2. Wirtschaftskreislauf und Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) Kromphardt, Teil B Blanchard / Illing, Kapitel 2 – 3.1 Frenkel, Michael, und Klaus Dieter John (2011), Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, 7. Aufl., Vahlen, München. Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 1 Gliederung 2.1 Wirtschaftskreislauf 2.2 Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung 2.3 Nominales vs. reales Bruttoinlandsprodukt 2.4 Inflationsrate Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 2 2.1 Wirtschaftskreislauf Die Ausgaben eines Wirtschaftssubjekts sind Einnahmen eines anderen. Produzierte Konsumgüter Konsumausgaben Unternehmen Vorleistungen Zwischenprodukte Haushalte Faktoreinkommen Geleistete Arbeit, zur Verfügung gestelltes Kapital Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 3 2.1 Wirtschaftskreislauf Vermögensänderungskonto Investitionen I Ersparnis S Konsumausgaben Unternehmen Haushalte Faktoreinkommen I=S Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 4 2.1 Wirtschaftskreislauf Investitionen des Staates Vermögensänderungskonto Investitionen Ersparnis des Staates private Ersparnis Konsumausgaben Unternehmen Haushalte Faktoreinkommen Güterkäufe und Subventionen Bezüge der Staatsbediensteten und Transferleistungen Steuern Staat Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 5 2.1 Wirtschaftskreislauf Leistungsbilanzsaldo Ausland Vermögensänderungskonto Investitionen Nettoübertragungen an Ausland Konsumausgaben Import Export Unternehmen Investitionen des Staates Ersparnis des Staates private Ersparnis Haushalte Faktoreinkommen Güterkäufe und Subventionen Bezüge der Staatsbediensteten und Transferleistungen Steuern Staat Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 6 2.1 Wirtschaftskreislauf Leistungsbilanzsaldo Ausland Vermögensänderungskonto Investitionen Nettoübertragungen an Ausland Konsumausgaben Import Export Investitionen des Staates Ersparnis des Staates private Ersparnis Strom- oder Haushalte Bestandsgrößen? Faktoreinkommen Unternehmen Güterkäufe und Subventionen Bezüge der Staatsbediensteten und Transferleistungen Steuern Staat Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 7 2.1 Wirtschaftskreislauf LeistungsLB bilanzsaldo Ausland Vermögensänderungskonto Investitionen IU Nettoübertragungen an Ausland Konsumausgaben Ü C Import M Unternehmen Export Investitionen des Staates ISt Ersparnis des Staates SSt private Ersparnis SH Haushalte Faktoreinkommen X Güterkäufe und Subventionen G+Sub YSt+Tr YU TU Steuern TH Bezüge der Staatsbediensteten und Transferleistungen Staat Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 8 2.1 Wirtschaftskreislauf Haushalte: Vermögensänderungskonto Zuflüsse YU + YSt + Tr = Abflüsse C + SH + Ü + TH Budgetrestriktion der Haushalte Ausland private Ersparnis Konsumausgaben SH C Unternehmen Nettoübertragungen an Ausland Ü Haushalte Faktoreinkommen YSt+Tr YU Steuern TH Bezüge der Staatsbediensteten und Transferleistungen Staat Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 9 2.1 Wirtschaftskreislauf LeistungsLB bilanzsaldo Ausland Vermögensänderungskonto Nettoübertragungen an Ausland Ü Import M Unternehmen Export Haushalte X Ausland: Zuflüsse Inland: LB + M + Ü = Abflüsse X Zuflüsse X = Abflüsse Prof. Dr. Marco Runkel Zahlungsbilanz ausgeglichen LB = X – M – Ü LB + M + Ü AVWL II Seite 10 2.1 Wirtschaftskreislauf LeistungsLB bilanzsaldo