Y - Universität Passau

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Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2010/11
y,
s .y
y*
Makroökonomik
c*
f(k)
(n+δ)k
s.f(k)
Hinweis:
Maßgeblich für die Klausur sind die in der
Vorlesung vermittelten Inhalte. Die Folien
erheben nicht den Anspruch auf
Vollständigkeit. Zum Verständnis der
Folien ist ein Besuch der Vorlesung
erforderlich.
s.y*
k*
k
1
2
Literatur
Vorlesung Mo. 10:15-11:45, Beginn 18.10.2010 (HS 10)
• Blanchard, O. (2009) Macroeconomics, 5. Aufl.
Übung, Di. 18:00-19:00, Beginn 26.10.2010 (HS 10)
• Gärtner, M. (2009), Macroeconomics, 3. Aufl.
• Jarchow, H.-J. (2010), Grundriss der Geldtheorie, 12. Aufl.
Tutorien, Beginn 27.10.2010
1
2
3
4
5
6
• Lambsdorff, J. Graf und C. Engelen (2007), Das
Keynesianische Konsensmodell, WiST,
Wirtschaftswissenschaftliches Studium, August, S. 387-394.
Mi 10-11 Uhr: SR 082 SP (50 Plätze)
Do 8-9 Uhr: SR 034 WiWi (48 Plätze)
Do 9-10 Uhr: SR 034 WiWi
Do 18-19 Uhr: SR 033 WiWi (44 Plätze)
Fr 9-10 Uhr: SR 211 NK (72 Plätze)
Fr 12-13 Uhr: SR 211 NK
• Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl.
• Romer, David, (2006), Short-Run Fluctuations. Manuskript,
University of California, Berkeley, S. 1-19; 44-70:
http://elsa.berkeley.edu/~dromer/
• Taylor, J.B. und A. Weerapana (2009), Economics, 6. Aufl.
3
4
Verzeichnis der wichtigsten Symbole
n Bev.wachstumsrate
T Steuern
a autonomer Konsum
G Staatskonsum
NKE Nettokapitalexp.
T0 Pauschalsteuern
A Prod.technologie
BD Budgetdefizit
C Konsum d. Haushalte
c marg. Konsumquote
i nom. Zinssatz
H Humankapital
I Nettoinvestitionen
J‘ Importe von Gütern
und Dienstleistungen
J = J‘ zzgl. Faktorl.
K Kapitaleinsatz
k Pro-Kopf-Kapital
Lr reale Geldnachfrage
N Arbeitseinsatz
NNE Nettonationaleink.
Tr Transfers an Ausland
P Verbraucherpreisindex
V Vorleistungen
π Inflationsrate
πe erw. Inflation
X‘ Exporte von Gütern
und Dienstleistungen
r realer Zinssatz
X = X‘ zzgl. Faktorl.
Yb Bruttoinlandsprodukt
Y pot. Inlandsprodukt
Yv verf. Einkommen
Z Subventionen
δ Abschreibungsrate
D Abschreibungen
E Ertragserwartungen
e Wechselkurs ($/€)
F Faktoreinkommen/
Wertschöpfung
R staatl. Transfers
S Ersparnis
s marg. Sparquote
(= Investitionsquote)
t Steuersatz
5
6
I. Fallstudie USA
I. Fallstudie USA
I. Fallstudie USA
Die Vereinigten Staaten von Amerika,
2009
BIP: 14256 Mrd. US $
Bevölkerung: 314 Mio.
Pro-Kopf-Produktion: 45.300 US $
Preis Big-Mac: 3,73 US $
7
8
• 1973-1980: Ölpreisschocks
• 1984-90: Ankurbelung der Wirtschaft mit niedrigen Steuern
• 1991: Rezession als Nachwirkung des Aktienpreisschocks
von 1987 und erneut erhöhte Ölpreise aufgrund des
Golfkrieges
• 1992-2000: New Economy Boom
• 2001-2007: Leben auf Pump
• 2008-2009: Finanzkrise
• Ab 2010: Rückkehr zu altem Wachstum oder fortwährende
Rezession?
I. Fallstudie USA
I. Fallstudie USA
• 1981-1983: Preisniveaustabilität wieder hergestellt
• Mit ökonomischen Phasen korrespondieren auch
ökonomische Lehrmeinungen.
• Der Monetarismus zielt auf die Wichtigkeit stabiler Preise
und ist Anfang der 80er Jahre prominent.
• Der Glaube an die Rationalität Einzelner und die
Innovationskraft des privaten Sektors beflügeln
Steuersenkungen und Deregulierung Ende der 80er Jahre.
• Neue Technologien bewirken einen ausgeprägten
Optimismus in den 90er Jahren.
9
10
I. Fallstudie USA
Ziel der Vorlesung Makroökonomik
• Ein Festhalten an den alten gewünschten Wachstumsraten
bewirkt eine Blasenbildung bei den Immobilienpreisen. Mit
niedrigen Zinsen wird dies lange aufrecht erhalten. Aufgrund
des Glaubens an die Rationalität Einzelner wird dies aber
nicht als Blase erkannt.
• Mit dem Beginn der Finanzkrise wird das Versagen des
privaten Sektors erneut diskutiert und die Notwendigkeit der
makroökonomischen Steuerung, der Keynesianismus, wird
wieder weitgehend akzeptiert.
11
• Sie werden makroökonomische Daten verstehen lernen,
inklusive ihrer Zusammenhänge.
• Dies sind insbesondere Inlandsprodukt, Inflation, Zinsen,
Wechselkurs, Leistungsbilanzdefizit und Budgetdefizit.
• Für die kurzfristigen und langfristigen Determinanten dieser
Größen werden Sie das Zusammenspiel von Unternehmen,
privaten Haushalten, dem Fiskus, der Zentralbank und den
entsprechenden Akteuren im Ausland erkennen.
• Hierauf aufbauend werden Sie in die Lage versetzt,
Prognosen zu erstellen und für eigene Planungen
auszuwerten.
12
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2010/11
Frenkel, M. und K.D. John (2006), Volkswirtschaftliche
Gesamtrechnung, 6. Aufl. S. 21-25, 37-39, 50-52, 54-55,
56.
y,
s .y
y*
Pflichtlektüre:
1. Das Bruttoinlandsproduktf(k)
c*
(n+δ)k
Zur Übung:
VWL-Quiz http://www.wiwi.uni-passau.de/994.html
s.f(k)
s.y*
k*
k
14
Das Inlandsprodukt
• Die Produktion wird nach Marktpreisen bewertet.
• Das Bruttoinlandsprodukt ist ein Maß für die
• Das Bruttoinlandsprodukt umfasst nur Güter und Dienste,
welche gegenwärtig produziert werden, nicht solche der
Vergangenheit oder Zukunft. Es bezieht sich dabei auf ein
bestimmtes Zeitintervall (Jahr oder Quartal).
gesamtwirtschaftliche Produktion. Diese entspricht in einer
(geschlossenen) Volkswirtschaft den gesamten Einnahmen
der Firmen (aus dem Verkauf von Endprodukten) und den
Ausgaben der Haushalte.
• Das Bruttoinlandsprodukt wird bestimmt durch den
gesamten Marktwert aller Endprodukte an Gütern und
Dienstleistungen, welche in einer bestimmten Periode in
einem Land produziert werden.
• Es beinhaltet sowohl „fassbare“ Güter (Nahrung, Kleidung,
Autos) als auch „nicht-fassbare“ Dienstleistungen
(Haarschnitt, Reinigungsservice, ärztliche Beratung).
15
• Es bezieht sich auf die Produktion innerhalb der
geographischen Abgrenzung eines Landes.
• Gezählt werden alle produzierten und legal auf Märkten
gehandelten Güter. Vernachlässigt werden Güter, welche zu
Hause produziert und konsumiert werden, ohne dabei über
einen Markt ausgetauscht zu werden.
• Illegal gehandelte Güter (z.B. Drogen) werden
vernachlässigt.
16
• Es werden nur Endprodukte und nicht Vorleistungen
einbezogen (so dass Doppelzählungen vermieden werden).
• Vorleistungen sind solche Güter und Dienste, welche in
der gleichen Periode im Produktionsprozess wieder
verwendet werden (z.B. Zwischenprodukte, Rohstoffe,
Hilfs- und Betriebsstoffe, Brenn- und Treibstoffe,
Transportkosten, gewerbliche Mieten).
• Beispiel der Brotproduktion
(L steht für Lohn, G für Gewinn)
Landwirte
L 200
• Die produzierten Vorleistungen gehören nicht zum
Inlandsprodukt, da sie im gleichen Zeitraum wieder im
heimischen Produktionsprozess verbraucht werden.
Getreide
300
Müller
Bäcker
Vorleist.
300
Mehl
500
G 100
L 100
Vorleist.
500
G 100
Brot
700
L 120
• Das Bruttoinlandsprodukt entspricht damit der
Wertschöpfung. Von der Summe aller Produktionswerte
(einschl. Vorleistungen) müssen sämtliche Vorleistungen
abgezogen werden.
• Produktionswert: 1500
G 80
• Vorleistungen: 800
17
Reales und Nominales Bruttoinlandsprodukt
• Das nominale Bruttoinlandsprodukt misst die Produktion
von Gütern und Diensten zu aktuellen Preisen.
• Das reale Bruttoinlandsprodukt misst die Produktion von
Gütern und Diensten zu konstanten Preisen.
• Ein zutreffendes Bild der Produktion als Maßstab des
Wohlstands eines Landes erfordert, dass das nominale BIP
mit Hilfe des BIP-Deflators in das reale BIP umgerechnet
wird.
19
• Wertschöpfung: 700
18
• Der BIP-Deflator misst das gegenwärtige Preisniveau
relativ zum Preisniveau eines Basisjahres.
• Ein Anstieg des BIP-Deflators bedeutet, dass ein Anstieg
des nominalen BIP auf Preiserhöhungen und nicht auf eine
gestiegene mengenmäßige Produktion zurück zu führen ist.
• Ein Sinken des BIP-Deflators bedeutet, dass ein sinkendes
nominales BIP aus Preissenkungen resultiert und nicht
durch eine schrumpfende mengenmäßige Produktion
bedingt ist.
20
Bruttoinlandsprodukt, Deutschland,
real in Preisen von 2000 und nominal
Das Bruttoinlandsprodukt als Wohlfahrtsindikator
Mrd. €
640.0
125
620.0
120
600.0
115
580.0
• Das reale Bruttoinlandsprodukt ist das beste
eindimensionale Maß für das Wohlergehen einer
Gesellschaft.
110
560.0
540.0
105
520.0
100
500.0
95
480.0
• Als Pro-Kopf-Größe misst es das durchschnittliche
Einkommen und die durchschnittlichen Ausgaben einer
Person.
90
460.0
440.0
85
420.0
80
400.0
75
380.0
• Ein höheres Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt indiziert einen
höheren Lebensstandard.
70
360.0
2010-01
2009-01
2008-01
2007-01
2006-01
2005-01
2004-01
2003-01
2002-01
2001-01
2000-01
1999-01
1998-01
1997-01
1996-01
1995-01
1994-01
60
1993-01
320.0
1992-01
65
1991-01
340.0
BIP nominal (pro Quartal)
BIP real (2000=100)
Quelle: Zeitreihendatenbank, http://www.bundesbank.de
21
Glaubst du denn, du wärst
klüger als alle unsere
Ökonomen, Statistiker und
Minister? Unser
Lebensstandard hat sich
deutlich erhöht! Du merkst es
bloß nicht, weil dies durch
die erhöhten Kosten
neutralisiert wurde.
