Y - Universität Passau

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Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2008/09
y,
s .y
y*
Makroökonomik
c*
f(k)
(n+δ)k
s.f(k)
Hinweis:
Maßgeblich für die Klausur sind die in der
Vorlesung vermittelten Inhalte. Die Folien
erheben nicht den Anspruch auf
Vollständigkeit. Zum Verständnis der
Folien ist ein Besuch der Vorlesung
erforderlich.
s.y*
k*
k
1
2
Verzeichnis der wichtigsten Symbole
Literatur
• Blanchard, O. (2006) Macroeconomics, 4. Aufl.
• Burda, M. und C. Wyplosz (2005), Macroeconomics – A
European Text. 4. Aufl.
• Gärtner, M. (2003), Macroeconomics.
• Lambsdorff, J. Graf und C. Engelen (2007), Das Keynesianische
Konsensmodell, WiST, Wirtschaftswissenschaftliches Studium,
August, S. 387-394.
• Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl.
• Romer, David, (2006), Short-Run Fluctuations. Manuskript,
University of California, Berkeley, S. 1-19; 44-70:
http://elsa.berkeley.edu/~dromer/
• Taylor, J.B. (2007), Economics, 5. Aufl.
3
a autonomer Konsum
G Staatskonsum
A Prod.technologie
BD Budgetdefizit
C Konsum d. Haushalte
c marg. Konsumquote
i nom. Zinssatz
H Humankapital
I Nettoinvestitionen
J‘ Importe von Gütern
und Dienstleistungen
J = J‘ zzgl. Faktorl.
K Kapitaleinsatz
Lr reale Geldnachfrage
N Arbeitseinsatz
n Bev.wachstumsrate
δ Abschreibungsrate
D Abschreibungen
E Ertragserwartungen
e Wechselkurs ($/€)
F Faktoreinkommen/
Wertschöpfung
4
NKE Nettokapitalexp.
Tr Transfers an Ausland
NNE Nettonationaleink.
V Vorleistungen
P Verbraucherpreisindex
Y Nettoinlandsprodukt
π Inflationsrate
πe erw. Inflation
Yb Bruttoinlandsprodukt
Y pot. Inlandsprodukt
Yv verf. Einkommen
r realer Zinssatz
R staatl. Transfers
S Ersparnis
t Steuersatz
T Steuern
T0 Pauschalsteuern
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2008/09
y,
s.y
y*
I. Das Bruttoinlandsproduktf(k)
X‘ Exporte von Gütern
und Dienstleistungen
c*
(n+δ)k
s.f(k)
X = X‘ zzgl. Faktorl.
Z Subventionen
s.y*
5
Pflichtlektüre:
Frenkel, M. und K.D. John (2006), Volkswirtschaftliche
Gesamtrechnung, 6. Aufl. S. 21-25, 37-39, 50-52, 54-55,
56.
k*
k
• Das Bruttoinlandsprodukt ist ein Maß für die
gesamtwirtschaftliche Produktion. Diese entspricht in
einer (geschlossenen) Volkswirtschaft den gesamten
Einnahmen der Firmen (aus dem Verkauf von
Endprodukten) und den Ausgaben der Haushalte.
• Das Bruttoinlandsprodukt wird bestimmt durch den
gesamten Marktwert aller Endprodukte an Gütern und
Dienstleistungen, welche in einer bestimmten Periode in
einem Land produziert werden.
• Die Produktion wird also nach Marktpreisen bewertet.
7
• Es beinhaltet sowohl „fassbare“ Güter (Nahrung,
Kleidung, Autos) als auch „nicht-fassbare“
Dienstleistungen (Haarschnitt, Reinigungsservice,
ärztliche Beratung).
8
• Das Bruttoinlandsprodukt umfasst nur Güter und
Dienste, welche gegenwärtig produziert werden, nicht
solche der Vergangenheit oder Zukunft. Es bezieht sich
dabei auf ein bestimmtes Zeitintervall (Jahr oder
Quartal).
• Es bezieht sich auf die Produktion innerhalb der
geographischen Abgrenzung eines Landes.
• Gezählt werden alle produzierten und legal auf Märkten
gehandelten Güter. Vernachlässigt werden Güter, welche
zu Hause produziert und konsumiert werden, ohne dabei
über einen Markt ausgetauscht zu werden.
• Illegal gehandelte Güter (z.B. Drogen) werden
vernachlässigt.
L 200
Getreide
300
Müller
L 100
Vorleist.
500
G 100
Brot
700
G 80
Vorleistungen: 800
Wertschöpfung: 700
10
• Das reale Bruttoinlandsprodukt misst die Produktion
von Gütern und Diensten zu konstanten Preisen.
L 120
Produktionswert: 1500
• Das Bruttoinlandsprodukt entspricht damit der
Wertschöpfung. Von der Summe aller
Produktionswerte (einschl. Vorleistungen) müssen
sämtliche Vorleistungen abgezogen werden.
• Das nominale Bruttoinlandsprodukt misst die
Produktion von Gütern und Diensten zu aktuellen
Preisen.
Vorleist.
300
G 100
• Die produzierten Vorleistungen gehören nicht zum
Inlandsprodukt, da sie im gleichen Zeitraum wieder im
heimischen Produktionsprozess verbraucht werden.
Reales und Nominales Bruttoinlandsprodukt
Bäcker
Mehl
500
• Vorleistungen sind solche Güter und Dienste, welche
in der gleichen Periode im Produktionsprozess wieder
verwendet werden.
9
Produktionswert und Wertschöpfung am Beispiel
der Brotproduktion (L steht für Lohn, G für
Gewinn):
Landwirte
• Es werden nur Endprodukte und nicht Vorleistungen
einbezogen (so dass Doppelzählungen vermieden
werden).
11
• Ein zutreffendes Bild der Produktion als Maßstab des
Wohlstands eines Landes erfordert, dass das nominale
BIP mit Hilfe des BIP-Deflators in das reale BIP
umgerechnet wird.
12
Der BIP-Deflator misst das gegenwärtige Preisniveau
relativ zum Preisniveau eines Basisjahres.
Bruttoinlandsprodukt, Deutschland,
real in Preisen von 1995 und nominal
Bill. €
2.2
2
Ein Anstieg des BIP-Deflators bedeutet, dass ein
Anstieg des nominalen BIP auf Preiserhöhungen und
nicht auf eine gestiegene mengenmäßige Produktion
zurück zu führen ist.
1.8
1.6
1.4
BIP, real
1.2
Ein Sinken des BIP-Deflators bedeutet, dass ein
sinkendes nominales BIP aus Preissenkungen resultiert
und nicht durch eine schrumpfende mengenmäßige
Produktion bedingt ist.
BIP, nominal
1
0.8
0.6
13
Das Bruttoinlandsprodukt als Wohlfahrtsindikator
• Das reale Bruttoinlandsprodukt ist das beste
eindimensionale Maß für das Wohlergehen einer
Gesellschaft.
• Als Pro-Kopf-Größe misst es das durchschnittliche
Einkommen und die durchschnittlichen Ausgaben einer
Person.
• Ein höheres Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt indiziert
einen höheren Lebensstandard.
15
Quelle: World Development Indicators, eigene Darstellung
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
1973
1971
0.4
14
Glaubst du denn, du wärst
klüger als alle unsere
Ökonomen, Statistiker und
Minister? Unser
Lebensstandard hat sich
deutlich erhöht! Du merkst
es bloß nicht, weil dies
durch die erhöhten Kosten
neutralisiert wurde.
Laxman,
Times of India,
16
Aber: Das Bruttoinlandsprodukt ist nicht ein perfektes
Maß des Glücksempfindens oder der Lebensqualität.
Insbesondere fehlen Wertansätze für die folgenden
„Güter“:
• Der Wert der Freizeit.
• Der Wert einer sauberen Umwelt.
• Der Wert von Gütern und Diensten, welche nicht über
den Markt ausgetauscht werden, z.B. freiwillige,
unentgeltliche Arbeiten, gegenseitige Hilfestellungen in
der Familie.
• Der Wert einer gerechteren Verteilung der Einkommen.
17
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
• Wir unterstellen eine geschlossene Volkswirtschaft, d.h.
wir vernachlässigen das Ausland.
• Wir vernachlässigen die ökonomische Aktivität des
Staates.
• Es existieren daher nur private Haushalte und
Unternehmen.
Arbeitskraft
Lohn (700)
Private
Haushalte
Vorleistungen
(300)
Unternehmen
Zahlung (700)
Konsumgüter
19
Das Bruttoinlandsprodukt weist aber eine hohe
Korrelation mit anderen Messgrößen auf. So korreliert es
hoch mit einem subjektiv geäußerten Glücksgefühl.
Lebenszufriedenheit
und Pro-KopfEinkommen in 51
Ländern anfangs der
90er-Jahre.
Quelle: A. Stutzer (2001),
„Eine ökonomische Analyse
menschlichen
Wohlbefindens“, Zürich.
18
• Folgende vereinfachende Annahmen gelten:
• Private Haushalte produzieren nicht. Sie
verausgaben ihre gesamten Einkommen vollständig.
• Unternehmen bilden keine Ersparnisse.
• Es entstehen im Produktionsprozess keine Gewinne.
• Aufgrund der fehlenden Ersparnisbildung gibt es
kein Vermögen.
• Unternehmen produzieren nur Konsumgüter und
Dienstleistungen, welche in der gleichen Periode
abgesetzt werden.
• Die Güter werden mit Hilfe menschlicher
Arbeitskraft und Vorleistungen (Rohstoffe,
20
Transportkosten, usw.) produziert.
F steht hierbei für das
Faktoreinkommen
Inlandsprodukt =
Wertschöpfung: 700
Einkommenskonto
F
700
C
700
Produktionswert: 1000
Produktionskonto
V 300
21
• Die eingezeichneten Ströme sind Zahlungsströme (im
Falle einer Kreditgewährung könnten wir auch von
Forderungsströmen sprechen).
• Der mit dem Symbol C versehene Strom bedeutet, dass
den Produzenten aus dem Verkauf von Konsumgütern
an die Einkommensbezieher von diesen Zahlungsmittel
in Höhe von 700 zufließen.
• Dem aus Konsumgüterverkäufen der Produzenten
resultierenden Strom fließt ein gleich starker, aber
entgegen gerichteter Strom von den Produzenten zu den
Einkommensbeziehern entgegen.
• Dieser bringt zum Ausdruck, dass die Produzenten an
die Einkommensbezieher Löhne und Gehälter, so
genannte Faktoreinkommen, zahlen. Mit dem zweiten
Strom entsteht ein Kreislauf.
23
• Entsprechend den wirtschaftlichen Funktionen in
der betrachteten Volkswirtschaft existiert ein
Einkommenskonto und ein Produktionskonto.
• Das Produktionskonto soll hierbei die Produktion,
Einkommensentstehung und Einkommensverteilung
beinhalten.
• Das Einkommenskonto erfasst die
Einkommenserzielung, Einkommensumverteilung
und Einkommensverwendung.
• Anschaulich kann das Einkommenskonto als Konto
der Einkommensbezieher (hier der privaten
Haushalte) und das Produktionskonto als Konto der
Produzenten (hier der Unternehmen) betrachtet
22
werden.
• Die Faktoreinkommen beinhalten die so genannten
Erwerbs- und Vermögenseinkommen.
• Die Erwerbseinkommen sind die Arbeitnehmerentgelte
und die Selbständigeneinkommen.
• Zu den Vermögenseinkommen gehören Zinsen und
Mietzahlungen sowie die verteilten Gewinne in Form von
Dividendenausschüttungen oder Gewinnentnahmen.
• Wir hatten jedoch unterstellt, dass kein Vermögen
angesammelt wurde. Daher besteht das Einkommen
zunächst nur aus Erwerbseinkommen und wird hier als
„Lohn“ bezeichnet.
24
• Unsere vereinfachende Annahme, private Haushalte
würden nicht produzieren, soll nun aufgegeben werden.
Darstellung in Kontenform
Einkommenskonto
Konsumausgaben
700
700
Produktionskonto
Vorleist.
Faktoreinkommen
300
Wertschöpfung
– Löhne
700
300
Vorleist.
700
Konsumgüter
25
• Alle Unternehmungen gehören zum Sektor „private
Haushalte“, sofern sie keine (quasi-)
Kapitalgesellschaften sind (Aktiengesellschaften,
Gesellschaften mit beschränkter Haftung,
Genossenschaften, offene Handelsgesellschaften,
Kommanditgesellschaften).
• Der Begriff „privater Haushalt“ wird gemäß einer
Abgrenzung für die Mitgliedsstaaten der Europäischen
Union durch das europäische System
volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (abgekürzt:
ESVG; verbindlich für alle Mitgliedsstaaten der
Europäischen Union ab April 1999 verbindlich)
vorgenommen.
• Zum Produktionswert der von privaten Haushalten
erzeugten Güter gehören einerseits Dienstleistungen, die
Hausangestellte, Reinigungspersonal, butler u. ä.
Erwerbstätige gegen Entgelt produzieren und an andere
private Haushalte verkaufen.
26
Darstellung in Kontenform
Private Haushalte
• Die Produktion dieser Personengesellschaften o.e.R. wird
auf einem Produktionskonto der privaten Haushalte
verbucht.
27
Produktionskonto
Produktionskonto
Wertschöpfung
-Löhne
• D.h. alle Personengesellschaften ohne eigene
Rechtspersönlichkeit zählen zu den privaten Haushalten
(z.B. selbständige Landwirte, Einzelunternehmer im
produzierenden Gewerbe, Handwerker, Händler,
Gastwirte).
Unternehmen
270
100
Dienstlst.an
Haushalte
170
Konsumgüter
Einkommenskonto
Vorleist.
300
300 Vorleist.
Wertschöpfung
550
-Löhne
550
Konsumgüter
Einkommenskonto
Konsumausgaben 820
720
Faktoreinkommen
Ausgaben für
Dienstlst.
100
28
• Nun soll die Annahme aufgegeben werden, dass private
Haushalte und Unternehmen nicht sparen und nicht
investieren.
• Die Unternehmen erzielen Gewinne.
• Private Haushalte sparen dadurch, dass sie nur einen Teil
ihres Faktoreinkommens für Konsum ausgeben.
• Das hiermit angesammelte Vermögen stellen sie für die
Produktion den Unternehmen (oder den zu den
Haushalten zählenden Personengesellschaften) zur
Verfügung.
• Unternehmen sparen dadurch, dass sie diese Gewinne
nicht vollständig als Dividenden an die private Haushalte
abführen.
• Die Ersparnis der Unternehmen entspricht somit den
einbehaltenen Gewinnen.
• Diese werden verbucht als ein Einkommen, welches sich
die Unternehmen auf ihr Einkommenskonto zuweisen.
• Aufgrund der durch Nutzung eingetretenen
Wertminderung des Anlagevermögens müssen
Unternehmen ferner Abschreibungen verbuchen.
• Hierfür erhalten sie dann Vermögenseinkommen, wie
z.B. Zinsen oder Dividenden.
29
• Auf der Seite der Produzenten wird unterstellt, dass diese
nicht nur Konsumgüter, sondern auch Investitionsgüter, d.h.
dauerhafte Produktionsmittel wie maschinelle Anlagen,
produzieren.
• Unter Konsum (C) verstehen wir nun sämtliche Ausgaben
der Haushalte für (Verbrauchs-) Güter und Dienste mit
Ausnahme von Häusern, welche als Investition gezählt
werden.
• Demgegenüber zählen Ausgaben der Haushalte für
langlebige Konsumgüter (Auto, Fernseher, Waschmaschine
…) zum Konsum.
• Investitionen (I) sind Ausgaben für Kapitalausstattung,
Vorräte und Bauten (Häuser), also für Güter, welche nicht
unmittelbar verbraucht werden.
31
30
Bezüglich der Investitionen sind folgende Begriffe zu
unterscheiden:
Bruttoinvestition: Ib
Nettoinvestition: I
Lagerinvestition: IL
Reinvestition ~ D
(Brutto-) Anlageinvestitition: IbA
Ib 250
Reinvest.
150
D 150
IbA 210
I 100
IL 40
32
Darstellung in Kontenform
Private Haushalte
• Aus der Darstellung ist ersichtlich, dass zu manchen
Posten eine Gegenposition fehlt. Hierfür ist ein
Vermögensänderungskonto zu berücksichtigen.
Unternehmen
Produktionskonto
Produktionskonto
Wertschöpfung
– Löhne
– Zinsen
– einbeh.
Gewinne
Investitionsgüter
Abschreibungen
Einkommenskonto
Konsumausgaben
Einkommenskonto
• Wir betrachten nun zur Vereinfachung nur
gesamtwirtschaftliche Konten, vernachlässigen also die
Unterscheidung in private Haushalte und Unternehmen.
• Eine Darstellung kann entweder in Form eines
Flussdiagramms oder in Kontenform erfolgen.
Faktoreinkommen
Ersparnis
– Löhne
– Zinsen
einbeh.
Gewinne
Ersparnis
33
Flussdiagramm einer einfachen Volkswirtschaft
Einkommenskonto
F
820
S 100
C
720
• Die den Haushalten und Unternehmen zufließenden
Einkommen in Höhe von 820 werden in Höhe von 720
für Konsumzwecke ausgegeben und der Rest in Höhe von
100 wird gespart.
• Die Ersparnis fließt dem Vermögensänderungskonto zu.
Damit wird ein Teil der Bruttoinvestition in Höhe von
250 finanziert.
Vermögensänderungskonto
• Als Gedankenstütze kann man sich vorstellen, dass das
Vermögensänderungskonto beim Produktionskonto
Investitionsgüter in Höhe von 250 kauft und bezahlt.
Ib 250
Produktionskonto
34
D 150
V 300
35
• Der nicht durch Ersparnisse finanzierte Teil der
Bruttoinvestition in Höhe von 150 Einheiten wird durch
Abschreibungen finanziert, genauer aus
Abschreibungsgegenwerten.
36
Gesamtwirtschaftliche Konten einer einfachen
Volkswirtschaft
Produktionskonto
Einkommenskonto
Konsumausgaben
720
Brutto- und Nettoinlandsprodukt
820
Faktoreinkommen
Vorleist.
300
Abschr.
150
Wertschöpfung
– Löhne 680
– Zinsen 140
Ersparnis 100
300
Vorleist.
720
250
Konsumgüter
Inv.güter
Vermögensänderungskonto
Inv.güter
250
150
Abschr.
100
Ersparnis
Das Nettoinlandsprodukt kann auf verschiedene Arten
berechnet werden:
Y=C+I
(820)
(Verwendungsseite)
Y=C+S
(820)
(Aufteilungsseite)
Y=F
(820)
(Verteilungsseite)
Es gilt ferner:
Bruttoinlandsprodukt Yb=Y+D = 970
37
38
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2008/09
Zur Übung: VWL-Quiz
y,
s.y
y*
http://www.wiwi.uni-passau.de/994.html
f(k)
II. Produktion und Wachstum
c*
Aufgaben 1 und 2
(n+δ)k
s.f(k)
s.y*
39
k*
k
40
Pflichtlektüre:
Gärtner, M. (2003), Macroeconomics, S. 221-250; 267271.
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 180204; 208-222.
• Der Lebensstandard, gemessen durch das reale
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, variiert stark zwischen
Ländern.
• Der Lebensstandard in den reichsten und in den ärmsten
Ländern, gemessen durch das reale Bruttoinlandsprodukt
pro Kopf, unterscheidet sich ca. um den Faktor 100.
41
42
• Unter Produktivität versteht man die Menge an Gütern
und Diensten, welche in einer Arbeitsstunde produziert
werden.
• Der Lebensstandard wird maßgeblich von der
Produktivität der Arbeitskräfte bestimmt.
• Die Produktivität wird maßgeblich durch die
verschiedenen Produktionsfaktoren bestimmt.
Quelle:
43
44
Unter Produktionsfaktoren versteht man
insbesondere:
• Kapital ist ein aus der vergangenen Produktion
stammender Faktor, welcher in die gegenwärtige
Produktion eingeht.
