119 120 8.1 Temperaturskala 8. Wärmelehre Temperatur T Wärmeenergie: Temperatur: kinetische und potentielle Energie, die ein System bei Temperaturänderung aufnimmt oder abgibt Maß für mittlere kinetische Energie eines Systems (im Schwerpunktssystem) Bemerkung: potentielle und kinetische Energie nehmen mit der Temperatur zu; aber nur die kinetische Energie ist streng proportional zur Temperatur Definition: Einheit Kelvin [K] 0K: absoluter Nullpunkt (keinerlei kinetische Energie mehr im System) 273.16 K: Tripelpunkt des Wassers (Eis, Wasser und Dampf sind gleichzeitig vorhanden; der Druck beträgt 612 Pa) Damit ist die gesamte Temperaturskala festgelegt! Bemerkung: Die Kelvin-Skala entspricht der Celsius-Skala, sie ist nur verschoben. Gleichverteilungssatz: Jeder Freiheitsgrad eines Systems ist im zeitlichen Mittel mit der Energie 1 E = k BT 2 angeregt. kB: Boltzmann-Konstante kB = 1.381*10-23 J/K Die Celsius-Skala ist definiert über 0° C : Schmelzpunkt des Wassers bei 1.013 bar (273.15 K) 100° C : Siedepunkt des Wassers bei 1.013 bar (373.15 K) 121 Temperaturmessung: 122 Thermometer Thermometer ∆x Kapillare (Radius r) Ausnutzung thermischer Effekte: Flüssigkeit (Volumen V0) • Materialausdehnung • elektrischer Widerstand • thermoelektrische Spannung Eine geringe Veränderung des Volumens erzeugt eine starke Verschiebung in der Kapillare • Strahlungsleistung ∆V = γ V0 ∆T = π r 2 ∆x • etc. ⇒ ∆x = Einfach: thermische Ausdehnung Längenausdehnung: l = l0 (1 + α T ) α: Ausdehnungskoeffizient Werte: Volumenausdehnung: Eisen Quartz α = 12*10-6 1/K α = 0.51*10-6 1/K V = V0 (1 + γ T ) γ: Volumenausdehnungskoeffizient Werte: Benzol γ = 10.6*10-4 1/K Quecksilber γ = 1.8*10-4 1/K V0 γ ∆T πr2 Durch Wahl von Volumen und Kapillarradius läßt sich die Verschiebung ∆x für eine gegebene Temperaturveränderung beliebig groß machen! 8.2 Freiheitsgrade Freiheitsgrad: jede verallgemeinerte Orts- und Impulsvariable eines Systems, die quadratisch in die Gesamtenergie eingeht (ausgenommen Schwerpunktskoordinaten) Konkret: jede unabhängig wählbare kinetische Energie und (bei Vibrationen) potentielle Energie bildet einen Freiheitsgrad 123 1-atomiges ideales Gas Beispiel: 124 2-atomiges ideales Gas Beispiel: m Atom v ω für ein Atom gilt: 1 E kin = m v 2 2 m r 1 1 1 2 2 2 = mv x + mv y + mv z 2 2 2 3 unabhängige Energien ⇒ 3 Freiheitsgrade (f=3) hier ist die kinetische Energie eines Moleküls: m 1 1 m D E kin = M v 2 + Jω 2 + rɺ 2 + r 2 2 2 4 2 3 Freiheitsgrade: E ges = N At f 1 3 k BT = N At k BT 2 2 1 + 1 = 8 f=5 Die Gesamtenergie des Gases ist damit: E ges = Beispiel: 5 N At k BT 2 Festkörper Energie pro Atom m ⇒ und damit git für die mittlere (quadratische) Geschwindigkeit: 3 v 2 = k BT m + (die Rotation um die Molekülachse und die Vibration werden nicht angeregt) Die mittlere kinetische Energie pro Atom ist also: 1 3 E kin = m v 2 = k BT 2 2 3 Aber: wegen quantenmechanischer Effekte sind Rotationen mit kleinem Trägheitsmoment und Molekülvibrationen bei Zimmertemperatur meist nicht angeregt ⇒ Gesamtenergie des Gases (mit NAt Atomen): + Gesamtenergie: 1 1 E = mv 2 + Dr 2 2 2 f=3 + 3 = 6 E ges = 3 N At k BT 125 126 8.3 Kinetische Gastheorie: Gasdruck Definition: Wärmekapazität C C= Es ist dQ dT Q: zugeführte Wärmenergie Fläche A Die Wärmekapazität gibt das Verhältnis aus zugeführter Wärme und Temperaturerhöhung an. CV = Bei festem Volumen: dQ dE ges = dT dT Druck entsteht durch Impulsübertrag bei Stößen der Gasteilchen mit der Wand Gasgefülltes Volumen Abschätzung der Zahl der Stöße mit der Wand Damit werden die