rechte einräumen,
die Ware zurückzugeben oder vom Vertrag zurückzutreten. Ausserdem sollten
38
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
risikoarme Bezahlungsmöglichkeiten z.B. per Rechnung oder per Lastschrift
möglich sein.
?? Datenschutz
Der Kunde erwartet, dass persönliche Daten, die z.B. in Kundenprofilen gespeichert werden, vertraulich behandelt werden.
?? Datenschutzgarantien
Der Portalbetreiber gibt entsprechende Datenschutzgarantien und schliesst insbesondere den Verkauf von Kundendaten an Dritte aus.
Beispiel: Die Winterthur Webinsurance hat klare Datensicherheits- und Datenschutzrichtlinien, die auf der Homepage leicht auffindbar und gut verständlich
sind (s. Abb. 3-9).
Abb. 3-9: Datenschutzzusicherungen bei der Winterthur Webinsurance
?? Vertrauenswürdiger Partner
Ein Kunde baut leichter Vertrauen zu einem Portal auf, wenn eine bekannte, vertrauenswürdige Marke als Portalbetreiber auftritt [Black et al., S.14f.].
?? Bekannte Namen einsetzen
Ist der Portalbetreiber selbst ein bekanntes Unternehmen oder ein Unternehmen
mit bekannten Marken, so sollten diese Namen auch im Portal eingesetzt we rden. In www.yourhome.ch beispielsweise stellt sich die Credit Suisse als
Portalbetreiber auch explizit im Portal dar. Ist ein solcher bekannter Name im
eigenen Unternehmen nicht verfügbar, so kann evtl. eine Kooperation mit einem entsprechenden Unternehmen eingegangen werden. Denkbar wäre auch eine Institution, die Portale zertifiziert und Gütesiegel vergibt.
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
39
3.1.4 Zufriedenheit
Einen wesentlichen Beitrag zur Kundenzufriedenheit leistet eine reibungslose und effiziente Abwicklung. Ebenfalls muss die Leistungsqualität den Kundenerwartungen
entsprechen. Die folgenden Aspekte sind dabei relevant:
?? Qualität
Der Kunde erwartet eine angemessene und gleich bleibende Qualität der angebotenen Leistungen und der Leistungserbringer. Vor allem muss die im Portal angebotene Qualität mit der Qualität der tatsächlich erbrachten Leistung übereinstimmen,
und die Qualitätsstandards der verschiedenen kooperierenden Anbieter müssen sich
auf einem einheitlichen Niveau befinden.
?? Sorgfältige Partnerauswahl
Der Portalbetreiber sollte die Kooperationspartner sorgfältig und frühzeitig
auswählen. Die Leistungen des Partners müssen zum Leistungsangebot des Portals passen, die Partner müssen in der Lage sein, die Leistungen langfristig und
korrekt zu erbringen. Sowohl der Portalbetreiber als auch die Partner dürfen nur
Leistungen erbringen, die zu den eigenen Kernkompetenzen gehören.
?? Verpflichtende Partnereinbindung
Die Partner müssen vertraglich zur Leistungserbringung verpflichtet werden.
Für die Kooperation zwischen jedem einzelnen Partner und dem Portalbetreiber
ist ein für beide Seiten attraktives Geschäftsmodell notwendig.
?? Kritische Masse der Kunden
Je höher die Anzahl der Portalnutzer ist, desto leichter wird der Portalbetreiber
Partner für die Leistungserbringung finden [s. Hagel/Singer 1999, S. 169ff]. In
diesem Zusammenhang ist es erforderlich, über eine möglichst grosse Reichweite zu verfügen [Evans/Wurster 2000, S.83ff.].
?? Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit
Der Kunde erwartet eine zuverlässige und möglichst schnelle Erbringung der benötigten Leistungen, unabhängig davon, ob die Leistung vom Portalbetreiber selbst
oder von einem seiner Partner erbracht wird [Fellenstein/Wood 2000, S.30ff.].
?? Prozess- und Systemintegration
Frontend, Backend und Kooperationspartner müssen sowohl auf Prozess- als
auch auf Systemebene voll integriert sein. Das heisst, dass ein im Frontend erfasster Auftrag ohne manuelle Zwischenschritte die Leistungserbringung im
Backend und/oder beim Partner auslösen muss. Zur Erleichterung der Integration sollten bei der Anbindung der Partner gängige Standards eingehalten werden
[vgl. Fellenstein/Wood 2000, S.84ff.].
?? Transparenz
Der Kunde möchte jederzeit über den Status seines Auftrages informiert sein und
40
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
die Möglichkeit haben, den
[Fellenstein/Wood 2000, S.41].
Auftrag
zu
ändern
oder
zu
stornieren
?? Auftragsverfolgung
Der Portalbetreiber implementiert in seinem System die Möglichkeit für den
Kunden, jederzeit den genauen Status abfragen zu können und Änderungen
vornehmen zu können. Auch hierfür ist eine volle Integration erforderlich (s.o.).
Beispiel: Beim internationalen PC-Hersteller Dell (http://www.dell.ch) kann der
Kunde jederzeit den Status seiner Bestellung und den voraussichtlichen Liefertermin abfragen (s. Abb. 3-10).
Abb. 3-10: Abfrage des Bestellstatus bei Dell
?? Datensicherheit
Der Kunde erwartet, dass bei der Abwicklung alle anfallenden Transaktionen sicher abgewickelt werden.
?? Hoher Sicherheitsstandard
Der Portalbetreiber setzt moderne kryptographische Massnahmen zur Gewährleistung der Datensicherheit ein. Dazu gehören Verschlüsselungs- und Signaturverfahren sowie Standards für sichere Zahlungstransaktionen.
3.2 Fallbeispiel: yourhome.ch
Die folgenden Ausführungen beschreiben Realisierung und Betrieb des Prozessportales yourhome.ch, das den Kundenprozess Immobilienerwerb unterstützt. Das Ziel
dieses Fallbeispieles ist es, die oben beschriebenen theoretischen Aspekte zu illustrie-
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
41
ren. Die Angaben basieren auf einem Interview mit der Projektleitung von yourhome.ch (s. Anhang D.2).
3.2.1 Inhalte von yourhome.ch
Die Credit Suisse betreibt mit yourhome.ch eine Website, die Informationen und
Dienstleistungen rund um den Immobilienerwerb anbietet. Eine Kernfunktion ist die
Möglichkeit, online Hypotheken zu beantragen. Ergänzend bietet yourhome.ch
Funktionalitäten, die den Kunden zu jedem Zeitpunkt in seinem Prozess des
Immobilienerwerbs ansprechen sollen – von den ersten Überlegungen bis zu Gartengestaltung, Inneneinrichtung und Umzug.
Abb. 3-11: www.yourhome.ch
Der Kunde kann sich in der Rubrik „Was muss ich wissen?“ zunächst grundlegend
informieren. Hier findet er Hintergrundinformationen über die Bedarfsermittlung, die
Objektsuche sowie über Rechtsfragen, Steuerthemen, Finanzierungsmöglichkeiten und
Versicherungsfragen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, sich die Attraktivität der
gewünschten Wohngemeinde anzeigen zu lassen und zwar bezüglich Steuersituation,
Verkehrslage, Ausbildungsstand der Bevölkerung usw. Diese Informationen helfen
dem Kunden, seinen persönlichen Immobilienerwerbsprozess zu organisieren. Checklisten und Hinweise, was bei den einzelnen Aktivitäten zu beachten ist, erlauben es
ihm, auf einfache Weise Know-how über diesen Prozess aufzubauen.
Konkrete Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Objekt findet man in der
Rubrik „Was gibt es auf dem Markt?“. Der Kunde kann hier in mehreren von Drittan-
42
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
bietern zur Verfügung gestellten Immobiliendatenbanken nach geeigneten Objekten
suchen. Außerdem hat er Zugriff auf Kartenmaterial, das ihm Auskunft über die
Wohnlage und die Umgebung eines gefundenen Objektes gibt. Eine weitere Funktion
bietet Unterstützung, wenn der Kunde ein Objekt individuell bewerten lassen möchte.
Ausserdem besteht Zugriff auf nützliche Adressen zum Beispiel von Immobilienmaklern und Liegenschaftsbewertern.
Geht es um die Finanzierung der Immobilie, bietet yourhome.ch unter der Rubrik „Online-Finanzierung“ die Möglichkeiten, ein persönliches Budget zu planen, Konditionen
für Hypotheken der Credit Suisse zu ermitteln und steuerliche Auswirkungen sowie
Versicherungsvarianten zu berechnen. Einige Versicherungen können auch online abgeschlossen werden. Natürlich kann der Kunde online einen Hypothekarkredit beantragen.
Die Rubrik „Rund ums Wohnen“ bietet eine weiter gehende Unterstützung des Kundenprozesses. Unter „Bau/Umbau/Renovation“ findet man Informationen über einen
typischen Bauablauf sowie diverse Checklisten. Der Umzug wird durch Informationen
über Umzugsmöglichkeiten und -kosten sowie durch einen Link auf ein Speditionsunternehmen unterstützt. Zur Planung der Inneneinrichtung stehen Checklisten sowie
eine kostenlose Möblierungssoftware zum Download zur Verfügung. Auch für den
Gartenbau findet man ausführliches Informationsmaterial.
Im „Marktplatz“ sind die Links zu allen yourhome-Partnern zusammengefasst, die
Produkte oder Dienstleistungen rund um die Immobilie anbieten. „Mein Folder“ bietet
die Möglichkeit, yourhome.ch zu personalisieren. Dabei werden persönliche Einstellungen, Links und Eingaben bei Modellrechnungen gespeichert und können später
wieder abgerufen werden. Auch dient „Mein Folder“ dazu, den Status eines online
erfassten Kreditantrages zu verfolgen. Unter „Tools“ findet man nochmals alle Checklisten, Online-Rechner, Li nks usw. an einem Ort zusammengefasst. „News“ beinhaltet
aktuelle Informationen, Angebote und einen Tipp des Monats.
Um das umfassende Informations- und Dienstleistungsangebot zum Thema Immobilie
bereitstellen zu können, arbeitet die Credit Suisse mit verschiedenen externen Partnern
zusammen, deren Kernkompetenzen in den einzelnen Themengebieten liegen (z.B.
Makler, Umzugsunternehmen, Gartenbauunternehmen etc.). Auf der Website yourhome.ch werden die Inhalte der verschiedenen Partner und der Credit Suisse zu einem
umfassenden Angebot zusammengefügt, das auf die Bedürfnisse des Kunden ausgerichtet ist. Abb. 3-12 illustriert diese Struktur.
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
43
Archithema
ETH
yourhome.ch
Etzel
IAZI CIFI
News, Checklisten
ImmoPool
ImmoTax
Kundenprozess
Informieren
Finanzierungsoptionen
Finanzplanung
Limmatdruck
Objektsuche
Geogr. Informationen
MVS Baumarketing
Nägeli-Umzüge
Objekt suchen
Online-Finanzierung
Finanzierung
Umzug
Umzug
Rodrigo & Abegg
SwissClick
Schweizer Garten
Inneneinrichtung
Einrichtung
SwissTax
Symplan Map AG
Winkler&Richard
Gartenbau
...
...
Wüest&Partner
Abb. 3-12: Struktur von yourhome.ch
3.2.2 Ausgangslage und Ziele
Ausgangspunkt für die Entwicklung von yourhome.ch war die Geschäftsidee, eine „Internet-Homepage“ zu entwickeln, die Informationen über Hypothekar-Finanzierungen
bieten und den Verkauf von Hypotheken ermöglichen sollte. Zusätzlich plante man,
weitere Informationen und Produkte zu Themen rund um die Immobilie wie z.B. Kauf,
Verkauf, Bau, Umbau, Umzug und Einrichtung zu integrieren. Damit ein möglichst
breites Themenspektrum abgedeckt werden kann, sollten erstklassige externe Partner
eingebunden werden.
Das primäre Ziel, welches die Credit Suisse mit dem Projekt verfolgte, war der Ertrag
durch den Verkauf von Hypotheken, sei es online oder bei einer Geschäftsstelle. Im
Vordergrund stand dabei die Gewi nnung von Neukunden für die Credit Suisse. Durch
das umfassende Informationsangebot auf yourhome.ch sollte der Kunde auf seinem
Entscheidungsweg in jedem Stadium angesprochen werden, also z.B. bei Budgetüberlegungen, bei der Klärung von Finanzierungsfragen, bei der Suche eines geeigneten
Objektes, bei Einrichtungsfragen etc.
Ein weiteres Ziel war die Verstärkung des positiven Images der Credit Suisse im Bereich der Web-Auftritte. Als „first mover“ strebte sie eine führende Position im Hypothekenverkauf via Internet an. Ausserdem wollte man mit yourhome.ch eine Plattform
schaffen, die eine systematische Einbindung von Maklern ermöglicht. Diese sollten
einerseits als Absatzmittler für Hypotheken fungieren und andererseits Inhalte für
yourhome.ch zur Verfügung stellen wie z.B. Informationen über verfügbare oder gesuchte Kaufobjekte.
44
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
Während der kurzen Projektentwicklungsphase standen Einsparungen bei der Abwicklung der Hypothekaranträge durch Optimierungen auf Prozessebene nicht im Vordergrund. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass das Ausschöpfen dieses Optimierungspotenzials in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen wird.
3.2.3 Business Case und Ertragskonzept
Zu Projektbeginn wurde ein Business Case erstellt. Da kein Schweizer Referenzmarkt
vorhanden war, mussten viele Annahmen getroffen werden und Angaben aus dem Online-Markt der USA übernommen werden. Aus diesen Gründen war der Business Case
von Anfang an mit einer hohen Unsicherheit behaftet. Für das Projekt yourhome.ch
galt, dass der über einen Zeitraum von fünf Jahren berechnete Kapitalwert (Net Present Value) positiv sein muss.
Die Einnahmequellen von yourhome.ch sind der Verkauf von Hypotheken und die
durch die Einbindung externer Partner erzielten Erlöse. Für die Kooperation mit jedem
einzelnen externen Partner wird ein eigener Vertrag ausgehandelt und abgeschlossen.
Häufig sind Ideen oder Vorschläge für Inhalte vorhanden, für die dann nach einem
sowohl für die Credit Suisse als auch für den Partner attraktiven Ertragskonzept gesucht werden muss.
3.2.4 Prozesse
Auf Prozessebene unterscheidet man zwischen dem Kundenprozess, den Geschäftsprozessen und den Unterstützungsprozessen. Der Kundenprozess läuft beim Kunden
ab und umfasst im Fall von yourhome.ch alle Aktivitäten rund um den Erwerb einer
Immobilie. Die Geschäftsprozesse sind diejenigen Prozesse bei der Credit Suisse und
ihren externen Partnern, die im Rahmen von yourhome.ch Leistungen an den Kunden
erbringen wie z.B. der Prozess „Verkauf von Hypotheken“. Die Leistungen der Unterstützungsprozesse richten sich nicht direkt an den Kunden, sondern nur an die Geschäftsprozesse. Ein wichtiger Unterstützungsprozess bei yourhome.ch ist z.B. das
Content Management. Die Analyse und Anpassung der Geschäftsprozesse wurde im
Projekt yourhome.ch als sehr wichtig eingestuft und in einem eigenen Teilprojekt
durchgeführt.
3.2.4.1 Kundenprozess
Die Abläufe beim Kunden im Zusammenhang mit dem Immobilienerwerb wurden in
Form eines Kundenprozesses analysiert. Art und Strukturierung der in yourhome.ch
bereitgestellten Inhalte basieren auf den Erfahrungen der Kundenberater im Hypothekarbereich und auf den bestehenden Kundenprozessen der Credit Suisse. Sie wurden
vom Projektteam gemeinsam festgelegt. Die wichtigsten Kriterien für die Integration
neuer Inhalte sind folgende:
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
45
?? Sind die Inhalte für den Kunden im Zusammenhang mit Immobilien / Hypotheken
relevant?
?? Gibt es ein geeignetes Geschäftsmodell für die Kooperation mit dem externen
Partner, der die Inhalte bereitstellt?
?? Folgen Partner und Inhalte dem Leitsatz „Best Service and Advice“?
Oft werden neue Inhalte aufgrund der Vorschläge von (potenziellen) externen Partnern
eingebunden.
3.2.4.2 Geschäftsprozess „Verkauf von Hypotheken“
Der wichtigste von yourhome.ch betroffene Geschäftsprozess ist der Verkauf von Hypotheken einschliesslich der Bearbeitung der Kreditanträge. Dieser Prozess ist wenig
standardisiert, da z.B. jeder Kanton der Schweiz ein eigenes Grundpfandrecht hat. Der
bestehende, auf den Verkauf in der Bankfiliale ausgerichtete Prozess wurde analysiert
und konnte weitgehend übernommen werden. Es sind die folgenden kleineren Anpassungen an die speziellen Anforderungen von yourhome.ch vorge nommen worden:
?? Für den Verkauf von Hypotheken über yourhome.ch wurde ein eigenes Verkaufsteam im Call Center in Horgen angesiedelt. Dieses Team verfügt über die gleichen
Kompetenzen wie Privatkundenberater in der Bankfiliale, ist aber für die gesamte
Schweiz zuständig und muss daher in allen Landessprachen beraten können und alle regionalen Besonderheiten berücksichtigen. Ein online ausgefüllter Kreditantrag
wird diesem Team zur Weiterbearbeitung automatisch übermittelt.
?? Die anschliessende Erfassung der Daten im Host erfolgt manuell. Eine Schnittstelle
zwischen yourhome.ch und dem Host zur automatischen Datenübernahme konnte
bisher nicht realisiert werden, wird aber momentan geplant.
?? Im Gegensatz zum herkömmlichen Verkaufsprozess sichert die Credit Suisse bei
einem Kreditantrag über yourhome.ch im Normalfall eine Bearbeitung und einen
Entscheid innerhalb von 24 Stunden zu. Diese Zusicherung erforderte während des
Projektes einige Gespräche mit den für die Kreditsprechung zuständigen Krediteinheiten. In der Praxis hat sich aber die Einhaltung der Frist als unproblematisch
erwiesen. Um die 24 Stunden-Frist einhalten zu können, musste der Postweg zwischen dem yourhome-Verkaufsteam und den Krediteinheiten eliminiert werden.
Heute werden die Dokumente per Fax übermittelt und die Originale per Post nachgereicht. Für das 4. Quartal 2000 ist die Einführung eines Dokumentenmanagement-Systems geplant, an das alle betroffenen Einheiten angeschlossen werden.
Alle erforderlichen Dokumente werden dann eingescannt und intern auf elektronischem Weg verteilt. Die interne Kommunikation per Fax und Post kann somit
grösstenteils eliminiert werden.
46
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
?? Gegenüber dem Hypothekenkauf in der Filiale hat der Kunde bei yourhome.ch die
Möglichkeit, jederzeit den Status seines Antrags zu überprüfen („Tracking“). Bei
jedem Bearbeitungsschritt wird dem Kunden eine Nachricht in seinem persönlichen, geschützten Nachrichtenbereich in „Mein Folder“ abgespeichert. Er erhält
zudem eine E-Mail, die ihn über die Existenz der neuen Mitteilung informiert (aus
Sicherheitsgründen nicht aber die Mitteilung selbst).
?? Für den Kunden sind die Kanäle durchlässig gestaltet. D.h. er kann jederzeit von
den yourhome-Kanälen Internet und Call Center zur Filiale wechseln, um dort Beratung und Vertragsabschluss fortzusetzen.
Abb. 3-13 zeigt den Ablauf beim Verkauf von Hypotheken über yourhome.ch. Links
im Bild sind die einzelnen Aufgaben des Prozesses aufgeführt, auf der rechten Seite
sieht man die einzelnen Aktivitäten, die im Administrationssystem durchgeführt we rden müssen.
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
Kunde startet Online-Finanzierung, erhält
positiven Score mit unverbindlichem
Finanzierungsvorschlag
1. Kunde hat unverbindlichen Kreditantrag online
übermittelt und schickt Kreditantrag und
Beilagen ans yourhome.ch Hypo-Team
1. Elektronisch übermittelter Kreditantrag
beim yourhome.ch Hypo-Team
2. Das yourhome.ch Hypo-Team überprüft
erhaltene Unterlagen auf Vollständigkeit
2. Überprüfen der Unterlagen auf
Vollständigkeit / erste Kreditprüfung
3. Das yourhome.ch Hypo-Team bereitet Kreditentscheid vor und informiert Krediteinheit
(Originalunterlagen FAXEN und schicken)
3. Kreditaufbereitung / Unterlagen
an Krediteinheit
4. Krediteinheit fällt Kreditentscheid und informiert
das yourhome.ch Hypo-Team
47
Status-Box / Admin-Tool
• Kunde identifiziert sich,
indem er sich einloggt
• Kundendaten werden
fortlaufend gespeichert
• Kunde hat den Kreditantrag
elektronisch übermittelt
• Track 1 wird automatisch
ausgelöst
• yourhome.ch Hypo-Team
löst Track 2 aus
• Direkten Ansprechpartner
angeben
• Fehlende Unterlagen
einfordern
• Zeitpunkt des definitiven
Entscheides mitteilen
(im Normalfall innert 24h)
4. Kreditbewilligung / Information ans
yourhome.ch Hypo-Team
5. Das yourhome.ch Hypo-Team übermittelt
Kreditentscheid an Kunden, schickt Neukunden
VSB Unterlagen und fordert bei Krediteinheit
Kreditformalitäten an
5. Mitteilung Kreditentscheid an Kunden /
Versand VSB-Unterlagen an Neukunden
6. Das yourhome.ch Hypo-Team stellt dem Kunden Vertragsunterlagen zu (bei Neukunden
erst nach Rückerhalt der Basisformalitäten)
6. Vertragsunterlagen an Kunden
7. Kunde hat unterschriebene Vertragsformalitäten zurückgeschickt
7. Unterschriebene Vertragsformalitäten
beim yourhome.ch Hypo-Team
8. Das yourhome.ch Hypo-Team zusammen mit
Krediteinheit zahlen Kredit aus
8. Kreditabwicklung: Vorgehen klären
und Kreditauszahlung begleiten
• yourhome.ch Hypo-Team
löst Track 3 aus
• Bei Neukunden zuerst
Basisformalitäten (VSB)
zustellen
• Entscheid mitteilen
• yourhome.ch Hypo-Team
löst Track 4 aus
• Kreditformalitäten werden
per Post zugestellt
• yourhome.ch Hypo-Team
löst Track 5 aus
• Unterzeichnete Kreditformalitäten vollständig
zurückerhalten
• Weiteres Vorgehen klären
• Tracking abschliessen
Das yourhome.ch Hypo-Team betreut
SEINE Kunden (Kundenverantwortung)
Abb. 3-13: Verkaufsprozess für Hypotheken über yourhome.ch
3.2.4.3 Content Management
Für die Erstellung neuer Inhalte und für die Aktualisierung bestehender Inhalte ist das
Content Management verantwortlich. Derzeit ist keine Software zur Unterstützung des
Content Managements im Einsatz, die Einführung einer solchen Lösung ist aber für
2001 geplant.
48
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
Content Management-Prozess für neue Inhalte
Der Idee für einen neu in yourhome.ch zu integrierenden Inhalt folgt eine Abklärung,
ob dieser Inhalt intern – d.h. innerhalb der CS Group – bereitgestellt und gepflegt
werden kann, oder ob dafür externe Partner erforderlich sind. In diesem Fall wird ein
Account Manager beauftragt, einen geeigneten externen Partner zu suchen und zu
evaluieren.
Dann wird ein individuelles Designkonzept für die neuen Inhalte entworfen. Im Fall
der Kooperation mit externen Partnern finden Vertragsverhandlungen und Vertragsabschluss statt. Anschliessend werden die Inhalte erstellt.
Zu einem geeigneten Zeitpunkt folgt ein „Content Freeze“, d.h. der aktuelle Stand der
Inhalte wird ab diesem Zeitpunkt nicht mehr verändert. Die Inhalte werden dann in die
verschiedenen Sprachen übersetzt und regionalen Gegebenheiten angepasst.
Anschliessend erfolgt die technische Entwicklung der Webseiten. Handelt es sich um
rein statische HTML-Seiten, so erstellt sie die „Webfactory“ der Business Unit Credit
Suisse e-Business. Sind hingegen dynamische Inhalte und Applikationen involviert, so
realisiert sie die zentrale IT der Credit Suisse.
Schliesslich folgen Tests, die Integration in die Produktivumgebung und die Freischaltung.
Aktualisierung bestehender Inhalte
Für die inhaltliche Pflege von yourhome.ch sind Content Manager verantwortlich.
Diese erstellen bzw. aktualisieren die einzelnen Inhalte und koordinieren die Bereitstellung von Inhalten durch die externen Partner. Den Content Managern und Partnern
stehen vordefinierte HTML-Templates zur Verfügung. Dadurch werden die Content
Manager nicht mit Layout- und Designfragen konfrontiert, und die Einhaltung einer
einheitlichen Design-Richtlinie kann garantiert werden.
Die Projektleitung von yourhome.ch gibt die neuen bzw. aktualisierten Inhalte frei.
Die „Web Factory“ oder bei Bedarf die zentrale IT der Credit Suisse implementiert die
Inhalte und integriert sie in die Produktivplattform von yourhome.ch.
3.2.4.4 Anbindung der externen Partner auf Prozessebene
Es existieren keine standardisierten Prozesse zur Anbindung der externen Partner. Ein
Partnerprospekt zeigt die wichtigsten Anforderungskriterien an den Partner und das
Vorgehen bei der Zusammenarbeit auf. Die Abläufe und vor allem die Zeitpunkte der
Inhaltserstellung bestimmen die Partner häufig selbst. Dadurch erweist sich für das
yourhome.ch-Team die Koordination der Inhaltserstellung durch die Partner und der
Implementierung durch die IT als problematisch, da die Termine und Kapazitäten der
IT nur schwer darauf abgestimmt werden können.
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
49
3.2.5 Architektur
Die verschiedenen Applikationsteile wurden durch externe Software-Firmen hergestellt. Die Sicherheits- und Architekturanforderungen sowie die gesamte Koordination
im IT-Bereich war jedoch in der Zuständigkeit der Credit Suisse-eigenen IT. Auf technischer Ebene sind verschiedene Standardkomponenten zum Einsatz gekommen, z.B.
im Bereich Datenbank, Webserver, Servlet Engine, Produktions überwachung usw.
Externe Partner werden auf zwei verschiedene Arten eingebunden: Bei den Informationsangeboten der meisten Partner (z.B. Swisscom Branchenverzeichnis, Nägeli Umzüge, geografisches Informationssystem) greift der Webbrowser direkt auf den Webserver des Anbieters zu. Die Systeme der Credit Suisse sind bei dieser Zugriffsart nicht
involviert. Bei anderen Partnern (z.B. Swissclick und Immopool) greift yourhome.ch
auf die Objekt-Datenbanken der Anbieter zu. Die Systeme der Credit Suisse sind zuständig für die Aufbereitung der Informationen in Form von HTML-Seiten und für die
Übermittlung an den Webbrowser des Benutzers.
3.2.6 Projektverlauf und aktueller Stand
yourhome.ch wurde in sehr kurzer Zeit realisiert: Projektstart war im August 1999,
eine erste, rein statische Version schaltete man am 19. Januar 2000 frei, die zweite
Version folgte am 4. April 2000. Derzeit1 sind 18 externe Partner eingebunden, seit der
Lancierung sind etwa 140 Anfragen von weiteren an einer Partnerschaft interessierten
Unternehmen eingegangen.
Die Zugriffszahlen beliefen sich nach der Lancierung auf rund 3000 Besuche pro Tag,
sanken im Sommer 2000 auf unter 1000 Zugriffe pro Tag und sind jetzt wieder steigend.
Gegenüber dem zu Projektbeginn erstellten Business Case (s.o.) sind bisher folgende
Beobachtungen gemacht worden:
?? Im Business Case hat man sich stark an den Volumen im Online-Markt der USA
orientieren müssen, was teilweise nicht den europäischen Verhältnissen entspricht.
Die Erwartungen an Online-Abschlüsse über yourhome.ch sind bisher noch nicht
erfüllt worden. Der Beobachtungszeitraum (7 Monate) ist jedoch noch zu kurz, um
verlässliche Aussagen zu machen.
?? Insbesondere mit Hilfe des Internets ist ein Vergleich der Konditionen für die Kunden leichter möglich. Die Bank muss somit bestrebt sein, konkurrenzfähige Hypothekar-Konditionen anzubieten.
1
September 2000
50
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
?? Viele Kunden und Nichtkunden eignen sich mit yourhome.ch Detailkenntnisse
über die Produkte, Konditionen und den Immobilienmarkt an. Dies beweisen auch
die guten Traffic-Zahlen. Es ist anzunehmen, dass viele Hypothekarsuchende für
den effektiven Abschluss nach wie vor das Gespräch mit ihrem Kundenberater in
einer Geschäftsstelle suchen und dort abschliessen. yourhome.ch – als weiterer
Vertriebs- und Informationskanal – spielt somit im Rahmen des MultichannelAnsatzes der Credit Suisse eine wichtige Rolle.
?? Die Einnahmen durch Kooperationen mit externen Partnern wurden im Business
Case tiefer eingeschätzt.
Als wichtigsten Wettbewerbsvorteil von yourhome.ch sieht die Credit Suisse die Geschwindigkeit an, mit welcher der Auftritt lanciert wurde. Als „first mover“ ist die
Credit Suisse der Konkurrenz zeitlich einen Schritt voraus.
3.2.7 Ausblick
In Bezug auf die Weiterentwicklung von yourhome.ch werden derzeit verschiedene
Fragestellungen diskutiert. Dabei hat yourhome.ch zwei Optionen: Als „Attacking Business“ zu operieren und evtl. vollständig aus der Credit Suisse ausgegliedert zu werden oder als „Enabling Business“ integrierter Bestandteil der Credit Suisse zu bleiben.
Ausserdem wird diskutiert, ob yourhome.ch auf die Schweiz beschränkt bleibt oder ob
die Aktivitäten auf das europäische Ausland ausgedehnt werden. Denkbar wäre z.B.
yourhome.ch in der Schweiz als „Enabling Business“ zu betreiben und im Ausland als
„Attacking Business“ aufzubauen.
Grundsätzlich wäre es auch möglich, neben den Hypotheken der Credit Suisse über
yourhome.ch auch Hypotheken von anderen Banken oder Versicherungen zu vertreiben. Ein solches Vorgehen passt vor allem zu einer „Attacking Business“-Strategie. Im
„Enabling Business“ käme ein Verkauf von Konkurrenzprodukten nur dann in Frage,
wenn der Vertriebskanal Geschäftsstelle diese auch vertreiben würde.
Inhaltlich soll yourhome.ch mit einem umfassenden Marktplatz für Produkte verschiedener Anbieter rund um das Thema Wohnen weiter ausgebaut werden.
3.3 Analyse von yourhome.ch
Bei yourhome.ch handelt es sich um ein Prozessportal, da es einen konkreten Kundenprozess – den Immobilienerwerb – unterstützt, dazu Kooperationen mit verschiedenen
Partnern eingeht und das Web als wichtigsten Vertriebskanal nutzt (vgl. Kapitel 2.3).
Die folgende Aufstellung analysiert nun, welche der in Kapitel 3.1 definierten Kriterien für yourhome.ch zutreffen. Die Angaben zu yourhome.ch beziehen sich auf September 2000. Da yourhome.ch laufend weiterentwickelt wird, können die Angaben
bereits zum Zeitpunkt des Erscheinens der vorliegenden Arbeit überholt sein. Über den
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
51
Erfolg von yourhome.ch können noch keine Aussagen gemacht werden, da der Beobachtungszeitraum von sieben Monaten seit der ersten Lancierung des Portals zu kurz
ist.
Anforderung des
Kunden
Massnahme des Portalbetreibers
Kosten-/Zeitersparnis
Prozessunterstützung Abnahme von Aufgaben
Vollständigkeit
Konkurrenzfähigkeit
Neutralität
Erfüllung bei yourhome.ch
+ = vollständig
o = teilweise oder geplant
- = unzureichend
o Es stehen umfassende Informationen zur Verfügung,
der Kunde muss sich aber
selbst einarbeiten und wird
nicht durch Prozesse wie
z.B. Standortwahl oder
Kauf-/Miet-Entscheidung geführt.
Kundenprozessorientierung o Der Kundenprozess Immobilienerwerb wird umfassend
unterstützt. Zu vielen Kooperationspartnern muss
der Kunde aber eine eigene
Geschäftsbeziehung aufbauen.
Kritische Masse der Anbieter
Beobachtungszeitraum ist
noch zu kurz, Anbieterkooperationen werden la ufend erweitert.
Informationsfülle
+ Die angebotenen Produkte
und Dienstleistungen sind
im Allgemeinen detailliert
beschrieben.
Attraktive Konditionen
- Einzelne Konkurrenten bieten bessere Konditionen an.
Ausgleich von Nachteilen
+ Es sind keine Nachteile erkennbar.
Einbezug von Konkurrenzo Derzeit nicht, in Zukunft geanbietern
plant.
52
Anforderung des
Kunden
Vollständige Abwicklung
Einheitliche Bedienung
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
Massnahme des Portalbetreibers
Erfüllung bei yourhome.ch
+ = vollständig
o = teilweise oder geplant
- = unzureichend
Integration aller Geschäftso Aus rechtlichen Gründen
vorgänge
sind einige Papierunterlagen
noch erforderlich, alle anderen Vorgänge sind im Portal
möglich.
Volle Integration der Partner- - Viele Partne r sind nur durch
leistungen
Links auf deren Website
eingebunden.
Benutzerfreundliche Porta l- + Klares, einfach zu bedieoberfläche
nendes Layout
Trennung von Inhalt und
- Viele Partner haben eigenes
Layout
Layout.
Zusatznutzen
Orts- und Zeitunabhängigkeit
Freie Wahl des Zugangsmediums
Individuelle Behandlung
Zusatzleistungen
24h Verfügbarkeit
o Portal ist über das Internet
immer verfügbar, Abwicklung erfolgt nur zu normalen
Geschäftszeiten.
Weltweite Logistikleistungen
Das Angebot beschränkt
sich auf den Schweizer
Markt.
Umfassende Unterstützung o Beratung und Abschluss
von Zugangsmedien
von Hypotheken ist über das
Web, im Call Center und in
der Filiale möglich. Leistungen der Partner sind nur
übers Web und direkt bei
den Partnern möglich.
Volle Kanalintegration
+ Ein im Web begonnener
Vorgang kann z.B. auch in
der Filiale fortgeführt werden.
Personalisierung und Kun+ Mit „Mein Folder“ bietet
denprofile
yourhome einen personalisierten Bereich.
Bereitstellung moderner Por- + Es stehen z.B. Funktionen
talfunktionen
zur Durchführung von Steu-
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
Anforderung des
Kunden
Vertrauen
Rechtsklarheit
Massnahme des Portalbetreibers
Erfüllung bei yourhome.ch
+ = vollständig
o = teilweise oder geplant
- = unzureichend
er- und Budgetberechnungen zur Verfügung, eine
Software zur Planung der
Einrichtung kann heruntergeladen werden.
Klare Geschäftsbedingungen
o Die „Anwendungsbedingungen und rechtlichen Informationen“ beziehen sich auf alle
Webangebote der Credit
Suisse und dienen ausschliesslich zur Absicherung
der Credit Suisse.
+ Der Kunde trägt kein Risiko,
solange er den schriftlichen
Hypothekarvertrag nicht unterschreibt.
- Der Kunde muss in eine
Weitergabe der persönlichen Daten innerhalb der
Credit Suisse Group einwilligen.
+ Die Credit Suisse tritt als
Betreiber des Portals auf.
Risikominimierung
Kundenfreundliche Rücktrittsrechte
Datenschutz
Datenschutzgarantien
Vertrauenswürdige
Partner
Zufriedenheit
Bekannte Namen einsetzen
Qualität
Sorgfältige Partnerauswahl
Zuverlässigkeit und
53
+ Die Partnerauswahl folgt
dem Leitsatz „Best Service
and Advice“ und wird sehr
sorgfältig durchgeführt.
Verpflichtende Partnerein+ Die Partner werden vertragbindung
lich verpflichtet.
Kritische Masse der Kunden
Kann aufgrund des kurzen
Beobachtungszeitraums
noch nicht beurteilt werden.
Prozess- und Systemintego Die internen Prozesse bei
54
Erfolgsfaktoren für Prozessportale
Anforderung des
Kunden
Massnahme des Portalbetreibers
Geschwindigkeit
ration
Transparenz
Auftragsverfolgung
Datensicherheit
Hoher Sicherheitsstandard
Erfüllung bei yourhome.ch
+ = vollständig
o = teilweise oder geplant
- = unzureichend
der Credit Suisse sind
durchgängig, eine vollständige Systemunterstützung wird in Kürze realisiert sein. Die Prozesse bei
der Partnereinbindung sind
nur wenig standardisiert und
kaum systemunterstützt.
+ Der Kunde wird über jeden
Bearbeitungsschritt des Hypothekarantrags informiert.
o Es werden nicht die höchstmöglichen Sicherheitsstandards eingehalten.
Tabelle 3-2: Analyse der Portaleigenschaften bei yourhome.ch
Anforderungen an eine Architektur
55
4 Anforderungen an eine Architektur
4.1 Architekturbegriff
Der Architekturbegriff wird in der Wirtschaftsinformatik verwendet, um Strukturen
von Informationssystemen formal zu beschreiben. Die Architekturbeschreibungen
können sich dabei auf verschiedene Gestaltungsbereiche beziehen. In der Literatur
sind eine Vielzahl von Quellen zu finden [vgl. z.B. Zachman 1987; Heinrich 1992,
S.68ff.; Schmalzl 1995, S.13ff.; Cook 1996, S.41ff.; Magee 1997; Scheer 1998; The
Open Group 1999; Goodyear 2000, S.3-5ff.], die sich mit dem Architektur begriff auseinandersetzen. Eine Darstellung der theoretischen Grundlagen des Architektur begriffs
und ausgewählter Architektur konzepte findet man z.B. in [Sinz 1999a]. Für weitere
Beschreibungen und Vergleiche verschiedener Architekturkonzepte sei z.B. auf
[Huber 2000b, S. 40ff.; Pohland 2000, S.46ff.] verwiesen.
Die verschiedenen Ansätze unterscheiden sich in Anzahl und Abgrenzung der Gestaltungsbereiche und in der verwendeten Terminologie. Die vorliegende Arbeit stützt
sich auf einen Architekturbegriff, der mit den Konzepten und mit der Terminologie
des Business Engineering kompatibel ist [s. Österle 1995; vgl. Sinz 1999a, S.1040f.].
Die Abgrenzung der Gestaltungsbereiche der Architektur orientiert sich an den drei
Ebenen der Gestaltung eines Unternehmens: Geschäftsstrategie, Prozess und Informationssystem [s. Österle 1995, S.16f.].
Die Gestaltungselemente der Architektur (Architekturkomponenten) ergeben sich aus
dem Metamodell des Business Engineering. Abb. 4-1 zeigt einige wichtige Objekte
des Business Engineering und ihre Zusammenhänge [vgl. zur Metamodellierung
Ferstl/Sinz 1998, S.117ff.]. Die einzelnen Gestaltungsebenen der Architektur werden
im Folgenden näher beschrieben:
??Die Geschäftsarchitektur beschreibt strategische Komponenten wie z.B. angebotene Marktleistungen, strategische Geschäftsfelder, Allianzen, Kooperationen
etc. [vgl. Österle 1995, S.16].
??Die Prozessarchitektur umfasst die betriebliche Aufbau- und Ablauforganisation.
Die Gestaltung findet dabei auf der Prozessebene des Business Engineering statt
[vgl. Österle 1995, S.16ff.]. Auf Prozessebene werden die Architekturkomponenten
Rolle und organisatorische Einheit (einschliesslich Vertriebskanal) als Bestandteile
der Aufbauorganisation und Prozess, Aufgabe, Leistung und Prozessführungsgrösse als Bestandteil der Ablauforganisation betrachtet.
??Die IS-Architektur beschreibt den logischen Aufbau des Informationssystems. Die
Architekturkomponenten auf IS-Ebene sind Funktionen, Applikationen und Daten:
56
Anforderungen an eine Architektur
??Die einzelnen Aufgaben der Prozesse werden durch die Funktionen des Informationssystems direkt unterstützt [vgl. Österle 1995, S.289; Schulze 2000,
S.172ff.].
??Applikationen führen mehrere Funktionen aus, die meist in einem logischen
Zusammenhang zueinander stehen.
??Bei der Ausführung von Funktionen greifen die Applikationen auf Daten(sammlungen) zu. Daten sind funktionsübergreifend, häufig auch applikationsübergreifend verfügbar.
Markt
beeinflusst
Strategisches
Geschäftsfeld
bietet an
Marktleistung
Strategie
verwendet
Aufgabe
besteht aus
Prozess
kann sein
produziert /
konsumiert
Leistung
Prozess
unterstützt
Funktion
Applikation
führt aus
greift zu auf
Datensammlung
läuft auf
IT-Komponente
System
Abb. 4-1: Metamodell des Business Engineering [Österle/Blessing 2000, S.77]
??Die IT-Architektur beschreibt den technischen Aufbau des Informationssystems.
Als Gestaltungselemente werden IT-Komponenten betrachtet. Dazu gehören:
??Middleware ist eine Softwareschicht, welche auf Basis standardisierter
Schnittstellen und Protokolle Dienste für eine transparente Kommunikation
verteilter Anwendungen bereitstellt. Middlewaredienste stellen eine
Infrastruktur für die Integration von Anwendungen und Daten in einem
heterogenen und verteilten Umfeld zur Verfügung [Riehm/Vogler 1996, S.28].
??Systemsoftware stellt die Basis für den Betrieb von Applikationen dar. Systemsoftware umfasst sowohl Betriebssysteme als auch systemnahe Standardkomponenten wie z.B. Datenbanken.
Anforderungen an eine Architektur
57
??Hardware umfasst z.B. Clients, Server, Mainframes, Netzwerkinfrastruktur
etc.
Die Betrachtungen im Rahmen der vorliegenden Arbeit beziehen sich auf Aspekte der
Prozessebene (Leistung, Prozess, Aufgabe) und der Informationssystem-Ebene (Funktion, Applikation, Daten). Abb. 4-2 illustriert den Architekturbegriff auf diesen Ebenen
anhand eines schematischen Beispiels aus dem Bereich CRM. Das Beispiel dient nur
der Illustration der erläuterten Begriffe. Die Inhalte der Grafik erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aspekte auf Strategieebene sind nicht Fokus dieser Arbeit,
werden aber in Kapitel 5 kurz erläutert.
Leistungen
Prozessarchitektur
Prozess
CRM
Aufgaben
Checkliste
Kampagne
planen
Kunden im
Prozess führen
Produkt
konfigurieren
Kundenproblem lösen
Kampagne
durchführen
Kundenbedarf
analysieren
Angebot
erstellen
Beschwerde
bearbeiten
Kampagne
auswerten
Kunden
beraten
Vertrag
abschliessen
...
Funktionen
IS-Architektur
Produktinformation
Kampagnenmanagement
Marktanalyse
Opportunitymanagement
Applikationen
Produktkatalog
Kontaktmanagement
AnbieterVerzeichnis
Enterprise
Marketing Automation
Aktivitätenmanagement
Offertmanagement
Bedarfsanalyse
Beratung
Vertrag
...
Servicemanagement
Beschwerdemanagement
...
Sales Force
Automation
Kunden
Produkte
Daten
Abb. 4-2: Architekturkomponenten auf den Ebenen Prozess und Informationssystem
4.2 Kategorisierung von Prozessen und Funktionen
Innerhalb der Funktionsarchitektur auf IS-Ebene unterscheidet man grundsätzlich zwischen Geschäftsfunktionen und Unterstützungsfunktionen (s. Abb. 4-3). Geschäftsfunktionen unterstützen die Aufgaben der Geschäftsprozesse. Dabei handelt es sich um
Prozesse, die ihre Leistungen unmittelbar an den Kunden erbringen und damit direkt
zum Geschäftserfolg beitragen. Die Leistungen der Geschäftsprozesse konsumiert der
Kundenprozess.
Im Gegensatz zu den Geschäftsprozessen tragen die Leistungen der Unterstützungsprozesse nur indirekt zum Erfolg bei, indem sie die Geschäftsprozesse unterstützen.
Die Leistungen der Unterstützungsprozesse konsumieren Geschäftsprozesse oder an-
58
Anforderungen an eine Architektur
dere Unterstützungs prozesse. Diejenigen IS-Funktionen, welche auf die Aufgaben der
Unterstützungs prozesse ausgerichtet sind, heissen Unterstützungsfunktionen.