22
• Aber das Bruttoinlandsprodukt ist nicht ein perfektes Maß
des Glücksempfindens oder der Lebensqualität. Insbesondere
fehlen Wertansätze für die folgenden „Güter“:
- Der Wert der Freizeit.
- Der Wert einer sauberen Umwelt und der Gesundheit.
- Der Wert von Gütern und Diensten, welche nicht über
den Markt ausgetauscht werden, z.B. freiwillige,
unentgeltliche Arbeiten, gegenseitige Hilfestellungen in
der Familie.
Laxman,
Times of India,
- Der Wert einer gerechteren Verteilung der Einkommen.
23
24
• Das Bruttoinlandsprodukt weist aber eine hohe Korrelation
mit anderen Messgrößen der Lebensqualität auf.
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
• Wir unterstellen eine geschlossene Volkswirtschaft, d.h.
wir vernachlässigen das Ausland.
• Wir vernachlässigen die ökonomische Aktivität des
Staates.
• Es existieren daher nur private Haushalte und
Unternehmen.
Arbeitskraft
Lohn (700)
Private
Haushalte
Vorleistungen
(300)
Unternehmen
Zahlung (700)
25
• Folgende vereinfachende Annahmen gelten:
• Private Haushalte produzieren nicht. Sie verausgaben ihre
gesamten Einkommen vollständig.
• Unternehmen bilden keine Ersparnisse.
• Es entstehen im Produktionsprozess keine Gewinne.
• Aufgrund der fehlenden Ersparnisbildung gibt es kein
Vermögen.
• Unternehmen produzieren nur Konsumgüter und
Dienstleistungen, welche in der gleichen Periode abgesetzt
werden.
• Die Güter werden mit Hilfe menschlicher Arbeitskraft
und Vorleistungen (Rohstoffe, Transportkosten, usw.)
produziert.
27
26
Konsumgüter
• F steht hierbei für das
Faktoreinkommen
• Inlandsprodukt =
Wertschöpfung: 700
• Produktionswert: 1000
Einkommenskonto
F
700
C
700
Produktionskonto
V 300
28
• Entsprechend den wirtschaftlichen Funktionen in der
betrachteten Volkswirtschaft existiert ein
Einkommenskonto und ein Produktionskonto.
• Das Produktionskonto soll hierbei die Produktion,
Einkommensentstehung und Einkommensverteilung
beinhalten.
• Das Einkommenskonto erfasst die Einkommenserzielung,
Einkommensumverteilung und Einkommensverwendung.
• Anschaulich kann das Einkommenskonto als Konto der
Einkommensbezieher (hier der privaten Haushalte) und das
Produktionskonto als Konto der Produzenten (hier der
Unternehmen) betrachtet werden.
29
• Die eingezeichneten Ströme sind Zahlungsströme (im
Falle einer Kreditgewährung könnten wir auch von
Forderungsströmen sprechen).
• Der mit dem Symbol C versehene Strom bedeutet, dass
den Produzenten aus dem Verkauf von Konsumgütern an
die Einkommensbezieher von diesen Zahlungsmittel in
Höhe von 700 zufließen.
• Dem aus Konsumgüterverkäufen der Produzenten
resultierenden Strom fließt ein gleich starker, aber
entgegen gerichteter Strom von den Produzenten zu den
Einkommensbeziehern entgegen.
• Dieser bringt zum Ausdruck, dass die Produzenten an die
Einkommensbezieher Löhne und Gehälter, so genannte
Faktoreinkommen, zahlen. Mit dem zweiten Strom entsteht
ein Kreislauf.
30
Darstellung in Kontenform
• Die Faktoreinkommen beinhalten die so genannten
Erwerbs- und Vermögenseinkommen.
• Die Erwerbseinkommen sind die Arbeitnehmerentgelte
und die Selbständigeneinkommen.
Einkommenskonto
Konsumausgaben
700
• Zu den Vermögenseinkommen gehören Zinsen und
Mietzahlungen sowie die verteilten Gewinne in Form von
Dividendenausschüttungen oder Gewinnentnahmen.
700
Produktionskonto
Vorleist.
Faktoreinkommen
300
Wertschöpfung
– Löhne
700
300
Vorleist.
700
Konsumgüter
• Wir hatten jedoch unterstellt, dass kein Vermögen
angesammelt wurde. Daher besteht das Einkommen
zunächst nur aus Erwerbseinkommen und wird hier als
„Lohn“ bezeichnet.
31
32
• Unsere vereinfachende Annahme, private Haushalte
würden nicht produzieren, soll nun aufgegeben werden.
• Alle Unternehmungen gehören zum Sektor „private
Haushalte“, sofern sie keine (quasi-) Kapitalgesellschaften
sind (Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter
Haftung, Genossenschaften, offene Handelsgesellschaften,
Kommanditgesellschaften).
• Der Begriff „privater Haushalt“ wird gemäß einer
Abgrenzung für die Mitgliedsstaaten der Europäischen
Union durch das europäische System volkswirtschaftlicher
Gesamtrechnungen (abgekürzt: ESVG; verbindlich für alle
Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ab April 1999)
vorgenommen.
• D.h. alle Personengesellschaften ohne eigene
Rechtspersönlichkeit zählen zu den privaten Haushalten
(z.B. selbständige Landwirte, Einzelunternehmer im
produzierenden Gewerbe, Handwerker, Händler, Gastwirte).
• Zum Produktionswert der von privaten Haushalten
erzeugten Güter gehören einerseits Dienstleistungen, die
Hausangestellte, Reinigungspersonal, Butler u. ä.
Erwerbstätige gegen Entgelt produzieren und an andere
private Haushalte verkaufen.
• Die Produktion dieser Personengesellschaften o.e.R. wird
auf einem Produktionskonto der privaten Haushalte
verbucht.
33
34
Darstellung in Kontenform
Private Haushalte
Unternehmen
Produktionskonto
Produktionskonto
Wertschöpfung
-Löhne
270
100
Dienstlst.an
Haushalte
170
Konsumgüter
Einkommenskonto
Konsumausgaben
720
• Nun soll die Annahme aufgegeben werden, dass private
Haushalte und Unternehmen nicht sparen und nicht
investieren.
Vorleist.
300
• Private Haushalte sparen dadurch, dass sie nur einen Teil
ihres Faktoreinkommens für Konsum ausgeben.
300 Vorleist.
Wertschöpfung
550
-Löhne
550
Konsumgüter
Einkommenskonto
• Das hiermit angesammelte Vermögen stellen sie für die
Produktion den Unternehmen (oder den zu den Haushalten
zählenden Personengesellschaften) zur Verfügung.
• Hierfür erhalten sie dann Vermögenseinkommen, wie z.B.
Zinsen oder Dividenden.
820
Faktoreinkommen
Ausgaben für
Dienstlst.
100
35
36
• Auf der Seite der Produzenten wird unterstellt, dass diese
nicht nur Konsumgüter, sondern auch Investitionsgüter, d.h.
dauerhafte Produktionsmittel wie maschinelle Anlagen,
produzieren.
• Unter Konsum (C) verstehen wir nun sämtliche Ausgaben
der Haushalte für (Verbrauchs-) Güter und Dienste mit
Ausnahme von Häusern, welche als Investition gezählt
werden.
• Demgegenüber zählen Ausgaben der Haushalte für
langlebige Konsumgüter (Auto, Fernseher, Waschmaschine
…) zum Konsum.
• Investitionen (I) sind Ausgaben für Kapitalausstattung,
Vorräte und Bauten (Häuser), also für Güter, welche nicht
unmittelbar verbraucht werden.
• Die Unternehmen erzielen Gewinne.
• Unternehmen sparen dadurch, dass sie diese Gewinne
nicht vollständig als Dividenden an die privaten Haushalte
abführen.
• Die Ersparnis der Unternehmen entspricht somit den
einbehaltenen Gewinnen.
• Diese werden verbucht als ein Einkommen, welches sich
die Unternehmen auf ihr Einkommenskonto zuweisen.
• Aufgrund der durch Nutzung eingetretenen
Wertminderung des Anlagevermögens müssen
Unternehmen ferner Abschreibungen verbuchen.
37
• Bei den Investitionen unterscheiden wir in
- Bruttoanlageinvestition: gekaufte und selbst erstellte
Anlagen wie Ausrüstungsinvestitionen (Maschinen,
maschinelle Anlagen, Fahrzeuge, Betriebs- und
Geschäftsausstattung), Bauinvestitionen (Wohn- und
Verwaltungsbauten, gewerbliche Bauten, Straßen,
Brücken etc.) und immaterielle Anlagegüter (wie
Computerprogramme, Urheberrechte), und
- Lagerinvestitionen: Zuwachs an eigenen halbfertigen
und fertigen Erzeugnissen und den von anderen
Unternehmungen gekauften und noch gelagerten
Vorprodukten.
39
38
• Bezüglich der Investitionen sind folgende Begriffe zu
unterscheiden:
• Bruttoinvestition: Ib
• Nettoinvestition: I
• Lagerinvestition: IL
• Reinvestition ~ D
Ib 250
• (Brutto-)
Anlageinvestition: IbA
Reinvest.
150
D 150
IbA 210
I 100
IL 40
40
Darstellung in Kontenform
Private Haushalte
• Aus der Darstellung ist ersichtlich, dass zu manchen
Posten eine Gegenposition fehlt. Hierfür ist ein
Vermögensänderungskonto zu berücksichtigen.
Unternehmen
Produktionskonto
Produktionskonto
Wertschöpfung
– Löhne
– Zinsen
– einbeh.
Gewinne
Investitionsgüter
Abschreibungen
Einkommenskonto
Konsumausgaben
Einkommenskonto
• Wir betrachten nun zur Vereinfachung nur
gesamtwirtschaftliche Konten, vernachlässigen also die
Unterscheidung in private Haushalte und Unternehmen.
• Eine Darstellung kann entweder in Form eines
Flussdiagramms oder in Kontenform erfolgen.
Faktoreinkommen
Ersparnis
– Löhne
– Zinsen
einbeh.
Gewinne
Ersparnis
41
Flussdiagramm einer einfachen Volkswirtschaft
Einkommenskonto
F
820
S 100
C
720
• Die den Haushalten und Unternehmen zufließenden
Einkommen in Höhe von 820 werden in Höhe von 720 für
Konsumzwecke ausgegeben und der Rest in Höhe von 100
wird gespart.
• Die Ersparnis fließt dem Vermögensänderungskonto zu.
Damit wird ein Teil der Bruttoinvestition in Höhe von 250
finanziert.
Vermögensänderungskonto
• Als Gedankenstütze kann man sich vorstellen, dass das
Vermögensänderungskonto beim Produktionskonto
Investitionsgüter in Höhe von 250 kauft und bezahlt.
Ib 250
Produktionskonto
42
D 150
V 300
43
• Der nicht durch Ersparnisse finanzierte Teil der
Bruttoinvestition in Höhe von 150 Einheiten wird durch
Abschreibungen finanziert, genauer aus
Abschreibungsgegenwerten.