Wärmekapazitäten für die gegebenen Beispiele: 1-atomiges Gas CV = 3/2 N kB 2-atomiges Gas CV = 5/2 N kB Festkörper CV = 3 N kB (Dulong-Petit) Annahme: alle Teilchen haben die gleiche Geschwindigkeit v und bewegen sich nur in x-, y- oder z-Richtung ⇒ im Zeitraum ∆t treffen 1/6 der Teilchen im Volumen v ∆t A auf die Fläche A Die Zahl der Stöße ist also Definition: spezifische Wärmekapazität Festkörper: 1 dQ cV = m dT k 1 1 cV = 3 Nk B = 3 Nk B = 3 B m Nm At m At Je größer die Atommasse, desto kleiner die spez. Wärmekapazität! mAt 3kB/mAt cV (Exp.) Blei 207 amu 120 J/K kg 129 J/K kg Alu 27 amu 918 J/K kg 896 J/K kg 1 z = nv∆tA 6 Der Impulsübertrag dabei ist: 1 ∆p = 2 zmv = nmv 2 A∆t 3 Dies erzeugt eine Kraft: F= ∆p 1 = nmv 2 A ∆t 3 n: Teilchendichte n= N At V 127 8.4 1. Hauptsatz und damit den Druck: F 1 2 m = nmv 2 = n v 2 A 3 3 2 2 2 3 N = nE kin = n k BT = nk BT = k BT 3 3 2 V p= Die Zustandsgleichung des idealen Gases lautet damit: pV = Nk BT In molaren Einheiten: Definition: Avogadro-Zahl NA (Zahl der Atome pro mol) 1 mol Atome ⇒ 128 12C Es gilt immer Energieerhaltung: ∆U = ∆Q + ∆W Zugeführte Wärme (∆Q) oder am System geleistete Arbeit (∆W) erhöht die innere Energie (U) des Systems. Andere Formulierung: es gibt kein perpetuum mobile, d.h. eine Maschine, die Arbeit leistet, ohne Energie zu verbrauchen (also ohne die innere Energie des Systems zu senken oder Wärme zugeführt zu bekommen). Beispiel: ein ideales Gas leistet Arbeit bei Erwärmung haben eine Masse von 12g F (konstant) NA = 6.022*1023 1/mol dx Damit: Kolben pV = Nk BT = N mol N A k BT = N mol RT R = NAkB = 8.31 J/Kmol Universelle Gaskonstante Hier gilt dann: V = N mol RT = 22.4 l p Volumen eines idealen Gases mit 1 mol Teilchen bei Normalbedingungen (p=1.013*105 Pa, T=273.15 K) 1. Hauptsatz die geleistete Arbeit ist Druckarbeit: dW = Fdx = pAdx = − pdV Veränderung innere Energie: Gas (T → T + dT) dU = N At f k B dT 2 Damit wird folgende Wärme bei der Temperaturänderung zugeführt: f k B dT + pdV 2 f f +2 = N k B dT + Nk B dT = N k B dT 2 2 dQ = dU − dW = N 129 Bei Erwärmung dehnt sich das Gas aus und leistet Druckarbeit gegen die Umgebung; daher muss für die Erwärmung mehr Energie zugeführt werden als bei einem Gas mit festem Volumen. 130 Bei einer adiabatischen Zustandsänderung gilt: dU = − pdV Für ein ideales Gas also: Die Wärmekapazität bei festem Druck ist damit: Cp = f Nk BT Nk B dT = − dV 2 V dQ f +2 =N kB dT 2 Die Wärmekapazität bei festem Volumen war: CV = dV fV =− dT 2T ⇒ dQ dU f = = N kB dT dT 2 Die Lösung für eine Differentialgleichung d a f ( x) = − f ( x) dx x Hieraus ergibt sich das Verhältnis der beiden Wärmekapazitäten: Cp CV = f +2 =γ f Adiabatenkoeffizient f ( x ) = cx − a V (T ) = cT Damit erhält man: 8.5 Zustandsänderungen Änderungen eines Systems können unter verschiedenen Bedingungen stattfinden: • isotherm : • isochor : • isobar : • adiabatisch : lautet T konstant V konstant p konstant ∆Q=0 (kein Wärmeaustausch) − (c frei wählbar) f 2 Hat das Gas bei Temperatur T0 das Volumen V0, gilt − V (T0 ) = cT0 also insgesamt f 2 = V0 und damit T V = V0 T0 − f 2 c = V0T0 T = V0 T0 1 1− γ f 2 131 Mit pV = Nk BT lässt sich dies erstens umformen in: pV / Nk B V = V0 p0V0 / Nk B 1 1− γ 1− γ p V0 V = p0 V V0 bzw. oder zweitens: bzw. p = V0 p0 V = V0 Nk B T / p T = Nk B T0 / p0 T0 p T T = p0 T0 T0 −1 1− γ 1 1− γ V V 0 V p = p0 V0 −γ κ =− 1 dV 1 = V dp γp −γ 8.6 Druckarbeit Ein Gas kann Arbeit leisten; wieviel, hängt von der Art der Zustandsänderung ab. Isobare Expansion: ein Gas wird bei konstantem Druck erwärmt, wodurch