Forschungsschwerpunkt E Innovative Krebsdiagnostik und -therapie E120 Pharmakologie der Krebsbehandlung Pharmakologie der Krebsbehandlung (E120) Leiter: Prof. Dr. med. W. Jens Zeller Wissenschaftler Dr. Stephanie Laufs Dr. Renate Port Dr. Rüdiger Port Dr. Marlon Veldwijk Studenten/Doktoranden cand.med. Simone Berlinghoff cand. med. Fara Bozorgmehr cand.med. Falk Dillmann cand.med. Frank Giordano cand.med. Marius Stiefelhagen cand.med. Moritz Schad Dipl.biol. Zsuzsanna Nagy cand.med. Aleksandar Radujkovic cand.med. Daniel Ribeiro cand.med. Timon Seeger Technische Assistenten Bernhard Berkus Sigrid Heil (½) Hans-Jürgen Engel Neueste Untersuchungen unserer Gruppe zeigen, dass das Integrationsverhalten von Onkoretroviren und Lentiviren in humanen peripheren Blutvorläuferzellen keinesfalls wie bisher angenommen, zufällig ist. Es konnte eine vermehrte Integration von Onkoretroviren in den Chromosomen 17 und 19 gezeigt werden [3]. Für onkoretroviral transduzierte menschliche Blutstammzellen mit Langzeit-Repopulationspotential in immundefizienten Mäusen konnten wir erstmals eine bevorzugte Vektorintegration im ersten Intron von Genen identifizieren. Publikationen (* = externer Koautor) Sekretärin Brigitte Pétillion (1/3) [1] *Fruehauf S, Veldwijk MR, Zeller WJ, Laufs S. Prospects and RISC score of viral gene therapy for sarcoma. Expert Opin Biol Ther. 2003 Dec;3(8):1241-51. Integrationsanalyse von retroviralen Vektoren in hämatopoetischen Stammzellen S. Laufs, K.Z. Nagy, F. Giordano, S. Fruehauf*, W.J. Zeller * Medizinische Klinik und Poliklinik V, Universität Heidelberg Mit Hilfe der Insertionsmutagenese durch das murine Leukämievirus konnte eine Vielzahl für die Krebsentstehung relevanter Wirtsgene identifiziert werden. Während so die Insertionsmutagenese von retroviralen Vektoren wesentliche Erkenntnisse über die Krebsentstehung ermöglicht hat, stellt sie andererseits bei den Ansätzen, die Viren als Vektoren für die medizinische Anwendung einsetzen möchten (Gentherapie), ein ernsthaftes Problem dar. Zwei Studien haben verdeutlicht, dass das Risiko der Insertionsmutagenese beträchtlich sein kann. So zeigten retroviral transduzierte hämatopoetische Zellen in einem Mausmodell der Knochenmarktransplantation erstmals das Potential der Vektorinsertionsmutagenese bei der Leukämieinduktion. Im leukämischen Klon fand sich die Aktivierung des Protoonkogens evi-1 infolge der Insertion einer einzigen Kopie des retroviralen Vektors. Nur wenige Monate nach dieser Publikation wurden zwei Fälle leukämischer Komplikationen in einer klinischen Gentherapiestudie für eine schwere kombinierte Immundefizienz (X-SCID) nach retroviraler Modifikation von Knochenmarkstammzellen bekannt. Auch hier spielte die Aktivierung eines zellulären Onkogens (LMO2) nach Insertion des retroviralen Vektors eine entscheidende Rolle. In beiden Fällen, sowohl im Mausmodel als auch bei den X-SCID-Patienten, führte die virale Integration zur transkriptionellen Aktivierung eines Protoonkogens. Von uns wurden humane periphere Blutvorläuferzellen mit dem neuen retroviralen SF91m3-Vektor, der das humane MDR1-Gen enthält, transduziert und anschließend in NOD/ SCID-Mäuse transplantiert. Anschließend wurde von uns auf Basis der ligationsmediierten PCR (LM-PCR) eine Methode entwickelt und optimiert, die es ermöglicht, gleichzeitig mehrere Integrationsstellen von transduzierten