Begleitmaterial für Pädagogen zu Der Gott des Gemetzels von Yasmina Reza am Schauspielhaus Dortmund Spielzeit 2011/12 Premiere: 14. 01. 2012, Schauspielhaus Besetzung Véronique Houillé: Eva Verena Müller Michel Houillé: Axel Holst Annette Reille: Friederike Tiefenbacher Alain Reille: Ekkehard Freye Regie/Inszenierung: Marcus Lobbes Regieassistenz: Jonas Fischer Bühne und Kostüm: Christoph Ernst Bühnenbildassistenz: Antonella Mazza Kostümassistenz: Annika Groß Licht: Sibylle Stuck Dramaturgie: Michael Eickhoff Inspizienz/ Soufflage Tilla Wienand Inhalt: 1 Über Yasmina Reza 2 Der Gott des Gemetzels - Handlung 3 Ein Sonntag mit Yasmina Reza 4 Über „Der Prozess der Zivilisation“ von Norbert Elias 5 Theaterpädagogischer Einstieg zum Stück 6 Arbeit mit Rollentexten 7 Textstelle zur Betrachtung im Unterricht Kontakt und theaterpädagogische Begleitung: Sarah Jasinszczak, Theaterpädagogin Schauspiel, Kuhstr. 12, 44137 Dortmund 0231/5022555 oder [email protected] 1 Über Yasmina Reza (* 1. Mai 1959 in Paris) Yasmina Reza wuchs in Paris auf – Ihre Mutter war Violinistin, ihr Vater, von Beruf Ingenieur, spielte Klavier. Yasmina Reza ist Schauspielerin und Schriftstellerin. Insbesondere durch ihre Stücke „Kunst“ und „Drei Mal Leben“ wurde sie in den vergangenen zehn Jahren zur weltweit meistgespielten zeitgenössischen Dramatikerin. Reza über sich selbst. „Ich bin in Paris geboren, ging in Paris zur Schule, habe in Paris studiert. […] Was allerdings weniger banal ist, ist meine Herkunft […]“. Yasmina Reza stammt aus einer weitverzweigten jüdischen Familie. „Mein Vater war Iraner, meine Mutter Ungarin, meine Großeltern liegen irgendwo in Amerika begraben“. Nach ihrem Schauspielstudium – zunächst an der Universität Paris- Nanterre, später an der Ecole Internationale de Théâtre Jacques Lecoq von Jacques Lecoq – hatte Reza zahlreiche Engagements auf französischen Bühnen in Stücken zeitgenössischer Autoren. 1987 begann sie dann selbst zu schreiben. Bereits ihre ersten beiden Stücke wurden mit dem renommierten französischen Theaterpreis Molière ausgezeichnet. Ihr drittes Stück, „Kunst“, erhielt den Tony Award und den Laurence Olivier Award und war ihr Durchbruch zur weltweit meistgespielten zeitgenössischen Dramatikerin. Mit der wachsenden Berühmtheit als Bühnenautorin blieben Angebote an die Schauspielerin Yasmina Reza aus. Im Zusammenhang mit dem Kosmopolitismus ihrer Familie bekannte Reza, ihre einzige Heimat sei die französische Sprache. Das habe auch Einfluss auf ihren Schaffensprozess. „Wie auf der Bühne geredet wird, interessiert mich mehr, als was da geredet wird. Es kommt häufig vor, dass ich Wörter verwende, weil sie an einer bestimmten Stelle gut klingen, und nicht, weil sie an dieser bestimmten Stelle richtig sind“. Diese besondere Affinität zum Klang der Sprache korrespondiert mit ihrer Wertschätzung für die Musik , führt aber nicht zum l'art pour l'art. Gerade ihre besten Stücke sind inhaltsreich und konfliktgeladen, ihre Figuren lebendig und emotional. Ein verbindendes Element fast aller ihrer Hauptfiguren ist deren Herkunft aus einem großbürgerlich jüdischen Milieu, ein anderes ihr Bezug zu den Künsten. Beides deutet auf einen autobiografischen Hintergrund, zu dem sich Reza auch ausdrücklich bekennt. „Ich glaube, dass man wirklich gut nur über seine eigenen Obsessionen schreiben kann“. Yasmina Reza lebt in Paris und hat eine Tochter und einen Sohn. Ausgewählte Stücke Kunst („Art“, 1994) in 40 Sprachen übersetzt. 