Mechanik II /Vorlesung 10 / Prof. Popov Energieerhaltung, Impulserhaltung I. Energieänderung beim plastischen Stoß Betrachten wir noch einmal einen plastischen Stoß, d.h. einen Zusammenstoß zweier Körper, nach dem sie sich als ein Ganzes bewegen (an einander kleben). Die Wechselwirkungskräfte zwischen beiden Körpern, unabhängig von deren Größe und physikalischer Herkunft, sind innere Kräfte. Wirken am System keine weiteren Kräfte, so ist das ein abgeschlossenes System. Der Impuls des Systems bleibt deshalb erhalten. Insbesondre gilt das für beliebige Zeitpunkte vor und nach dem Stoß: G G Impuls "vor": m1v1 + m2 v2 G Impuls "nach" ( m1 + m2 ) v ( m1v1 + m2v2 ) = v0 = v1 -absolut elastischer − m1v12 − m2 v22 Stoß 2 ( m1v1 + m2v2 ) (m v = 2 Schwerpunkt System = „innere Energie“ z. B. Wärme III. Elastischer und nicht elastischer Stoß 2 m1 + m2 2 2 1 1 = 2 ⎛ m1v1 + m2 v2 ⎞ ⎟ 2 2 ⎝ m1 + m2 ⎠ − m1v1 − m2 v2 2 2 2 = = „Kinetische Energie des Schwerpunktes“ 2 ( m1 + m2 ) ⎜ 2 mi vi G G v2 + v ∑ mi vi + ∑ mi = 2 2 =0 m 2 2 mv mv + ∑ i i = Kinetische 2 2 Energie im ( m1 + m2 ) v 2 − m1v12 − m2v22 2 Wir betrachten zwei Koordinatensysteme: Laborsystem (x,y) und ein System, das sich G mit der Geschwindigkeit v des Schwerpunktes bewegt ("Schwerpunktsystem"). G Gegeben sind: Geschwindigkeiten vi im G Schwerpunktsystem und Geschwindigkeit v des Schwerpunktes. Zu bestimmen ist die gesamte kinetische Energie. =∑ Die Energieänderung ist gleich 2 mv 2 ? falsch ! 2 Geschwindigkeiten im ruhenden Bezugssystem G G G ("Laborsystem") sind vi ' = vi + v . Die gesamte kinetische Energie ist gleich G G 2 mi ( vi + v ) mi vi '2 =∑ = K =∑ 2 2 GG 2 mi vi mi 2vi v m v2 =∑ +∑ +∑ i = 2 2 2 Wenn keine äußeren Kräfte gewirkt haben: G G G m1v1 + m2 v2 = ( m1 + m2 ) v ; G G G m1v1 + m2 v2 v= m1 + m2 Wie steht es mit der Energie der Körper? ∆K = K 2 − K1 = K= ( ) v1 = 0 -absolut plastischer − m1v12 + m2 v22 ( m1 + m2 ) 2 ( m1 + m2 ) ) ( ) ( + 2m1 v1 m2 v2 + m22v22 − m12 v12 + m22 v22 − m1m2 v12 + v22 2 ( m1 + m2 ) ( 2m1 v1 m2 v2 − m1m2 v12 + v22 2 ( m1 + m2 ) ) = − m m (v 1 2 1 − v2 2 ( m1 + m2 ) ) ) II. Kinetische Energie eines Mehrkörpersystems 0/ 0→ m2 02 0↑ 0→ m5 m4 m3 m → v1 = e v0 -teilelastischer Stoß 2 und ist immer negativ: Energie geht bei einem plastischen Stoß verloren. m1 Stoß G v e = Stoßzahl Beim elastischen Stoß bleibt Energie erhalten. Aufgabe: Man lässt eine elastische Kugel aus einer Höhe h1 auf eine starre ebene Fläche fallen. Nach dem Stoß erreicht sie eine Höhe h1 . Wie groß ist die Stoßzahl? Lösung: Die Geschwindigkeit vor dem Stoß ist gleich v1 = 2 gh1 . Die nach dem Stoß v2 = 2 gh2 . 1 Die Stoßzahl ist gleich e = v2 / v1 = h2 / h1 . e11,2 / 2 = 270 ; e11,2 / 3 = 40 ; e11,2 / 4 = 16 . Bei h2 / h1 = 0.78 ist e = 0.88 . Nach vier Stö- b) Rakete im Schwerefeld ßen wird die Höhe 0.784 h1 = 0.37h1 sein. IV. Teilelastischer Stoß zweier Körper Beim teilelastischen Stoß verringert sich der Betrag der relativen Geschwindigkeit: e ( v1 − v2 ) = − ( v1′ − v2′ ) . Aus dieser Gleichung zusammen mit dem Impulserhaltungssatz m1v1 + m2 v2 = m1v1′ + m2 v2′ kann man v1′ und v2′ bestimmen: 1 v1′ = ⎡ m1v1 (1 + e ) + v2 ( m2 − em1 )⎤⎦ m1 + m2 ⎣ 1 v2′ = ⎡ m2v2 (1 + e ) + v1 ( m1 − em2 )⎤⎦ m1 + m2 ⎣ V. Körper mit veränderlicher Masse Raketenbewegung a) Rakete im Weltraum Eine Rakete stößt Verbrennungsprodukte mit einer Abstoßgeschwindigkeit c. Die verbliebene Masse der Rakete sei m(t ) . Das Massendifferential dm ist eine negative Größe. Deshalb ist die abgestoßene Masse gleich − dm . Wir gehen in ein Inertialsystem über, das sich zum Zeitpunkt t mit der Rakete bewegt. Impulserhaltung beim Abstoß einer kleinen Gasmasse − dm : Impuls "vor" = 0 Impuls "nach" = mdv − c ( − dm ) = 0 dv = −cdm / m ; (1) Diese Änderung der Geschwindigkeit gilt natürlich in jedem Inertialsystem, auch im "ruhenden". Integration von (1) führt zur Ziolkowski-Gleichung: m dm m m v = −c ∫ = − c ln = c ln 0 m m0 m m0 g Das System ist nicht abgeschlossen, der Impuls bleibt nicht erhalten. Impulssatz gilt aber für alle Systeme, auch nicht abgeschlossene: Impuls "vor" = 0 Impuls "nach" = mdv − c ( − dm ) . Änderung des Impulses ist gleich Kraft mal Zeit: dp = mdv − c ( − dm ) = Fdt = − ( m + dm ) gdt ≈ − mg ⋅ dt Daraus ( −dm ) . dv (2) m = − mg + c dt dt ( −dm ) = q ist die pro Zeiteinheit ausgestoßene dt Masse. Die Gleichung (2) nimmt die Form an: dv m = − mg + cq = Fs + S dt Fs ist Schwerekraft, S ist Schub. Angenommen, die Massenänderung q ist konstant. Dann gilt: m = m0 − qt dv cq cq = − g = −g + dt m m0 − qt t cq = m0 − qt 0 v = − gt + ∫ ⎛ q ⎞ = − gt − c log ⎜ 1 − t⎟ m 0 ⎠ ⎝ Grenzfall: kleine t cq − m0 g q v = − gt + c t = t m0 m0 Ein Start ist nur dann möglich, wenn cq > m0 g Aufgabe. Wie schwer muss eine Rakete mindestens sein, damit sie eine Kapsel mit der Masse m bis zur Geschwindigkeit v beschleum nigen kann? Antwort: 0 = ev / c ; m Beispiel: v=Fluchtgeschwindigkeit (11,2 km/s) c=2, 3 oder 4 km/s. 2