gemischten Zellpopulationen wie chimäres Mausknochenmark, das transduzierte menschliche Stammzellen enthält, zu untersuchen [1-3]. Weiterhin wurde von uns für klonale Zellpopulationen eine Methode (PCR mit arbiträren Primern) zur Insertionsanalyse in peripheren Blutstammzellen entwickelt. Beide Methoden konnten zum ersten Mal mittels 24-Farben-FISH validiert werden [3]. [2] Gentner B, Laufs S, Nagy KZ, Zeller WJ, *Fruehauf S. Rapid detection of retroviral vector integration sites in colony-forming human peripheral blood progenitor cells using PCR with arbitrary primers. Gene Ther. 2003 May;10(9):789-94. [3] Laufs S, Gentner B, Nagy KZ, *Jauch A, Benner A, *Naundorf S, *Kuehlcke K, *Schiedlmeier B, *Ho AD, Zeller WJ, *Fruehauf S. Retroviral vector integration occurs in preferred genomic targets of human bone marrow-repopulating cells. Blood. 2003 Mar 15;101(6):2191-8. Epub 2002 Nov 07. Rekombinante Adeno-assoziiertes-Virus-2-Suizidvektoren für die Behandlung von Sarkomen und Mesotheliomen M.R. Veldwijk, S. Berlinghoff, S. Laufs, F. Wenz*, S. Fruehauf** und W.J. Zeller *Department of Radiation Oncology, Universitätsklinikum Mannheim, Universität Heidelberg ** Medizinische Klinik und Poliklinik V, Universität Heidelberg Trotz Fortschritten in der konventionellen Therapie von Sarkomen und malignen Mesotheliomen ist die Behandlung dieser Tumorentitäten insbesondere in fortgeschrittenen Stadien unverändert eine große Herausforderung und die Prognose ist bei einem hohen Prozentsatz dieser Patienten schlecht. Auf der Suche nach neuen Behandlungsmöglichkeiten stellen virale Suizidvektoren einen vielversprechenden neuen Ansatz dar [1-3]. In vorangegangenen Untersuchungen beobachteten wir die höchste Suszeptibilität bei Bindegewebssarkomzellen (HS-1) für den rekombinanten adeno-assoziierten-Virus-2 (rAAV-2)-Vektor [Veldwijk et al., Eur J Cancer 35 (1999): 1136-1142; Veldwijk et al. Cancer Gene Ther 7 (2000): 597-604]. Jetzt wurden diese Ergebnisse an fünf weiteren menschlichen Sarkomzelllinien bestätigt: Fibrosarkom (HT-1080), Ewing Sarkom (RD-ES), Askin Tumor (SK-NMC), Rhabdomyosarkom (A-204) und Weichteilsarkom (WSKL-1) [4]. Darüber hinaus zeigte sich, dass rAAV-2 sowohl hohe Transduktionsraten als auch eine hohe GFPExpression in menschlichen Mesotheliomzelllinien (H-Meso1, MSTO-211H and NCI-H-28) erreicht [5, 6]. Aus rAAV-2Konstrukten, die verschiedene Promotoren enthalten, zeigte der EF-1 alpha (Elongations-Faktor-1 alpha) enthaltende Vektor nach Transduktion die höchsten Expressionsraten sowohl in Sarkom- als auch in Mesotheliomzelllinien [4, 5]. Um eine konstante Anzahl von Vektorpartikeln sicherzustellen, wurden die stocks zum einen mittels funktionaler Titrierung, zum anderen mit einer von uns etablierten, auf real-time PCR-basierenden Methode titriert [7]. DKFZ 2004: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2002 - 2003 351 Forschungsschwerpunkt E Innovative Krebsdiagnostik und -therapie 352 Mehrere neue Vektoren, die das Thymidinkinase-Gen (TK) enthalten und entweder unter der Kontrolle des Zytomegalievirus- (CMV) oder des EF-1-alpha-Promotors stehen, wurden erzeugt und ausgetestet [4, 7]. Eine höhere Expression des Transgens (im Vergleich zum CMV-Promotor) konnte bei EF-1-alpha-enthaltenden Vektoren in Sarkomund Mesotheliomzelllinien beobachtet werden. Für Sarkomzellen haben wir eine komplette Abtötung von rAAV-EF1αTK/eGFP (enthält Thymidinkinase/enhanced GFP) -transduzierten Tumorzellen nach Exposition gegenüber Ganciclovir (2,5 µg/ml) (GCV) in vitro beobachten können, während bei dieser Ganciclovir-Dosis >90% der nichttransduzierten Zellen überlebten [4]. Bei Mesotheliomzellen konnte eine fast komplette Tumorabtötung von transduzierten und GCV-behandelten Zellen erreicht werden [5]. Xenotransplantations-Tumor-Modelle (intraperitoneal, subkutan) wurden für Sarkom- und Mesotheliomzellinien in NOD/SCID Mäusen etabliert. In ”proof-of-principle”-Experimenten wurden Mäusen rAAV-TK/eGFP-transduzierte und zusätzlich GCV-exponierte Sarkom- und Mesotheliomzellen transplantiert, wonach diese >5 Monate überlebten, während bei gleichem Ansatz mit nicht-transduzierten Zellen alle Mäuse ca. 1 Monat nach Tumorinokulation verstarben [4, 5]. Unsere Ergebnisse sind vielversprechend und empfehlen die Weiterentwicklung einer auf rAAV-2 basierenden Suizidgentherapie für den Einsatz bei Sarkomen und Mesotheliomen. Publikationen (* = externer Koautor) [1] Fruehauf S*, Veldwijk MR, Zeller WJ, Laufs S. Prospects and RISC score of viral gene therapy for sarcoma. Expert Opin Biol Ther. 2003 3:1241-1251. [2] Fruehauf S*, Veldwijk MR, Berlinghoff S, Basara N*, Baum C*, Flasshove M*, Hegewisch-Becker S*, Kröger N*, Licht T*, Moritz T*, Zeller WJ and Laufs S (2002). Gene therapy for sarcoma. Cells Tissues Organs 172:133-144. [3] Cziepluch C, Schlehofer JR and Veldwijk MR. Parvoviren in der Krebs- und Gentherapie. In: Zeller WJ, zur Hausen H (Hrsg). Onkologie, ecomed Verlag, Landsberg/Lech. 2003. Pp. 1-12. Chapt. IV-21.2. [4] Veldwijk MR, Berlinghoff S, Laufs S, Wenz F*, Zeller WJ and Fruehauf S* (2004).Suicide gene therapy of sarcoma cell lines using recombinant adeno-associated virus 2 vectors. Cancer Gene Ther. 11:577-584. [5] Berlinghoff S, Veldwijk MR, Laufs S, Maser HP, Jauch A*, Wenz F*, Fruehauf S* and Zeller WJ (2004). Adeno-associated virus-2 vector-based suicide gene therapy for mesothelioma can be improved by use of elongation factor 1-alpha as promotor. Lung Cancer. In press. [6] Veldwijk MR, Berlinghoff S, Laufs S, Jauch A*, Wenz F*, Zeller WJ and Fruehauf S*. Characterisation of mesothelioma cell lines: a promising model for adeno-associated virus 2-mediated suicide gene therapy. Eur. J. Cancer. Submitted [7] Veldwijk MR, Topaly J*, Laufs S, Zeller WJ and Fruehauf S* (2002). Rapid determination of adeno-associated virus 2 vector titers using an optimized real-time quantitative polymerase chain reaction-based titration assay that meets clinical laboratory standards. Mol Ther 6:272-278 Pharmakokinetik/Pharmakodynamik R.E. Port Kooperationen mit: O. Mehls, Universitäts-Kinderklinik Heidelberg; R.W. Jelliffe, School of Medicine, University of Southern California, Los Angeles, USA; P.M.J. McSheehy, CRC Biomedical Magnetic Resonance Research Group, St. George’s Hospital Medical School, London, UK. Gegenstand der Pharmakokinetik sind Konzentrations-ZeitVerläufe von Arzneistoffen; Gegenstand der Pharmakody- E120 Pharmakologie der Krebsbehandlung namik ist die Abhängigkeit der Wirkung von Arzneistoffen von Dosis, Zeit und eventuell auch gemessenen Arzneistoffkonzentrationen. Die Populations-Pharmakokinetik/Pharmakodynamik konzentriert sich auf die Analyse der Variabilität von Arzneistoffkonzentrationen und Arzneistoffwirkungen [1 - 5]. Eine populations-pharmakodynamische