• Physisches Kapital
• Humankapital
• Physisches Kapital ist der Bestand an Maschinen
und Bauten, welcher in die Produktion von Gütern
und Diensten eingeht.
• Natürliche Ressourcen
• Technischer Fortschritt
• (neuere Forschungen betonen auch „Sozialkapital“.
Hiermit kann z.B. das gegenseitig entgegengebrachte
Vertrauen gemeint sein. Solche Faktoren werden
stärker in den Kulturwissenschaften betont und hier
vernachlässigt.)
45
46
• Natürliche Ressourcen sind Produktionsfaktoren,
welche von der Natur bereit gestellt werden. Beispiele
hierfür sind Boden, Metalle oder Öl. Sie werden
eingeteilt in
• Humankapital ist der ökonomische Begriff für das
Wissen und die Fertigkeiten, welche Arbeiter durch
Erziehung, Training und Erfahrung akquirieren und
zur Produktionssteigerung einsetzen können.
• erneuerbare Ressourcen, wie z.B. Wälder oder
Fischbestände, und
• Die Messung des Humankapitals ist schwierig.
Näherungsweise werden hierfür die Ausgaben
verwendet, welche getätigt werden, um den
Arbeitskräften das Verständnis neuer Prozesse und
Produkte zu vermitteln.
• nicht erneuerbare Ressourcen, wie z.B. Kohle
oder Mineralwasser.
47
• Natürliche Ressourcen sind wichtig. Aber viele
Länder mit wenig Ressourcen (Deutschland, Japan)
können trotzdem einen hohen Lebensstandard erzielen.
Rohstoffbesitzer wie Gabun, Nigeria oder Venezuela
48
sind hingegen teilweise ärmer.
• Technischer Fortschritt ist das Verständnis innovativer
Produktionstechnologien und Organisationsmethoden
(Prozessinnovationen) sowie verbesserter oder
neuartiger Produkte (Produktinnovationen).
• Humankapital ist im Gegensatz zu technischem
Fortschritt fest mit einer Arbeitskraft verbunden. Es
kann nicht käuflich erworben und transferiert werden.
Die Produktionsfunktion
• Ökonomen verwenden oft eine Produktionsfunktion,
um das Verhältnis zwischen der Menge an
Einsatzfaktoren und der erzielten (Brutto-)
Produktionshöhe auszudrücken.
Yb=AF(N, K, H)
• Während die Erfindung der Schreibmaschine
technischer Fortschritt ist, ist das Erlernen der ZehnFinger-Technik eine Form von Humankapital.
• Für Humankapital müssen Ausgaben getätigt werden,
um den Arbeitskräften das Verständnis neuer Prozesse
49
und Produkte zu vermitteln.
• Hierbei indiziert Yb das Bruttoinlandsprodukt (die
Produktion), A die Produktionstechnologie, N die Anzahl
an Arbeitskräften, K die Menge an physischem Kapital,
H die Menge an Humankapital und F() eine Funktion,
welche diese Faktoren kombiniert. Auf die
Berücksichtigung von Rohstoffen wird hier verzichtet.50
• Eine Produktionsfunktion hat „konstante Skalenerträge“,
wenn für jede positive Zahl x gilt:
• Produktionsfunktionen mit konstanten Skalenerträgen
haben eine interessante Implikation.
xYb=AF(xN, xK, xH)
• Ersetzen wir x durch 1/N, dann folgt:
• Dies bedeutet, dass z.B. eine Verdoppelung aller
Einsatzfaktoren zu einer Verdoppelung der Produktion
führt.
• Konstante Skalenerträge erscheinen plausibel: Wenn zu
einer existierenden Betriebsstätte eine zweite, identische
an einem anderen Ort und unter sonst gleichen
Bedingungen erstellt wird, sollte diese die gleiche
Produktion hervorbringen können.
51
Yb/N=AF(1, K/N, H/N)
• Hierbei ist nun Yb/L die Produktion pro Arbeitskraft, K/L
der Kapitaleinsatz je Arbeitskraft und H/L das
Humankapital je Arbeitskraft.
• Die Produktivität (Yb/N) wird also von den diversen ProKopf-Einsatzfaktoren sowie dem Stand der Technologie
(A) bestimmt.
52
Die Frage der Konvergenz
• Sind Länder mit niedrigem Einkommen durch höhere
Wachstumsraten gekennzeichnet?
• Falls dies so wäre, würden Einkommensunterschiede im
Zeitverlauf abgebaut. Dies wird als catch-up-Effekt
bezeichnet.
• Ein solcher catch-up-Effekt würde sich einstellen, wenn
„sinkende Grenzerträge“ vorliegen.
• Werden alle Pro-Kopf Einsatzfaktoren der gegebenen
Produktionsfunktion verdoppelt, so ergibt sich nur ein
unterproportionaler Anstieg:
AF(1, 2.K/N, 2.H/N) < 2.Yb/N
• Dies ergibt sich, da die 1 sich nicht verdoppelt hat. Es
liegen also bei der gegebenen Funktion sinkende
Grenzerträge vor.
• Werden Einsatzfaktoren nämlich mit steigendem Einsatz
tendenziell unproduktiver, so hätten Länder mit geringer
Ausstattung eine höhere Grenzproduktivität und damit
einen Produktionsvorteil gegenüber reicheren Ländern.53
54
Wachstum und Pro-Kopf-Inlandsprodukt in US-Staaten
Quelle für Graphik:
55
Quelle: Barro und Sala-i-Martin (1995), Economic Growth, S. 28.
56
• Konvergenz scheint aufgrund empirischer Evidenz dort
vorzuliegen, wo Länder relativ ähnliche Ausgangsbedingungen haben.
Für das Solow-Wachstumsmodell unterstellen wir eine
Cobb-Douglas-Produktionsfunktion, wobei wir
natürliche Ressourcen vernachlässigen:
• Für die Welt insgesamt liegt gemäß empirischer Evidenz
keine Konvergenz vor.
• Die fehlende weltweite Evidenz ist evtl. auf die sehr
unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen dieser
Länder zurückzuführen.
Yb=AF(N,K)=AKαN1-α , 0<α<1.
Hierbei indiziert Yb das Bruttoinlandsprodukt (die
Produktion), A die Produktionstechnologie, N die
Anzahl an Arbeitskräften und K die Menge an
physischem und Humankapital.
•
57
58
Yb b=F(K,N
Es liegen positive und abnehmende Grenzerträge beider
Produktionsfaktoren vor. Es gilt z.B.:
•
dYb/dK=AαKα−1N1-α>0;
d2Yb/dK2= Aα(α−1) Kα−2N1-α <0.
N0
•
Es liegen konstante Skalenerträge vor:
A(xK)α(xN)1-α = AxαKαx1-αΝ1-α
=xAKαN1-α=xYb.
59
Quelle:
60
•
Schreiben wir diese Funktion in Pro-Kopf-Terme um,
so folgt mit k=K/N und y=Yb/N:
•
δ K=sF − δ K ⇔ K/N=s
K=I⋅ f (k)-δ k
y=Yb/N= f(k)=AKαN−α = Akα .
Das Pro-Kopf-Einkommen, y, ist somit eine positive,
aber abnehmende Funktion des Pro-Kopf-Kapitalstocks,
k.
•
•
Das erzielte Einkommen teilen Haushalte auf in
Konsum und Ersparnis. Bei einer festen Aufteilung
beträgt somit die gesamte Ersparnis pro Kopf
sy=sAkα .
•
61
Einsetzen erbringt:
•
Wird dies berücksichtigt, so folgt für die Dynamik des
Pro-Kopf-Kapitalstocks:
•
k = s ⋅ f (k)-( δ + n)k .
•
Ein Anstieg des Pro-Kopf-Kapitalstocks ergibt sich,
wenn von den aus der bestehenden Produktion
resultierenden Pro-Kopf-Investitionen die
Abschreibungen abgezogen werden. Ferner müssen
neue Arbeitskräfte mit demselben Kapitalstock
ausgestattet werden.
63
Wir nehmen ferner an, dass ein konstantes
Bevölkerungswachstum exogen vorgegeben ist. Es
gilt somit N(t)=ent, bzw. n ≡ N N.
62
k = K N − nk .
•
Die Pro-Kopf-Kapitalausstattung variiert sowohl mit
Veränderungen der Kapitalausstattung als auch mit
Veränderungen der Bevölkerung (= des
Arbeitseinsatzes). Es gilt:
K KN
d ( K N ) NK-KN
k ≡
=
= − 2.
dt
N2
N N
•
•
Die zeitliche Veränderung des Kapitalstocks wird
durch die Bruttoinvestitionen (I) und die
Abschreibungen (δK) bestimmt:
•
•
Der Pro-Kopf-Kapitalstock verringert sich durch
Abschreibungen, welche proportional zum
existierenden Kapitalstock sind.
Zusätzlich verringert sich der Pro-Kopf-Kapitalstock
durch einen Anstieg der Bevölkerung, da der
bestehende Kapitalstock dann auf mehr Arbeitskräfte zu
verteilen ist.
Diese beiden Effekte zusammen bewirken ein
Schrumpfen des Pro-Kopf-Kapitalstocks gemäß:
(δ+n)k .
Zum Erhalt des Pro-Kopf-Kapitalstocks müssen die
Investitionen gerade (δ+n)k betragen. Diese Größe wird
daher auch als „notwendige Investition“ bezeichnet.
64
•
Insgesamt folgt für die Dynamik des Pro-KopfKapitalstocks folgende Funktion:
y,
s .y
k = s ⋅ Ak α -( δ + n)k .
•
•
•
y*
Mit den aus der bestehenden Produktion
resultierenden Pro-Kopf-Investitionen müssen zuerst
die Abschreibungen beglichen werden.
Ferner müssen neue Arbeitskräfte mit demselben
Kapitalstock ausgestattet werden.
Ein Anstieg des Pro-Kopf-Kapitalstocks ergibt sich
nur, wenn die notwendigen Investitionen geringer sind
als die tatsächlichen Investitionen.
c*
•
•
Hieraus folgt für den Pro-Kopf-Kapitalstock im
steady-state:
Notwendige
Investition
k0
67
k*
k
66
•
•
1 (1−α )
⎛ sA ⎞
k* = ⎜
⎟
⎝δ +n⎠
s.y*
s.y0
s ⋅ Ak α =( δ + n)k
•
s.f(k)
c0
•
Ein steady-state ist definiert als eine Situation, in der
alle makroökonomischen Aggregate mit einer über die
Zeit konstanten Rate wachsen.
Hierfür ist ein konstanter Pro-Kopf-Kapitalstock (k*)
erforderlich.
Im steady-state gilt also:
(n+δ)k
y0
65
•
f(k)
steady state
Dies impliziert, dass das Niveau der Variablen K, Yb,
und C mit einer konstanten Wachstumsrate n wächst.
Die sonstigen Parameter des Modells haben auf diese
Wachstumsrate keinen Einfluss.
Eine Verlagerung der Produktionsfunktion aufgrund
einer Änderung der Technologie, f(.), einer
Veränderung der Sparquote, s, der Wachstumsrate der
Bevölkerung, n, und der Abschreibungsrate, δ, haben
Einfluss auf die diversen Pro-Kopf-Variablen.
Ein fortgesetztes Wachstum von Pro-Kopf-Variablen
lässt sich mit dem Modell nicht erklären.
68
Eine Verlagerung der Produktionsfunktion
y,
Eine Erhöhung der Sparquote
s.y
f2(k)
y*2
y, s.y
y*2
y*1
f1(k)
y*1
(δ+n)k
sy*2
s.f2(k)
f(k)
(δ+n)k
s2.f (k)
s2y*2
s1.f (k)
s1y*1
s.f1(k)
sy*1
k*1
k*1
k*2
k
k*2
k
69
70
Eine Erhöhung der Wachstumsrate der Bevölkerung
y, s.y
y*1
y*2
f(k)
(δ+n2)k
(δ+n1)k
sy*1
sy*2
s.f (k)
k*2
Quelle:
71
k*1
k
72
•
•
•
Quelle:
73
Die goldene Regel der Kapitalakkumulation
• Eine erhöhte Ersparnis bewirkt immer ein höheres
Pro-Kopf-Einkommen.
• Aber der Konsum steigt nicht unbedingt, da Ersparnis
immer Konsumverzicht impliziert.
• Ein Verhalten gemäß der goldenen Regel beinhaltet,
dass diejenige Sparrate angestrebt wird, welche
langfristig das Konsumniveau maximiert.
75
Eine Angleichung des Pro-Kopf-Einkommens können
wir erwarten, wenn die Produktionstechnologie, die
Sparquote, das Wachstum der Bevölkerung und die
Abschreibungsrate der jeweiligen Länder gleich sind.
Mit Konvergenz ist dort nicht unbedingt zu rechnen,
wo diese Größen unterschiedlich sind.
Solche Unterschiede sind (neben den anderen
genannten Reformmaßnahmen eines Staates) geeignet,
die empirischen Belege für eine weltweit fehlende
Konvergenz zu begründen.
74
•
•
Die Bezeichnung geht auf die biblische „goldene
Regel“ zurück:
„Was dir selbst verhasst ist, das mute auch einem
anderen nicht zu!“ (Buch Tobit 4,15)
„Alles, was Ihr wollt, dass euch die Menschen tun,
das tut auch Ihr ihnen ebenso.“ (Mt 7,12; Lk 6,31)
Wir streben das maximale Konsumniveau an unter
der Bedingung, dass wir es jedem Mitglied der
gegenwärtigen und der zukünftigen Generation
ermöglichen können.
76
y,
s .y
f(k)
c
(ProKopfKonsum)
Steigung=(n+δ)
c*2
cgold
c*1
(n+δ)k
cgold
s2.f(k)
s>sgold
sgold.f(k)
s<sgold
s1.f(k)
k*1
kgold
k*2
s wechselt
zu sgold
k
77
•
•
•
Bei exzessiver Ersparnis liegt eine „dynamische
Ineffizienz“ vor, da zu jedem Zeitpunkt ein höherer
Konsum möglich ist.
Liegt die Ersparnis unterhalb von sgold, so kann der
Konsum erhöht werden. Während des Anpassungspfades wird der gegenwärtige Konsum aber
unterschritten.
Ob ein solches Opfer in Kauf genommen wird ist a
priori nicht zu sagen. Es hängt davon ab, wie
Haushalte gegenwärtigen und zukünftigen Konsum
gewichten.
79
Zeit
78
Armutsfallen
•
•
•
•
•
Es wäre denkbar, dass die Grenzproduktivität des
Kapitals nicht kontinuierlich sinkt.
Statt dessen können sich Phasen sinkender und solche
steigender Kapitalproduktivität ergeben.
Bei geringer Kapitalausstattung kann die Produktivität
anfangs gering sein, da sich Arbeitskräfte erst an den
Einsatz von Kapitalgütern gewöhnen müssen.
Erst mit steigendem Kapitaleinsatz steigt die
Grenzproduktivität.
Mit hohem Kapitaleinsatz ergibt sich, wie bisher, ein
Sättigungseffekt, so dass die Grenzproduktivität dann
wieder sinkt.
80
Armutsfalle: Typ I
y,
s .y
•
steady state
f(k)
•
•
c*
(n+δ)k
sf(k)
•
sy*
sy
Armutsfalle
•
•
•
k
In der Armutsfalle liegt auch ein steady-state vor.
Dies ist aber ein instabiles Gleichgewicht.
Ein Abweichen des Kapitalstocks nach unten bewirkt,
dass die Investitionen geringer sind als diejenigen zur
Aufrechterhaltung des Kapitalstocks pro effektiver
Arbeitseinheit. Der Kapitalstock wird deshalb stetig
abnehmen.
Ein Abweichen des Kapitalstocks nach oben bewirkt,
dass die Investitionen höher sind als die notwendigen
Investitionen. Der Kapitalstock wird deshalb stetig
wachsen.
81
Ein identischer Verlauf der Sparfunktion syˆ ergibt
sich auch bei der ursprünglichen Produktionsfunktion,
also bei einer stetig abnehmenden Grenzproduktivität.
Notwendig ist dann ein komplexeres Sparverhalten
(Armutsfalle Typ II). Hierbei ist die marginale
Sparquote anfangs gering und erreicht erst bei einem
mittleren Einkommen eine normale und dann
konstante Größenordnung.
Dies lässt sich damit begründen, dass ein geringes
Einkommen für den täglichen Bedarf aufgezehrt
werden muss, so dass anteilig nur weniger gespart
werden kann.
83
82
Armutsfalle: Typ II
y,
s .y
steady state
f(k)
c*
(n+δ)k
sf(k)
sy*
sy
Armutsfalle
k
84
Armutsfalle: Typ III
•
•
•
Eine andere Form der Armutsfalle entsteht bei einer
Unstetigkeit von n.
Für Länder mit einem geringen Kapitalstock könnte
ein hohes Bevölkerungswachstum nhoch vorliegen. Ist
ein Grenzwert überschritten, so sinkt das
Bevölkerungswachstum auf nniedrig.
Ein Grund kann darin bestehen, dass Familienplanung
sich mit dem Entwicklungsniveau verändert. So
dienen Kinder als Alterssicherung in ärmeren
Ländern, wohingegen Sozialsysteme für ein
Renteneinkommen in reicheren Ländern sorgen.
y,
s .y
f(k)
(nniedrig +δ ) ⋅ k
(nhoch +δ ) ⋅ k
sf(k)
k*hoch Armutsfalle
k
k*niedrig
85
•
•
•
•
Entwicklungshilfe ist dann unwirksam, wenn sie in
kleinen Dosen verabreicht wird.
Zur Überwindung einer Armutsfalle sollte ein „big
push“ erfolgen, d.h. Ländern sollte ein Betrag gegeben
werden, welcher sie über die Armutsfalle hinaus trägt.
Gegen dieses Argument wird allerdings vorgebracht,
dass eine sinnvolle Verwendung derart vieler
Hilfsgelder nicht organisiert werden kann und evtl. in
Unterschlagung und Korruption endet.
In diesem Fall würde sich die Produktivität nicht
gemäß Produktionsfunktion entwickeln, sondern mit
einem Anstieg des Pro-Kopf Kapitalstocks evtl.
sinken.
87
86
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2008/09
y,
s.y
y*
III. Geld und Inflation
c*
f(k)
(n+δ)k
s.f(k)
s.y*
k*
k
88
• Inflation kennzeichnet eine Situation, in der das
allgemeine Preisniveau einer Volkswirtschaft ansteigt.
• Die Inflationsrate ist der prozentuale Anstieg des
Preisniveaus gegenüber dem Ausgangsniveau.
• Die Lebenshaltungskosten sind ein Maß für die
gesamten Kosten der Güter und Dienste, welche von
einem typischen Konsumenten gekauft werden.
• Ein Anstieg der Lebenshaltungskosten bedeutet, dass
ein typischer Konsument mehr Euro ausgeben muss, um
den Lebensstandard zu halten.
• Das Statistische Bundesamt stellt hierfür monatliche
Daten zur Verfügung. Diese erlauben es, die zeitliche
Veränderung der Lebenshaltungskosten zu verfolgen.
Pflichtlektüre:
Jarchow, H.-J. (2003), Theorie und Politik des Geldes,
11. Aufl., Göttingen: UTB, S. 1-20; 451-455.
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 75108.
89
91
90
• Die Lebenshaltungskosten werden auch
Verbraucherpreisindex genannt und im Folgenden mit P
gekennzeichnet.
• Zur Bestimmung der Lebenshaltungskosten muss
zunächst ein Warenkorb bestimmt werden.
• Die wichtigsten Güter eines typischen Konsumenten
werden hierfür zu einem Warenkorb zusammengefasst.
• Mit Hilfe von Befragungen von Haushalten werden in
periodischen Abständen die passenden Gewichte der
einzelnen Güter bestimmt.
• Haushalte werden hierzu seitens des Statistischen
Bundesamtes aufgefordert, ein Jahr lang über ihre
Einnahmen und Ausgaben Buch zu führen.
92
• Zu den wichtigsten Gütern müssen dann regelmäßig die
Preise zusammengetragen werden.
• Hiermit können dann die gesamten Kosten des
Warenkorbes zu unterschiedlichen Zeitpunkten bestimmt
werden.