Vermögensänderungskonto Investitionen IU Ausland Unternehmen Investitionen des Staates I St Ersparnis des Staates SSt private Ersparnis Haushalte SH Staat Vermögensänderungskonto: Zuflüsse SH + SSt = Abflüsse IU + Ist + LB LB = SH + SSt – IU – ISt = gesamtw. Ersparnis – Investitionen Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 11 2.2 VGR/2.2.1 Überblick KonzepteVGR n VGR liefert eine Vielfalt von Daten und Konzepten – enormes Zahlenmaterial: Wir versuchen, auf folgende Fragen Antwort zu geben: n Wie können wir das Produktionswachstum messen? n Gibt es ein geeignetes Maß für gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt? n Warum gibt es unterschiedliche Konzepte? BSP, BIP, Volkseinkommen? n Unterschied zwischen Brutto vs. Netto: Korrektur um Abschreibungen n Wie können wir international zuverlässige Vergleiche anstellen? n Was ist der Unterschied zwischen realem und nominalem BIP? -> 2.3 n Warum können Messfehler bei der Inflationsrate internationale Produktivitätsvergleiche erschweren? ->2.4 Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 12 2.2.1 Überblick Konzepte VGR BIP: Die gesamte Wertschöpfung der innerhalb eines Jahres produzierten Waren und Dienstleistungen für Endverbrauch Aber: Können wir Äpfel und Birnen addieren? Summiere die mit den Marktpreisen gewichteten Mengen: BIPt = Pt Y t = ∑ pit yit Verschiedene Ansätze zur Berechnung des BIP 1) Gesamte Wertschöpfung der Endprodukte 2) Summe der Mehrwerte in allen Produktionsstufen 3) Einkommen aller Haushalte 4) Ausgaben aller Haushalte Alle Berechnungsmethoden kommen – in einer geschlossenen Volkswirtschaft - zum gleichen Ergebnis! Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 13 2.2.1 Überblick Konzepte VGR Verteilungsseite: Wert aller Einkommen Einkommen Arbeit/Kapital Haushalte Unternehmen Entstehungsseite: Wertschöpfung der Endprodukte Güter Summe der Mehrwerte in allen Produktionsstufen Ausgaben Verwendungsseite: Wert aller Ausgaben Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 14 2.2.2 Produktionskonten Einzelwirtschaftliches Produktionskonto eines Unternehmens VGR-Begriff Soll Bruttoproduktionswert Vorleistungen Bruttowertschöpfung Abschreibungen Haben - aus dem Inland Verkäufe im Inland - aus dem Ausland Verkäufe ins Ausland Gütersteuern – Subventionen Nettowertschöpfung Erhöhung der Lagerbestände Selbsterstellte Anlagen = Erwerbs- und Vermögenseinkommen = Löhne, Zinsen, Mieten, Pachten, Gewinne Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 15 2.2.2 Produktionskonten Einzelwirtschaftliches Produktionskonto eines öffentlichen Haushalts VGR-Begriff Soll Bruttoproduktionswert Vorleistungen Haben - aus dem Inland - aus dem Ausland Abschreibungen Bruttowertschöpfung Nettowertschöpfung = Erwerbs- und Vermögenseinkommen Abgegebene Dienstleistungen (=Konsumausgaben) (= Verbrauch öffentlicher Leistungen) + Selbsterstellte Anlagen = Löhne, Mieten, Pachten, Zinsen Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 16 2.2.3 Bruttoinlandsprodukt (BIP) Gesamtwirtschaftliches Produktionskonto (Inlandskonzept) in Mrd. € (2012) VGR-Begriff Soll Haben Bruttoinlandsprodukt Abschreibungen Abschreibungen 399 = BIP Nettoinlandsprodukt = NIP = Bruttowertschöpfung von Unternehmen und öff. Haushalten 2644 2245 = Erwerbs- und Vermögenseinkommen (Löhne, Zinsen, Mieten, Pachten, Gewinne) + Gütersteuern – Subventionen BruttoinvestiNettoinvestitionen tionen 455 56 Verkäufe an private Haushalte (privater Konsum) 1522 Konsumausgaben des Staates 515 Export – Import 152 Quelle: Statistisches Bundesamt (April 2013) Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 17 2.2.3 Bruttoinlandsprodukt (BIP) Bruttoinlandsprodukt (BIP) Y kann auf 3 verschiedenen Wegen ermittelt werden Entstehungsrechnung Bruttoproduktionswert – Vorleistungen Verteilungsrechnung Einkommen aus unselbständiger Arbeit + Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen + Indirekte Steuern – Subventionen + Abschreibungen – Saldo der Primäreinkommen mit dem Ausland Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Verwendungsrechnung privater Konsum C + Konsumausgaben des Staates G + Bruttoinvestitionen + Vorratsveränderungen + Exporte I X – Importe IM Y = C + G + I + X - IM Seite 18 2.2.4 BIP vs. BNE (Bruttonationaleink.) Inlandskonzept bezieht sich auf die Beträge, die im Inland produziert werden. Inländerkonzept bezieht sich auf die Beträge, die letztlich Inländern (nach Wohnort) zufließen. BIP = Gesamteinkommen, das im Inland entstanden ist + Einkommen, die Inländer im Ausland erzielen – Einkommen, die Ausländer im Inland erzielen Saldo der Primäreinkommen mit dem Ausland = Bruttosozialprodukt BSP (= Bruttonationaleinkommen, BNE). Für die Stärke der Wirtschaft in einem Gebiet ist das Inlandskonzept (BIP) entscheidend. Für die verfügbaren Einkommen und die Nachfrage in einem Gebiet ist das Inländerkonzept (BSP = BNE) entscheidend. Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 19 2.2.4 BIP vs. BNE (Bruttonationaleink.) -> Bruttoinlandsprodukt (BIP) inländische Produktion (engl. GDP: gross domestic product) -> Bruttonationaleinkommen (BNE) Einkommen aller Inländer (engl. GNP: gross national product) Beispiele für den Unterschied: – Wochenendpendler aus Polen arbeitet bei Berliner Auto-Firma Steigert Produktion (BIP) in D; erhöht BNE in Polen, – Berliner Wirtschaftsingenieur erzielt Dividenden auf Aktien einer Biotech-Firma in Kalifornien: Steigert BIP in USA; erhöht BNE in D BNE = BIP + Saldo der Primäreinkommen Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 20 2.2.4 BIP vs. BNE (Bruttonationaleink.) -> Bruttoinlandsprodukt (BIP) inländische Produktion D(2012): 2644 Mrd.€ -> Bruttonationaleinkommen (BNE) Einkommen aller Inländer D(2012): 2695 Mrd.€ 1,3 Verhältnis BIP zu BNE 1,2 1,1 1 Deutschland Irland 0,9 Kuwait 0,8 0,7 0,6 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Quelle: The World Bank (April 2013) Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 21 2.2.5 Volkseinkommen Gesamtwirtschaftliches Produktionskonto (Inländerkonzept) in Mrd. € (2012) VGR-Begriff Bruttosozialprodukt Abschreibungen = BSP bzw. BNE 2695 399 Nettosozialprodukt = NSP Indirekte Steuern - Subventionen (NNE) 2296 Volkseinkommen Laufende Transfers an das Ausland Direkte Steuern – Transfers vom Staat 2021 Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte 1666 Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 22 2.2.5 Volkseinkommen Volkseinkommen Soll Haben Arbeitnehmereinkommen Nettotransfers an das Ausland Selbständigeneinkommen (Gewinne, Mieten) Einkommen aus Vermögen (Zinsen, Dividenden) Erwerbseinkommen Privater Konsum Konsum des Staates Faktoreinkommen Transfers (monetäre Sozialleistungen) Ersparnis – der privaten Haushalte – der Unternehmen – der öffentlichen Haushalte Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 23 2.2.6 Verwendungsrechnung Komponenten