44
Gesamtwirtschaftliche Konten einer einfachen
Volkswirtschaft
Produktionskonto
Einkommenskonto
Konsumausgaben
720
Brutto- und Nettoinlandsprodukt
820
Faktoreinkommen
Vorleist.
300
Abschr.
150
300
Y=C+I=820
720
Wertschöpfung
– Löhne 680
– Zinsen 140
Ersparnis 100
Vorleist.
• Das Nettoinlandsprodukt lässt sich aus dem
Produktionskonto ermitteln:
250
Konsumgüter
Inv.güter
• Es gilt ferner für das Bruttoinlandsprodukt
Yb=Y+D=970
Vermögensänderungskonto
Inv.güter
250
150
Abschr.
100
Ersparnis
45
46
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2010/11
Gärtner, M. (2009), Macroeconomics, S. 240-271; 286290.
y,
s .y
y*
Pflichtlektüre:
f(k)
2. Produktion und Wachstum
c*
(n+δ)k
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 180204; 208-222.
s.f(k)
s.y*
k*
k
47
48
• Der Lebensstandard, gemessen durch das reale
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, variiert stark zwischen
Ländern.
• Der Lebensstandard in den reichsten und in den ärmsten
Ländern, gemessen durch das reale Bruttoinlandsprodukt
pro Kopf, unterscheidet sich ca. um den Faktor 100.
49
• Unter Produktivität versteht man die Menge an Gütern
und Diensten, welche in einer Arbeitsstunde produziert
werden.
• Der Lebensstandard wird maßgeblich von der
Produktivität der Arbeitskräfte bestimmt.
Quelle:
50
Unter Produktionsfaktoren versteht man
insbesondere:
• Physisches Kapital
• Humankapital
• Natürliche Ressourcen
• Technischer Fortschritt
• Die Produktivität wird maßgeblich durch die
verschiedenen Produktionsfaktoren bestimmt.
51
• (neuere Forschungen betonen auch „Sozialkapital“.
Hiermit kann z.B. das gegenseitig entgegengebrachte
Vertrauen gemeint sein. Solche Faktoren werden
stärker in den Kulturwissenschaften betont und hier
vernachlässigt.)
52
• Humankapital ist der ökonomische Begriff für das
Wissen und die Fertigkeiten, welche Arbeiter durch
Erziehung, Training und Erfahrung akquirieren und
zur Produktionssteigerung einsetzen können.
• Kapital ist ein aus der vergangenen Produktion
stammender Faktor, welcher in die gegenwärtige
Produktion eingeht.
• Physisches Kapital ist der Bestand an Maschinen
und Bauten, welcher in die Produktion von Gütern
und Diensten eingeht.
• Die Messung des Humankapitals ist schwierig.
Näherungsweise werden hierfür die Ausgaben
verwendet, welche getätigt werden, um den
Arbeitskräften das Verständnis neuer Prozesse und
Produkte zu vermitteln.
53
• Natürliche Ressourcen sind Produktionsfaktoren,
welche von der Natur bereit gestellt werden. Beispiele
hierfür sind Boden, Metalle oder Öl. Sie werden
eingeteilt in
• erneuerbare Ressourcen, wie z.B. Wälder oder
Fischbestände, und
• nicht erneuerbare Ressourcen, wie z.B. Kohle
oder Mineralwasser.
• Natürliche Ressourcen sind wichtig. Aber viele
Länder mit wenig Ressourcen (Deutschland, Japan)
können trotzdem einen hohen Lebensstandard erzielen.
Rohstoffbesitzer wie Gabun, Nigeria oder Venezuela
55
sind hingegen teilweise ärmer.
54
• Technischer Fortschritt ist das Verständnis innovativer
Produktionstechnologien und Organisationsmethoden
(Prozessinnovationen) sowie verbesserter oder
neuartiger Produkte (Produktinnovationen).
• Humankapital ist im Gegensatz zu technischem
Fortschritt fest mit einer Arbeitskraft verbunden. Es
kann nicht käuflich erworben und transferiert werden.
• Während die Erfindung der Schreibmaschine
technischer Fortschritt ist, ist das Erlernen der ZehnFinger-Technik eine Form von Humankapital.
• Für Humankapital müssen Ausgaben getätigt werden,
um den Arbeitskräften das Verständnis neuer Prozesse
56
und Produkte zu vermitteln.
II. Fallstudie China
II. Fallstudie China
II. Fallstudie China
China, 2009
BIP: 33535 Mrd. Yuan
Bevölkerung: 1345 Mio.
Pro-Kopf-Produktion: 24920 Yuan
Preis Big-Mac: 13,20 Yuan
Wechselkurs: 6,80 Yuan/US $
57
Die Produktionsfunktion
• 1978: Privateigentum an landwirtschaftlichen
Überschüssen.
II. Fallstudie China
58
• Ökonomen verwenden oft eine Produktionsfunktion, um
• 1984: Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen – dort
Experimente mit eigenen Wirtschaftsgesetzen. Ausländische
Investoren als Minderheitseigner willkommen. Schrittweise
Preisliberalisierung und Aufhebung der Mengenplanung.
• 1989-1992: Politische Krise.
• 1992-2002: Privatisierung kleiner Staatsunternehmen und
Bankenreform. Später Privateigentumsrechte und WTOBeitritt.
• 1994-2010: Stetige Erhöhung der Devisenreserven auf
derzeit 2500 Mrd. US $. Keine Aufwertung des Yuan.
59
das Verhältnis zwischen der Menge an Einsatzfaktoren und
der erzielten (Brutto-) Produktionshöhe auszudrücken.
Yb=AF(N, K, H),
FN>0, FK>0, FH>0.
• Hierbei indiziert Yb das Bruttoinlandsprodukt (die
Produktion), A die Produktionstechnologie, N die Anzahl an
Arbeitskräften, K die Menge an physischem Kapital, H die
Menge an Humankapital und F() eine Funktion, welche diese
Faktoren kombiniert. Auf die Berücksichtigung von
Rohstoffen wird hier verzichtet.
60
• Produktionsfunktionen mit konstanten Skalenerträgen haben
eine interessante Implikation. Ersetzen wir x durch 1/N, dann
folgt:
• Eine Produktionsfunktion hat „konstante Skalenerträge“,
wenn für jede positive Zahl x gilt:
xYb=AF(xN, xK, xH)
Yb/N=AF(1, K/N, H/N)= Af(K/N, H/N).
• Dies bedeutet, dass z.B. eine Verdoppelung aller
Einsatzfaktoren zu einer Verdoppelung der Produktion führt.
• Konstante Skalenerträge erscheinen plausibel: Wenn zu einer
existierenden Betriebsstätte eine zweite, identische an einem
anderen Ort und unter sonst gleichen Bedingungen erstellt
wird, sollte diese die gleiche Produktion hervorbringen
können.
• Die Term 1 in der Funktion ist überflüssig. Wir können ihn
auch weglassen und zur Unterscheidung der Funktion den
Kleinbuchstaben, f(), verwenden.
• Hierbei ist nun Yb/N die Produktion pro Arbeitskraft, K/N der
Kapitaleinsatz je Arbeitskraft und H/N das Humankapital je
Arbeitskraft.
• Die Produktivität, Yb/N, wird also von den diversen ProKopf-Einsatzfaktoren sowie dem Stand der Technologie, A,
bestimmt.
61
62
Die Frage der Konvergenz
• Werden alle Pro-Kopf Einsatzfaktoren der gegebenen
Produktionsfunktion verdoppelt, so ergibt sich nur ein
unterproportionaler Anstieg:
• Sind Länder mit niedrigem Einkommen durch höhere
Wachstumsraten gekennzeichnet?
• Falls dies so wäre, würden Einkommensunterschiede im
Zeitverlauf abgebaut. Dies wird als catch-up-Effekt
bezeichnet.
AF(1, 2.K/N, 2.H/N) < 2.Yb/N
• Dies ergibt sich, da die 1 sich nicht verdoppelt hat.
• Ein solcher catch-up-Effekt würde sich einstellen, wenn
„sinkende Grenzerträge“ vorliegen.
• Werden Einsatzfaktoren nämlich mit steigendem Einsatz
tendenziell unproduktiver, so hätten Länder mit geringer
Ausstattung eine höhere Grenzproduktivität und damit einen
Produktionsvorteil gegenüber reicheren Ländern.
63
• Konstante Skalenerträge einer Produktionsfunktion
implizieren somit sinkende Grenzerträge der Pro-KopfProduktion.
64
Wachstum und Pro-Kopf-Inlandsprodukt in US-Staaten
Quelle für Graphik:
65
Quelle: Barro und Sala-i-Martin (1995), Economic Growth, S. 28.
66
• Für das Solow-Wachstumsmodell unterstellen wir eine
Cobb-Douglas-Produktionsfunktion, wobei wir natürliche
Ressourcen vernachlässigen:
• Konvergenz scheint aufgrund empirischer Evidenz dort
vorzuliegen, wo Länder relativ ähnliche
Ausgangsbedingungen haben.
Yb=AF(N,K)=AKαN1-α , 0<α<1.
• Für die Welt insgesamt liegt gemäß empirischer Evidenz
keine Konvergenz vor.
• Eine mögliche Begründung hierfür könnte darin liegen, dass
Länder sich in wichtigen Voraussetzungen unterscheiden.
• Diese Voraussetzungen wollen wir im Rahmen eines
Wachstumsmodells darstellen.
67
• Hierbei indiziert Yb das Bruttoinlandsprodukt (die
Produktion), A die Produktionstechnologie, N die Anzahl an
Arbeitskräften und K die Menge an physischem und
Humankapital.
68
b
Yb=F(K,N)
• Es liegen positive und abnehmende Grenzerträge beider
Produktionsfaktoren vor. Es gilt z.B.:
dYb/dK=AαKα−1N1-α>0;
d2Yb/dK2= Aα(α−1) Kα−2N1-α <0.
Arb
e it
• Es liegen konstante Skalenerträge vor:
N0
A(xK)α(xN)1-α = AxαKαx1-αΝ1-α
=xAKαN1-α=xYb.
Kapital K
69
• Schreiben wir diese Funktion in Pro-Kopf-Terme um, so
folgt mit k=K/N und y=Yb/N:
y=Yb/N=F(K,N)/N= f(k).
• Im konkreten Fall gilt: y=AKαN1−α/Ν = Akα .
• Das Pro-Kopf-Einkommen, y, ist somit eine positive, aber
abnehmende Funktion des Pro-Kopf-Kapitalstocks, k.
• Mit der Funktion wird das Verhalten einer einzelnen
Wirtschaftseinheit, einem Kopf der Bevölkerung, dargestellt.
• Diese Wirtschaftseinheit wird nicht nur produzieren und in
Höhe der Produktion ein Einkommen erzielen. Sie wird Teile
dieses Einkommens für Konsumzwecke verwenden und
andere Teile für Investitionszwecke.
71
70
• Wir unterstellen, dass die Wirtschaftseinheit eine feste
Relation wählt für die Aufteilung des Einkommens in
Konsum und Investition.
• Bei einer festen Aufteilung beträgt somit die gesamte
Investition pro Kopf
sy=sAkα.
• Die Investitionsquote ist in dem Modell identisch zur
Sparquote der Wirtschaftseinheit. Daher bezeichnen wir den
Anteil als „s“ (savings).