• Ein Jahr wird als Basisjahr festgelegt und die
Ergebnisse anderer Jahre mit denen des Basisjahres
verglichen.
• Die Inflationsrate, π, im Jahre 2007, beispielsweise,
ergibt sich gemäß:
P
– P2006
π 2007 = 2007
× 100
P2006
• Der Verbraucherpreisindex ist ein akkurates Maß für
das Preisniveau des ausgewählten Warenkorbes, aber
er ist kein perfektes Abbild der Lebenshaltungskosten.
1. Substitutionsbias
• Veränderungen relativer Preise bewirken eine
Veränderung des Warenkorbes hin zu preiswerteren Produkten. Durch diese Substitutionseffekte wird der gesamte Warenkorb günstiger.
• Der Index unterstellt einen konstanten Warenkorb,
vernachlässigt also diesen Substitutionseffekt.
• Hierdurch überschätzt der Index die Inflationsrate.
93
94
2. Einführung neuer Produkte
3. Vernachlässigte Qualitätsverbesserungen
• Der Warenkorb vernachlässigt die veränderte
Kaufkraft, welche durch die Einführung neuer
Produkte entsteht.
• Wenn sich die Qualität eines Gutes über die Jahre
verbessert, erhöht sich der Wert eines hierfür
ausgegebenen Euro, ohne dass sich das Preisniveau
des Gutes verändert.
• Neue Produkte erhöhen die Wahlmöglichkeiten
eines Konsumenten. Dies macht jeden Euro
wertvoller.
• Konsumenten brauchen weniger Euro, um den
gleichen Lebensstandard zu erreichen.
• Der Verbraucherpreisindex vernachlässigt dies und
überschätzt daher die Inflationsrate.
95
• Sofern im Mittel eher Qualitätsverbesserungen
auftreten kommt es dazu, dass der
Verbraucherpreisindex die Inflationsrate
überschätzt.
96
• Bei ausgewählten Produkten versucht das Statistische
Bundesamt die Berechnung des Verbraucherpreisindex, um solche Qualitätsveränderungen zu
bereinigen (hedonische Methode).
• Insgesamt neigt der Verbraucherpreisindex aufgrund
des Substitutionsbias, der Einführung neuer Produkte
und vernachlässigter Qualitätsverbesserungen dazu,
die Lebenshaltungskosten zu überschätzen.
• Ein Gut wird gedanklich in Qualitätseigenschaften
zerlegt und dann mit Hilfe einer Regressionsanalyse
der Einfluss dieser Qualitätsmerkmale auf den Preis
ermittelt.
• Dies kann problematisch sein, sofern ein
Inflationsausgleich bei staatlichen Programmen oder
in Tarifverhandlungen festgelegt wird (dies wird auch
„Indexierung“ genannt. Eine solche Indexierung ist in
Deutschland rechtlich aber nur eingeschränkt
möglich).
• Diejenigen Preisänderungen, die nur auf qualitativen
Veränderungen bestimmter Eigenschaften beruhen,
werden von den reinen Preisänderungen rechnerisch
getrennt und eliminiert.
97
• Inflation muss unterschieden werden von einem
Anstieg einzelner Preise und einer Veränderung
relativer Preisverhältnisse zwischen einzelnen Gütern
und Diensten.
• Seit Ende des 2. Weltkriegs lag die Inflation in
Deutschland bei etwa 3 Prozent.
• Eine Deflation bezeichnet ein allgemeines Sinken des
Preisniveaus. Deflationsphasen gab es z.B. während
des 19. Jahrhunderts.
99
• Schätzungen ergeben, dass der Verbraucherpreisindex
den tatsächlichen Anstieg der Lebenshaltungskosten
um ca. einen Prozentpunkt pro Jahr überzeichnet. 98
• Hyperinflation bezeichnet einen extrem starken
Anstieg des Preisniveaus. Deutschland erlebte dies in
den 20er Jahren.
• Eine Phase weltweit relativ hoher Inflation wurde
zuletzt in den 70er Jahren als Folge der beiden
Ölpreisschocks erreicht.
• Seitdem ist die Inflationsrate in Deutschland und in
den USA etwa 2 Prozent.
• Unter der Annahme, dass die Inflationsrate die
tatsächliche Abnahme der Kaufkraft überzeichnet,
kennzeichnet dieser Wert weitgehend
Preisniveaustabilität.
100
Was ist Geld?
• Alles, was zur Bezahlung von Gütern und
Dienstleistungen oder zur Abdeckung wirtschaftlicher
Verpflichtungen akzeptiert wird.
• Die konkrete Erscheinungsform ist evtl. Änderungen
unterworfen. Bei ausgeprägter Inflation verlieren Noten
oftmals ihre Bedeutung und werden durch knappe Güter
wie Zigaretten oder Butter ersetzt.
101
Funktionen des Geldes
1. Tauschmittelfunktion (Wertübertragungsfunktion).
• Dies ist ein wichtiger Bestandteil einer arbeitsteiligen
Wirtschaft, die hierdurch zu einer „Geldwirtschaft“
wird.
• Naturaltausch ist kaum zu organisieren, da eine
doppelte Übereinstimmung der Bedürfnisse oder eine
Kette von Tauschtransaktionen organisiert werden
muss.
• Dies würde hohe Suchkosten implizieren.
• Geld hilft dabei, den Tausch in Kauf und Verkauf
aufzuspalten.
103
102
2. Recheneinheit; allgemeines Wertausdrucksmittel.
• Der Wert aller Güter, Forderungen und
Verbindlichkeiten wird in Einheiten ein und derselben
Bezugsgröße ausgedrückt.
• Werden 200 Güter gegeneinander getauscht, müssten
(n⋅(n-1))/2=19900 Austauschverhältnisse bekannt
sein.
• Ist ein Gut davon eine Recheneinheit, so reduziert sich
die Anzahl der Austauschverhältnisse auf 199.
• Dies bewirkt eine Einsparung an Informationskosten.
104
3. Wertaufbewahrungsfunktion; Wertspeicher.
• Oftmals liegt eine zeitliche Trennung von Kauf und
Verkauf vor.
• Geld ermöglicht es, Kaufkraft zu „lagern“.
• Geld hat hierbei allerdings den Nachteil, dass es
keine Zinsen abwirft.
• Andere Formen der Vermögensanlage
(Sparguthaben, Wertpapiere oder Sachvermögen)
bringen Zinsen, Dividenden, Pacht oder Mieten
hervor. Außerdem partizipieren diese u.U. an
Preissteigerungen.
• Dafür ist Geld allerdings risikolos (keine
Kursschwankungen).
105
• Geld hat aber im Vergleich zu anderen
Vermögensanlagen den Nachteil, keine Zinsen
oder Dividenden zu erbringen.
Geldnachfrage
• Die drei genannten Gründe sprechen dafür, dass
Wirtschaftssubjekte Geld zu halten wünschen.
• Auch wenn Geld „an sich wertlos“ ist, stiftet es
dennoch Nutzen.
• Insgesamt wird um so mehr Geld nachgefragt, je
mehr Gütertransaktionen in einer Volkswirtschaft
getätigt werden, je höher also das reale
Inlandsprodukt ist.
• Zudem wird bei einem Anstieg des Preisniveaus eine
erhöhte Geldhaltung erforderlich.
• Wird die Geldnachfrage hingegen durch den
Verbraucherpreisindex, P, dividiert, so sprechen wir
106
von der „realen“ Geldnachfrage.
• Steigt der Zinssatz, so werden Bonds attraktiver.
• Wirtschaftssubjekte reduzieren dann die
Geldhaltung, um verstärkt die zinstragenden
Staatsanleihen zu halten.
• Daher werden Wirtschaftssubjekte um so weniger
Geld zu halten wünschen, je höher der (nominale)
Zinssatz ist.
• Bei der knappen Geldausstattung müssen sie für
die täglichen Güterkäufe häufiger zur Bank gehen
und einen geringen Betrag Bargeld abheben.
Bonds werden häufig ge- und verkauft um den
Saldo des Girokontos gering zu halten.
• Hierzu können wir uns die Abwägung eines
Wirtschaftssubjekts zwischen dem Halten von
Geld und dem Halten von festverzinslichen
Staatsanleihen (Bonds) vorstellen.
• Bei niedrigen Zinsen wird hingegen mehr Geld
gehalten und die häufigen Käufe und Verkäufe von
Bonds lohnen sich nicht.
• Die Geldnachfrage und die Bondnachfrage sind
voneinander abhängig.
107
108
• Das nominale Zinsniveau und das reale Inlandsprodukt
bestimmen somit die reale Geldnachfrage, L.
L = L(Y , i )
• Bei einer Verdoppelung des Verbraucherpreisindex, P,
wird sich die nominale Geldnachfrage ebenfalls
verdoppeln.
i
r
• Für alle Güterkäufe ist die doppelte Kasse für
Transaktionszwecke notwendig.
Lr(Y,i)
i
• Daher resultiert für die nominale Geldnachfrage:
Ln = P ⋅ L(Y , i )
^
Lr
Lr
109
110
Geldmengenaggregate der Europäischen Zentralbank. Stand:
Juli 2007
• Ein Anstieg des Inlandsprodukts bewirkt eine
Verschiebung der Geldnachfragekurve nach rechts.
• In der Folge ergibt sich ein Anstieg der realen
Geldnachfrage.
• Demgegenüber bewirkt ein Anstieg des Zinssatzes
eine Verschiebung der entsprechenden Kurve nach
oben.
• Dies bewirkt eine Reduktion der realen
Geldnachfrage.
• Bargeldumlauf im Nichtbankensektor (612)
• Sichteinlagen der Nichtbanken bei den
Geschäftsbanken (3193)
M1
M2
• Einlagen der Nichtbanken bei den
Geschäftsbanken mit vereinbarter Laufzeit von bis
zu zwei Jahren sowie mit vereinbarter
Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten (3228)
M3
• Repogeschäfte, Geldmarktfondsanteile und
Geldmarktpapiere, Schuldverschreibungen bis zwei
Jahre von Nichtbanken (1240)
111
112
• Die Höhe der Zinsen und damit die Höhe der
Geldmenge kann weitgehend von der Zentralbank
bestimmt werden.
• Die beherrschende Stellung der Zentralbank bei der
Bestimmung des Zinsniveaus ergibt sich aus ihrem
Recht zur Emission von Banknoten und der Kontrolle
des Bankensystems.
• Das Recht zur Emission von Euro-Noten liegt bei der
Europäischen Zentralbank (EZB) und den ihr
untergeordneten 13 nationalen Notenbanken.
• Genauso bestimmt die EZB über das Ausgabevolumen
an Münzen.
113
• Grundsätzlich beschließt der EZB-Rat (wie auch
das Direktorium) mit einfacher Mehrheit, wobei
im Falle der Stimmengleichheit die Stimme des
Präsidenten den Ausschlag gibt.
• Das Direktorium ist für die Umsetzung der
geldpolitischen Entscheidungen des EZB-Rats und
für die Führung der laufenden Geschäfte der EZB
verantwortlich.
• Die Ausführung der geldpolitischen Beschlüsse
obliegt den Nationalen Zentralbanken.
• Hierzu erhalten sie die erforderlichen Weisungen
vom Direktorium.
115
• Die Durchführung der
Geldpolitik wird
vom EZB-Rat
vorgenommen.
• Der EZB-Rat
besteht aus dem
Direktorium mit
dem Präsidenten,
dem Vizepräsidenten und vier
weiteren Mitgliedern sowie den Präsidenten der
nationalen Zentralbanken.
114
• Nichtbanken wünschen Geld teilweise in Form von
Bargeld zu halten.
• Wenn also Banken Kredite an Nichtbanken vergeben,
so müssen sie sich für die Auszahlung teilweise
Bargeld verschaffen.
• Hierbei sind sie auf die Zentralbank angewiesen.
• Die Banken müssen sich zur Versorgung mit Bargeld
bei der Zentralbank verschulden.
• Für diese von der Zentralbank gewährten Kredite sind
Zinsen fällig.
• Derzeit vergibt die EZB Kredite an die Banken i.H.v.
ca. 460 Mrd. € (Stand August 2007).
116
• Erhöht die Zentralbank ihre Zinsen, so werden die
Banken diesen Anstieg bei ihrer Kreditvergabe an
Nichtbanken weitergeben.
• Die Zentralbank hat weitere Möglichkeiten, die
Kosten der Kreditvergabe der Banken, und damit die
von Nichtbanken zu bezahlenden Zinsen, zu
beeinflussen.
• Zum einen kann sie eine Mindestreservepflicht
einführen.
• 2 % der Sichteinlagen von Nichtbanken bei den
Banken müssen demgemäß verpflichtend bei der EZB
gehalten werden.
117
Die Quantitätstheorie der Inflation
• Die Quantitätstheorie des Geldes ist eine Faustformel,
mit der die langfristigen Determinanten des
Preisniveaus und der Inflationsrate prognostiziert
werden.
• Für diese Faustformel werden die Menge an Gütern
einer Volkswirtschaft mit der Höhe der realen
Geldmenge verglichen.
• Ist die nominale Geldmenge zu hoch, so sollten
langfristig zum Ausgleich die Preise steigen.
• Hat also die Zentralbank durch niedrige Zinsen die
Geldmenge erhöht, so wird dies langfristig die Preise
erhöhen.
119
• Vergibt eine Bank einen Kredit i.H.v. 1000 €, so
werden diese liquiden Mittel andernorts als
Sichteinlagen gehalten werden. Dann werden aber 20
€ Mindestreserven fällig. In dieser Höhe müssten die
Banken erneut Kredite bei der Zentralbank
aufnehmen.
• Die Kredite der EZB haben derzeit Laufzeiten von
einer Woche (Hauptrefinanzierungsfazilität,
Mindestbietungssatz im August 2007: 4,00%) oder
drei Monaten (längerfristige Refinanzierungsfazilität).
• Daneben gewährt die Zentralbank eine unbegrenzte
Spitzenrefinanzierungsfazilität zu einem höheren
Zinssatz von 5,00% (Stand August 2007).
118
• In einer Rundfunkansprache von 1931 hat J.M.
Keynes (Keynes on Air; 2008: 63) hierzu ein
anschauliches Beispiel gefunden:
„Als Dr. Johnson beim Besuch der Insel Skye
berichtet wurde, dass man 20 Eier für einen
Penny kaufen könne, sagte er: ‚Daraus, mein
Herr, entnehme ich nicht, dass es reichlich Eier
auf Ihrer elenden Insel gibt, sondern dass Pennys
knapp sind‘.“
120
• Für diese Relation ist die Umlaufgeschwindigkeit des
Geldes zu berücksichtigen.
• Diese kennzeichnet die Schnelligkeit, bildlich
gesprochen, mit der ein Euro im Durchschnitt in der
Wirtschaft von einer Geldbörse zur anderen wandert.
• Die Umlaufgeschwindigkeit wird als Relation
zwischen dem nominalen Inlandsprodukt (P.Y) und
der Geldmenge (M) bestimmt:
Umlaufgeschwindigkeit=P.Y/M
• Dies können wir als „Quantitätsgleichung“ schreiben:
M.Umlaufgeschwindigkeit=P.Y
Nominales BIP, Geldmenge und
Umlaufgeschwindigkeit, USA
Indizes
(1960 = 100)
1,500
M2
1,000
500
Geschwindigkeit
0
1960
121
• Die Quantitätstheorie konstatiert, dass die
Umlaufgeschwindigkeit des Geldes im Zeitablauf
relativ konstant ist.
• Hat die Zentralbank durch Setzen niedriger Zinsen die
Geldmenge erhöht, so wird vermutet, dass dies auf die
Produktion und das Inlandsprodukt keinen Einfluss
haben wird. Daher muss daher das Preisniveau
ansteigen.
• Die Faustformel impliziert die „Neutralität des
Geldes“: reale Größen wie das Inlandsprodukt werden
dabei nicht durch nominale Größen wie die
Geldmenge beeinflusst.
1965
1970
1975 1980
1985
1990
1995
122
2000
Geld und Preise in der Hyperinflation
(b) Ungarn
(a) Österreich
Index (Jan.
1921 = 100)
Index (Jan.
1921 = 100)
100,000
Preisniveau
100,000
Preisniveau
10,000
Geldangebot
1,000
100
123
Nominales BIP
10,000
Geldangebot
1,000
1921
1922 1923 1924 1925
100
1921
1922 1923 19241241925
Geld und Preise in der Hyperinflation
c) Deutschland
d) Polen
Index (Jan.
1921 = 100)
100 Bill.
Index (Jan.
1921 = 100)
Preisniveau
Preisniveau
1 Bill.
Geldangebot
10 Mrd.
100,000
1 Mill.
10,000
Geldangebot
1,000
100
1
• Dieser Zusammenhang ist z.B. gültig bei
Hyperinflation, also einer Inflation, welche
einen Wert von 50 v.H. im Monat übersteigt.
• Allerdings ist die Annahme einer konstanten
Geldumlaufgeschwindigkeit nur eine grobe
Vereinfachung.
• Sowohl kurz- als auch langfristig kann sich die
Umlaufgeschwindigkeit ändern.
• Bei hohen Zinsen steigt die Umlaufgeschwindigkeit,
da wenig Geld schneller kursiert.
• Insgesamt wird dieser Faustformel in der
Zentralbankpolitik heutzutage keine herausragende
Bedeutung mehr beigemessen.
127
1 Mill.
100 Mill.
10,000
125
10 Mill.
100
1921 1922 1923 1924 1925
1921 1922 1923 1924 1925
126
Die Inflationssteuer
• Der Staat kann dadurch seine Ausgaben decken, dass
er neues Geld druckt und in Umlauf bringt.
• Hiermit induziert er Inflation.
• Diese Inflation wirkt wie eine Steuer.
• Sie wird bezahlt von all denjenigen, welche Geld
besitzen.
• Das Eintreiben der Steuer findet automatisch dadurch
statt, dass der Wert des Geldes verringert wird.
128
Die Kosten der Inflation
• Inflation bei konstantem nominalen Einkommen
würde die Kaufkraft reduzieren.
• Aber dieses Argument ist irreführend: Alle nominalen
Größen steigen gleichermaßen bei Inflation.
• Eine Veränderung der Kaufkraft stellt sich nicht ein,
da Löhne genauso steigen wie die Preise des
repräsentativen Warenkorbes.
• Andere Kosten der Inflation bleiben aber bestehen.
129
2. „Menukosten“ entstehen, weil Preise angepasst
werden müssen.
• Preislisten und Aushängeschilder müssen häufiger
aktualisiert werden.
• Hierbei werden Ressourcen verbraucht, die ansonsten
im Produktionsprozess sinnvoller verwendet werden
könnten.
• Wird hingegen auf häufige Preisanpassungen
verzichtet und stattdessen starke Preiserhöhungen
relativ selten durchgeführt, dann beeinflusst Inflation
die relativen Preise. Dies bewirkt aber allokative
Verzerrungen.
131
1. „Schuhlederkosten“ entstehen, weil Menschen
versuchen, ihre Geldhaltung bei hoher Inflation zu
reduzieren.
• Dies impliziert ein häufigeres Aufsuchen der Bank
zum Zweck der Abhebung von zinstragenden
Vermögensanlagen.
• Hierbei entstehen Kosten für die involvierte Zeit und
Unannehmlichkeiten.
130
3. Steuerverzerrung
• Inflation erhöht die nominalen Erträge aus
Ersparnissen und Kapitalbesitz.
• Nominale Wertsteigerungen führen evtl. beim Verkauf
der Anlage zu einem steuerpflichtigen Bilanzgewinn.
Sofern die nominale Wertsteigerung aber der Inflation
entspricht, hat sich der Wert real nicht erhöht.
Trotzdem wird er besteuert.
• In der Einkommensteuererklärung wird das nominale
Zinseinkommen erfasst. Das reale Einkommen ist aber
geringer, da die Inflation einen Wertverlust darstellt.
• Insgesamt wird Sparen hierdurch unattraktiver.
132
• Wie bildet sich der nominale Zinssatz in Reaktion auf
unterschiedliche Inflationsraten?