Geschäftsprozess 1
Unterstützungsprozess
Unterstützungsfunktion A
Geschäftsfunktion 1
Geschäftsprozess 2
Geschäftsfunktion 2
Daten
Unterstützungsfunktion B
Abb. 4-3: Geschäftsfunktionen und Unterstützungsfunktionen
Ein Beispiel soll diese Zusammenhänge verdeutlichen: Die Aufgabe Kundenberatung
des Geschäftsprozesses Verkauf verwendet u.a. die Geschäftsfunktion Bereitstellung
von Fachwissen. Dieses Fachwissen wird im Unterstützungsprozess ContentManagement erstellt und gepflegt. Dieser nutzt verschiedene Unterstützungsfunktionen wie z.B. Texterfassung.
4.3 Nutzungsprozess der Architektur
Projektplanung
Projektplanung
Planung
Kundenpotenzialanalyse
Kundenpotenzialanalyse
Konzeption
Multi Channel
ChannelManagement
Management
Multi
Vorstudie
Kundenprozessanalyse
Kundenprozessanalyse
CRM-Prozessentwicklung
CRM-Prozessentwicklung
Führungssystemplanung
Führungssystemplanung
Organisationsentwicklung
Organisationsentwicklung
Systemplanung
Systemplanung
Systemeinführung
Systemeinführung
Umsetzung
Realisierung
Realisierung
Abb. 4-4: Phasenmodell für die CRM-Einführung [Schulze 2000, S. 118]
Die in der vorliegenden Arbeit beschriebene Architektur richtet sich in erster Linie an
Business Engineers, welche Unterstützung beim Aufbau oder bei der Weiterentwicklung einer CRM-Lösung bzw. eines Prozessportals benötigen. Bei der Einführung einer neuen CRM- oder Prozessportallösung stösst man immer wieder auf Architekturfragen, in denen die hier beschriebene Architektur bzw. Teile davon unterstützend
Anforderungen an eine Architektur
59
herangezogen werden können. Einige denkbare Szenarien werden im Folgenden näher
erläutert. Zur Veranschaulichung dient die prozessorientierte Einführungsmethode für
das Customer Relationship Management nach Schulze [Schulze 2000]:
4.3.1 Analyse des Potenzials zum Betrieb eines Prozessportals
Im Rahmen der Vorstudie beschäftigen sich die Kundenpotenzialanalyse und die Kundenprozessanalyse mit der Erhebung von Kundenprozessen, die im Rahmen eines Prozessportals unterstützt werden sollen, sowie mit der Definition der Leistungen, die für
die Kundenprozessunterstützung erbracht werden müssen. Die im Folgenden beschriebene Architektur beinhaltet einen Katalog allgemeiner Leistungen, die ein Prozessportal an den Kundenprozess erbringt (s. Kapitel 6.2). Dieser Katalog kann als Ausgangspunkt für die Definition der kundenprozessspezifischen Leistungen dienen. Ausserdem
hilfreich ist das Beispiel eines konkreten Prozessportals für den Kundenprozess „Erbschaft und Be stattung“, dessen Leistungen (s. Kapitel 6.6.3) zum Vergleich herangezogen werden können.
4.3.2 Überprüfen der Realisierbarkeit neuer Prozessportale
Ausgehend von einem erhobenen Kundenprozess und von den Leistungen, die zur Unterstützung dieses Kundenprozesses erforderlich sind, muss überprüft werden, welche
Leistungen der Portalbetreiber selbst erbringen kann und ob aus dem Betrieb des Prozessportals ein aus reichender Nutzen für den Portalbetreiber entsteht. Einen Anhaltspunkt für diese Betrachtungen bietet die beispielhafte Beschreibung von Aufwand und
Nutzen der einzelnen Leistungen beim Prozessportal für „Erbschaft und Bestattung“
(s. Kapitel 6.6.3).
4.3.3 Konzeption eines Prozessportals
Bei der Konzeption eines Prozessportals muss das Projektteam sowohl die Prozesse
des Portalbetreibers anpassen bzw. neu entwickeln als auch die Anforderungen an die
unterstützenden Informationssysteme definieren. Die zugehörigen Aktivitäten im obigen Phasenmodell sind hauptsächlich die „CRM Prozessentwicklung“ und die „Systemplanung“. Die im Folgenden beschriebene Prozessarchitektur (s. Kapitel 5) enthält
Musterprozesse für CRM, die den Aus gangspunkt für die Definition unternehmensspezifischer Prozesse bilden können. Gleichermassen kann das Projektteam die im
Rahmen der IS-Architektur (s. Kapitel 6.4) beschriebenen IS-Funktionen verwenden,
um die eigenen Anforderungen an die IS-Unterstützung zu definieren.
4.3.4 Systemevaluation
Die IS-Architektur (s. Kapitel 6.4) sowie die unternehmensspezifischen ISAnforderungen können verwendet werden, um konkrete Softwarelösungen zu evaluie-
60
Anforderungen an eine Architektur
ren. Die detailliert beschriebenen IS-Funktionen erlauben es, auf dem Markt erhältliche Softwarelösungen auf die Vollständigkeit der enthaltenen Leistungen zu überprüfen und durch einen Abgleich mit den individuellen Anforderungen eine geeignete
Lösung auszuwählen. Die Systemevaluation gehört ebenfalls zur „Systemplanung“ im
Rahmen des obigen Phasenmodells.
4.3.5 Assessment bestehender Portale
Analog zur Entwicklung neuer Prozessportale kann die vorliegende Architektur auch
verwendet werden, um bestehende Portale zu überprüfen. Mögliche Aspekte sind hier
die Vollständigkeit der angebotenen Leistungen, Aufwand und Nutzen für den Portalbetreiber, Prozesse beim Portalbetreiber und die IS/IT-Architektur. Zur Überprüfung
werden die in der vorliegenden Architektur beschriebenen Elemente mit denen des
Prozessportals verglichen und eventuelle Unterschiede identifiziert. Bei den Unterschieden kann es sich entweder um Schwächen der bestehenden Lösung oder auch um
kundenprozess- bzw. unternehmensspezifische Besonderheiten handeln.
Geschäftsarchitektur
61
5 Geschäftsarchitektur
Im Rahmen der Geschäftsarchitektur werden strategische Komponenten wie z.B.
Marktleistungen und Kooperationen gestaltet (s. Kapitel 4.1). Die folgenden Ausführungen geben einen Überblick über strategische Fragestellungen und Optionen für
Prozessportal-Betreiber.
Von grundlegender Bedeutung ist die Positionierung des eigenen Unternehmens im
Wertschöpfungsnetzwerk (s. Kapitel 2.5.3). In der Sprache des in Kapitel 2.4 erläuterten Modells hat ein Unternehmen folgende Optionen: Es kann sich auf die Kundenbeziehung konzentrieren und als Prozessportal-Betreiber auftreten, es kann als Anbieter
und Partner anderer Prozessportale eigene Produkte und Dienstleistunge n vertreiben
oder es kann als eService-Anbieter anderen Teilnehmern des Wertschöpfungsnetzwerkes standardisierte Leistungen anbieten. Die weiteren Ausführungen konzentrieren sich gemäss dem Fokus der vorliegenden Arbeit auf die strategischen Optionen
eines Prozessportal-Betreibers. Dieser ist gleichzusetzen mit einem Relationship Manager (s. Kapitel 2.5.3) oder – beschränkt auf das Web – mit einem sogenannten Navigator [s. Evans/Wurster 2000].
Viele der in Kapitel 3.1 erläuterten Kriterien für den Betrieb eines Prozessportals sind
strategische Massnahmen, welche die Gestaltung der im Folgenden beschriebenen
strategischen Merkmale beeinflussen. Je nach Ausgangssituation des Unternehmens
bestehen bezüglich der Erfüllung der einzelnen Massnahmen Vor- bzw. Nachteile. Ein
Unternehmen, das keine eigenen Produkte oder Dienstleistungen anbietet, hat es i.d.R.
leicht, eine glaubhafte Neutralität und Kundennähe zu erreichen. Möglicherweise hat
es jedoch Schwierigkeiten, detaillierte Produktinformationen der verschiedenen Anbieter zu bekommen und kann nur auf wenige Kundendaten zugreifen. Hingegen kann
beispielsweise eine etablierte Bank auf umfangreiche Kundendatenbestände und zumindest auf die eigenen Produkt informationen unbeschränkt zugreifen. Um eine Neutralität zu erreichen, muss sie jedoch meist aufwändige Massnahmen ergreifen wie z.B.
die organisatorische und/oder rechtliche Trennung des Prozessportals von der Leistungserstellung oder die Kooperation mit direkten Konkurrenten. Für eine detaillierte
Darstellung der verschiedenen Ausgangslagen und Konsequenzen sei auf
[Evans/Wurster 2000, S.90] verwiesen.
Ein Prozessportal-Betreiber muss definieren, welche Leistungen er am Markt anbietet.
Im Sinne der Kundenprozessorientierung (vgl. Kapitel 2.3 und 3.1.1) stellt er sich dazu
die Frage, welche(n) Kundenprozess(e) er unterstützen möchte [vgl. Fellenstein/Wood
2000, S.59ff.]. Geeignet sind in der Regel Prozesse, in denen er Prozesskompetenz
besitzt oder leicht aufbauen kann. Für Banken eignen sich besonders Prozesse, in denen Finanzdienstleistungen eine zentrale Rolle spielen. Ausgehend vom Kundenprozess wird definiert, welche Einzelleistungen angeboten werden, welche davon selbst
62
Geschäftsarchitektur
erbracht werden können (eigene Kernkompetenz) und welche von externen Partnern
bezogen werden müssen. Bei der Abgrenzung des Leistungsangebotes ist wiederum
von der Kundensicht auszugehen. Es sollten diejenigen Leistungen gebündelt werden,
die aus Sicht des Kunden in engem Zusammenhang stehen [Evans/Wurster 2000,
S.84]. Dazu ist es möglicherweise erforderlich, mit direkten Konkurrenten zu kooperieren (s.o.).
Ein weiterer Aspekt ist der Markenname, unter dem der Betreiber auftritt [vgl. Hoque
2000, S.74ff.]. Kunden haben ein grösseres Vertrauen in Portale, die unter bekannten
Namen betrieben werden (vgl. „bekannte Namen einsetzen“, Kapitel 3.1.3) [vgl. Fellenstein/Wood 2000, S.89f.]. Da die in Frage kommenden bekannten Namen (z.B.
„Credit Suisse“ bei yourhome.ch) häufig Leistungsersteller sind, steht diese Forderung
oft in Konflikt mit der nach Neutralität (vgl. „Neutralität“, Kapitel 3.1.1).
Im engen Zusammenhang mit dem Leistungsangebot steht auch die Definition der
Zielgruppe. Diese hängt i.d.R. vom Kundenprozess ab, z.B. richtet sich der Kundenprozess „Erbschaft und Bestattung“ (vgl. Kapitel 6.6) sicher vorwiegend an Personen
im Rentenalter. Einen wichtigen Wettbewerbsfaktor stellt die Reichweite dar. Gerade
durch den Einsatz des Webs als Vertriebskanal ist die potenzielle Reichweite um
Grössenordnungen gestiegen. Ein Unternehmen, dem es gelingt, dieses Potenzial in
eine tatsächliche Reichweite des eigenen Prozessportals umzusetzen, hat dadurch einen Wettbewerbsvorteil (vgl. „Kritische Masse der Kunden“, Kapitel 3.1.4)
[Evans/Wurster 2000, S.83ff.].
Die angesprochenen Kunden sind normalerweise in Bezug auf ihre Bedürfnisse nicht
homogen. Abhängig von Alter, Familiensituation, Vermögen, Einkommen, Wohnort,
etc. haben sie unterschiedliche Anforderungen und sind auch für den ProzessportalBetreiber unterschiedlich profitabel. Die Zielgruppe wird daher in einzelne Kundensegmente unterteilt, für die das angebotene Leistungsspektrum einzeln festgelegt wird.
Für eine ausführliche Behandlung des Themas Kundensegmentierung und eine Darstellung der möglichen Kriterien sei auf [Gronover/Bach 2000] verwiesen.
Die dritte Dimension neben Leistungen und Kunden bilden die Vertriebskanäle. Während der Kunde eine umfassende Unterstützung von Zugangsmedien fordert (vgl. Kapitel 3.1.2), muss das Unternehmen im Rahmen einer Kanalstrategie definieren, we lche Vertriebskanäle zum Einsatz kommen. Dabei spielen die Anforderungen des
Kundenprozesses (z.B. möchte ein Autofahrer, der gerade einen Umfall hatte, sicher
am liebsten per Telefon Hilfe anfordern), die Eignung der Leistungen für bestimmte
Kanäle und die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes der einzelnen Kanäle eine Rolle.
Im Rahmen der Kanalstrategie muss weiter festgelegt werden, wie die Vertriebskanäle
gesteuert und koordiniert werden. [Holmsen et al. 1998] unterscheidet drei Varianten
der Kanalsteuerung: Im „koordinierten Kanalmodell“ gibt es eine zentrale Stelle, we lche die Zuordnung von Kanälen, Produkten und Kundensegmenten vornimmt. Im „ge-
Geschäftsarchitektur
63
steuerten Konkurrenzmodell“ werden an einer zentralen Stelle klare Verantwortlichkeiten und Richtlinien, insbesondere für einige kritische Produkt-Kanal-Zuordnungen,
getroffen. Für die detaillierte Kanalsteuerung gibt es jedoch mehrere dezentrale ve rantwortliche Stellen. Im „Modell der konkurrierenden Kanäle“ findet überhaupt keine
zentrale Steuerung mehr statt. Es wird dezentral entschieden, welche Produkte über die
einzelnen Kanäle angeboten werden und der Markt entscheidet über den Erfolg. Für
eine detaillierte Beschreibung und Beurteilung dieser Varianten sei auf [Holmsen et al.
1998] verwiesen.
Im koordinierten Kanalmodell muss schliesslich festgelegt werden, welche Leistungen
welchen Kundensegmenten über welche Kanäle angeboten werden. Hier können z.B.
Überlegungen eine Rolle spielen, dass profitablere Kunden auch Vertriebskanäle benutzen dürfen, die höhere Kosten verursachen. Eine detailliertere Darstellung von Aspekten der Kanalstrategie ist in [Schmid/Bach 2000a, S.27ff.] zu finden. Weiterführende Darstellungen zum Thema Multi Channel Management findet man z.B. in
[Stäger 1999].
Da ein Prozessportal-Betreiber i.d.R. nicht alle Leistungen selbst erbringen kann, ist
ein Kooperationskonzept erforderlich, in dem die Zusammenarbeit mit Partnern geregelt wird. Zur Kooperation kommen verschiedene Modelle oder Kombinationen daraus in Frage. Ein neutraler Prozessportal-Betreiber kann seinen Nutzern Zugang zu
verschiedenen Anbietern verschaffen, ohne mit diesen direkt zu kooperieren. comparis.ch (s. Kapitel 3.1.1) z.B. vergleicht Krankenversicherungsprämien aller Anbieter
unabhängig von deren Kooperationsbereitschaft. Die Informationsbeschaffung ist in
diesem Fall möglicherweise schwierig, wird aber durch die Möglichkeiten des Internets erleichtert [Evans/Wurster 2000, S.89ff.]. Bindet man die Partner vertraglich ein,
werden diese meist verpflichtet, Informationen bereitzustellen und Leistungen zu
erbringen. Informationsfülle und Leistungsqualität können so leichter sichergestellt
werden. Jedoch besteht die Gefahr, dass man durch die Auswahl der Partner die Neutralität verliert. In jedem Fall sind Exklusivverträge mit einzelnen Partnern zu vermeiden [Evans/Wurster 2000, S.90]. Weitere Kooperations möglichkeiten sind die Gründung eines Joint Ventures mit möglichen Partnern, die auch direkte Konkurrenten sein
können (s.o.). Auch eine Fusion oder eine Übernahme sind mögliche Optionen. Eine
detaillierte Behandlung von Aspekten des Partnermanagements findet man z.B. in
[Friese 1998].
Bezieht ein Unternehmen Leistungen von Partnern, die es zu Leistungsbündeln kombiniert und den Kunden aus eigener Hand anbietet, bezeichnet man das Geschäftskonzept mit „Syndication“. Dies kommt besonders dann in Frage, wenn die Leistungen
ausschliesslich aus Informationen bestehen, da sich diese im Gegensatz zu materiellen
Gütern leicht verteilen und verarbeiten lassen [Werbach 2000].
64
Geschäftsarchitektur
Ein weiteres wesentliches Element der Prozessportal-Strategie ist ein Ertragskonzept.
Mögliche Einnahmequellen des Portals sind Werbeeinnahmen, Beiträge eingebundener Partner, Nutzungsgebühren der Portalkunden, Provisionen von Partnern für
vermittelte Geschäfte und Einnahmen durch die eigene Erbringung kostenpflichtiger
Leistungen [vgl. Hoffmann/Wolf 2000]. Je nach Gestaltung des Leistungssystems
nehmen die einzelnen Ertragskomponenten unterschiedliche Gewichte ein. Weitere
strategische Überlegungen betreffen z.B. die kommunikative Verankerung der Leistungen im Markt sowie Wachstumsstrategien.
Eine abschliessende Behandlung strategischer Fragestellungen ist nicht das Ziel der
vorliegenden Arbeit. Weiterführende Informationen zum Thema E-Business-Strategie
findet man z.B. in [Hagel/Singer 1999; Kalakota/Robinson 1999; Fellenstein/Wood
2000; Harmon et al. 2000; Hoque 2000].
Prozessarchitektur
65
6 Prozessarchitektur
Die in der Prozessarchitektur gestalteten Elemente sind die Prozesse, die zugehörigen
Aufgaben und die von ihnen erbrachten Leistungen (s. Kapitel 4.1). Ausgangspunkt
der Betrachtungen ist der Kundenprozess. Dieser beschreibt die Abläufe beim Kunden
und bestimmt so, welche Leistungen er in seinem Prozess benötigt. Auf dieser Basis
werden die Leistungen definiert, die das Prozessportal erbringen soll. Schliesslich
werden die Prozesse des Portalbetreibers und die dazugehörigen Aufgaben entworfen,
welche die definierten Leistungen erbringen (s. Abb. 6-1).
Portalbetreiber
Kunde
3.
2.
1.
Leistungen
Marketing
Verkauf
Service
Kundenprozess
Produktinformation
Informieren
Kampagne
planen
Kunden im
Prozess führen
Produkt
konfigurieren
Kundenproblem lösen
Checkliste
Kampagne
durchführen
Kundenbedarf
analysieren
Angebot
erstellen
Beschwerde
bearbeiten
Beratung
Kampagne
auswerten
Kunden
beraten
Vertrag
abschliessen
...
Vertrag
Evaluieren
Kaufen
Nutzen
...
Verkaufen
Abb. 6-1: Gestaltungselemente der Prozessarchitektur
Im Folgenden wird eine generische Architektur beschrieben, die sich nicht an einem
konkreten Kundenprozess orientiert. Die Basis bildet ein Katalog generischer Leistungen, aus denen konkrete Leistungen zur Unterstützung eines beliebigen Kundenprozesses konstruiert werden können. Als Kundenprozess können dabei sowohl konkrete Kundenprozesse eingesetzt werden (z.B. auf der Basis von Life-Events wie
Heirat, Immobilienerwerb, Pensionierung etc.) als auch allgemeinere, die sich im Wesentlichen auf den Customer Buying Cycle reduzieren (s. Kapitel 6.3.1). So dient die
beschriebene Architektur sowohl als Grundlage für eine Prozessportal-Architektur als
auch für eine CRM-Architektur zur Unterstützung des klassischen produkt orientierten
Geschäfts.
Grundlage für die Entwicklung der generischen Prozessarchitektur bildete die Analyse
bestehender Prozessarchitekturen bei den Partnerunternehmen im CC BKM und CC
CRM (s. Kapitel 1.3), namentlich bei der Credit Suisse und der Landesbank BadenWürttemberg. Die analysierte Prozessarchitektur der Credit Suisse ist als Fallbeispiel
in Kapitel 6.1 dargestellt. Detaillierte Unterlagen über die analysierten Fälle liegen
dem Autor vor, dürfen aber aus Gründen der Vertraulichkeit hier nicht wiedergegeben
werden.
66
Prozessarchitektur
Die Analyse bestehender Prozessarchitekturen führte im Wesentlichen zu den Kernleistungen (s. Kapitel 6.2) und den dazugehörigen Prozessen und Aufgaben. Weitere
typische Leistungen (Zusatz- und Infrastrukturleistungen, s.u.) wurden durch die Analyse verschiedener bestehender (Prozess-)Portale – u.a. yourhome.ch (s. Kapitel 3.2) –
bestimmt.
Die analysierten Architekturen wurden in Workshops mit den Vertretern der Partnerunternehmen verallgemeinert und weiterent wickelt. Ausserdem flossen im Sinne des
Action Research wesentliche Teile der verallgemeinerten Architektur in ein Praxisprojekt der AGI IT Services ein, wo sie konkreten Praxisanforderungen angepasst und
verfeinert wurden. Die resultierenden Prozesse dienten wiederum zur Weiterentwicklung der generischen Prozessarchitektur.
6.1 Fallbeispiel: Customer Management Prozesse bei der Credit Suisse
Dieses Beispiel wurde erstmals veröffentlicht in [Jaeger et al. 2000]. Es gibt einen
Überblick über die CRM-Prozessarchitektur der Credit Suisse, die eine der Grundlagen für die in der vorliegenden Arbeit beschriebene generische Prozessarchitektur
bildet.
Das folgende Beispiel ist Bestandteil des Projektes Customer Management – Processes and Systems (CM-PS). Dieses Projekt ist eine von mehreren parallel betriebenen
CRM-Initiativen der Business Unit Credit Suisse, die den Retailbereich für den
Schweizer Heimmarkt der Credit Suisse Group abdeckt.
Ausgangspunkt für dieses Projekt war eine grundlegende Neuausrichtung der Credit
Suisse: Finanzdienstleistungen sollen nicht mehr produktorientiert, sondern kundenorientiert angeboten werden. Jeder Kunde soll einen optimalen, auf seine individuellen
Bedürfnisse zugeschnittenen Service erhalten. Im Rahmen dieser Neuausrichtung
wurde unter anderem das Projekt CM-PS gestartet, dessen wesentliches Ziel es war,
Front-End-Prozesse zur Abwicklung der Kundenkontakte zu definieren und ein Informationssystem zur Unterstützung dieser Prozesse zu evaluieren, zu beschaffen und zu
integrieren. Die im Teilprojekt Customer Management Processes (CMP) definierten
Prozesse werden im Folgenden näher beschrieben.
Primäres Ziel des Teilprojekts CMP war die Entwicklung von effizienten Prozessen im
Bereich Verkauf / Beratung auf der Basis der geschäftsstrategischen Stossrichtungen.
Die Kernleistungen wurden entlang dem Kauf zyklus des Kunden und dem Verkaufszyklus der Bank identifiziert.
Die Beziehungen der Sollprozesse wurden in Form einer Prozesslandkarte (s. Abb.
6-2) visualisiert und anschliessend auf Makroebene in 23 Prozessen von Vertretern aus
dem Verkaufs- und Beratungsbereich in Zusammenarbeit mit Prozessspezialisten detailliert beschrieben. Die komplette Landkarte enthält neben den Verkaufs- und Bera-
Prozessarchitektur
67
tungs prozessen auch die Führungs- und Unterstützungsprozesse und die Beziehungen
zu Kunden und Dritten.
Dritte
Dritte
Kunde
Kunde
Kontaktierung
Beratung/Abschluss
Produktabwicklung
Operations
Basisprodukte
Konto/Depot
•Zahlungen
•Sparen
•Cash Service
•Basisversicherungen
Kundenkontaktierung
Krediteinheiten
Kreditkarten
DLZ ZV
Dienstl. Cash Service
Swisscard
Versicherungen
DLZ CIS
Lebensversicherungen
Vorsorge
Investment / Treasury
Kredite
Privatkredite
Andere Business Units
Leasing
Winterthur
Konsumfinanzierung
Anzeige
Kundenpotenzial
Immobilienfinanzierung
Kommerz . Finanzierung
Kampagneninitialisierung
Produktnutzung
...
Auskunft
•Produktinformationen
•Transaktionsinformationen
•Reklamationsauskunft
•etc.
Spezialfinanzierung
Kundenbenachrichtigung
•Anzeigen
•Auszüge
•Belege
•Warnungen
Auftragsausführung
Kampagnenauswertung
•Zahlungsaufträge
•Börsenaufträge
•Mutation/Storno
•Bestellungen (Prospekte, Formulare,...)
Umfassende
Finanzber atung
Führungs
Führungs-/Unterstützungsprozesse
-/Unterstützungsprozesse
Marketing
Services
Loyalty Based
Management
Controlling
Verkaufsführung
Verkaufsunterstützung
Kundensegment-/
Kanalmanagement
Produktmanagement
Unternehmenskommunikation
Economic Research
IT-Unterstützung
Personalausbildung
Abb. 6-2: Landkarte der Soll-Prozesse der Credit Suisse
Die Tätigkeiten von der Kundenkontaktierung bis zur Nutzung der verkauften Produkte wurden in verschiedene Teilbereiche zerlegt:
?? Die Kontaktierungsprozesse beschreiben den Anstoss zur aktiven Kontaktaufnahme zu bestehenden und potenziellen Kunden durch die Bank, die eigentliche
Kontaktierung sowie das Anstossen der Beratungsprozesse.
?? Die Kundenbedürfnisse (z.B. Zahlen und Sparen, Vermögensanlage und Vo rsorge,
Wohneigentum sowie Konsumfinanzierung für Privatkunden) bestimmen die Gliederung der Beratungsprozesse.
?? Die Produktabwicklungsprozesse beschreiben die Bereit- und Zustellung der einzelnen Produkte an den Kunden. Während bei den Beratungsprozessen das Kundenbedürfnis im Zentrum steht, dominiert bei den Produktabwicklungsprozessen
die Abwicklungseffizienz.
?? Die Produktnutzungsprozesse zeigen die Tätigkeiten auf, welche sich aus der Nutzung der an den Kunden verkauften Produkte oder aus Anfragen ergeben.
68
Prozessarchitektur
Da bei der Entwicklung der generischen Architektur eine einheitliche Terminologie
bestimmt werden musste, unterscheiden sich die in diesem Beispiel verwendeten Prozessbezeichnungen von denjenigen der unten beschriebenen generischen Prozessarchitektur. Betrachtet man die Prozessinhalte, kann man folgende Zuordnung vo rnehmen:
?? Der Kontaktierungsprozess der Credit Suisse entspricht dem Marketingprozess im
generischen Prozessmodell.
?? Die Beratungsprozesse der Credit Suisse können mit dem Verkaufsprozess gleichgesetzt werden. Je nach Kundenbedürfnis existiert der Prozess bei der Credit Suisse
in verschiedenen Ausprägungen. Gemeinsam ist den Beratungsprozessen aber, dass
der Vertragsabschluss das Ziel ist.
?? Der Leistungserstellungsprozess wird bei der Credit Suisse durch die Produktabwicklungs prozesse abgedeckt. Diese gliedern sich wiederum in verschiedene
Prozesse für die einzelnen Produkte.
?? Der Produktnutzungsprozess der Credit Suisse mit Auskunft, Kundenbenachrichtigung und Auftragsausführung entspricht dem Serviceprozess.
Die Prozesse Portalbetrieb und Kundenprozessunterstützung finden bei den Customer
Management Prozessen der Credit Suisse keine Entsprechung, da sich die konzipierten
Prozesse ausschliesslich auf den Verkauf von Bankprodukten beziehen. Es war nicht
im Fokus des Projektes CM-PS, ein Prozessportal aufzubauen und damit Zusatz- oder
Infrastrukturleistungen (s. Kapitel 6.2) zu erbringen.
6.2 Leistungen an den Kundenprozess
Die Leistungen eines Prozessportals sind in der Regel auf konkrete Kundenprozesse
ausgerichtet, sie lassen sich aber auf verallgemeinerte, kundenprozessunabhängige
Leistungen zurückführen. So ist z.B. eine Checkliste für die Auswahl einer Immobilie
eine konkrete Leistung für den Kundenprozess Immobilienerwerb, welche auf die ve rallgemeinerte Leistung „Checkliste“ zurückgeführt werden kann. Auf Basis dieser allgemeinen Leistung können nun beliebige andere Checklisten konstruiert werden, z.B.
eine Checkliste für die Autoauswahl, die den Kundenprozess Autobesitz unterstützt.
Prinzipiell können die Leistungen über beliebige Vertriebskanäle (s. Kapitel 6.4) erbracht werden. Zum Beispiel kann eine Checkliste im Internet zur Verfügung stehen,
vom Kundenberater auf Papier bereitgestellt werden oder per Faxabruf bezogen we rden. Nicht alle Vertriebskanäle eignen sich jedoch für alle Leistungen, z.B. ist es nicht
sehr sinnvoll, sich eine Checkliste am Telefon vorlesen zu lassen. Oft werden aus wirtschaftlichen Gründen viele Leistungen nur über kostengünstige Vertriebskanäle wie
das Internet erbracht – insbesondere Zusatzleistungen im Sinne einer Kundenprozessunterstützung, die nicht direkt zum Geschäftserfolg beitragen.
Prozessarchitektur
69
Die verschiedenen Leistungen unterscheiden sich in ihren Eigenschaften sehr stark.
Beispielsweise ist es sehr viel komplexer, einen Online-Marktplatz zu realisieren, als
im Prozessportal eine Checkliste bereitzustellen. Die unterschiedlichen Eigenschaften
bei den einzelnen Leistungen führen zu uneinheitlichen Anforderungen an die Prozesse und Informationssysteme, welche die Leistungserbringung unterstützen. Zur Ve reinfachung der weiteren Architekturbetrachtung werden die einzelnen Leistungen kategorisiert. Die einzelnen Kategorien können bestimmten Prozessen zugeordnet
werden, die für ihre Erbringung verantwortlich sind (s. Kapitel 6.3.2). Ausserdem
werden die einzelnen Leistungskategorien typischerweise in verschiedenen Projektphasen umgesetzt (s. Kapitel 6.5).
Die einzelnen Leistungen werden zu bestimmten Kategorien einerseits anhand des Individualisierungsgrades der einzelnen Leistungen und andererseits durch eine Einteilung in Kernleistungen, Zusatzleistungen und Infrastrukturleistungen zugeordnet (s.
Abb. 6-3). Bezüglich des Individualisierungsgrades wird unterschieden zwischen standardisierten Leistungen, die allen Kunden oder ganzen Kundensegmenten einheitlich
zur Verfügung stehen, und individualisierten Leistungen, die inhaltlich auf die Bedürfnisse eines Einzelkunden ausgerichtet sind und somit für jeden Kunden individuell
erbracht werden müssen.
Zu den Kernleistungen zählen die Leistungen, die zur Kernkompetenz der Banken gehören. Dies sind Leistungen, die im Privatkundengeschäft der Banken traditionell erbracht werden – unabhängig vom Betrieb eines Prozessportals oder von einer Ausrichtung auf Kundenprozesse. Zusatzleistungen sind Leistungen, die eine Bank im
Rahmen eines Prozessportals anbietet, die aber nicht in den eigentlichen Kompetenzbereich der Bank fallen. Solche Leistungen werden häufig von externen Partnern bezogen. Stellt die Bank als Prozessportalbetreiber lediglich eine Plattform zur Verfügung, z.B. für einen Marktplatz, für Auktionen oder für ein schwarzes Brett im
Internet, so zählen diese Leistungen zu den Infrastrukturleistungen. Die Inhalte dieser
Plattformen kommen von den Nutzern, die Bank übernimmt höchstens die Moderation
oder die Überwachung der Einhaltung bestimmter Regeln und inhaltlicher Kriterien.
Die Bank muss nicht zwangsläufig alle Leistungen selbst erstellen. Insbesondere Zusatz- und Infrastrukturleistungen, die nicht in ihren Kernkompetenzbereich fallen, wird
sie häufig von externen Partnern beziehen. Im Falle hoch standardisierter Leistungen
wie z.B. Marktplatz, Auktion, Communities etc. können diese Partner e-ServiceProvider sein (s. Kapitel 2.4). E-Services sind aber nicht grundsätzlich mit den Leistungen an den Kundenprozess gleichzusetzen.
Prozessarchitektur
Kernleistungen
Zusatzleistungen
Infrastrukturleistungen
70
Marktplatz
Auktion
Inserate / „schwarzes Brett“
Informationsaustausch zw. Kunden (Communities)
Verwahrung persönlicher Unterlagen
Checkliste
Kundenprozessspezifische Fachinformationen
Verzeichnis externer Partner
Produktinformationen von Drittanbietern
Musterverträge, Musterdokumente
Formulare
Software zum Download
Verweise, Links
Persönliche Einstellungen (pers. Homepage)
Ereignisgesteuerte Benachrichtigung
Kampagnenunabhängige Marketinginformationen
Produktinformationen Bankprodukte
Kampagnenspezifisches Werbematerial
Beratung, individuelle Empfehlung
Individuelle Berechnungen, Modellrechnungen
Angebot
Vertrag
Allgemeine Auskunft
Auftragsbestätigung
Belege über in Anspruch genommene Dienstleistungen
Standardisiert
Individualisiert
Abb. 6-3: Kategorisierung generischer Leistungen
Die einzelnen generischen Leistungen werden im Folgenden näher beschrieben. Die
Beschreibung jeder Leistung enthält einen Verweis auf den Prozess und die Aufgabe,
welche die Leistung erbringen. Diese Angaben beziehen sich auf die Prozessbeschreibung in Kapitel 6.3.2.
6.2.1 Kernleistungen
Die folgende Tabelle führt in verallgemeinerter Form die Kernleistungen auf, die eine
Bank typischerweise erbringt. Die Kernleistungen sind beim klassischen produktorientierten Vertrieb identisch mit dem Betrieb eines Prozessportals. Die hier aufgeführten Leistungen abstrahieren sowohl vom konkreten Kundenprozess (s.o.) als auch
vom einzelnen Bankprodukt. D.h. die eigentlichen Bankdienstleistungen wie z.B.
Vermögensverwaltung oder Kontoführung werden hier nicht betrachtet [vgl. hierzu
z.B. Polan 1995], ein Beispiel für eine typische hier betrachtete Leistung ist der Ve rtrag, der sich im konkreten Anwendungsfall sowohl auf eine Vermögens verwaltung
als auch auf eine Kontoführung beziehen kann.
Prozessarchitektur
71
Standardisierte Leistung
Kampagnenunabhängige Marketinginformationen
Allgemeine Informationen zum Unternehmen, zu
Produkt- und Dienstleistungsangebot, Kontaktinformationen, Geschäftsberichte etc., die z.B. auf
der Unternehmenshomepage oder in Broschüren
verfügbar sind.
Produktinformationen Bankprodukte
Detaillierte Informationen zu allen Produkten und
Dienstleistungen der Bank, ggf. kunden(prozess)spezifisch aufbereitet.
Kampagnenspezifisches Werbematerial
Konkrete Werbung für bestimmte Produkte oder
Dienstleistungen, die dem Kunden im Rahmen von
Marketingkampagnen übermittelt werden.
Prozess / Aufgabe
Marketing / Informationsbereitstellung
Marketing / Informationsbereitstellung
Marketing / Kampagnendurchführung
Tabelle 6-1: Standardisierte Kernleistungen
Individualisierte Leistung
Beratung / individuelle Empfehlungen
Auf den individuellen Kunden bezogene Beratungsleistungen und Empfehlungen bzgl. Produkten und
Dienstleistungen der Bank, Ablauf des Kundenprozesses, Rechts- und Steuerfragen sowie spezifischen Fachfragen.
Individuelle Berechnungen, Modellrechnungen
Kundenspezifische Berechnungen, z.B. zu Finanzierungs-, Anlage und Steuerfragen
Angebot
Kundenindividuelles Angebot für bestimmte Produkte / Dienstleistungen
Vertrag
Vertrag über den Kauf bzw. die Nutzung von bestimmten Produkten/Dienstleistungen
Allgemeine Auskunft
Antwort auf eine Anfrage bestehender Kunden
Auftragsbestätigung
Bestätigung eines Nutzungsauftrages von einem
bestehenden Kunden in Bezug auf eine von ihm
genutzte Dienstleistung, z.B. Bestätigung eines Za h-
Prozess / Aufgabe
Verkauf / Beratungsempfe hlung oder direkt durch Drittanbieter erbracht
Verkauf / Beratungsempfe hlung
Verkauf / Individuelles Angebot erstellen oder direkt durch
Drittanbieter erbracht
Verkauf / Vertrag abschliessen oder direkt durch Dritta nbieter erbracht
Service / Auskunft erteilen
Service / Kunden benachrichtigen
72
Prozessarchitektur
Individualisierte Leistung
lungsauftrages oder einer Wertpapierorder.
Belege über in Anspruch genommene Dienstleistungen
Kontoauszüge, Depotauszüge, …
Prozess / Aufgabe
Service / Kunden benachrichtigen
Tabelle 6-2: Individualisierte Kernleistungen
6.2.2 Zusatzleistungen
Zusatzleistungen fallen nicht in den klassischen Kompetenzbereich der Bank. Sie we rden daher häufig von externen Partnern bezogen oder in Zusammenarbeit erbracht.
Diese Partner können auch andere Bereiche des eigenen Konzerns sein. Die folgende
Tabelle führt die Zusatzleistungen auf, die typischerweise im Rahmen eines Prozessportals erbracht werden müssen.
Standardisierte Leistung
Checkliste
Informationen über den Ablauf des Kundenprozesses in Form einer Checkliste für den gesamten Prozess oder für einzelne Aufgaben.
Kundenprozessspezifische Fachinformationen
Auf den Kundenprozess bezogene Hintergrundinformationen, Fachinformationen, Erläuterungen,
aktuelle Informationen (News): u.a. Rechtsinformationen, Finanzdaten, Marktinformationen, …
Verzeichnisse externer Partner
Verzeichnisse von Drittanbietern, Amtsstellen etc.
inkl. Beschreibung des Leistungsangebotes und
Bewertung des Anbieters.
Produktinformationen von Drittanbietern
Informationen zu Produkten von Dritta nbietern inkl.
Produktvergleichen und -bewertungen.
Musterverträge, Musterdokumente
Beispiele und Vorlagen für Verträge und Dokumente, die der Kunde im Kundenprozess benötigt.
Formulare
Formulare, die der Kunde z.B. bei Amtsstellen benötigt inkl. Ausfüllhilfen bzw. Beispielen für ausgefüllte
Formulare
Prozess / Aufgabe
Portalbetrieb /
Portalinhalte bereitstellen
Portalbetrieb /
Portalinhalte bereitstellen
Portalbetrieb /
Portalinhalte bereitstellen
Portalbetrieb /
Portalinhalte bereitstellen
Portalbetrieb /
Portalinhalte bereitstellen
Portalbetrieb /
Portalinhalte bereitstellen
Prozessarchitektur
73
Standardisierte Leistung
Software zum Download
Software, die den Kunden bei bestimmten Aufgaben
im Kundenprozess unterstützt. Die Leistung besteht
in der Bereitstellung der Software zum Download.
Die Software selbst wird i.d.R. von externen Partnern bezogen.
Verweise, Links
Hinweise auf verwandte Informations - und Leistungsangebote, welche die Kundenprozessunterstützung ergänzen können.
Prozess / Aufgabe
Portalbetrieb /
Portalinhalte bereitstellen
Portalbetrieb /
Portalinhalte bereitstellen
Tabelle 6-3:Standardisierte Zusatzleistungen
Individualisierte Leistung
Persönliche Einstellungen (pers. Homepage)
Aufbereitung der Informationen im Internet gemäss
kundenindividuellen Präferenzen. Auf Basis eines
gespeicherten Kundenprofils wird i.d.R. eine persönliche Homepage zusammengestellt.
Ereignisgesteuerte Benachrichtigung
Mitteilungen an den Kunden, die durch bestimmte
Ereignisse ausgelöst werden, z.B. bestimmte Termine, Kursentwicklungen, Verfügbarkeit von Produkten, rechtliche Änderungen, …
Prozess / Aufgabe
Kundenprozessunterstützung /
Persönliche Informationen
bereitstellen
Kundenprozessunterstützung /
Kunden benachrichtigen
Tabelle 6-4: Individualisierte Zusatzleistungen
6.2.3 Infrastrukturleistungen
Bei Infrastrukturleistungen stellt die Bank lediglich eine Plattform – i.d.R im Internet –
zur Verfügung. Die Inhalte der Plattform werden von den Nutzern erstellt, das können
sowohl Kunden als auch andere Geschäftspartner der Bank sein. Die Bank übernimmt
ggf. die Moderation der Plattform bzw. die Überwachung der Einhaltung bestimmter
Regeln bezüglich der Inhalte. Die folgende Tabelle listet die Infrastrukturleistungen
auf, die meist Bestandteil von Prozessportalen sind.
74
Prozessarchitektur
Standardisierte Leistung
Marktplatz
In einem elektronischen Marktplatz bieten verschiedene Anbieter ihre Produkte und Dienstleistungen
an. Der Kunde kann aus dem Angebot auswählen
und über den Marktplatz direkt beim Anbieter beste llen. Im Gegensatz zum Produktkatalog nimmt die
Bank keine inhaltliche Gestaltung oder Bewertung
vor.
Auktion
Bei Auktionen bieten die Teilnehmer Produkte und
Dienstleistungen an, wobei sich der Preis dynamisch durch die Gebote der Interessenten entwickelt. Jeder Nutzer der Plattform kann Anbieter werden, also sowohl Bankkunden als auch externe
Partner.
Inserate / „schwarzes Brett“
Produkte und Dienstleistungen können in Form von
Inseraten angeboten werden. Diese Plattform richtet
sich in erster Linie an Kunden, die gebrauchte Produkte oder private Dienstleistungen anbieten wollen.
Informationsaustausch zwischen Kunden (Communities)
Medium zum synchronen oder asynchronen Informations austausch zwischen Kunden zu bestimmten,
i.d.R. kundenprozessspezifischen Themen, z.B.
Chatmöglichkeiten, Diskussionsforen etc.
Prozess / Aufgabe
Portalbetrieb /
Portalinhalte pflegen
Portalbetrieb /
Portalinhalte pflegen
Portalbetrieb /
Portalinhalte pflegen
Portalbetrieb /
Portalinhalte pflegen
Tabelle 6-5: Standardisierte Infrastruktur-Leistungen
Individualisierte Leistung
Persönliche Einstellungen und Unterlagen
Kundenindividuelle Informationen und Dokumente,
die der Bank im Rahmen der Kundenprozessunterstützung zur Verwahrung gegeben wurden.
Prozess / Aufgabe
Kundenprozessunterstützung /
Persönliche Informationen
bereitstellen
Tabelle 6-6: Individualisierte Infrastruktur-Leistungen
Prozessarchitektur
75
6.3 Prozesse des Prozessportalbetreibers
Eine wesentliche Rolle beim Erbringen der Leistungen eines Prozessportals spielen die
Customer Relationship Managementprozesse, da diesen sämtliche Kundenkontakte
zugeordnet werden. Im folgenden Abschnitt werden diese Prozesse daher zunächst
allgemein erläutert. Der Rest des Kapitels beschreibt typische Prozesse und Aufgaben
für Banken im Privatkundengeschäft. Die Prozessarchitektur kann sowohl als Grundlage für den Betrieb eines Prozessportals als auch für ein Customer Relationship Management im klassischen Produktverkauf dienen.
6.3.1 Customer Relationship Managementprozesse
Customer Relationship Management findet in den Prozessen Marketing, Verkauf und
Service statt. In der Regel können alle Kundenkontakte unternehmensseitig einem dieser drei Prozesse zugeordnet werden [vgl. ECCS 2000]. Auf der Kundenseite ist jeder
Kundenkontakt im Customer-Buying-Cycle einer der Phasen Anregung, Evaluation,
Kauf und After-Sales zuzuordnen [s. Muther 1999, S.14ff]. Eine eindeutige Zuordnung
dieser Phasen zu den Prozessen Marketing, Verkauf und Service ist nicht möglich. Im
Wesentlichen wird der Kunde aber in der Anregungsphase durch den Marketingprozess bedient, die Kontakte während der Evaluationsphase und der Kaufphase finden im
Verkaufsprozess statt, einen Teil der Kaufphase sowie die After-Sales-Phase deckt der
Serviceprozess ab (s. Abb. 6-4).
Einkauf
g
tin
ke
ar
M
Ser
vice
Leistungserstellung
After-Sales
Anregung
Kauf
Evaluation
Qualitätsmanagement
f
kau
Ver
Produktentwicklung
Abb. 6-4: Prozesse im Customer Relationship Management
In einem vollständigen Kundenprozess wird der Customer-Buying-Cycle normalerweise mehrfach durchlaufen. Betrachtet man zum Beispiel den Kundenprozess „Autobesitz“, so durchläuft der Kunde einen Buying-Cycle beim eigentlichen Autokauf,
weitere Buying-Cycles betreffen den Abschluss einer Haftpflicht versicherung, einer
Finanzierung, den Kauf von Zubehör etc. Demzufolge werden auch in einem Prozess-
76
Prozessarchitektur
portal, das einen vollständigen Kundenprozess unterstützt, die CRM-Prozesse Marketing, Verkauf und Service bzw. einzelne Aufgaben dieser Prozesse i.d.R. mehrfach
durchgeführt.