1994 in Paris uraufgeführt. Der Mann des Zufalls („L'homme du hasard“, 1995) Drei Mal Leben („Trois versions de la vie“, 2000), Uraufführung am Burgtheater in Wien, Regie: Luc Bondy, Übersetzt von Eugen Helmlé. Ein spanisches Stück („Une pièce espagnole“, 2004). Ein Grammophon („Une lumière“, 2006) Der Gott des Gemetzels („Le dieu du carnage“, 2006), Uraufführung am Schauspielhaus Zürich, Regie: Jürgen Gosch, Deutsch von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel. Hammerklavier. Eine Sonate, 1998. Deutsch von Eugen Helmlé. Eine Verzweiflung („Une Désolation“, 1999), 2001. Deutsch von Eugen Helmlé. Adam Haberberg („Adam Haberberg“, 2004), 2005. Deutsch von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel. Im Schlitten Arthur Schopenhauers („Dans la luge d'Arthur Schopenhauer“, 2005), 2006. Übersetzung von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel Frühmorgens, abends oder nachts („L'aube le soir ou la nuit", 2007), 2008. Übers. von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel (Quelle: Wikipedia) 2 Der Gott des Gemetzels - Handlung Das Ehepaar Véronique und Michel Houillé empfängt in seiner Pariser Wohnung das Ehepaar Annette und Alain Reille. Der elfjährige Ferdinand Reille hat den gleichaltrigen Bruno Houillé in der Schule mit einem Stock verprügelt und ihm zwei Schneidezähne dabei herausgeschlagen. Die Eltern der beiden sind zusammengekommen, um das Geschehen zu diskutieren. Véronique ist eine sozialkritische Schriftstellerin, die an einem Buch über den Darfur-Konflikt arbeitet. Ihr Mann Michel betreibt einen Eisenwarengroßhandel. Annette Reille ist Vermögensberaterin und ihr Mann Alain ein erfolgreicher Jurist, der für einen Pharmazie-Konzern arbeitet. Das Gespräch beginnt harmlos. Annette und Alain geben sich schuldbewusst und Véronique und Michel geben zu verstehen, dass sie eine friedvolle Übereinkunft möchten, wenn nicht sogar zur Vergebung bereit sind. Doch langsam erhält der Konflikt einen anderen Ton. Nach und nach drängen die Schwachpunkte der einzelnen Lebensläufe an die Oberfläche. Die Atmosphäre wird zunehmend aggressiver und somit auch die Beurteilung der Tat des elfjährigen Ferdinand und die Beurteilung der Opferrolle von Bruno. Michel serviert als guter Gastgeber neben dem Clafoutis seiner Frau einen ausgezeichneten Whisky. Der Alkohol bewirkt schließlich die Eskalation. Annette übergibt sich auf einen wertvollen alten Bildband von einer Ausstellung Oskar Kokoschkas und ertränkt das Handy ihres Mannes in einer Vase mit Tulpen. Die Beziehung zwischen den Söhnen sollte wiederhergestellt werden, doch dann lassen die beiden Paare ihre eleganten Wohlstandsmasken fallen und ergehen sich in einem Streit, wobei die Koalitionen paarübergreifend wechseln. Einzig Alain fühlt sich letztlich in seiner Weltanschauung bestätigt. Er habe immer an den Gott des Gemetzels geglaubt. Internationale Uraufführungen Das Stück für vier Personen wurde am 2. Dezember 2006 am Schauspielhaus Zürich mit der Besetzung Dörte Lyssewski als Véronique Houillé, Tilo Nest als Michel Houillé, Corinna Kirchhoff als Annette Reille und Michael Maertens als Alain