Untersuchung der Wirkung von Erythropoetin bei renaler Anämie ergab, dass bei Kindern und Jugendlichen von 10 bis 20 Jahren eine gegebene absolute Dosis im Mittel immer etwa die gleiche Wirkung hat, unabhängig von Gewicht oder Alter [3]. Die Ursache für diesen grundsätzlich unerwarteten Befund könnte eine eine Bindung von Erythropoetin an Rezeptoren außerhalb des hämatogenen Systems sein, die eine physiologische Funktion in der Entwicklung haben und mit dem Heranwachsen allmählich verschwinden. Die in der Pädiatrie übliche Dosierung nach kg Körpergewicht sollte für Erythropoetin neu überdacht werden. Ein Hauptproblem bei der Behandlung solider maligner Tumoren mit Arzneistoffen ist die Erzielung ausreichend hoher Arzneistoffkonzentration im malignen Gewebe für ausreichend lange Zeit. Über die Arzneistoffkonzentrationen, die tatsächlich in menschlichen Tumoren zustandekommen, ist wenig bekannt. Die Magnetresonanz-Spektroskopie (MRS) und die dynamische Magnetresonanz-Tomographie (dMRT) erlauben es, Arzneistoffkonzentrationen in Geweben nichtinvasiv zu verfolgen [6]. Untersuchungen mit 19F-MRS in vivo an Rattentumoren ergaben, dass die Aufnahme von 5-Fluoruracil in den Tumor und der Anabolismus zu zytotoxischen Nucleotiden durch gleichzeitige Inhalation von CO2 gesteigert werden; gleichzeitig wird jedoch auch der Rückfluss des Zytostatikums vom Tumor ins Plasma beschleunigt wird [7]. Die Studie ist ein Beispiel für das Potenzial nichtinvasiver Methoden bei pharmakokinetischen Untersuchungen in Geweben. Publikationen (* = externer Koautor) [1] Port RE: Populations-Pharmakokinetik und individuelle Dosisanpassung. In: Zeller WJ, zur Hausen H (Hrsg.), Onkologie Grundlagen, Diagnostik, Therapie, Entwicklungen (16. Ergänzungslieferung, ecomed-Verlag, Landsberg 2003), pp. IV8.1, 1 - 13 [2] Gastl G*, Berdel W*, Dittrich C*, Edler L, Jaehde U*, Port R E, Mross K*, Scheulen M*, Sindermann H*: Standard Operating Procedures for Clinical Trials of the CESAR Central European Society for Anticancer Drug Research - EWIV. SOP 14: Population Pharmacokinetic Analysis. Onkologie 26 (suppl. 6), 60 - 66, 2003 [3] Port RE, Kiepe D*, Jelliffe RW*, Mehls O*: Recombinant Human Erythropoietin for the treatment of Renal Anemia in Children. No Justification for Bodyweight-Adjusted Dosage. Clin Pharmacokin, 43, 57-70, 2004 [4] Mueller HJ*, Grubert M*, Hilger R*, Richly H*, Port R E, Scheulen M*, Mross K*: The influence of elevated liver function parameters on the pharmacokinetics of doxorubicin and epirubicin - a population based pharmacokinetic study of CESARAPOH. Int J Clin Pharmacol Ther 40, 575 - 577, 2002 [5] Mueller HJ*, Port RE, Grubert M*, Hilger RA*, Scheulen M*, Mross K*: The influence of liver metastases on the pharmacokinetics of doxorubicin - a population-based pharmacokinetic project of the CESAR-APOH. Int J Clin Pharmacol Ther 41, 598 599, 2003 [6] Port RE, Wolf W*: Noninvasive methods to study drug distribution. Inv New Drugs 21, 157 - 168, 2003 [7] McSheehy PMJ*, Port RE, Rodrigues LM*, Robinson SP*, Stubbs M*, van der Borns K*, Peters GJ*, Judson IR*, Leach MO*, Griffiths JR*: Investigations in vivo of the effects of carbogen breathing on 5-fluorouracil pharmacokinetics and physiology of solid rodent tumors. Neoplasia, Cancer Chemother Pharmacol, im Druck DKFZ 2004: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2002 - 2003