Prozesse wie z.B. Einkauf, Produktentwicklung, Qualitätsmanagement und Leistungserstellung sind im Zusammenhang mit Customer Relationship Management ebenfalls
relevant. Hier finden zwar normalerweise keine direkten Kundenkontakte statt, ein
Informations austausch mit den CRM-Prozessen ist jedoch unbedingt notwendig. So
müssen zum Beispiel alle relevanten Produktinformationen aus der Produktentwicklung den Mitarbeitern in Marketing, Verkauf und Service zur Verfügung stehen. Umgekehrt müssen Beschwerden und Anregungen der Kunden aus dem Serviceprozess an die Produktentwicklung weitergeleitet werden.
CRMProzesse
Zielgruppen
Markt
Marketing
Kontakt
vorhanden
Verkauf
Interessent
Vertragsabschluss
Service
Kunde
Abb. 6-5: Abgrenzung der CRM-Prozesse
Zur Abgrenzung der Prozesse Marketing, Verkauf und Service werden einerseits die
Zielgruppen der Prozessaktivitäten und andererseits die Ereignisse Kundenkontakt und
Vertragsabschluss betrachtet (s. Abb. 6-5), [vgl. Stender/Schulz-Klein 1998, S.11ff].
Der Marketingprozess1 hat prinzipiell den gesamten Markt als Zielgruppe. In der Regel wird diese Zielgruppe anhand verschiedener Kriterien eingegrenzt, um einen Kreis
potenzieller Kunden mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit anzusprechen. Für die Abgrenzung ist es irrelevant, ob ein breites Massenmarketing oder ein stark individualisiertes Marketing durchgeführt wird. Ziel des Marketingprozesses ist es in jedem Fall,
beim potenziellen Kunden Interesse für ein bestimmtes Produkt zu wecken. Die Zielgruppe kann dabei durchaus bestehende Kunden umfassen, welchen ein zusätzliches
Produkt angeboten wird. Marketingaktivitäten können auch allein auf die Bindung bestehender Kunden abzielen (sog. Kundenbindungsmarketing). Sobald ein Kunde in
1
Zum Begriff des Marketingprozesses s. Kapitel 2.1.2
Prozessarchitektur
77
einem individuellen Kontakt konkretes Interesse an dem angebotenen Produkt bekundet, geht der Marketingprozess in den Verkaufsprozess über.
Der Verkaufsprozess umfasst alle Aktivitäten, die im Kontakt mit einem interessierten
Kunden zu einem Vertragsabschluss führen sollen. Diese können zum Beispiel Beratungs gespräche oder die Bereitstellung von Informationsmaterial sein. Mit dem Ve rtragsabschluss endet der Verkaufsprozess. Es schliessen sich einerseits der Serviceprozess und andererseits der Prozess Leistungserstellung an. Die Leistungserstellung ist
ein Back-Office-Prozess ohne direkten Kundenkontakt. Hier werden die vertraglich
vereinbarten Leistungen erbracht und z.B. im Falle eines Bankkontos die Transaktionen abgewickelt.
Alle weiteren Kundenkontakte finden im Serviceprozess statt, über den der Kunde
Auskunft und Hilfestellung erhält, aber er kann beispielsweise auch Transaktionsaufträge erteilen. Aus dem Serviceprozess heraus kann ein Potenzial für den Verkauf
eines weiteren Produktes entstehen, welches dann wiederum vom Marketing- oder
Verkaufsprozess weiterverfolgt wird.
Ein wesentlicher Bestandteil des Customer Relationship Manageme nts ist die integrierte Betrachtung der Prozesse Marketing, Verkauf und Service. Damit das volle
Potenzial von CRM ausgeschöpft werden kann, muss der Informationsfluss zwischen
diesen Prozessen sichergestellt werden. In jedem dieser drei Prozesse müssen den Mitarbeitern alle relevanten Kundeninformationen zur Verfügung stehen.
6.3.2 Prozessmodell für Banken im Privatkundengeschäft
Im Gegensatz zum klassischen Produktverkauf können beim Betrieb eines Prozessportals nicht mehr alle Leistungen den Prozessen Marketing, Verkauf und Service zugeordnet werden, sondern – bezogen auf die Typisierung der Leistungen (s. Kapitel 6.2)
– lediglich die Kernleistungen. Für die Zusatzleistungen und für die Infrastrukturleistungen müssen weitere Prozesse eingeführt werden: Der Prozess Portalbetrieb erbringt die standardisierten Leistungen, der Prozess Kundenprozessunterstützung die
individualisierten Leistungen (s. Abb. 6-6).
Die Prozesse Marketing und Portalbetrieb sind bankgesteuert, während die Prozesse
Verkauf, Service und Kundenprozessunterstützung kundengesteuert sind. Konkret bedeutet das Folgendes: Die Erbringung von standardisierten Leistungen in den Marketing- und Portalbetriebsprozessen ist unabhängig von Kundenkontakten. Die Bank bestimmt, wann und wie oft die Leistungen erbracht und damit die Prozesse durchlaufen
werden. Beispielsweise werden Portalinhalte einmal bereitgestellt und sind dann für
den Kunden verfügbar, wann immer er darauf zugreifen möchte. Auch Marketingkampagnen werden zu von der Bank bestimmten Zeitpunkten durchgeführt. Die individualisierten Leistungen hingegen werden explizit für bestimmte Kunden erbracht. Interesse und Anforderungen des Kunden bestimmen daher stark Zeitpunkt und Ablauf der
78
Prozessarchitektur
Infrastrukturleistungen
Portalbetrieb
Kundenprozessunterstützung
Zusatzleistungen
Portalbetrieb
Kundenprozessunterstützung
Kernleistungen
zugehörigen Prozesse bei der Bank. Für den Verkaufsprozess z.B. ist ein konkretes
Kaufinteresse eines Kunden notwendig. Die Bank weiss nicht, wann dieses eintritt und
wie der Kunde im Verlauf des Prozesses auf Beratung und Produktempfehlungen reagiert. Auch in den Prozessen Service und Kundenprozessunterstützung bestimmt der
Kunde, wann er eine Anfrage stellt, einen Auftrag erteilt oder eine Unterstützungsleistung in Anspruch nimmt.
Marketing
Verkauf,
Service
Standardisiert
Individualisiert
Abb. 6-6: Zuordnung der Leistungstypen zu Prozessen
Als Konsequenz aus diesem Sachverhalt können die Prozesse Marketing und Portalbetrieb gut standardisiert werden, sie müssen gegebenenfalls den Anforderungen konkreter Kundenprozesse oder -segmente angepasst werden, laufen dann aber jedes Mal
weitgehend unverändert ab. Für die kundengesteuerten Prozesse hingegen können nur
typische Standardabläufe angegeben werden, die in jedem Einzelfall abgewandelt
werden.
Die Prozesse werden im Folgenden in ihrer speziellen Ausprägung für das Privat kundengeschäft der Banken näher spezifiziert. Es handelt sich dabei um generalisierte
Prozessmodelle, bei denen unternehmensindividuelle Besonderheiten nicht berücksichtigt sind. Der Detaillierungsgrad ist so gestaltet, dass eine unternehmensübergreifende Verallgemeinerung möglich ist.
Prozessarchitektur
79
6.3.2.1 Prozesslandkarte
Abb. 6-7 zeigt die Prozesslandkarte der Prozessarchitektur, bei der die spezifischen
Anforderungen des Bankgeschäfts im Privatkundenbereich berücksichtigt sind. Die
Notation folgt der Darstellungsweise in [Österle 1995, S. 61f.].
Enthalten sind die CRM-Kernprozesse Marketing, Verkauf und Service, die Portalprozesse Portalbetrieb und Kundenprozessunterstützung sowie weitere wichtige Prozesse
der Bank und des Kunden, sofern diese direkt Leistungen mit den CRM-Prozessen
oder mit den Portalprozessen austauschen. Auf der Bankseite sind dies Produktentwicklung, Führung und Leistungserstellung. Auf der Kundenseite sind die vier Phasen des Customer-Buying-Cycle (Anregung, Evaluation, Kauf, Nutzung) aufgeführt.
Dabei ist zu beachten, dass der Customer-Buying-Cycle lediglich ein Ausschnitt aus
dem gesamten, anwendungs spezifischen Kundenprozess ist. Die Pfeile zwischen den
Prozessen bezeichnen die ausgetauschten Leistungen. Die einzelnen Prozesse und
Leistungen werden in den folgenden Abschnitten näher spezifiziert. Zur Darstellung
werden Aufgabenkettendiagramme verwendet [vgl. Österle 1995, S. 95f.].
Bank
Produktentwicklung
Produktinformationen
Cross-Selling-Informationen
Produktvorschlag, Kundenwunsch
Strat. Vorgaben,
Pläne, Berichte
Führung
Kunde
Informationsmaterial
Produktvorschlag
Marketing
Produktinformationen
Pro
infor dukt mati
onen
,
ben
a
g
r
e
o
t
h
V
t.
ric
Stra ne, Be
Plä
Strat. Vorgaben,
Pläne, Berichte
Kampagnenreaktion
Kundeninformationen
Informationen,
Beratungsempfehlungen,
Angebot, Vertrag
Verkauf
Kundeninformationen,
Vertrag
g
zur llun
ung tste
eis berei
w
An dukt
Pro
Leistungserstellung
Auftrag, Beschwerde
Kundeninformationen
Leistungserstellung
Portalinhalte
Portalbetrieb
Auskunft,
Benachrichtigung
Kundeninformationen Einstellungen,
Persönl. Informationen,
Dokumente
Kunden-
prozessunterstützung
Kundenprozessspezifische Portalinhalte
Betrieb von Infrastrukturleistungen
Prozess
Anfrage,
Nutzungsauftrag,
Beschwerde
Service
Benachrichtigung
Per
sön
l.I
n
Dok forma
um
ent tionen
e
,
Anregung,
Evaluation,
Kauf
Kundenprozess
Partner
Leistung
Abb. 6-7: Prozesslandkarte
Personalisierung,
Benachrichtigung,
Dokumente
Nutzung
80
Prozessarchitektur
6.3.2.2 Marketingprozess
Nach dem aufgabenorientierten Ansatz umfasst das Marketing die vier Kernaufgaben
Kundenakquisition, Kundenbindung, Leistungsinnovation und Leistungspflege [vgl.
Tomczak/Reinecke 1996]. Im Zusammenhang mit Customer Relationship Management sind davon die Kundenakquisition und die Kundenbindung relevant (vgl. Kapitel
2.1.2). In [Tomczak/Reinecke 1998, S.10] werden diese wie folgt definiert:
„Kundenakquisition: sämtliche Massnahmen, die dazu führen, dass ein Kunde
erstmalig beim betreffenden Anbieter kauft.
Kundenbindung: sämtliche Massnahmen, die zu kontinuierlichen oder vermehrten
Wieder- und Folgekäufen führen bzw. verhindern, dass Kunden abwandern.“
Der im Folgenden beschriebene Marketingprozess im Sinnes des CRM unterstützt sowohl Kundenakquisition als auch Kundenbindung. Dazu stellt er einerseits allgemeine
Informationen zu Produkten und Dienstleistungen sowie zum Unternehmen selbst bereit. Diese Informationsbereitstellung erfolgt über die Website des Unternehmens sowie über Broschüren, Inserate, Plakate, Radio- und Fernsehwerbung etc. Andererseits
werden Marketing-Kampagnen durchgeführt, in denen bestimmte Adressaten gezielt
angesprochen werden. Neben klassischen Mailingaktionen sind auch Kampagnen über
andere Medien wie E-Mail, Telefon, Websites, Inserate etc. möglich. Die Planung,
Durchführung und Auswertung dieser Kampagnen sowie die Herstellung des Kontaktes zu potenziellen Kunden sind die zentralen Aufgaben des Marketingprozesses. Der
Marketingprozess im vorliegenden Kontext deckt im Wesentlichen Aufgaben des
Kampagne nmanagements im Sinne des Direktmarketings ab und repräsentiert somit
nur einen kleinen Teil des gesamten Marketingaufgabengebietes.
Der Marketingprozess richtet sich sowohl an potenzielle Neukunden (Kundenakquisition) als auch an bestehende Kunden, denen zusätzliche Produkte und Dienstleistungen
angeboten werden (Kundenbindung, „Cross-Selling“). Seltener dienen Kampagnen
lediglich dazu, eine Abwanderung der Kunden zu verhindern, ohne dem Kunden zusätzliche Leistungen anzubieten.
Nicht Bestandteil des hier beschriebenen Marketingprozesses sind Aufgaben, die zwar
zum Marketingaufgabengebiet gehören, bei denen aber i.d.R. kein direkter Kundenkontakt stattfindet. Diese Aufgaben betreffen die Erstellung strategischer Vo rgaben
und die Konzeption neuer Produkte und Dienstleistungen, also haupt sächlich Leistungsinnovation und Leistungspflege. Einige dieser Aufgaben sind in den weiter unten
beschriebenen Prozessen Führung und Produktentwicklung enthalten.
Das Aufgabenkettendiagramm in Abb. 6-8 zeigt einen typischen Ablauf des Marketingprozesses. Die einzelnen Aufgaben und Leistungen werden in Anhang A.1 näher
erläutert.
Prozessarchitektur
Bank
Prozess Führung
Pläne, Berichte
bereitstellen
81
Bank
Kunde
Prozess Marketing
Anregung, Evaluation,
Kauf
Informationsbereitstellung
Kampagneninitialisierung
Berichte
auswerten
Bank
Prozess
Produktentwicklung
Produktvorschlag
auswerten
Cross-Selling- u.
Event-Auswertung
Kampagnendurchführung
Informieren über
Produkte und
Unternehmen
Kundenkontaktierung
Bank
kontaktieren
Kampagnenauswertung
Bank
Produktinfos
bereitstellen
Prozess Verkauf
Vorbereitung auf
Kundenberatung
Abb. 6-8: Aufgabenkettendiagramm des Marketingprozesses
6.3.2.3 Verkaufsprozess
Der Verkaufsprozess beginnt mit der erfolgreichen Kundenkontaktierung und endet
mit dem Vertragsabschluss im positive n Fall oder mit dem Abbruch der Verkaufsaktivitäten im negativen Fall. Die wesentliche Aufgabe ist die Kundenberatung mit dem
Ziel, dem Kunden ein oder mehrere Produkte zu verkaufen. Nicht Bestandteil des Ve rkaufsprozesses im Sinne des Customer Relationship Managements ist die operative
Abwicklung des Verkaufs wie z.B. Rechnungsstellung etc.
Ein Prozessportal, das von einer Bank betrieben wird, greift in der Regel immer wi eder auf den Verkaufsprozess oder auf einzelne Aufgaben des Verkaufsprozesses zu,
um die Leistungen des Prozessportals zu erbringen. Im unten ausgeführten Beispiel
des Prozessportals für Erbschaft und Bestattung dient z.B. die Aufgabe „Kundenbedarf
analysieren“ zur Ermittlung der Vermögenssituation des Erblassers, der Verkaufsprozess wird aber auch bei der Anlage eines ererbten Vermögens durch den Erben
wieder durchlaufen.
Im Rahmen eines Prozessportals erbringt der Verkaufsprozess die individualisierten
Kernleistungen. Insbesondere die Beratungsleistung geht hier über eine reine Produktberatung hinaus und richtet sich auf den Kundenprozess aus. Befindet sich der Kunde
beispielsweise im Kundenprozess Immobilienerwerb, so bezieht sich die Beratung
nicht nur auf die Konditionen verschiedener Hypothekarmodelle, sondern sie berück-
82
Prozessarchitektur
sichtigt die gesamte Kundensituation und kümmert sich z.B. auch um Fragen der
Standortwahl oder der Objektsuche.
Das Aufgabenkettendiagramm in Abb. 6-9 zeigt einen typischen Ablauf des Verkaufsprozesses. Die einzelnen Aufgaben und Leistungen we rden in Anhang A.2 näher
erläutert. Beim Verkaufsprozess handelt es sich um einen schwach strukturierten Prozess. Die einzelnen Aufgaben laufen meist nicht exakt in der hier dargestellten
Reihenfolge ab und sind auch nicht immer klar voneinander abgrenzbar. Grundsätzlich
sind Überlappungen sowie Rücksprünge jederzeit möglich und zulässig. Dies ist abhängig vom Kundenprozess und vom individuellen Kundenverhalten. Abb. 6-9 stellt
eine typische, generalisierte Ausprägung des Prozesses dar.
Bank
Bank
Kunde
Prozess Marketing
Prozess Verkauf
Anregung, Evaluation,
Kauf
Vorbereitung auf
Kundenberatung
Kundenkontaktierung
Bank
kontaktieren
Kundenbedarf
analysieren
Bank
Prozess Führung
Beratungsempfehlung
Pläne, Berichte
bereitstellen
Produkte
präsentieren
Berichte
auswerten
Beraten
lassen
Kunde
Individuelles
Angebot erstellen
Entscheiden
Prozess
Leistungserstellung
Konditionen
vereinbaren
Konditionen
vereinbaren
Produkt
bereitstellen
Vertrag
abschliessen
Vertrag
abschliessen
Bank
Nachbearbeitung
u. Datenpflege
Abb. 6-9: Aufgabenkettendiagramm des Verkaufsprozesses
6.3.2.4 Serviceprozess
Der Serviceprozess deckt sämtliche Kontakte zu bestehenden Kunden in Bezug auf
einen abgeschlossenen Ve rtrag ab. Werden hingegen einem bestehenden Kunden im
Sinne des Cross-Selling zusätzliche Produkte verkauft, so decken die Prozesse Marketing und Verkauf diesen Vorgang ab.
Im Serviceprozess werden grob zwei Fälle unterschieden. Einerseits dient er dazu, allgemeine Anfragen und Beschwe rden zu bearbeiten, andererseits ist der Serviceprozess
auch für die Entgegennahme von Nutzungsaufträgen (z.B. Überweisungsaufträgen
Prozessarchitektur
83
oder Wertpapierorders) und für die Weiterleitung von Benachrichtigungen (z.B. Kontoauszügen) an den Kunden zuständig.
Bank
Kunde
Prozess Service
Nutzung
Anfrage
entgegennehmen
Anfrage stellen /
beschweren
Bank
Prozess
Produktentwicklung
Produktvorschlag
auswerten
P
Beschwerde
bearbeiten
Bank
Prozess Führung
Berichte
auswerten
Prozess
Leistungserstellung
Benachrichtigung
erstellen
Auskunft
entgegennehmen
Beschwerden
auswerten
Bank
Auftrag
ausführen
Auskunft erteilen/
Servicetätigkeit
durchführen
Auftrag
entgegennehmen
Nutzungsauftrag
erteilen
Auftragsausführung auslösen
Benachrichtigung
entgegennehmen
Kunden
benachrichtigen
Benachrichtigung
entgegennehmen
Abb. 6-10: Aufgabenkettendiagramm des Serviceprozesses
Das Aufgabenkettendiagramm in Abb. 6-10 zeigt typische Abläufe im Serviceprozess.
Detailliert werden die Aufgaben in Anhang A.3 beschrieben.
6.3.2.5 Kundenprozessunterstützungs-Prozess
Der Prozess Kundenprozessunterstützung erbringt die individualisierten Zusatz- und
Infrastrukturleistungen im Rahmen eines Prozessportals. Im Wesentlichen ist er dafür
zuständig, kundenspezifische Informationen entgegenzunehmen, abzulegen und wi eder bereitzustellen. Dabei handelt es sich einerseits um Kundenprofile, die zur Personalisierung des Leistungsangebotes in Form einer persönlichen Homepage dienen, und
andererseits um Informationen und Dokumente, die der Kunde der Bank im Rahmen
der Kundenprozessunterstützung zur Verwahrung gibt. Schliesslich ist der Prozess
dafür verantwortlich, den Kunden bei bestimmten Ereignissen (Termine, Kursschwankungen etc.) zu benachrichtigen.
Das Aufgabenkettendiagramm in Abb. 6-11 zeigt den Ablauf des Prozesses Kundenprozessunterstützung in generischer Form. Die einzelnen Aufgaben werden normalerweise mehrfach und in verschiedenen Reihenfolgen durchlaufen. Eine detaillierte Aufgabenbeschreibung findet sich in Anhang A.4.
84
Prozessarchitektur
Bank
Bank
Kunde
Prozess
Leistungserstellung
Prozess Kundenprozessunterstützung
Kundenprozess
Präferenzen u.
Dokumente
speichern
Präferenzen u.
Dokumente
übermitteln
Persönliche
Informationen
bereitstellen
Persönl. Homepage abrufen
Produkt
bereitstellen
Persönl. Homepage nutzen
Regelmässig
Ereignisse prüfen
Kunden
benachrichtigen
Benachrichtigung
entgegennehmen
Abb. 6-11: Aufgabenkettendiagramm des Kundenprozessunterstützungs-Prozesses
6.3.2.6 Portalbetriebsprozess
Der Portalbetriebsprozess erbringt die standardisierten Zusatz- und Infrastrukturleistungen. Die Aufgaben umfassen im Wesentlichen die Erstellung der kundenprozessspezifischen Portalinhalte sowie die Bereitstellung und Moderation von Kommunikationsplattformen im Portal wie z.B. Diskussionsforen, Online-Auktionen etc.
Eine weitere Aufgabe ist die Koordination der Inhaltserstellung durch die externen
Partner.
Das Aufgabenkettendiagramm in Abb. 6-12 zeigt einen groben Ablauf des Prozesses
Portalbetrieb. Der Prozess ist lediglich für die inhaltliche Erstellung, Pflege und Koordination der Portalinhalte zuständig. Für die verschiedenen administrativen Aufgaben,
die im Rahmen von Erstellung, Verteilung, Pflege und Entfernung der Portalinhalte
anfallen, sind die Content Management Prozesse zuständig (s. Kapitel 6.3.3). Die einzelnen Aufgaben des Portalbetriebsprozesses werden in Anhang A.5 näher beschrieben.
Prozessarchitektur
85
Bank
Bank
Kunde
Prozess
Produktentwicklung
Prozess Portalbetrieb
Kundenprozess
Produktinfos
bereitstellen
Interne Erstellungsmöglichkeit prüfen
Portalinhalte
extern beschaffen
Portalinhalte
erstellen
Partner
Prozess
Leistungserstellung
Portalinhalte
erstellen
Portalinhalte
bereitstellen
Portalinhalte
pflegen
Portalinhalte
pflegen
Portal
nutzen
Abb. 6-12: Aufgabenkettendiagramm des Portalbetriebsprozesses
6.3.2.7 Produktentwicklungsprozess
Im Produktentwicklungsprozess finden keine direkten Kundenkontakte statt. Ausnahmen sind mögliche Marktbefragungen oder „Pretests“ für neue Produkte.
Bank
Bank
Bank
Prozess Service
Prozess Produktentwicklung
Prozess Marketing
Beschwerde
bearbeiten
Produktvorschlag
auswerten
Produkt
spezifizieren
Pretest
durchführen
Bank
Prozess Führung
Vermarktung
planen
Kampagnenauswertung
Informationsbereitstellung
Kampagneninitialisierung
Bank
Prozess Portalbetrieb
Pläne, Berichte
bereitstellen
Controlling
planen
Berichte
auswerten
Produktinfos
bereitstellen
Interne Erstellungs möglichkeit prüfen
Abb. 6-13: Aufgabenkettendiagramm des Produktentwicklungsprozesses
86
Prozessarchitektur
Der Produktentwicklungsprozess zählt also nicht zu den CRM-Kernprozessen, steht
damit aber in engem Zusammenhang. Ersichtlich ist dies vor allem daran, dass in den
CRM-Prozessen umfassende Produktinformationen erforderlich sind und andererseits
aus den CRM-Prozessen heraus Anforderungen an die Produktentwicklung entstehen
können. Im Sinne einer ganzheitlichen Kundenprozessunterstützung beschränkt sich
die Produkt entwicklung nicht auf klassische Bankprodukte, sondern entwickelt auch
Informationsmaterial und andere Leistungen für Prozessportale.
Das Aufgabenkettendiagramm in Abb. 6-13 zeigt einen typischen Ablauf des Produktentwicklungsprozesses. Die einzelnen Aufgaben und Leistungen werden in Anhang
A.6 näher erläutert.
6.3.2.8 Leistungserstellungsprozess
Der Leistungserstellungsprozess ist für die initiale Produktbereitstellung nach Ve rtragsabschluss sowie für die Auftragsausführung während der Produktnutzung und für
die zugehörige Kundenbenachrichtigung zuständig. Die Kundenkontakte werden über
die CRM-Prozesse – vor allem über den Serviceprozess – sowie über den Prozess
Kundenprozessunterstützung abgewickelt.
Bank
Bank
Bank
Prozess Verkauf
Prozess Leistungserstellung
Prozess Kundenprozessunterstützung
Vertrag
abschliessen
Produkt
bereitstellen
Präferenzen u.
Dokumente
speichern
Bank
Prozess Service
Auftrag
ausführen
Auftragsausführung auslösen
Benachrichtigung
erstellen
Benachrichtigung
entgegennehmen
Abb. 6-14: Aufgabenkettendiagramm des Leistungserstellungsprozesses
Das Aufgabenkettendiagramm in Abb. 6-14 zeigt einen typischen Ablauf des Leistungs erstellungsprozesses. Die einzelnen Aufgaben und Leistungen werden in Anhang
A.7 näher erläutert.
6.3.2.9 Führungsprozess
Der Führungsprozess umfasst die Erstellung übergeordneter, produktübergreifender
Vorgaben und die Auswertung der Erfolgszahlen. Mit Ausnahme allfälliger Marktanalysen finden im Führungsprozess keine Kundenkontakte statt. Die Leistungen des Füh-
Prozessarchitektur
87
rungsprozesses bilden die Vorgaben und Rahmenbedingungen für alle anderen hier
beschriebenen Prozesse.
Bank
Prozess Service
Beschwerden
auswerten
Bank
Bank
Prozess Führung
Prozess Marketing
Vision, Strategie,
Ziele vorgeben
Kampagneninitialisierung
Budgetierung
durchführen
Kampagnenauswertung
Marktanalyse
durchführen
Bank
Bank
Absatzplanung
durchführen
Prozess Verkauf
Produktvorschlag
auswerten
Pläne, Berichte
bereitstellen
Vorbereitung auf
Kundenberatung
Produktinfos
bereitstellen
Berichte
auswerten
Nachbearbeitung
Prozess
Produktentwicklung
Abb. 6-15: Aufgabenkettendiagramm des Führungsprozesses
Das Aufgabenkettendiagramm in Abb. 6-15 zeigt einen typischen Ablauf des Führungsprozesses. Die einzelnen Aufgaben und Leistungen werden in Anhang A.8 näher
erläutert.
6.3.3 Unterstützungsprozesse
Im Zusammenhang mit den oben beschriebenen Geschäftsprozessen sind eine Vielzahl
von Unterstützungsprozessen erforderlich (s. Kapitel 4.2). Dazu gehören viele Prozesse, die in Unternehmen bereits vorhanden sind und die im Zusammenhang mit Customer Relationship Management nicht umgestaltet werden müssen, z.B. Personalmanagement, Economic Research, Controlling oder IT-Betrieb. Eine vollständige und
detaillierte Darstellung der Unterstützungsprozesse ist nicht Bestandteil der vorliegenden Arbeit. Um dennoch einen Überblick zu geben, beschreibt die folgende Aufstellung die im Zusammenhang mit CRM wichtigsten Unterstützungsprozesse:
?? Verkaufsunterstützung
Die Verkaufsunterstützung ist zuständig für verschiedene administrative Tätigkeiten der Verkaufsmitarbeiter. Dazu gehören z.B. die Spesenabrechnung, die
Verwaltung von Terminen und Aktivitäten, die Zuordnung von Verkaufsgebieten
zu Aussendienst-Mitarbeitern etc.
88
Prozessarchitektur
?? Content Management
Überall in den Geschäftsprozessen werden Inhalte konsumiert und produziert. Dazu gehören z.B. Abwicklungs- oder Fachinformationen für den Kundenberater genauso wie Produktinformationen, die dem Kunden über ein Portal zur Verfügung
gestellt werden. Für Bereitstellung, Verteilung und Entfernung der Inhalte sind die
Content Management-Prozesse verantwortlich. Sie garantieren so die Aktualität
und die Konsistenz aller verfügbaren Informationen [vgl. Schmid et al. 1999; Kaiser 2000, S.139ff.; Christ 2001]. Die Content Management-Prozesse sind auch erforderlich, damit die Kundenanforderung der einheitlichen Bedienung erfüllt we rden kann (vgl. „Volle Integration der Partnerleistungen“ und „Trennung von Inhalt
und Layout“, Kapitel 3.1.1).
?? Kundensegmentmanagement
Die Aufteilung des Gesamtmarktes in möglichst homogene Kundensegmente ist
Voraussetzung für Kampagnenmanagement, Produktentwicklung, Personalisierung
von Portalinhalten und andere Aufgaben in verschiedenen Geschäftsprozessen. Zur
Segmentierung stehen verschiedene Kriterien zur Verfügung [Gabler 1997, Stichwort Marktsegmentierung; Nitsche 1998, S.19f.]. Meist werden demo graphische
und sozio-ökonomische Kriterien verwendet [Nitsche 1998, S.40], die sich jedoch
aufgrund veränderter Gegebenheiten (s. Kapitel 2.5) mehr und mehr als ungeeignet
erweisen [Grebe/Kreuzer 1997] und um neuere Ansätze wie die Segmentierung
nach Loyalität und Rentabilität [Bernet 1998, S.26ff.] ergänzt werden müssen. Eine
weitere Herausforderung ist die Bestimmung der vorteilhaftesten Grösse der Kundensegmente [s. Wayland/Cole 1997, S.132ff.]. Das Kundensegmentmanagement
ist ein kontinuierlicher Prozess, der die Segmentierung regelmässig überprüft und
neuen Gegebenheiten anpasst [vgl. Schmid et al. 2000b]. Für eine ausführlichere
Darstellung dieses Themengebietes sei auf [Schmid et al. 2000a, S.34ff.] verwiesen.
?? Kanalmanagement
Durch die Etablierung neuer, meist elektronischer Vertriebskanäle (vgl. Kapitel
6.4) ist die Koordination der einzelnen Vertriebskanäle zu einer komplexen Managementaufgabe geworden. Das Kanalmanagement hat die Aufgabe, „für die Konsumenten denjenigen Absatzmix, d.h. die optimale Allokation der Produkte und
Kanäle, bereitzustellen, der von den Kunden gewünscht wird, gleichzeitig aber die
Kostenstruktur der Bank so wenig wie nötig belastet“ [Stäger 1999, S.11f.]. Um
diese Aufgabe zu erfüllen, muss der Einsatz der Kanäle gesteuert werden. Die
Steuerung kann entweder zentral oder dezentral erfolgen (s. Kapitel 5). Schliesslich
muss durch organisatorische und durch technische Massnahmen sichergestellt we rden, dass sowohl der Kunde über alle Kanäle eine einheitliche Sicht auf die Bank
hat, als auch die Bankmitarbeiter über alle Kanäle eine einheitliche Sicht auf den
Prozessarchitektur
89
Kunden haben. Für eine ausführlichere Darstellung dieses Themengebietes sei auf
[Schmid et al. 2000a, S.41ff.] verwiesen.
?? Data Mining
Der Data Mining-Prozess wertet grosse Datenbestände, die meist in einem Data
Warehouse vorliegen, nach bestimmten Kriterien aus. In den operativen Datenbeständen vorhandene Informationen werden so für die verschiedenen Geschäftsprozesse nutzbar gemacht. Das Data Mining kann z.B. die Grundlage bilden für das
Kampagnenmanagement und für die Kundensegmentierung [vgl. Berson/Smith
1997].
6.4 Vertriebskanäle
Viele Aspekte der Aufbauorganisation sind stark von den individuellen Gegebenheiten
des einzelnen Unternehmens abhängig und werden daher in der vorliegenden Arbeit
nicht näher betrachtet. Von besonderer Bedeutung sind aber Betrieb und Koordination
verschiedener Vertriebskanäle: Je nach Anzahl und Art der eingesetzten Kanäle muss
die Prozessarchitektur den spezifischen Anforderungen angepasst werden und auch die
IS-Architektur (s. Kapitel 7) wird von de n Vertriebskanälen beeinflusst. Viele Funktionen sind vollkommen unabhängig von den eingesetzten Vertriebskanälen während
andere nur für bestimmte Kanäle relevant sind. Im Folgenden werden die verschiedenen, für Banken relevanten Vertriebskanäle näher erläutert. Dabei erfolgt eine Unterscheidung zwischen den vier Kanaltypen „Mensch-Mensch“, „Mensch-Maschine“,
„Maschine-Maschine“ und „Mehrstufen-Kanäle“ [vgl. Stäger 1999; Schmid/Bach
2000a, S.47ff.].
Diese vier Kanaltypen wurden gewählt, da sie sich in ihren Anforderungen an die unterstützenden Informationssysteme stark unterscheiden (s. Kapitel 7). Die relevanten
Vertriebskanäle wurden durch Befragung von Experten bei verschiedenen Banken ermittelt [Schmid et al. 2000b, S.20ff.].
Bei Mensch-Mensch-Kanälen kommuniziert der Kunde persönlich mit Vertretern des
Unternehmens. Dazu zählen die folgenden Vertriebskanäle:
?? Filiale
Die Bankfiliale ermöglicht dem Kunden den persönlichen Kontakt zu seiner Bank.
Während Standardtransaktionen zunehmend über andere Kanäle statt am Bankschalter abgewickelt werden, spezialisiert sich die Filiale immer mehr auf Beratungsleistungen. Neben dem persönlichen Besuch hat der Kunde prinzipiell auch
die Möglichkeit, per Brief, Fax, Telefon oder E-Mail mit der Filiale in Kontakt zu
treten.
?? Aussendienst
Der mobile Aussendienst ist vorwiegend im Firmenkundengeschäft und im Private
90
Prozessarchitektur
Banking anzutreffen, vermehrt aber auch im Retail Banking [vgl. Klimpke 1998;
vgl. Schmid et al. 2000b]. Auch hier ist ein persönlicher Kontakt des Kunden zu
seiner Bank vorhanden. Den Aussendienstmitarbeiter kann der Kunde möglicherweise auch über Telefon oder E-Mail kontaktieren.
?? Contact Center
Ein Contact Center kann der Kunde in der Regel per Telefon erreichen. Ist dies die
einzige Möglichkeit, so handelt es sich um ein Call Center. Häufig werden in einem Contact Center auch eingehende Briefe, Faxe und E-Mails bearbeitet. Charakteristisch für ein Contact Center ist, dass es nur an einem oder an wenigen zentralen Orten angesiedelt ist und von dort aus eine grosse Zahl von Kunden bedient.
Der Kunde kann ein Contact Center nicht wie eine Filiale physisch besuchen. Unterscheidungsmerkmale verschiedener Contact Center sind die Verfügbarkeit (z.B.
7x24h oder zu Bürozeiten), die Erreichbarkeit (mit welcher Wahrscheinlichkeit ist
besetzt, wenn der Kunde anruft) und das Leistungsspektrum, das über Telefon angeboten wird.
Mensch-Maschine-Kanäle zeichnen sich dadurch aus, dass der Kunde manuell auf eine
elektronische Schnittstelle der Bank zugreift. Dazu gehören die folgenden Vertriebskanäle:
?? Web
Beim Online-Banking greift der Kunde heute in der Regel über das World Wide
Web (WWW) auf die Banksysteme zu, um bestimmte Transaktionen durchzuführen. Der Kunde kann dabei den Web Browser auf seinem stationären PC oder
Notebook verwenden, oder z.B. mittels WAP (Wireless Application Protocol) von
seinem Mobiltelefon aus die Verbindung herstellen [vgl. Lerner/Diederich 2000].
?? Proprietäres Electronic Banking
Der Vorläufer des Internet-Banking über WWW waren verschiedene proprietäre
Lösungen für electronic Banking. Der Kunde greift dabei mit seinem PC entweder
über ein Netz wie T-Online in Deutschland oder per Modem direkt auf den Serve r
der Bank zu. Sind bankseitig der Server für das Electronic Banking und der Server
für Internet-Banking integriert, so handelt es sich dabei nur um einen Vertriebskanal.
?? Selbstbedienung
Als erste Selbstbedienungslösung im Bankenbereich haben sich die Geldausgabeautomaten (ATM) durchgesetzt. Der Kunde kann dort unabhängig von Schalteröffnungszeiten Bargeld beziehen. Diese Automaten wurden teilweise zu multifunktionalen Kundenterminals erweitert, an denen auch z.B. Überweisungen getätigt und
Kontostände abgefragt werden können [s. z.B. Walter/Disterer 2000]. Während die
Geldausgabe automaten ursprünglich vorwiegend in den Bankfilialen selbst zu finden waren, werden sie heute immer mehr an anderen Orten wie z.B. Bahnhöfen
Prozessarchitektur
91
oder Einkaufszentren platziert. Der Kunde hat so die Möglichkeit, das Geld dort zu
beziehen, wo er es braucht. Eine weitere Möglichkeit der Selbstbedienung sind
Kassenterminals (POS), die es dem Kunden erlauben, direkt an der Kasse im Geschäft mit seiner Kreditkarte, Debitkarte oder elektronischen Geldbörse zu bezahlen, ohne dazu Bargeld oder Schecks zu benötigen. Der Kunde spart sich dadurch
den Vorgang des Bargeldbezuges, dem Verkäufer wird die Kassenabrechnung erleichtert, da er weniger Bargeldbestände verwalten muss. Durch internationale
Netzwerke kann man viele Karten heute weltweit an POS-Kassen einsetzen.
Bei Maschine-Maschine-Kanälen greift die Software des Kunden direkt auf die Software des Unternehmens zu. Während man diese Form der direkten Anbindung im Business-to-Business-Bereich häufig findet, ist sie im Privatkundengeschäft eher die
Ausnahme. Ein Beispiel ist der Einsatz von Homebanking-Software, die Kontoauszüge, Zahlungsaufträge etc. automatisch mit dem Electronic Banking-Server der
Bank austauscht.
Bei Mehrstufen-Kanälen sind zwischen dem Kunden und der Bank ein oder mehrere
Intermediäre (Vertriebspartner) vorhanden. Als Beispiel seien Fond-Shops genannt,
welche die Investmentfonds verschiedener Banken vertreiben. Auf jeder einzelnen
Stufe kann wiederum über beliebige andere Vertriebskanäle kommuniziert werden.
6.5 Gestaltungsdeterminanten
Die in Kapitel 6.3 beschriebenen Prozesse sind soweit generalisiert, dass sie unabhängig von unternehmens- oder projektspezifischen Gegebenheiten sind. In einem konkreten Anwendungsfall können diese Prozessmodelle als Basis verwendet und den individuellen Gegebenheiten angepasst werden. In der Regel wird eine Bank nicht sämtliche
neuen Vertriebskanäle und Leistungen gleichzeitig einführen und demzufolge auch
nicht das vollständige Prozessmodell in einem einzelnen Projekt umsetzen. Die folgenden Ausführungen beschreiben einen Vorschlag, in welche einzelne Projektszenarien das Gesamtvorhaben zerlegt werden kann, um so zu einem schrittweisen Vorgehen und zu überschaubaren Teilprojekten zu gelangen. Dieser Vorschlag ist nicht als
Methodenvorschlag im Sinnes des Methoden-Engineerings [Gutzwiller 1994, S.12-14]
zu verstehen, sondern als Hilfestellung bei der Anwendung der generischen Prozessarchitektur in Praxisprojekten.
Als Parameter zur Charakterisierung der einzelnen Projektszenarien dienen einerseits
die in Kapitel 6.2 definierten Leistungskategorien und andererseits die in Kapitel 6.4
beschriebenen Vertriebskanäle. Bei den Leistungen werden Kernleistungen, Zusatzleistungen und Infrastrukturleistungen unterschieden, welche die Bank jeweils standardisiert oder individualisiert erbringt (s. Kapitel 6.2). Bei den Vertriebskanälen wird
die Kategorisierung aus Kapitel 6.4 mit leichten Anpassungen verwendet: Die
Mensch-Mensch-Kanäle werden unterteilt in die klassischen und die neuen Mensch-
92
Prozessarchitektur
Mensch-Kanäle. Die klassischen Mensch-Mensch-Kanäle umfassen die ehemals einzigen Kanäle etablierter Banken. In der Regel ist das die Filiale, im Privatkundengeschäft teilweise auch der mobile Aussendienst. Die neuen Mensch-Mensch-Kanäle
setzen moderne Informationstechnologien ein, um die persönliche Kommunikation zu
unterstützen. Am weitesten verbreitet sind dabei Call Center bzw. Contact Center. Die
Mensch-Maschine-Kanäle werden unverändert übernommen. Bei ihnen greift der
Kunde direkt auf elektronische Schnittstellen der Bank wie z.B. das World Wide Web
oder Selbstbedienungsautomaten zu. Maschine-Maschine-Kanäle werden in den Projektszenarien nicht berücksichtigt, da sie im Privatkundengeschäft der Banken nur eine
untergeordnete Rolle spielen (s. Kapitel 6.4).
Die folgende Beschreibung der Gestaltungsdeterminanten orientiert sich an einer typischen Entwicklung der meisten etablierten Banken: Den Ausgangspunkt bildet ein
Angebot standardisierter und individualisierter Kernleistungen über die klassischen
Mensch-Mensch-Kanäle, meist die Filiale. In einem ersten Entwicklungsschritt werden
neue Mensch-Mensch-Kanäle und Mensch-Maschine-Kanäle erschlossen, über die
ebenfalls Kernleistungen erbracht werden. Dazu gehören vor allem die Einrichtung
eines Contact Centers sowi e die Nutzung des Webs zunächst für Marketingzwecke,
später auch für Verkauf, Abwicklung und Service. Diesen Entwicklungsschritt haben
die meisten Banken bereits vollzogen [vgl. Schmid et al. 2000b].
Der nächste Schritt besteht typischerwe ise im Angebot von standardisierten
Zusatzleistungen (z.B. Checklisten, Anbieterverzeichnisse etc.), die aus Kosten- und
Effizienzgründen vorwiegend über Mensch-Maschine-Kanäle erbracht werden. Ein
Contact Center kann unterstützend zum Einsatz kommen. Ergänzt werden diese
Leistungen als nächstes um standardisierte Infrastrukturleistungen über MenschMaschine-Kanäle (z.B. Diskussionsforen, Marktplätze etc.), um den Kunden ein höheres Mass an Interaktivität zu bieten und damit auch eine bessere Kundenbindung zu
erreichen. In einem (vorläufig) letzten Entwicklungsschritt werden die standardisierten
Leistungen um individualisierte Zusatz- und Infrastrukturleistungen erweitert (z.B.
Personalisierung, Verwahrung persönliche Unterlagen etc.).
Die beschriebenen Schritte beziehen sich auf eine typische Entwicklung. Im Einzelfall
kann die Reihenfolge variieren, verschiedene Schritte können parallel erfolgen, oder
einzelne Vertriebskanäle oder Leistungstypen werden gar nicht implementiert. Des
Weiteren geht der Autor von einer klassischen, etablierten Bank aus. Spezialisierte
Banken wie z.B. Direktbanken durchlaufen eine andere Entwicklung, die häufig von
einem Contact Center als ersten Vertriebskanal ausgeht. Die folgenden Ausführungen
können auf alle individuellen Situationen übertragen werden und geben Hinweise auf
die konkrete Ausgestaltung der Prozesse.
Prozessarchitektur
93
Zusatzleistungen
Kernleistungen
Leistungen
Infrastrukturleistungen
Sta
dis ndar
ier
t -
Ind
alis ividu
ier
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6.5.1 Kernleistungen über herkömmliche Mensch-Mensch-Kanäle
Mensch-Mensch
herkömmlich
(z.B. Filiale)
Mensch-Mensch
neu
(z.B. Call Center)
Mensch-Maschine
(z.B. Web)
Vertriebskanäle
Abb. 6-16: Kernleistungen über herkömmliche Mensch-Mensch-Kanäle
Den einfachsten Fall stellt die klassische Bank dar, die ausschliesslich Kernleistungen
über herkömmliche Mensch-Mensch-Kanäle erbringt (s. Abb. 6-16). Hier müssen nur
die Geschäftsprozesse Marketing, Verkauf und Service gestaltet werden, Kundenprozessunterstützung und Portalbetrieb spielen keine Rolle. Die Koordination ve rschiedener Vertriebskanäle ist nur dann erforderlich, wenn mehrere Mensch-MenschKanäle parallel eingesetzt werden, z.B. Filiale und mobiler Aussendienst.