Reille uraufgeführt; Regie führte Jürgen Gosch. Diese Uraufführung wurde 2007 mit dem Nestroy-Theaterpreis als Beste deutschsprachige Aufführung des Jahres ausgezeichnet und zum Berliner Theatertreffen 2007 eingeladen. Die französische Erstaufführung hatte im Januar 2008 am Pariser Théâtre Antoine Premiere. Regie führte Yasmina Reza, es spielten Isabelle Huppert, André Marcon, Valerie Bonneton und Eric Elmosnino. Die englische Version – God of Carnage in der Übersetzung von Christopher Hampton – hatte im März 2008 am Gielgud Theatre in London Premiere. Unter der Regie von Matthew Warchus spielten Ralph Fiennes, Tamsin Greig, Janet McTeer and Ken Stott. Der Gott des Gemetzels (Film) Das Stück wurde von Roman Polanski im Frühjahr 2011 in Paris verfilmt. In der Besetzung Christoph Waltz und Kate Winslet in den Rollen von Alan und Nancy (Alain und Annette), Jodie Foster und John C. Reilly in den Rollen von Penelope und Michael (Véronique und Michel). Der Film wurde Anfang September bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig 2011 vorgestellt. Buchausgabe Yasmina Reza: Der Gott des Gemetzels. Schauspiel. Aus dem Französischen von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel; mit Fotos aus der Zürcher Uraufführung; Lengwil, Schweiz : Libelle-Verlag, 2007 3 Ein Sonntag mit Yasmina Reza Woher kommt der Gott des Gemetzels? Wie schon bei „Kunst“ aus einer wahren Begebenheit, die mir mein 13jähriger Sohn erzählt hat: Einer seiner Schulfreunde hat einem anderen mit einem Stock einen zahn ausgeschlagen. Ich habe dann zwei Zähne daraus gemacht, das ist die einzige Veränderung! Das hat mich noch nicht gleich auf eine Idee gebracht, aber kurz darauf bin ich zufällig der Mutter des Opfers begegnet, die mir erzählte: „Stellen Sie sich vor, die Eltern haben mich nicht angerufen!“ Da habe ich gedacht, das sei ein wunderbarer Stoff. Sie dachten an ein Thema in der Art von „Die Wilden sind unter uns?“ Ich schreibe niemals aus einer thematischen Perspektive. Der Prozess ist intuitiv, keinesfalls intellektuell, ohne dass ich überhaupt weiß, warum oder in welche Richtung es geht, etwa wie ein Maler, der eine Landschaft, einen Blumentopf, eine Person herausgreift. Genauer: Ich hatte eine Situation und ich wusste, dass es im Desaster enden würde, aber ich wusste nicht, in welcher Form. Nichts entkommt dem Gemetzel, weder Frauen, noch die Männer, noch die Paare, die Gutmeinenden, die Geschäftsleute oder die Kinder... Über die Kinder sage ich praktisch nichts, obwohl sie der Vorwand sind. Wie in „Drei Mal Leben“ wollte ich nur zeigen, dass Kinder keine friedensstiftenden Elemente sind: Sie kitten keine Ehe, sie einen keine Familie, sie bringen Zwietracht mit sich. Glauben Sie selbst auch an diesen Gott? Ich glaube, dass Gewalt, Krieg und Leid dem Menschen völlig inhärent sind und dass, wenn man diese Gegebenheit nicht jeder Überlegung zu Grunde legt, die Überlegung nichts taugt. Dem Menschen fällt es schwer sich zu beherrschen. Ich misstraue allen scheinbar großherzigen Ideen, dem humanistischen Mitleid, antirassistischen Slogans, ich kann mir nicht vorstellen, dass das Tragen eines Buttons, oder einfach eine ethische Entscheidung eines schönen Tages die grässlichen Triebe auslöscht, wie durch Zauberei. Ich bin skeptisch was die friedensstiftende