• Kreditgeber werden einen Zuschlag dafür fordern,
dass die künftigen Rückzahlungen real entwertet sind.
• Kreditnehmer können nominal höhere Erträge erzielen
und sind daher in der Lage, auch nominal höhere
Zinsen zu bezahlen.
• Insgesamt erscheint es daher plausibel, dass eine
erhöhte Inflation in voller Höhe die nominalen Zinsen
ansteigen lässt:
i=r+π
• Dieser Zusammenhang wird Fisher-Effekt genannt.
133
• Eine Erhöhung der Inflation kann aber nun einen
Einfluss auf den Realzins haben. Eine Erhöhung der
nominalen Zinsen kompensiert nämlich lediglich für
einen inflationsbedingten Wertverlust, muss aber
trotzdem versteuert werden.
Stabiles
Land
4%
Inflationsland
4%
Inflationsrate
0
8
Nominalzins
4
12
Zinsminderung durch 25% Steuer
1
3
Nominalzins nach Steuer
3
9
Nominalzins nach Steuer abzgl. Inflation
3
1 135
Realzins
Percent
(per year)
The Nominalzins und die
Inflationsrate, USA
15
12
10
Nominal interest rate
6
3
Inflation
0
1960
1965 1970 1975 1980 1985 1990
1995
134
4. Konfusion und Unbequemlichkeit
• Mit Inflation sind reale Werte schwerer über die Zeit
zu vergleichen. Geld verliert teilweise seine
Bedeutung als Recheneinheit.
• Eine realistische Darstellung von Kosten, Profiten und
Erträgen einer Firma wird so erschwert.
• Investoren haben größere Schwierigkeiten,
erfolgreiche von erfolglosen Firmen zu unterscheiden.
• Der Kapitalmarkt wird behindert.
136
5. Willkürliche Umverteilung
• Die bisher erwähnten Kosten ergeben sich auch bei
einer konstant hohen Inflationsrate.
• Weitere Kosten ergeben sich bei einer unerwarteten
Inflation.
• Bei Hyperinflation ist die Inflationsrate auch sehr
volatil und kaum vorherzusagen.
• Bezieher eines nominal fixierten Lohneinkommens
werden dann benachteiligt.
• Kreditgeber werden von einer unerwarteten Inflation
benachteiligt.
• Dies resultiert, da zumeist in Kreditverträgen die
Nominalzinsen fixiert sind.
• Kreditnehmer werden von Inflation begünstigt, da ihre
Tilgung real günstiger wird.
• Eine Deflation hingegen belastet Kreditnehmer.
• Vermögen wird somit willkürlich umgeschichtet.
• Hierdurch ergeben sich Verteilungsprobleme, evtl.
auch eine abnehmende Bereitschaft, mit regulärer
Arbeit Einkommen zu erzielen.
137
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2008/09
Pflichtlektüre:
Blanchard, O. (2006), Macroeconomics. 4. Aufl. S. 335341.
Keynes, J.M. (2008), On Air – Der Weltökonom am
Mikrofon der BBC. S. 61-69.
y,
s .y
y*
138
(n+δ)k
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 257262.
s.f(k)
McDowell, M. et al. (2006), Principles of Economics, S.
703-716.
f(k)
IV. Kurzfristige Schwankungen
c*
Taylor, J. B. (2007), Economics, 5. Aufl. S. 602-633.
s.y*
k*
k
139
140
• Wie unterscheiden sich kurzfristige von langfristigen
Entwicklungen der Produktion?
• Langfristig wird die Produktion durch das Wachstum
der Einsatzfaktoren und den technischen Fortschritt
bestimmt, also durch die Angebotsseite einer
Volkswirtschaft determiniert.
• Dieses Niveau der Produktion nennen wir auch das
„potentielle Inlandsprodukt“ oder die
„Vollbeschäftigungsproduktion“.
• Kurzfristig können Änderungen der physischen
Menge an Einsatzfaktoren auftreten, z.B. durch
Ernteausfälle. Auch der Stand des technischen
Wissens könnte plötzlichen Veränderungen ausgesetzt
sein.
144
Wachstumsrate des realen BSP
7
6
BIP-Wachstum, real
5
4
3
2
1
2004
2002
2000
1998
1996
1994
1992
1990
1988
1986
1984
1982
1980
1978
1976
1974
0
1972
• Bei der Betrachtung längerer Zeiträume ist,
insbesondere bei konstantem technischem Fortschritt,
mit einem stetigen Wachstum des BIP zu rechnen.
• In manchen Jahren fällt dieses Wachstum aber aus.
• Eine Rezession ist eine Periode
unterdurchschnittlichen Wachstums; evtl. stellt sich
sogar ein fallendes Inlandsprodukt und ein sinkendes
Einkommen ein.
• Dies geht zumeist einher mit einer erhöhten
Unterbeschäftigung.
• Eine Depression ist eine besonders schwerwiegende
Rezession.
• Diese periodischen Entwicklungen werden
142
Konjunkturzyklus genannt.
-1
-2
1972-1992: Früheres Bundesgebiet; ab 1993: Gesamtes Bundesgebiet
Datenquelle: World Development Indicators
143
• Kurzfristig kann aber die tatsächliche Produktion von
ihrem potentiellen Niveau abweichen. Wie ist das zu
erklären?
• Kurzfristig wird die Produktion entscheidend durch
die gesamtwirtschaftliche Nachfrage beeinflusst.
• Während eines Booms erhöhen Firmen die
Produktion, um die zusätzliche Nachfrage zu
befriedigen.
• In einer Rezession wird die Produktion dagegen
reduziert um eine hohe Lagerhaltung zu vermeiden.
• Wodurch wird aber die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage bestimmt.
145
• Kein einzelner Sektor ist alleine verantwortlich für die
Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage.
Vielmehr beeinflussen die Aktionen eines jeden
Sektors die Nachfrage der anderen Sektoren.
• Hiermit ergibt sich das Problem der Zirkularität: Wie
ein System von Zahnrädern hängen die
Entscheidungen einzelner Wirtschaftssysteme von
einander ab.
• In der Folge lässt sich beobachten, dass im Rahmen
eines Konjunkturzyklus die meisten
makroökonomischen Variablen im Gleichlauf
reagieren.
• Eine steigende Produktion geht mit steigenden
Einkommen der Haushalte und mit erhöhter
Beschäftigung einher. Die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage steigt. Investoren sind zuversichtlich
bezüglich zukünftiger Erträge und steigern ihre
Investitionen.
• Eine fallende Produktion geht mit sinkenden
Einkommen der Haushalte einher sowie erhöhter
Arbeitslosigkeit. Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage
sinkt. Investoren befürchten Überkapazitäten und
werden keine zusätzlichen Investitionen durchführen.
146
• Diese Zirkularität lässt sich formal veranschaulichen.
• Für die Konsumentscheidung können viele
Einflussgrößen relevant sein (Vermögen,
Steuerzahlungen, das zu erwartende Lebenseinkommen
…).
• Im Rahmen der absoluten Einkommenshypothese von
Keynes (1936) wird dem laufenden Einkommen eine
zentrale Rolle zugewiesen:
C = C(Y)
• Hierbei wird argumentiert, dass ein Anstieg des
Einkommens zu einem Anstieg des Konsums als auch
einem Anstieg der Ersparnis führt.
148
147
• In linearisierter Form gilt: C = a + cY, mit
a>0, autonomer Konsum
c, marginale Konsumquote, mit 0<c<1.
• Die private Ersparnis, S, ist die Differenz zwischen
verfügbarem Einkommen und privatem Konsum:
S = Y – C.
Es folgt in linearisierter Form:
S = Y – a – cY = –a + sY; s=1-c
Hierbei ist s die marginale Sparneigung (0 < s < 1).
149
C,S
S>0
S = -a+(1-c)Y
a
S>0
45°
-a
C = a+cY
Y0
Y1
Y
150
• Kurzfristig werden Überstunden oder höhere
Maschinenlaufzeiten hingenommen, um die Produktion
zu erhöhen.
• Bei fehlender Nachfrage ergibt sich hingegen
Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit sowie eine Unterauslastung
der Kapazitäten.
• Wir unterstellen dabei, dass Unternehmen zu
konstanten Grenzkosten produzieren, so dass eine
zusätzliche Nachfrage nicht die Inflation erhöht.
• Die Inflation und das Preisniveau sind im Rahmen der
Modellierung konstant (z.B. aufgrund von
Menukosten).
152
• Die Produzenten planen dabei die Produktion, Y,
kurzfristig in Höhe der gesamtwirtschaftlichen
Nachfrage, Y=YD.
• Im Gegensatz zu obigem Cartoon unterstellen wir
unterausgelastete Produktionskapazitäten.
• Diese bewirken, dass Unternehmen eine zusätzliche
Nachfrage befriedigen können.
151
• Alle Umsätze aus dem Produktionsprozess werden als
Einkommen an die Haushalte wieder ausgeschüttet.
Von einbehaltenen Gewinnen sehen wir hierbei ab.
• Alle Größen wie Konsum und Produktion werden
hierbei real geplant. Der Konsumplan bezieht sich also
nicht auf eine nominale €-Größe, sondern auf
(gewichtete) Mengen an Konsumgütern. Die
Inflationsrate ist für die Modellierung mithin ohne
Belang.
• Die Investoren werden in einem vorgegebenen
Ausmaß Investitionsgüter (netto) nachfragen, I=I.
Damit lautet die gesamtwirtschaftliche Nachfrage
YD=C+I.
153
Das Gütermarktmodell
Zusammengefasstes Modell:
Y = C + I = a + cY + I
(1) Y=YD
1
⇔ Yˆ =
(a + I )
1− c
(2) I=I
(3) C=a+cY
Multiplikator
(4) YD=C+I
autonome
Komponenten
154
155
Einkommens-Nachfrage-Diagramm
• Es existieren Verhaltenshypothesen über geplante
Größen. Diese sind die Produktion, die Nettoinvestition
und der geplante Konsum (Y, I, C). Bei diesen Größen
werden die Pläne auch realisiert. Es gibt aber außerhalb
des Gleichgewichts ungeplante Investitionen
(Lagerinvestitionen).
• Bei Ungleichgewichten, Y > YD oder Y < YD,
erfolgen Planrevisionen in Form ungeplanter
Lagerbestandsänderungen. Bei dieser Größe können
Plan und Realisierung also voneinander abweichen.
(Keynessches-Kreuz)
Y,YD
C, I
IU
YD=C+I
P
S(Y1)
I
C=a+cY
a+I
I=I
a
45°
156
^
Y
Y
Y1
157
• Dieses Gütermarktgleichgewicht lässt sich auch
dadurch abtragen, dass die gesamtwirtschaftliche
Ersparnis der Nettoinvestition gegenüber gestellt
wird.
• Es gilt die Definitionsgleichung S=Y-C .
• Unter Verwendung der Gleichungen (3), (1), (2) und
(5) wird hieraus die (alternative)
Gleichgewichtsbedingung:
S=I
S, I
S=-a+sY
P
I
^
Y
Y
-a
158
159
Die Gleichung Y = 1 (1 − c ) (a + I ) wird total
differenziert:
• In einer Volkswirtschaft können nun Störungen
auftreten. Wie verändert sich hierbei das
Gleichgewicht?
• Diese Frage wird im Rahmen einer so genannten
komparativ-statischen Analyse beantwortet.
• Hierzu leiten wir den Investitionsmultiplikator
(dY/dI) her:
dY =
1
(da + dI ).
1− c
Sofern sich der autonome Konsum nicht ändert, gilt
da=0. Eine solche Konstanz nicht näher betrachteter
Variablen wird als „ceteris paribus“-Annahme
bezeichnet. Es folgt dann:
1
dY
=
.
dI 1 − c
160
161
Y,YD,
C, I
YD=a+cY+I1
P1
YD=a+cY+I0
P0
dI
I=I1
dI
I=I0
45°
Y^0
Y^1
dY (>dI)
Y
162
163
• Der Multiplikatorprozess kann mit Hilfe einer
quasi-dynamischen Analyse beschrieben werden.
• Eine andere Störung ergibt sich bei einer Variation des
autonomen Konsums.
• Hierfür wird die Anpassung in einzelne
Multiplikatorrunden zerlegt.
• Haushalte könnten die Ersparnis erhöhen durch eine
Absenkung von a.
• Es wird angenommen, dass die Anpassung nicht
sofort erfolgt, sondern die Auswirkung eine
gewisse Zeit benötigt.
• Der Multiplikator hierzu lautet:
• Es ergibt sich dann folgende Wirkungskette:
• Dies entspricht einer Verschiebung der Nachfragekurve
im Einkommens-Nachfrage-Diagramm nach unten.
IÇ
YÇ
dY =
CÇ
SÇ (Sickerverlust)
1
da < 0.
1− c
• Alternativ kann eine Darstellung im S/Y-Diagramm
vorgenommen werden.
164
165
S, I
S=-a1+sY
da < 0
P1
P0
^
^
Y1
S=-a0+sY
• Hierbei ergibt sich das, was als „Sparparadoxon“
bezeichnet wird: Der einzelwirtschaftliche Versuch, die
Ersparnis zu erhöhen, scheitert im gesamtwirtschaftlichen
Kontext.
• Bestimmungsgröße für die Ersparnis ist allein die
Investition.
I=I
Y
Y0
• Diese schafft sich durch die Multiplikatorrunden selbst
die zu ihrer Durchführung notwendige Ersparnis.
-da
166
167
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
• Das Sparparadoxon resultiert u.a. aus der
organisatorischen Trennung der Spar- und
Investitionsentscheidung.
WS 2008/09
• Wird über Investitionen und Ersparnisbildung simultan
entschieden, so ergibt sich kein Sparparadoxon.
y,
s.y
y*
• Eine solche simultane Entscheidungsbildung wird aber
nur bei wenigen Investitionen der privaten Haushalte
vorliegen (z.B. Häuserbau) oder bei
Unternehmensentscheidungen, Investitionen über
einbehaltene Gewinne zu finanzieren.
V. Die Aktivität des Staatesf(k)
c*
(n+δ)k
s.f(k)
s.y*
168
k*
k
169
Pflichtlektüre:
Blanchard, O. (2006), Macroeconomics. 4. Aufl. S. 45-63.
Frenkel, M. und K.D. John (2006), Volkswirtschaftliche
Gesamtrechnung, 6. Aufl. S. 25-27, 41-45, 52-53, 55.
• Im Rahmen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ist
zu berücksichtigen, dass öffentliche Haushalte Güter
produzieren.
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. Worth
Publishers: S. 262-266.
• Dies sind z.B. Dienstleistungen, wie Landesverteidigung,
Rechtssicherheit und Bildung.
McDowell, M. et al. (2006), Principles of Economics, S.
717-730.
• Hierbei können keine Lagerbestandsänderungen entstehen,
da Dienstleistungen nicht lagerfähig sind.
170
• Stattdessen ist
• Zur Produktion werden vom Staat Güter und
Dienstleistungen von Unternehmen und privaten
Haushalten gekauft (V) und Arbeitsleistungen
unselbständig Beschäftigter bezogen (F).
- der Empfänger der Leistung häufig nicht bekannt,
- die Produktion unentgeltlich bereitgestellt und
• Es sind ferner Abschreibungen auf Investitionsgüter (D) im
Produktionskonto zu berücksichtigen.
Produktionskonto des öfftl. Haushalts
225
Konsumausgaben
Käufe v. Vorleist. (V) 70
des Staates (G)
Abschreibungen (D)
30
125
• Staatskonsum beinhaltet nicht Güter mit investivem
Charakter. Ausgaben für öffentliche Infrastruktur gehören
somit nicht zum Staatskonsum.
171
• Es existieren keine Verkäufe der Produktion an andere
Wirtschaftssubjekte.
• Allerdings sind die Kosten der Bereitstellung (z.B.
Abschreibungen) dem Staatskonsum zuzurechnen.
Wertschöpfung (F)
• Zu den öffentlichen Haushalten zählen die
Gebietskörperschaften und die Sozialversicherungen. Alle
öffentlichen Haushalte bilden den Sektor „Staat“.
172
- einzelne sollen oder können von der Nutzung solcher
Güter nicht ausgeschlossen werden.
• Die Bezeichnung „Konsumausgaben des Staates“
unterstellt daher, dass die Endverbraucher kollektiv die
Produktion konsumieren.
• Reine Transferzahlungen werden hiervon ausgenommen,
da diese nicht im Austausch für gegenwärtig produzierte
Güter oder Dienste geleistet werden.
173
• Manche Dienstleistungen des Staates gehen auch als
Vorleistung in den Produktionsprozess der Unternehmen
und privaten Haushalte ein.
• Eine statistische Abgrenzung zwischen Konsum und
Vorleistungen ist aber nicht möglich.
• Daher wird die gesamte Produktion vereinfachend als
Konsum bezeichnet.
• Es ergibt sich ferner die Schwierigkeit der Bewertung der
staatlichen Leistungen. Da keine Marktpreise existieren,
wird die Bewertung zu Herstellungskosten
vorgenommen.
• Durch die Bewertung zu Herstellungskosten kann das
Produktionskonto keinen Gewinn ausweisen.
174
• Die Finanzierung erfolgt weitgehend über
Zwangsabgaben (direkte und indirekte Steuern,
Sozialbeiträge).
• Über die öffentlichen Haushalte vollzieht sich der
überwiegende Teil der Einkommensumverteilung in der
Volkswirtschaft.
• Zinszahlungen auf ausstehende Verbindlichkeiten
werden als reine Einkommensumverteilung betrachtet,
nicht als Faktoreinkommen, welches aus dem
Produktionsprozess resultiert.
• Das Einkommen wird verwendet für Transferzahlungen
an die privaten Haushalte (Sozialleistungen; R) und an
Unternehmen (Subventionen; Z).
• Nach Abzug von R und Z ergibt sich das verfügbare
Einkommen des öffentlichen Haushalts, welches er für
Konsum, Zinszahlung auf ausstehende Verbindlichkeiten
und Ersparnis verwenden kann.
• Die Gegenbuchungen zum Eingang der indirekten
Steuern erfolgen im Produktionskonto der Unternehmen
oder privaten Haushalte, da diese Zahlungen unmittelbar
mit der Produktion und dem Absatz eines Gutes
verbunden sind.
Einkommenskonto des öfftl. Haushalts
Transferzahlungen (R) 45
Konsumausgaben des
Staates (G)
Zinszahlungen
Ersparnis (Sst)
195
Direkte Steuern und
Sozialabgaben (Td)
225
5
20
175
• Die Gegenbuchungen zum Eingang der direkten Steuern
erfolgen im Einkommenskonto der Unternehmen oder
privaten Haushalte, da diese Zahlungen eine
Einkommensumverteilung darstellen.
100
Indirekte Steuern
abzgl. Subventionen (Ti-Z)
176
177
• Zur Vereinfachung bezeichnen wir die Unternehmen und
privaten Haushalten als privaten Sektor und verwenden
zur Kennzeichnung den Index „p“.
• Das vom Staat gebildete Vermögen wird im
Vermögensänderungskonto abgetragen.
• Der Staat kann Investitionsgüter vom privaten Sektor
kaufen. Diese Investitionen gehen nicht in der laufenden
Produktion unter. Hierfür muss der Staat allerdings
Abschreibungen vornehmen.
• Für die staatliche Ersparnis muss eine Gegenbuchung im
Vermögensänderungskonto erfolgen.
• Im Gegensatz zu einem gesamtwirtschaftlichen
Vermögensänderungskonto einer geschlossenen
Volkswirtschaft muss das eines einzelnen Sektors nicht
ausgeglichen sein.
• Der Staat kann ein Defizit durch Kreditaufnahme
finanzieren. In diesem Fall weisen die
Vermögensänderungskonten der anderen Sektoren einen
Überschuss auf.