94
Prozessarchitektur
Zusatzleistungen
Kernleistungen
Leistungen
Infrastrukturleistungen
St
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dis ndar
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Ind
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6.5.2 Kernleistungen über neue Kanäle
Mensch-Mensch
herkömmlich
(z.B. Filiale)
Mensch-Mensch
neu
(z.B. Call Center)
Mensch-Maschine
(z.B. Web)
Vertriebskanäle
Abb. 6-17: Kernleistungen über neue Kanäle
Erschliesst die Bank zusätzlich neue Vertriebskanäle, um ihre Kernleistungen zu
erbringen (s. Abb. 6-17), so spielt die Koordination der verschiedenen Vertriebskanäle
eine wichtige Rolle. Die eigentlichen Leistungen werden weiterhin von den Geschäftsprozessen Marketing, Verkauf und Service erbracht, die jedoch an die spezifischen Gegebenheiten der einzelnen Kanäle angepasst werden müssen.
Die Informationsbereitstellung im Marketingprozess muss nun auch die MenschMaschine-Kanäle bedienen. Da die Nutzer des Webs hohe Anforderungen an die Aktualität der publizierten Informationen stellen, ist eine Aktualisierung der bereitgestellten Informationen häufiger notwendig als dies z.B. für gedruckte Broschüren erforderlich ist. Beim Kampagnenmanagement kann das Contact Center zur telefonischen
Kundenkontaktierung und zur Verarbeitung von Rückläufen eingesetzt werden. Die
eingesetzten Werbeinformationen müssen für das jeweilige Medium aufbereitet we rden, z.B. als Broschüre für den Postversand oder als Call Center Skript für die telefonische Kontaktierung. Damit eine effektive Kundenberatung gewährleistet werden
kann, muss ein reibungsloser und verzögerungsfreier Informationsaustausch zwischen
Contact Center und Filiale garantiert werden. Dies kann erreicht werden, indem die
kanalunterstützenden Informationssysteme voll mit den Abwicklungssystemen integriert werden (s. Kapitel 7.2.1) und indem kanalunabhängig einheitliche Prozesse ein-
Prozessarchitektur
95
gesetzt werden, die nur im Detail den spezifischen Kanalanforderungen angepasst
werden (vgl. „Volle Kanalintegration, Kapitel 3.1.2).
Die eingesetzten Vertriebskanäle beeinflussen den Verkaufsprozess vor allem in Bezug auf den Grad der Standardisierung. Dem Kundenberater in herkömmlichen
Mensch-Mensch-Kanälen wird meist nur ein grober Ablauf vorgegeben, die ko nkreten
Schritte bei Vorbereitung, Beratung und Verkauf gestaltet er aufgrund seines Fachwi ssens und seiner Erfahrung im Detail selbst. Dieses Vorgehen ist prinzipiell auch im
Contact Center möglich, wobei entsprechend qualifiziertes Personal eingesetzt werden
muss. Aus Kostengründen wird häufig mit weniger qualifiziertem Personal gearbeitet,
dem konkrete Gesprächsleitfäden (Skripts) für verschiedene standardisierte Beratungsfälle und Produkte vorgegeben wird. Für Mensch-Maschine-Kanäle müssen die Abläufe den Anforderungen der elektronischen Schnittstelle angepasst und so gestaltet we rden, dass der Kunde als vollständiger Laie den Prozess ohne Probleme durchlaufen
kann. In der Regel ist das nur für stark standardisierte Vorgänge wie z.B. Konto- oder
Depoteröffnung möglich. Der Vorgang der Kundenidentifikation muss für jeden Kanal
individuell gestaltet werden. Während in der Filiale die Vorlage eines Ausweises genügt, müssen im Call Center und im Web andere Mechanismen zum Einsatz kommen
– z.B. durch Verwendung des Postweges und durch den Ei nsatz elektronischer Signaturen.
Die Anfragen- und Beschwerdebearbeitung im Serviceprozess verläuft in herkömmlichen und neuen Mensch-Mensch-Kanälen ähnlich. In Mensch-Maschine-Kanälen kann
der Ablauf dadurch ergänzt werden, dass der Kunde zunächst selbst auf eine Wissensdatenbank zugreifen kann, bevor er die Anfrage an einen Mitarbeiter richtet. Die Abläufe bei der Auftragsabwicklung sind stark abhängig von den spezifischen Eigenschaften der einzelnen Vertriebskanäle. Während in der Filiale meist mit geeigneten
Formularen gearbeitet wird, muss für die Auftragsentgegennahme im Contact Center
der Gesprächsablauf detailliert strukturiert und durch Rückbestätigungen im Gespräch
die Fehlerfreiheit sichergestellt werden. Für Mensch-Maschine-Kanäle muss der Ablauf so vorstrukturiert werden, dass eine intuitiv bedienbare Oberfläche implementiert
werden kann.
Die verschiedenen Vertriebskanäle erfordern die Einführung eines Unterstützungsprozesses für das Kanalmanagement (s. Kapitel 6.3.3). Die kanalspezifischen Ausprägungen der Geschäftsprozesse müssen zueinander kompatibel sein. In der Regel wechselt ein Kunde die von ihm genutzten Kanäle nach Belieben. Ein im Call Center
begonnener Verkaufsvorgang sollte z.B. auch in der Filiale fortgesetzt werden können,
oder ein Call Back-Button im Web könnte es dem Benutzer ermöglichen, einen dort
begonnenen Vorgang ins Call Center zu transferieren. Diese Kanaltransparenz kann
durch die Definition von Synchronisationspunkten in allen Ausprägungen der einzelnen Prozesse erreicht werden.
96
Prozessarchitektur
Für die Informationsbereitstellung im Vertriebskanal Web ist zudem ein Content Management erforderlich, um die Aktualität und Konsistenz der publizierten Inhalte sicherzustellen (s. Kapitel 6.3.3).
Zusatzleistungen
Kernleistungen
Leistungen
Infrastrukturleistungen
St
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Ind
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6.5.3 Standardisierte Zusatz- und Infrastrukturleistungen über neue Kanäle
Mensch-Mensch
herkömmlich
(z.B. Filiale)
Mensch-Mensch
neu
(z.B. Call Center)
Mensch-Maschine
(z.B. Web)
Vertriebskanäle
Abb. 6-18: Standardisierte Zusatz- und Infrastrukturleistungen über neue Kanäle
Beim Aufbau eines Prozessportals erbringt die Bank zunächst standardisierte Zusatzund Infrastrukturleistungen (s. Abb. 6-19). Diese werden durch den Portalbetriebsprozess abgedeckt. Bei der konkreten Ausgestaltung dieses Prozesses müssen vor allem
die Anforderungen des eigenen Content Managements (s. Kapitel 6.3.3) berücksichtigt
werden und es ist auf saubere Schnittstellen zu den Prozessen der Kooperationspartner
zu achten. Der wichtigste Vertriebskanal, auf den der Portalbetriebsprozess ausgerichtet werden muss, ist das Web. Zusatzleistungen werden aus Kosten- und Effizienzgründen in der Regel darüber erbracht. Ein Contact Center kann unterstützend eingesetzt werden, insbesondere da die Möglichkeit besteht, Spezialisten der
Kooperationspartner in das Contact Center einzubinden. Diese Abläufe müssen für das
Contact Center spezifiziert werden. Zusatzleistungen in der Filiale sind selten, z.B.
könnte der Kundenberater Checklisten auf Papier vorrätig haben und sie dem Kunden
auf Wunsch abgeben.
Prozessarchitektur
97
Kooperationspartner der Bank sind in den Portalbetriebsprozess sowohl bei der Erstellung als auch bei der Pflege bzw. Aktualisierung von Inhalten involviert. Um die Zuverlässigkeit der Informationsbereitstellung und die Informationsqualität garantieren
zu können (vgl. Kapitel 3.1), müssen die Partner vollständig in den Portalbetriebsprozess integriert werden. Die Prozessspezifikation muss gemeinsam mit den Partnern
erfolgen, um nahtlose Prozessübergänge zu ermöglichen (vgl. „Volle Integration der
Partnerleistungen“, Kapitel 3.1.1).
Werden Infrastrukturleistungen wie z.B. Diskussionsforen oder Auktionen angeboten,
so müssen für jede dieser Leistungen die detaillierten Abläufe für Pflege und Administration spezifiziert werden. Soll ein Diskussionsforum z.B. moderiert sein, muss ein
entsprechender Teilprozess für die Entgegennahmen, Überprüfung und Freigabe von
Diskussionsbeiträgen vorhanden sein. Ausserdem muss z.B. durch geeignete Überwachungsprozesse sichergestellt werden, dass die Benutzer nicht illegale Inhalte erzeugen
oder gegen die Geschäftsinteressen des Portalbetreibers handeln.
Zusatzleistungen
Kernleistungen
Leistungen
Infrastrukturleistungen
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6.5.4 Individualisierte Zusatz- und Infrastrukturleistungen
Mensch-Mensch
herkömmlich
(z.B. Filiale)
Mensch-Mensch
neu
(z.B. Call Center)
Mensch-Maschine
(z.B. Web)
Vertriebskanäle
Abb. 6-19: Individualisierte Zusatz- und Infrastrukturleistungen
Individualisierte Zusatz- und Infrastrukturleistungen erlauben es dem Portalbetreiber,
besser auf die Bedürfnisse der einzelnen Kunden einzugehen. Dies ist vor allem bei
den Mensch-Maschine-Kanälen relevant, wo der Kunde normalerweise auf eine stan-
98
Prozessarchitektur
dardisierte Schnittstelle zugreift. Für die Erbringung dieser Leistungen ist der Kundenprozessunterstützungs-Prozess verantwortlich.
Eine wesentliche Aufgabe dieses Prozesses ist die personalisierte Bereitstellung von
Informationen über das Web. Die beiden involvierten Abläufe, welche bei der Ausgestaltung des Prozesses näher spezifiziert werden müssen, sind die Gewinnung von Personalisierungsinformationen über den Kunden, z.B. durch Abfrage von Präferenzen,
durch Analyse des Kauf- oder Surfverhaltens etc. und die Personalisierung der verfügbaren Inhalte, die wiederum von der Art der Inhalte und von den verfügbaren Kriterien
abhängen (vgl. „Personalisierung und Kundenprofile“, Kapitel 3.1.2).
Weitere individualisierte Leistungen sind stark abhängig vom konkret unterstützten
Kundenprozess. Eine enge Abstimmung der detaillierten Abläufe auf die Abläufe im
Kundenprozess ist hier erforderlich.
6.6 Konzeption eines Prozessportals für Erbschaft und Bestattung
Der Kundenprozess „Erbschaft und Bestattung“ dient im Folgenden als fiktives Beispiel, um das Ko nzept der Kundenprozesszentrierung und der Prozessportale näher zu
erläutern. Das Konzept der Kundenprozessorientierung bedingt, dass der Kundenprozess möglichst vollständig unterstützt wird. Im hier betrachteten Fall umfasst der Prozess daher sowohl Aufgaben, die der Erblasser zu Lebzeiten durchführt, um die Erbschaft möglichst gut vorzubereiten, als auch Aufgaben, welche die Erben bzw. die
Angehörigen im Zusammenhang mit der Bestattung des Erblassers und mit der Erbschaft durchzuführen haben.
Die folgenden Abschnitte beschreiben ein vollständiges Konzept zur Realisierung eines Prozessportals für die Unterstützung des Kundenprozesses „Erbschaft und Bestattung“ auf Prozessebene. Die zugehörige IS-Architektur ist in Kapitel 7.4 dargestellt.
Als Ausgangspunkt dient die Zerlegung des Prozesses in einzelne Aufgaben, wobei
zwischen Aufgaben des Erblassers vor seinem Tod und Aufgaben des Erben nach dem
Tod des Erblassers unterschieden wird (s. Abb. 6-20). Jede Aufgabe konsumiert und
produziert bestimmte Leistungen, die bei der Beschreibung der einzelnen Aufgaben
erläutert werden. Die Informationen über den Kundenprozess sind [Grün 1999;
Rix/Grümmer 1999] entnommen.
Ein Prozessportal muss diejenigen Leistungen erbringen, welche der Kundenprozess
konsumiert. Die Leistungen sind also die Grundlage für die Beschreibung des Prozessportals. Aus Sicht einer Bank, die ein solches Prozessportal betreiben könnte, wird für
die einzelnen Leistungen angegeben, ob die Bank die Leistung selbst erbringen kann
bzw. welche Partner erforderlich sind, um einzelne Leistungen zu erbringen. In jedem
Fall wird analysiert, welchen Aufwand und welchen Nutzen die Erbringung einzelner
Leistungen für die beteiligten Partner bedeutet.
Prozessarchitektur
99
Der Kundenprozess „Erbschaft und Bestattung“ wurde als Beispielprozess ausgewählt,
da die häufig nach einer Erbschaft anfallenden Fragen der Geldanlage oder Vermögensverwaltung in jedem Fall in den Kompetenzbereich der Banken fallen. Diese können somit beim Betrieb eines „Erbschaftsportals“ einen klaren Nutzen durch den Ve rkauf von Anlageprodukten erwarten. Der konkrete Aufwand und Nutzen für die Bank
als Portalbetreiber wird unten bei der Beschreibung der einzelnen Leistungen angegeben.
Erblasser
Erbe(n)
Kundenprozess
Erbschaft und Bestattung
Kundenprozess
Erbschaft und Bestattung
Beliebiger
Auslöser
Todesfall des
Erblassers
Vermögenssituation
analysieren
Arzt und Angehörige
benachrichtigen
Erbschaft/Schenkungen
steueroptimiert planen
Bestatter mit Überführung beauftragen
Testament / Erbvertrag erstellen
Sterbeurkunde
beantragen
Bestattung
planen
Bank, Arbeitgeber, Versicherungen informieren
Finanzierung der
Bestattung sicherstellen
Bestattung und
Trauerfeier organisieren
Schenkungsplan
durchführen
Gedenkstein anf. lassen,
Grabpflege organisieren
Veränderungen in
Planung einbeziehen
Testament beim
Amtsgericht einreichen
Todesfall
Prüfen, ob Erbschaft
angetreten werden soll
Erbschein beantragen
Bankverbindungen
regeln
Haushalt auflösen,
Verträge kündigen
Erbschaft antreten
Vermögen anlegen
Abb. 6-20: Kundenprozess „Erbschaft und Bestattung“
100
Prozessarchitektur
Die konkrete Realisierbarkeit eines Prozessportals für Erbschaft und Bestattung ist
abhängig von der Bank, die als Portalbetreiber auftritt, und von deren Umfeld.
Wesentlichen Einfluss haben z.B. die Struktur des vorhandenen Kundenstamms, die
Verfügbarkeit potenzieller Partner, die vorhandene Infrastruktur etc. Zur Überprüfung
der Machbarkeit müsste ein detaillierter Businessplan ausgearbeitet werden. Darauf
hat der Autor im vorliegenden Kontext verzichtet, da das Beispiel lediglich zur
Illustration des Konzeptes der Kundenprozessorientierung dient.
Der derzeit relativ geringe Anteil der Senioren an den Internetnutzern könnte ein Argument gegen die Wahl des Kundenprozesses „Erbschaft und Bestattung“ sein. Dem
ist erstens entgegenzuhalten, dass der Anteil der Senioren im Web laufend steigt. Bereits heute sind 13,9% der Internetnutzer über 50 Jahre alt [Fittkau & Maaß 2000].
Zweitens ist das Beispiel rein konzeptioneller Art und kann leicht auf andere Kundenprozesse übertragen werden.
6.6.1 Kundenprozess des Erblassers
Der Kundenprozess kann bereits lange vor dem Tod des Erblassers beginnen, nämlich
zu dem Zeitpunkt, zu dem dieser sich erstmals über seinen Nachlass Gedanken macht.
Eine Vielzahl von Auslösern ist hier möglich: Der Eintritt in den Ruhestand kann etwa
den Erblasser dazu bewegen, sich über seine Hinterlassenschaft Gedanken zu machen,
oder der Tod eines Angehörigen oder eines guten Freundes oder ein anderes Ereignis.
Auch kann z.B. die Bank den Erblasser im Rahmen seiner Vermögensplanung auf das
Thema Erbschaft ansprechen.
In seinem Kundenprozess kann der Erblasser Vorkehrungen treffen, um die Erbschaft
möglichst steuergünstig zu gestalten, um den Angehörigen die organisatorischen und
administrativen Aufgaben nach seinem Tod zu erleichtern und um sicherzustellen,
dass den Angehörigen seine Wünsche bezüglich Bestattung und Trauerfeier bekannt
sind. Die einzelnen Aufgaben im Kundenprozess des Erblassers werden in Anhang B.1
detailliert beschrieben.
6.6.2 Kundenprozess des Erben
Wenn auch der Erbe bereits im Kundenprozess des Erblassers in einzelnen Aufgaben
involviert sein kann, so beginnt der eigentliche Kundenprozess des Erben mit dem Tod
des Erblassers. Es fallen eine Vielzahl von organisatorischen und administrativen Aufgaben an, die in der Regel von einem nahen Angehörigen des Verstorbenen durchgeführt werden. Meist wird dieser Angehörige gleichzeitig Erbe bzw. einer der Erben
sein, so dass im Folgenden vom Kundenprozess des Erben gesprochen wird und der
Erbe als Aufgabenträger auftritt. Die einzelnen Aufgaben im Kundenprozess des Erben werden in Anhang B.2 detailliert beschrieben.
Prozessarchitektur
101
6.6.3 Übersicht über Aufgaben und Leistungen
Die oben beschriebenen Aufgaben des Kundenprozesses sowie die von diesen Aufgaben konsumierten Leistungen werden in der folgenden Tabelle zusammengefasst dargestellt. Die einzelnen Leistungen werden in Abschnitt 6.6.4 detailliert beschrieben.
Aufgabe im KundenKonsumierte Leistungen
prozess des Erblassers
Vermögenssituation ana- ?? Checkliste und Strukturierungshilfe zur Vermögenslysieren
aufstellung
?? Kontoauszüge, Depotauszüge, Versicherungspolicen,
andere Belege über extern verwaltete Vermögenswerte
?? Rechnungen, Wertschätzungen
Erbschaft und Schenkun- ?? Vermögensübersicht
gen steueroptimiert pla?? Checkliste zur Erbschaftsplanung
nen
?? Informationen über rechtliche Rahmenbedingungen
(gesetzliche Erbfolge, Pflichtteile, Erbschaftsste uer/Freibeträge etc.)
?? Informationen über steuerliche Optimierungsmöglichkeiten
?? Steuerrechtliche Beratung
Testament / Erbvertrag
?? Erbschaftsplan
erstellen
?? Checkliste zur Erstellung von Testamenten und Erbverträgen
?? Informationen über rechtliche Rahmenbedingungen
(Pflichtteile, eigenhä ndiges Testament, öffentliches
Testament)
?? Mustertestamente
?? Verzeichnis zuständiger Notare
?? Notarielle Dienstleistungen
Bestattung planen
?? Checkliste zur Bestattungsplanung
?? Verzeichnis von Friedhöfen, Kapellen, Kirchen und
Orten für weltliche Trauerfeiern, Rednern
?? Verzeichnis von Bestattungsunternehmen
?? Katalog von Särgen, Urnen etc.
Finanzierung der Bestat?? Plan für Bestattung und Trauerfeier
tung sicherstellen
?? Angebot oder Kostenaufstellung für Bestattung
?? Finanzprodukte (Anlageprodukt, Versicherung)
Schenkungsplan durch?? Schenkungsplan
führen
?? Erinnerung an Schenkungstermin
Veränderungen in Pla?? Vermögensübersicht
102
Prozessarchitektur
Aufgabe im KundenKonsumierte Leistungen
prozess des Erblassers
nung einbeziehen
?? Erbschaftsplan
?? Schenkungsplan
?? Testament / Erbvertrag
?? Plan für Bestattung und Trauerfeier
?? Informationen über rechtliche Änderungen
Tabelle 6-7: Aufgaben und Leistungen im Kundenprozess des Erblassers
Aufgabe im Kundenprozess des Erben
Arzt und Angehörige benachrichtigen
Bestatter mit Überführung
beauftragen
Sterbeurkunde beantragen
Bank, Arbeitgeber, Versicherung informieren
Bestattung und Trauerfeier organisieren
Gedenkstein anfertigen
lassen, Grabpflege organisieren
Konsumierte Leistungen
?? Telefonnummer des Hausarztes oder Notarztes
??
??
??
??
??
??
??
??
??
??
??
??
??
??
??
??
??
??
??
??
??
??
??
Checkliste für Bestattung
Plan für Bestattung und Trauerfeier
Verzeichnis von Bestattungsunternehmen
Checkliste für Bestattung
Plan für Bestattung und Trauerfeier
Adresse des zuständigen Standesamtes
Totenschein
Dokumente des Verstorbenen (Personalausweis,
Geburtsurkunde etc.)
Checkliste für Bestattung
Plan für Bestattung und Trauerfeier
Bankverbindungen und Versicherungsverträge des
Erblassers
Adresse des Arbeitsgebers
Sterbeurkunde
Checkliste für Bestattung
Plan für Bestattung und Trauerfeier
Verzeichnis von Bestattungsunternehmen
Katalog von Särgen, Urnen etc.
Adressen der Empfänger der Trauerbriefe
Verzeichnis von Tageszeitungen für Traueranzeigen
Checkliste für Besta ttung
Plan für Bestattung und Trauerfeier
Verzeichnis von Steinmetzen
Verzeichnis von Grabpflege-Dienstleistern
Prozessarchitektur
103
Aufgabe im KundenKonsumierte Leistungen
prozess des Erben
Testament beim Amtsge- ?? Checkliste für Erbschaften
richt einreichen
?? Testament
Prüfen, ob Erbschaft a n?? Checkliste für Erbschaften
getreten werden soll
?? Testament
?? Unterlagen über die Vermögenssituation des Erblassers
Erbschein beantragen
?? Checkliste für Erbschaften
Bankverbindungen regeln ?? Checkliste für Erbschaften
?? Erbschein
Haushalt auflösen, Ver?? Checkliste für Bestattung
träge kündigen
?? Plan für Bestattung und Trauerfeier
?? Bestehende Verträge etc. des Erblassers
?? Verzeichnis von Unternehmen für die Haushaltsauflösung
Erbschaft antreten
?? Checkliste für Erbschaften
?? Erbschein
?? Testament
?? Erbvertrag
Vermögen anlegen
?? Checkliste zur Anlage von Erbschaften
?? Beratungsleistungen zur Geldanlage
Tabelle 6-8: Aufgaben und Leistungen im Kundenprozess des Erben
104
Prozessarchitektur
6.6.4 Leistungen des Prozessportals
Partner
Bank
Kunde
Erbschaft &
Bestattung
CRM
Anwaltsbüro
Rechtl. Informationen
und Checklisten
Marketing
Rechtliche
Informationen
Rechtsberatung
Verkauf
Notar
Bestattungsunternehmen
Notarielle
Dienstleistungen
Checklisten zu
Bestattungsfragen
...
Verzeichnisse und
Kataloge
Checklisten
Service
Leistungserstellung
Produktentwicklung
Bestattungsdienstleistungen
Portalbetrieb
Rechts- und
Steuerberatung
Musterverträge
und -testamente
Verzeichnisse
v. Dienstleistern
Notarielle Dienstleistungen
Produktkataloge
(Särge, Urnen ...)
Pers. Informationen
des Erblassers
Anlageberatung
und -produkte
Erbschaft
planen
Bestattung
planen
Tod des
Erblassers
Bestattung
organisieren
Erbschaft
antreten
Vermögen
anlegen
Kundenprozessunterstützung
Abb. 6-21: Prozessportal für Erbschaft und Bestattung
Ein Prozessportal, das den oben beschriebenen Kundenprozess unterstützen soll, muss
alle Leistungen erbringen, die von diesem Kundenprozess konsumiert werden. In der
Regel verfügt der Betreiber eines Prozessportals nicht über alle Kompetenzen, die zur
Erbringung dieser Leistungen erforderlich sind. Aus diesem Grund bindet der Betreiber verschiedene spezialisierte Partner als Leistungserbringer in das Prozessportal ein.
Abb. 6-21 enthält eine vereinfachte schematische Darstellung der Prozessarchitektur.
Abb. 6-22 zeigt einen Überblick über die Leistungen, die ein Prozessportal für Erbschaft und Bestattung an den Kundenprozess erbringt. Die Leistungen sind gemäss der
Klassifikation in Kapitel 6.2 in Kern-, Zusatz- und Infrastrukturleistungen sowie in
standardisierte und individualisierte Leistungen gegliedert.
105
Zusatzleistungen
Infrastrukturleistungen
Prozessarchitektur
Verwahrung persönlicher Unterlagen:
Plan für Bestattung und Trauerfeier
Telefonnummer des Hausarztes oder Notarztes
Bankverbindung und Versicherungsverträge des
Erblassers
Adresse des Arbeitgebers
Adressen der Empfänger der Trauerbriefe
Bestehende Verträge des Erblassers
Kundenprozessspezifische Fachinformationen:
Rechtliche Rahmenbedingungen
Steuerliche Optimierungsmöglichkeiten
Checklisten:
Vermögensaufstellung
Erbschaftsplanung
Erstellung von Testamenten und Erbverträgen
Bestattungsplanung, Bestattung
Erbschaften, Anlage von Erbschaften
Verzeichnisse externer Partner:
Zuständige Notare, Zuständige Standesämter
Bestattungsunternehmen
Friedhöfe, Kapellen, Kirchen, Orte für weltliche
Trauerfeiern, Redner
Tageszeitungen f. Traueranzeigen
Steinmetze, Grabpflege-Dienstleister
Unternehmen für die Haushaltsauflösung
Musterverträge, Musterdokumente:
Mustertestamente
Produktinformationen von Drittanbietern:
Katalog von Särgen, Urnen etc.
Kernleistungen
Finanzprodukte – Produktinformationen
Standardisiert
Ereignisgesteuerte Benachrichtigung:
Erinnerung an Schenkungstermin
Informationen über rechtliche Änderungen
Beratung, Angebot, Vertrag:
Finanzprodukte (Finanzierung der Bestattung)
Anlageprodukte
Belege:
Kontoauszüge
Depotauszüge
Versicherungspolicen
Belege über extern verwaltete Vermögenswerte
Rechnungen
Wertschätzungen
Individualisiert
Abb. 6-22:Leistungen des Prozessportals für Erbschaft und Bestattung
Die einzelnen Leistungen werden in Anhang B.3 beschrieben. Portalbetreiber ist bei
diesen Betrachtungen eine im Privatkundengeschäft tätige Bank. Leistungen, die vom
Kundenprozess produziert und wi eder konsumiert werden, sind in der Aufstellung
nicht berücksichtigt.
6.6.5 Prozesse des Portalbetreibers
Bei der Bank als Portalbetreiber sind die Customer Relationship Managementprozesse
Marketing, Verkauf und Service sowie die Prozesse Portalbetrieb, Kundenprozessunterstützung und Produktentwicklung für die Erbringung bzw. Bereitstellung der
Leistungen verantwortlich. Neben der Bereitstellung allgemeiner Produktinformationen dient der Marketingprozess dazu, Kunden für das Prozessportal zu gewinnen. Diese Aufgabe der Kundengewinnung wird im Folgenden nicht näher betrachtet, weil dies
keine direkte Leistung zur Unterstützung des Kundenprozesses darstellt.
106
Prozessarchitektur
Anwaltsbüro
Bank
Kunde
Diverse Checklisten,
Mustertestamente und -verträge
Verschiedene
Rechts- und Steuerinformationen
Prozesse
Checklisten, Verzeichnisse,
Kataloge
Verschiedene
Prozesse
Inhaltliche
Portalanfordrungen
Produktentwicklung
Bestattungsunternehmen
Produktinformationen
Notar
Checklisten und
Basisinformationen
Portalbetrieb
Verzeichnisse versch.
Anbieter und Ämter
Unterstützung f.
Vermögensaufstellung
Vermögensaufstellung
Anlageberatung
Verkauf
Kundenprozess
Anlageprodukte
Erbschaft
&
Bestattung
Marketing
Verschiedene
Prozesse
Service
Belege über Vermögenswerte
Prozess
Kunden- Erinnerung an Schenkungstermin
prozessPersönliche Informationen
unterstützung
Leistung
Dienstleistungen für Bestattung und Trauerfeier
Notarielle Dienstleistungen
Steuer- und erbschaftsrechtliche Beratung
Abb. 6-23: Prozessarchitektur des Prozessportals für Erbschaft und Bestattung
Teilweise erstellt die Bank die Leistungen des Prozessportals selbst, weil sie entweder
zu den Kernkompetenzen der Bank gehören oder weil die Neutralität der Bank gegenüber Drittanbietern erforderlich ist. Dies ist zum Beispiel bei verschiedenen Anbieterverzeichnissen relevant. Andere Leistungen bezieht die Bank von spezialisierten Drittanbietern, im hier betrachteten Kundenprozess zum Beispiel von Anwaltsbüros oder
Bestattungs unternehmen. Die Drittanbieter erbringen diese Leistungen entweder über
das Prozessportal oder direkt an den Endkunden, wobei das Prozessportal die Vermittlerrolle innehat. Checklisten und andere Informationsangebote zum Beispiel werden in
der Regel direkt im Prozessportal bereitgestellt, während individuelle Beratungsleistungen vom Prozessportal nur vermittelt werden können, aber direkt erbracht werden
müssen. Abb. 6-23 zeigt die wichtigsten Prozesse und Leistungen aller am Prozessportal beteiligten Partner.
Während die Prozesse Marketing und Portalbetrieb als bankgesteuerte Prozesse aus
dem Prozessmodell weitgehend unverändert übernommen werden können, müssen die
kundengesteuerten Prozesse Verkauf, Service und Kundenprozessunterstützung dem
konkreten Kundenprozess angepasst werden (vgl. Kapitel 6.3.2).
Sowohl beim Kundenprozess als auch bei den bankseitigen Prozessen handelt es sich
um schwach strukturierte, wissensintensive Prozesse. Die einzelnen Aufgaben stehen
daher nicht in einer eindeutigen Reihenfolge. Die Aufgabenkette ist als typischer Ablauf zu verstehen, der in den meisten Einzelfällen modifiziert wird. Die Darstellung
Prozessarchitektur
107
der Prozesse erfolgt dennoch mit Aufgabenkettendiagrammen, wobei die Pfeile keine
strenge zeitliche Abfolge bezeichnen, sondern typische Pfade und Abhängigkeiten angeben.
Abb. 6-24 zeigt ein Aufgabenkettendiagramm des Verkaufsprozesses, welches für die
Unterstützung des Kundenprozesses „Erbschaft und Bestattung“ angepasst wurde. Die
Aufgaben des Verkaufsprozesses von „Kundenbedarf analysieren“ bis „Vertrag abschliessen“ werden in etwa zweimal durchlaufen: Einmal im Prozess des Erblassers,
der Finanzprodukte für Schenkungen und zur Vorsorge für die Bestattungskosten benötigt, und einmal im Prozess des Erben, der sein ererbtes Vermögen anlegen möchte.
108
Prozessarchitektur
Bank
Prozess Verkauf
Erblasser und Erben
Erbschaft und Bestattung
Kundenbedarf
analysieren
Vermögenssituation
analysieren
Beratungsempfehlung
Erbschaft/Schenkungen
steueroptimiert planen
Produkte
präsentieren
Testament / Erbvertrag erstellen
Individuelles
Angebot erstellen
Konditionen
vereinbaren
Vertrag
abschliessen
Bestattung
planen
Finanzierung der
Bestattung sicherstellen
Schenkungsplan
durchführen
Veränderungen in
Planung einbeziehen
Todesfall des
Erblassers
Arzt und Angehörige
benachrichtigen
Bestatter mit Überführung beauftragen
Sterbeurkunde
beantragen
Bank, Arbeitgeber, Ver sicherungen informieren
Bestattung und
Trauerfeier organisieren
Gedenkstein anf. lassen,
Grabpflege organisieren
Testament beim
Amtsgericht einreichen
Prüfen, ob Erbschaft
angetreten werden soll
Erbschein beantragen
Bankverbindungen
regeln
Haushalt auflösen,
Verträge kündigen
Erbschaft antreten
Vermögen anlegen
Abb. 6-24: Verkaufsprozess im Prozessportal für Erbschaft und Bestattung
Abb. 6-25 illustriert den Serviceprozess und den KundenprozessunterstützungsProzess im Zusammenhang mit dem Kundenprozess „Erbschaft und Bestattung“. Der
Serviceprozess unterstützt den Kundenprozess des Erblassers durch die Bereitstellung
von Belegen, die zur Vermögensaufstellung benötigt werden. Für den Erben übernimmt er die Aufgaben der Kontensperrung und Kontenübertragung, die im Rahmen
der Erbschaft anfallen. Diese Aufgaben wurden gegenüber dem allgemeinen Prozess-
Prozessarchitektur
109
modell ergänzt. Die Kundenprozessunterstützung verwaltet die Erbschafts- und Bestattungsplanung des Erblassers und informiert diesen über fällige Schenkungstermine
sowie über Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen. Ausserdem ist die Kundenprozessunterstützung für die Verwahrung von persönlichen Dokumenten des Erblassers zuständig, die dann nach seinem Tod dem Erben zur Verfügung gestellt we rden. Dies sind z.B. ein persönlicher Plan für Bestattung und Trauerfeier und die
Telefonnummer des Hausarztes.
110
Prozessarchitektur
Bank
Bank
Prozess Kundenprozessunterstützung
Prozess Service
Bank
Auftrag
entgegennehmen
Prozess
Leistungserstellung
Auftragsausführung auslösen
Belege
bereitstellen
Präferenzen u.
Dokumente
speichern
Erbschaft/Schenkungen
steueroptimiert planen
Testament / Erbvertrag erstellen
Bestattung
planen
Kunden
benachrichtigen
Finanzierung der
Bestattung sicherstellen
Schenkungsplan
durchführen
Veränderungen in
Planung einbeziehen
Todesfall des
Erblassers
Termin gemäss
Schenkungsplan
Arzt und Angehörige
benachrichtigen
Regelmässig
Ereignisse prüfen
Bestatter mit Überführung beauftragen
Sterbeurkunde
beantragen
Erinnerung an
Schenkungsplan
Konten sperren
Über rechtliche
Änderungen
informieren
Vermögenssituation
analysieren
Benachrichtigung
entgegennehmen
Persönliche
Informationen
bereitstellen
Anwaltsbüro
Erblasser und Erben
Erbschaft und Bestattung
Information über
Änderungen
Bank, Arbeitgeber, Ver sicherungen informieren
Bestattung und
Trauerfeier organisieren
Gedenkstein anf. lassen,
Grabpflege organisieren
Testament beim
Amtsgericht einreichen
Prüfen, ob Erbschaft
angetreten werden soll
Erbschein beantragen
Konten übertragen
Bankverbindungen
regeln
Haushalt auflösen,
Verträge kündigen
Erbschaft antreten
Vermögen anlegen
Abb. 6-25: Prozesse Service und Kundenprozessunterstützung im Prozessportal
für Erbschaft und Bestattung
Der weitgehend standardisierte Portalbetriebsprozess ist in Abb. 6-26 dargestellt. Er ist
für die Beschaffung, Erstellung und Bereitstellung der Portalinhalte zuständig. Dazu
koordiniert er einerseits die Inhaltserstellung externer Partner und veranlasst andererseits die interne Erstellung von Inhalten. Die vom Marketingprozess bereitgestellten
Produktinformationen bzgl. Bankprodukten werden dabei aus Prozesssicht wie die
Prozessarchitektur
111
Informationen der externen Partner behandelt. Einmal erstellte Inhalte werden im Portal bereitgestellt und stehen dem Kunden zu beliebigen Zeitpunkten zur Verfügung.
Die Nutzung des Portals durch den Kunden erfordert bei der Bank keine weiteren Aktivitäten. Der Portalbetriebsprozess ist zusätzlich dafür verantwortlich, die Inhalte zu
pflegen und so die Aktualität sicherzustellen. Auch bei der Pflege ist die Koordination
der externen Partner und die interne Pflege der eigenen Inhalte erforderlich.
Bank
Bank
Kunde
Prozess
Produktentwicklung
Prozess Portalbetrieb
Kundenprozess
Portalvorgaben
bereitstellen
Bank
Interne Erstellungsmöglichkeit prüfen
Portalinhalte
extern beschaffen
Portalinhalte
erstellen
Prozess
Marketing
Informationsbereitstellung
Anwaltsbüro
Checklisten,
Informationsmaterial
bereitstellen
Portal
nutzen
Checklisten,
Informationsmaterial
pflegen
Bestattungsunternehmen
Checklisten, Verzeichnisse, Kataloge
bereitstellen
Portalinhalte
bereitstellen
Checklisten, Verzeichnisse, Kataloge
pflegen
Portalinhalte
pflegen
Abb. 6-26: Portalbetriebsprozess im Prozessportal für Erbschaft und Bestattung
112
IS-Architektur
7 IS-Architektur
Die IS-Architektur beschreibt Funktionen, Daten und Applikationen (s. Kapitel 4.1).
Die meisten Funktionen sind vom konkreten Kundenprozess abhängig, z.B. könnte der
Kundenprozess „Immobilienerwerb“ Checklisten für die Immobilienauswahl und ein
Verzeichnis von Hypotheken erfordern. Diese kundenprozessabhängigen Funktionen
können jedoch verallgemeinert werden, indem z.B. eine generische Checklistenfunktion bereitgestellt wird, welche die Immobilienauswahl genauso unterstützen kann
wie etwa die Autoauswahl; ein allgemeiner Produktkatalog kann genauso für Hypotheken wie z.B. für Autozubehör eingesetzt werden. Die Anforderungen an eine ISArchitektur für CRM und Prozessportale werden im Folgenden kundenprozessunabhängig spezifiziert.
Als Grundlage für die Spezifikation der Anforderungen dient die Analyse von verfügbarer Standardsoftware sowie von Lösungen bei Anwendern. Die in Kapitel 7.3.3 beschriebenen Standardapplikationen der Hersteller SAP, Oracle, Siebel und Uniquare
wurden als Beispiele für typische Vertreter von CRM-Standardsoftware ausgewählt
und auf funktionaler Ebene analysiert. Ausserdem flossen die funktionalen Betrachtungen aus [Wilde/Hippner 2000] und aus [Jansen 2000, S.96ff.] in die Analyse ein.
Auf Anwenderseite wurden geplante und bestehende Lösungen bei Partnerunternehmen des CC BKM und CC CRM (s. Kapitel 1.3) betrachtet. Die verschiedenen resultierenden Funktionsarchitekturen wurden konsolidiert und mit einer einheitlichen
Terminologie versehen. Unabhängig von der Softwareanalyse wurden von den in Kapitel 5 beschriebenen Leistungen und Prozessen die Anforderungen an die unterstützenden IS-Funktionen abgeleitet. Die konsolidierte Funktionsarchitektur wurde nun so
ergänzt, dass sie alle diese Anforderungen abdeckt.
Kapitel 7.1 beschreibt die Funktionen und Daten der resultierenden Funktionsarchitektur allgemein, ohne auf konkrete Applikationen einzugehen. Kapitel 7.2 zeigt
den Einfluss typischer Projektszenarien auf die Gestaltung der Funktionsarchitektur
beim Einsatz in Praxisprojekten. Kapitel 7.3 stellt verschiedene Applikationstypen vor,
welche die beschriebenen Funktionen abdecken. Schliesslich werden die Applikationslandschaften verschiedener Hersteller und Anwender exemplarisch beschrieben.
7.1 Funktionen und Daten
7.1.1 Beschreibungsraster
Das einheitliche Beschreibungsraster für die Funktionen der IS-Architektur beinhaltet
die folgenden Elemente:
?? Verbale Beschreibung der Funktion
IS-Architektur
113
?? Spezifikation der Datenbestände, auf welche die Funktion zugreift
?? Zuordnung der Datenzugriffe zu den Kategorien „analytisch“, „operativ“ und „kollaborativ“
?? Spezifikation der unterstützten Prozesse
?? Nennung der Vertriebskanäle, für welche die Funktion relevant ist (vgl. Kapitel
6.4)
7.1.1.1 Datenbestände
Die IS-Funktionen greifen auf verschiedene Datenbestände zu. Die Funktionen sind
dabei nicht auf die Daten ausgerichtet (z.B. Kundendaten lesen, erfassen, ändern, löschen), sondern sie orientieren sich an den Prozessen, die sie unterstützen. Beispielsweise benötigt eine Funktion zur Unterstützung der Planung von Marketingkampagnen
Zugriff sowohl auf Kundendaten zur Selektion der Adressaten der Kampagnen als
auch auf Produktdaten zur Erstellung des Werbematerials für die Kampagne sowie
ggf. auf Marktdaten zur Berücksichtigung von Konkurrenten und anderen externen
Rahmenbedingungen. Die folgende Auflistung beschreibt eine grobe Gruppierung der
benötigten Datenbestände. Die einzelnen Bestände sind nicht als Entitäten oder Objekte im Sinne eines Datenmodells zu verstehen, sondern als übergeordnete, logische Zusammenfassung verschiedener solcher Einzelelemente.
?? Kundendaten: Kundendaten beinhalten kundenbezogene Stammdaten (Name, Adresse, Zusatzinformationen, …), Transaktionsdaten (Käufe, Zahlungen, Kontobewegungen, …) und Kontaktdaten (Telefonate, Vertreterbesuche, Briefe, …) [vgl.
Davenport 1998]. Transaktionsdaten und ein Teil der Stammdaten werden i.d.R.
aus operativen Systemen (z.B. SAP R/3 oder hostbasiertes Bankenabwicklungssystem) bezogen.
?? Produktdaten: Produktdaten beinhalten vollständige Informationen über angebotene Produkte und Dienstleistungen. Dazu gehören Produktbeschreibungen für Kunden und für Mitarbeiter, Verkaufsargumente, Abwicklungsinformationen, Konditionen und Preise etc.
?? Kampagnendaten: Kampagnendaten beinhalten Informationen über Marketingkampagnen. Dazu gehören Listen der Adressaten, Kampagnenunterlagen, Zielvo rgaben, Angaben über Rückläufe und Ergebnisse statistischer Auswertungen.
?? Partnerdaten: Partnerdaten beinhalten Adressen und weitere Informationen über
Geschäftspartner. Dazu gehören sowohl Lieferanten als auch andere Partner, z.B.
Vertriebspartner oder Partner im Rahmen eines Prozessportals.
?? Mitarbeiterdaten: Mitarbeiterdaten beinhalten Informationen über Mitarbeiter in
CRM-bezogenen Bereichen (Marketing, Vertrieb, Service). Dazu gehören Mitar-
114
IS-Architektur
beiterstammdaten, die i.d.R. aus operativen Systemen bezogen werden, sowie Informationen über Zuständigkeiten (Kunden, Regionen), Aktivitäten, Termine etc.
?? Marktdaten: Marktdaten beinhalten Informationen über das wirtschaftliche Umfeld, z.B. Börsenkurse, Unternehmensportraits, Konkurrenteninformationen,
Marktstudien etc.
?? Fachwissen: Fachwissen beinhaltet Basisinformationen, die zur Abwicklung des
täglichen Geschäfts erforderlich sind. Dazu gehören allgemeine fachliche Hintergrundinformationen, Wissen über den Kundenprozess, Informationen über mögliche Probleme und Lösungen, Informationen zu Marketing- und Verkaufstechniken,
etc.
?? Kommunikationsdaten: Kommunikationsdaten fassen meist temporäre Datenbestände zusammen, welche die Kommunikation zwischen Kunden und Mitarbeitern
unterstützen. Dazu gehört z.B. die Speicherung von E-Mails, Diskussionsbeiträgen
oder Chatbeiträgen während des eigentlichen Kommunikationsvorganges.
7.1.1.2 Kategorisierung der Datenzugriffe
Die Datenzugriffe können den drei Bereichen „Operatives CRM“, „Analytisches
CRM“ und „Kollaboratives CRM“ zugeordnet werden [vgl. Schwede 2000, S.8]:
?? Operative Datenzugriffe lesen, erzeugen und verändern CRM-bezogene Datenbestände wie z.B. Kundendaten (Kontakte, Stammdaten) oder Aktivitäten.
?? Analytische Datenzugriffe greifen lesend auf operative Datenbestände zu (z.B.
Transaktionsdaten), entweder direkt auf operative Systeme oder auf ein Data Warehouse, die dann den Anforderungen der unterstützten Aufgabe entsprechend analysiert werden. Die Analyseergebnisse werden wiederum abgelegt, z.B. in Data
Marts.
?? Kollaborative Datenzugriffe greifen lesend und schreibend auf Kommunikationsdaten zu und unterstützen somit die Kommunikation zwischen den verschiedenen
beteiligten Personen.
IS-Funktionen können meist nicht direkt einer der drei Kategorien zugeordnet werden.
Im Bereich der Marketing Automation erfolgen beispielsweise sowohl analytische
Zugriffe (z.B. zur Auswertung der operativen Daten und Generierung von Adressatenlisten) als auch operative Zugriffe (z.B. zur Verwaltung der Kampagne) [vgl. Schwede
2000, Abb. 1]. Aus diesem Grund werden im Folgenden nicht die Funktionen selbst,
sondern die einzelnen Datenzugriffe den Kategorien zugeordnet.