Macht der Kultur angeht, ich misstraue dem, was einer Erpressung zum Guten gleichkommt. Nur die Taten zählen. In gewisser Weise habe ich schon immer darüber geschrieben. Sie haben kürzlich erklärt, dass die „Moderne die Negation der Zeit sei, oder vielmehr der Stillstand der Zeit“. Was meinen Sie damit? Wir leben in einer Zeit, die das Neue, das „Originelle“, die Überraschung zum absoluten Wert erhebt. Es gint keine Überraschung mehr, sobald sie zur Regel wird. Wir richten uns mit aller Gewalt in einer beständigen Gegenwart ein und verleugnen das Vergehen von Zeit, das allein die Tragödie, die Schönheit, die Tiefe hervorbringt, aber auch die Angst... und die Inspiration. Zu guter Letzt, für wen schreiben Sie? Auf diese Frage hat Borges mal geantwortet: „Für mich, meine Freunde und um den Lauf der Zeit zu mildern.“ (Aus dem Interview vom 12.1.07 in der frz. Zeitschrift: Le Point“, Übersetzung: Dietmar Böck) 4 Über „Der Prozess der Zivilisation“ von Norbert Elias Eine zentrale Frage bei Elias ist, wie Individuen den Anforderungen, die die Gesellschaft an sie stellt, gerecht werden. Im von ihm untersuchten Zeitraum nehmen die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen den Menschen zu und so nimmt im gleichen Zug auch der Planungsdruck für Individuen zu, da bei den von ihnen ausgeführten Handlungen immer mehr Stationen berücksichtigt werden müssen. Schwankungen in Affekten und Trieben kann nicht einfach nachgegeben werden und Emotionen müssen gebändigt werden, damit es nicht zu einer Schädigung des Bildes kommt, das in der Öffentlichkeit repräsentiert wird. Im Prozess der Zivilisation kommt es somit zu einer Transformation von Außenzwängen (Fremdkontrolle) in Innenzwänge (Selbstkontrolle): „Auf diese Weise vollzieht sich also der geschichtlich-gesellschaftliche Prozess von Jahrhunderten, in dessen Verlauf der Standard der Scham- und Peinlichkeitsgefühle langsam vorrückt, in dem einzelnen Menschen in abgekürzter Form von neuem. Wenn man darauf aus wäre, wiederkehrende Prozesse als Gesetz auszudrücken, könnte man in Parallele zu dem biogenetischen von einem soziogenetischen und psychogenetischen Grundgesetz sprechen“ (Elias 1969 / 1976, Bd. I, 174). Somit beschreibt Elias Zivilisation mit der „prozesshaften Ausbildung individueller Selbstregulierung trieb- und affektbedingter Verhaltensimpulse. Nicht die Zivilisation ist das eigentlich fest Bestehende, sondern der sich verändernde Zwang zum Selbstzwang und das Erlernen individueller Selbstregulierungen im Zusammenleben mit anderen Menschen“ (Korte 2004, S. 126). 5 Theaterpädagogischer Einstieg zum Stück Warm up – im Kreis ( z.B. Platzwechsel, Blickkontakt, Emotionales Hallo) 1 Prügeln über Distanz (ca. 10 Min.) In dem Stück DER GOTT DES GEMETZELS geht es um zwei Jungs, die sich geprügelt haben und ihre Eltern, die sich zwar in erster Linie nicht körperlich, aber quasi seelisch gegenseitig „verprügeln“. In diesem Spiel geht es ums Agieren und Reagieren. Die Spieler stehen sich in zwei Reihen gegenüber, ca. 5 m Distanz. Eine Reihe beginnt und jeder schlägt oder tritt das jeweilige Gegenüber. Das Gegenüber muss auf den Schlag so reagieren, als sei er tatsächlich getroffen. Nach 3-5 Schlägen wechseln die Reihen und die bisherigen Schlagempfänger schlagen nun imaginär, die Anderen reagieren. In der nächsten Runde kommen Geräusche hinzu und es entsteht eine Prügelei über Distanz mit Schlag – Reaktion – direktem Gegenschlag – usw. In einer dritten Runde kann die Reaktion durch Worte, wie; „Au, spinnst du“, „Das tat weh, du...