72
• Die zeitliche Veränderung des Kapitalstocks wird durch die
Bruttoinvestitionen (I) und die Abschreibungen (δK)
bestimmt:
&
& δ K =sF − δ K ⇔ K/N=s
⋅ f (k)-δ k
K=I• Die Pro-Kopf-Kapitalausstattung variiert sowohl mit
Veränderungen der Kapitalausstattung als auch mit
Veränderungen der Bevölkerung (= des Arbeitseinsatzes). Es
gilt:
& & K& KN&
d ( K N ) NK-KN
k& ≡
=
= − 2.
dt
N2
N N
• Wir nehmen ferner an, dass ein konstantes
Bevölkerungswachstum exogen vorgegeben ist. Es gilt somit
N(t)=ent, bzw. n ≡ N& N .
• Einsetzen erbringt:
k& = K& N − nk .
• Wird dies berücksichtigt, so folgt für die Dynamik des ProKopf-Kapitalstocks:
k& = s ⋅ f ( k ) - (δ + n ) k .
• Ein Anstieg des Pro-Kopf-Kapitalstocks ergibt sich, wenn
von den aus der bestehenden Produktion resultierenden ProKopf-Investitionen die Abschreibungen abgezogen werden.
Ferner müssen neue Arbeitskräfte mit demselben
Kapitalstock ausgestattet werden.
73
• Der Pro-Kopf-Kapitalstock verringert sich durch
Abschreibungen, welche proportional zum existierenden
Kapitalstock sind.
• Zusätzlich verringert sich der Pro-Kopf-Kapitalstock durch
einen Anstieg der Bevölkerung, da der bestehende
Kapitalstock dann auf mehr Arbeitskräfte zu verteilen ist.
• Diese beiden Effekte zusammen bewirken ein Schrumpfen
des Pro-Kopf-Kapitalstocks gemäß:
(δ+n)k .
• Zum Erhalt des Pro-Kopf-Kapitalstocks müssen die
Investitionen gerade (δ+n)k betragen. Diese Größe wird daher
auch als „notwendige Investition“ bezeichnet.
75
74
• Insgesamt folgt für die Dynamik des Pro-KopfKapitalstocks folgende Funktion:
k& = s ⋅ Ak α - (δ + n ) k .
• Mit den aus der bestehenden Produktion resultierenden
Pro-Kopf-Investitionen müssen zuerst die Abschreibungen
beglichen werden.
• Ferner müssen neue Arbeitskräfte mit demselben
Kapitalstock ausgestattet werden.
• Ein Anstieg des Pro-Kopf-Kapitalstocks ergibt sich nur,
wenn die notwendigen Investitionen geringer sind als die
tatsächlichen Investitionen.
76
• Ein steady-state ist definiert als eine Situation, in der alle
makroökonomischen Aggregate mit einer über die Zeit
konstanten Rate wachsen.
y,
s .y
f(k)
steady state
y*
c*
• Hierfür ist ein konstanter Pro-Kopf-Kapitalstock (k*)
erforderlich.
• Im steady-state gilt also:
(n+δ)k
y0
s ⋅ Ak α =( δ + n)k
s.f(k)
c0
• Hieraus folgt für den Pro-Kopf-Kapitalstock im steady1 (1−α )
state:
s.y*
s.y0
⎛ sA ⎞
k* = ⎜
⎟
⎝δ +n⎠
Notwendige
Investition
k0
k*
k
77
78
Eine Verlagerung der Produktionsfunktion
• Dies impliziert, dass das Niveau der Variablen K, Yb, und C
mit einer konstanten Wachstumsrate n wächst. Die sonstigen
Parameter des Modells haben auf diese Wachstumsrate
keinen Einfluss.
• Eine Verlagerung der Produktionsfunktion aufgrund einer
Änderung der Technologie, A, einer Veränderung der
Sparquote, s, der Wachstumsrate der Bevölkerung, n, und der
Abschreibungsrate, δ, haben Einfluss auf die diversen ProKopf-Variablen.
• Ein fortgesetztes Wachstum von Pro-Kopf-Variablen lässt
sich mit dem Modell nicht erklären.
79
y, s.y
y*2
f2(k)
f1(k)
y*1
(δ+n)k
sy*2
s.f2(k)
s.f1(k)
sy*1
k*1
k*2
k
80
Eine Erhöhung der Sparquote
y, s.y
y*2
y*1
f(k)
(δ+n)k
s2.f (k)
s2y*2
s1.f (k)
s1y*1
k*1
k*2
k
81
Quelle:
82
Eine Erhöhung der Wachstumsrate der Bevölkerung
y, s.y
y*1
y*2
f(k)
(δ+n2)k
(δ+n1)k
sy*1
sy*2
s.f (k)
k*2
k*1
k
83
Quelle:
84
• Eine Angleichung des Pro-Kopf-Einkommens können wir
erwarten, wenn die Produktionstechnologie, die Sparquote,
das Wachstum der Bevölkerung und die Abschreibungsrate
der jeweiligen Länder gleich sind.
• Mit Konvergenz ist dort nicht unbedingt zu rechnen, wo
diese Größen unterschiedlich sind.
• Solche Unterschiede sind geeignet, die empirischen Belege
für eine weltweit fehlende Konvergenz zu begründen.
Die goldene Regel der Kapitalakkumulation
• Eine erhöhte Sparquote bewirkt immer ein höheres ProKopf-Einkommen.
• Aber der Konsum steigt nicht unbedingt, da Ersparnis
immer Konsumverzicht impliziert.
• Eine Verringerung der Sparquote führt, insbesondere
langfristig, zu einem geringeren Pro-Kopf-Einkommen,
erhöht aber kurzfristig den Konsum.
• Ein Verhalten gemäß der goldenen Regel beinhaltet, dass
diejenige Sparquote angestrebt wird, welche langfristig das
Konsumniveau maximiert.
85
• Die Bezeichnung geht auf die biblische „goldene Regel“
zurück:
„Was dir selbst verhasst ist, das mute auch einem anderen
nicht zu!“ (Buch Tobit 4,15)
„Alles, was Ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut
auch Ihr ihnen ebenso.“ (Mt 7,12; Lk 6,31)
• Wir streben das maximale Konsumniveau an unter
der Bedingung, dass wir es jedem Mitglied der
gegenwärtigen und der zukünftigen Generation ermöglichen
können.
86
y,
s .y
f(k)
Steigung=(n+δ)
c*2
s2.f(k)
cgold
c*1
sgold.f(k)
s1.f(k)
k*1
87
(n+δ)k
kgold
k*2
k
88
• Bei exzessiver Investition liegt eine „dynamische
Ineffizienz“ vor, da zu jedem Zeitpunkt ein höherer Konsum
möglich ist.
• Liegt die Investition unterhalb von sgold, so kann der
Konsum erhöht werden. Während des Anpassungspfades
wird der gegenwärtige Konsum aber unterschritten.
• Ob ein solches Opfer in Kauf genommen wird ist a priori
nicht zu sagen. Es hängt davon ab, wie die
Wirtschaftssubjekte gegenwärtigen und zukünftigen Konsum
gewichten.
c
(ProKopfKonsum)
cgold
s>sgold
s<sgold
s wechselt
zu sgold
Zeit
89
90
Armutsfalle: Typ I
Armutsfallen
• Es wäre denkbar, dass die Grenzproduktivität des Kapitals
nicht kontinuierlich sinkt.
• Statt dessen können sich Phasen sinkender und solche
steigender Kapitalproduktivität ergeben.
• Bei geringer Kapitalausstattung kann die Produktivität
anfangs gering sein, da sich Arbeitskräfte erst an den Einsatz
von Kapitalgütern gewöhnen müssen.
• Erst mit steigendem Kapitaleinsatz steigt die
Grenzproduktivität.
• Mit hohem Kapitaleinsatz ergibt sich, wie bisher, ein
Sättigungseffekt, so dass die Grenzproduktivität dann wieder
sinkt.
91
y,
s .y
steady state
f(k)
c*
(n+δ)k
sf(k)
sy*
sy
Armutsfalle
k
92
• In der Armutsfalle liegt auch ein steady-state vor.
• Dies ist aber ein instabiles Gleichgewicht.
• Ein Abweichen des Kapitalstocks nach unten bewirkt, dass
die Investitionen geringer sind als diejenigen zur
Aufrechterhaltung des Kapitalstocks pro effektiver
Arbeitseinheit. Der Kapitalstock wird deshalb stetig
abnehmen.
• Ein Abweichen des Kapitalstocks nach oben bewirkt, dass
die Investitionen höher sind als die notwendigen
Investitionen. Der Kapitalstock wird deshalb stetig wachsen.
93
• Ein identischer Verlauf der Investitionsfunktion sy ergibt
sich auch bei der ursprünglichen Produktionsfunktion, also
bei einer stetig abnehmenden Grenzproduktivität.
• Notwendig ist dann ein komplexeres Investitionsverhalten
(Armutsfalle Typ II). Hierbei ist die Sparquote, s, anfangs
gering und erreicht erst bei einem mittleren Einkommen eine
normale und dann konstante Größenordnung.
• Dies lässt sich damit begründen, dass ein geringes
Einkommen für den täglichen Bedarf aufgezehrt werden
muss, so dass anteilig nur weniger investiert und damit
gespart werden kann.
94
Armutsfalle: Typ II
y,
s .y
steady state
• Eine andere Form der Armutsfalle entsteht bei einer
Unstetigkeit von n.
• Für Länder mit einem geringen Kapitalstock könnte ein
hohes Bevölkerungswachstum nhoch vorliegen. Ist ein
Grenzwert überschritten, so sinkt das
Bevölkerungswachstum auf nniedrig.
• Ein Grund kann darin bestehen, dass Familienplanung sich
mit dem Entwicklungsniveau verändert. So dienen Kinder als
Alterssicherung in ärmeren Ländern, wohingegen
Sozialsysteme für ein Renteneinkommen in reicheren
Ländern sorgen.
f(k)
c*
(n+δ)k
s(y)f(k)
sy*
sy
Armutsfalle
k
95
96
Armutsfalle: Typ III
• Entwicklungshilfe ist dann unwirksam, wenn sie in kleinen
Dosen verabreicht wird.
• Zur Überwindung einer Armutsfalle sollte ein „big push“
erfolgen, d.h. Ländern sollte ein Betrag gegeben werden,
welcher sie über die Armutsfalle hinaus trägt.
• Gegen dieses Argument wird allerdings vorgebracht, dass
eine sinnvolle Verwendung derart vieler Hilfsgelder nicht
organisiert werden kann und evtl. in Unterschlagung und
Korruption endet.
• In diesem Fall würde sich die Produktion nicht gemäß
dargestellter Produktionsfunktion entwickeln, sondern bei
einem mit Hilfsgeldern finanzierten Anstieg des Pro-Kopf
Kapitalstocks evtl. sinken.
y,
s .y
f(k)
(nniedrig +δ ) ⋅ k
(nhoch +δ ) ⋅ k
sf(k)
k*hoch Armutsfalle
k
k*niedrig
97
98
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2010/11
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 75108; 524-525.
y,
s .y
y*
Pflichtlektüre:
3. Geld und Inflation
c*
f(k)
(n+δ)k
s.f(k)
s.y*
k*
k
99
100
• Inflation kennzeichnet eine Situation, in der das allgemeine
Preisniveau einer Volkswirtschaft ansteigt.