IS-Architektur
115
7.1.2 IS-Funktionen
Die folgende Aufstellung enthält diejenigen Funktionen, welche die CRM-Prozesse
Marketing, Verkauf und Service sowie die Portalprozesse Kundenprozessunterstützung und Portalbetrieb unterstützen (vgl. Kapitel 6.3). Bei den IS-Funktionen
kann man grundsätzlich unterscheiden zwischen kanalunabhängigen und kanalspezifischen Funktionen: Kanalunabhängige Funktionen unterstützen die Prozesse unabhängig davon, welcher Vertriebskanal für den Kundenkontakt genutzt wird. Ein Beispiel für eine solche Funktion ist das Kundenmanagement, auf das in allen Prozessen
und Kanälen zugegriffen wird. Kanalspezifische Funktionen unterstützen die Prozesse
nur beim Einsatz bestimmter Vertriebskanäle. Zum Beispiel stellt die Call CenterUnterstützung Funktionen bereit, die der Call Center-Mitarbeiter bei der Durchführung
der Telefongespräche nutzen kann. Abb. 7-1 gibt einen Überblick über den kanalunabhängigen Teil der IS-Funktionsarchitektur, Abb. 7-2 zeigt die kanalspezifischen Funktionen.
Prozesse
Marketing
Verkauf
Service
Andere
Kampagnenmanagement
Kundenbedarfsanalyse
Service Request
Management
Kundensegmentierung
Produktkonfiguration
Service-Logistik
Angebotsmanagement
Servicevertragsverwaltung
Auftrags-/Vertragsmanagement
Beschwerdemanagement
Kanalunabhängige
Funktionen
Kanäle
Kundentransaktionen
Kundenmanagement
Opportunitymanagement
Verwaltung von
Basisinformationen
Produktkatalog
Abb. 7-1: Übersicht über kanalunabhängige Funktionen
Analysen und
Berichte
116
IS-Architektur
Prozesse
Alle
Service
Kanäle
MehrstufenKanäle
Portalbetrieb
Partner Relationship
Management
Call CenterUnterstützung
MenschMensch
Beraterarbeitsplatz
MailingUnterstützung
MaschineMensch
Web Publishing
Personalisierte
Informationen
Electronic
Banking
Auktionen,
Marktplatz
Linksammlungen
Elektronischer
Auftrag u. Zahlung
MaschineMaschine
CommunityFunktionen
HomebankingUnterstützung
Abb. 7-2: Übersicht über kanalspezifische Funktionen
Anhand der oben spezifizierten Kriterien werden im Folgenden die einzelnen ISFunktionen detailliert beschrieben. Zunächst werden diejenigen Funktionen betrachtet,
die einen bestimmten Prozess unterstützen. Anschliessend folgt eine Beschreibung der
Funktionen, die zur Unterstützung mehrerer Prozesse dienen.
Zur Charakterisierung wird bei jeder Funktion angegeben, in welcher Art die Funktionen auf die einzelnen Datenbestände zugreifen. Ein mit „X“ markierter Zugriff bezeichnet dabei eine verändernde Transaktion, während ein mit „x“ markierter Zugriff
eine ausschliesslich lesende Transaktion bedeutet.
7.1.2.1 Marketingfunktionen
Abb. 7-3 illustriert die IS-Unterstützung des Marketingprozesses. Jeder einzelnen
Aufgabe des Prozesses sind die unterstützenden IS-Funktionen zugeordnet. Die Funktionen Kampagnenmanagement und Kundensegmentierung unterstützen ausschliesslich den Marketingprozess. Sie sind in Anhang C.1 detailliert beschrieben.
IS-Architektur
117
Kanalunabhängige Funktionen
Verwaltung von
Basisinformationen
Analysen und
Berichte
Kundensegmentierung
Bank
Prozess Marketing
Informations bereitstellung
Cross-Selling- u.
Event-Auswertung
Produktkatalog
Kampagneninitialisierung
Kampagnenmanagement
Kampagnendurchführung
Opportunitymanagement
Kundenmanagement
Analysen und
Berichte
Kanalspezifische Funktionen
Kundenkontaktierung
Kampagnenauswertung
Web Publishing
Beraterarbeitsplatz
MailingUnterstützung
Call CenterUnterstützung
Abb. 7-3: IS-Unterstützung des Marketingprozesses:
118
IS-Architektur
7.1.2.2 Verkaufsfunktionen
Abb. 7-4 illustriert die IS-Unterstützung des Verkaufsprozesses. Die kanalspezifischen
Funktionen unterstützen die Kundenkommunikation in allen Aufgaben des Prozesses.
Sie sind daher nicht einzelnen Aufgaben zugeordnet. Spezifisch für den Verkaufsprozess sind die Funktionen Kundenbedarfsanalyse, Produktkonfiguration, Angebotsmanagement und Auftrags-/Vertragsmanagement, deren Beschreibungen sich in Anhang
C.2 finden.
Kanalunabhängige Funktionen
Kundenmanagement
Opportunitymanagement
Kundenbedarfsanalyse
Bank
Prozess Verkauf
Vorbereitung auf
Kundenberatung
Kundenbedarf
analysieren
Web Publishing
Verwaltung von
Basisinformationen
Beratungsempfehlung
Produktkatalog
Produkte
präsentieren
Produktkonfiguration
Individuelles
Angebot erstellen
Angebotsmanagement
Auftrags-/Vertragsmanagement
Kundenmanagement
Opportunitymanagement
Kanalspezifische Funktionen
Konditionen
vereinbaren
Vertrag
abschliessen
Nachbearbeitung
u. Datenpflege
Personalisierte
Informationen
Call CenterUnterstützung
Beraterarbeitsplatz
Elektronische
Auftragserteilung
Elektronische
Zahlungsabwicklung
Abb. 7-4: IS-Unterstützung des Verkaufsprozesses
IS-Architektur
119
7.1.2.3 Servicefunktionen
Abb. 7-5 illustriert die IS-Unterstützung des Serviceprozesses. Einige der kanalspezifischen Funktionen unterstützen die Kundenkommunikation in allen Aufgaben des Prozesses und sind daher nicht einzelnen Aufgaben zugeordnet.
Ausschliesslich den Serviceprozess unterstützen die Funktionen Service Request Management, Servicelogistik, Servicevertragsverwaltung, Beschwerdemanagement und
Kundentransaktionen sowie die kanalspezifischen Funktionen Electronic Banking und
Homebanking-Unterstützung. Die Funktionen sind in Anhang C.3 ausführlich beschrieben.
Kanalunabhängige Funktionen
Bank
Kanalspezifische Funktionen
Prozess Service
Kundenmanagement
Service Request
Management
Anfrage
entgegennehmen
P
Servicelogistik
Servicevertragsverwaltung
Verwaltung von
Basisinformationen
Auskunft erteilen/
Servicetätigkeit
durchführen
Beschwerde
bearbeiten
Web Publishing
Personalisierte
Informationen
Produkt katalog
Beschwerden
auswerten
Call CenterUnterstützung
Beschwerdemanagement
Auftrag
entgegennehmen
Beraterarbeitsplatz
Analysen und
Berichte
Auftragsausführung auslösen
Kundentransaktionen
Benachrichtigung
entgegennehmen
Electronic
Banking
HomebankingUnterstützung
Kunden
benachrichtigen
Abb. 7-5: IS-Unterstützung des Serviceprozesses
120
IS-Architektur
7.1.2.4 Kundenprozessunterstützungs-Funktionen
Abb. 7-6 illustriert die IS-Unterstützung des Prozesses Kundenprozessunterstützung.
Keine der Funktionen unterstützt ausschliesslich diesen Prozess. Die prozessübergreifenden Funktionen sind in Anhang C.5 und C.6 beschrieben.
Kanalunabhängige Funktionen
Bank
Kanalspezifische Funktionen
Prozess
Kundenprozessunterstützung
Präferenzen u.
Dokumente
speichern
Persönliche
Informationen
bereitstellen
Personalisierte
Informationen
Kundenmanagement
Regelmässig
Ereignisse prüfen
Kunden
benachrichtigen
MailingUnterstützung
Call CenterUnterstützung
Abb. 7-6: IS-Unterstützung des Prozesses Kundenprozessunterstützung
IS-Architektur
121
7.1.2.5 Portalbetriebsfunktionen
Abb. 7-7 illustriert die IS-Unterstützung des Portalbetriebsprozesses. Die verschiedenen kanalspezifischen Funktionen unterstützen sowohl Erstellung als auch Bereitstellung und Pflege der Portalinhalte. Sie sind daher nicht den einzelnen Aufgaben zugeordnet.
Spezifisch zur Unterstützung des Portalbetriebsprozesses dienen die IS-Funktionen
Linksammlungen, Community-Funktionen, Internetauktionen und Marktplatz. Sie sind
in Anhang C.4 näher beschrieben.
Kanalunabhängige Funktionen
Bank
Prozess Portalbetrieb
Interne Erstellungsmöglichkeit prüfen
Produktkatalog
Verwaltung von
Basisinformationen
Portalinhalte
erstellen
Portalinhalte
extern beschaffen
Kanalspezifische Funktionen
Web Publishing
Linksammlungen
CommunityFunktionen
Internetauktionen
Marktplatz
Portalinhalte
bereitstellen
Portalinhalte
pflegen
Elektronische
Auftragserteilung
Elektronische
Zahlungsabwicklung
Abb. 7-7: IS-Unterstützung des Portalbetriebsprozesses
7.1.2.6 Prozessübergreifende Funktionen
Einige wichtige IS-Funktionen unterstützen mehrere Prozesse sowie verschiedene Ve rtriebskanäle. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung, damit man die Ziele des
Customer Relationship Management (vgl. Kapitel 2.1) erreichen kann, die eine Integration der Prozesse und der Vertriebskanäle beinhalten.
Zu den kanalunabhängigen, prozessübergreifenden Funktionen gehören Kundenmanagement, Opportunity-Management, Verwaltung von Basisinformationen, Produktkatalog sowie Analysen und Berichte, siehe Anhang C.5.
Die kanalspezifischen, prozessübergreifenden Funktionen sind Call Center-Unterstützung, Beraterarbeitsplatz, Mailing-Unterstützung, Web Publishing, Personalisierte
Informationsbereitstellung, elektronische Auftragserteilung, elektronische Zahlungs-
122
IS-Architektur
abwicklung und Partner Relationship Management. Sie sind in Anhang C.6 näher erläutert.
7.1.3 Unterstützungsfunktionen
Gemäss der in Kapitel 4.2 dargestellten Kategorisierung von Prozessen und Funktionen werden die oben beschriebenen Geschäftsfunktionen ergänzt um Unterstützungsfunktionen, auf welche die Unterstützungsprozesse (s. Kapitel 6.3.3) zugreifen. Analog
zu den Unterstützungsprozessen ist es nicht Bestandteil der Arbeit, die Unterstützungsfunktionen detailliert und vollständig zu beschreiben. Im Folgenden werden aber einige wichtige Unterstützungsfunktionen erläutert, wie sie auch häufig in CRMStandardsoftware zu finden sind.
Der Prozess Verkaufsunterstützung setzt u.a. folgende Funktionen ein:
?? Verkaufsführung
Die Verkaufsführung beinhaltet die Erstellung von Verkaufsstatistiken und
-berichten, die Überwachung von Zielvorgaben, das Management von Anreizen
und Provisionen und das Forecasting.
?? Aktivitätenmanagement
Das Aktivitätenmanagement ist zuständig für das Führen von Terminen in Einzelund Gruppenkalendern, für die Verwaltung von To -Do-Listen und für die Zuordnung und Delegation von Aktivitäten.
?? Gebietsmanagement
Das Gebietsmanagement erlaubt eine Zuordnung von Kunden oder Aktivitäten zu
Mitarbeitern nach geographischen Kriterien.
?? Spesenverwaltung
Die Spesenverwaltung ermöglicht den Mitarbeitern im Aussendienst eine einfache
Abrechnung der angefallenen Spesen.
Funktionen zur Unterstützung der Front-Office-Mitarbeiter in den CRM-Prozessen
werden meist in einem integrierten Beraterarbeitsplatz zusammengefasst. Der Beraterarbeitsplatz selbst zählt zwar zu den Geschäftsfunktionen, da er die Geschäftsprozesse
direkt unterstützt (s. Kapitel 7.1.2.6), er integriert aber Geschäfts- und Unterstützungsfunktionen und stellt diese dem Mitarbeiter strukturiert zur Verfügung. Die wesentliche Aufgabe des Beraterarbeitsplatzes ist es, dem Mitarbeiter Zugang zu allen relevanten Funktionen und Applikationen zu gewähren und ihm durch eine geeignete
Strukturierung die Navigation zu erleichtern.
Die Bildschirmmaske des Prototyps eines Beraterarbeitsplatzes für Banken ist in Abb.
7-8 abgebildet. Die Bildschirmmaske zeigt dem Benutzer alle relevanten Kundendaten
auf einen Blick (Stammdaten, Kontostände, Pendenzen, History, Produktnutzungsstatistik, …). Über die horizontale Navigationsleiste am oberen Rand kann der Berater
IS-Architektur
123
in verschiedene Teilprozesse wie z.B. Kundenanalyse oder Service-Anfrage direkt
einsteigen. Das vertikale Menü am linken Rand erlaubt einen schnellen, direkten
Sprung zu verschiedenen Funktionen wie z.B. Produktinformationen oder Kampagnenmanage ment. Der Beraterarbeitsplatz-Prototyp ist im Detail in [Schmid/Bach
2000c] dokumentiert. Im weitesten Sinne handelt es sich bei einem Beraterarbeitsplatz
um eine Wissensplattform. Das Thema Wissensplattformen wird in [Jansen 2000] detailliert behandelt.
Abb. 7-8: Prototyp eines CRM-Beraterarbeitsplatzes bei Banken
Einige Unterstützungsprozesse wie z.B. das Content Management, das Kundensegment management und das Kanalmanagement werden i.d.R. durch speziell dafür
konzipierte Anwendungen unterstützt. Ein Content Managementsystem stellt z.B.
Funktionen für Versionskontrolle, Archivierung, Metadatenverwaltung, WorkflowUnterstützung des Redaktionsprozesses, Content-Strukturierung etc. zur Verfügung
[vgl. Christ 2001].
Ebenfalls zu den Unterstützungsfunktionen zählen allgemeine, prozessunabhängige
Funktionen wie Suche, Site Map, Stichwortverzeichnis, Feedback-Formular etc. Diese
Funktionen können auf beliebigen Oberflächen eingesetzt werden, also z.B. im Beraterarbeitsplatz oder in einem Internetportal für die Kunden.
Prozessübergreifende Unterstützung bieten die Workflow-Funktionalitäten. Sie dienen
dazu, Prozessabläufe zu automatisieren und die standardisierte Durchführung der Ab-
124
IS-Architektur
läufe sicherzustellen [vgl. Österle/Vogler 1996]. Als Beispiel für eine WorkflowFunktion mit grafischer Oberfläche zeigt Abb. 7-9 die Workflow-Komponente der
Siebel-Standardsoftware (vgl. Kapitel 0).
Abb. 7-9: Workflow-Funktion von Siebel
Weitere Unterstützungsfunktionen technischer Art sind z.B. Synchronisations- und
Replikationsmechanismen, Computer Telephony Integration, Integration von OfficeAnwendungen und Upgrade-Funktionen. Neben den rein technischen Unterstützungsfunktionen auf IS-Ebene kommen auch organisatorische Instrumente zum Einsatz, um
Effizienz oder Qualität der Geschäftsprozesse zu verbessern. Aus dem Bereich des
Wissensmanagements seien hier zum Beispiel Knowledge Networks genannt, die den
direkten Austausch zu bestimmten Themen (z.B. Verkaufswissen) oder bestimmten
Fachfragen unterstützen. Das Thema Wissensmanagement wird in [Bach 2000; Thiesse 2001] ausführlich behandelt.
IS-Architektur
125
7.2 Gestaltungsdeterminanten
Wie bei der Prozessarchitektur handelt es sich auch bei der oben beschriebenen Funktionsarchitektur um ein generisches Modell, das nicht auf unternehmens- oder projektspezifische Besonderheiten eingeht. Analog den Gestaltungsdeterminanten auf Prozessebene (s. Kapitel 6.5) werden im Folgenden ein Vorschlag für Gestaltungsdeterminanten auf IS-Ebene dargestellt. Diese sollen den Zusammenhang zwischen
typischen Projektszenarien und den Anforderungen an die IS-Architektur darstellen.
Die IS-Funktionen zur Unterstützung von Mensch-Maschine-Kanälen werden auch
durch die in Kapitel 3.1 definierten Portalkriterien beeinflusst. Die Darstellung orientiert sich an möglichen Projektschritten einer Bank auf dem Weg zum Prozessportalbetreiber, wie sie in Kapitel 6.5 beschrieben sind.
Die Basis für die IS-Architektur bilden die in Abb. 7-1 aufgeführten kanalunabhängigen Funktionen. Diese unterstützen die grundlegenden CRM-Prozesse und
sind in allen Entwicklungsstufen erforderlich. Unterschiedliche Anforderungen sind
vor allem bei den kanalspezifischen Funktionen erkennbar.
7.2.1 Kernleistungen über herkömmliche Mensch-Mensch-Kanäle
Eine klassische Bank, die ausschliesslich Kernleistungen über herkömmliche MenschMensch-Kanäle anbietet, benötigt im Wesentlichen einen Beraterarbeitsplatz, welcher
den Mitarbeitern den Zugriff auf alle kanalunabhängigen Funktionen und damit auch
auf alle Datenbestände ermöglicht (vgl. auch Kapitel 7.1.3). Der Beraterarbeitsplatz
sollte prozessorientiert gestaltet sein und den Benutzer durch die verschiedenen Abläufe führen. Zur Unterstützung des Kampagnenmanagements kann zusätzlich die Funktion Mailing-Unterstützung zum Einsatz kommen, damit die Aussendung von Werbesendungen auf dem Postweg im Rahmen von Marketing-Kampagenen erleichtert wird.
7.2.2 Kernleistungen über neue Kanäle
Erweitert die Bank ihre Kernleistungen auf neue Mensch-Mensch-Kanäle (Contact
Center) und auf Mensch-Maschine-Kanäle, so sind zusätzliche kanalspezifische Funktionen erforderlich. Die Call Center-Unterstützung ähnelt dem Beraterarbeitsplatz, ist
jedoch den spezifischen Gegebenheiten des Call Centers angepasst. Insbesondere beinhaltet sie Funktionen zur detaillierten Gesprächsführung (Call Scripting).
Wird eine Unterstützung des Web realisiert, so sind die IS-Funktionen Web Publishing, Elektronische Auftragserteilung und Electronic Banking erforderlich. Das Web
Publishing unterstützt die Bereitstellung von Informationen im Web und damit in erster Linie den Marketingprozess. Die elektronische Auftragsterteilung dient der Unterstützung des Verkaufsprozesses z.B. durch die Möglichkeit, ein Konto via Web zu eröffnen. Die Auftragsabwicklung im Serviceprozess wird durch Electronic Banking
realisiert. Hier kann der Kunde Aufträge erteilen und Kontoinformationen abrufen.
126
IS-Architektur
Damit beim späteren Betrieb eines Prozessportals die Erfolgskriterien (s. Kapitel 3.1)
berücksichtigt werden können, müssen einige davon bereits bei diesem Entwicklungsschritt beachtet werden:
?? Die geforderte einheitliche Bedienung (vgl. Kapitel 3.1.1) sollte durch eine benutzerfreundliche und einheitlich gestaltete Portaloberfläche über den gesamten Webauftritt hinweg realisiert werden. Dem Kunden sollte insbesondere das Informationsangebot und das Electronic Banking als ein System erscheinen. Eine klare
Trennung von Inhalt und Layout sollte auch bei zu Beginn wenigen Inhalten befolgt werden.
?? Verfügbarkeit und Performance der Infrastruktur sollte so ausgelegt werden, dass
der Kunde das Angebot zu beliebigen Zeitpunkten nutzen kann (vgl. „24h Verfügbarkeit“, Kapitel 3.1.2) und dass er keine langen Antwortzeiten in Kauf nehmen
muss. Dabei ist zu beachten, dass interaktive Webanwendungen wie z.B. das Electronic Banking deutlich höhere Performanceanforderungen stellen als der reine Abruf standardisierter Webseiten.
?? Die Systeme und Kanäle müssen bankweit integriert sein (vgl. „Volle Kanalintegration“, Kapitel 3.1.2 und „Prozess- und Systemintegration“, Kapitel 3.1.4). Ein via
Web erteilter Auftrag muss auch im Call Center oder in der Filiale bearbeitet we rden können; ein erteilter Zahlungsauftrag muss automatisch an die Abwicklungssysteme im Backoffice übergeben werden.
?? Die Datensicherheit beim Umgang mit Kundendaten muss gewährleistet sein (vgl.
„Hoher Sicherheitsstandard“, Kapitel 3.1.4). Electronic Banking und elektronische
Auftragserteilung müssen auf der Basis moderner Sicherheitsstandards implementiert werden.
7.2.3 Standardisierte Zusatz- und Infrastrukturleistungen über neue Kanäle
Für die Realisierung standardisierter Zusatzleistungen sind die bereits oben genannten
IS-Funktionen Web Publishing und Elektronische Auftragserteilung sowie die elektronische Zahlungsabwicklung erforderlich. Ausserdem können anwendungs spezifische
Funktionen wie z.B. Linksammlungen zum Einsatz kommen. Zusätzliche Anforderungen an die Infrastruktur entstehen vor allem durch die Einbindung von Kooperationspartnern:
?? Die Inhalte der Kooperationspartner müssen ebenfalls den einheitlichen Oberflächenstandards genügen und nahtlos in die Oberfläche integriert werden (vgl. „Volle Integration der Partnerleistungen“, Kapitel 3.1.1). Dazu ist es auch erforderlich,
dass der Partner ebenfalls konsequent Inhalt und Layout trennt.
?? Wo auf Prozessebene Schnittstellen zwischen der Bank und den Partnern bestehen,
müssen auch die Systeme integriert sein (vgl. „Prozess- und Systemintegration“,
IS-Architektur
127
Kapitel 3.1.4). Insbesondere sollten die Partner direkt in das Content Management
des Portals eingebunden sein, um eine zuverlässige und schnelle Veröffentlichung
neuer Inhalte zu ermöglichen.
?? Werden elektronische Auftragserteilung und Zahlungsabwicklung im Rahmen des
E-Commerce zur Bestellung von Produkten oder Dienstleistungen bei Partnern
eingesetzt, so müssen die Aufträge ohne manuelle Intervention die entsprechende
Abwicklung bei den Partnern auslösen. Dies erfordert ebenfalls eine volle Integration der Prozesse und der Systeme (vgl. „Prozess- und Systemintegration“, Kapitel
3.1.4).
?? Für elektronische Auftragserteilung und Zahlungsabwicklung gelten wie beim
Electronic Banking höchste Sicherheitsstandards (vgl. „Hoher Sicherheitsstandard“, Kapitel 3.1.4).
Für die Realisierung standardisierter Infrastrukturleistungen werden spezifische ISFunktionen für den jeweiligen Zweck eingesetzt, z.B. Marktplatz, Auktionen, und
Community-Funktionen. Neben den bereits genannten Anforderungen sind hier besonders die hohen Performance-Anforderungen zu beachten, da es sich um interaktive
Anwendungen handelt. Auch wenn diese von den Benutzern intensiv genutzt werden,
darf die Zufriedenheit der Kunden nicht durch lange Antwortzeiten aufs Spiel gesetzt
werden.
7.2.4 Individualisierte Zusatz- und Infrastrukturleistungen
Damit das Prozessportal vervollständigt werden kann, ist die Bereitstellung individualisierter Zusatz- und Infrastrukturleistungen erforderlich. Diese ermöglichen eine individuelle Behandlung der Kunden auch im Web und stellen weitere Zusatzleistungen
bereit, we lche als Annehmlichkeiten im Sinne der Erfolgskriterien betrachtet werden
können. Personalisierungsfunktionen und weitere spezifische Funktionen unterstützen
diese Leistungen. Während alle bereits genannten Anforderungen auch in diesem Bereich gelten, sind einige zusätzliche Massnahmen zu treffen:
?? Mit der Implementierung individualisierter Leistungen steigen die Anforderungen
an die Performance der Infrastruktur nochmals. Für jeden Benutzer müssen individuelle Berechnungen durchgeführt werden und individuelle Daten gespeichert
werden. Dies ist bei der Dimensionierung der Server und der Netzwerkkomponenten zu berücksichtigen.
?? Um das Vertrauen der Kunden zu behalten, müssen umfassende Massnahmen im
Bereich Datenschutz getroffen werden, sobald kundenindividuelle Daten gespeichert und verarbeitet werden. Dies betrifft sowohl die Abgabe von Datenschutzgarantien (z.B. „Daten werden keinesfalls weitergegeben“) als auch die Realisierung
hoher Sicherheitsstandards (vgl. „Datenschutzgarantien“, Kapitel 3.1.3 und „Hoher
Sicherheitsstandard“, Kapitel 3.1.4).
128
IS-Architektur
?? Die individualisierten Funktionen des Portals müssen nahtlos mit allen anderen
Funktionen zusammenarbeiten. Insbesondere muss eine personalisierte Homepage
auch die selektive Bereitstellung sämtlicher standardisierter Leistungen beinhalten.
Eine vollständige Systemintegration und ein klares Personalisierungskonzept sind
hierfür Voraussetzung (vgl. „Personalisierung und Kundenprofile“, Kapitel .3.1.2).
7.3 Applikationen
Nach der Definition in Kapitel 4.1 führen Applikationen Funktionen aus, die meist in
einem logischen Zusammenhang zueinander stehen. Der genaue Funktionsumfang einer Applikation wird vom Hersteller bzw. Entwickler festgelegt, der Funktionsumfang
einer Applikation kann daher nur herstellerabhängig angegeben werden. Ein detaillierter Vergleich der Funktionalitäten verschiedener Lösungen ist nicht Bestandteil der
vorliegenden Arbeit. Detaillierte Marktübersichten findet man z.B. in [Schulze/Bach
1999; Wilde/Hippner 2000]. Die nachfolgend beschriebene Applikationsarchitektur
bezieht sich auf den oben definierten Funktionsumfang in den Bereichen Customer
Relationship Management und Portale. Eine umfassende e-Business Applikationsarchitektur ist z.B. in [Kalakota/Robinson 1999] beschrieben. Verschiedene e-Businessbezogene Architekturaspekte we rden auch in [Treese/Stewart 1998, S.83ff.] behandelt.
Im Folgenden wird zunächst eine Applikationstypologie vorgestellt, anhand der die
gängigen Applikationstypen und die zugehörigen Begriffe strukturiert werden. Ausserdem werden Anforderungen an eine Applikationsarchitektur definiert.
Anhand der vorgestellten Typologie werden die Softwareprodukte ausgewählter Hersteller vorgestellt und eingeordnet. Die Einbettung einzelner Produkte in die gesamte
Applikationsarchitektur wird anschliessend anhand von Fallbeispielen einzelner Anwender dargestellt.
7.3.1 Applikationstypen
Für den im Rahmen der hier beschriebenen Architektur definierten Funktionsumfang
(s. Kapitel 7.1.2) haben sich verschiedene Applikationstypen etabliert (s. Abb. 7-10),
die jeweils durch einen charakteristischen Funktionsumfang gekennzeichnet sind [vgl.
Ernst & Young 1999, S.77ff.].
Den Kern der Typologie bilden die folgenden drei Applikationstypen:
?? „Enterprise Marketing Automation“-Applikationen (EMA) unterstützen das Kampagnenmanagement im Marketingprozess.
?? „Sales Force Automation“ (SFA) bzw. „Computer Aided Selling“ (CAS) Anwendungen unterstützen den Verkaufsprozess [vgl. Schulze 2000, S.10f.]. Die wichtigsten Funktionen sind Kunden- und Opportunity-Management sowie die Ve rkaufsführung.
IS-Architektur
129
?? „Customer service and support“-Applikationen (CSS) unterstützen den Serviceprozess und umfassen Funktionen wie Service Request Management, Service-Logistik
und Servicevertragsverwaltung.
Diese drei Applikationstypen (CSS, SFA, EMA) bilden zusammen die sogenannten
„Front-Office-Anwendungen“. Seit etwa 1998 ist ein Zusammenwachsen von CSS-,
SFA- und EMA-Software zu beobachten. Der neu entstandene Applikationstyp, der
die drei CRM-Prozesse Marketing, Verkauf und Service integriert unterstützt, wird als
„Customer Relationship Management“-Applikation (CRM) oder „Enterprise Relationship Management“-Applikation (ERM) bezeichnet.
Allen bisher genannten Applikationstypen ist gemeinsam, dass sie sich auf MenschMensch-Vertriebskanäle konzentrieren. Die Funktionalitäten unterstützen v.a. den stationären und mobilen Vertrieb und Service sowie das Call-Center. Erst neuerdings integrieren die Hersteller von CRM- und ERM-Software Funktionalitäten zur Unterstützung von Maschine-Mensch-Kanälen, insbesondere des World Wide Web. Diese
Applikationen werden mit E-CRM oder „eRelationship management“ bezeichnet [vgl.
Gormley 1999]. Der Be griff CRM-Applikation wird im Folgenden als Überbegriff für
CRM, ERM, E-CRM und eRM verwendet.
Prozesse
Marketing
Verkauf
Service
andere
Kanäle
Partner Relationship
Management
MehrstufenKanäle
CRM/
ERM
MenschMensch
Enterprise
Marketing
Automation
Sales Force
Automation /
Computer
Aided Selling
Customer
Service and
Support
AbwicklungsSysteme
(Host, ERP)
E-CRM/
eRM
MaschineMensch
Data
Warehouse
Portalsoftware
Data
Marts
Data
Mining
Internet-Banking
Internet-Banking
MaschineMaschine
Abb. 7-10: Applikationstypologie
Unter dem Namen „Partner Relationship Management“ (PRM) versteht man Lösungen, die es erlauben, CRM-bezogene Daten mit Kooperationspartnern auszutauschen,
130
IS-Architektur
um so z.B. eine unternehmensübergreifende Kundensicht zu ermöglichen. Insbesondere dienen PRM-Komponenten dazu, Mehrstufen-Kanäle zu vereinfachen, indem die
Vertriebspartner direkten Zugriff auf Kundeninformationen erhalten. PRM kann nicht
als eigener Applikationstyp angesehen werden, da er die CRM-Applikationen nur um
eine weitere Vertriebskanalunterstützung ergänzt. Vielmehr ist PRM eine Funktion,
die von Herstellern oft als eigenes Modul verkauft wird [vgl. Aberdeen Group 2000].
Vielfach realisieren Unternehmen keinen direkten Datenaustausch zwischen den
Front-Office-Systemen und den Abwicklungssystemen bzw. operativen Datenbeständen. Stattdessen wird ein Data Warehouse eingesetzt, das die Daten aller angeschlossenen Systeme sammelt und in konsistenter Form für Abfragen bereitstellt. Oft
werden abteilungs- oder themenbezogene Ausschnitte des gesamten Datenbestandes in
sogenannten Data Marts organisiert. Diese sind übersichtlicher und leichter handhabbar als ein gesamtes Data Warehouse. Zur Analyse der Datenbestände werden Data
Mining-Applikationen eingesetzt. Diese analysieren grosse Datenbestände nach gegebenen Mustern, um so bestimmte Zusammenhänge ersichtlich zu machen. Für weiterführende Informationen zum Thema Data Warehousing und Data Mining sei auf
[Inmon 1996; Berson/Smith 1997; Chaudhuri/Dayal 1997; Jung/Winter 2000] verwiesen.
Die in E-CRM-Applikationen vorhandenen Funktionen zur Unterstützung von Maschine-Mensch-Kanälen decken meist nur einen Teil der Portalfunktionen ab. Sie beschränken sich im Wesentlichen auf die Bereitstellung von Informationen über Produkte und Dienstleistungen, auf die elektronische Bestellabwicklung und auf den
Zugriff auf Supportdatenbanken. Weitergehende Funktionen, die zur Realisierung von
Prozessportalen erforderlich sind, wie virtuelle Communities (Diskussionsforen, Chat),
Auktionen, personalisierte Informationsangebote etc., erfordern den Einsatz von Portal-Standardsoftware oder von spezialisierten Anwendungen.
Neben den eigentlichen Funktionen zur Serviceunterstützung sind dem Serviceprozess
auch die Entgegennahme und Bestätigung von Kundentransaktionen zugeordnet. Im
Privatkundengeschäft bei Banken gehören dazu z.B. die Entgegennahme von Überweisungsaufträgen und Wertpapierorders sowie die Übermittlung von Auftragsbestätigungen und Kontoauszügen. Diese Funktionen werden von vielen CRM-Lösungen
bisher nicht abgedeckt. In den Mensch-Mensch-Kanälen erfassen die Mitarbeiter die
Daten in speziellen Bankapplikationen, häufig direkt im Abwicklungssystem. In den
Maschine-Mensch- und Maschine-Maschine-Kanälen werden diese Funktionen unter
dem Begriff „Internet-Banking“ zusammengefasst. Diese werden ebenfalls durch spezielle, meist eigenentwickelte Lösungen realisiert. In der Regel bieten CRM-Lösungen
im Bereich der Maschine-Maschine-Schnittstellen keine Funktionalität an.
IS-Architektur
131
7.3.2 Anforderungen an eine Applikationsarchitektur
Eine Applikationsarchitektur soll die betrieblichen Abl äufe effizient und reibungslos
unterstützen. Beim Applikationsentwurf und bei der Architekturplanung sollten daher
die folgenden Eigenschaften berücksichtigt werden. Je nach Art und Charakteristika
der einzelnen Anwendungen müssen nicht grundsätzlich alle Anforderungen vollumfänglich erfüllt werden. Aufwand-Nutzen-Analysen können hier dazu dienen, die geeigneten Massnahmen zu identifizieren. Die folgenden Architekturanforderungen wurden aus Darstellungen in [Cook 1996; Riehm/Vogler 1996; Sinz 1999b, S.1060ff.;
Huber 2000b, S.143ff.] hergeleitet.
?? Redundanzfreie Datenhaltung: Für jeden Datenbestand (z.B. Kundendaten, Produktdaten etc., s. Kapitel 7.1.1.1) muss im Unternehmen genau eine massgebliche
Datenbasis vorhanden sein. Alle Anwendungen müssen auf diese Datenbasen
Zugriff haben. In der Regel ist es nicht möglich, jeden Datenbestand auf genau ein
System zu beschränken, da verschiedene Anwendungen im Einsatz sind, die über
eigene Datenhaltungen überlappender Datenbestände verfügen. Z.B. verwalten sowohl ERP- als auch CRM-Systeme bestimmte Kundendaten. Oft ist auch aus Verfügbarkeitsgründen eine verteilte oder redundante Datenhaltung erforderlich. In
diesen Fällen muss die Konsistenz der einzelnen Datenbestände durch Integrations-, Replikations- und Synchronisationsmechanismen garantiert werden.
?? Volle Integration: Alle Anwendungen müssen sowohl lesend als auch schreibend
auf die unternehmensweiten Datenbestände zugreifen können. Z.B. muss eine im
CRM-System vorgenommene Kundenadressänderung auch im ERP-System wirksam werden und umgekehrt.
?? Integration in Echtzeit: Allen Anwendungen müssen jederzeit die aktuellen Daten
zur Verfügung stehen, d.h. Änderungen müssen möglichst schnell in den unternehmenswe iten Datenbeständen wirksam werden (Schreibzugriff). Für den rein lesenden Datenzugriff bestimmt jede Anwendung selbst die Anforderungen an die
Aktualität der Daten.
?? Vermeidung von Medienbrüchen: Es sollten möglichst wenige Konvertierungsschritte von einem Medium in ein anderes erforderlich sein. Z.B. sollten via Internet eingehende Aufträge nicht manuell im Abwicklungssystem erfasst werden,
sondern automatisch übernommen werden. Konvertierungen sollten ausschliesslich
direkt an der Kundenschnittstelle erfolgen, z.B. durch sofortiges Digitalisieren eingehender Briefe und Faxe.
?? Minimierung der Anzahl von Schnittstellen: Sollen alle Systeme direkt miteinander
verbunden werden, so steigt der Integrationsaufwand quadratisch mit der Anzahl
der Systeme. Durch den Einsatz von Middleware kann dies auf einen linearen
Aufwand reduziert werden, dennoch ist pro System eine Schnittstelle zu realisieren
[s. Cook 1996, S.137ff.; vgl. Rajput 2000, S.232ff.]. Um den Integrationsaufwand
132
IS-Architektur
zu minimieren, sollte also die Anzahl der eingesetzten Systeme minimiert werden.
Da der Aufwand für die Integration verschiedener Hersteller meist höher ist als
derjenige für die Integration verschiedener Systeme eines Herstellers, ist es zudem
sinnvoll, die eingesetzten Systeme von möglichst wenigen Herstellern zu beziehen.
7.3.3 Applikationsarchitekturen ausgewählter Hersteller
Die folgenden Abschnitte veranschaulichen die Applikationsarchitekturen ausgewählter CRM-Anbieter. Das Ziel ist dabei, die Architekturen einiger bekannter und
verbreiteter Hersteller beispielhaft aufzuzeigen und die einzelnen Komponenten in die
oben beschriebene Applikationstypologie einzuordnen. Es ist nicht das Ziel, einen
vollständigen Marktüberblick zu geben [vgl. Wilde/Hippner 2000] oder Bewertungen
der einzelnen Lösungen vorzunehmen, da diese Informationen sich sehr schnell ändern
und bereits beim Erscheinen der Dissertation veraltet wären.
Die Auswahl der Anbieter erfolgte nicht nach formalen Kriterien. Die Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung in den folgenden Darstellungen lassen keine Rückschlüsse auf Marktanteile, Qualität etc. zu. Es werden ausschliesslich Anbieter von ECRM-Lösungen betrachtet. Für einen Überblick über Anbieter von Portallösungen sei
auf [Jansen 2000, S.96ff.] verwiesen.
7.3.3.1 SAP
SAP bezeichnet sich als der weltweit führende Anbieter von E-Business-Softwarelösungen. Das 1972 gegründete Unternehmen zählt mittlerweile etwa 22.000 Beschäftigte. Neben seinem Haupt-Entwicklungszentrum am Stammsitz in Walldorf unterhält
SAP Entwicklungslabors in Palo Alto (USA), Tokio, Bangalore (Indien) und Sophia
Antipolis (Frankreich) sowie in Berlin, Karlsruhe und Saarbrücken. Mit Niederlassungen in mehr als 50 Ländern erzielte die SAP im Geschäftsjahr 1999 einen Umsatz von
5,11 Milliarden Euro. Die Aktien der SAP werden unter anderem an den Börsen in
Frankfurt am Main und New York gehandelt.
IS-Architektur
Prozesse
133
Marketing
Verkauf
Service
andere
Customer Relationship Management
Core Banking
MenschMensch
Workplace
MehrstufenKanäle
MaschineMensch
eCommerce
Business Intelligence & Data Warehousing
Kanäle
MaschineMaschine
Abb. 7-11: Bankenspezifische Applikationsarchitektur von SAP
mySAP.com ist die e-Business-Plattform der SAP für die Integration aller relevanten
Geschäftsprozesse über das Internet. Die mySAP.com e-Business Solutions umfassen
folgende Lösungen: Customer Relationship Management, E-Commerce, Supply Chain
Management, Product Lifecycle Management, Business Intelligence, Financials, Human Resources.
Abb. 7-11 zeigt die verschiedenen Applikationskomponenten, die zur Abdeckung des
in Kapitel 7.1.2 beschriebenen Funktionsumfangs erforderlich sind. Die Architektur
bezieht sich auf die bankspezifischen Lösungen von SAP. Die beteiligten SAP Produkte sind Customer Relationship Management, eCommerce, Workplace, Core
Banking und Enterprise Management. Diese werden im Folgenden einzeln beschrieben:
?? Das Standardprodukt Customer Relationship Management ist im Rahmen der SAP
Banking-Lösungen branchenspezifisch angepasst verfügbar. Es deckt die Unterstützung der Front-Office-Prozesse Marketing, Verkauf und Service über
Mensch-Mensch, Mensch-Maschine und Mehrstufen-Kanäle ab. SAP Banking
CRM gliedert sich in die funktionalen Bereiche Marketing Program Management,
Sales Management, Customer Service, Market Research & Analysis und Product /
Brand Marketing. Neben den Front-Office-Prozessen wird damit auch der Produktentwicklungsprozess unterstützt.
134
IS-Architektur
?? MySAP e-Commerce unterstützt Einkauf und Verkauf über Internet. Die Verkaufsseite – mySAP Selling – umfasst die Produkte SAP Internet Sales und SAP Online
Store. Diese bieten Funktionalitäten zur internetbasierten Unterstützung des Ve rkaufsprozesses im Rahmen des CRM und für den Produktverkauf über Internet.
Dazu gehören Funktionen wie Produktkatalog, One-to-one-Marketing, OnlineProduktkonfiguration und Verfügbarkeitsprüfung.
?? SAP Workplace ist ein Produkt zur Realisierung von Portalen. Es erlaubt die Erstellung einer personalisierten Oberfläche auf Basis eines Rollenmodells. Abhängig
von der jeweiligen Rolle, die der Nutzer von SAP Workplace einnimmt (z.B. Key
Account Manager, Einkäufer, Sachbearbeiter oder auch Kunde), stellt ihm SAP
Workplace den Zugang zu den passenden Applikationen und Inhalten zur Verfügung [vgl. Jansen et al. 2000, S.122f.]. Abb. 7-12 zeigt den Bildschirmaufbau von
SAP Workplace, wie er sich dem Nutzer darstellt. Auf der linken Seite steht eine
Navigationsleiste zur Verfügung, die den Zugang zu verschiedenen Funktionen
ermöglicht. Es stehen sowohl die Funktionen der SAP -Applikationen zur Verfügung als auch Funktionen anderer Anwendungen und Inhalte aus dem Internet. Auf
der rechten Seite kann der Nutzer häufig genutzte Funktionen und Inhalte in Form
von sogenannten „Mini-Apps“ direkt in den Workplace integrieren. Da SAP
Workplace nur den Zugang zu anderen Applikationen ermöglicht, selbst aber keine
der spezifizierten IS-Funktionen abdeckt, ist SAP Workplace keine Portalsoftware
im Sinne der oben dargestellten Applikationstypologie. SAP Workplace stellt hingegen verschiedene Unterstützungsfunktionen bereit.
IS-Architektur
135
Abb. 7-12: SAP Workplace (Quelle: [SAP AG 2000a] )
?? SAP Core Banking deckt verschiedene Back-Office-Prozesse der Banken ab. Es
unterteilt sich in die Bestandteile Bank Customer Accounts (BCA) und Core Banking Mortgage Loans (CML). BCA umfasst Funktionen wie Konto- und Vertragsmanagement, Posten- und Saldenmanagement, Kontoabschluss, Kontoauszug,
Scheckmanagement, Dauerauftragsmanagement etc. CML deckt Hypothekenkredite und Baufinanzierungen für Privatkunden ab.
?? Der Funktionsbereich Business Intelligence & Data Warehousing ist Bestandteil
des Enterprise Managements. Es deckt die Zusammenführung von Daten in einem
Datawarehouse, die Auswertung mit Data Mining und die Generierung von Berichten ab.
Mit der SAP Applikationsarchitektur kann ein Grossteil der funktionalen Anforderungen im Front-Office-Bereich abgedeckt werden. Eine Lücke stellt der Bereich InternetBanking dar, wo mit Fremdprodukten gearbeitet wird. Die Architektur aus der Sicht
von SAP ist in Abb. 7-13 dargestellt.
136
IS-Architektur
Bank
Branch
Branch
B
uu
s
i
nn
e
s
s
P
P
a
rr
tt
nn
e
rr
Internet
Internet
Call
Call
Center
Center
Other Service
Service
Providers
Providers
Customer
Customer Relationship
Relationship Management
Management
Collaterals
Collaterals
Application
Application
Interest
Income Tax
Allocation of
Funds WP
Account
Account Management
Management
Contracts
Items/Balances
Payment
Payment
Transactions
Transactions
Requests
Clearing
Cards
Settlement
Reporting
Routing
Enterprise
Enterprise Management
Management
Business
Business Support
Support
Abb. 7-13: Bankenarchitektur von SAP (Quelle: [SAP AG 2000a] )
7.3.3.2 Oracle
Oracle ist das zweitgrößte Software-Unternehmen der Welt und bezeichnet sich als der
führende Anbieter von E-Business-Lösungen für das Internet. Oracle ist in über 145
Ländern vertreten und hat mehr als 41.000 Beschäftigte. Im Fiskaljahr 2000 (Geschäftsjahresende: 31. Mai 2000) hat das Unternehmen insgesamt einen Umsatz von
10,1 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet. Das entspricht einem Wachstum gegenüber
dem Vorjahr von rund 15 Prozent. Zur Produktpalette von Oracle zählen Datenbanken,
Server und Enterprise Business Applications inkl. Tools.