Vermögensänderungskonto des öfftl. Haushalts
Bruttoinvestitionen des
Staates (IBSt)
70
Td - R 145
Einkommenskonto
Produktionskonto
V 400
Ersparnis (SSt)
Werden indirekte Steuern (abzüglich Subventionen)
berücksichtigt, so ergibt sich das Nettoinlandsprodukt
zu Marktpreisen:
Vermögensänderungskonto
IbP 220
IbSt 70
DP 140
DSt 30
20
Bei der Bestimmung des Nettoinlandsprodukts können
nun zwei verschiedene Preisniveaus zu Grunde gelegt
werden. Güter können zu Marktpreisen oder zu
Herstellungskosten bewertet werden.
SSt 20
SP 100
F
C
G
Ti-Z
915 670 225 100
Abschreibungen (D)
179
20 Finanzierungsdefizit (BD)
178
• Werden die jeweiligen Konten für alle Sektoren zu
gesamtwirtschaftlichen Konten zusammengefasst, so
ergibt sich das unten stehende Flussdiagramm.
30
180
YM=C+G+IP+ISt
(1015) (Verwendungsseite)
YM=C+G+SP+SSt
(1015) (Aufteilungsseite)
YM=F+Ti-Z
(1015) (Verteilungsseite)
181
Werden alternativ die indirekten Steuern (abzüglich
Subventionen) herausgerechnet, so ergibt sich
derjenige Anteil des Inlandsprodukts, welcher dem
„Volk“ als Faktoreinkommen zufließt. Es resultiert das
Volkseinkommen:
Volkseinkommen=F
Werden alle Produktionskonten zusammengefasst, so
ergibt sich das gesamtwirtschaftliche
Produktionskonto:
Gesamtwirtschaftliches Produktionskonto
Indirekte Steuern ./.
225
Konsumausgaben
Subventionen (Ti-Z)
des Staates (G)
100
(915)
Abschreibungen (D)
170
670 Privater Konsum (C)
Wertschöpfung (F)
915
220
Private Invest. (IbP)
70
Staatl. Invest. (IbSt)
Yb M
182
Da gilt
YM=C+G+IP+ISt ,
183
• Wird das Vermögensänderungskonto des Staates
(SSt+BD= ISt ) mit demjenigen des privaten Sektors (SP=
IP+BD ) aggregiert, so folgt:
folgt YM -Ti+Z-Td+R -C=G+IP+ISt - Ti+Z -Td+R .
F
S=SP+SSt= IP +ISt .
Der Term auf der linken Seite entspricht der privaten
Ersparnis. Damit folgt:
SP= IP+G+ISt- Ti+Z -Td+R.
• Wir benötigen eine Theorie, mit der die Wirkung genau
bestimmt wird.
BD
Private Ersparnis und private Nettoinvestitionen können
im Ausmaß des Finanzierungsdefizits voneinander
abweichen.
• Ein Anstieg des Staatskonsums (SSt sinkt) könnte also
entweder zu einem Anstieg der privaten Ersparnis oder zu
einem Rückgang der (privaten) Investitionen führen.
184
185
• Für eine modelltheoretische Berücksichtigung des Staates
werden folgende Annahmen gemacht.
• Der Staat fragt das Güterbündel Y für öffentliche Zwecke
nach (G).
(1) Y=YD
(2)
• Der Staat erhebt Zwangsabgaben (T=Td). Dies sind die
Steuern und Sozialversicherungsbeiträge.
• Der Staat zahlt Transferzahlungen an private Haushalte
(R).
• Indirekte Steuern (Ti) und Subventionen (Z) werden
vernachlässigt. Diese können parallel zu den direkten
Steuern (Td) und Transferzahlungen an Haushalte (R)
modelliert werden.
Das Gütermarktmodell mit Staat
Fünf Gleichungen und
fünf endogene Variablen:
YD=C+I+G
(3) C=a+cYv ;(a>0, 0<c<1)
Y, YD, C, Yv, T
(4) Yv=Y–T+R
Exogene Variablen: G, T0,
R; I
(5) T=T0+tY ;(T0>0, 0≤t<1)
Parameterinstrument: t
186
• Zur Berechnung des Gleichgewichtseinkommens werden
die Verhaltenshypothesen, Definitionen und
institutionellen Beziehungen in die
Gleichgewichtsbedingung (1) eingesetzt:
187
Y,
Y D,
C
I
C+G
S
Y = a + c(Y – T0 – tY + R) + I + G
C=a+c(1-t)Y-c(T0-R)
1
⇒ Yˆ =
( a − cT0 + cR + I + G ) .
1 − c(1 − t )
Multiplikator
YD=C+I+G
P0
autonome
Komponenten
45°
188
Y^0
Y
189
Im Rahmen einer komparativen Statik lässt sich die
Wirkung einer Veränderung einer autonomen
Komponente auf das Inlandsprodukt durch das totale
Differential bestimmen:
Der Anpassungsprozess zum neuen Gleichgewicht lässt
sich graphisch illustrieren:
G Ç Î YÇ Î YvÇ Î CÇ
TÇ
1
dY =
( da − cdT0 + cdR + dI + dG ) .
1 − c(1 − t )
Multiplikator
SÇ
Sickerverluste
Im Falle einer Erhöhung der autonomen Steuern oder
Senkung der Transferzahlungen ergibt sich folgende
Anpassung:
Veränderungen der
autonomen Komponenten
= Impulse
RÈ
Y È Î Yv È Î C È
190
TÈ
SÈ
Sickerverluste191
Eine Erhöhung der Staatsausgaben geht mit einem
erhöhten Budgetdefizit einher. Dieser Anstieg wird jedoch
durch den Multiplikatorprozess gedämpft.
Das Haavelmo Theorem
Für das Budgetdefizit (BD) gilt:
BD= G + InSt+ R – T = G + InSt + R – T0 – tY.
Wir unterstellen eine vollständig durch Steuern finanzierte
Steigerung der Staatsausgaben, d.h. dBD = 0; dG = dT0 > 0.
Mit da=dR=dI=0 folgt:
Das totale Differential (mit dInSt = dT0 = dR = dt = 0)
erbringt:
dBD= dG – tdY.
Von einer gleichzeitigen Erhöhung von Staatsausgaben und
Steuern geht ein positiver Impuls aus, (Haavelmo 1945).
dY =
Einsetzen für dY erbringt:
(1 − c )(1 − t ) > 0; < 1.
dBD
1
= 1− t
=
dG
1 − c(1 − t )
1 − c(1 − t )
1
1− c
dG.
( −cdT0 + dG ) =
1 − c(1 − t )
1 − c(1 − t )
Werden die Steuern nur pauschal erhoben, ist also der
Steuersatz (t) Null, so gilt dY=dG (Haavelmo-Theorem).
192
193
Der Staat hat hier zusätzlich die Möglichkeit, den
Steuersatz, t, zu variieren. Die Auswirkung lässt sich
mit Hilfe der zusammengefassten Gleichung
analysieren:
Y = a + c(Y – T0 – tY + R) + I + G
Bei totaler Differentiation ist nun die Produktregel
anzuwenden. Mit da=dT0=dR=dI=dG=0 folgt:
Exkurs 1: Das Wirtschaftsministerium hat seine
Wachstumsprognose im April 2004 für das laufende Jahr von 1,7%
auf 1,4% reduziert. Eine Reduktion des Wachstums um 0,5
Prozentpunkte bewirkt Mindereinnahmen bei den Steuern i.H.v. 2
Mrd. €. Noch stärker fallen die Defizite bei den
Sozialversicherungen aus. Gemäß einer Faustregel beträgt das
Defizit bei der Arbeitslosenversicherung 3 Mrd. €, weitere 2 Mrd.
€ bei der Arbeitslosenhilfe sowie 0,5 Mrd. € bei der Rentenkasse.
dY = cdY – ctdY – cYdt
Ù dY(1 – c + ct) = – cYdt
dY =
• Welcher Multiplikator ergibt sich, wenn R=R0-rY angenommen
wird?
1
( −cYdt ) .
1 − c(1 − t )
Multiplikator
• Was könnte mit dem Begriff „automatischer Stabilisator“
bezüglich der Steuern und der Sozialversicherung gemeint sein?
Impuls
194
Exkurs 2:
Eine erhöhte Verschuldung des Staates führt notgedrungen in
der Zukunft zu erhöhten Steuerzahlungen. Wieso ist diese
Überlegung im Rahmen der Keynesschen absoluten
Einkommenshypothese irrelevant? Könnten zukünftige
Steuerzahlungen trotzdem einen Einfluss auf den
gegenwärtigen Konsum ausüben? Erläutern Sie dies! Wieso
könnte in dieser Hinsicht eine Erhöhung der Staatsausgaben
ohne Einfluss auf das Inlandsprodukt bleiben
(Ricardianisches Äquivalenztheorem)?
196
195
Exkurs 3:
• Eine genauere Behandlung der offenen Volkswirtschaft
wird in einem späteren Kapitel erfolgen.
• Im Rahmen der Multiplikatoranalyse lässt sich bereits
hier berücksichtigen, dass Konsumprodukte teilweise
importiert werden.
• Ein Anstieg der Konsumausgaben führt dann aber nicht
mehr vollständig zu einem Anstieg der inländischen
Nachfrage.
• Ein Anstieg des verfügbaren Einkommens um 1 erhöht
den Konsum um c und die Importe um m. Dann steigt
die inländische Nachfrage nur um c-m.
• Im Modell könnte dann die Konsumhypothese (4)
modifiziert werden, so dass sie nur die Nachfrage nach
inländischen Konsumprodukten erfasst: Ci=a+(c-m)Yv.197
• Eine autonome Erhöhung der Investitionen induziert
nun die folgende Ausweitung des Inlandsprodukts.
1
dY =
dI .
1 − ( c − m ) (1 − t )
Multiplikator Impuls
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2008/09
y,
s.y
y*
VI. Investition und Zins
Der Anpassungsprozess bei einer Steigerung der
Exportnachfrage lässt sich graphisch illustrieren:
c*
SÇ
JÇ
(n+δ)k
s.f(k)
I Ç Î YÇ Î YvÇ Î CÇ
TÇ
f(k)
s.y*
Sickerverluste
198
k*
k
199
Pflichtlektüre:
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 267271.
Blanchard, O. (2006), Macroeconomics. 4. Aufl. S. 341349.
Als Bestimmungsgrößen der Investitionstätigkeit werden
verschiedene Variablen angeführt:
• Der Realzins (r) (neoklassische und Keynessche
Investitionshypothese).
• Zukünftige Ertragserwartungen (E) (Keynessche
Investitionshypothese).
• Das laufende Einkommen bzw. die laufende
Produktion (Y) (Akzeleratorhypothese).
Diese Bestimmungsgrößen sollen genauer hergeleitet
werden.
200
201
• Im Zentrum der Keynesschen Investitionshypothese
steht ein einzelwirtschaftliches Investitionskalkül.
• Hierbei wird die Methode des internen Zinsfußes
angewandt.
• Es findet eine Abwägung statt zwischen der
erwarteten Rendite und den Kosten (oder
Opportunitätskosten) der Investition.
• Die Investitionsnachfrage wird ausgedehnt, bis der
interne Zinsfuß (ρ) dem nominalen Zinssatz
entspricht.
• In diesem Fall ist Kapitalwert der Investition (also der
Barwert der zukünftigen Erträge abzüglich den
Anschaffungsausgaben) gleich Null.
202
• Ein Investor wird nun einen Vergleich anstellen zwischen
dem internen Zinsfuß (ρ) und dem nominalen Marktzins
(i).
• Falls ρ > i ist der Kapitalwert der Investition größer als
Null; das Investitionsobjekt wird durchgeführt.
• Falls ρ < i ist der Kapitalwert der Investition kleiner als
Null; das Investitionsobjekt wird nicht durchgeführt.
• In einer Wirtschaft mit Inflation ist diese Berechnung
anzupassen.
• In einer inflationsfreien Wert gilt für den internen
Zinsfuß (ρ), die Anschaffungsausgaben (A0), die
realen Nettoeinnahmen der Periode i (Ei) und die
Lebensdauer des Investitionsobjektes (n) folgender
Zusammenhang:
E3
En
E
E2
A0 = 1 +
+
+ ... +
.
2
3
n
1 + ρ (1 + ρ ) (1 + ρ )
(1 + ρ )
Bei konstanten erwarteten Nettoeinnahmen (Ei=E) und
unendlich langer Lebensdauer des Investitionsobjektes
n → ∞ folgt:
⎛
⎞ E
1
E
= E⎜
− 1⎟ = ⇔ ρ = .
⎜ 1 − 1 (1 + ρ ) ⎟ ρ
A0 203
j =1 (1 + ρ )
⎝
⎠
∞
A0 = E ∑
1
i
Für die USA ergibt sich folgender
Zusammenhang zwischen den nominalen und
den realen Zinsen
Zinsniveau
(Prozent pro
Jahr)
15
Nominales
Zinsniveau
10
5
0
Reales Zinsniveau
204
-5
1965
1970
1975
1980
1985
1990
205
1995 1998
• Im Falle von Inflation werden automatisch alle
zukünftigen realen Erträge, Ei, mit der Inflationsrate
nominal ansteigen. Es gilt folgender Zusammenhang
bei unendlich langer Laufzeit:
(1 + π ) Ei
A0 = ∑ i =1
i
(1 + ρ )
i
∞
, Monatsbericht, Juli 2001
206
• Ein Investor erwartet, dass der interne Zinsfuß (ρ) mit der
Inflationsrate steigt. Er vergleicht ρ mit dem nominalen
Zinssatz i=r+π.
• Falls ρ > i Ù E/A0 > r ist der Kapitalwert der
Investition größer als Null; das Investitionsobjekt wird
durchgeführt.
• Falls ρ < i Ù E/A0 < r ist der Kapitalwert der
Investition kleiner als Null; das Investitionsobjekt wird
nicht durchgeführt.
• Die Höhe der insgesamt in einer Volkswirtschaft
durchgeführten Investitionen lässt sich graphisch dadurch
bestimmen, dass alle Investitionen gemäß ihrem realen
Ertrag E im Verhältnis zu den Anschaffungskosten A0
208
angeordnet werden.
• Hieraus folgt bei konstanten erwarteten realen
Nettoeinnahmen (Ei=E) und unter der Annahme einer
geringen Inflationsrate (1+π ~ 1):
i
⎛
⎞
1
E
∞ (1 + π )
=
−
1
A0 = E ∑ i =1
E
⎜
⎟⎟ ≈
i
⎜
(1 + ρ )
⎝ 1 − (1 + π ) (1 + ρ ) ⎠ ρ − π
E
⇔ρ=
+π
207
A0
r, E/A0
E1/A0
E2/A0
E3/A0
r=r0
E4/A0
E5/A0
I
I1
I2
I3
I4 I5
Iˆ
• Investoren werden ihre Nachfrage so lange
ausdehnen, bis gilt: E/A0 = r.
209
• Die Investitionsnachfrage lässt sich auch als stetige
Funktion darstellen.
• Der bisherige Fall zinsunabhängiger Investitionen ergäbe
sich bei I r = 0, also bei einer vertikal verlaufenden
Kurve.
r
• Verbessern sich die Zukunftsaussichten, d.h. für alle
Projekte steigt der erwartete reale Erträge E, so
verschiebt sich die Investitionskurve nach oben.
• Bei gegebenem Realzins werden mehr
Investitionsprojekte durchgeführt.
r
I(r)
I(r)
I1(r)
r = r0
Iˆ
r = r0
I
210
• Sollten aber steigende Investitionen nicht zu einer
Erhöhung des Realzinsniveaus führen, da die Investoren
die Preise für knappe Finanzierung (Ersparnisse) und
damit die Zinsen nach oben treiben?
• Nein, denn makroökonomisch erzeugen Investitionen die
zu ihrer Durchführung erforderlichen Ersparnisse selbst.
• Zusätzliche Investitionen führen zu erhöhten
Einkommen, die nur als Ersparnisse die
Multiplikatorrunden verlassen können.
212
Iˆ0
I
Iˆ1
211
• Sinkende Realzinsen erhöhen die Investitionen.
• Steigende Investitionen erhöhen die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage.
• Hierdurch steigt die Produktion und führt zu einem
erneuten Anstieg des privaten Konsums.
• Es ergibt sich ein Multiplikatorprozess, der das
Inlandsprodukt insgesamt stark ansteigen lässt.
• Hieraus ergibt sich
r
ein negativer
IS-Kurve
Zusammenhang
zwischen dem
Realzins und dem
Inlandsprodukt.
Y
213
• Punkte außerhalb der IS-Kurve bedeuten, dass die
Dynamik der Multiplikatorrunden noch nicht
abgeschlossen ist.
r
• In Anlehnung an das Gütermarktmodell in
Abschnitt V haben diverse Lageparameter einen
Einfluss auf die Lage der IS-Kurve.
IS
r
P1
P‘2
IS
GÇ, T0È, RÇ ,
a Ç, E Ç
P‘1
GÈ, T0Ç,
RÈ, a È, E È,
P2
Y
Y
•
•
•
214
Neben den bisher bekannten Einflussgrößen
(Staatsausgaben, autonome Steuern, Transferzahlungen,
autonomer Konsum) sind nun zwei weitere
Einflussgrößen auf das Inlandsprodukt zu erwähnen.
Der Realzins steht an der Ordinate, bewirkt also eine
negative Neigung der Kurve.
Die zukünftigen Erwartungen bezüglich realer Erlöse
für Investitionsprojekte, E, stellen einen Lageparameter
der IS-Kurve dar. Optimistische Zukunftserwartungen
erhöhen die Investitionsneigung und verschieben die ISKurve nach rechts.
216
215
Exkurs 1:
• Die Realzinsen beeinflussen nicht nur die Investitionen.
• Mit sinkenden Realzinsen steigen die Kurse von
Anleihen und Aktien.
• Das Nettovermögen der privaten Haushalte steigt
hierdurch an.
• Beim Konsumverhalten ist ein Einfluss des Vermögens
plausibel. Ein Anstieg des Vermögens wird zu einem
erhöhten realen Konsum führen.
• Auch hiermit wird eine negative Steigung der IS-Kurve
belegt.
217
Exkurs 2:
• Ein weiterer Grund für eine negative Steigung der ISKurve betrifft den Devisenmarkt.
• Sinkende Realzinsen lassen Finanzanlagen im Ausland
attraktiver erscheinen. Anlagen in Inland sind
demgegenüber unattraktiver.
• Dies induziert Kapitalexporte, welche bei flexiblen
Wechselkursen den Kurs der ausländischen Währung, z.B.
dem Dollar, ansteigen lassen, der Wert der heimischen
Währung sinkt (z.B. von e=1,60 $/€ auf e=1,50 $/€).
• Aufgrund des teuren Dollar nehmen Güterimporte aus den
USA ab. Europäische Güter können demgegenüber
leichter exportiert werden.
• Insgesamt erhöht sich der Außenbeitrag und damit die
218
Nachfrage nach Inlandsgütern.
Eine Berücksichtigung des Auslands führt zudem dazu, dass
die folgenden Lageparameter zu Verschiebungen der ISKurve führen:
Auslandskonjunktur. Ein Konjunkturaufschwung in den
USA bewirkt, dass verstärkt Exporte dorthin getätigt
werden können. Die IS-Kurve verschiebt sich nach rechts.
Wechselkurs. Verringert sich durch die Aktionen von
Spekulanten oder durch Kapitalflucht der Kurs des Euro,
so erhöht sich der Außenbeitrag. Die IS-Kurve verschiebt
sich nach rechts.
219
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
Exkurs 3:
• Das aktuelle Inlandsprodukt kann auf die Höhe der
Investitionen wirken (Akzeleratorhypothese). Dies kann
zum einen daraus resultieren, dass in einer Rezession die
Ertragserwartungen, E, nach unten revidiert werden. Zum
anderen sinken oftmals in einer Rezession die Buchwerte
der Aktiva. Hierdurch sinkt die Kreditwürdigkeit von
Unternehmen und die für Investitionen notwendigen
Kredite werden nicht bereit gestellt.
• Dieses Verhalten liefert einen weiteren Grund dafür, dass
Schwankungen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage sich
selbst verstärken. Es gilt dann I=I(Y,r).
• Frage: Was gilt in diesem Fall für das Sparparadoxon, also
den einzelwirtschaftlichen Versuch, mehr zu sparen durch
Erhöhung der Sparquote?