es sich ausdehnt. Die geleistete Arbeit ist: −γ 1− γ ∆ W = p ∆ V = p (V2 − V1 ) Zusammenfassung: für adiabatische Zustandsänderungen des idealen Gases gilt T V = V0 T0 Die adiabatische Kompressibilität ist daher: 1 1− γ 1 1− γ T = T0 132 1 1− γ Adiabatische Expansion: ein komprimiertes Gas wird ohne Wärmezufuhr langsam expandiert. Die Arbeit ist dann ∆ W = ∆ U − ∆ Q = ∆ U = U (T1 ) − U (T2 ) also die Differenz der inneren Energien. Beim idealen Gas gilt γ −1 2/ f U =N γ T γ −1 p = p0 T0 f k BT 2 und T1 V2 = T2 V1 V = 2 V1 also V f f ∆W = N k B (T1 − T2 ) = N k B T1 (1 − 1 2 2 V2 2/ f ) 133 Isotherme Expansion: das Gas wird bei konstanter Temperatur expandiert. Der Druck hängt hier vom Volumen ab. Die Druckarbeit ist: V ∆W = Für das ideale Gas gilt: ∆W = V2 ∫ V 1 2 ∫ pdV 134 8.7 Entropie Die Entropie eines Systems ist gegeben durch (statistische Definition): S = k B ln P V1 NK BT V dV = NK BT ln( 2 ) V V1 P ist die Wahrscheinlichkeit des „normalen“ Systemzustands (da ungeordnete Zustände häufig wahrscheinlicher sind als geordnete, ist die Entropie auch ein Maß für die „Unordnung“) Die geleistete Arbeit hängt also von der Temperatur ab! Für reversible Vorgänge gilt (phänomenologische Definition): Dies erlaubt die Erzeugung von Arbeit durch eine Wärmekraftmaschine! ∆S = Möglicher Zyklus: 1. Erwärmung eines Gases von T1 auf T2 2. isotherme Expansion von V1 auf V2 (bei T2) 3. Abkühlung des Gases von T2 auf T1 4. isotherme Kompression von V2 auf V1 T2 Q2 Kontakt mit Wärmebad 1 Für die geleistete Arbeit gilt: W Q1 T1 Kontakt mit Wärmebad 2 Maschine W≤ T2 − T1 Q2 T2 ∆Q T Beispiel: isotherme Expansion eines idealen Gases V1 p1, T Druckarbeit: Entropieänderung damit: V2 p2, T ∆ W = Nk BT ln ∆S = V2 = ∆Q V1 ∆Q V = Nk B ln 2 T V1 (∆U = 0) 135 Statistisch: Wahrscheinlichkeit für ein Teilchen in V2, sich in einem Teilvolumen mit Ausdehnung V1 aufzuhalten: P= V1 V2 136 8.8 2. Hauptsatz Für die Gesamtentropie eines Systems und seiner Umgebung gilt bei allen Vorgängen: ∆S ≥ 0 Wahrscheinlichkeit für N Teilchen, sich alle in V1 aufzuhalten: V P = 1 V2 Das Gesamtsystem geht nicht von selbst in einen unwahrscheinlicheren Zustand über! N Ordnet man auch dem Zustand „alle Teilchen in V2“ eine Wahrscheinlichkeit zu, erhält man: Die Gesamtentropie erlaubt dabei einer Klassifikation der Vorgänge: reversibler Vorgang: N V PV1 = 1 PV2 V2 irreversibler Vorgang: ∆S = 0 ∆S > 0 Andere Formulierungen des zweiten Hauptsatzes: Entropieänderung bei Volumenzunahme damit: ∆ S = S 2 − S1 = k B ln PV2 − k B ln PV1 PV2 1. Es gibt kein perpetuum mobile zweiter Art (dieses erzeugt Arbeit bei Abkühlung eines Wärmereservoirs ohne Erwärmung eines anderen) N V V = k B ln = k B ln( 2 N ) = Nk B ln 2 V1 PV1 V1 Es ergibt sich das gleiche Ergebnis! 2. Es gibt keine Wärmekraftmaschine, die einen besseren Wirkungsgrad hat als die Carnot-Maschine, d.h. besser als η= W T2 − T1 = Q T2 137 8.9 Reale Gase Reale Gase zeigen eine Abweichung vom idealen Verhalten wegen der Wechselwirkung der Gasteilchen untereinander. Näherungsweise lassen sie sich beschreiben durch die Van-der-Waals-Gleichung (hier für 1 mol Gas): N2 ( p + a 2 )(V − Nb ) = Nk B T V „Binnendruck“ „Kovolumen“ Der Binnendruck ensteht durch die Anziehung der Teilchen untereinander (van-der-Waals-Wechselwirkung) und erhöht die Kompression des Gases. Das Kovolumen beschreibt die endliche Ausdehnung der Teilchen, aufgrund derer das Gas nicht beliebig dicht zusammengepresst werden kann. Aufgelöst nach dem Druck: Nk B T N2 p= −a 2 V − Nb V Kritischer Punkt Flüssigkeit Phasengemisch Gas