Oracle bietet mit der E-Business Suite eine Applikationsarchitektur an, welche die gesamte Wertschöpfungskette vom Front-Office bis zum Back-Office abdeckt. Diese
Architektur ist in Abb. 7-14 dargestellt, wobei nur der Front-Office-Bereich in einzelne Komponenten aufgegliedert ist. Neben der nachfolgend beschriebenen CRMLösung bietet Oracle Applikationen in den Bereichen ERP, Enterprise Management,
Supply Chain Management und Procurement an (s. Abb. 7-15). Dieses umfassende
Leistungsspektrum ermöglicht es, eine gesamte Unternehmensarchitektur nahezu vollständig aus einer Hand zu beziehen und so die Anzahl der Integrationspunkte auf ein
Minimum zu reduzieren.
IS-Architektur
137
Prozesse
Marketing
Verkauf
Service
Andere
Customer
Support,
Field Service,
Scheduler
MaschineMensch
iMarketing
iStore,
iPay
iSupport,
eMail Center
ERP
Sales Online,
Telesales
Procurement
Marketing Online,
Telemarketing,
Marketing Encyclopedia (MES)
Enterprise Management
MenschMensch
Supply Chain Management
Partner Relationship Management
Business Intelligence
MehrstufenKanäle
Spares Mgmt, Depot Repair, ServiceContracts
Kanäle
MaschineMaschine
Abb. 7-14: Applikationsarchitektur der Oracle E-Business Suite
Travel Management
Projects
Human resources
Financials
Internet Procurement
Supply Chain
Strategic Enterprise
Management
Management
Service
Sales
Marketing
Business Intelligence
Common Application Architecture
Architecture &
& Schema
Schema
eBusiness Platform
Abb. 7-15:E-Business-Architektur von Oracle (Quelle: [Huber 2000a])
Die folgende Aufstellung beschreibt die einzelnen Komponenten der Front-OfficeApplikationen im Detail:
?? Der Marketingprozess wird mit den Komponenten Marketing Online, Telemarketing, Marketing Encyclopedia und iMarketing unterstützt. Marketing Online stellt
138
IS-Architektur
kanalübergreifende Marketingfunktionen, v.a. Kampagnenmanagement zur Verfügung. Telemarketing unterstützt das Call Center bei der Kampagnendurchführung.
In der Marketing Encyclopedia werden sämtliche marketingrelevanten Informationen zusammengefasst. iMarketing ermöglicht personalisierte OnlineMarketingkampagnen.
?? Sales Online unterstützt stationäre und mobile Mitarbeiter im Verkaufsprozess.
Mobile Sales erweitert die Unterstützung für mobile Mitarbeiter auf HandheldGeräte wie z.B. Palmtops. Telesales unterstützt den Verkauf im Call Center. Order
Capture ist für die Erfassung von Aufträgen verantwortlich und der Configurator
erlaubt die individuelle Konfiguration von Produkten und Dienstleistungen. iStore
und iPay nutzen das Web als Vertriebskanal für Verkauf und Bezahlung.
?? Customer Support unterstützt den Serviceprozess im Call Center, Field Service
unterstützt den mobilen Aussendienst, Scheduler ist für die zeitliche Planung der
Serviceeinsätze verantwortlich. Über das Internet ermöglicht iSupport Serviceleistungen, und das eMail Center erlaubt eine automatische Beantwortung und Weiterleitung von E-Mail-Anfragen. Spares Management und Depot Repair sind kanalunabhängig für die Ersatzteil-Logistik zuständig, Service Contracts übernimmt die
Servicevertragsverwaltung.
?? Partner Relationship Management unterstützt Mehrstufen-Kanäle durch Weiterleitung von Opportunities, Zugriff der Partner auf Kundendaten etc.
?? Unter Business Intelligence ist die Bereitstellung und Auswertung von Informationen in den Bereichen Marketing, Verkauf und Service zusammengefasst.
Analytical
Applications
Business
Applications
Customer
Customer Intelligence
Marketing Intelligence
Marketing
Marketing
Interaction
Interaction
Channels
i Store
Sales
Online
Online
Call center Intelligence
Intelligence
TeleSales
TeleSales
iSupport
iSupport
Field
Service
Depot
Depot
Repair
Repair
Customer
Support
Support
Mobile
Mobile
Field
Service
Spares
Spares Service
Service
Collections
Collections
Mgt
Contracts
Contracts
Partner
(PRM)
iMarketing
Marketing
CRM
CRM
Foundation
Sales Intelligence
MES
MES
iPay
Pay
Field
Sales
Sales
Comp
Contracts Scheduler
Contracts
Scheduler
Universal Work
Work Queue
Queue
Resources
Territories
Territories
Assignment Engine
Tasks
Tasks
Notes
Calendar
1-on
on--11 Fulfillment
MES
MES
Interaction
Interaction History
History
Interaction
Interaction Blending
Blending
Order Capture
Email Center
Web
Mobile
Mobile
Call Center
Telephony
Telephony Manager
Scripting
Predictive
Predictive Dialer
E-Business
Foundation
Common Application Architecture & Schema
E-Business
Platform
eBusiness Platform
Abb. 7-16: CRM-Applikationsarchitektur von Oracle (Quelle: [Huber 2000a])
IS-Architektur
139
Oracle erfüllt die funktionalen Anforderungen des Front-Office-Bereiches weitgehend.
Portalfunktionalitäten, welche durch die Komponenten der E-Business Suite nicht abgedeckt werden, können mit Hilfe der Entwicklungsumgebung Oracle Portal realisiert
werden. Von der Oracle E-Business Suite sind keine speziellen Branchenlösungen ve rfügbar. Somit fehlen auch bankspezifische Funktionalitäten wie z.B. OnlineKontoeröffnung oder Internet Banking. Abb. 7-16 stellt die CRMApplikationsarchitektur aus Sicht von Oracle dar.
7.3.3.3 Siebel
Siebel Systems Inc. wurde 1993 gegründet. Heute beschäftigt Siebel Systems etwa
4500 Personen in mehr als 28 Ländern und bezeichnet sich als weltweiten Marktführer
bei eBusiness Applications. In den ersten drei Quartalen erzielte Siebel Systems einen
Umsatz von 1,18 Milliarde US-Dollar. Siebel Systems ist Anbieter von E-BusinessLösungen, welche das Marketing, den Verkauf und den Service über verschiedene
Vertriebskanäle unterstützen. Einziges Produkt von Siebel Systems ist Siebel 2000,
das sich aus einer Vielzahl von Anwendungen zusammensetzt.
Prozesse
Marketing
Verkauf
Service
Andere
MehrstufenKanäle
Marketing
eMarketing
eConfigurator, ePricer
MenschMensch
eChannel
Call Center
Sales,
Telesales
Service,
Field
Service
eSales
eService
MaschineMensch
eAuction, eCollaboration, eMail Response, eTraining
MaschineMaschine
Business Analysis: OLAP Data Mart, Report Server
Kanäle
Abb. 7-17: Applikationsarchitektur von Siebel
Die verschiedenen Applikationen von Siebel 2000 sind in Abb. 7-17 dargestellt. Für
Finanzdienstleister bietet Siebel die Branchenlösung eFinance an. Diese basiert auf
den branchenübergreifenden Applikationen und passt sie den spezifischen Anforde-
140
IS-Architektur
rungen der Banken und Versicherungen an. Die folgende Beschreibung stellt die Funktionalitäten der einzelnen Applikationen dar:
?? Siebel Marketing und Siebel eMarketing unterstützen den Marketingprozess. Siebel Marketing stellt dazu im Wesentlichen verschiedene Analysefunktionen (Kunden, Produkte, Verkäufe etc.) bereit und bietet Funktionen zur Unterstützung des
Kampagnenmanagements. Siebel eMarketing erweitert diese Funktionalitäten auf
Maschine-Mensch-Kanäle. Es ermöglicht die Erstellung personalisierter Homepages zu Marketingzwecken, unterstützt Kampagnen und Newsletters per Email und
stellt Marketinginformationen zum Download auf der Homepage bereit.
?? Zur Unterstützung des Verkaufsprozesses dienen Siebel Sales, Siebel Telesales und
Siebel eSales. Siebel Sales unterstützt den Verkauf mit Funktionen wie Opportunity Management, Kontaktmanagement, Angebotserstellung, Produkt präsentationen
etc. Es richtet sich dabei an den stationären und mobilen Vertrieb. Die speziellen
Anforderungen des Vertriebs via Call Center deckt Siebel Telesales ab. Siebel eSales ermöglicht den Verkauf über das Web als Vertriebskanal. Bei der Branchenlösung eFinance ist dies auch speziell den Anforderungen von Finanzprodukten angepasst.
Abb. 7-18:Oberfläche von Siebel Call Center (Quelle: [Siebel Systems 2000])
IS-Architektur
141
?? Den Serviceprozess unterstützen Siebel Service, Siebel Field Service und Siebel
eService. Siebel Service richtet sich an ein Service Call Center und bietet die typischen Servicefunktionen wie z.B. Service Request Management oder Servicevertragsverwaltung. Siebel Field Service unterstützt die mobilen Servicemitarbeiter
und die zugehörige Service-Logistik. Siebel eService ermöglicht Serviceleistungen
über das Web. Dazu gehören eine personalisierte Service-Homepage, die Bereitstellung von Servicewissen und die Übermittlung und Verfolgung von Service Requests.
?? Siebel Call Center bietet eine allgemeine Call Center-Unterstützung für Marketing,
Verkauf und Service und bildet die Basis für Siebel Service und für Siebel Telesales. Die Oberfläche von Siebel Call Center, wie sie sich dem Benutzer darstellt, ist
in Abb. 7-18 dargestellt.
?? Die Applikationen Siebel eConfigurator und Siebel ePricer werden vertriebskanalübergreifend eingesetzt. Sie erlauben eine individuelle Produktkonfiguration und
Preisfindung im Verkaufsprozess.
?? Siebel eChannel unterstützt die Kooperation mit Vertriebspartnern. Diese können
über eine personalisierte Partner-Homepage auf verschiedene Datenbestände
zugreifen (Kunden, Kontakte, Opportunities, Service Requests etc.).
?? Mehrere Applikationen unterstützen Maschine-Mensch-Kanäle prozessübergreifend: Siebel eAuction ermöglicht Online-Auktionen auf der Website. Siebel eCollaboration bietet internetbasierte Kommunikationsmöglichkeiten wie Call
Me Now, Application Sharing, Chat und Voice over IP. Siebel eMail Response
ermöglicht die automatische Beantwortung bzw. Weiterleitung von Emails. Siebel
eTraining unterstützt die Verwaltung und Durchführung von Schulungen über das
Web.
?? Den Bereich Data Mart und Data Mining deckt Siebel mit seinen Business Analysis Komponenten OLAP Data Mart und Report Server ab.
Siebel deckt die funktionalen Anforderungen des Front-Office-Bereiches vollständig
ab. Auch Portale mit allgemeinen und personalisierten Bereichen können realisiert
werden. Speziell für Banken ist es auch möglich, Funktionen zur Auftragserteilung
und Kundenbenachrichtigung in die Oberfläche zu integrieren; die Abwicklung erfolgt
über entsprechende Backend-Systeme. Die Applikationsarchitektur aus Sicht von Siebel ist in Abb. 7-19 dargestellt.
142
IS-Architektur
Siebel Industry Applications
• Siebel eFinance
• Siebel eInsurance
• Siebel eAutomotive
• Siebel eEnergy
• Siebel ePharma
• Siebel eCommunications
• Siebel ePublic Sector
• Siebel eConsumer Goods
• Siebel eApparel & Footwear
• Siebel eTechnology
.COM Applications
Call Center
Field
Channel
• Siebel eSales
• Siebel Call Center
• Siebel Sales
• Siebel eChannel
• Siebel eMarketing
• Siebel Service
• Siebel Field Service
• Siebel eService
• Siebel Telesales
• Siebel Configurator
Marketing
• Siebel eBriefings
•Siebel eCollaboration
• Siebel Handheld
• Siebel Marketing
• Siebel Phone
• Siebel eContent Svcs
• Siebel eMail Response
Siebel eBusiness Architecture
Security
Data Visibility
Workflow
Transaction
Management
Data
Data Analysis /
Synchronization
Data Mart
& Replication
Personalization
Content
Management
Routing and
Assignment
Dynamic Load
Balancing
Multilanguage /
Multicurrency
Data
Movement
Customization
Software
Distribution
Application
Upgrades
EAI
Abb. 7-19: Applikationsarchitektur von Siebel 2000 (Quelle: [Siebel Systems 2000])
7.3.3.4 Uniquare
Uniquare Financial Solutions wurde 1988 unter dem Namen Genesis gegründet. Das
Softwarehaus mit Sitz in Österreich beschäftigt derzeit etwa 160 Mitarbeiter. Als
Branchenspezialist realisiert Uniquare Individual- und Standardlösungen sowie Software-Grossprojekte für die Finanzindustrie mit dem Schwerpunkt bei Banken. Neben
Individuallösungen, Entwicklungsplattformen und spezifischen Tools bietet Uniquare
bankenspezifische Standardlösungen für Marketing, Verkauf, Service und Sachbearbeitung an. Gemäss [Schwetz 2000] gehört Uniquare zu den führenden CRMBranchenanbietern für die Bankenbranche.
Zentrales Produkt von Uniquare ist das Bank-System. Es integriert die Prozessunterstützung für Marketing, Verkauf und Service mit den fachlichen Finanzberatungsprozessen und löst in den Back-Office-Systemen die nach Vertragsabschluss
erforderlichen Transaktionen aus. Wichtigste Komponente des Bank-Systems ist die
CRM-Lösung „Business-Management“ (s. Abb. 7-21).
IS-Architektur
Prozesse
143
Marketing
Verkauf
Service
Andere
Kanäle
MehrstufenKanäle
Call Center
MenschMensch
Finanzanalyse,
Produktberatung
Transaktionsabwicklung am Front-End
Sachbearbeitung
Business-Management (CRM)
MaschineMensch
eBusiness, mBusiness
MaschineMaschine
Abb. 7-20: Applikationsarchitektur des UNiQUARE Bank-Systems
Filiale
Außendienst
Call Center
Internet
zusätzliche Produkt-Beratungs-Software
UNIQUARE Business-Management
KIS
Host
PIS
KundenProduktinformations- informationsSystem
System
Transaktion
Regel-System
Aktivitäten Management
Terminplaner, Aufgabenliste,
Verkaufschancen-Management,
Kalender etc.
KampagnenManagement
Administrationsunterstützung
(Briefe, Angebote
etc.)
Historie
Statistik-MIS
(ManagementInformationsSystem)
Schnittstellen
Gesamtbankstrategie
ProduktMulti-Channelmanagement
Management
Vorstand / Geschäftsführung
Abb. 7-21: Architektur von UNiQUARE Business-Management (Quelle: www.uniquare.com)
Das Business-Management enthält ein Kundeninformationssystem und ein Produktinformationssystem sowie ein Regelwerk zur Selektion für Marketingkampagnen. Die-
144
IS-Architektur
se werden durch das Kampagnen-Management unterstützt. Ausserdem generiert das
System automatisiert Ansprachehinweise und Aktivitäten und liefert auf Knopfdruck
kundenindividuelle Produktvorschläge sowie Cross-Selling-Hinweise. Des Weiteren
bietet das Business-Management verschiedene Unterstützungsfunktionen an. Abb.
7-22 zeigt eine typische Bildschirmmaske von Business-Management, in welcher der
Berater Termine und Aufgaben verwalten sowie auf andere Funktionen zugreifen
kann. Ein Beispiel für den Einsatz des Vorgängerproduktes Genesis Micro-Marketing
bei bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken ist in [Schmid 2000] beschrieben.
Abb. 7-22: UNiQUARE Business-Management: Desktop für den Bankmitarbeiter
Call Center, eBusiness und mBusiness sind Erweiterungskomponenten, um Funktionen von Business-Management kanalübergreifend und -optimiert zu nutzen bzw. kanalspezifisch zu ergänzen. Die Applikation Call Center unterstützt das Call Center als
Vertriebskanal für das Bank-System. Die Funktionen umfassen alle Front-OfficeProzesse und beinhalten z.B. Kampagnendurchführung, Kundenberatung, Kundenservice und die Abwicklung von Geldtransaktionen.
IS-Architektur
145
Mensch-Maschine-Kanäle werden durch eBusiness und mBusiness unterstützt, wobei
sich eBusiness auf das Web und mBusiness auf Mobiltelefone als Endgeräte konzentriert. Diese Applikationen ermöglichen Marketing, Verkauf und Service über elektronische Vertriebskanäle. Abb. 7-23 zeigt eine WAP -Oberfläche, über die Kunden und
Interessenten mit dem Mobiltelefon auf das Business-Management zugreifen können.
Abb. 7-23: WAP-Zugang zu UNiQUARE Business-Management
Das Bank-System umfasst neben der CRM-Applikation Business-Management auch
Komponenten zur Finanzanalyse, zur produktbezogenen Beratung, zur Sachbearbeitung und für die Transaktionsabwicklung am Front-End.
Der Funktionsumfang des Uniquare Bank-Systems deckt die meisten funktionalen Anforderungen im Front-Office-Bereich ab und stellt die Funktionen in einer bankspezifischen Ausprägung zur Verfügung. Eine spezielle Unterstützung für Mehr stufenKanäle ist nicht vorhanden, ist aber für die nächste Version geplant. Es ist jedoch möglich, Kunden- und Produktdaten von Vertriebspartnern zu integrieren und für Auswe rtungen zu nutzen.
7.3.4 Fallbeispiel: Applikationslandschaft bei Microsoft Deutschland GmbH
In der Praxis ist es meistens nicht möglich, eine einzige Applikation zu betreiben, die
alle benötigten Funktionalitäten bereitstellt. Um den in Kapitel 7.3.2 beschriebenen
Anforderungen an eine Applikationsarchitektur gerecht zu werden, müssen Unternehmen Verbindungen zwischen den einzelnen Anwendungen herstellen und für eine
konsistente Datenhaltung sorgen. Das folgende Fallbeispiel illustriert einen Lösungsansatz für diese Integrationsproblematik, den die Firma Microsoft im Zusammenhang
mit der Einführung eines neuen CRM-Systems gewählt hat. Das Beispiel stammt zwar
aus der Softwarebranche, die hier beschriebenen Aspekte sind jedoch branchenunabhängig gültig und auch auf die Situation von Banken übertragbar. Das Fallbeispiel basiert auf einem Interview mit dem Projektleiter für die Siebel-Einführung bei der
Microsoft Deutschland GmbH (s. Anhang D.2).
Die Microsoft Corporation ist der führende Anbieter von PC-Software. Das 1975 gegründete Unternehmen erwirtschaftete im Geschäftsjahr 1999/2000 einen Umsatz von
etwas weniger als 23 Milliarden US-Dollar. Der Gewinn belief sich auf 9,42 Milliar-
146
IS-Architektur
den US-Dollar. Es ist mit Niederlassungen in 57 Staaten der Erde vertreten. Derzeit
werden ca. 32.000 Mitarbeiter weltweit beschäftigt, davon über 22.000 in den USA.
Die Microsoft Deutschland GmbH ist die grösste europäische Auslandstochter. Sie ist
für den Vertrieb und das Marketing der Microsoft-Produkte in Deutschland zuständig.
Die Produktpalette von Microsoft beinhaltet Betriebssysteme für PCs und Netzwerke,
Serversoftware für Client-Server Umgebungen, Anwendungsprogramme und Desktopapplikationen für Unternehmen und private Nutzer, Multimedia An wendungen, Internet-Plattformen und Entwickler-Tools. Gleichzeitig bietet Microsoft mit MSN einen
Online-Dienst mit einer Portalseite. Auf der Hardwareseite werden noch Eingabegeräte wie z.B. Tastaturen und Mäuse angeboten. Im Juni 2000 stellte Microsoft sein Konzept der Microsoft.NET®-Plattform vor, einer neuen Generation von Internet-Software
und -Services. Es basiert auf offenen Internet-Standards und -Protokollen wie der Extensible Markup Language (XML).
1997 startete Microsoft ein weltweites Projekt mit dem Ziel, den Kontakt zu den Kunden neu zu organisieren. Dazu gehörte die Etablierung einer neuen Kundenkontaktstrategie, Analyse und Entwurf der Front-Office-Prozesse, insbesondere des Verkaufsprozesses und die Bereinigung der Systemlandschaft zur Unterstützung der FrontOffice-Aufgaben. Prozessanalyse und -entwurf sowie die Ausschreibung für ein CRMSystem erfolgten weltweit. Microsoft entschied sich für die Produkte von Siebel Systems zur Unterstützung des weltweiten Customer Relationship Managements. Die
Umsetzung erfolgte in den einzelnen Ländern. In Deutschland arbeiten derzeit1 sämtliche Verkaufs- und Call Center-Mitarbeiter mit dem neuen Siebel-System.
Bei Microsoft Deutschland wurde nur ein Teil der Front-Office-Applikationen durch
die neu eingeführten Siebel-Produkte ersetzt. Andere – grösstenteils eigenentwickelte
– Systeme werden weiterhin genutzt. Die verschiedenen Applikationen sind in Abb.
7-24 dargestellt. Im Einzelnen handelt es sich dabei um die folgenden Anwendungen:
?? Zur Unterstützung des Verkaufsprozesses in der Niederlassung (Sales) und im Call
Center kommen Lösungen von Siebel zum Einsatz, die auf einem gemeinsamen
Datenbestand operieren.
?? Der Prozess Event Marketing wird ebenfalls von einer Siebel-Lösung unterstützt,
die aber auf einem eigenen Datenbestand arbeitet.
?? Für den gesamten After-Sales-Support kommt eine separate, eigenentwickelte Lösung zum Einsatz.
?? Weitere Anwendungen aus dem Backoffice-Bereich, die ebenfalls mit Kundendaten arbeiten, sind die Vertragsabwicklung und das Revenue Tracking.
1
August 2000
IS-Architektur
147
?? Für das Database Marketing kommt eine proprietäre Lösung zum Einsatz, die
gleichzeitig einfache Auswertungen auf dem Datenbestand des Data Warehouses
(s.u.) ermöglicht.
Database
Marketing
Vertragsabwicklung
Sales
(Siebel)
Kundendaten
Data
Warehouse
Revenue
Tracking
Call Center
(Siebel)
Support
Event Marketing
(Siebel)
Abb. 7-24: Front-Office-Applikationen bei Microsoft Deutschland
Um eine konsistente Sicht auf den Kunden gewährleisten zu können, musste der Austausch von Kundendaten zwischen den verschiedenen Systemen sichergestellt werden.
Die zentrale Komponente der dafür entwickelten Integrationsarchitektur bildet ein Data Warehouse. Alle o.g. Applikationen führen einen regelmässigen Datenabgleich mit
dem Data Warehouse durch. Führt z.B. ein Kundenkontakt im Call Center zu einer
Änderung von Kundendaten, so werden diese zunächst im Siebel-System abgelegt und
stehen so dem Salesprozess und dem Call Center zur Verfügung. Die geänderten Kundendaten werden dann in das Data Warehouse eingestellt und stehen so allen anderen
Applikationen wie z.B. dem Event Marketing zur Verfügung. Änderungen, die aus
anderen Applikationen resultieren, werden regelmässig vom Data Warehouse in den
Datenbestand von Siebel übernommen, so dass stets die Aktualität gewährleistet ist.
Auf diese Art werden nur Daten synchronisiert, die tatsächlich redundant in verschiedenen Systemen gehalten werden wie z.B. Kunden-, Kontakt- und Adressinformationen. Damit die Konsistenz garantiert ist, wird dabei nur ein System als „single point of truth“ angesehen. Daten, welche nur für ein System relevant sind – z.B.
Revenue Informationen im Revenue Tracking – werden nur dort gehalten und one-way
in das Data Warehouse übernommen.
Im Bereich der elektronischen Vertriebskanäle ist geplant, den grossen Fachhandelspartnern von Microsoft mit Hilfe des Produktes Siebel E-Channel (s. Kapitel 0) direk-
148
IS-Architektur
ten Zugriff auf das System zu ermöglichen. Weitere Aktivitäten im Bereich EBusiness / E-Commerce sind nicht Bestandteil des hier beschriebenen Projektes. Es ist
aber geplant, die bestehende Website, über die der Kunde z.B. Informationsmaterial
und Update-CDs bestellen kann, an das Data Warehouse anzubinden und so in die Applikationslandschaft zu integrieren.
7.4 IS-Architektur des Prozessportals für Erbschaft und Bestattung
Im Folgenden soll exemplarisch aufgezeigt werden, wie die oben beschriebene generische IS-Architektur genutzt werden kann, um in einem konkreten Anwendungs fall die
IS-Anforderungen zu definieren. Als Anschauungsobjekt dient das in Kapitel 6.6 dargestellte Konzept eines Prozessportals für Erbschaft und Bestattung.
Grundlage für die Definition der IS-Anforderungen bilden der unterstützte Kundenprozess, der Katalog der vom Prozessportal zu erbringenden Leistungen sowie die
Prozessarchitektur des Portals (s. Kapitel 6.6 und Anhang B). Zunächst muss definiert
werden, über welche Vertriebskanäle die einzelnen Leistungen erbracht werden sollen.
Die folgenden Ausführungen basieren auf der Annahme, dass sämtliche Leistungen
über das Web erbracht werden sollen und zusätzlich die Beratungs- und Verkaufsleistungen in Bezug auf Finanzprodukte in der Filiale angeboten werden.
Ausgangspunkt der weiteren Betrachtungen sind nun der Leistungskatalog und die
Prozessarchitektur. Für jeden benötigten Prozess müssen die IS-Funktionen identifiziert werden, die zur Unterstützung erforderlich sind. Dabei müssen auch diejenigen
Prozesse berücksichtigt werden, die keine Leistungen direkt an den Kundenprozess
erbringen, wie z.B. der Marketingprozess.
7.4.1 Kernl eistungen
Die standardisierten Kernleistungen umfassen Produktinformationen über relevante
Finanzprodukte. Um diese Informationen dem Kundenberater bzw. dem Kunden zur
Verfügung zu stellen, ist die IS-Funktion Produktkatalog erforderlich. Die individualisierten Leistungen umfassen die vom Verkaufsprozess erbrachten Beratungsleistungen
sowie Angebot und Vertrag in Bezug auf Finanzprodukte und die vom Serviceprozess
bereitgestellten Belege. Der Verkaufsprozess benötigt dazu die IS-Funktionen Kundenbedarfsanal yse, Produktkonfiguration, Angebotsmanagement, Auftragsmanagement und Vertragsmanagement, der Serviceprozess nutzt für die Belegbereitstellung
die IS-Funktion Kundentransaktionen. Zur Verwaltung der Kundeninformationen benötigen beide Prozesse die IS-Funktion Kundenmanagement.
7.4.2 Zusatzleistungen
Die IS-Funktion Verwaltung von Basisinformationen stellt die meisten standardisierten Zusatzleistungen für den Portalbetriebsprozess bereit. Dazu gehören die kun-
IS-Architektur
149
denprozessspezifischen Fachinformationen, Checklisten, Verzeichnisse externer Partner, Musterverträge und Musterdokumente. Für die Produktinformationen von Drittanbietern ist wie schon bei den Kernleistungen der Produktkatalog erforderlich. Soll
dieser Produktkatalog im Web auch Bestellmöglichkeiten beinhalten, so werden die
Funktionen elektronische Auftragserteilung und elektronische Zahlungsabwicklung
benötigt.
Zu den individualisierten Zusatzleistungen gehört die ereignisgesteuerte Benachrichtigung des Kunden über Termine oder über rechtliche Änderungen. Diese Leistungen erbringt der Kundenprozessunterstützungs-Prozess, der sich dabei einerseits auf
das Kundenmanagement stützt und andererseits die IS-Funktion personalisierte Informationen nutzt, um zu erkennen, welche Informationen für welchen Kunden relevant
sind. Zur Übermittlung der Benachrichtigung per Post oder per E-Mail benötigt er die
IS-Funktion Mailingunterstützung.
7.4.3 Infrastrukturleistungen
Das Portal bietet dem Kunden die Möglichkeit, persönliche Unterlagen zu hinterlegen.
Dazu gehören Planungen, persönliche Daten wie Telefonnummern und Bankverbindungen sowie Verträge und andere Dokumente. Diese Leistung gehört zu den
individualisierten Infrastrukturleistungen und wird ebenfalls vom Kundenprozessunterstützungs-Prozess erbracht. Die dabei genutzten Informationen sind wiederum
das Kundenmanagement und die personalisierten Informationen.
7.4.4 Weitere Leistungen und Basisfunktionen
Der Marketingprozess ist dafür verantwortlich, Kunden für das Portal zu gewinnen.
Dazu stellt er Informationen über die Leistungen des Portals bereit und führt Marketingkampagnen durch. Die dazu benötigten IS-Funktionen sind das Kampagnenmanagement und die Kundensegmentierung, mit deren Hilfe er die Werbemassnahmen auf
geeignete Kundengruppen ausrichten kann. Zur Verwaltung potenzieller Kunden benötigt er ausserdem das Opportunity-Management sowie Analysen und Berichte, um
Auswertungen über Kampagnenerfolg und Portalnutzung zu bekommen.
150
IS-Architektur
Eine Basisunterstützung für den Mitarbeiter in der Filiale bietet die IS-Funktion Beraterarbeitsplatz, der Vertriebskanal Web benötigt das Web Publishing. Des Weiteren
sind verschiedene Unterstützungsfunktionen erforderlich wie in Kapitel 7.1.3 beschrieben. Abb. 7-25 zeigt einen Überblick über die resultierende Funktionsarchitektur
für das Prozessportal.
Prozesse
Marketing
Verkauf
Service
Kanalunabhängige
Funktionen
Kanäle
KampagnenManagement
Kundenbedarfsanalyse
Produktkonfiguration
Kundentransaktionen
Kundensegmentierung
Angebotsmanagement
Auftrags-/Vertragsmanagement
Service Request
Management
Beschwerdemanagement
Kundenmanagement
Opportunitymanagement
Filiale
Beraterarbeitsplatz
MailingUnterstützung
Web
Web Publishing
Personalisierte
Informationen
Verwaltung von
Basisinformationen
Produktkatalog
Analysen und
Berichte
Elektronischer
Auftrag u. Zahlung
Abb. 7-25: Funktionsarchitektur des Prozessportals für Erbschaft und Bestattung
7.4.5 Applikationen
Eine Standard-E-CRM-Applikation (vgl. Kapitel 7.3.1) kann einen Grossteil der Funktionalitäten für das Prozessportal bereitstellen. Typische Vertreter dieser Anwendungen bieten alle benötigten CRM-Funktionen für die Unterstützung der in der Filiale
erbrachten Leistungen sowie eine Unterstützung des Webs für den Zugriff auf Produktinformationen und andere Basisinformationen. Je nach Leistungsumfang muss für
weitergehende Funktionen wie die Personalisierung oder den E-Commerce zusätzliche
Portalsoftware eingesetzt werden. Eine detaillierte Funktionsarchitektur kann nur
durch Evaluation der am Markt verfügbaren Produkte aufgestellt werden. Abb. 7-26
gibt jedoch einen allgemeinen Überblick über die Applikationsarchitektur des Prozessportals. Die Abwicklungssysteme sind erforderlich, damit die Finanzprodukte bereitgestellt und die Transaktionen abgewickelt werden können. Ein Data Warehouse,
ein Data Mart oder eine Data Mining Applikation kann die Grundlage für das Kampagnenmanagement, für die Kundensegmentierung und für verschiedene andere Auswertungen bilden.
IS-Architektur
Prozesse
151
Marketing
Verkauf
Service
andere
Kanäle
Data
Warehouse
Filiale
E-CRM
AbwicklungsSysteme
(Host, ERP)
Data
Marts
Data
Mining
Web
Portalsoftware
Abb. 7-26: Applikationsarchitektur des Prozessportals für Erbschaft und Bestattung
152
Fazit und Ausblick
8 Fazit und Ausblick
8.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
Die Verbesserung der Kundenorientierung ist ein vordringliches Ziel vieler Unternehmen. Die Orientierung an konkreten Kundenprozessen ist eine Möglichkeit, um die
angebotenen Leistungen an den Kundenbedürfnissen auszurichten. Prozessportale
kombinieren die Potenziale von Customer Relationship Management und Internetportalen mit dem Konzept der kooperativen Leistungssysteme und ermöglichen es Unternehmen, mit einem umfassenden Leistungsangebot Kundenprozesse ganzheitlich zu
unterstützen.
Damit Kunden die in ihrem Kundenprozess entstehenden Bedürfnisse wiederholt bei
einem Prozessportal befriedigen, muss dieses Prozessportal den vorhandenen Kundenanforderungen genügen. Das Portal muss für den Kunden inhaltlich attraktiv sein, ihm
eine reibungslose und komfortable Benutzung des Portals ermöglichen, durch klare
rechtliche Regelungen das Vertrauen des Kunden gewinnen und seine Zufriedenheit
durch eine einwandfreie Abwicklung herstellen.
Gleichzeitig muss der Portalbetreiber auch die Wirtschaftlichkeit seines Prozessportals
anstreben. Das World Wide Web als Vertriebskanal erlaubt es, mit vertretbarem Aufwand Leistungen bereitzustellen, die nicht zur eigenen Kernkompetenz gehören, und
Leistungen von Kooperationspartnern zu integrieren. Der Einsatz von qualifizierten
Bankmitarbeitern zur Er bringung von Leistungen ausserhalb deren Kernkompetenz ist
in der Regel zu teuer. Eine ganzheitliche Kundenprozessunterstützung ist daher meist
nur dann wirtschaftlich, wenn das Web als primärer Vertriebskanal eingesetzt wird.
Für die Umsetzung von CRM-Konzepten und Prozessportalen ist eine effiziente Prozessarchitektur an der Kundenschnittstelle erforderlich. Diese umfasst die Prozesse
Marketing, Verkauf und Service sowie im Zusammenhang mit Prozessportalen den
Portalbetrieb und die Kundenprozessunterstützung. Innerhalb und zwischen diesen
Prozessen muss ein reibungsloser Informationsfluss gewährleistet sein.
Zur Unterstützung dieser Prozesse sind verschiedene Funktionen auf IS-Ebene erforderlich. Diese können auf einzelne Prozessaufgaben wie z.B. die Durchführung von
Marketingkampagnen, auf prozessübergreifende Aktivitäten wie z.B. das Kampagnenmanagement oder auf bestimmte Vertriebskanäle wie z.B. das Call Center oder das
Web ausgerichtet sein. Logisch zusammengehörende Funktionen werden zu Applikationen gebündelt, die entweder selbst implementiert oder als Standardsoftware eingekauft werden können. Auf dem Markt erhältliche Produkte lassen sich bestimmten
Applikationstypen wie z.B. CRM-Anwendung oder Portallösung zuordnen; der Funktionsumfang der einzelnen Produkte nimmt jedoch zu, und es ist ein immer stärkeres
Zusammenwachsen der verschiedenen Applikationstypen zu beobachten.
Fazit und Ausblick
153
8.2 Herausforderungen und Potenziale
In der Praxis wird man selten eine Situation antreffen, in der man eine Architektur von
Grund auf neu entwickelt. Normalerweise sind Prozesse und Informationssysteme
vorhanden, die verbessert, ergänzt oder ersetzt werden müssen. Eine der grössten Herausforderungen dabei ist es, die verschiedenen alten und neuen Systeme so miteinander zu integrieren, dass ein konsistentes Gesamtsystem entsteht [vgl. Huber 2000b,
S.143ff.].
Die meisten Hersteller verwenden proprietäre Datenmodelle und Schnittstellen, die sie
nur teilweise offen legen. An jedem Integrationspunkt müssen semantische und syntaktische Konvertierungen vorgenommen werden, was einen immensen Aufwand bedeutet und häufig gar nicht möglich ist, da den verschiedenen Anwendungen inkompatible logische Konzepte zugrunde liegen. Durch den Einsatz geeigneter Middleware
[vgl. Österle et al. 1996] kann zwar die Anzahl der Integrationspunkte reduziert we rden, das grundsätzliche Problem bleibt aber bestehen.
Breit akzeptierte Standards könnten das Problem deutlich vereinfachen, da sie die Integration auf das Schaffen einer physischen Verbindung reduzieren würden. Im hier
betrachteten Anwendungsbereich konnten sich jedoch noch keine Standards etablieren.
Einzelne Initiativen deuten jedoch darauf hin, dass die Standardisierung in den nächsten Jahren deutlich voranschreiten wird, z.B. arbeitet ein Zusammenschluss namhafter
Softwarehersteller an einem Standard für den Austausch von Kundendaten auf der Basis von XML [CPExchange 2000].
Auch bei der Einführung neuer Systeme kann man nach dem „Best-of-Breed-Ansatz“
für jede Aufgabe die am besten geeignete Lösung einsetzen und daraus ein Gesamtsystem konstruieren. Dem Vorteil gut auf die Anforderungen abgestimmter Funktionen
steht wiederum der Nachteil eines hohen Integrationsaufwandes gegenüber. Die Alternative ist der Einsatz eines Komplettsystems, das möglichst viele der benötigten Funktionen abdeckt. Dabei muss man i.d.R. in Kauf nehmen, dass die angebotenen Funktionen weniger gut den Anforderungen entsprechen, man vermeidet aber die Schaffung
zusätzlicher Integrationsprobleme.
Anbieter von Komplettlösungen wie z.B. SAP (s. Kapitel 7.3.3.1) oder Oracle (s. Kapitel 7.3.3.2) sind erst in jüngster Vergangenheit mit Produkten im Front-OfficeBereich auf den Markt gekommen [vgl. Schulze 2000, S.203]. Der Autor vertritt die
Meinung, dass diese Anbieter integrierter Unternehmenslösungen durch die Reduktion
von Integrationsproblemen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber spezialisierten Anbietern haben. Es ist zu erwarten, dass in den nächsten Jahren die meisten
Spezialisten in Nischen gedrängt werden oder ganz aus dem Markt verschwinden. Den
Front-Office-Markt werden dann die grossen Anbieter von Komplettlösungen mit wenigen etablierten spezialisierten Anbietern wie z.B. Siebel teilen.
154
Fazit und Ausblick
8.3 Ausblick
Die finanziellen Grundbedürfnisse des Privatkunden haben sich in den letzten 2000
Jahren kaum geändert und werden es wohl auch in Zukunft nicht [s. Bernet 1995, S.
34]. Grossen Änderungen unterworfen waren in letzter Zeit aber die Medien und Ve rtriebskanäle, die beim Kontakt der Bank zum Kunden eingesetzt werden. War früher
der persönliche Kontakt neben dem Brief die einzige Kommunikations möglichkeit,
wurden nach und nach neue technische Potenziale ausgeschöpft und Telefon, Selbstbedienungsgeräte und das Internet zur Kundenkommunikation eingesetzt (vgl. Kapitel
6.4). Die aktuellste Herausforderung, die auch die vorliegende Arbeit stark beeinflusst
hat, ist die Gestaltung effektiver Kundenschnittstellen im World Wide Web.
Wie entwickelt sich die Kundenschnittstelle weiter? Welche Entwicklungstendenzen
für die nächsten 10 Jahre zeichnen sich bereits ab? Diesen Fragen soll im Folgenden
nachgegangen werden.
8.3.1 Internet Appliances
Kurz vor Weihnachten 2000 gerät die PC-Branche in eine Krise. Die Umsätze bleiben
weit hinter den Erwartungen zurück, die wachsenden Lagerbestände machen den Herstellern zu schaffen. Im Gegenzug boomt – vor allem in den USA – das Geschäft mit
sogenannten „Internet Appliances“. Das sind preiswerte, einfach zu bedienende Geräte, die auf einige wenige Aufgaben spezialisiert sind, z.B. auf das Empfangen und
Senden von E-Mails oder auf das Surfen im Internet mittels Fernseher. Beobachtet
man diese Entwicklung, so stellt sich die Frage, wie lange der typische Privatanwender
noch via Browser am PC aufs Internet zugreift und so auch seine Bankgeschäfte erledigt. Vermutlich müssen die Banken sich demnächst bei der Gestaltung der WebOberflächen auf geänderte Anforderungen der Endgeräte einstellen. Dazu gehören z.B.
geänderte Displaygrössen wie das heute schon bei Mobiltelefonen und Taschencomputern der Fall ist, aber auch fehlende Tastaturen beim Surfen via Fernseher. Denkbar
wäre auch eine spezielle Banking-Appliance, über die der Kunde seine Bankgeschäfte
mit beliebigen Banken abwickeln kann, aber auch die Möglichkeit hat, im realen oder
virtuellen Geschäft zu bezahlen und seine persönlichen Finanzen zu verwalten.
8.3.2 Mobile Endgeräte
Die Potenziale des Internetzugangs über mobile Endgeräte wie Mobiltelefone und Taschencomputer (PDAs) werden derzeit intensiv diskutiert. Bereits heute bieten viele
Banken Dienstleistungen, v.a. den Kauf und Verkauf von Wertpapieren, über mobile
Endgeräte an. Während die Akzeptanz in Europa noch eher gering ist, erfreut sich das
japanische i-mode-System einer ausgesprochenen Beliebtheit. Ob dieser Unterschied
Fazit und Ausblick
155
an den technischen Schwächen der europäischen Lösung1 liegt oder an der generell
neuen Technologien gegenüber aufgeschlosseneren Haltung der Japaner, kann nicht
abschliessend beantwortet werden. Sicher ist, dass technische Unzulänglichkeiten bald
behoben sein werden. Neue Technologien wie GPRS, EDGE und UMTS versprechen
steigende Bandbreiten und eine paketorientierte Datenübertragung, die gleichzeitiges
Telefonieren erlaubt und eine datenvolumenabhängige Abrechnung ermöglicht. Ve rbesserte Endgeräte mit grösseren Displays und ein wachsender Erfahrungsschatz bei
der Gestaltung von Benutzeroberflächen lassen auf eine bessere Bedienbarkeit hoffen.
Offen ist jedoch die Frage, wie stark das Bedürfnis nach mobilen Bankdienstleistungen
sein wird. Die meisten Banktransaktionen sind nicht so dringend, als dass sie nicht
auch zu einem späteren Zeitpunkt über das vermutlich komfortablere Endgerät zu
Hause abgewickelt werden können. Auch bei Börsentransaktionen sind die meisten
Privatanleger mit mittel- oder langfristigen Anlagestrategien nicht gezwungen, unmittelbar auf Ereignisse am Markt zu reagieren. Davon abgesehen wird es den meisten
Personen der berufliche Alltag nicht erlauben, den ganzen Tag ständig oder immer
wieder online zu sein. Die Zahl der „Daytrader“, die mehrmals täglich Kauf- und Verkaufstransaktionen durchführen, bleibt vermutlich relativ klein.
Es ist zu erwarten, dass sich Bankdienstleistungen über mobile Endgeräte – nach einer
möglichen „Hype“-Phase – auf einen kleinen Personenkreis konzentrieren werden, der
aus sachlichen Gründen darauf angewiesen ist (z.B. Vermögensverwalter). Das mobile
Banking wird vermutlich nicht zu den Killerapplikationen gehören, die den neuen Mobiltechnologien zum Durchbruch verhelfen.
Eine solche Anwendung könnte z.B. das Durchführen von Bezahlungsvorgängen mit
dem Mobiltelefon sein. Mobiltelefone beinhalten alle technischen Voraussetzungen,
damit der Benutzer eindeutig identifiziert werden kann. Es liegt daher nahe, dies zur
Autorisierung von Zahlungstransaktionen zu nutzen. Egal ob vor Ort an der Tankstelle, am Automaten oder im Internet, der Benutzer wählt eine bestimmte Nummer oder
erhält einen Anruf, gibt sein OK für die Bezahlung und löst so die Transaktion aus.
Die deutsche paybox.net AG zum Beispiel betreibt seit Mai 2000 erfolgreich ein solches System [paybox.net 2001].
8.3.3 Der Kunde als Portalbetreiber
In der vorliegenden Arbeit nimmt die Bank die Rolle des Prozessportalbetreibers ein.
Die Bank wählt also die über das Prozessportal angebotenen Leistungen aus, strukturiert sie und bereitet sie für den Kunden auf. Der Kunde wird dadurch in seinem Pro1
Realisierung i.d.R auf Basis des Wireless Application Protocol (WAP) mit verbindungsorientierter Datenüber-
tragung, zeitabhängiger statt datenvolumenabhängiger Abrechnung und im Vergleich mit i-mode umständlich zu
bedienender Benutzeroberfläche.
156
Fazit und Ausblick
zess unterstützt, da er auf das Know-how der Bank zurückgreifen kann. Andererseits
erhält er aber immer nur Zugang zu einem Teil der am Markt verfügbaren Leistungen
und kann nie sicher sein, dass diese seine Bedürfnisse optimal abdecken [vgl. Stowe
1999].
Als Alternative dazu hätte der Kunde die Möglichkeit, sich sein eigenes Portal zusammenzustellen. Er könnte die Internet-Angebote beliebiger Anbieter in seine eigene
Struktur einordnen und sich so seine eigene Prozessunterstützung aufbauen. Anbieter
wie z.B. www.octopus.com ermöglichen bereits heute die Zusammenstellung eines
solchen persönlichen Portals. Octopus stellt dabei nur die Infrastruktur zur Verfügung,
eine lokal installierbare Software könnte das Gleiche leisten. Operativ erleichtert wird
die Zusammenstellung eines persönlichen Portals zusätzlich durch den Ansatz der automatischen Content Syndication, die Inhalte layoutunabhängig in strukturierter Form
zur Verfügung stellt (vgl. Kapitel 3.1).