“ ergänzt werden. 2 Mann-Frau-Klischees (ca. 10 Min.) Yasmina Reza arbeitet in ihrem Text DER GOTT DES GEMETZELS stark mit Rollenklischees (z.B. der Geschäftsmann Alain, der ständig am Handy hängt). Dieses Spiel bietet eine Annäherung an Rollenklischees. Schüler und Schülerinnen stehen sich in zwei Reihen gegenüber. Die Mädchen beginnen und einigen sich untereinander auf ein Klischee über Männer Auf 1 – 2 – 3 rufen sie den jeweils anderem Geschlecht „ihr“ Klischee entgegen. Das gegenüber stellt das Klischee dar. Jeder für sich und in der Reihe bleiben. Die Mädels entscheiden durch Applaus, wann sie genug gesehen haben. Im Anschluss geben die Jungen eine Klischee-Aufforderung an die Mädels, solange bis sich die Klischees erschöpfen. Textstelle zur Betrachtung von „Eltern haften für ihre Kinder“ ANNETTE Wichtig ist doch, dass die Kinder miteinander reden. Ich komme mit Ferdinand um neunzehn Uhr dreißig zu Ihnen, dann können die beiden sich aussprechen. Nein? Sie sehen nicht überzeugt aus. VERONIQUE Wenn Ferdinand nicht gezwungen wird, die Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen, starren sie sich nur an wie zwei Kampfhähne und es gibt eine einzige Katastrophe. ALAIN Was wollen Sie damit sagen? Was heißt gezwungen wird, die Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen? VERONIQUE Ihr Sohn ist ganz sicher kein Wilder. ANNETTE Ferdinand ist absolut kein Wilder. ALAIN Doch. ANNETTE Alain, das ist idiotisch, warum sagst du so was? ALAIN Weil er ein Wilder ist. MICHEL Was sagt er selbst zu seiner Tat? ANNETTE Er will nicht darüber reden. VERONIQUE Das wäre aber wichtig. ALAIN Vieles wäre wichtig. Es wäre wichtig, dass er herkommt, es wäre wichtig, dass er darüber redet, es wäre wichtig, dass es ihm leid tut, Sie verfügen ganz offensichtlich über Kompetenzen, die uns abgehen, wir werden uns bessern, aber bis dahin seien Sie doch bitte nachsichtig. 6 Arbeit mit Rollentexten Jeder Schüler erhält einen Rollentext der Figuren: Veronique, Alain, Michel und Annette Die Schüler bewegen sich durch den Raum und lesen die Rollentexte laut und für sich. Die Schüler probieren für ihre Figur verschiedene Möglichkeiten des Sprechens, der Bewegung aus, bis sie meinen, eine angemessene gefunden zu haben. So kann Schritt für Schritt eine Figur entwickelt werden. - Welche Körperhaltung hat die Figur, Wie ist der Gang der Figur? - Hat die Figur einen Tick - Welche Sprache benutzt die Figur (Akzent, Lautstärke...) Véronique Houillé Véronique ist Schriftstellerin und arbeitet in einem Kunstbuchhandel. Sie ist mit Michel verheiratet und die Mutter von Camille und Bruno. Bruno sind von Ferdinand, Sohn der Reilles, zwei Schneidezähne ausgeschlagen worden. Véronique und Michel haben nun Annette und Alain eingeladen, um über den Vorfall zu sprechen. Sie und Michel gehören eher dem linken Milieu an und stehen finanziell unter den Reillles. Véronique schätzt den zivilisierten Umgang miteinander, kann es aber nicht gut ertragen, nicht Recht zu haben. Sie ist sauer auf Michel, weil der Knusperinchen, den Hamster ihrer Tochter, ausgesetzt hat. - „Keiner hat was davon, wenn wir uns von Gefühlen steuern lassen“ - „Interessiert Ferdinand sich für Kunst?