220
WS 2008/09
y,
s.y
y*
VII. Zinssatz und Gütermarkt f(k)
bei
(n+
δ)k
konstanter Inflation
c*
s.f(k)
s.y*
k*
k
221
Pflichtlektüre:
Lambsdorff, J. Graf und C. Engelen (2007), Das
Keynesianische Konsensmodell, WiST,
Wirtschaftswissenschaftliches Studium, August, S. 387394.
Jarchow, H.-J. (2003), Theorie und Politik des Geldes.
11. Aufl. 40-43 und 70-77.
Keynes, J.M. (2008), On Air – Der Weltökonom am
Mikrofon der BBC. S. 71-77.
Romer, D. (2006), Short-Run Fluctuations. Manuskript,
University of California, Berkeley, S. 1-19:
http://elsa.berkeley.edu/~dromer/
• Die vorherigen Abschnitte hatten gezeigt, dass
Investitionen sich die zu ihrer Finanzierung
notwendigen Ersparnisse selbst erzeugen aufgrund
des Multiplikatorprozesses.
• Wie wird dann aber der Realzins bestimmt?
• Wir hatten in Abschnitt 3 bereits gesehen, dass der
nominale Zinssatz von der Zentralbank bestimmt
wird.
• Die Zentralbank beobachtet permanent die
laufende und in der Zukunft erwartete Inflation.
222
• Wird dieser Wert vom nominalen Zinsniveau
subtrahiert, so ergibt sich das reale Zinsniveau.
• Die Zentralbank führt die Geldpolitik durch mit dem
Ziel, makroökonomische Größen optimal zu steuern.
• Da hohe Realzinsen die Investitionen dämpfen und
niedrige Realzinsen zu einem expansiven Impuls
führen, wird die Zentralbank der Höhe der
Realzinsen besondere Aufmerksamkeit schenken.
• Sie wird daher direkt das Realzinsniveau steuern.
224
223
• Sofern die Zentralbank die Realzinsen für angemessen
hält, wird sie die Geldmenge im Ausmaß der Inflation
steigen lassen.
• Bei hoher Inflation wird die Zentralbank die Geldmenge
so steuern, dass der Realzins steigt. Hierdurch soll der
Preisauftrieb gedämpft werden.
• Bei zu niedriger Inflation wird der Realzins gesenkt,
damit zusätzliche gesamtwirtschaftliche Nachfrage
entsteht.
• Ist das reale Inlandsprodukt, Y, niedriger als das
potentielle Inlandsprodukt, so resultiert Arbeitslosigkeit
und vorhandene Kapazitäten an Sachkapital sind
ungenutzt. Die Zentralbank steuert dem durch Senkung
225
des Realzinses entgegen.
• Ist das Inlandsprodukt höher als sein potentielles Niveau,
so müssen Arbeitskräfte Überstunden machen.
Sachkapital wird übermäßig verschleißt. Um die
Wirtschaft zu dämpfen wird die Zentralbank den
Realzins erhöhen.
• Es ergibt sich eine geldpolitische Reaktionsfunktion, die
positiv vom realen Inlandsprodukt und ebenfalls positiv
von der Inflationsrate abhängig ist.
• Diese Regel wird als Taylor-Regel bezeichnet:
r = r '+ λP (Y − Y ) + λI π ;
r ', λP , λI > 0
226
227
• Hierbei bezeichnen λP das Ausmaß mit dem die
Zentralbank auf Schwankungen des Inlandsprodukts
reagiert. Je ausgeprägter der Wunsch nach eine
Stabilisierung des Inlandsprodukt, desto größer fällt
dieser Parameter aus.
• Damit erhalten wir eine Kurve, welche die monetäre
Politik der Zentralbank beschreibt. Diese Kurve
bezeichnen wir als MP-Kurve.
• Analog fällt λI groß aus, falls bereits kleine
Schwankungen der Inflationsrate vermieden werden
sollen.
• Ein Anstieg der Inflation oder ein Übergang zu einer
restriktiveren geldpolitischen Regel (r' steigt)
verschieben die MP-Kurve nach oben.
• Sie hat eine positive Steigung.
r
• Sofern die Zentralbank eine Inflationsrate größer als Null
anstrebt, wäre dies im letzten Term zu berücksichtigen,
worauf wir hier verzichten.
• Dies impliziert, dass r' einen von der Zentralbank im
langfristigen Mittel für geeignet angesehenen Realzins
bezeichnet.
MP-Kurve
π↑; r'↑
228
Y
229
• Die IS-Kurve sei durch die folgende Gleichung
charakterisiert (b0 bezeichnet die in den vorherigen
Abschnitten identifizierten Einflüsse).
Y = b0 − b1r;
• Im Gleichgewicht muss die nominale Geldmenge,
Ln, mit der Inflationsrate steigen.
b0 , b1 > 0.
• Die geldpolitische Regel und die IS-Kurve können
zusammengefasst werden, um das gleichgewichtige
Inlandsprodukt und den hierzu gehörigen Realzins
zu bestimmen.
IS
MP
r0
• Da im Gleichgewicht der Realzins, die erwartete
Inflationsrate und das Inlandsprodukt konstant sind,
ist auch die reale Geldnachfrage konstant.
• So lange somit der Zinssatz konstant ist, gilt die
Quantitätsgleichung.
P0
Y
Y0
230
231
• Die Erhöhung der Staatsausgaben auf ein dauerhaft
höheres Niveau verschiebt die IS-Kurve nach rechts.
Erhöhung der Staatsausgaben
• Aufgrund des Anstiegs des Inlandsprodukts ergibt sich eine
Überauslastung der Kapazitäten.
IS1
IS0
Ln = P ⋅ L(Y , r + π e )
• Dies ergibt sich nur bei einer proportionalen
Entwicklung von Geldmenge und Preisniveau.
r
r
• Dies zeigt ein Blick auf die
Geldnachfragegleichung.
b0Ç
• Die Zentralbank wird gemäß ihrer Reaktionsfunktion den
Realzins erhöhen.
MP
rA
r0
P0
Y0
PA
YA
• Die Inflationsrate ist kurzfristig konstant. Daher bleibt die
MP-Kurve unverändert in ihrer Lage. Es ergibt sich ein
neues Gleichgewicht im Punkt PA.
Y
• Das Inlandsprodukt ist angestiegen, allerdings ist der
Anstieg gedämpft, da die höheren Realzinsen die
Investitionen reduzieren.
232
233
• Der Anstieg des Inlandsprodukts fällt insgesamt geringer
aus als bei der bisherigen Multiplikatoranalyse.
• Die Zentralbank wirkt stabilisierend einer Ausweitung des
Inlandsprodukts entgegen.
• Dies wird auch in der Literatur als „Dämpfungseffekt des
Geldmarkts“ bezeichnet.
• Im Rahmen der Modellbildung mit Taylor-Regel ist es
passender von einem „Dämpfungseffekt des
Zentralbankverhaltens“ zu sprechen.
Straffere geldpolitische Regel
MP1
r
IS0
rA
r0
r'Ç
MP0
PA
P0
YA
Y0
Y
234
• Eine straffere geldpolitische Regel verschiebt die MPKurve nach oben.
235
• Eine straffere geldpolitische Regel geht mit einer
einmaligen Reduktion der Geldmenge einher.
• Dies zeigt die Gleichung für die Geldnachfrage:
• Der Realzins erhöht sich.
• Aufgrund des steigenden Realzinses sinkt das
Inlandsprodukt.
• Dies wiederum bewirkt, dass die Erhöhung des Realzinses
etwas gedämpft wird.
• Es ergibt sich ein Gleichgewicht in PA bei kurzfristig
konstanter Inflationsrate.
236
Ln = P ⋅ L(Y , r + π e )
• Da das Inlandsprodukt sinkt und der Realzins
steigt, sinkt die reale Geldnachfrage.
237
• Wieso geht eine einmalige Reduktion der Geldnachfrage
mit einem Sinken des Inlandsprodukts einher?
• Teilweise finden sich hier irreführende
vulgärökonomische Argumente für diesen
Zusammenhang, z.B. : „Die Güternachfrage verringert
sich weil weniger Geld für Konsumzwecke zur
Verfügung steht“.
• Dieses Argument ist falsch, denn für Konsum ist
Einkommen notwendig. Geld wird zu
Transaktionszwecken gehalten. Konsumgüter werden
verbraucht, Geld nicht.
• Der Grund besteht vielmehr darin, dass durch den
höheren Realzins die Investitionen sinken und als
Begleiterscheinung auch die Geldnachfrage sinkt.
Liquiditätsfalle
• Die Zentralbank kann keine negativen nominalen
Zinssätze am Markt durchsetzen.
• Ein Grund für dieses Versagen besteht darin, dass die
Geschäftsbanken keine Kredite mit negativen
Nominalzinsen vergeben, weil sie stattdessen die
Geldhaltung bevorzugen.
• Dies wird als Liquiditätsfalle bezeichnet, da alle
Wirtschaftssubjekte eine unbegrenzte Neigung zur
Haltung von Liquidität hätten.
• Bei einer Inflationsrate von Null kann die Zentralbank
dann keine negativen Realzinsen erreichen.
238
239
Expansivere geldpolitische Regel mit Liquiditätsfalle
• Statt Punkte auf der MP-Kurve zu erreichen muss die
Zentralbank dann von dieser Kurve abweichen.
r
• Unterhalb von r=0 gilt die MP-Kurve nicht mehr.
IS0
r0=0
MP
P0=P1
• Eine expansivere geldpolitische Regel ist dann ohne
Einfluss auf r.
r'↓
Y
• Demzufolge kann sich auch kein Anstieg der Investitionen
und des Inlandsprodukts einstellen.
Y0=Y1
• Eine Änderung der geldpolitischen Regel ist in der
Liquiditätsfalle somit wirkungslos.
240
241
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
Pflichtlektüre:
WS 2008/09
Lambsdorff, J. Graf und C. Engelen (2007), Das
Keynesianische Konsensmodell, WiST,
Wirtschaftswissenschaftliches Studium, August, S. 387394.
y,
s .y
y*
VIII. Das makroökonomischef(k)
Konsensmodell
c*
(n+δ)k
s.f(k)
Romer, D. (2006), Short-Run Fluctuations. Manuskript,
University of California, Berkeley, S. 44-70:
http://elsa.berkeley.edu/~dromer/
Taylor, J. B. (2007), Economics, 5. Aufl. S. 634-655; 656674.
s.y*
k*
k
242
243
Weiterführende Lektüre:
Blanchard, O. (2006), Macroeconomics. 4. Aufl. S. 1215.
Burda, M. und C. Wyplosz (2005), Macroeconomics – A
European Text. 4. Aufl. S. 281-302.
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 358371.
244
• Bisher haben wir ein konstantes Inflationsniveau
unterstellt.
• Tatsächlich aber schwankt die Inflationsrate und
reagiert auf geld- und fiskalpolitische Aktionen.
• Wir müssen daher die Bestimmungsfaktoren der
Inflationsrate herausarbeiten und die Rückwirkung
auf Realzins und Inlandsprodukt modellieren.
• Das gesamtwirtschaftliche Angebot wird langfristig
von den Einsatzfaktoren und dem technischen
Fortschritt bestimmt.
245
•
•
•
•
•
Dieses langfristige Niveau wird auch als „potentielles
Inlandsprodukt“ bezeichnet oder als
„Vollbeschäftigungsproduktion“.
Wir hatten das entsprechende Niveau im Rahmen eines
Wachstumsmodells bestimmt.
Hat die Inflationsrate hierauf einen Einfluss?
Zum einen existieren Kosten der Inflation
(Schuhlederkosten, Menukosten …), welche einen
negativen Einfluss nahelegen.
Zum anderen wird darauf verwiesen, dass diese Kosten bei
mäßiger Inflation gering sind und zu starre Preise auch die
Anpassungsfähigkeit einer Volkswirtschaft behindern.
246
• Im Falle eines Zustroms von Arbeitskräften, Kapital
oder natürlichen Ressourcen sowie bei technischem
Fortschritt erhöht sich das „potentielle
Inlandsprodukt“ und die Angebotskurve verschiebt
sich nach rechts.
• Kurz- und mittelfristig ist es jedoch möglich, dass das
gesamtwirtschaftliche Angebot von diesem
langfristigen Niveau abweicht.
• Dies ist auf folgende Ursachen zurückzuführen:
248
•
•
•
Für das letztere Argument spricht auch, dass es in
Betrieben oftmals schwer ist, die Löhne zu senken, auch
wenn die wirtschaftliche Lage dies erfordert.
Bei mäßiger Inflation könnte demgemäß bei konstantem
nominalen Lohn stetig (und ohne drohenden Streik) das
passende reale Lohnniveau erreicht werden.
In Abwägung der konträren Argumente erscheint die
Annahme vertretbar, dass insgesamt die Inflationsrate
keinen Einfluss auf das langfristige Inlandsprodukt besitzt.
π
Y
Y
247
Geldillusion. Anbieter von Gütern und Diensten
täuschen sich bezüglich der Wirkung einer sinkenden
Inflationsrate. Sie beobachten zunächst niedrigere
Preissteigerungen ihres Gutes und interpretieren dies
fehlerhaft als eine Veränderung des eigenen Preises
relativ zu den Preisen der anderen Güter der
Volkswirtschaft. Als Folge vermindern sie ihr
Angebot.
• Ähnlich würden Arbeitsanbieter von sinkenden
Lohnzuwächsen auf einen sinkenden Reallohn
schließen und ihr Arbeitsangebot einschränken. Die
allgemein sinkende Inflationsrate, und damit die
Konstanz des realen Lohnes, wird verspätet oder zu
249
gering wahrgenommen.
Lohnrigiditäten. Löhne passen sich kurzfristig
unzureichend an. Arbeitsverträge werden langfristig
geschlossen, und während dieser Zeit ist der Lohnsatz
fixiert.
• Ist die Inflation geringer als das erwartete Niveau der
Inflationsrate, so erhöhen sich die realen Kosten einer
Firma und der Gewinn sinkt.
• Die Firma wird zur Kostenbegrenzung die Produktion
einschränken und auf die neue Einstellung von
Mitarbeitern verzichten. Insgesamt verringert sich
daher das Angebot an Gütern und Diensten.
250
• Die Ausführungen implizieren, dass eine Inflationsrate, die
unterhalb der erwarteten Inflationsrate liegt, zu einer
Drosselung der Produktion führt.
• Umgekehrt induziert eine Inflationsrate oberhalb des
erwarteten Niveaus eine Produktionsausweitung.
• Wir unterstellen, dass dieser Effekt sehr stark ist, so dass
kurzfristig eine geringe Abweichung von der Inflationsrate
zu einer starken Variation des Inlandsprodukts führt.
• Dies führt zu einer π
kurzfristigen, horizontalen Inflationsanpassungs-Kurve (IA) π0
im π/Y-Diagramm.
IA
Y
252
Preisrigiditäten.
• Preise passen sich kurzfristig unzureichend an. Auf
Grund von „Menukosten“ sind Preisanpassungen
kostspielig und werden daher möglichst selten
durchgeführt.
• Ist die Inflationsrate geringer als dies beim Festsetzen
der Preise erwartet wurde, so erhöht sich der Preis des
eigenen Gutes relativ zum Preis anderer Güter der
Volkswirtschaft.
• Dies reduziert den Absatz und Umsatz der Firma.
Hierauf reagierend wird die Produktion gedrosselt.
251
• Inflation wird hierbei aus der Vergangenheit „ererbt“.
• Eine hohe Inflationsrate in der Vergangenheit bewirkt,
dass auch in der Zukunft mit einer hohen
Inflationsrate gerechnet wird.
• Es können aber auch unabhängig von der
Inflationsrate der Vergangenheit erhöhte
Inflationserwartungen auftreten.
Veränderungen der erwarteten Inflation. Eine
autonome Erhöhung der Inflationserwartung
verschiebt die IA-Kurve nach oben.
• So würde z.B. ein Anstieg der Ölpreise zur Erwartung
einer erhöhten zukünftigen Inflation führen.
253
• Wie wirken nun die kurzfristige
Inflationsanpassungsgerade und die langfristige
Angebotskurve zusammen?
• Die Inflationsrate erhöht sich, wenn das
Inlandsprodukt größer ist als sein potentielles Niveau.
• In diesem Fall bewirkt nämlich eine Überauslastung
der Kapazitäten einen schnelleren Anstieg der Preise.
• Maschinen verschleißen schneller, die Motivation und
Konzentration der Mitarbeiter sinkt. Dies müssen die
Firmen durch einen beschleunigten Anstieg der Preise
ausgleichen.
254
• Formal gilt für die Inflationsrate:
π = π e + δ (Y−1 − Y ) ; mit π e = π −1
• Entspricht das Inlandsprodukt seinem potentiellen Niveau,
Y−1 = Y , so folgt :
π = π e = π −1
• Liegt also bei der Produktion eine dauerhafte Ruhelage vor
mit Y = Y , dann ändert sich die Inflationsrate nicht.
• Weicht jedoch die Höhe des Inlandsprodukts von seiner
potentiellen Höhe ab, so hat dies eine Veränderung der
zukünftigen Inflationsrate zur Folge.
256
• Für abgeleistete Überstunden muss ein Zuschlag
bezahlt werden, der den Lohnsatz erhöht.
• Zudem steigen die Löhne schneller, weil aufgrund der
geringen Arbeitslosigkeit sich leichter
Lohnsteigerungen durchsetzen lassen.
• Ist das Inlandsprodukt dagegen kleiner als sein
potentielles Niveau, so resultiert Arbeitslosigkeit.
• Bei hoher Arbeitslosigkeit können Unternehmen die
Löhne drücken.
• Nur die hoch motivierten und qualifizierten
Arbeitskräfte verbleiben in den Betrieben und
erlauben es den Firmen, die Preissteigerungen
moderater ausfallen zu lassen.
255
• Mittelfristig dürfte die Angebotskurve weder
horizontal noch vertikal verlaufen, sondern eine
positive Steigung aufweisen.
• Eine solche Angebotskurve wird auch als PhillipsKurve bezeichnet.
• Hiermit wird verdeutlicht, dass mittelfristig ein
erhöhtes Inlandsprodukt und eine Absenkung der
Unterbeschäftigung nur mit einer Inflation „erkauft“
werden kann.
• Wir verzichten in der Graphik auf die Darstellung
dieses mittelfristigen Zusammenhangs.
257
Steigung der AD-Kurve
• Die Nachfragekurve (aggregate demand) im π/YDiagramm ist durch eine negative Steigung
gekennzeichnet.
MP1
r
• Sie ergibt sich aus dem Zusammenspiel von IS-Kurve und
MP-Kurve.
πÇ
IS
MP0
r0
• Ein Anstieg der Inflationsrate verschiebt die MP-Kurve
nach oben.
P0
• Aufgrund des steigenden Realzinses verringert sich daher
das Inlandsprodukt.
• Die AD-Kurve stellt die Schar der Inflationsraten und des
jeweils korrespondierenden Inlandsprodukts dar.
Y
Y0
π
AD
π1
π0
P0
Y
Y
258
• Die negativ geneigte Nachfragekurve ähnelt einer aus
der Mikroökonomie bekannten Nachfragekurve.
• Erhöht sich der Preis für Bier, so sinkt die Nachfrage.
• Dieser mikroökonomische Effekt ist aber auf
Substitutionsbeziehungen zurückzuführen: Der
relative Preis für Bier steigt an; statt Bier werden
andere Güter nachgefragt.
• Diese Substitution ist aber gesamtwirtschaftlich nicht
möglich.
• Die negative Neigung ist daher anders zu begründen:
Die Zentralbank möchte einen Anstieg der Inflation
vermeiden. Daher erhöht sie den Realzins und bewirkt
einen Rückgang der gesamtwirtschaftlichen
260
Nachfrage.
259
Das Grundmodell
r
IS
MP
r0
P0
Y0
π
Y
AD
π0
P0
Y
IA
Y
261
Erhöhung der Staatsausgaben
IS1
r
r1
IS0
b0Ç
MP
πÇ
P1
r0
MP
P0
π
AD1
• Die Erhöhung der Staatsausgaben auf ein dauerhaft
höheres Niveau verschiebt die IS-Kurve nach rechts.