Stellt sich der Kunde sein persönliches Portal zusammen, verzichtet er aber auf das
Prozess-know-how und auf die Integrationsleistungen des Portalbetreibers. Daraus
resultiert für den Kunden ein deutlich höherer Aufwand sowohl beim Suchen und
Strukturieren der benötigten Leistungen als auch beim wiederholten operativen Durchführen des Kundenprozesses.
Denkbar wäre die Entstehung auf Kundenprozess-know-how spezialisierter ContentAnbieter. Diese würden für verschiedene Kundenprozesse das Basiswissen, eine
Struktur und eine vordefinierte Menge ausgewählter Leistungsanbieter für die Integration in das persönliche Portal bereitstellen. Diese Grundausstattung kann dann – ohne
den Content-Anbieter einzubeziehen – beliebig erweitert und an persönliche Anforderungen angepasst werden. Allerdings könnten die Leistungen eines solchen Anbieters
nicht mehr kostenlos sein wie das bei heutigen Prozessportalbetreibern durch Quersubventionierung üblich ist.
In nächster Zeit werden die Vorteile eines von einer Bank oder von einem anderen
Unternehmen betriebenen Prozessportals noch überwiegen. Es bleibt abzuwarten, ob
sich die Standardisierung und die Angebote im Bereich der Content Syndication so
weiterentwickeln, dass der Betrieb eines persönlichen Portals sowohl technisch als
auch kostenmässig für Privatanwender interessant wird. In diesem Fall würden sich
vermutlich auch die oben beschriebenen Kundenprozess-know-how-Anbieter etablieren, und die persönlichen Portale könnten die Prozessportale ernsthaft konkurrenzieren. Für die Unternehmen könnte das bedeuten, dass die Aufrecht erhaltung einer längerfristigen Kundenbeziehung immer schwieriger wird.
8.3.4 The Grid
Am europäischen Kernforschungslabor CERN in Genf entwickeln die Erfinder des
World Wide Web derzeit eine neue Anwendung mit dem Namen The Grid
Fazit und Ausblick
157
[Foster/Kesselman 1999; CERN 2000; Heise Online 2000]. Im Gegensatz zum reinen
Abruf vorhandener Informationen im World Wide Web soll die neue Technologie es
ermöglichen, Antworten auf individuelle Anfragen auf der Basis weltweit verfügbarer
Daten zu generieren. Zu diesem Zweck werden Techniken des verteilten Rechnens
eingesetzt.
Wie bei der Entwicklung des WWW stehen auch bei The Grid wissenschaftliche Anwendungen im Vordergrund. In erster Linie sollen die riesigen Datenmengen, die ein
neuer Teilchenbeschleuniger in fünf Jahren liefern wird, mit Hilfe dieser Technologie
weltweit verteilt gespeichert werden und überall nach individuellen Kriterien ausgewertet werden können.
Auch für Anwendungen im geschäftlichen und im privaten Bereich sind vielfältige
Szenarien denkbar. Z.B. könnte ein Immobilienvermittler bei den angebotenen Objekten die geographischen Koordinaten angeben. Der Interessent kann sich dann beispielsweise Luftaufnahmen dieses Ortes abrufen oder die Anzahl der Sonnentage der
letzten zehn Jahre für diesen Fleck berechnen lassen. Eine andere Anwendung wäre
der ad-hoc-Vergleich der Konditionen von Finanzprodukten aller Anbieter nach individuell definierten Kriterien. Während Informationen im WWW grundsätzlich auf eine
grössere Benutzerzahl ausgerichtet sind, genügt in The Grid das Interesse einer einzelnen Person.
Die heutigen personalisierten Informationsangebote basieren meist auf der Auswahl
eines vordefinierten Standardprofils. Mit The Grid könnte diese Art der Personalisierung durch eine echte, individuelle Zusammenstellung von Informationen für jeden
einzelnen Benutzer ersetzt werden. Der Anbieter könnte dazu verschiedene Abfragen
vorbereiten, der Benutzer steuert seine individuellen Parameter bei und erhält eine individuelle Informationszusammenstellung, die nur ihm zur Verfügung steht.
The Grid verfügt über ein grosses Potenzial, die Gestaltung zukünftiger Kundenschnittstellen zu beeinflussen. Viele der Möglichkeiten sind vermutlich heute noch
nicht absehbar. Bis zu einer breiten Verfügbarkeit der Technologie werden vermutlich
noch einige Jahre vergehen. Wie auch beim WWW wird wahrscheinlich erst der Einsatz der neuen Technologie nach und nach das volle Potenzial für geschäftliche Anwendungen erkennen lassen.
Anhang
159
Anhang A: Prozessarchitektur – Aufgabenbeschreibungen
A.1 Aufgaben des Marketingprozesses
Aufgabe: Informationsbereitstellung
Beschreibung
Unabhängig von konkreten Kampagnen stellt die Bank Basisinformationen für den Kunden bereit. Dabei handelt es sich um allgemeine Informationen zu angebotenen Produk ten und Dienstleistungen sowie zum Unternehmen selbst.
Leistungen an
Kampagnenunabhängige Marketinginformationen und allgemeine
andere ProzesProduktinformationen stehen dem Kunden zur Verfügung.
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Cross-Selling und Event-Auswertung
Beschreibung
Auf der Basis verfügbarer Informationsbestände werden CrossSelling-Empfehlungen generiert oder Events analysiert. Diese Informationen dienen als Grundlage für die Zielgruppenselektion bei
den Kampagnen. Die Cross-Selling-Informationen geben Hinweise, welche Zielgruppen eine grosse Abschlusswahrscheinlichkeit
für bestimmte Produkte aufweisen. Events können zum Beispiel
Geburtstage oder bestimmte andere Ereignisse sein, die als Anlass für eine Kundenkontaktierung dienen können.
Leistungen an
Event-Informationen und evtl. auch Cross-Selling-Informationen
andere Prozes- stehen dem Kundenberater auch in den Prozessen Verkauf und
se
Service zur Verfügung.
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional. Die erstellte Leistung
kann als Auslöser bzw. Vorarbeit für die Initialisierung einer Kampagne dienen. Voraussetzung ist die Verfügbarkeit des Informationsbestandes. Diese ist in der Regel für bestehende Kunden gegeben, für Nichtkunden können entsprechende Date nbestände
eingekauft werden.
160
Anhang
Aufgabe: Kampagneninitialisierung
Beschreibung
Bei der Kampagneninitialisierung werden die einzelnen Parameter
einer geplanten Kampagne definiert. Dies sind insbesondere:
?? Zielgruppe der Kampagne
?? Eingesetzte Vertriebskanäle und Medien
?? Zeitliche Planung der Kampagnendurchführung
?? Zielvorgaben für Rücklaufquoten und Deckungsbeitrag
?? Konkrete Ausgestaltung der Kampagne (Briefe, Webseiten,
Skripten für Telefonate, Verkaufshilfen etc.)
Die Zielgruppenselektion erfolgt i. d. R. durch die Anwendung von
Selektions kriterien auf verfügbare Datenbestände. Da dies u. U.
sehr komplex sein kann, wird die Selektion häufig von Experten
durchgeführt, die dann vordefinierte Zielgruppen zur Verfügung
stellen. Es können auch ganze Kampagnen zentral vorinitialisiert
werden. Ggf. besteht die Möglichkeit für den Kundenberater, vo rdefinierte Zielgruppen oder Kampagnen nachzubearbeiten und
einzelne Kunden hinzuzufügen bzw. auszuschliessen.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig. Ggf. muss diese
Aufgabe mehrfach durchgeführt werden, z.B. bei einer zentralen
Vorinitialisierung mit deze ntraler Nachbearbeitung.
Aufgabe: Kampagnendurchführung
Beschreibung
Die Kampagnendurchführung beginnt mit der Auslösung der Kampagne. Dabei wird das zugehörige Informations - bzw. Werbematerial dem Kunden zugänglich gemacht, es kann beispielsweise an
ihn verschickt oder im Webauftritt bereitgestellt werden. In der
Folge werden Rückläufe erfasst und ggf. Nachfassaktionen durchgeführt.
Leistungen an
Der Kunde erhält kampagnenspezifisches Werbe- bzw. Informatiandere Prozesonsmaterial, hauptsächlich Produktinformationen.
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig. Sie kann sich über
einen längeren Zeitraum erstrecken und parallel zu den Aufgaben
Kundenkontaktierung und Kampagnenauswertung (im Sinne einer
Zwischenauswertung) erfolgen.
Anhang
161
Aufgabe: Kundenkontaktierung
Beschreibung
Die Kundenkontaktierung kann sowohl vom Kunden als auch vo n
der Bank initiiert werden. Dabei können beliebige Medien bzw.
Vertriebskanäle genutzt werden. Das Ziel dieser Aufgabe ist es,
einen konkreten Kontakt zu einem potenziellen Kunden (Interessenten) herzustellen, der dann im Verkaufsprozess weiterverfolgt
werden kann. Die Kundenkontaktierung bildet somit die Schnittstelle zum Verkaufsprozess.
Leistungen an
Die Kundenkontaktierung stellt dem Verkaufsprozess konkrete
andere ProzesKontaktinformationen zur Verfügung.
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig. Allerdings erfolgt
diese nicht zwangsläufig in der Folge einer Kampagnendurchführung, sondern i. d. R. parallel dazu oder auch laufend unabhängig
von einer bestimmten Kampagne.
Aufgabe: Kampagnenauswertung
Beschreibung
Die Kampagnenauswertung dient zur Ermittlung des Erfolges einer Kampagne während der Durchführung und nach dem Abschluss. Es werden dabei Rücklaufquoten, Abschlussquoten und
der erzielte Deckungsbeitrag berechnet.
Leistungen an
Die Kampagnenauswertung stellt dem Führungsprozess Informaandere Prozes- tionen über den Kampagnenerfolg zur Verfügung. Der Produktse
entwicklungsprozess erhält allfällige Informationen über neue Produktvorschläge oder Änderungsvorschläge für bestehende
Produkte, die aus den Kundenreaktionen auf die Kampagne bzw.
aus dem Erfolg abgeleitet werden können.
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig. Die Erkenntnisse
aus der Kampagnenauswertung können zur Planung zukünftiger
Kampagnen herangezogen werden.
162
Anhang
A.2 Aufgaben des Verkaufsprozesses
Aufgabe: Vorbereitung auf Kundenberatung
Beschreibung
Der Kundenberater erhält Kontaktinformationen von der Kundenkontaktierung und bereitet sich auf der Basis sämtlicher verfügbaren Kundeninformationen auf die Kundenberatung vor.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional. Je nach Situation, z.B.
bei einer vom Kunden initiierten telefonischen Kontaktierung, ist es
aus Zeitgründen nicht möglich, diese Aufgabe durchzuführen.
Aufgabe: Kundenbedarf analysieren
Beschreibung
Der Kundenberater analysiert den Kundenbedarf auf der Basis der
Angaben des Kunden und durch Nutzung verfügbarer Kundeninformationen. Das Vorgehen bei der Kundenbedarfsanalyse ist
Kernkompetenz der einzelnen Banken und daher unternehmensspezifisch. Das Ziel ist die Ermittlung aller Informationen, um dem
Kunden eine auf seine Bedürfnisse und Rahmenbedingungen zugeschnittene Dienstleistung anzubieten.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional. Je genauer der Kunde
seine Bedürfnisse kennt, desto weniger aufwändig ist die Bedarfsanalyse. Ausserdem bestimmt die Komplexität der betroffenen
Produkte die Notwendigkeit.
Anhang
163
Aufgabe: Beratungsempfehlung
Beschreibung
Auf der Basis der Kundenbedarfsanalyse bzw. des vom Kunden
formulierten Bedarfes erstellt der Kundenberater eine Beratungsempfehlung. Diese beinhaltet eine oder mehrere Produkte oder
Dienstleistungen, die auf die konkreten Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind. Wie bei der Bedarfsanalyse ist auch hier das Vorgehen Kernkompetenz der einzelnen Banken und daher unternehmensspezifisch.
Leistungen an
Der Kunde erhält eine Beratungsempfehlung, die einen oder mehandere Prozes- rere Vorschläge zur Abdeckung seiner Bedürfnisse beinhaltet.
se
Dies schliesst oft Modellrechnungen und kundenindividuelle Berechnungen ein.
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional. Interessiert sich der
Kunde zum Beispiel explizit für ein bestimmtes Produkt, so kann
der Kundenberater direkt zur Produktpräsentation übergehen.
Aufgabe: Produkte präsentieren
Beschreibung
Der Kundenberater gibt dem Kunden Detailinformationen zu den
Produkten, für die er sich näher interessiert. Neben den direkten
Produktinformationen zeigt der Berater auch die Vor- und Nachteile der einzelnen Produkte für den konkreten Bedarf des Kunden
auf.
Leistungen an
Der Kunde erhält Produktinformationen und zusätzliche Erläuteandere Prozesrungen.
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional. Ist der Kunde bereits
informiert, kann diese Aufgabe übersprungen werden.
Aufgabe: Individuelles Angebot erstellen
Beschreibung
Hat sich der Kunde für einen Vorschlag entschieden, so unterbreitet der Kundenberater ihm ein individuelles Angebot. Die enthaltenen Konditionen sind auf den einzelnen Kunden abgestimmt.
Leistungen an
andere Prozes- Der Kunde erhält ein Angebot.
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig. Das Angebot kann
jedoch implizit im Vertrag enthalten sein.
164
Anhang
Aufgabe: Konditionen vereinbaren
Beschreibung
Der Kundenberater vereinbart mit dem Kunden individuelle Konditionen für das Produkt. Dies ist i. d. R. speziell bei komplexeren
Produkten wie z.B. Hypotheken üblich.
Leistungen an
andere Prozes- Der Kunde erhält ggf. neue Angebote.
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional. Bei vielen Produkten
besteht kein Spielraum für die individuelle Vereinbarung von Konditionen.
Aufgabe: Vertrag abschliessen
Beschreibung
Der Kunde akzeptiert ein Angebot, und Bank und Kunde unte rzeichnen eine n Vertrag.
Leistungen an
Der Kunde erhält einen Vertrag. Der Leistungserstellungsprozess
andere Prozes- erhält die Vertragsdaten und den Auftrag, die vereinbarten Leisse
tungen für den Kunden zu erstellen.
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Nachbearbeitung und Datenpflege
Beschreibung
Der Kundenberater legt neu gewonnene Informationen über den
Kunden ab, so dass diese für eine spätere Verwendung zur Verfügung stehen.
Leistungen an
Die Kundeninformationen stehen verschiedenen anderen Prozesandere Prozes- sen zur Verfügung, z.B. Service, Marketing, Produktentwicklung
se
etc.
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Anhang
165
A.3 Aufgaben des Serviceprozesses
Für die Bearbeitung allgemeiner Anfragen und Beschwerden sind folgende Aufgaben
definiert:
Aufgabe: Anfrage entgegennehmen
Beschreibung
Der Kunde kontaktiert die Bank, um eine Anfrage, Reklamation
oder Beschwerde zu übermitteln. Bei einer Anfrage kann es sich
beispielsweise um Fragen zur Produktnutzung, zum aktuellen
Kontostand, zu Gebühren für bestimmte Transaktionen etc. ha ndeln. Reklamationen betreffen konkrete Fehler, welche der Bank
zum Beispiel bei der Produktbereitstellung oder bei der Abwicklung von Nutzungsaufträgen unterlaufen sind. Beschwerden
betreffen unspezifische Unzufriedenheiten des Kunden, z.B. mit
einem bestimmten Mitarbeiter etc.
Der Kundenberater nimmt die Informationen vom Kunden entgegen und legt diese ab. Der entsprechende Service-Teilprozess
wird dadurch ausgelöst.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Auskunft erteilen oder Servicetätigkeit durchführen
Beschreibung
Der Service-Mitarbeiter erteilt dem Kunden die gewünschte Auskunft bzw. informiert ihn über die Behebung reklamierter Fehler
oder die Bearbeitung der Beschwerde. Soweit erforderlich werden
Spezialisten hinzugezogen. Ggf. wird eine Servicetätigkeit wie z.B.
eine Reparatur durchgeführt.
Leistungen an
Der Kunde erhält allgemeine Auskünfte zu Produkten und Dienstandere Prozes- leistungen oder über seine persönlichen Daten. Im Rahmen eines
se
Prozessportals erhält er auch Zugang zu seinen persönlichen Einstellungen und zu Unterlagen, die der Bank zur Verwahrung gegeben wurden.
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
166
Anhang
Aufgabe: Beschwerden bearbeiten
Beschreibung
Der Service-Mitarbeiter bearbeitet die Beschwerde bzw. Reklamation, indem er die Ursache ermittelt und entsprechend für Abhilfe
sorgt.
Leistungen an
Unterschiedlich, Reklamatione n müssen meist an den Leistungsandere Prozes- erstellungsprozess übermittelt werden, um den Fehler zu behese
ben.
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Beschwerden auswerten
Beschreibung
Ein Service-Mitarbeiter wertet regelmässig die Beschwerden und
Rekla mationen aus, um daraus Schwachstellen im Leistungsspektrum und in der Abwicklung aufzudecken. Diese Informationen dienen zur Verbesserung des Angebotes der Bank. Die Auswertung ermöglicht ausserdem die Ermittlung der
Kundenzufriedenheit als Führungsgrösse.
Aus Beschwerden und Anfragen werden auch Cross-Selling Informationen abgeleitet und dem Marketingprozess zur Verfügung gestellt.
Leistungen an
Die Auswertungsergebnisse werden an den Führungsprozess soandere Prozes- wie ggf. auch an die Produktentwicklung bzw. an die Leistungserse
stellung übergeben.
Cross-Selling -Informationen werden für den Marketingprozess
bereitgestellt.
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Anhang
167
Die im Folgenden beschriebenen Aufgaben decken die Bearbeitung von Nutzungsaufträgen und von Kundenbenachrichtigungen ab:
Aufgabe: Auftrag entgegennehmen
Beschreibung
Der Kunde übermittelt der Bank einen Nutzungsauftrag. Dabei
kann es sich zum Beispiel um einen Überweisungsauftrag in Bezug auf ein Zahlungsverkehrskonto oder um eine Wertpapierorder
in Bezug auf ein Wertpapierdepot handeln. Der Servicemitarbeiter
(bzw. ein Informations system) nimmt den Auftrag entgegen. Der
entsprechende Serviceteilprozess wird dadurch ausgelöst.
Einen Spezialfall der Auftragsentgegennahme stellt die Vertragskündigung (z.B. Kontoauflösung) dar. Diese löst i. d. R. zusätzliche Aktionen zur Kundenrückgewinnung aus.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Auftragsausführung auslösen
Beschreibung
Der Servicemitarbeiter (bzw. ein Informationssystem) übermittelt
den Nutzungsauftrag an den Leistungserstellungsprozess zur Ausführung.
Leistungen an
andere Prozes- Der Leistungserstellungsprozess erhält den Nutzungsauftrag.
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Benachrichtigung entgegennehmen
Beschreibung
Der Servicemitarbeiter (bzw. ein Informationssystem) nimmt vom
Leistungserstellungsprozess eine Benachrichtigung zur Übermittlung an einen bestimmten Kunden entgegen. Diese Benachrichtigung kann auf einen vorher erteilten Nutzungsauftrag folgen (z.B.
Auftragsbestätigung), kann aber auch von der Bank initiiert we rden (z.B. monatlicher Kontoauszug).
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
168
Anhang
Aufgabe: Kunden benachrichtigen
Beschreibung
Der Service-Mitarbeiter (bzw. ein Informationssystem) übermittelt
die Nachricht an den Kunden. Ggf. erfolgt lediglich eine Bereitste llung, die Übermittlung wird dann zu vordefinierten Zeitpunkten
gesammelt durchgeführt oder vom Kunden bei Bedarf initiiert.
Leistungen an
Der Kunde erhält eine Benachrichtigung. Dabei handelt es sich um
andere Prozes- Bestätigungen von Nutzungsaufträgen und um Belege wie z.B.
se
Kontoauszüge.
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
A.4 Aufgaben des Kundenprozessunterstützungs-Prozesses
Aufgabe: Präferenzen und Dokumente speichern
Beschreibung
Der Kunde übermittelt der Bank Präferenzen und Einstellungen für
die persönliche Homepage oder Unterlagen zur Verwahrung. Die
Bank speichert diese Informationen. Die persönlichen Einstellungen werden in Kundenprofilen abgelegt, die später als Grundlage
für die Generierung von persönlichen Homepages dienen. Andere
Unterlagen werden im Rahmen der Kundenprozessunterstützung
für den Kunden archiviert.
Kundeninformationen, die im Rahmen der Produktbereitstellung
oder -abwicklung entstehen, stellt der Leistungserstellungsprozess
zur Speicherung im Kundenprofil bereit.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig, sofern die entsprechenden Leistungen im Rahmen eines Prozessportals erbracht
werden sollen.
Anhang
169
Aufgabe: Persönliche Informationen bereitstellen
Beschreibung
Die Bank stellt dem Kunden personalisierte Informationen sowie
für ihn archivierte Unterlagen bereit. In der Regel geschieht dies in
Form einer persönlichen Homepage, die auf Basis eines gespeicherten Kundenprofils generiert wird.
Leistungen an
Der Kunde erhält personalisierte Informationen sowie archivierte
andere ProzesUnterlagen.
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig, sofern die entsprechenden Leistungen im Rahmen eines Prozessportals erbracht
werden sollen.
Aufgabe: Regelmässig Ereignisse prüfen
Beschreibung
Im Rahmen der Kundenprozessunterstützung können Ereignisse
definiert werden, bei denen der Kunde ein Benachrichtigung
wünscht, z.B. bestimmte Fälligkeitstermine, Kursschwankungen
etc. Das Eintreten dieser Ereignisse muss laufend geprüft werden,
um ggf. ein Benachrichtigung auszulösen.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig, sofern die entsprechenden Leistungen im Rahmen eines Prozessportals erbracht
werden sollen.
Aufgabe: Kunden benachrichtigen
Beschreibung
Der Kunde wird über ein eingetretenes Ereignis benachrichtigt.
Leistungen an
andere Prozes- Ereignisgesteuerte Benachrichtigung
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig, sofern die entsprechenden Leistungen im Rahmen eines Prozessportals erbracht
werden sollen.
170
Anhang
A.5 Aufgaben des Portalbetriebsprozesses
Aufgabe: Interne Erstellungsmöglichkeit prüfen
Beschreibung
Auslöser für den Prozess ist der Bedarf nach neuen Portalinhalten, der z.B. von der Produktentwicklung kommen kann. Zunächst prüft die Bank, ob sie die Inhalte selbst erstellen kann, oder
ob externe Partner beauftragt werden müssen. Ist die Erstellung
zwar im eigenen Konzern möglich, aber in einer anderen Organisationseinheit, so ist diese aus Prozesssichtweise möglicherweise
auch als externer Partner zu betrachten.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung dieser Aufgabe ist beim Betrieb eines Portals
notwendig.
Aufgabe: Portalinhalte extern beschaffen
Beschreibung
Für extern zu beschaffende Portalinhalte muss ein geeigneter
Partner gesucht und ausgewählt werden. Mit diesem wird ein Vertrag über die Kooperation im Rahmen des Prozessportals abgeschlossen. Der Partner wird mit der Erstellung der Inhalte beauftragt.
Leistungen an
Vertrag mit externem Partner
andere ProzesAuftrag an externen Partner
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig, sofern nicht alle Inhalte selbst erstellt werden können.
Aufgabe: Portalinhalte erstellen
Beschreibung
Die Bank erstellt die Inhalte für das Portal. In der Regel sind dabei
verschiedene Autoren involviert. Die Inhalte umfassen alle standardisierten Zusatzleistungen wie z.B. Checklisten, Fachinformationen etc.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung dieser Aufgabe ist beim Betrieb eines Portals
notwendig.
Anhang
171
Aufgabe: Portalinhalte bereitstellen
Beschreibung
Die selbst erzeugten Inhalte und die Inhalte der Partner werden im
Portal bereitgestellt. Für die administrativen Aufgaben im Rahmen
der Bereitstellung sind die Content Management Prozesse zuständig.
Leistungen an
Die Inhalte werden dem Kunden in seinem Kundenprozess zur
andere ProzesVerfügung gestellt.
se
Notwendigkeit
Die Durchführung dieser Aufgabe ist beim Betrieb eines Portals
notwe ndig.
Aufgabe: Portalinhalte pflegen
Beschreibung
Die Portalinhalte werden von der Bank und von den externen
Partnern regelmässig und bei Bedarf gepflegt und aktualisiert. Für
die administrativen Aufgaben im Rahmen der Pflege sind die Content Management Prozesse zuständig.
Diese Aufgabe umfasst auch die Überwachung und Moderation
der Infrastrukturleistungen wie Diskussionsforen, Chats, Auktionen
etc.
Leistungen an
Die aktualisierten Inhalte werden dem Kunden in seinem Kundenandere Prozesprozess zur Verfügung gestellt.
se
Notwendigkeit
Die Durchführung dieser Aufgabe ist beim Betrieb eines Portals
notwendig.
A.6 Aufgaben des Produktentwicklungsprozesses
Aufgabe: Produktvorschlag auswerten
Beschreibung
Produktvorschläge können vom Führungsprozess in Form strategischer Vorgaben, aus dem Marketingprozess von der Kampagnenauswertung, aus dem Serviceprozess vom Beschwerdemanagement kommen oder im Produktentwicklungsprozess selbst
entstehen. Das Produktmanagement wertet die Vorschläge aus
und selektiert die umzusetzenden Produktvorschläge.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
172
Anhang
Aufgabe: Produkt spezifizieren
Beschreibung
Das Produktmanagement legt die Eigenschaften und Konditionen
des neuen Produktes fest. Dabei berücksichtigt es Kundenanforderungen, Kompatibilität zur eigenen Produktpalette, Konkurrenzprodukte, Abwicklungsmöglichkeiten etc.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Pretest durchführen
Beschreibung
Das neue Produkt wird an einem ausgewählten Kundenkreis getestet. Dabei werden für den Testfall die Marketing- und Verkaufsprozesse durchlaufen. Auf Basis der Testergebnisse werden die
Produktspezifikationen ggf. angepasst oder das Produkt sogar
verworfen.
Leistungen an
Produktspezifikationen und Vorgaben für den Pretest werden an
andere Prozesdie Prozesse Marketing und Verkauf übermittelt.
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional. Soll beispielsweise ein
erfolgreiches Konkurrenzprodukt kopiert und schnell auf den Markt
gebracht werden, so kann auf den Pretest verzichtet werden.
Aufgabe: Vermarktung planen
Beschreibung
Das Produktmanagement legt eine Vermarktungsstrategie fest
und erstellt Vorgaben für Kampagnen und Marketingmaterial. Dies
beinhaltet Informationen über anzusprechende Kunden, Verkaufsargumente, Produktpositionierung etc.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Anhang
173
Aufgabe: Controlling planen
Beschreibung
Das Produktmanagement definiert die Kennzahlen zur späteren
Ermittlung des Produkterfolges.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Produktinformationen bereitstellen
Beschreibung
Das Produktmanagement initiiert die Vermarktung des neuen Produktes, indem die erforderlichen Informationen bereitgestellt we rden. Diese dienen dem Marketingprozess zur Kampagnenplanung, dem Verkaufsprozess zur Kundenberatung bezüglich des
neuen Produktes, dem Serviceprozess zur Beantwortung von Anfragen zum neuen Produkt, dem Leistungserstellungsprozess zur
korrekten Abwicklung und dem Führungsprozess zur Messung
des Produkterfolges. Der Portalbetriebsprozess erhält Informationen über den Leistungsumfang des Portals, die als Ausgangslage
für die Erstellung der Portalinhalte dienen.
Leistungen an
Produktinformationen werden verschiedenen Prozessen zur Verandere Prozesfügung gestellt.
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
A.7 Aufgaben des Leistungserstellungsprozesses
Aufgabe: Produkt bereitstellen
Beschreibung
Auf Basis der vom Verkaufsprozess erhaltenen Vertragsdaten
werden die erforderlichen Produktbestandteile erstellt. Dabei ha ndelt es sich um physische Komponenten wie z.B. die Produktion
einer Kreditkarte und um informations technische Komponenten
wie z.B. die Einrichtung eines Kontos im Abwicklungssystem.
Leistungen an
Die physischen Komponenten werden einem Logistikprozess zur
andere Prozes- Lieferung an den Kunden bereitgestellt.
se
Kundenbezogene Informationen über die Produktnutzung erhält
der Kundenprozessunterstützungs-Prozess zur Speicherung im
Kundenprofil.
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
174
Anhang
Aufgabe: Auftrag ausführen
Beschreibung
Ein vom Serviceprozess erhaltener Nutzungsauftrag wird ausgeführt.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Benachrichtigung erstellen
Beschreibung
Benachrichtigungen im Zusammenhang mit einer Produktnutzung
werden erstellt. Auslöser kann die Bereitstellung eines Produktes
oder die Ausführung eines Nutzungsauftrags sein, aber auch ein
bestimmter Zeitpunkt z.B. bei der Erstellung von monatlichen Kontoauszügen oder ein bankseitiges Ereignis wie die Änderung von
Konditionen, über die der Kunde informiert werden muss.
Leistungen an
Die Benachrichtigung wird dem Serviceprozess zur Übermittlung
andere Prozesan den Kunden übergeben.
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
A.8 Aufgaben des Führungsprozesses
Aufgabe: Vision, Strategie, Ziele vorgeben
Beschreibung
Die Geschäftsleitung gibt die Vision, Strategie und Ziele für die
Bank bzw. den Geschäftsbereich vor und schafft damit auf oberster Ebene Rahmenbedingungen.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Budgetierung durchführen
Beschreibung
Die Geschäftsleitung gibt ein Gesamtbudget vor und legt somit
u.a. Vorgaben für die Produktentwicklung und das Marketing fest.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Anhang
175
Aufgabe: Marktanalyse durchführen
Beschreibung
Die Geschäftsleitung lässt Marktanalysen durchführen, um die
Positionierung des eigenen Leistungsspektrums zu pla nen.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional.
Aufgabe: Absatzplanung durchführen
Beschreibung
Die Geschäftsleitung führt eine produktübergreifende Absatzplanung durch. Diese dient als Vorgabe für die Produktentwicklung,
das Marketing und den Verkauf.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Pläne, Berichte bereitstellen
Beschreibung
Die Geschäftsleitung fasst die Vorgaben in Form von Plänen und
Berichten zusammen und stellt diese zur Detailplanung zur Verfügung.
Leistungen an
Die Pläne und Berichte stehen den betroffenen Prozessen zur
andere ProzesVerfügung.
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Berichte auswerten
Beschreibung
Die Berichte aus den verschiedenen Prozessen werden gesammelt und ausgewertet und dienen als Vorgabe für den nächsten
Durchlauf des Führungsprozesses.
Leistungen an
andere Prozes- Keine
se
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
176
Anhang
Anhang B: Prozessportal für Erbschaft und Bestattung
B.1 Aufgaben im Kundenprozess des Erblassers
Aufgabe: Vermögenssituation analysieren
Aufgabenträger Erblasser
Beschreibung
Der Erblasser erstellt eine Übersicht über alle vorhandenen Vermögenswerte. Diese Übersicht ist Voraussetzung für eine gezielte
Erbschaftsplanung, für die Erstellung eines detaillierten Testaments sowie für die Analyse der steuerlichen Konsequenzen der
Erbschaft.
Konsumierte
?? Checkliste und Strukturierungshilfe zur Vermögensaufstellung
Leistungen
?? Kontoauszüge, Depotauszüge, Versicherungspolicen, andere
Belege über extern verwaltete Vermögenswerte
?? Rechnungen, Wertschätzungen
Produzierte
?? Vermögensübersicht
Leistungen
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Erbschaft und Schenkungen steueroptimiert planen
Aufgabenträger Erblasser
Beschreibung
Der Erblasser plant die Erbschaft im Detail. Dabei legt er zunächst
unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rahmenbedingungen
fest, wie die Vermögenswerte auf die Erben aufgeteilt werden sollen. Anschliessend werden die steuerlichen Konsequenzen für die
Erben analysiert und die steuergünstigste Gestaltungsmöglichkeit
der Erbschaft ermittelt. Ggf. wird ein Schenkungsplan erstellt, um
bereits vor dem Tod des Erblassers Teile des Vermögens an die
Erben zu übertragen.
Konsumierte
?? Vermögensübersicht
Leistungen
?? Checkliste zur Erbschaftsplanung
?? Informationen über rechtliche Rahmenbedingungen (gesetzliche Erbfolge, Pflichtteile, Erbschaftssteuer/Freibeträge etc.)
?? Informationen über steuerliche Optimierungsmöglichkeiten
?? Steuerrechtliche Beratung
Produzierte
?? Erbschaftsplan
Leistungen
?? Schenkungsplan (optional)
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Anhang
177
Aufgabe: Testament / Erbvertrag erstellen
Aufgabenträger Erblasser
Beschreibung
Auf der Basis des Erbschaftsplanes wird ein rechtsgültiges Testament erstellt. Je nach Situation kann auch mit dem/den Erben
ein Erbvertrag abgeschlossen werden.
Konsumierte
?? Erbschaftsplan
Leistungen
?? Checkliste zur Erstellung von Testamenten und Erbverträgen
?? Informationen über rechtliche Rahmenbedingungen (Pflichtteile, eigenhä ndiges Testament, öffentliches Testament)
?? Mustertestamente
?? Verzeichnis zuständiger Notare
?? Notarielle Dienstleistungen
Produzierte
?? Testament und/oder Erbvertrag
Leistungen
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional. Ohne Testament tritt
die gesetzliche Erbfolge in Kraft.
Aufgabe: Bestattung planen
Aufgabenträger Erblasser
Beschreibung
Der Erblasser legt seine Wünsche zur Durchführung von Bestattung und Trauerfeier fest. Dabei können festgelegt werden:
?? Art der Bestattung (Erdbestattung, Feuerbestattung, Seebestattung)
?? Ort der Trauerfeier
?? Redner bei der Trauerfeier (z.B. Pfarrer)
?? Friedhof
?? Sarg, Urne, Kleidung etc.
?? Beauftragtes Bestattungsinstitut
?? Adressen für Empfänger der Trauerbriefe
Konsumierte
?? Checkliste zur Bestattungsplanung
Leistungen
?? Verzeichnis von Friedhöfen, Kapellen, Kirchen und Orten für
weltliche Trauerfeiern, Rednern
?? Verzeichnis von Bestattungsunternehmen
?? Katalog von Särgen, Urnen etc.
Produzierte
?? Plan für Bestattung und Trauerfeier
Leistungen
?? Angebot oder Kostenaufstellung für Bestattung
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional.
178
Anhang
Aufgabe: Finanzierung der Bestattung sicherstellen
Aufgabenträger Erblasser
Beschreibung
Der Erblasser ermittelt die voraussichtlichen Kosten für Bestattung
und Trauerfeier und stellt die Finanzierung sicher. Dies kann geschehen, indem er im Testament festlegt, welcher Erbe die Kosten
zu tragen hat, oder indem er selbst die entsprechenden Mittel bereitstellt, z.B. in Form eines Sparbuches oder einer Versicherung.
Konsumierte
?? Plan für Bestattung und Trauerfeier
Leistungen
?? Angebot oder Kostenaufstellung für Bestattung
?? Finanzprodukte (Anlageprodukt, Versicherung)
Produzierte
?? Finanzierungsplan
Leistungen
?? Bereitgestellte finanzielle Mittel
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional.
Aufgabe: Schenkungsplan durchführen
Aufgabenträger Erblasser
Beschreibung
Der Erblasser führt die im Schenkungsplan festgelegten Sche nkungen an die Erben zu den festgelegten Terminen durch.
Konsumierte
?? Schenkungsplan
Leistungen
?? Erinnerung an Schenkungstermin
Produzierte
?? Auftrag für Zahlungstransaktion
Leistungen
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional. Sie ist dann notwendig,
wenn ein Schenkungsplan festgelegt worden ist.
Anhang
179
Aufgabe: Veränderungen in Planung einbeziehen
Aufgabenträger Erblasser
Beschreibung
Der Erblasser überprüft regelmässig, ob Veränderungen seiner
Vermögens situation oder andere Einflüsse eine Anpassung der
Planung notwendig machen. Gegebenenfalls passt er die Planung
der geänderten Situation an.
Konsumierte
?? Vermögensübersicht
Leistungen
?? Erbschaftsplan
?? Schenkungsplan
?? Testament / Erbvertrag
?? Plan für Bestattung und Trauerfeier
?? Informationen über rechtliche Änderungen
Produzierte
?? Angepasste Planung / Dokumente
Leistungen
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
B.2 Aufgaben im Kundenprozess des Erben
Aufgabe: Arzt und Angehörige benachrichtigen
Aufgabenträger Erbe, Krankenhauspersonal oder andere Person
Beschreibung
Die Person, die als erste Kenntnis vom Tod des Erblassers nimmt,
ist ve rpflichtet, einen Arzt zu verständigen. Dieser stellt den Tod
fest und stellt einen Totenschein aus. Ggf. sind zusätzlich die
nächsten Angehörigen des Verstorbenen zu verständigen.
Stirbt der Erblasser im Krankenhaus oder Altersheim, so wird diese Aufgabe vom Pflegepersonal durchgeführt. Tritt der Tod zu
Hause ein, so ist es die Aufgabe der anwesenden Personen –
häufig sind dies Angehörige, die gleichzeitig Erben sind.
Konsumierte
?? Telefonnummer des Hausarztes oder Notarztes
Leistungen
Produzierte
?? Totenschein
Leistungen
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
180
Anhang
Aufgabe: Bestatter mit Überführung beauftragen
Aufgabenträger Erbe
Beschreibung
Der Verstorbene muss vom Sterbeort in eine Leichenhalle transportiert werden, in der er bis zur Beisetzung aufbewahrt bzw. aufgebahrt wird. Diese Überführung führt in der Regel ein Bestattungsunternehmen durch, das ein Angehöriger beauftragen muss.
Möglicherweise hat der Verstorbene im Rahmen einer Bestattungsplanung bereits ein Bestattungsunternehmen ausgesucht
und entsprechende Vereinbarungen getroffen, so dass dieses nur
noch verständigt werden muss.
Konsumierte
?? Checkliste für Bestattung
Leistungen
?? Plan für Bestattung und Trauerfeier
?? Verzeichnis von Bestattungsunternehmen
Produzierte
?? Auftrag für Überführung
Leistungen
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Sterbeurkunde beantragen
Aufgabenträger Erbe
Beschreibung
Der Erbe oder eine von ihm beauftragte Person (z.B. Bestattungsunternehmen) muss beim Standesamt eine Sterbeurkunde beantragen. Dazu müssen Tote nschein und weitere Dokumente des
Verstorbenen vorgelegt werden.
Konsumierte
?? Checkliste für Bestattung
Leistungen
?? Plan für Bestattung und Trauerfeier
?? Adresse des zuständigen Standesamtes
?? Totenschein
?? Dokumente des Verstorbenen (Personalausweis, Geburtsurkunde etc.)
Produzierte
?? Sterbeurkunde
Leistungen
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Anhang
181
Aufgabe: Bank, Arbeitgeber, Versicherung informieren
Aufgabenträger Erbe
Beschreibung
Der Erbe informiert Bank(en) und Versicherungen des Verstorbenen sowie ggf. den Arbeitgeber des Verstorbenen. In der Regel
muss die Sterbeurkunde vorgelegt werden. Banken werden auf
Grund dieser Information i.d.R. die Konten des Verstorbenen sperren, Versicherungen können die Auszahlung von Leistungen aus
einer Lebensversicherung vorbereiten etc.
Konsumierte
?? Checkliste für Bestattung
Leistungen
?? Plan für Bestattung und Trauerfeier
?? Bankverbindungen und Versicherungsverträge des Erblassers
?? Adresse des Arbeitgebers
?? Sterbeurkunde
Produzierte
?? Benachrichtigungen
Leistungen
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
182
Anhang
Aufgabe: Bestattung und Trauerfeier organisieren
Aufgabenträger Erbe
Beschreibung
Der Erbe organisiert Bestattung und Trauerfeier. Möglicherweise
hat der Verstorbene bereits zu Lebzeiten Vereinbarungen getroffen und im Rahmen eines Planes festgehalten. In der Regel wird
der Erbe die Dienstleistungen eines Bestattungsunternehmens in
Anspruch nehmen. Die folgenden Punkte müssen organisiert werden:
?? Ggf. Bestattungsunternehmen beauftragen
?? Art der Bestattung (Erdbestattung, Feuerbestattung, Seebestattung)
?? Ort der Trauerfeier
?? Redner bei der Trauerfeier (z.B. P farrer)
?? Friedhof
?? Sarg, Urne, Kleidung etc.
?? Anzeige in Zeitung
?? Trauerbriefe/Einladungen versenden
Konsumierte
?? Checkliste für Bestattung
Leistungen
?? Plan für Bestattung und Trauerfeier
?? Verzeichnis von Bestattungsunternehmen
?? Katalog von Särgen, Urnen etc.
?? Adressen der Empfänger der Trauerbriefe
?? Verzeichnis von Tageszeitungen für Traueranzeigen
Produzierte
?? Diverse Aufträge zur Durchführung von Bestattung und TrauerLeistungen
feier
?? Trauerbriefe, Anzeige
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Gedenkstein anfertigen lassen, Grabpflege organisieren
Aufgabenträger Erbe
Beschreibung
Der Erbe lässt einen Grabstein anfertigen, legt das Grab an oder
beauftragt eine Person damit und organisiert die Grabpflege.
Konsumierte
?? Checkliste für Bestattung
Leistungen
?? Plan für Bestattung und Trauerfeier
?? Verzeichnis von Steinmetzen
?? Verzeichnis von Grabpflege-Dienstleistern
Produzierte
?? Auftrag an Steinmetz
Leistungen
?? Auftrag an Grabpflege-Dienstleister
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Anhang
183
Aufgabe: Testament beim Amtsgericht einreichen
Aufgabenträger Erbe
Beschreibung
Existiert ein eigenhändiges Testament, so muss der Erbe dies
beim Amtsgericht (Nachlassgericht) einreichen. Ein vorhandenes
notarielles Testament wird dem Amtsgericht automatisch übermittelt.
Konsumierte
?? Checkliste für Erbschaften
Leistungen
?? Testament
Produzierte
?? Eingereichtes Testament
Leistungen
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional.
Aufgabe: Prüfen, ob Erbschaft angetreten werden soll
Aufgabenträger Erbe
Beschreibung
Nicht in jedem Fall ist es für den Erben vorteilhaft, das Erbe anzutreten. Ist der Erblasser z.B. stark verschuldet, werden die Hinterbliebenen das Erbe i.d.R. nicht antreten. Es ist daher anhand des
Testaments und der Vermögenssituation des Erblassers zu prüfen, ob es sinnvoll ist, das Erbe anzutreten.
Konsumierte
?? Checkliste für Erbschaften
Leistungen
?? Testament
?? Unterlagen über die Vermögenssituation des Erblassers
Produzierte
?? Entscheidung, ob Erbe angetreten wird
Leistungen
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional.
184
Anhang
Aufgabe: Erbschein beantragen
Aufgabenträger Erbe
Beschreibung
Der Erbschein ist ein amtliches Zeugnis, in dem bekundet wird,
wer Erbe ist und welchen Verfügungsbeschränkungen der Erbe
unterliegt. Mit dem Erbschein wird es dem Erben ermöglicht, über
die Erbschaft zu verfügen. Der Erbe muss den Erbschein beim
Amtsgericht beantragen.
Konsumierte
?? Checkliste für Erbschaften
Leistungen
Produzierte
?? Erbschein
Leistungen
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional. Für viele Zwecke reicht
eine beglaubigte Kopie des Testaments oder Erbvertrags.
Aufgabe: Bankverbindungen regeln
Aufgabenträger Erbe
Beschreibung
Der Erbe veranlasst die Auflösung der Konten des Erblassers und
die Übertragung der Vermögen an die berechtigen Erben. Der
Bank muss dazu der Erbschein vorgelegt werden.
Konsumierte
?? Checkliste für Erbschaften
Leistungen
?? Erbschein
Produzierte
?? Auftrag an Bank zur Vermögensübertragung und KontoauflöLeistungen
sung
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Anhang
185
Aufgabe: Haushalt auflösen, Verträge kündigen
Aufgabenträger Erbe
Beschreibung
Hat der Erblasser alleine gelebt, so muss der Erbe den Haushalt
des Verstorbenen auflösen. Dies kann er selbst vornehmen oder
eine professionelle Dienstleistung in Anspruch nehmen. Ausserdem sind bestehende Verträge (Strom, Wasser, Abonnements,
Mitgliedschaften, Spendenaufträge etc.) zu kündigen sowie Krankenkasse, Rentenanstalt und Versicherungen zu informieren.