“ - „Sie sind beide grässlich“ - „Du bist so windelweich, du willst es allen Recht machen.“ Michel Houillé Michel ist Besitzer eines Großhandels für Haushaltsartikel, Vertreter für Töpfe, Klospülungen und alles Mögliche sonst. Er ist mit Véronique verheiratet und Vater von Camille und Bruno. Bruno sind von Ferdinand, Sohn der Reilles, zwei Schneidezähne ausgeschlagen worden. Michel und Véronique haben nun Annette und Alain eingeladen, um über den Vorfall zu sprechen. Michel nervt die Eigenart seiner Frau, immer so übermäßig politisch korrekt zu sein und Recht haben zu wollen. - „Ich sage immer, was uns beherrscht, das können wir nicht beherrschen“ - „Wir sind alle besten Willens“ - „Ich sage immer, die Ehe ist die schlimmste Prüfung, die Gott uns auferlegt“ Annette Reille Annette ist Vermögensberaterin. Sie ist mit Alain verheiratet und Mutter von Ferdinand. Ferdinand hat Bruno, dem Sohn der Houillés, zwei Vorderzähne ausgeschlagen. Allerdings weiß Annette, dass Bruno ihn vorher provoziert hat. Trotzdem ist sie vorerst bereit, zur Schadensbegrenzung beizutragen. Annette ist unglücklich, weil ihr Mann Alain zuviel arbeitet und ständig am Handy hängt. Sie reagiert auf Stress mit Übelkeit. - „Ich hoffe, dass alles gut wird“ - „Wir brauchen dich nicht, du bist ja zu nichts nutze“ - „Ich muss mich übergeben.“ Alain Reille Alain ist Anwalt und mit Annette verheiratet. Er ist der Vater von Ferdinand, der Bruno, dem Sohn der Houillés, zwei Schneidezähne ausgeschlagen hat. Alain arbeitet viel. Momentan gibt es ein Problem mit einem Pharma-Konzern, darum kann er sich nur wenig auf das Gespräch konzentrieren. Er weiß ohnehin nicht, was er bei den Houillés soll, schließlich ist Erziehung Frauensache. - „Mein Sohn hat Ihren Sohn nicht entstellt“ - „Mich belastet gar nichts“ - „Wer interessiert sich schon für etwas anderes als für sich selbst?“ 7 Textstelle zur Betrachtung im Unterricht ALAIN Ich glaube an den Gott des Gemetzels. Das ist der einzige Gott, der seit Anbeginn der Zeiten uneingeschränkt herrscht. Sie interessieren sich doch für Afrika, nicht wahr ... Geht´s dir nicht gut? ANNETTE Kümmer dich nicht um mich. ALAIN Aber doch. ANNETTE Alles bestens. ALAIN Schauen Sie mal, zufällig bin ich gerade aus dem Kongo zurückgekommen. Da unten lernen Achtjährige das Handwerk des Tötens. Noch als Kinder bringen sie möglicherweise Hunderte von Leuten um, mit der Machete, mit der Twelve, mit der Kalaschnikow, mit dem Grenade launcher, da werden Sie verstehen, dass ich nicht gar so entsetzt und indigniert bin wie Sie, weil mein Sohn einem Klassenkameraden einen Zahn ausschlägt oder meinetwegen auch zwei. VERONIQUE Sie sind im Unrecht. ANNETTE Grenade launcher! ... ALAIN Ja, so heißt das. MICHEL Geht´s? ANNETTE ... Bestens. Was halten die Schüler von solchen Vergleichen? Diskutiert den Ausschnitt unter der Betrachtung verschiedener gesellschaftlicher Hintergründe, wo werden Kinder zu Gewalt verführt und wer trägt die Verantwortung? Welche Verantwortung tragen eure Eltern für euer Handeln? („Twelve“ bedeutet Zwölferkanone „Grenade launcher“ bedeutet Granatwerfer) Erarbeitung des Materials Sarah Jasinszczak, Theaterpädagogin Schauspiel Dortmund