• Die Inflationsrate ist der prozentuale Anstieg des
Preisniveaus gegenüber dem Ausgangsniveau.
• Die Lebenshaltungskosten sind ein Maß für die gesamten
Kosten der Güter und Dienste, welche von einem typischen
Konsumenten gekauft werden.
• Ein Anstieg der Lebenshaltungskosten bedeutet, dass ein
typischer Konsument mehr Euro ausgeben muss, um den
Lebensstandard zu halten.
• Das Statistische Bundesamt stellt hierfür monatliche Daten
zur Verfügung. Diese erlauben es, die zeitliche Veränderung
der Lebenshaltungskosten zu verfolgen.
101
102
• Die Lebenshaltungskosten werden auch
Verbraucherpreisindex genannt und im Folgenden mit P
gekennzeichnet.
• Zur Bestimmung der Lebenshaltungskosten muss zunächst
ein Warenkorb bestimmt werden.
• Die wichtigsten Güter eines typischen Konsumenten werden
hierfür zu einem Warenkorb zusammengefasst.
• Mit Hilfe von Befragungen von Haushalten werden in
periodischen Abständen die passenden Gewichte der
einzelnen Güter bestimmt.
• Haushalte werden hierzu seitens des Statistischen
Bundesamtes aufgefordert, ein Jahr lang über ihre Einnahmen
und Ausgaben Buch zu führen.
103
104
• Zu den wichtigsten Gütern müssen dann regelmäßig die
Preise zusammengetragen werden.
• Hiermit können dann die gesamten Kosten des Warenkorbes
zu unterschiedlichen Zeitpunkten bestimmt werden.
• Ein Jahr wird als Basisjahr festgelegt und die Ergebnisse
anderer Jahre mit denen des Basisjahres verglichen.
• Die Inflationsrate, π, im Jahre 2010, beispielsweise, ergibt
sich gemäß:
P
– P2009
π 2010 = 2010
× 100
P2009
• Der Verbraucherpreisindex ist ein akkurates Maß für das
Preisniveau des ausgewählten Warenkorbes, aber er ist kein
perfektes Abbild der Lebenshaltungskosten.
1.Substitutionsbias
• Veränderungen relativer Preise bewirken eine Veränderung
des Warenkorbes hin zu preiswerteren Produkten. Durch
diese Substitutionseffekte wird der gesamte Warenkorb
günstiger.
• Der Index unterstellt einen konstanten Warenkorb,
vernachlässigt also diesen Substitutionseffekt.
• Hierdurch überschätzt der Index die Inflationsrate.
105
106
2.Einführung neuer Produkte
• Der Warenkorb vernachlässigt die veränderte Kaufkraft,
3.Vernachlässigte Qualitätsverbesserungen
welche durch die Einführung neuer Produkte entsteht.
• Wenn sich die Qualität eines Gutes über die Jahre
verbessert, erhöht sich der Wert eines hierfür ausgegebenen
Euro, ohne dass sich das Preisniveau des Gutes verändert.
• Neue Produkte erhöhen die Wahlmöglichkeiten eines
Konsumenten. Dies macht jeden Euro wertvoller.
• Sofern im Mittel eher Qualitätsverbesserungen auftreten
kommt es dazu, dass der Verbraucherpreisindex die
Inflationsrate überschätzt.
• Konsumenten brauchen weniger Euro, um den gleichen
Lebensstandard zu erreichen.
• Der Verbraucherpreisindex vernachlässigt dies und
überschätzt daher die Inflationsrate.
107
108
• Insgesamt neigt der Verbraucherpreisindex aufgrund des
Substitutionsbias, der Einführung neuer Produkte und
vernachlässigter Qualitätsverbesserungen dazu, die
Lebenshaltungskosten zu überschätzen.
• Dies kann problematisch sein, sofern ein Inflationsausgleich
bei staatlichen Programmen oder in Tarifverhandlungen
festgelegt wird (dies wird auch „Indexierung“ genannt. Eine
solche Indexierung ist in Deutschland rechtlich aber nur
eingeschränkt möglich).
• Schätzungen ergeben, dass der Verbraucherpreisindex den
tatsächlichen Anstieg der Lebenshaltungskosten um ca. einen
Prozentpunkt pro Jahr überzeichnet.
• Inflation muss unterschieden werden von einem Anstieg
einzelner Preise und damit einer Veränderung relativer
Preisverhältnisse zwischen einzelnen Gütern und Diensten.
• Seit Ende des 2. Weltkriegs lag die Inflation in Deutschland
bei etwa 3 Prozent.
• Eine Deflation bezeichnet ein allgemeines Sinken des
Preisniveaus.
• Deflationsphasen gab es z.B. während des 19. Jahrhunderts,
während der großen Depression der 30er Jahre und in Folge
der Finanzkrise von 2007.
109
• Hyperinflation bezeichnet einen extrem starken Anstieg des
Preisniveaus. Deutschland erlebte dies in den 20er Jahren.
• Eine Phase weltweit relativ hoher Inflation wurde zuletzt in
den 70er Jahren als Folge der beiden Ölpreisschocks erreicht.
• Seitdem ist die Inflationsrate in Deutschland und in den
USA etwa 2 Prozent.
• Unter der Annahme, dass die Inflationsrate die tatsächliche
Abnahme der Kaufkraft überzeichnet, kennzeichnet dieser
Wert weitgehend Preisniveaustabilität.
111
110
Was ist Geld?
• Alles, was zur Bezahlung von Gütern und Dienstleistungen
oder zur Abdeckung wirtschaftlicher Verpflichtungen
akzeptiert wird.
• Die konkrete Erscheinungsform ist evtl. Änderungen
unterworfen. Bei ausgeprägter Inflation verlieren Noten
oftmals ihre Bedeutung und werden durch knappe Güter wie
Zigaretten oder Butter ersetzt.
112
Funktionen des Geldes
2.Recheneinheit; allgemeines Wertausdrucksmittel.
1.Tauschmittelfunktion (Wertübertragungsfunktion).
• Dies ist ein wichtiger Bestandteil einer arbeitsteiligen
Wirtschaft, die hierdurch zu einer „Geldwirtschaft“ wird.
• Der Wert aller Güter, Forderungen und Verbindlichkeiten
wird in Einheiten ein und derselben Bezugsgröße
ausgedrückt.
• Naturaltausch ist kaum zu organisieren, da eine doppelte
Übereinstimmung der Bedürfnisse oder eine Kette von
Tauschtransaktionen organisiert werden muss.
• Werden 200 Güter gegeneinander getauscht, müssten (n⋅(n1))/2=19900 Austauschverhältnisse bekannt sein.
• Dies würde hohe Suchkosten implizieren.
• Ist ein Gut davon eine Recheneinheit, so reduziert sich die
Anzahl der Austauschverhältnisse auf 199.
• Geld hilft dabei, den Tausch in Kauf und Verkauf
aufzuspalten.
• Dies bewirkt eine Einsparung an Informationskosten.
113
114
3.Wertaufbewahrungsfunktion; Wertspeicher.
Geldnachfrage
• Oftmals liegt eine zeitliche Trennung von Kauf und
Verkauf vor.
• Geld ermöglicht es, Kaufkraft zu „lagern“.
• Geld hat hierbei allerdings den Nachteil, dass es keine
Zinsen abwirft.
• Andere Formen der Vermögensanlage (Sparguthaben,
Wertpapiere oder Sachvermögen) bringen Zinsen,
Dividenden, Pacht oder Mieten hervor. Außerdem
partizipieren diese u.U. an Preissteigerungen.
• Dafür ist Geld allerdings risikolos (keine
Kursschwankungen).
• Die drei genannten Gründe sprechen dafür, dass
Wirtschaftssubjekte Geld zu halten wünschen.
• Auch wenn Geld „an sich wertlos“ ist, stiftet es dennoch
Nutzen.
• Insgesamt wird um so mehr Geld nachgefragt, je mehr
Gütertransaktionen in einer Volkswirtschaft getätigt werden,
je höher also das reale Inlandsprodukt ist.
• Zudem wird bei einem Anstieg des Preisniveaus eine
erhöhte Geldhaltung erforderlich.
• Wird die Geldnachfrage hingegen durch den
Verbraucherpreisindex, P, dividiert, so sprechen wir von der
„realen“ Geldnachfrage.
115
116
• Geld hat aber im Vergleich zu anderen
Vermögensanlagen den Nachteil, keine Zinsen oder
Dividenden zu erbringen.
• Steigt der Zinssatz, so werden Bonds attraktiver.
• Daher werden Wirtschaftssubjekte um so weniger Geld
zu halten wünschen, je höher der (nominale) Zinssatz ist.
• Bei der knappen Geldausstattung müssen sie für die
täglichen Güterkäufe häufiger zur Bank gehen und einen
geringen Betrag Bargeld abheben. Bonds werden häufig
ge- und verkauft um den Saldo des Girokontos gering zu
halten.
• Wirtschaftssubjekte reduzieren dann die Geldhaltung,
um verstärkt die zinstragenden Staatsanleihen zu halten.
• Hierzu können wir uns die Abwägung eines
Wirtschaftssubjekts zwischen dem Halten von Geld und
dem Halten von festverzinslichen Staatsanleihen (Bonds)
vorstellen.
• Die Geldnachfrage und die Bondnachfrage sind
voneinander abhängig.
• Bei niedrigen Zinsen wird hingegen mehr Geld gehalten
und die häufigen Käufe und Verkäufe von Bonds lohnen
sich nicht.
117
• Das nominale Zinsniveau und das reale Inlandsprodukt
bestimmen somit die reale Geldnachfrage, L.
118
i
L = L(Y , i )
r
Lr(Y,i)
• Bei einer Verdoppelung des Verbraucherpreisindex, P, wird
sich die nominale Geldnachfrage ebenfalls verdoppeln.
• Für alle Güterkäufe ist die doppelte Kasse für
Transaktionszwecke notwendig.
• Daher resultiert für die nominale Geldnachfrage:
i
L = P ⋅ L(Y , i )
n
^
Lr
119
Lr
120
Geldmengenaggregate der Europäischen Zentralbank.
Stand: Juni 2010
• Ein Anstieg des Inlandsprodukts bewirkt eine
Verschiebung der Geldnachfragekurve nach rechts.
• In der Folge ergibt sich ein Anstieg der realen
Geldnachfrage.
• Demgegenüber bewirkt ein Anstieg des Zinssatzes eine
Bewegung auf der Geldnachfragekurve nach links oben.
• Dies bewirkt eine Reduktion der realen Geldnachfrage.
• Bargeldumlauf im Nichtbankensektor
785
M1
• Sichteinlagen der Nichtbanken bei den
Geschäftsbanken
3878
M2
• Einlagen der Nichtbanken bei den
Geschäftsbanken mit vereinbarter Laufzeit von bis
zu zwei Jahren sowie mit vereinbarter
Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten
3630
• Repogeschäfte, Geldmarktfondsanteile und
Geldmarktpapiere, Schuldverschreibungen bis zwei
Jahre von Nichtbanken
1130
121
M3
122
• Die Höhe der Zinsen kann weitgehend von der Zentralbank
bestimmt werden.