Konsumierte
?? Checkliste für Bestattung
Leistungen
?? Plan für Bestattung und Trauerfeier
?? Bestehende Verträge etc. des Erblassers
?? Verzeichnis von Unternehmen für die Haushaltsauflösung
Produzierte
?? Diverse Aufträge und Vertragskündigungen
Leistungen
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional.
Aufgabe: Erbschaft antreten
Aufgabenträger Erbe
Beschreibung
Der Erbe übernimmt die ihm zufallenden Vermögenswerte des
Erblassers. Ggf. müssen z.B. Grundbucheintragungen geändert
werden.
Konsumierte
?? Checkliste für Erbschaften
Leistungen
?? Erbschein
?? Testament
?? Erbvertrag
Produzierte
?? Aufträge zur Vermögensübertragung
Leistungen
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist notwendig.
Aufgabe: Vermögen anlegen
Aufgabenträger Erbe
Beschreibung
Der Erbe legt seine durch die Erbschaft neue erworbenen Vermögen sinnvoll an.
Konsumierte
?? Checkliste zur Anlage von Erbschaften
Leistungen
?? Beratungsleistungen zur Geldanlage
Produzierte
?? Aufträge zur Geldanlage (z.B. Aktienkäufe etc.)
Leistungen
Notwendigkeit
Die Durchführung der Aufgabe ist optional.
186
Anhang
B.3 Leistungen des Prozessportals
Leistung: Checkliste und Strukturierungshilfe zur Vermögensaufstellung
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Vermögenssituation analysieren
zess
Beschreibung
Checklisten, Formulare und interaktive Softwarelösungen
unterstützen den Erblasser beim Erstellen einer vollständigen Vermögensübersicht.
Leistungserbringer
?? Bank
Leistungsart
?? Zusatzleistung / Checkliste
Prozess / Aufgabe
?? Portalbetrieb / Portalinhalte bereitstellen
beim Portalbetreiber
?? Verkauf / Kundenbedarf analysieren
(Bank)
Aufwand und Nutzen Die Durchführung einer Vermögens- bzw. Kundenanalyse
für den Leistungsgehört zu den Kernkompetenzen einer Bank. I.d.R. existieren
erbringer
hierfür Softwarelösungen, die – ggf. leicht angepasst – eingesetzt werden können. Der Aufwand ist daher sehr klein.
Durch die Vermögensaufstellung erhält die Bank Informationen über Vermögenswerte des Kunden bei anderen Banken
und Versicherungen sowie über Sachwerte. Diese Informationen können gezielt verwendet werden, um dem Kunden
geeignete Anlageprodukte zu verkaufen.
Anhang
187
Leistungen:
?? Kontoauszüge, Depotauszüge, Versicherungspolicen, andere Belege über extern
verwaltete Vermögenswerte
?? Rechnungen und Wertschätzungen
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Vermögenssituation analysieren
zess
Beschreibung
Die Belege über Vermögenswerte dienen als Grundlage für
die Vermögensaufstellung. Die Bank kann Belege über alle
bei der Bank vorhandenen Vermögenswerte des Kunden
bereitstellen, z.B. Kontoauszüge, Depotauszüge, Versicherungspolicen. Belege über selbst verwaltete und von Dritten
verwaltete Vermögenswerte muss der Kunde selbst bereitstellen, z.B. Rechnungen, Wertschätzungen etc.
Leistungserbringer
?? Bank / Kunde
Leistungsart
?? Kernleistung / Belege über in Anspruch genommene
Dienstleistungen
Prozess / Aufgabe
?? Service / Kunden benachrichtigen
beim Portalbetreiber
(Bank)
Aufwand und Nutzen Die Bereitstellung von Belegen über die Vermögenswerte
für den Leistungseines Kunden gehört zu den Standardaufgaben der Bank,
erbringer
die sie in jedem Fall anbieten muss. Es entsteht also für die
Bank kein Zusatzaufwand.
Die Bank erhält keine zusätzlichen Informationen, es entsteht
also kein Zusatznutzen.
188
Anhang
Leistungen:
?? Checkliste zur Erbschaftsplanung
?? Informationen über rechtliche Rahmenbedingungen
?? Informationen über steuerliche Optimierungsmöglichkeiten
?? Steuerrechtliche Beratung
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Erbschaft und Schenkungen steueroptimiert planen
zess
Beschreibung
Die Checkliste enthält Informationen zur Planung einer Erbschaft. Es werden dabei eine ideale Vorgehensweise beschrieben sowie alle zu berücksichtigenden Aspekte aufgelistet. Informationen über rechtliche Rahmenbedingungen
und über steuerliche Optimierungsmöglichkeiten mit Hinweisen auf konkrete Gestaltungsmöglichkeiten ergänzen die
Checkliste. Eventuell benötigt der Erblasser zusätzlich eine
individuelle steuerrechtliche Beratung.
Leistungserbringer
?? Anwaltsbüro, auf Erbschaften spezialisiert
Leistungsart
?? Zusatzleistung / Checkliste, kundenprozessspezifische
Fachinformationen
?? Direkte Leistung externer Partner / Beratung
Prozess / Aufgabe
?? Portalbetrieb / Portalinhalte bereitstellen
beim Portalbetreiber
(Bank)
Aufwand und Nutzen Der Aufwand für das Anwaltsbüro besteht in der einmaligen
für den LeistungsErstellung und regelmässigen Pflege der Checkliste.
erbringer
Das Anwaltsbüro vergrössert den Kreis potenzieller Kunden,
denen es individuelle Dienstleistungen verkaufen kann.
Anhang
189
Leistungen:
?? Checkliste zur Erstellung von Testamenten und Erbverträgen
?? Informationen über rechtliche Rahmenbedingungen
?? Mustertestamente
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Testament / Erbvertrag erstellen
zess
Beschreibung
Die Checkliste enthält Informationen zur Erstellung eines
Testamentes oder Erbvertrages in Form einer Auflistung der
notwendigen Schritte und Komponenten. Hintergrundinformationen über rechtliche Rahmenbedingungen und Mustertestamente bzw. -verträge ergänzen die Checkliste. Eventuell benötigt der Erblasser eine Dienstleistung zur
individuellen Erstellung des Testamentes oder Erbvertrages
durch eine Fachperson.
Leistungserbringer
?? Anwaltsbüro, auf Erbschaften spezialisiert
Leistungsart
?? Zusatzleistung / Checkliste, Kundenprozessspezifische
Fachinformationen, Musterdokumente
Prozess / Aufgabe
beim Portalbetreiber
?? Portalbetrieb / Portalinhalte bereitstellen
(Bank)
Aufwand und Nutzen Der Aufwand für das Anwaltsbüro besteht in der einmaligen
für den LeistungsErstellung und regelmässigen Pflege der Checkliste und der
erbringer
weiteren Informationen.
Das Anwaltsbüro vergrössert den Kreis potenzieller Kunden,
denen es individuelle Dienstleistungen verkaufen kann.
190
Anhang
Leistung: Verzeichnis zuständiger Notare
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Testament / Erbvertrag erstellen
zess
Beschreibung
Meist wird ein Testament bei einem Notar hinterlegt, um
nach dem Tod des Erblassers keine Zweifel über Echtheit
und Gültigkeit aufkommen zu lassen. Das Verzeichnis zuständiger Notare erleichtert es dem Erblasser, einen geeigneten Notar zu finden.
Leistungserbringer
?? Bank
Leistungsart
?? Verzeichnis externer Partner
Prozess / Aufgabe
?? Portalbetrieb / Portalinhalte bereitstellen
beim Portalbetreiber
(Bank)
Aufwand und Nutzen Der Aufwand besteht in der einmaligen Erstellung und refür den Leistungsgelmässigen Pflege des Verzeichnisses. Die Informationen
erbringer
sind öffentlich verfügbar (z.B. in Telefonbüchern). Der Aufwand ist daher als gering einzustufen.
Der Nutzen besteht in einer höheren Kundenakzeptanz des
Prozessportals durch die Vollständigkeit der angebotenen
Leistungen. Ein direkter Nutzen für die Bank besteht nicht.
Leistung: Notarielle Dienstleistungen
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Testament / Erbvertrag erstellen
zess
Beschreibung
Für die Aufbewahrung eines Testaments wird in der Regel
ein Notar in Anspruch genommen.
Leistungserbringer
?? Notar
Leistungsart
?? Produkte und Dienstleistungen Dritter
Prozess / Aufgabe
?? Leistung direkt durch Drittanbieter erbracht
beim Portalbetreiber
(Bank)
Aufwand und Nutzen
Es handelt sich um eine Standarddienstleistung von Notaren,
für den Leistungsdie durch eine entsprechende Gebühr abgegolten wird.
erbringer
Anhang
191
Leistung: Verzeichnis von Bestattungsunternehmen
Konsumierende Auf?? Bestattung planen (Erblasser)
gabe im Kundenpro?? Bestatter mit Überführung beauftragen (Erbe)
zess
Beschreibung
Das Verzeichnis enthält Namen und Anschriften von Bestattungsunternehmen sowie ggf. Zusatzinformationen bzw. Bewertungen, welche die Bank als neutrale Instanz abgibt.
Leistungserbringer
?? Bank
Leistungsart
?? Zusatzleistung / Verzeichnis externer Partner
Prozess / Aufgabe
beim Portalbetreiber
?? Portalbetrieb / Portalinhalte bereitstellen
(Bank)
Aufwand und Nutzen Der Aufwand besteht in der einmaligen Erstellung und refür den Leistungsgelmässigen Pflege des Verzeichnisses. Die Informationen
erbringer
sind weitgehend öffentlich verfügbar (z.B. in Telefonb üchern). Im Gegensatz zu Notaren, deren Leistungen gesetzlich geregelt sind, gibt es bei Bestattungsunternehmen grössere Unterschiede. Wegen der Notwendigkeit,
Zusatzinformationen bereitzustellen und die Unternehmen zu
bewerten, ist der Aufwand für die Bank als mittel einzustufen.
Der Nutzen besteht in einer höheren Kundenakzeptanz des
Prozessportals durch die Vollständigkeit der angebotenen
Leistungen. Ein direkter Nutzen für die Bank besteht nicht.
192
Anhang
Leistungen:
?? Checkliste zur Bestattungsplanung
?? Verzeichnis von Friedhöfen, Kapellen, Kirchen und Orten für weltliche Trauerfeiern, Rednern
?? Katalog von Särgen, Urnen etc.
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Bestattung planen
zess
Beschreibung
Die Checkliste beschreibt die einzelnen Schritte, die bei der
Planung einer Bestattung zu berücksichtigen sind. Zusätzlich
werden Verzeichnisse von Orten und Rednern für Trauerfeiern sowie Kataloge von Särgen, Urnen und sonstigen Ausstattungsgegenständen benötigt.
Leistungserbringer
?? Bestattungsunternehmen
Leistungsart
?? Zusatzleistung / Checkliste, Verzeichnisse externer Partner, Produktinformationen von Drittanbietern
Prozess / Aufgabe
?? Portalbetrieb / Portalinhalte bereitstellen
beim Portalbetreiber
(Bank)
Aufwand und Nutzen Bestattungsunternehmen verfügen über die erforderlichen
für den LeistungsInformationen, die ggf. auf das Prozessportal ausgerichtet
erbringer
und aufbereitet werden müssen. Der Aufwand dafür ist gering.
Der Nutzen besteht im Zugang zu zusätzlichen potenziellen
Kunden, denen in der Folge Bestattungsdienstleistungen
verkauft werden können.
Anhang
193
Leistung: Finanzprodukte
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Finanzierung der Bestattung sicherstellen
zess
Beschreibung
Der Erblasser benötigt Anlageprodukte wie Sparbücher,
Festgelder, Lebens versicherungen etc., um für die Finanzierung seiner Bestattung vorzusorgen.
Leistungserbringer
?? Bank
Leistungsart
?? Kernleistung / Beratung, Produktinformationen Bankprodukte, Angebot, Vertrag
Prozess / Aufgabe
?? Verkauf / alle
beim Portalbetreiber
(Bank)
Aufwand und Nutzen Beratung von Verkauf von Anlageprodukten gehört zu den
für den LeistungsKernkompetenzen von Banken. Es entsteht für die Bank kein
erbringer
Zusatzaufwand. Durch die klare Vorgabe der Anforderungen
wird der Aufwand gegenüber dem normalen Beratungsaufwand reduziert.
Der Nutzen für die Bank besteht im Gewinn, der mit den A nlageprodukten erzielt wird.
Leistung: Erinnerung an Schenkungstermin
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Schenkungsplan durchführen
zess
Beschreibung
Die Erinnerung macht den Erblasser auf einen im Sche nkungsplan festgelegten Termin für eine durchzuführende
Schenkung aufmerksam.
Leistungserbringer
?? Bank
Leistungsart
?? Zusatzleistung / Ereignisgesteuerte Benachrichtigung
Prozess / Aufgabe
?? Kundenprozessunterstützung / Kunden benachrichtigen
beim Portalbetreiber
(Bank)
Aufwand und Nutzen Die Erbringung der Leistung kann weitgehend automatisiert
für den Leistungswerden. Der Aufwand konzentriert sich auf die einmalige Ererbringer
stellung eines Mechanismus für die Erinnerung.
Der Nutzen für die Bank besteht in der Möglichkeit, dem
Empfänger der Schenkung passende Anlageprodukte zu
verkaufen.
194
Anhang
Leistung: Informationen über rechtliche Änderungen
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Veränderungen in Planung einbeziehen
zess
Beschreibung
Informationen über erbschafts- und steuerrechtliche Änderungen, die sich auf die Planung des Erblassers auswirken.
Leistungserbringer
?? Anwaltsbüro, auf Erbschaften spezialisiert
Leistungsart
?? Zusatzleistung / Ereignisgesteuerte Benachrichtigung
Prozess / Aufgabe
?? Kundenprozessunterstützung / Kunden benachrichtigen
beim Portalbetreiber
(Bank)
Aufwand und Nutzen Der Aufwand besteht in der expliziten Aufbereitung und Befür den Leistungsreitstellung von Informationen über Änderungen. Da diese
erbringer
Informationen den Spezialisten in der Regel vorliegen, ist der
Zusatzaufwand als gering einzustufen.
Der Nutzen für das Anwaltsbüro besteht in der Möglichkeit,
den Kunden des Prozessportals individuelle Beratungsleistungen zu verkaufen.
Anhang
195
Leistungen:
?? Telefonnummer des Hausarztes oder Notarztes
?? Plan für Bestattung und Trauerfeier
?? Bankverbindung und Versicherungsverträge des Erblassers
?? Adresse des Arbeitgebers
?? Adressen der Empfänger der Trauerbriefe
?? Bestehende Verträge etc. des Erblassers
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Verschiedene Aufgaben im Kundenprozess des Erben
zess
Beschreibung
Persönliche Informationen des Erblassers werden von der
Bank gespeichert und nach dem Tod des Erblassers dem
Erben zur Verfügung gestellt.
Leistungserbringer
?? Bank
Leistungsart
?? Infrastrukturleistung / Persönliche Einstellungen und Unterlagen
Prozess / Aufgabe
?? Kundenprozessunterstützung / Persönliche Informationen
beim Portalbetreiber
bereitstellen
(Bank)
Aufwand und Nutzen Der Aufwand der Bank besteht in der Erfassung und Speifür den Leistungscherung der Informationen sowie in Bereitstellung von Speierbringer
cherplatz und Sicherheitsmechanismen.
Die Bank erhält Informationen über den Erblasser, die sie
unter Berücksichtigung von Vertraulichkeitsanforderungen
möglicherweise nutzen kann, um dem Erblasser zusätzliche
Finanzprodukte zu verkaufen.
196
Anhang
Leistung: Checkliste für Bestattung
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Verschiedene Aufgaben im Kundenprozess des Erben
zess
Beschreibung
Die Checkliste enthält Informationen zum Vorgehen nach
dem Tod eines Angehörigen. Die einzelnen erforderlichen
organisatorischen und administrativen Schritte werden erläutert.
Leistungserbringer
?? Bestattungsunternehmen
Leistungsart
?? Zusatzleistung / Checkliste
Prozess / Aufgabe
?? Portalbetrieb / Portalinhalte bereitstellen
beim Portalbetreiber
(Bank)
Aufwand und Nutzen Bestattungsunternehmen verfügen über die erforderlichen
für den LeistungsInformationen, die ggf. auf das Prozessportal ausgerichtet
erbringer
und aufbereitet werden müssen. Der Aufwand dafür ist gering.
Der Nutzen besteht im Zugang zu zusätzlichen potenziellen
Kunden, denen in der Folge Bestattungsdienstleistungen
verkauft werden können.
Leistung: Adresse des zuständigen Standesamtes
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Sterbeurkunde beantragen
zess
Beschreibung
Adresse und Telefonnummer des Standesamtes, bei dem
die Sterbeurkunde beantragt werden muss.
Leistungserbringer
?? Bank
Leistungsart
?? Zusatzleistung / Verzeichnisse externer Partner
Prozess / Aufgabe
?? Portalbetrieb / Portalinhalte bereitstellen
beim Portalbetreiber
(Bank)
Aufwand und Nutzen Der Aufwand besteht in der einmaligen Erstellung und refür den Leistungsgelmässigen Pflege des Verzeichnisses. Die Informationen
erbringer
sind öffentlich verfügbar (z.B. in Telefonbüchern). Der Aufwand ist daher als gering einzustufen.
Der Nutzen besteht in einer höheren Kundenakzeptanz des
Prozessportals durch die Vollständigkeit der angebotenen
Leistungen. Ein direkter Nutzen für die Bank besteht nicht.
Anhang
197
Leistung: Dokumente des Verstorbenen (Personalausweis, Geburtsurkunde etc.)
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Sterbeurkunde beantragen
zess
Beschreibung
Für die Beantragung der Sterbeurkunde muss der Erbe verschiedene Dokumente des Verstorbenen bereitstellen. Je
nach Situation werden benötigt:
?? Personalausweis
?? Geburtsurkunde oder Elternstammbuch (bei Ledigen)
?? Familienstammbuch (bei Verheirateten)
?? Heiratsurkunde und Scheidungsurteil (bei Geschiedenen)
?? Sterbeurkunde oder Todeserklärung für den bereits früher
verstorbenen Ehegatten (bei Verwitweten)
Leistungserbringer
?? Kunde
Leistungsart
?? Persönliche Unterlagen
Prozess / Aufgabe
beim Portalbetreiber
?? Leistung wird vom Kunden selbst erbracht
(Bank)
Aufwand und Nutzen
nicht betrachtet
für den Leistungserbringer
198
Anhang
Leistungen:
?? Verzeichnis von Tageszeitungen für Traueranzeigen
?? Verzeichnis von Steinmetzen
?? Verzeichnis von Grabpflege-Dienstleistern
?? Verzeichnis von Unternehmen für die Haushaltsauflösung
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Verschiedene Aufgaben im Kundenprozess des Erben
zess
Beschreibung
Die Verzeichnisse enthalten Namen und Adresse sowie Beschreibungen der Leistungen und Zusatzinformationen verschiedener Dienstleister, die der Erbe bzw. Angehörige möglicherweise benötigt.
Leistungserbringer
?? Bank
Leistungsart
?? Zusatzleistung / Verzeichnisse externer Partner
Prozess / Aufgabe
?? Portalbetrieb / Portalinhalte bereitstellen
beim Portalbetreiber
(Bank)
Aufwand und Nutzen Der Aufwand besteht in der einmaligen Erstellung und refür den Leistungsgelmässigen Pflege der Verzeichnisse. Die Informationen
erbringer
sind weitgehend öffentlich verfügbar (z.B. in Telefonb üchern). Wegen der Notwendigkeit, Zusatzinformationen bereitzustellen und die Unternehmen zu bewerten, ist der Aufwand für die Bank als mittel einzustufen.
Der Nutzen besteht in einer höheren Kundenakzeptanz des
Prozessportals durch die Vollständigkeit der angebotenen
Leistungen. Ein direkter Nutzen für die Bank besteht nicht.
Anhang
199
Leistungen: Checkliste für Erbschaften
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Verschiedene Aufgaben im Kundenprozess des Erben
zess
Beschreibung
Die Checkliste enthält Informationen über das notwendige
Vorgehen des/der Erben im Zusammenhang mit der Erbschaft. Es werden die einzelnen Schritte beschrieben, die
erforderlich sind, bis das Vermögen tatsächlich an den/die
Erben übertragen werden kann.
Leistungserbringer
?? Anwaltsbüro, auf Erbschaften spezialisiert
Leistungsart
?? Zusatzleistung / Checkliste
Prozess / Aufgabe
?? Portalbetrieb / Portalinhalte bereitstellen
beim Portalbetreiber
(Bank)
Aufwand und Nutzen Der Aufwand für das Anwaltsbüro besteht in der einmaligen
für den LeistungsErstellung und regelmässigen Pflege der Checkliste und der
erbringer
weiteren Informationen.
Das Anwaltsbüro vergrössert den Kreis potenzieller Kunden,
denen es individuelle Dienstleistungen verkaufen kann.
200
Anhang
Leistungen:
?? Checkliste zur Anlage von Erbschaften
?? Beratungsleistungen zur Geldanlage
Konsumierende Aufgabe im Kundenpro- Vermögen anlegen (Erbe)
zess
Beschreibung
Die Checkliste enthält Aspekte, die bei der Anlage eines ererbten Vermögens berücksichtigt werden müssen. Zusätzlich
kann der Erbe individuelle Beratungsleistungen in Anspruch
nehmen, um die Geldanlage auf seine individuellen Bedür fnisse hin optimieren zu lassen.
Leistungserbringer
?? Bank
Leistungsart
?? Zusatzleistung / Checkliste
?? Kernleistung / Beratung
Prozess / Aufgabe
?? Portalbetrieb / Portalinhalte bereitstellen
beim Portalbetreiber
?? Verkauf / Beratungsempfehlung
(Bank)
Aufwand und Nutzen Die Anlageberatung gehört zu den Kernkompetenzen der
für den LeistungsBank. Ein Zusatzaufwand entsteht durch die Aufbereitung
erbringer
und Bereitstellung von Anlageinformationen in Form einer
Checkliste. Die notwendigen Informationen sind bei der Bank
vorhanden, somit ist der Aufwand als gering einzustufen.
Ein Nutzen für die Bank entsteht durch den Gewinn, der mit
dem Verkauf von Anlageprodukten erzielt wird.
Anhang
201
Anhang C: Funktionen der IS-Architektur
C.1 Marketingfunktionen
Kampagnenmanagement
Beschreibung
Kommunikationsdaten
X
Fachwissen
X
X
Marktdaten
x
Mitarbeiterdaten
Kampagnendaten
X
X
Partnerdaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Kampagnenmanagement unterstützt die Planung, Durchführung und Auswertung von Marketingkampagnen. Bei der Planung erfolgt die Selektion der Adressaten, die Erstellung der
Kampagnenmaterialien und die Definition der Zielvorgaben.
Die Durchführung löst die einzelnen Aktivitäten der Kampagne
aus und überwacht die Rückläufe. Die Auswertung erstellt Statistiken über die Kampagne (Rücklaufquoten, ROI, …) und
vergleicht diese mit den Zielvorgaben.
Prozesse/Aufgaben Marketing / Kampagneninitialisierung, Kampagnendurchführung, Kampagnenauswertung
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
x
X
X
202
Anhang
Kundensegmentierung
Beschreibung
x
X
Kommunikationsdaten
X
Fachwissen
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
Partnerdaten
X
X
Kampagnendaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Produktdaten
Kundendaten
Die Kundensegmentierung unterstützt die Mitarbeiter bei der
Bildung von möglichst homogenen Kundensegmenten. Die
Segmentierung erfolgt durch Auswertung der vorhandenen
Kundeninformation anhand definierter Kriterien. Eine Segmentierung kann entweder längerfristig zur Ausrichtung des Leistungsangebotes vorgenommen werden oder im Rahmen einer
konkreten Marketingkampagne.
Prozesse/Aufgaben Marketing / Kampagneninitialisierung
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
Anhang
203
C.2 Verkaufsfunktionen
Kundenbedarfsanalyse
Beschreibung
x
X
Kommunikationsdaten
x
Fachwissen
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
x
Partnerdaten
X
X
Kampagnendaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Die Kundenbedarfsanalyse dient zur strukturierten Erfassung
der Situation, Wünsche und Anforderungen des Kunden. Dies
kann sich sowohl auf klassische Bankfragestellungen, wie
Vermögensanlage, Altersvorsorge etc., beziehen als auch auf
Fragestellungen in anderen Kundenprozessen. Auf Basis der
erfassten Werte werden regelbasiert Vorschläge für Produkte
und Dienstleistungen generiert, welche die Kundenbedürfnisse
bestmöglich abdecken.
Prozesse/Aufgaben Verkauf / Kundenbedarf analysieren, Beratungsempfehlung
Vertriebskanäle
Unabhängig: Für Mensch-Mensch-Kanäle bietet die Funktion
Unterstützung bei Gesprächsführung und Datenerfassung, in
Mensch-Maschine-Kanälen kann der Kunde z.B. selbst die
Daten strukturiert erfassen und erhält automatisch eine Auswertung.
Daten
204
Anhang
Produktkonfiguration
Beschreibung
Kommunikationsdaten
x
Fachwissen
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
X
Partnerdaten
Produktdaten
X
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kampagnendaten
Kundendaten
Die Produktkonfiguration bietet Funktionalitäten zur individuellen Anpassung von Produkten und Dienstleistungen an die
Kundenanforderungen. Auf Basis der Kundenbedarfsanalyse
(s.o.) werden automatische Konfigurations vorschläge generiert. Es erfolgt eine Konsistenzprüfung, um sicherzustellen,
dass die gewählten Varianten zueinander kompatibel sind,
sowie eine Preiskalkulation.
Prozesse/Aufgaben Verkauf / Produkte präsentieren, individuelles Angebot erste llen
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
x
Angebotsmanagement
Beschreibung
Marktdaten
Fachwissen
x
x
x
Kommunikationsdaten
Mitarbeiterdaten
X
Partnerdaten
X
Kampagnendaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Das Angebotsmanagement unterstützt die Erstellung und
Verwaltung von Angeboten (Offerten). Preisberechnung und
Rabattmanagement erlauben eine automatische Kalkulation
des Angebotes und unterstützen den Mitarbeiter bei der Verhandlung über Konditionen. Neben klassischen Angeboten
wird auch die Erstellung kundenspezifischer Proposals unterstützt, in denen Situation, Prozess und Bedürfnis des Kunden
im Vordergrund stehen.
Prozesse/Aufgaben Verkauf / Individuelles Angebot erstellen, Konditionen vereinbaren
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
Anhang
205
Auftrags-/Vertragsmanagement
Beschreibung
Kommunikationsdaten
X
Fachwissen
Marktdaten
X
Mitarbeiterdaten
Partnerdaten
Kampagnendaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Produktdaten
Kundendaten
Das Auftrags- und Vertragsmanagement unterstützt die Erfassung von Aufträgen und den Abschluss von Verträgen. Ausserdem löst es die zugehörige Produktion bzw. Leistungserstellung aus.
Prozesse/Aufgaben Verkauf / Vertrag abschliessen
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
x
C.3 Servicefunktionen
x
Kommunikationsdaten
Fachwissen
X
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
x
Partnerdaten
X
Kampagnendaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Service Request Management
Beschreibung
Das Service Request Management unterstützt die Erfassung
und Priorisierung von Serviceanfragen (Probleme mit Produkten und Dienstleistungen), die Zuordnung der Serviceanfragen
zu Mitarbeitern, die Verfolgung des Status von Serviceanfragen sowie die Auslösung von Servicetransaktionen wie Reparaturleistungen.
Prozesse/Aufgaben Service / Anfrage entgegennehmen
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
206
Anhang
Servicelogistik
Beschreibung
Kommunikationsdaten
X
Fachwissen
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
x
Partnerdaten
X
Kampagnendaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Die Service-Logistik stellt Funktionen zur Verwaltung des Ersatzteillagers, zum Versand von Ersatzteilen und zur Planung
von Aussendienstbesuchen bereit.
Prozesse/Aufgaben Service / Auskunft erteilen oder Servicetätigkeit durchführen
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
x
x
Kommunikationsdaten
Fachwissen
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
x
Partnerdaten
X
Kampagnendaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Servicevertragsverwaltung
Beschreibung
Die Servicevertrags-Verwaltung stellt Funktionen zur Verwaltung von Serviceverträgen und von Garantie- und Gewährleistungsansprüchen bereit. Im Falle einer Serviceanfrage erlauben diese Funktionen eine schnelle Überprüfung der Garantiebzw. Serviceansprüche des Kunden.
Prozesse/Aufgaben Service / Anfrage entgegennehmen
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
Anhang
207
Beschwerdemanagement
Beschreibung
Kommunikationsdaten
X
Fachwissen
Marktdaten
X
Mitarbeiterdaten
Partnerdaten
Kampagnendaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Produktdaten
Kundendaten
Das Beschwerdemanagement umfasst Funktionen zur strukturierten Erfassung, Bearbeitung und Auswertung von Kundenbeschwerden und -reklamationen.
Prozesse/Aufgaben Service / Anfrage entgegennehmen, Beschwerde bearbeiten,
Beschwerden auswerten
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
x
x
Kommunikationsdaten
Fachwissen
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
Partnerdaten
X
Kampagnendaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Produktdaten
Kundendaten
Kundentransaktionen
Beschreibung
Die IS-Funktion Kundentransaktionen stellt Funktionalitäten
zur Erfassung von Nutzungsaufträgen (z.B. Überweisungsaufträgen, Wertpapierorders), zur Abfrage von Informationen über
Transaktionen (z.B. Kontoauszüge) und zur Benachrichtigung
von Kunden über Transaktionen (z.B. Zahlungseingänge) bereit.
Prozesse/Aufgaben Service / Auftrag entgegennehmen, Auftragsausführung auslösen, Benachrichtigung entgegennehmen, Kunden benachrichtigen
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
208
Anhang
Electronic Banking
Beschreibung
Kommunikationsdaten
x
Fachwissen
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
x
Partnerdaten
X
Kampagnendaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Die IS-Funktion Electronic Banking stellt die Kundentransaktions-Funktionalitäten dem Kunden über Maschine-MenschKanäle (v.a. Web, Selbstbedienung) zur Verfügung. Der Kunde kann Aufträge erteilen und Informationen abrufen.
Prozesse/Aufgaben Service / Auftrag entgegennehmen, Kunden benachrichtigen
Vertriebskanäle
Maschine-Mensch-Kanäle
Daten
x
X
Homebanking-Unterstützung
Beschreibung
Kommunikationsdaten
Fachwissen
x
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
x
Partnerdaten
X
Kampagnendaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Die IS-Funktion Homebanking-Unterstützung dient zum Datenaustausch mit Homebanking -Software beim Kunden (z.B.
Intuit Quicken, MS Money). Aufträge und Kontoauszüge werden direkt zwischen Homebanking-Software und Server ausgetauscht, ohne dass eine manuelle Interaktion notwendig ist.
Prozesse/Aufgaben Service / Auftrag entgegennehmen, Kunden benachrichtigen
Vertriebskanäle
Maschine-Maschine -Kanäle
Daten
x
X
Anhang
209
C.4 Portalbetriebsfunktionen
Linksammlungen
Beschreibung
Kommunikationsdaten
Fachwissen
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
x
Partnerdaten
x
Kampagnendaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Linksammlungen stellen dem Kunden kundenprozess- bzw.
themenbezogene Verweise zu anderen Informationsangeboten im Internet zur Verfügung.
Prozesse/Aufgaben Portalbetrieb
Vertriebskanäle
Mensch-Maschine-Kanäle
Daten
X
Kommunikationsdaten
Fachwissen
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
Partnerdaten
x
Kampagnendaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Produktdaten
Kundendaten
Community-Funktionen
Beschreibung
Community-Funktionen stellen den Kunden Möglichkeiten zur
Kommunikation untereinander sowie zur Kommunikation mit
dem Unternehmen zur Verfügung. Insbesondere soll die
Kommunikation zwischen den Kunden zu bestimmten Themen
erleichtert werden. Die Kommunikation kann synchron (Chat,
Videokonferenz, …) oder asynchron (Diskussionsforen, EMail, …) stattfinden.
Prozesse/Aufgaben Portalbetrieb
Vertriebskanäle
Mensch-Maschine-Kanäle
Daten
x
X
210
Anhang
Internetauktionen
Beschreibung
Kommunikationsdaten
Fachwissen
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
x
Partnerdaten
X
Kampagnendaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Internetauktionen erlauben dem Kunden, Produkte und
Dienstleistungen zu ersteigern sowie möglicherweise auch
eigene Produkte zu versteigern. Auch Kooperationspartner
und andere Anbieter können diese Plattform nutzen.
Prozesse/Aufgaben Portalbetrieb
Vertriebskanäle
Mensch-Maschine-Kanäle
Daten
x
X
Marktplatz
Beschreibung
Kommunikationsdaten
Fachwissen
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
X
Partnerdaten
X
Kampagnendaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
In einem Marktplatz können verschiedene Anbieter ihre Produkte und Dienstleistungen anbieten. Für die Pflege der Inhalte und für die Preisgestaltung sind die Anbieter selbst verantwortlich. Der Marktplatz stellt nur die Infrastruktur dafür zur
Verfügung, die z.B. auch eine einheitliche Auftragserteilung
oder eine sichere Zahlungsabwicklung umfassen kann. Ein
Anbieter bekommt über den Marktplatz Zugang zu allen
Portalbenutzern als potenziellen Kunden, ein Kunde kann im
Marktplatz leicht die Leistungen verschiedener Anbieter vergleichen und in Anspruch nehmen.
Prozesse/Aufgaben Portalbetrieb
Vertriebskanäle
Mensch-Maschine-Kanäle
Daten
x
X
Anhang
211
C.5 Kanalunabhängige, prozessübergreifende Funktionen
Kundenmanagement
Beschreibung
Kommunikationsdaten
X
Fachwissen
Marktdaten
X
Mitarbeiterdaten
Partnerdaten
Kampagnendaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Produktdaten
Kundendaten
Das Kundenmanagement unterstützt die Verwaltung von Kundendaten und -profilen, die Ermittlung von Kundenwert und status, die Führung von Aktivitäten- und Kontakthistorie sowie
die Korrespondenzverwaltung.
Prozesse/Aufgaben Marketing, Verkauf, Service, Kundenprozessunterstützung
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
x
x
Kommunikationsdaten
Fachwissen
X
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
x
Partnerdaten
X
Kampagnendaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Produktdaten
Kundendaten
Opportunity-Management
Beschreibung
Das Opportunity-Management dient der Verfolgung konkreter
Verkaufsvorgänge. Es gibt dem Mitarbeiter einen Überblick
über Verkaufsstatus und Abschlusswahrscheinlichkeit sowie
über die aktuelle Phase im Verkaufsvorgang. Ausserdem werden alle auf einen Verkaufsvorgang bezogenen Aktivitäten
extrahiert und bereitgestellt.
Prozesse/Aufgaben Marketing und Verkauf
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
212
Anhang
Verwaltung von Basisinformationen
Beschreibung
X
X
Kommunikationsdaten
Fachwissen
X
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
Partnerdaten
Kampagnendaten
Produktdaten
Kundendaten
Bereitstellen und Verwalten von aktuellen Informationen / Basisinformationen zu fachlichen Themen, Marktinformationen,
Prozessen bei der Bank und bei Kunden, Anbietern und Partnern, Servicevorfällen und Problemlösungen etc.
Prozesse/Aufgaben Marketing, Verkauf, Service, Portalbetrieb
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
Produktkatalog
Beschreibung
Fachwissen
x
x
Kommunikationsdaten
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
Partnerdaten
X
Kampagnendaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Produktdaten
Kundendaten
Der Produktkatalog verwaltet alle produktbezogenen Informationen. Dazu gehören Produktbeschreibungen für Kunden und
für Mitarbeiter, Abwicklungshinweise, Produktvarianten, Marketing- und Verkaufshilfen (z.B. Argumentarien, Präsentationen), Konkurrenzinformationen, Konditionen und Preise etc.
Prozesse/Aufgaben Marketing, Verkauf, Service, Portalbetrieb
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
Anhang
213
Analysen und Berichte
Beschreibung
x
X
X
X
X
X
X
Kommunikationsdaten
Fachwissen
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
Partnerdaten
Kampagnendaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Produktdaten
Kundendaten
Zur IS-Funktion Analysen und Berichte gehören Funktionen
zur Analyse und Auswertung verschiedener operativer Date nbestände. Analysen können in allen verfügbaren Datenbeständen vorgenommen werden. Neben dem Führungsprozess
greifen auch andere IS -Funktionen auf Analyse- und Berichtsfunktionen zu, z.B. im Bereich Verkaufsführung, Kampagnenmanagement etc.
?? Kundenanalyse: Kundensegmentanalyse zu Bildung oder
Überprüfung von Kundensegmenten, Kundenwertbestimmung, Ermittlung der Kundenzufriedenheit und der Abwanderungsgefahr, Generierung von Cross-Selling Empfehlungen;
?? Produktanalysen: Analyse des Sortiments, Analyse der
Konditionen
?? Kampagnenanalysen: Auswertung von Marketingkampagnen bzgl. Rücklaufquote, ROI;
?? Vertriebsanalysen: Verkaufszahlen, Umsätze, Gewinne
nach Produkten, Kunden(segmenten), …;
?? Mitbewerberanalysen: Vergleich von Konditionen, Absatzzahlen, Produktsortiment mit Mitbewerbern;
?? Serviceanalysen: Anfragestatistiken, Beschwerdeauswertungen, Antwortzeiten, …
Prozesse/Aufgaben Alle betrachteten Prozesse
Vertriebskanäle
Unabhängig
Daten
214
Anhang
C.6 Kanalspezifische, prozessübergreifende Funktionen
Call-Center-Unterstützung
Beschreibung
Kampagnendaten
Partnerdaten
Mitarbeiterdaten
Marktdaten
Fachwissen
X
x
X
x
x
x
x
Kommunikationsdaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Die Call-Center-Unterstützung bietet Funktionen im Bereich
„Computer Telephony Integration“ (CTI) und „Call Scripting“.
Damit werden die Call-Center Mitarbeiter computergestützt
durch die Marketing- Verkaufs- oder Service-Gespräche geführt.
Prozesse/Aufgaben Marketing, Verkauf, Service, Kundenprozessunterstützung
Vertriebskanäle
Mensch-Mensch-Kanäle
Daten
X
Kampagnendaten
Partnerdaten
Mitarbeiterdaten
Marktdaten
Fachwissen
x
x
x
x
x
x
x
Kommunikationsdaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborati v
Kundendaten
Beraterarbeitsplatz
Beschreibung
Der Beraterarbeitsplatz unterstützt den stationären und mobilen Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz und stellt ihm die benötigten Funktionen und Applikationen, ausgerichtet auf seine
persönlichen Abläufe, zur Verfügung.
Prozesse/Aufgaben Marketing, Verkauf, Service
Vertriebskanäle
Mensch-Mensch-Kanäle
Daten
Anhang
215
Mailing-Unterstützung
Beschreibung
Kampagnendaten
Partnerdaten
Mitarbeiterdaten
Marktdaten
Fachwissen
X
x
X
x
x
x
x
Kommunikationsdaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Die Mailing-Unterstützung beinhaltet die Aussendung von
Nachrichten per E-Mail, Post, Fax etc. Die Nachrichten können an Kundengruppen gerichtet sein (z.B. im Rahmen einer
Marketing -Kampagne) oder an individuelle Kunden (z.B. bei
einer Kundenbenachrichtigung im Rahmen der Kundenprozessunterstützung).
Prozesse/Aufgaben Marketing, Kundenprozessunterstützung
Vertriebskanäle
Mensch-Mensch-Kanäle
Daten
X
Web-Publishing
Beschreibung
Partnerdaten
Mitarbeiterdaten
Marktdaten
Fachwissen
x
x
x
x
x
x
Kommunikationsdaten
Kampagnendaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Produktdaten
Kundendaten
Das Web Publishing unterstützt die Bereitstellung von nicht
personalisierten Informationen im Web.
Prozesse/Aufgaben Marketing, Verkauf, Service, Portalbetrieb
Vertriebskanäle
Mensch-Mensch-Kanäle
Daten
216
Anhang
Personalisierte Informationsbereitstellung
Beschreibung
x
x
x
Kommunikationsdaten
x
Fachwissen
Partnerdaten
x
Marktdaten
Kampagnendaten
x
X
Mitarbeiterdaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Auf der Basis vorhandener Kundenprofile werden dem Kunden über elektronische Vertriebskanäle Informationen zur Verfügung gestellt, die auf seine Bedürfnisse bzw. auf seinen
Kundenprozess ausgerichtet sind.
Prozesse/Aufgaben Verkauf, Service, Kundenprozessunterstützung
Vertriebskanäle
Mensch-Maschine-Kanäle
Daten
X
x
Kommunikationsdaten
X
Fachwissen
Partnerdaten
x
Marktdaten
Kampagnendaten
X
Mitarbeiterdaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Elektronische Auftragserteilung
Beschreibung
Die elektronische Auftragserteilung fasst Funktionen im Bereich E-Commerce zusammen. Dazu gehören im Wesentlichen ein virtueller Warenkorb, Auftragserteilung und Bestellungen per Internet oder andere elektronische Vertriebskanäle
und ein el. Vertragsabschluss (z.B. Kontoeröffnung).
Prozesse/Aufgaben Verkauf / Vertrag abschliessen und Portalbetrieb
Vertriebskanäle
Mensch-Maschine-Kanäle
Daten
x
X
Anhang
217
Elektronische Zahlungsabwicklung
Beschreibung
Kommunikationsdaten
x
Fachwissen
Marktdaten
Mitarbeiterdaten
x
Partnerdaten
X
Kampagnendaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Die elektronische Zahlungsabwicklung stellt sichere Beza hlungs- und Clearing-Services für den E-Commerce bereit.
Prozesse/Aufgaben Verkauf / Vertrag abschliessen und Portalbetrieb
Vertriebskanäle
Mensch-Maschine-Kanäle
Daten
x
X
X
x
x
Kommunikationsdaten
x
Fachwissen
Partnerdaten
x
Marktdaten
Kampagnendaten
X
Mitarbeiterdaten
Produktdaten
Operativ
Analytisch
Kollaborativ
Kundendaten
Partner Relationship Management
Beschreibung
Partner Relationship Management fasst Funktionen zusammen, die den Vertriebspartnern den Zugriff auf die relevanten
Datenbestände ermöglichen. Dazu gehören vor allem der
Zugriff auf Kunden- und Produktdaten sowie die Weiterleitung
von Opportunities an die Vertriebspartner.
Prozesse/Aufgaben Marketing, Verkauf, Service
Vertriebskanäle
Mehrstufen-Kanäle
Daten
X
218
Anhang
Anhang D: Verzeichnis der Gespräche mit
Herstellern und Anwendern
D.1 Hersteller
Oracle Software (Schweiz) GmbH
Huber, Mark
Solution Sales Specialist
CRM, e-Business
27.11.2000
St. Gallen
SAP AG
Scholl, Ulrich
Klaas, Gaby
14.11.2000
Zürich
Product Manager CRM
Product Management CRM
Siebel Systems Schweiz GmbH
Bloch, Richard
Senior Sales Consultant
Uniquare Financial Solutions
Kavelar, Herbert
Product and Sales Manager
Meier, René
Sales Director Europe
14.11.2000
Zürich
Mehrere Kontakte
(Telefon / E-Mail)
D.2 Anwender
Credit Suisse
Erni-Grüter, Sibylle
Bavaud, André
Leitung www.yourhome.ch
Internet-Banking
Microsoft Deutschland GmbH
Reinhardt, Oliver
Customer Systems Manager
7.9.2000
Horgen
24.8.2000
Unterschleißheim
Literatur
219
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Lebenslauf
Geburtsdatum
11. Juli 1972
Geburtsort
Innsbruck (Österreich)
Nationalität
Österreich
1979 – 1983
Grundschule in Wuppertal und Konstanz (Deutschland)
1983 – 1992
A.-v.-Humboldt-Gymnasium in Konstanz (Deutschland)
1992
Abitur
1992 – 1997
Studium der Informatik an der Eidgenössischen
Technischen Hochschule in Zürich (Schweiz)
1997
Abschluss als Dipl. Informatik-Ing. ETH
1997 – 2001
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen (Schweiz),
Lehrstuhl Prof. Dr. Hubert Österle
1998 – 2001
Doktorstudium an der Universität St. Gallen
2000 – 2001
Ausarbeitung der Dissertation
2001
Abschluss als Dr. oec. HSG
Erklärung
Hiermit erkläre ich, die Dissertation ohne fremde oder unerlaubte Hilfe verfasst und an
keiner anderen Universität eingereicht zu haben.
St. Gallen, den 2. April 2001
Roland Schmid
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