des BIP: Y = C + G + I + X - IM n C – Konsum: von den Konsumenten gekaufte Güter und Dienstleistungen (~ 57% des BIP) n I – Bruttoinvestitionen (~ 17% des BIP) n G – Staatsausgaben (ohne Transfers) (~ 20% des BIP) n X - IM = Nettoexporte u Exporte (X) - Importe (IM) (~ 52% des BIP) (~ 46% des BIP) • X > IM -- Handelsbilanzüberschuss • X < IM -- Handelsbilanzdefizit Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 24 2.2.7 Grenzen der VGR n Statistische Erfassung schwierig. Daten werden häufig revidiert. Verschiedene Berechnungsmethoden führen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Öffentliche Güter werden zu Entstehungskosten bewertet. n VGR erfasst nur Transaktionen über den Markt. Unberücksichtigt bleiben u.a. Schwarzarbeit, unbezahlte Arbeit, Eigenleistungen (Hausarbeit, andere selbsterstellte Güter privater Haushalte). n Als Wohlstandsindikator: Wert der Freizeit und Verteilungsgerechtigkeit werden nicht berücksichtigt. Bewertung zu Marktpreisen entspricht nicht dem Nutzen der Haushalte. Lebensdauer von Konsumgütern wird nicht berücksichtigt. n Externe Effekte – Umweltschäden werden nicht berücksichtigt, Aufwand zur Beseitigung des Schadens erhöht BIP. n Sich gegenseitig aufhebende Aktivitäten? Produktion einer Verpackung erhöht BIP, Beseitigung des Abfalls erhöht BIP nochmal. Kein Wert geschaffen? Jedoch: Verpackung hat einen Zweck erfüllt. Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 25 2.2.8 Internationale Vergleichbarkeit Welche Daten sollten wir verwenden? Was ist das richtige Maß? Ländervergleich: Welches Land hat Spitzenstellung? Differenzierte Antwort – abhängig von der Fragestellung Aussagekräftig: reale pro Kopf Größen Bedenke: Ø Falls die Bevölkerung schneller wächst als Inlandsprodukt, bleibt pro Kopf weniger verfügbar. Ø Rein nominale (inflationsbedingte) Steigerungen sind illusorisch Ø Abschreibungen erweitern die Konsummöglichkeiten nicht Ø Unterschiede in der Versorgung mit öffentlichen Gütern Ø Unterschiede im Freizeitkonsum nicht erfasst Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 26 2.2.8 Internationale Vergleichbarkeit Welche Daten sollten wir verwenden? Was ist das richtige Maß? Ländervergleich: Welches Land hat Spitzenstellung? Differenzierte Antwort – abhängig von der Fragestellung Aussagekräftig: reale pro Kopf Größen Bedenke: Ø Falls die Bevölkerung schneller wächst als Inlandsprodukt, bleibt pro Kopf weniger verfügbar. Ø Rein nominale (inflationsbedingte) Steigerungen sind illusorisch Ø Abschreibungen erweitern die Konsummöglichkeiten nicht Ø Unterschiede in der Versorgung mit öffentlichen Gütern Ø Unterschiede im Freizeitkonsum nicht erfasst Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 27 2.3 Nominales vs. reales BIP Nominales BIP = Wert aller produzierten Güter und Dienstleistungen in Marktpreisen. In welchen Einheiten messen wir das reale BIP? - entweder in Preisen eines Basisjahres, z.B: BIP Deutschlands zu Preisen von 2000: = Wert aller produzierten Güter und Dienstleistungen zu Preisen von 2000 - oder als Indexzahl, z.B. BIP 2000 wird normiert auf 100. In beiden Fällen müssen Preisänderungen aus dem BIP zu aktuellen Marktpreisen herausgerechnet werden. Wie? Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 28 2.3 Nominales vs. reales BIP: USA-D 1970 Nominales BIP USA Mrd. $ D Mrd. € Nominales 2009: BIP Deflator BIP USA 2009 1.038,5 14.258,7 360,6 2404,4 24,3 108,5 USA: das 13,7 fache von 1970 D D: das 6,7 fache 44,8 Jährliches Wachstum 6,9% 5,0% 109,6 Warum ist das nominale BIP in den USA doppelt so stark gestiegen wie in Deutschland? Quellen: Statistisches Bundesamt (Februar 2010) Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 29 2.3 Nominales vs. reales BIP: USA-D 1970 Nominales BIP USA Mrd. $ D Mrd. € 2009 1.038,5 14.258,7 Jährliches Wachstum 6,9% 360,6 2404,4 5,0% BIP Deflator (Jahr 2000 = 100) USA 24,3 109,8 3,9% D 44,8 111,1 2,4% Reales BIP in Preisen von 2000 USA Mrd. $ 4.269,9 12.988,7 2,9% D Mrd. € 804,5 2.163,1 2,6% Quellen: Statistisches Bundesamt (Februar 2010) Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 30 2.3 Nominales vs. reales BIP: USA-D 1970 Nominales BIP USA Mrd. $ D 2009 1.038,5 14.258,7 Jährliches Wachstum 6,9% 360,6 2404,4 5,0% Reales BIP 2009: BIP Deflator USA 24,3 (Jahr 2000 USA: das 3,0 fache von 1970 = 100) 109,8 3,9% 111,1 2,4% 4.269,9 12.988,7 2,9% Mrd. € D D: das 2,7 fache Reales BIP in Preisen von 2000 USA Mrd. $ D Mrd. € 44,8 804,5 2.163,1 2,6% Quellen: Statistisches Bundesamt (Februar 2010) Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 31 2.3 Nominales vs. reales BIP Wie bestimme ich das reale BIP im Jahre 2010 zu Preisen von 2000? 1. Zähle alle produzierten Güter, ermittle die Preise dieser Güter im Jahre 2000. X k = Produzierte Menge t ∑X k 2010 k 2000 ⋅P Pt k von Gut k in Periode t = Preis von Gut k in Periode t Aber, wie teuer war ein iPad im Jahre 2000? n Besser: Dividiere das nominale BIP im Jahre 2010 durch den Preissteigerungsfaktor (BIP-Deflator) des Zeitraums 2000 bis 2010. Wie ermitteln wir den BIP-Deflator bzw. die Inflationsrate? Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 32 2.4 Inflationsrate Es gibt unterschiedliche Maße für das Preisniveau: u BIP-Deflator (Warenkorb = produzierte Güter) u Verbraucherpreisindex (= Preisindex der Lebenshaltung) Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI) wird für einen EU-weit identischen Warenkorb berechnet. Kritik: 1. Ausgewiesene Inflationsrate (Verbraucherpreisindex) überschätzt die wahre Inflationsrate. Gründe: a) Substitutionseffekte nicht berücksichtigt b) Qualitätsverbesserungen nicht korrekt erfasst 2. Immobilienpreise werden nicht berücksichtigt. Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 33 2.4 Inflationsrate Substitutionseffekte: Auf Veränderungen der relativen Preise reagieren Haushalte mit Substitution: Billiger gewordene Güter werden verstärkt nachgefragt Bei Gewichtung mit altem Warenkorb (Basisjahr) wird Preisveränderung überzeichnet. Folglich werden reale Wachstumsraten unterschätzt. Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 34 2.4 Inflationsrate Qualitätsverbesserungen: Beispiel Computer: n Neue Generation von Prozessoren n Gleicher Preis, aber doppelt so schnell, n Offizielle Statistik: Preissteigerung von Null n Tatsächlich aber: Wegen besserer Qualität ist Preis für gleiches Gut effektiv gesunken. Um wie viel? Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 35 2.4 Inflationsrate Für BIP Deflator: seit 2005 Wechsel zu Hedonischem Preisindex mit Kettenindex-Verfahren u Gewichte des Warenkorbs vom jeweiligen Vorjahr u Reales BIP für zwei aufeinander folgende Jahre wird berechnet anhand der durchschnittlichen Preise der beiden Jahre; u Schätzung des Anstiegs der Zahlungsbereitschaft für Qualitätsverbesserungen. => Verzerrungen werden reduziert. Prof. Dr. Marco Runkel AVWL II Seite 36