• Die beherrschende Stellung der Zentralbank bei der
Bestimmung des Zinsniveaus ergibt sich aus ihrem Recht zur
Emission von Banknoten und der Kontrolle des
Bankensystems.
• Das Recht zur Emission von Euro-Noten liegt bei der
Europäischen Zentralbank (EZB) und den ihr untergeordneten
16 nationalen Notenbanken.
• Genauso bestimmt die EZB über das Ausgabevolumen an
Münzen.
17 ab. 2011
123
124
• Die Durchführung
der Geldpolitik wird
vom EZB-Rat
vorgenommen.
• Der EZB-Rat
besteht aus dem
Direktorium mit
dem Präsidenten,
dem Vizepräsidenten und vier
weiteren Mitgliedern sowie den Präsidenten der nationalen
Zentralbanken.
125
• Grundsätzlich beschließt der EZB-Rat (wie auch das
Direktorium) mit einfacher Mehrheit, wobei im Falle der
Stimmengleichheit die Stimme des Präsidenten den
Ausschlag gibt.
• Das Direktorium ist für die Umsetzung der
geldpolitischen Entscheidungen des EZB-Rats und für die
Führung der laufenden Geschäfte der EZB verantwortlich.
• Die Ausführung der geldpolitischen Beschlüsse obliegt
den Nationalen Zentralbanken.
• Hierzu erhalten sie die erforderlichen Weisungen vom
Direktorium.
127
126
• Nichtbanken wünschen Geld teilweise in Form von Bargeld
zu halten.
• Wenn also Banken Kredite an Nichtbanken vergeben, so
müssen sie sich für die Auszahlung teilweise Bargeld
verschaffen.
• Hierbei sind sie auf die Zentralbank angewiesen.
• Die Banken müssen sich zur Versorgung mit Bargeld bei der
Zentralbank verschulden. Für diese von der Zentralbank
gewährten Kredite sind Zinsen fällig.
• Zuletzt vergab die EZB Kredite an die Banken in folgender
Höhe:
August 2007
460 Mrd. €
Januar 2009
840 Mrd. €
August 2010
590 Mrd. €
128
• Erhöht die Zentralbank ihre Zinsen, so werden die Banken
diesen Anstieg bei ihrer Kreditvergabe an Nichtbanken
weitergeben.
• Die Zentralbank hat weitere Möglichkeiten, die Kosten der
Kreditvergabe der Banken, und damit die von Nichtbanken zu
bezahlenden Zinsen, zu beeinflussen.
• Zum einen kann sie eine Mindestreservepflicht einführen.
• 2 % der Sichteinlagen von Nichtbanken bei den Banken
müssen demgemäß verpflichtend bei der EZB gehalten
werden.
129
Die Quantitätstheorie der Inflation
• Die Quantitätstheorie des Geldes ist eine Faustformel, mit
der die langfristigen Determinanten des Preisniveaus und der
Inflationsrate prognostiziert werden.
• Für diese Faustformel werden die Menge an Gütern einer
Volkswirtschaft mit der Höhe der realen Geldmenge
verglichen.
• Ist die reale Geldmenge zu hoch, so sollten langfristig zum
Ausgleich die Preise steigen.
• Hat also die Zentralbank durch niedrige Zinsen die
Geldmenge erhöht, so die Vermutung, wird dies langfristig
die Preise erhöhen.
131
• Vergibt eine Bank einen Kredit i.H.v. 1000 €, so wird der
Kreditnehmer hiermit Zahlungen durchführen, die bei
Empfängern zu Sichteinlagen führen. Dann werden aber 20 €
Mindestreserven fällig. In dieser Höhe müssten die Banken
Kredite bei der Zentralbank aufnehmen.
• Die Kredite der EZB haben derzeit Laufzeiten von einer
Woche (Hauptrefinanzierungsfazilität, Mindestbietungssatz
seit August 2009: 1,00%) oder drei Monaten (längerfristige
Refinanzierungsfazilität).
• Daneben gewährt die Zentralbank eine unbegrenzte
Spitzenrefinanzierungsfazilität zu einem höheren Zinssatz von
1,75% (Seit August 2009).
130
• Für diese Relation ist die Umlaufgeschwindigkeit des
Geldes zu berücksichtigen.
• Diese kennzeichnet die Schnelligkeit, bildlich gesprochen,
mit der ein Euro im Durchschnitt in der Wirtschaft von einer
Geldbörse zur anderen wandert.
• Die Umlaufgeschwindigkeit wird als Relation zwischen dem
nominalen Inlandsprodukt (P.Y) und der Geldmenge (M)
bestimmt:
Umlaufgeschwindigkeit=P.Y/M
• Dies können wir als „Quantitätsgleichung“ schreiben:
M.Umlaufgeschwindigkeit=P.Y
132
Nominales BIP, Geldmenge und
Umlaufgeschwindigkeit
8
10000
9000
7
8000
6
Mrd. DM (ab 1999 €)
7000
5
6000
4
5000
4000
3
3000
2
2000
• Die Quantitätstheorie konstatiert, dass die
Umlaufgeschwindigkeit des Geldes im Zeitablauf relativ
konstant ist.
• Hat die Zentralbank durch Setzen niedriger Zinsen die
Geldmenge erhöht, so wird vermutet, dass dies auf die
Produktion und das Inlandsprodukt keinen Einfluss haben
wird. Daher muss das Preisniveau ansteigen.
• Die Faustformel impliziert die „Neutralität des Geldes“:
reale Größen wie das Inlandsprodukt werden dabei nicht
durch nominale Größen wie die Geldmenge beeinflusst.
1
1000
BIP, Eurozone
Geldmenge M1, Eurozone
Geldmenge M1, Deutschland
BIP, Deutschland
Umlaufgeschwindigkeit, M1
2009
2007
2005
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
1973
1971
1969
1967
1965
1963
1961
1959
0
1957
0
133
134
Geld und Preise in der Hyperinflation
(b) Ungarn
(a) Österreich
Index (Jan.
1921 = 100)
Index (Jan.
1921 = 100)
100,000
Preisniveau
100,000
Preisniveau
10,000
Geldangebot
1,000
100
10,000
Geldangebot
1,000
1921
1922 1923 1924 1925
100
1921
1922 1923 1924 1925
135
136
Geld und Preise in der Hyperinflation
c) Deutschland
d) Polen
Index (Jan.
1921 = 100)
100 Bill.
1 Bill.
10 Mrd.
Index (Jan.
1921 = 100)
Preisniveau
10 Mill.
Preisniveau
Geldangebot
1 Mill.
100 Mill.
100,000
1 Mill.
10,000
10,000
Geldangebot
1,000
100
1
100
1921 1922 1923 1924 1925
1921 1922 1923 1924 1925
137
Die Kosten der Inflation
• Inflation bei konstantem nominalen Einkommen würde die
Kaufkraft reduzieren.
• Aber dieses Argument ist irreführend: Alle nominalen
Größen steigen gleichermaßen bei Inflation. Das nominale
Einkommen bleibt bei Inflation gerade nicht konstant.
• Eine Veränderung der Kaufkraft stellt sich bei Inflation
nicht ein, da Löhne genauso steigen wie die Preise des
repräsentativen Warenkorbes.
• Worin bestehen stattdessen die Kosten der Inflation?
139
• Dieser Zusammenhang ist z.B. gültig bei Hyperinflation,
also einer Inflation, welche
einen Wert von 50 v.H. im Monat übersteigt.
• Allerdings ist die Annahme einer konstanten
Umlaufgeschwindigkeit nur eine grobe Vereinfachung.
• Sowohl kurz- als auch langfristig kann sich die
Umlaufgeschwindigkeit ändern.
• Bei niedrigen Zinsen sinkt zudem die
Umlaufgeschwindigkeit, da die Geldnachfrage steigt.
• Insgesamt wird dieser Faustformel in der Zentralbankpolitik
heutzutage keine herausragende Bedeutung mehr
beigemessen.
138
1. Schuhlederkosten entstehen, weil Menschen versuchen,
ihre Geldhaltung bei hoher Inflation zu reduzieren.
• Dies impliziert ein häufigeres Aufsuchen der Bank zum
Zweck der Abhebung von zinstragenden Vermögensanlagen.
• Hierbei entstehen Kosten für die involvierte Zeit und
Unannehmlichkeiten.
140
2. Menukosten entstehen, wenn Preise angepasst werden
müssen.
• Preislisten und Aushängeschilder müssen häufiger
aktualisiert werden. Die Bestimmung neuer Preise erfordert
kostspielige Informationen, Entscheidungsprozesse,
Verhandlungen und Kommunikation.
• Hierbei werden Ressourcen verbraucht, die ansonsten im
Produktionsprozess sinnvoller verwendet werden könnten.
• Wird hingegen auf häufige Preisanpassungen verzichtet und
stattdessen starke Preiserhöhungen relativ selten durchgeführt,
dann beeinflusst Inflation die relativen Preise. Dies bewirkt
aber allokative Verzerrungen.
3.Steuerverzerrung
• Inflation erhöht die nominalen Erträge aus Ersparnissen und
Kapitalbesitz.
• Nominale Wertsteigerungen führen evtl. beim Verkauf der
Anlage zu einem steuerpflichtigen Bilanzgewinn. Sofern die
nominale Wertsteigerung aber der Inflation entspricht, hat
sich der Wert real nicht erhöht. Trotzdem wird er besteuert.
• In der Einkommensteuererklärung wird das nominale
Zinseinkommen erfasst. Das reale Einkommen ist aber
geringer, da die Inflation einen Wertverlust darstellt.
• Insgesamt wird Sparen hierdurch unattraktiver.
141
• Wie bildet sich der nominale Zinssatz in Reaktion auf
unterschiedliche Inflationsraten?
• Kreditnehmer können nominal höhere Erträge erzielen und
sind daher in der Lage, auch nominal höhere Zinsen zu
bezahlen. Dies entschädigt dann Kreditgeber für die reale,
inflationsbedingte Entwertung ihres Kapitals.
• Insgesamt erscheint es daher plausibel, dass eine erhöhte
Inflation in voller Höhe die nominalen Zinsen ansteigen lässt:
i=r+π
• Dieser Zusammenhang wird Fisher-Effekt genannt.
142
Nominalzins und Inflationsrate, USA
15
12
9
Nominalzins
6
3
Inflation
143
2008
2006
2004
2002
2000
1998
1996
1994
1992
1990
1988
1986
1984
1982
1980
1978
1976
1974
1972
1970
0
144
• Eine Erhöhung der Inflation kann aber nun einen Einfluss
auf den Realzins nach Steuern haben. Eine Erhöhung der
nominalen Zinsen kompensiert nämlich lediglich für einen
inflationsbedingten Wertverlust, muss aber trotzdem
versteuert werden.
Stabiles
Land
4%
Inflationsland
4%
Inflationsrate
0
8
Nominalzins
4
12
Zinsminderung durch 25% Steuer
1
3
Nominalzins nach Steuer
3
9
Nominalzins nach Steuer abzgl. Inflation
3
1 145
Realzins
5.Willkürliche Umverteilung
• Die bisher erwähnten Kosten ergeben sich auch bei
einer konstant hohen Inflationsrate.
• Weitere Kosten ergeben sich bei einer unerwarteten
Inflation.