Aufgrund des Anstiegs des Inlandsprodukts wird die
Zentralbank gemäß ihrer Reaktionsfunktion den Realzins
erhöhen. Es ergibt sich ein Zwischenpunkt in PA.
• Die Inflationsrate ist kurzfristig konstant. Daher liegt die
Zwischenlösung im π/Y-Diagramm auch im Punkt PA.
PA
Y
Y0 =Y1
• Aufgrund einer Überschussnachfrage erhöht sich nun die
Inflation. Hierdurch wird die Zentralbank veranlasst, den
Realzins zu erhöhen. Die MP-Kurve verschiebt sich nach
oben.
AD0
π1
π0
P1
PA
P0
Y
IA
Y
262
• Die Anpassung verläuft so lange, bis wieder ein
Gleichgewicht im Punkt P1 erreicht ist, mit einem
Inlandsprodukt i.H. des potentiellen Niveaus.
263
Straffere geldpolitische Regel
• Die Inflationsrate ist nun gegenüber der Ausgangslage
dauerhaft angestiegen.
• Dies resultiert daraus, dass die Zentralbank den
anfänglichen Güternachfrageimpuls nicht vollständig
neutralisiert. Erst durch eine steigende Inflationsrate wird
dann die Zentralbank zu der weiteren, notwendigen
Erhöhung der Realzinsen induziert.
• Möchte die Zentralbank entgegen dieser Lösung dauerhaft
an der Inflationsrate der Ausgangslage festhalten, so
müsste sie auf die erhöhte Güternachfrage mit einer
Straffung der geldpolitischen Regel, r'↑, antworten.
MP1
r
π↓
IS0
r'↑
PA
r0
π
P0=P1
AD0
AD1
π0
Y0 =Y1
P0
π1
Y
IA
PA
P1
Y
264
MP
Y
265
• Eine straffere geldpolitische Regel verschiebt die MPKurve nach oben. Aufgrund des steigenden Realzinses
sinkt das Inlandsprodukt. Es ergibt sich ein
Zwischenpunkt in PA.
• Die Inflationsrate ist kurzfristig konstant. Daher liegt
die Zwischenlösung im π/Y-Diagramm auch im Punkt
P A.
• Aufgrund eines Überschussangebots verringert sich die
Inflation. Hierdurch wird die Zentralbank veranlasst,
den Realzins wieder zu senken. Die MP-Kurve
verschiebt sich nach unten.
266
• Die Anpassung verläuft so lange, bis wieder ein
Gleichgewicht im Punkt P1 erreicht ist, mit einem
Inlandsprodukt i.H. des potentiellen Niveaus.
• Wir sehen also, dass die Zentralbank bei Straffung der
geldpolitischen Regel die Inflationsrate reduzieren kann.
• Hierbei muss sie aber eine temporäre Reduktion der
Produktion und des Einkommens in Kauf nehmen.
• Dem langfristigen Vorteil einer reduzierten Inflation stehen
daher temporäre Einbußen gegenüber.
• Da zukünftige Vorteile im Kalkül der Wirtschaftssubjekte
abdiskontiert werden müssen, ist nicht sichergestellt, dass
eine straffere Geldpolitik insgesamt vorteilhaft ist.
267
• Möchte die Zentralbank langfristig die Inflationsrate
reduzieren, so kündigt sie für die laufende und die
zukünftigen Perioden einen erhöhten Wert für r' an.
• Das gegenteilige Ergebnis folgt für eine Zentralbank, die
das Inlandsprodukt dauerhaft erhöhen möchte. Sie müsste
hierfür r' von Periode zu Periode weiter absenken.
• Inwieweit die resultierende Verschiebung der AD-Kurve
eine Verringerung des Inlandsproduktes zur Folge hat,
hängt allerdings auch von der Glaubwürdigkeit der
Zentralbank ab.
• Ob sich hiermit aber tatsächlich das Inlandsprodukt
dauerhaft erhöhen lässt, wurde insbesondere von dem
Nobelpreisträger Robert Lukas bezweifelt. Sein Argument,
auch als Lukas-Kritik bezeichnet, zieht in Zweifel, ob
Wirtschaftssubjekte ihre Inflationserwartung nur an Werten
der Vergangenheit orientieren. Bei einem substantiellen
Politikwechsel sind Wirtschaftsubjekte vielmehr in der
Lage, die zukünftige Erwartung korrekt zu antizipieren.
• Schätzen die Wirtschaftssubjekte die Glaubwürdigkeit
nämlich als hoch ein und erwarten, dass die Zentralbank
ihre Politik auch in der Zukunft beibehalten wird, so
passen sie ihre Erwartungen der zukünftig geringeren
Inflation an. Dadurch verschiebt sich die IA-Kurve sofort
nach unten, wodurch die Reduktion des Inlandsproduktes
relativ gering ausfällt als im Punkt PA.
268
• In obigem Beispiel bewirkt die erhöhte Inflationserwartung
eine schnelle Verschiebung der IA–Kurve nach oben; ein
Anstieg des Inlandsprodukts könnte unterbleiben.
269
• Eine andere Situation liegt vor, wenn die Zentralbank
jedoch den Ruf hat, ihre Ankündigungen nicht konsequent
durchzusetzen, sondern oftmals ihren geldpolitischen Kurs
unter politischem Druck zu revidieren.
• In diesem Fall werden die Wirtschaftssubjekte nicht
unbedingt den Ankündigungen einer lascheren oder
schärferen geldpolitischen Regel in der Zukunft glauben.
• Die bloße Ankündigung wird dann nicht sofort zu einer
veränderten Inflationserwartung führen. In diesem Fall
würde sich die IA-Kurve nicht unmittelbar verschieben.
• Die Anpassung erfolgt dann bei einer kurzfristig
konstanten IA-Kurve. Für die Anpassung ist dann eine
längere Phase erforderlich, in der die Produktion von ihrem
270
potentiellen Niveau abweicht.
• Die Zentralbank kann keine negativen Nominalzinsen
erzielen, denn die Geschäftsbanken würden lieber horten
(z.B. Bargeld in den Tresoren halten), als Kredite mit
negativem Ertrag auszugeben und die Nichtbanken würden
Sichteinlagen halten und unbegrenzt Kredite bei den
Geschäftsbanken aufnehmen.
• Daher kann eine Senkung der Realzinsen bei
Preisniveaustabilität (π=0) nicht herbeigeführt werden.
Unterhalb von r=0 gilt die MP-Kurve nicht mehr.
• In dieser Situation kann die Zentralbank die Inflationsrate
nicht mehr steigern, da sie nicht kurzfristig die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage erhöhen kann.
272
Deflation und Liquiditätsfalle
r
IS0
MP
r0=1
P0
r0=0
π
π0=0
Y
Y0
AD0
P0
π0=-1
IA
Y
Y
271
• Sinkt die Inflationsrate nun (Deflation), so möchte die
Zentralbank wie bisher mit einer Senkung der Realzinsen
reagieren.
• Da die Nominalzinsen aber bereits Null betragen, gelingt
ihr dies nicht.
• Entgegen dem Wunsch der Zentralbank führt die Deflation
zu einem Anstieg der Realzinsen. Hierdurch sinkt die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage weiter ab.
• Insgesamt ergibt sich bei einer Kombination aus Deflation
und Liquiditätsfalle ein positiver Verlauf der
gesamtwirtschaftlichen Nachfragekurve.
273
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2008/09
Frenkel, M. und K.D. John (2006), Volkswirtschaftliche
Gesamtrechnung, 6. Aufl. S. 27-29, 45-49, 53-54, 56.
y,
s .y
y*
IX.
Pflichtlektüre:
f(k)
Außenbeitrag und Kapitalimporte
c*
(n+δ)k
s.f(k)
Jarchow, H.-J. (2000), Monetäre Außenwirtschaft I:
Monetäre Außenwirtschaft. 5. Aufl. S. 1-32.
McDowell, M. et al. (2006), Principles of Economics, S.
717-730.
s.y*
k*
k
274
• Eine geschlossene Volkswirtschaft ist dadurch
gekennzeichnet, dass sie keine Interaktion mit anderen
Volkswirtschaften aufweist.
• Dies beinhaltet insbesondere das Fehlen von Exporten
und Importen.
• Das beinhaltet das Fehlen von Einkommensströmen
(Faktorströmen) über Landesgrenzen hinweg.
• Auch fehlen Kapitalströme mit dem Ausland.
276
275
• Für viele makroökonomische Fragestellungen wird
vereinfachend die Interaktion mit dem Ausland
vernachlässigt.
• Empirische Beispiele für geschlossene
Volkswirtschaften sind dagegen seltener.
• Nordkorea ist ein Beispiel einer geschlossenen
Volkswirtschaft.
• Daneben ist aber insbesondere die globale Wirtschaft
selbst als geschlossene Volkswirtschaft zu verstehen.
• Für alle anderen Fälle sind die vielfältigen Ströme von
Leistungen und Zahlungen mit dem Ausland zu
berücksichtigen.
277
8
• Die Europäische Union ist ein großer und offener
Wirtschaftsraum – viele Importe und Exporte von
Gütern und Diensten werden getätigt.
• Allgemein gilt: je kleiner ein Land, desto mehr ist es
auf eine Öffnung angewiesen, um
- die notwendigen, vielfältigen Produkte den
inländischen Konsumenten bereit zu stellen
- sich in der Produktion auf seine besonderen
Stärken konzentrieren zu können.
• Dies bewirkt, dass große Länder wie die USA relativ
wenig Handel treiben, kleine Länder wie Singapur
oder Luxemburg dagegen bedeutend mehr.
Bevölkerung (log.), 2001
6
4
2
0
-2
-4
-6
0.0
Prozent
des BIP
15
1.0
1.5
2.0
2.5
3.0
3.5
Offenheitsgrad: Importe+Exporte rel. zu BIP
278
Die Bedeutung des Außenhandels für die USA
0.5
279
• Die Bedeutung der außenwirtschaftlichen Öffnung hat
in den letzten fünf Jahrzehnten deutlich zugenommen.
• Weltweit steigt der Handel stärker als die Produktion.
• Dies ist ein Indikator einer zunehmenden
„Globalisierung“ der Weltwirtschaft.
Importe
40
10
35
Exporte (%
vom BIP),
Deutschland,
WDI
30
Exporte
5
Importe (%
vom BIP),
Deutschland,
WDI
25
20
1950 1955
1960
1965
1970
1975
2005
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
1973
280
1980 1985 1990 1995 2000
1971
15
0
281
• Die Exporte setzen sich zusammen aus den Exporten
von Gütern und Diensten (X‘) und den Exporten von
Faktorleistungen (FAI).
• Faktorleistungen werden exportiert, wenn ein Inländer
ein Einkommen im Ausland erzielt, z.B. indem er als
Grenzgänger im Ausland arbeitet oder Zins- oder
Mieteinnahmen im Ausland erzielt.
• Die Importe setzen sich zusammen aus den Importen
von Gütern und Diensten (J‘) und den Importen von
Faktorleistungen (FIA).
• Inländische Produktionsbetriebe importieren solche
Faktorleistungen, indem sie im Ausland wohnende
Arbeitskräfte oder Zinsen für ausländisches Kapital
bezahlen.
282
• Die jährlichen Überschüsse und/oder Defizite, X‘-J‘,
werden in der Handels- und Dienstleistungsbilanz
eines Landes erfasst.
• Dieser Wert wird auch als „Außenbeitrag“ bezeichnet.
• Werden noch Faktorexporte und –importe
berücksichtigt, so resultieren die gesamten NettoExporte (X-J=X‘+ FAI -J‘- FIA), die auch als
Leistungsbilanzsaldo bezeichnet werden.
• Falls X>J, erwirtschaftet ein Land einen Überschuss
und baut dadurch Nettoforderungen gegenüber dem
Ausland auf.
• Sind die Importe hingegen größer als die Exporte, so
akkumuliert ein Land Schulden oder verliert
283
Vermögensobjekte an das Ausland.
• Der Außenbeitrag bzw. die Leistungsbilanz werden
von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst:
- Den Konsumpräferenzen bezüglich inländischer
und ausländischer Produkte.
- Den Preisen der inländischen und ausländischen
Produktion.
- Dem Wechselkurs, also dem Preis der
ausländischen Währung in Einheiten der
inländischen Währung.
- Dem Einkommen von Inländern und Ausländern.
- Transportkosten.
- Handelspolitik und Handelsbeschränkungen.
• Kapitalexporte kennzeichnen den von Inländern
getätigten Kauf ausländischer Vermögensobjekte (z.B.
Aktien, Anleihen oder Bauten) oder die Vergabe von
Krediten an das Ausland.
• Kapitalimporte entsprechen dem Verkauf inländischer
Vermögensobjekte an Ausländer oder der Aufnahme
von Krediten aus dem Ausland.
• Nettokapitalexporte sind Kapitalexporte abzüglich der
Kapitalimporte. Sie entsprechen dem Saldo der
Kapitalbilanz.
• So erhöht ein Kauf von US-Anleihen durch einen EUInländer die Nettokapitalexporte der EU.
• Kaufen Japaner Aktien in Deutschland, so verringern
285
sich die Nettokapitalexporte der EU.
284
• Nettokapitalexporte werden von einer Vielzahl von
Faktoren beeinflusst:
- Den Realzinsen, welche für ausländische
Vermögensobjekte bezahlt werden.
- Den Realzinsen, welche für inländische
Vermögensobjekte bezahlt werden.
- Der erwarteten Entwicklung des Wechselkurses.
- Den wahrgenommenen ökonomischen und
politischen Risiken einer Anlage von Vermögen im
Ausland.
- Den politischen Rahmenbedingungen, welche
einen Transfer von Vermögen ins Ausland
ermöglichen oder behindern.
286
• Die Nettoexporte und der Saldo der Kapitalbilanz
stehen in einem engen Verhältnis zueinander.
• Beide Bilanzen sind ein Teil der „Zahlungsbilanz“
eines Landes, also einer Zusammenstellung aller
Transaktionen mit dem Ausland.
• Ein Land verliert dadurch Vermögen oder akkumuliert
Schulden, dass die Importe an Gütern, Diensten und
Faktoren größer sind als die Exporte.
• Im Gegenzug müssen in gleichem Ausmaß
Nettokapitalimporte vorhanden sein.
• Diese spezifizieren, in welcher Form Kapital in das
Land fließt, als Kredit oder durch den Verkauf von
Vermögensobjekten.
287
• Es gilt also, dass die Nettoexporte von Gütern,
Diensten und Faktoren (X-J) den Nettokapitalexporten
(NKE) entsprechen müssen:
X-J =NKE.
• Einem Verkauf von Gütern und Diensten an die USA
(X-J>0) steht zunächst die Entgegennahme von US-$
gegenüber, also einem Vermögensobjekt (NKE).
• Dieses Vermögensobjekt kann getauscht werden
gegen andere Vermögensobjekte, oder aber es kann
für den Import von Gütern aus den USA verwendet
werden.
• In jedem Fall behält die obige Gleichung ihre
Gültigkeit.
• Transaktionen mit dem Ausland sind in der
volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zu
berücksichtigen.
• Dort werden folgende Wirtschaftssubjekte als
„Inländer“ bezeichnet:
- natürliche Personen mit ständigem (mindestens
ein Jahr) Wohnsitz im Inland und
- alle anderen Wirtschaftssubjekte einschließlich
rechtlich unselbständiger Produktionsstätten und
Zweigniederlassungen, soweit der Schwerpunkt
ihrer wirtschaftlichen Aktivität im Inland liegt.
288
289
• Daneben können Transferzahlungen stattfinden, also
Übertragungen ohne entgeltliche Gegenleistung wie
z.B. Entwicklungshilfe,
Wiedergutmachungsleistungen, Beiträge an
internationale Organisationen (Tr).
Flussdiagramm für die volkswirtschaftliche
Gesamtrechnung mit Ausland
S 110
Einkommenskonto
FI C G Ti-Z
945 700 225 100
Ib 250
Produktionskonto
FAI
10
TrIA
FIA
J´
(netto) 20
300
20
Auslandskonto
(aus Sicht des
Inlands)
290
Vermögensänderungskonto
D 160
X´ 350
KE (netto) 20
291
Aus der Graphik lässt sich das Nettoinlandsprodukt
(NIP) zu Marktpreisen herleiten:
YnM=C+G+In +X′– J′
(1065)
(Verwendungsseite)
Investitionen
18%
Exporte-Importe
4%
Konsum
59%
(1065)
YnM=FI+FIA+(Ti–Z)
(Verteilungsseite gem. PK)
Staatskonsum
19%
Durch Zusammenfassung ergibt sich gemäß
Produktionskonto:
FI+FIA+(Ti – Z) = C+G+In+X′– J′.
292
293
Die USA zum Vergleich (1998)
Investitionen
16%
Staatskonsum
18%
ExporteImporte
-2 %
Werden auf beiden Seiten der oben formulierten
Gleichung die netto aus dem Ausland zugeflossenen
Primäreinkommen hinzugezählt (FAI-FIA=-13 Mrd €),
dann erhält man:
FI+FAI+(Ti–Z) = C+G+In+(X’+FAI) – (J’+FIA).
Volkseinkommen
X
J
Nettonationaleinkommen zu Marktpreisen
(NNP)
Konsum
68 %
294
• Auf der rechten Seite steht in Klammern der
Leistungsbilanzsaldo. Dieser entspricht den
Kapitalexporten.
Das durch Umformung aus dem
gesamtwirtschaftlichen Produktionskonto hergeleitete
Nettonationaleinkommen zu Marktpreisen lässt sich
auch aus dem gesamtwirtschaftlichen
Einkommenskonto ermitteln. Eine Erfassung aller
eingehenden und ausgehenden Buchungen erbringt:
FI+FAI+(Ti – Z)=C +G+ S + TrIA.
295
• Die Gleichung bringt zum Ausdruck, dass die
heimische Ersparnis entweder in heimische
Investitionen fließt oder in Kapitalexporte.
• Ein positiver Leistungsbilanzsaldo setzt voraus, dass im
Inland mehr gespart als investiert wird.
(1055)
Es folgt:
• Eine Verbesserung der Leistungsbilanz ist nur möglich,
wenn die Ersparnis ansteigt oder die Investitionen
sinken.
C + G + In + (X – J) = C + G + S + TrIA
Ù S=In + (X – J – TrIA).
296
297
• Die Ersparnis kann somit für inländische
Investitionen verwendet oder im Ausland angelegt
werden.
• Ein hohes Leistungsbilanzdefizit (X-J-TrIA=NKE<0)
impliziert dabei, dass das Ausland für das Inland
spart.
• Dies könnte Symptom eines Problems sein: Ein
Land spart nicht hinreichend, um für die Zukunft
gewappnet zu sein.
• Als Reaktion auf eine niedrige Sparquote ist es aber
zumeist besser, mit hohen Kapitalimporten
Investitionen durchzuführen als sinkende
Investitionen in Kauf zu nehmen.
• Ersparnis und Investitionen lassen sich in einen
privaten und einen staatlichen Anteil zerlegen:
Spr+ Sst – Inpr – Inst = (X – J – TrIA).
• Da gilt Sst – Inst = – BD,
folgt
Spr – Inpr – BD = (X – J – TrIA) = NKE.
• Dies illustriert das, was als twin-deficit
bezeichnet wird: Ein erhöhtes Budgetdefizit geht
bei konstantem Verhalten inländischer Haushalte
und Investoren mit Kapitalimporten einher, also
einem Saldo in der Leistungsbilanz.
298
• Durch die Berücksichtigung des Auslands verändern
sich auch das gesamtwirtschaftliche
Produktionskonto und das Einkommenskonto.
• Die Faktorentlohnung im Produktionskonto
unterscheidet sich nun von der im
Einkommenskonto aufgrund internationaler
Faktorströme.
• Beide Konten lassen sich nun vollständig darstellen.