• Bei Hyperinflation ist die Inflationsrate auch sehr volatil
und kaum vorherzusagen.
• Bezieher eines nominal fixierten Lohneinkommens
werden dann benachteiligt.
147
4.Konfusion und Unbequemlichkeit
• Mit Inflation sind reale Werte schwerer über die Zeit zu
vergleichen. Geld verliert teilweise seine Bedeutung als
Recheneinheit.
• Eine realistische Darstellung von Kosten, Profiten und
Erträgen einer Firma wird so erschwert.
• Investoren haben größere Schwierigkeiten, erfolgreiche
von erfolglosen Firmen zu unterscheiden.
• Der Kapitalmarkt wird behindert.
146
• Kreditgeber werden von einer unerwarteten Inflation
benachteiligt.
• Dies resultiert, da zumeist in Kreditverträgen die
Nominalzinsen fixiert sind.
• Kreditnehmer werden von Inflation begünstigt, da ihre
Tilgung real günstiger wird.
• Eine Deflation hingegen belastet Kreditnehmer.
• Vermögen wird somit willkürlich umgeschichtet.
• Hierdurch ergeben sich Verteilungsprobleme, evtl. auch
eine abnehmende Bereitschaft, mit regulärer Arbeit
Einkommen zu erzielen.
148
Der Nutzen der Inflation
1. Die Erfahrung lehrt, dass sich Inflation nur durch einen
Produktionseinbruch und Unterbeschäftigung reduzieren
lässt.
• Gemäß Schätzungen ist zur Reduzierung der Inflation
um einen Prozentpunkt ein temporärer
Produktionseinbruch zu erwarten. Aggregiert über den
Anpassungszeitraum beläuft sich der Einbruch auf 5
Prozent des Inlandsprodukts (z.B. in den ersten beiden
Jahren jeweils 2 Prozent und im dritten Jahr 1 Prozent).
• Diese Kosten können als zu hoch empfunden werden.
Fortwährende Inflation vermeidet diese Kosten.
149
4. Nominale Löhne sind teilweise nach unten starr, z.B.
weil Gewerkschaften gegen Lohnsenkungen Streiks
organisieren können. Bei einer schleichenden realen
Entwertung der Löhne durch Inflation bleiben Streiks
aber zumeist aus.
Dies ist kompatibel mit Umfrageergebnissen: Eine
Reduzierung des Nominallohnes bei Nullinflation wird
als unfair eingeschätzt, ein konstanter Lohn bei Inflation
aber nicht. Dieses Verhalten wird auch als „Geldillusion“
bezeichnet. Eine moderate und konstante Inflation kann
daher die notwendige Anpassung der realen Löhne in
Krisenbranchen ermöglichen. Dies kann auch langfristig
die Produktion eines Landes erhöhen.
151
2. Ein temporärer Produktionseinbruch kann auch länger
anhaltende nachteilige Folgen haben. Eine Rezession
kann Investoren abschrecken. Damit sinkt der
Kapitalstock und temporär die Produktivität. Temporäre
Arbeitslosigkeit kann auch Humankapital vernichten,
weil Erfahrungswissen verloren geht. Fortwährende
Inflation vermeidet auch diese Kosten
3. Inflation wirkt wie eine Besteuerung von
Geldvermögen und verschafft der Zentralbank und damit
dem Staat zusätzliche Einnahmen (Inflationssteuer).
Gerade in Ländern, in denen das Steuersystem nicht gut
funktioniert, kann dies eine effiziente Form der
Finanzierung öffentlicher Aufgaben darstellen.
150
5. Höhere Inflation verringert das Risiko, dass eine Krise
zu Deflation, also einem sinkenden Preisniveau, führt.
Warum diese besonders gefährlich ist, wird in Abschnitt
VIII gezeigt.
152
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
Optimale Inflation
• In Abwägung der Vor- und Nachteile der Inflation sollte
bedacht werden, dass eine Inflation von Null übermäßig
restriktiv wirkt.
• Aufgrund des Substitutionsbias ist eine Inflationsrate
von 1% als Preisniveaustabilität zu werten.
• Darüber hinaus kann aus den genannten
Nutzenerwägungen ein wenig Inflation zugelassen
werden.
• Die EZB hat sich daher ein Inflationsziel von zwischen
1% und 2% gesetzt. Andere Zentralbanken wie die
Norwegens haben höhere Inflationsziele von 2,5%.
153
WS 2010/11
y,
s.y
y*
f(k)
4. Kurzfristige Schwankungen
c*
(n+δ)k
s.f(k)
s.y*
k*
k
154
Pflichtlektüre:
Keynes, J.M. (2008), On Air – Der Weltökonom am
Mikrofon der BBC. S. 61-69.
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 257262.
McDowell, M. et al. (2006), Principles of Economics, S.
703-716.
Taylor, J.B. und A. Weerapana (2009), Economics, 6.
Aufl., S. 640-670.
155
156
157
• Wie unterscheiden sich kurzfristige von langfristigen
Entwicklungen der Produktion?
• Langfristig wird die Produktion durch das Wachstum der
Einsatzfaktoren und den technischen Fortschritt bestimmt,
also durch die Angebotsseite einer Volkswirtschaft
determiniert.
• Dieses Niveau der Produktion nennen wir auch das
„potentielle Inlandsprodukt“ oder die
„Vollbeschäftigungsproduktion“.
159
Bruttoinlandsprodukt Deutschland
Niveau, Quartalszahlen, indexiert (2005=100),
Wachstum gegenüber Vorjahresquartal
120
10.00
8.00
100
6.00
4.00
80
2.00
60
0.00
40
-2.00
-4.00
20
-6.00
Q1 2010
Q1 2008
Q1 2006
Q1 2004
Q1 2002
Q1 2000
Q1 1998
Q1 1996
Q1 1994
Q1 1992
Q1 1990
Q1 1988
Q1 1986
Q1 1984
Q1 1982
Q1 1980
Q1 1978
Q1 1976
Q1 1974
Q1 1972
Q1 1970
Q1 1968
Q1 1966
Q1 1964
-8.00
Q1 1962
0
Q1 1960
• Bei der Betrachtung längerer Zeiträume ist, insbesondere bei
konstantem technischen Fortschritt, mit einem stetigen
Wachstum des BIP zu rechnen.
• In manchen Jahren fällt dieses Wachstum aber aus.
• Eine Rezession ist eine Periode unterdurchschnittlichen
Wachstums; evtl. stellt sich sogar ein fallendes
Inlandsprodukt und ein sinkendes Einkommen ein.
• Dies geht zumeist einher mit einer erhöhten
Unterbeschäftigung.
• Eine Depression ist eine besonders schwerwiegende
Rezession.
• Diese periodischen Entwicklungen werden
Konjunkturzyklus genannt.
1960-1990: Früheres Bundesgebiet; ab 1991: Gesamtes Bundesgebiet. Datenquelle: International Financial Statistics, IWF
158
• Kurzfristig kann aber die tatsächliche Produktion von ihrem
potentiellen Niveau abweichen. Wie ist das zu erklären?
• Kurzfristig wird die Produktion entscheidend durch die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage beeinflusst.
• Während eines Booms erhöhen Firmen die Produktion, um
die zusätzliche Nachfrage zu befriedigen.
• In einer Rezession wird die Produktion dagegen reduziert
um eine hohe Lagerhaltung zu vermeiden.
• Wodurch wird aber die gesamtwirtschaftliche Nachfrage
bestimmt?
160
• Im Wachstumsmodell waren Produktion und
gesamtwirtschaftliche Nachfrage identisch. Alles Produzierte
wurde für Konsum- oder Investitionszwecke verwendet.
• In der Realität können Wirtschaftssubjekte aber auch sparen
ohne zu investieren. Andere Wirtschaftssubjekte investieren,
obwohl sie keine Ersparnisse gebildet haben. Sie verschulden
sich dann bei anderen Wirtschaftssubjekten, die überschüssige
Ersparnisse gebildet haben.
• Wir müssen uns überlegen, wie diese Entscheidungen auf
Produktion und gesamtwirtschaftliche Nachfrage wirken.
161
• Eine steigende Produktion geht mit steigenden Einkommen
der Haushalte und mit erhöhter Beschäftigung einher. Die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt. Investoren sind
zuversichtlich bezüglich zukünftiger Erträge und steigern ihre
Investitionen.
• Eine fallende Produktion geht mit sinkenden Einkommen
der Haushalte einher sowie erhöhter Arbeitslosigkeit. Die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage sinkt. Investoren befürchten
Überkapazitäten und werden keine zusätzlichen Investitionen
durchführen.
163
• Kein einzelner Sektor ist alleine verantwortlich für die
Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Vielmehr
beeinflussen die Aktionen eines jeden Sektors die Nachfrage
der anderen Sektoren.
• Hiermit ergibt sich das Problem der Zirkularität: Wie ein
System von Zahnrädern hängen die Entscheidungen einzelner
Wirtschaftssysteme von einander ab.
• In der Folge lässt sich beobachten, dass im Rahmen eines
Konjunkturzyklus die meisten makroökonomischen Variablen
im Gleichlauf reagieren.
162
• Diese Zirkularität lässt sich formal veranschaulichen.
• Für die Konsumentscheidung können viele
Einflussgrößen relevant sein (Vermögen, Steuerzahlungen,
das zu erwartende Lebenseinkommen …).
• Im Rahmen der absoluten Einkommenshypothese von
Keynes (1936) wird dem laufenden Einkommen eine
zentrale Rolle zugewiesen:
C = C(Y)
• Hierbei wird argumentiert, dass ein Anstieg des
Einkommens zu einem Anstieg des Konsums als auch
einem Anstieg der Ersparnis führt.
164
• In linearisierter Form gilt: C = a + cY, mit
a>0, autonomer Konsum
c, marginale Konsumquote, mit 0<c<1.
• Die private Ersparnis, S, ist die Differenz zwischen
Einkommen und privatem Konsum:
S = Y – C.
• Es folgt in linearisierter Form:
S = Y – a – cY = –a + sY; s=1-c
• Hierbei ist s die marginale Sparquote (0 < s < 1). Für den
einzelnen Haushalt ist die Ersparnis nun nicht mehr identisch
zur Investition, im Gegensatz zum Wachstumsmodell.
C,S
S>0
165
• Die Produzenten planen dabei die Produktion, Y, kurzfristig
in Höhe der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, Y=YD.
• Im Gegensatz zu obigem Cartoon unterstellen wir
unterausgelastete Produktionskapazitäten.
• Diese bewirken, dass Unternehmen eine zusätzliche
Nachfrage befriedigen können.
167
S = -a+(1-c)Y
a
S>0
45°
-a
C = a+cY
Y0
Y1
Y
166
• Kurzfristig werden Überstunden oder höhere
Maschinenlaufzeiten hingenommen, um die Produktion zu
erhöhen.
• Bei fehlender Nachfrage ergibt sich hingegen Kurzarbeit,
Arbeitslosigkeit sowie eine Unterauslastung der Kapazitäten.
• Wir unterstellen dabei, dass eine zusätzliche Nachfrage
nicht die Inflation erhöht. Solche Rückwirkungen werden wir
erst später betrachten.
• Die Inflation und das Preisniveau sind daher im Rahmen der
Modellierung konstant (z.B. aufgrund von Menukosten).