Gesamtwirtschaftliches
Einkommenskonto, Deutschland 2006
Gesamtwirtschaftliches
Produktionskonto, Deutschland 2006
Verwendung
Importe, J‘
Abschreibungen
Indir. Steuern ./.
Subventionen
Faktorentlohnung
An Inländer
An Ausländer
Verwendung
Aufkommen
915 Privater Konsum
1349
334 Staatskonsum
425
(Brutto-) Investitionen
410
254
Exporte, X‘
1040
1549
172
Quelle: Stat. Bundesamt, Juli 2007, Angaben in Mrd. €, gerundet.
299
Transferzahlungen an das
Ausland
38
Privater Konsum
1349
Staatskonsum
425
Ersparnis
200
300
Aufkommen
Faktorentlohnung aus dem
Inland
1549
Faktorentlohnung aus dem
Ausland
198
Indir. Steuern ./.
Subventionen
254
Transferzahlungen aus dem
Ausland
11
Quelle: Stat. Bundesamt, Juli 2007, Angaben in Mrd. €, gerundet.
301
Exkurs 1:
• Das Vermögensänderungskonto weist einen
Finanzierungsüberschuss aus, also Kapitalexporte.
• Wie wird ein Anstieg der Investitionen in einer
offenen Volkswirtschaft mit konstanter Inflation
finanziert? Wir können zeigen, dass auch hier alle
Investitionen automatisch die zu ihrer
Durchführung notwendigen Ersparnisse schaffen.
• Wir betrachten einen autonomen Anstieg der
Investitionen von der Finanzierungsseite.
Gesamtwirtschaftliches
Vermögensänderungskonto,
Deutschland 2006
Verwendung
Aufkommen
(Brutto-) Investitionen
Ersparnis
410 Abschreibungen
Finanzierungsüberschuss
124
Quelle: Stat. Bundesamt, Juli 2007, Angaben in Mrd. €, gerundet.
• Es gilt: Spr+Sst – Inpr – Inst = (X – J – TrIA) = KE.
• Ferner gilt der folgende Multiplikator:
200
334
dY =
1
dI .
1 − ( c − m ) (1 − t )
302
• Das verfügbare Einkommen steigt um (1-t)dY.
• Damit steigt die private Ersparnis um (1-c)(1-t)dY.
• Die Steuereinnahmen steigen um tdY; in diesem Ausmaß
steigt also die öffentliche Ersparnis.
• Die Importe steigen um m(1-t)dY. In diesem Ausmaß
steigt der ausländische Beitrag zur Ersparnis.
• Insgesamt steigt die Ersparnis um:
dS = ⎡⎣(1 − c )(1 − t ) + t + m (1 − t ) ⎤⎦ dY
303
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2008/09
y,
s.y
f(k)
Langfristige Bestimmungsgründe
(n+δ)k
außenwirtschaftlicher
Aggregate
c*
y*
X.
= ⎡⎣1 − ( c − m )(1 − t ) ⎤⎦ dY ,
s.f(k)
Also genauso stark, wie die Investitionen.
s.y*
304
k*
k
305
•
Pflichtlektüre:
Gärtner, Manfred (2003), Macroeconomics, S. 255; 259267.
•
•
306
Eine Armutsfalle könnte auch durch internationale
Kapitalzuflüsse überwunden werden.
Für den Fall normal verlaufender
Produktionsfunktionen ergeben sich Kapitalströme
aus unterschiedlichen steady-state-Werten für zwei
Länder.
Die Steigung der Produktionsfunktion entspricht der
(wertmäßigen) Grenzproduktivität des Faktors
Kapital. Bei vollkommener Konkurrenz ist dies der
Realpreis des Faktors Kapital, also der reale (Brutto-)
Ertrag, den Investoren erzielen.
307
f(k )= y
sy
f(k )
(n + δ ) ⋅ k
•
s D f(k )
Kapitalexporte
Deutschland
•
f(k )= y
sy
k*D
k
f(k )
Bei vollkommener Kapitalmobilität und gleicher
Abschreibungsrate wird sich der Ertrag im In- und im
Ausland einander angleichen. Dies impliziert eine
identische Steigung der Produktionsfunktion.
Eine analoge Herleitung zeigt, dass Länder mit einem
höheren Bevölkerungswachstum ebenfalls Kapital
importieren.
(n + δ ) ⋅ k
Kapitalimporte
s P f(k )
Portugal
308
k*P
k * In t
k
309
•
•
•
•
Leidet Deutschland unter der Öffnung der
Kapitalmärkte?
Das Inlandsprodukt sinkt.
Aber es erhöht sich das Nettonationaleinkommen: Im
Optimum müssen Inländer von der Öffnung
profitieren, da sie ansonsten auf den Kapitalexport
verzichten.
Aber es ergibt sich ein Verteilungsproblem sofern
(realistischerweise) manche Haushalte eher mit Arbeit
und andere mit Kapital ihr Einkommen erzielen: Der
geringere Kapitalstock in Deutschland lässt das
Grenzprodukt der Arbeit sinken, wodurch manche
Haushalte schlechter gestellt werden.
• Der Unterschied zwischen NNE und Y ist größenmäßig
in Deutschland zu vernachlässigen.
• Irland beherbergt viele Niederlassungen ausländischer
multinationaler Unternehmungen, wodurch aus Irland in
hohem Maße Erwerbs- und Vermögenseinkommen an
das Ausland abfließen (Y>NNE).
• Kuwait hat mit seinen Einnahmen aus der Ölforderung
im Ausland Vermögen angekauft, aus dem ihm dann
Vermögenseinkommen zufließen (Y<NNE).
310
311
•
•
•
•
Bei vollkommener Kapitalmobilität würden wir
erwarten, dass Investitionsquoten und Sparquoten
unkorreliert sind.
Da das große Ausland Kapital weitgehend unbegrenzt
für das kleine Inland bereitstellen kann, muss sich im
Inland die Grenzproduktivität des Auslands einstellen.
Für geschlossene Volkswirtschaften müssten hingegen
die Investitionsquote und Sparquoten einander
entsprechen.
312
•
•
Tatsächlich sind die die Investitionsquote und
Sparquoten in einer Querschnittsanalyse von Ländern
hoch korreliert. Dies wird als „Feldstein-Horioka
puzzle“ bezeichnet.
Die Regressionsgerade der folgenden Graphik zeigt,
dass ein Anstieg der Ersparnis etwa zu 42% im
Ausland angelegt wird. Länder mit einer Sparquote
von über 23% exportieren netto Kapital, die anderen
sind Nettoimporteure.
Die vorgenannten Mechanismen funktionieren also,
wenn auch nicht mit der prognostizierten Intensität,
evtl. aufgrund noch vorhandener
Kapitalverkehrskontrollen.
313
•
•
•
Quelle:
314
Eine Armutsfalle kann durch Kapitalimporte
überwunden werden.
Dies funktioniert jedoch nur bei Armutsfallen des
Typs II und III. Da hier stets fallende Grenzerträge
vorliegen, existiert immer ein Anreiz für reichere
Länder in ärmeren Ländern zu investieren.
Bei einer Armutsfalle des Typs I liegt u.U. ein
geringerer Grenzertrag des Kapitals in ärmeren
Ländern vor, so dass kein Anreiz zum Kapitalexport
in diese Länder resultiert. Eine Öffnung der
Kapitalmärkte wäre unzureichend, um arme Länder
über die Armutsfalle zu heben.
315
Bestimmungsfaktoren des Wechselkurses
• Im vorigen Kapitel hatten wir gesehen, dass die
Nettokapitalimporte von vielen Einflussgrößen
abhängen, insbesondere den Renditen im In- und
Ausland, den involvierten politischen Risiken und
evtl. existierenden Kapitalverkehrsbeschränkungen.
• Gleichzeitig gilt, dass die Nettokapitalexporte den
Nettoexporte von Gütern, Diensten und Faktoren (X-J)
entsprechen.
X-J =NKE.
• Allerdings sahen wir auch, dass Nettoexporte von
anderen Einflussgrößen abhängen, insbesondere ist
hierbei der Wechselkurs zu nennen.
• Wie kann sich unter diesen Bedingungen ein
316
Gleichgewicht einstellen?
• Sinkt der Wechselkurs, e, z.B. von 1,60 $/€ auf 1,50
$/€, so verbilligen sich europäische Produkte und
werden dadurch attraktiver. Die Exporte steigen und
die Importe nehmen ab, so dass der Außenbeitrag
steigt.
• Aber dies wäre dann im Widerspruch zu X-J =NKE,
denn der rechte Term hat sich nicht verändert.
• Langfristig gibt es nur eine plausible Erklärung: Der
Wechselkurs ist eine endogene Variable: Er stellt
sich gerade so ein, dass X-J =NKE gilt.
317
• Eine Störung kann z.B. darin bestehen, dass exogen
die Nettokapitalexporte steigen (z.B. aufgrund einer
hohen Rendite im Ausland). Dies führt zu einer hohen
Nachfrage nach Dollar. Der Euro wird, wie in dem
Zahlenbeispiel, billiger, e sinkt. Der Dollar wird
teurer.
• Dies erhöht dann den Außenbeitrag.
• Am Ende der Anpassung steht den erhöhten
Nettokapitalexporten tatsächlich ein erhöhter
Außenbeitrag gegenüber.
• Dies zeigt, dass der Wechselkurs insbesondere von
Zentralbanken beeinflusst wird.
• Wird z.B. ein niedriger Realzins von der EZB fixiert,
so lohnen sich Nettokapitalexporte, der Dollar steigt
im Wert, der Euro fällt (z.B. von 1,60 $/€ auf 1,50
$/€).
• Hiermit kann die EZB die Güternachfrage anregen
und hierbei insbesondere die exportierende Industrie
fördern.
• Diesen Effekt hatten wir bereits als Wechselkurseffekt
auf die Güternachfrage angesprochen.
318
319
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2008/09
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 522525.
y,
s .y
y*
Pflichtlektüre:
f(k)
XI. Offene makroökonomische
(n+δ)k
Fragestellungen
c*
Taylor, J.B. (2007), Economics, 5. Aufl. S. 683-695.
s.f(k)
s.y*
k*
k
320
321
1. Sollte die Wirtschaft mit Hilfe eines
situationsbedingten Einsatzes der Geld- und
Fiskalpolitik stabilisiert werden?
• Pro (Keynesianische Sichtweise):
- Kurzfristige Schwankungen können lange
anhalten. Dies ist z.B. darauf zurückzuführen,
dass selbstverstärkende Mechanismen
existieren. Eine Rezession verstärkt sich selbst
durch Multiplikatoreffekte, bei denen ein
Produktionseinbruch z.B. durch eine Reduktion
des Konsums noch verstärkt wird.
322
• Pro:
- Das wirtschaftliche Gleichgewicht ist damit
instabil; Die Wirtschaft wird unerwünschten
Schwankungen ausgesetzt sein, wenn sie sich
selbst überlassen ist.
- die langfristige Anpassung kommt zu spät
(Keynes: „in the long-run we are all dead“);
- Mit Hilfe politischer Instrumente kann die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage gesteuert
werden. Hierdurch wird die Instabilität
neutralisiert und Schwankungen abgemildert.
323
• Contra:
- Änderungen der Fiskalpolitik benötigen einen
langen politischen Prozess für ihre Durchsetzung
aufgrund der notwendigen Gesetzesänderungen.
- Es kann Jahre dauern, bis solche Änderungen
vorgeschlagen, beschlossen und implementiert
werden.
- Aufgrund der Verzögerungen und der
Schwierigkeit der Prognose zukünftiger
Entwicklungen wird evtl. nicht eine
gegenwärtige Rezession abgeschwächt, sondern
ein zukünftiger Boom verstärkt.
• Contra:
- Geldpolitik beeinflusst die Wirtschaft mit
langen und unvorhersehbaren Verzögerungen
zwischen dem Zeitpunkt der Notwendigkeit
einer Maßnahme und ihrer Auswirkung.
- Studien belegen, dass Änderungen der
Geldpolitik die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage frühestens nach sechs Monaten
spürbar beeinflussen. Hier existiert eine starke
Wirkungsverzögerung.
324
325
2. Sollte die Geldpolitik, anstatt unstetig auf aktuelle
Anforderungen zu reagieren, an strenge Regeln
gebunden sein?
• Pro:
- Eine situationsbedingte Politik kann unter
Inkompetenz und Machtmissbrauch leiden.
- Zentralbanker könnten gemäß ihrer politischen
Präferenz Einfluss auf den Wahlausgang
nehmen und damit einen political business
cycle auslösen.
• Pro:
- Zentralbanker sind der Versuchung ausgesetzt, zur
Reduzierung der Inflation mit bloßen Ankündigungen
die Wirtschaft zu beeinflussen, die angekündigten
Maßnahmen dann aber zu unterlassen. Dies wird das
Problem der „Zeitinkonsistenz“ genannt.
- Aufgrund von Erfahrungen mit falschen
Ankündigungen sind Menschen skeptisch gegenüber
der Zentralbank und rechnen mit hohen
Inflationsraten.
- Dies wird vermieden, wenn der Zentralbank verboten
wird, überraschend niedrige Realzinsen zu setzen.
326
• Contra:
- Unflexible Regeln erlauben es einer Zentralbank nicht,
auf sich verändernde ökonomische Bedingungen
angemessen zu reagieren.
- Probleme der Inkompetenz und des Machtmissbrauchs
sind rein hypothetisch.
- Die Bedeutung von political business cycles ist unklar.
- Probleme der Zeitinkonsistenz werden abgemildert,
wenn sich Zentralbanken um die Reputation bemühen,
dass ihre Ankündigungen glaubwürdig sind.
328
327
3. Sollte die Zentralbank eine Inflation von Null
anstreben?
• Pro:
- Inflation bringt einer Gesellschaft keinen
Nutzen.
- Es entstehen Inflationskosten in Form von
Schuhlederkosten, Menukosten, fehlender
Konstanz der relativen Preise,
Steuerverzerrungen, Konfusion und
willkürlicher Umverteilung von Vermögen und
Einkommen.
329
• Contra:
- Das Erreichen der Nullinflation geht mit einer
hohen Unterbeschäftigung und Rezession einher.
- Gemäß Schätzungen ist zur Reduzierung der
Inflation um einen Prozentpunkt ein temporärer
Produktionseinbruch zu erwarten. Aggregiert über
den Anpassungszeitraum beläuft sich der Einbruch
auf 5 Prozent des Inlandsprodukts.
- Diese Kosten können als zu hoch empfunden
werden.
• Contra:
- Ein temporärer Produktionseinbruch kann auch
länger anhaltende nachteilige Folgen haben. Eine
Rezession kann auch Investoren abschrecken.
Damit sinkt der Kapitalstock und temporär die
Produktivität.
- Temporäre Arbeitslosigkeit kann Humankapital
vernichten.
- Um dies zu vermeiden sollte die Zentralbank auch
höhere Inflationsraten hinnehmen.
330
• Contra:
- Nominale Löhne sind teilweise nach unten starr.
- Eine moderate und konstante Inflation kann in
diesem Fall die notwendige Anpassung der realen
Löhne in Krisenbranchen ermöglichen.
- Dies kann auch langfristig die Produktion eines
Landes erhöhen, da die Anpassungsfähigkeit der
relativen Löhne sich verbessert.
- Höhere Inflation verringert auch das Risiko der
Deflation (Sicherheitsabstand).
332
331
4. Sollte die Staatsverschuldung reduziert werden?
• Pro:
- Die Staatsverschuldung muss von der
zukünftigen Generation zurückgezahlt
werden, welche deshalb unberechtigt unter
hohen Steuern und geringem Einkommen
leidet.
- Ein Staatsdefizit verringert die
gesamtwirtschaftliche Ersparnis. Hierdurch
verringert sich der Kapitalstock und das
Wachstum.
333
• Contra:
- Staatsausgaben werden teilweise auch für
Investitionen in physisches Kapital und
Humankapital getätigt, wovon auch zukünftige
Generationen profitieren.
- Produktivitätsfortschritte (und in manchen
Ländern auch ein Anstieg der Bevölkerung)
steigern die Fähigkeit der zukünftigen Generation,
den Schuldendienst zu leisten.
- Ein Anstieg der Verschuldung im Ausmaß des
Wachstums des nominalen Inlandsprodukts ist
unproblematisch.
334
5. Welches sind die wichtigsten
Konjunkturindikatoren für Deutschland?
CHILD'S PAY by Charlie Fisher of Denver, CO
„Bush in 30 seconds“, Overall Best Ad and People's
Choice Winner:
335
Der ifo-Geschäftsklimaindex (ifo-GK) beruht auf einer
Befragung des ifo-Instituts (München) von über 7000
Unternehmen in Deutschland, gemäß ihrer
Einschätzung der Geschäftslage sowie nach ihrer
Erwartung für die nächsten 6 Monate (ifo-GE) . Die
Antworten werden nach Bedeutung der Branchen
gewichtet und aggregiert. Das Geschäftsklima wird aus
den Antworten zur aktuellen Geschäftslage und den
Geschäftserwartungen als geometrisches Mittel
berechnet.
336
337
Die ZEW-Konjunkturerwartungen basieren auf einer
Befragung von 400 Finanzmarktexperten (270
Fachleute von Banken und 50 von Versicherungen, 40
Analysten von Kapitalanlagegesellschaften und 40
Vertreter von Industrieunternehmen) des Zentrums für
Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim. Die
Teilnehmer werden nach der Einschätzung der
derzeitigen konjunkturellen Lage also auch nach der
erwarteten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung befragt.
Aus den Salden der positiven und negativen
Einschätzungen wird eine durchschnittliche
Einschätzung der Teilnehmer bestimmt.
Der Earlybird-Indikator (EBIRD) wird seit 2001 in der
Wirtschaftswoche publiziert und seit 1991 von der
Commerzbank erstellt. In diesen Index gehen die
folgenden (standardisierten) Einzelreihen ein:
1.
Der kurzfristige Realzins, d.h. 3-Monats-Euribor
bereinigt um den Preisanstieg der
Lebenshaltungskosten ohne Energie (40%),
negative Wirkung.
2.
Jahresdifferenz des realen Außenwerts der DM, ab
1999 des €, berechnet von der Deutschen
Bundesbank. (35%), negative Wirkung.
3.
Der Einkaufsmanagerindex (NAPM) für das
Verarbeitende Gewerbe in den USA. (25%),
positive Wirkung.
338
Der Konjunkturindikator der FAZ wird vom Institut für
Weltwirtschaft in Kiel monatlich ermittelt und seit
1989 in der FAZ veröffentlicht. Folgende
(standardisierten) Einzelreihen gehen hier ein:
1.
Auftragseingänge des Verarbeitenden Gewerbes
(18%)
2.
FAZ-Aktienindex (5%)
3.
FAZ-Stellenagebote (5%)
4.
ifo-Geschäftsklimaindex für das Verarbeitende
Gewerbe (32%)
5.
Realer Außenwert der DM (13%)
6.
Differenz zwischen der Umlaufrendite
festverzinslicher Wertpapiere und dem Zinssatz für
Dreimonatsgeld. (27%
340
339
In den Handelsblatt-Frühindikator (HB) gehen ein:
1.
Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe
(20%)
2.
Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe (10%)
3.
Einzelhandelsumsätze, real (30%)
4.
ifo-Geschäftsklimaindex für das Verarbeitende
Gewerbe (30%)
5.
Zinsstruktur, d.h. Renditedifferenz zwischen
langfristigen und kurzfristigen Zinsen, (10%)
Der R-Wort Indikator der HypoVereinsbank basiert auf
einer Idee, welche die Zeitschrift Economist in den
USA anwendet. Er misst die absolute Häufigkeit
des Wortes „Rezession“ im Handelsblatt und in der
341
Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Bei einem statistischen Vergleich der konjunkturellen
Wendepunkte der Konjunkturindikatoren zeigt sich
gemäß Breitung und Jagodzinski (2002):
http://ideas.repec.org/p/wop/humbsf/2002-36.html
Vorlauf
5
EBIRD
4
Nachlauf
3
2
Ifo-GE
ZEW
1
0
1
FAZ R-Wort
2
Ifo-GK
3
4
HB
342
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