168
• Alle Umsätze aus dem Produktionsprozess werden als
Einkommen an die Haushalte wieder ausgeschüttet. Von
einbehaltenen Gewinnen sehen wir hierbei ab.
• Alle Größen wie Konsum und Produktion werden hierbei
real geplant. Der Konsumplan bezieht sich also nicht auf
eine nominale €-Größe, sondern auf (gewichtete) Mengen
an Konsumgütern. Eine Verdoppelung des Preisniveaus
würde diesen Konsumplan nicht ändern.
• Die Investoren werden in einem vorgegebenen Ausmaß
Investitionsgüter (netto) nachfragen, I=I. Damit lautet die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage YD=C+I.
169
(1) Y=YD
(2) I=I
(3) C=a+cY
(4) YD=C+I
170
• Es existieren Verhaltenshypothesen über geplante Größen.
Diese sind die Produktion, die Nettoinvestition und der
geplante Konsum (Y, I, C). Bei diesen Größen werden die
Pläne auch realisiert. Es gibt aber außerhalb des
Gleichgewichts ungeplante Investitionen
(Lagerinvestitionen).
• Bei Ungleichgewichten, Y > YD oder Y < YD, erfolgen
Planrevisionen in Form ungeplanter
Lagerbestandsänderungen. Bei dieser Größe können Plan
und Realisierung also voneinander abweichen.
• Zusammengefasstes Modell:
Y = C + I = a + cY + I
1
⇔ Yˆ =
(a + I )
1− c
Multiplikator
Das Gütermarktmodell
autonome
Komponenten
171
172
Einkommens-Nachfrage-Diagramm
(Keynessches-Kreuz)
Y,YD
C, I
IU
YD=C+I
P
S(Y1)
I
C=a+cY
a+I
• Dieses Gütermarktgleichgewicht lässt sich auch dadurch
abtragen, dass die gesamtwirtschaftliche Ersparnis der
Nettoinvestition gegenüber gestellt wird.
• Es gilt die Definitionsgleichung S=Y-C.
• Unter Verwendung der Gleichungen (1), (2) und (4) wird
hieraus die (alternative) Gleichgewichtsbedingung:
S=I
I=I
a
45°
^
Y
Y
Y1
173
S, I
S=-a+sY
P
^
-a
174
• In einer Volkswirtschaft können nun Störungen
auftreten. Wie verändert sich hierbei das Gleichgewicht?
• Diese Frage wird im Rahmen einer so genannten
komparativ-statischen Analyse beantwortet.
• Hierzu leiten wir den Investitionsmultiplikator (dY/dI)
her:
I
Y
Y
175
176
Y,YD,
C, I
• Die Gleichung Y = 1 (1 − c ) (a + I ) wird total
differenziert:
dY =
YD=a+cY+I1
P1
1
(da + dI ).
1− c
YD=a+cY+I0
P0
• Sofern sich der autonome Konsum nicht ändert, gilt
da=0. Eine solche Konstanz nicht näher betrachteter
Variablen wird als „ceteris paribus“-Annahme
bezeichnet. Es folgt dann:
dI
I=I1
dI
1
dY
=
.
dI 1 − c
I=I0
45°
Y^0
Y^1
dY (>dI)
177
Y
178
• Der Multiplikatorprozess kann mit Hilfe einer quasidynamischen Analyse beschrieben werden.
• Hierfür wird die Anpassung in einzelne
Multiplikatorrunden zerlegt für die angenommen wird,
dass die Anpassung nicht sofort erfolgt, sondern eine
gewisse Zeit benötigt.
• Es ergibt sich dann folgende Wirkungskette:
IÇ
179
YÇ
CÇ
SÇ (Sickerverlust)
180
• Eine andere Störung ergibt sich bei einer Variation des
autonomen Konsums.
• Im Kontenrahmen lässt sich dies folgendermaßen
darstellen:
Produktionskonto
1. Abschreibungen
2. Einkommen
• Haushalte könnten die Ersparnis erhöhen durch eine
Absenkung von a.
Einkommenskonto
1. Privater Konsum
2. Investitionen
1. Privater Konsum
2. Ersparnis
1. Einkommen
• Der Multiplikator hierzu lautet:
dY =
Vermögensänderungskonto
1. Investitionen
1. Abschreibungen
2. Ersparnis
1
da < 0.
1− c
• Dies entspricht einer Verschiebung der Nachfragekurve
im Einkommens-Nachfrage-Diagramm nach unten.
• Alternativ kann eine Darstellung im S/Y-Diagramm
vorgenommen werden.
181
S, I
S=-a1+sY
da < 0
P1
P0
^
^
Y1
S=-a0+sY
I=I
Y
Y0
-da
183
182
• Hierbei lässt sich das sogenannte „Sparparadoxon“
beobachten: Der einzelwirtschaftliche Versuch, die
Ersparnis zu erhöhen, scheitert im gesamtwirtschaftlichen
Kontext.
• Einzelwirtschaftlich halten wir einen Menschen, der
hinreichend spart, für weise und vorausschauend. In einer
Krise wünschen sich viele eine Rückkehr zu solchen
Tugenden. Aber dieses Kalkül verschlimmert die Krise, die
Produktion bricht weiter ein und nicht einmal die Ersparnis
nimmt gesamtwirtschaftlich zu.
• Seit Keynes (1936) wird dieser Zusammenhang auch
fallacy of composition genannt, also der Irrtum, aus der
Summe einzelwirtschaftlicher Kalküle auf
makroökonomische Zusammenhänge zu schließen.
184
• Bestimmungsgröße für die gesamtwirtschaftliche
Ersparnis ist allein die Investition.
• Das erstaunliche Ergebnis ist, dass nicht etwa das
Zinsniveau zu einem Gleichgewicht zwischen Investitionen
und Ersparnis beiträgt.
• Eine jede Investition verschafft sich durch die
Multiplikatorrunden die zu ihrer Durchführung notwendige
Ersparnis.
• Das Inlandsprodukt treibt die Ersparnis auf die Höhe der
durchgeführten Investitionen.
• Bereits in der ersten Multiplikatorrunde wird dies erreicht.
Alle durch den Multiplikator induzierten Konsumgüterkäufe
übertragen die Ersparnistätigkeit nur auf andere Schultern.
• Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Ersparnisse keine
Restriktion für die Durchführung von Investitionen
darstellen. Wir können also nicht vermuten, dass „zu
geringe“ Ersparnisse die Durchführung einer Investition
behindern.
• Investitionen benötigen keine „vorhandenen“ Ersparnisse,
die sich z.B. in Form von Sparguthaben bei Banken
angesammelt haben.
• Es reicht vielmehr aus, dass eine Bank eine Bürgschaft für
die Durchführung einer Investition ausstellt.
• Die Finanzierungsmittel entstehen dann automatisch mit
der Durchführung der Investition.
185
• Eine zum Sparparadoxon ähnliche Logik ergibt sich in
einer Finanzkrise für den Bankensektor. Einzelne Banken
halten wir für solide, wenn sie relativ zu ihren teilweise
riskanten Anlagen hinreichend Reinvermögen besitzen.
Gehen die Kurse ihrer Anlagen herunter, so vermindert sich
ihr Reinvermögen. Daher sollten sie durch Verkäufe ihre
Bilanz verkürzen. Diese Maßnahme hilft aber nur der
einzelnen Bank. Alle anderen Banken werden durch die
Verkäufe und dadurch sinkenden Vermögenspreise noch
stärker in die Krise gestürzt.
186
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2010/11
y,
s.y
y*
5. Die Aktivität des Staatesf(k)
c*
s.f(k)
• Der Versuch einzelner Banken, die Risiken ihrer
Geschäftstätigkeit durch Verkäufe von Finanzvermögen zu
verringern, scheitert im gesamtwirtschaftlichen Kontext.
187
(n+δ)k
s.y*
k*
k
188
Pflichtlektüre:
• Zu den öffentlichen Haushalten zählen die
Gebietskörperschaften und die Sozialversicherungen. Alle
öffentlichen Haushalte bilden den Sektor „Staat“.
Blanchard, O. (2009), Macroeconomics. S. 65-81.
Frenkel, M. und K.D. John (2006), Volkswirtschaftliche
Gesamtrechnung, 6. Aufl. S. 25-27, 41-45, 52-53, 55.
• Im Rahmen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ist
zu berücksichtigen, dass öffentliche Haushalte Güter
produzieren.
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. Worth
Publishers: S. 262-266.
• Dies sind z.B. Dienstleistungen, wie Landesverteidigung,
Rechtssicherheit und Bildung.
McDowell, M. et al. (2006), Principles of Economics, S.
717-729.
• Hierbei können keine Lagerbestandsänderungen entstehen,
da Dienstleistungen nicht lagerfähig sind.
189
• Es existieren keine Verkäufe der Produktion an andere
Wirtschaftssubjekte.
• Allerdings sind die Kosten der Bereitstellung (z.B.
Abschreibungen) dem Staatskonsum zuzurechnen.
• Stattdessen ist
• Zur Produktion werden vom Staat Güter und
Dienstleistungen von Unternehmen und privaten Haushalten
gekauft (V) und Arbeitsleistungen unselbständig Beschäftigter
bezogen (F).
• Es sind ferner Abschreibungen auf Investitionsgüter (D) im
Produktionskonto zu berücksichtigen.
Produktionskonto des öfftl. Haushalts
225
Konsumausgaben
Käufe v. Vorleist. (V) 70
des Staates (G)
Abschreibungen (D)
30
Wertschöpfung (F)
125
• Staatskonsum beinhaltet nicht Güter mit investivem
Charakter. Ausgaben für öffentliche Infrastruktur gehören
somit nicht zum Staatskonsum.
190
191
- der Empfänger der Leistung häufig nicht bekannt,
- die Produktion unentgeltlich bereitgestellt und
- einzelne sollen oder können von der Nutzung solcher
Güter nicht ausgeschlossen werden.
• Die Bezeichnung „Konsumausgaben des Staates“
unterstellt daher, dass die Endverbraucher kollektiv die
Produktion konsumieren.
• Reine Transferzahlungen werden hiervon ausgenommen,
da diese nicht im Austausch für gegenwärtig produzierte
Güter oder Dienste geleistet werden.
192
• Manche Dienstleistungen des Staates gehen auch als
Vorleistung in den Produktionsprozess der Unternehmen
und privaten Haushalte ein.
• Eine statistische Abgrenzung zwischen Konsum und
Vorleistungen ist aber nicht möglich.
• Daher wird die gesamte Produktion vereinfachend als
Konsum bezeichnet.
• Es ergibt sich ferner die Schwierigkeit der Bewertung der
staatlichen Leistungen. Da keine Marktpreise existieren,
wird die Bewertung zu Herstellungskosten vorgenommen.
• Durch die Bewertung zu Herstellungskosten kann das
Produktionskonto keinen Gewinn ausweisen.
• Die Finanzierung erfolgt weitgehend über
Zwangsabgaben (direkte und indirekte Steuern,
Sozialbeiträge).
• Über die öffentlichen Haushalte vollzieht sich der
überwiegende Teil der Einkommensumverteilung in der
Volkswirtschaft.
• Zinszahlungen auf ausstehende Verbindlichkeiten werden
als reine Einkommensumverteilung betrachtet, nicht als
Faktoreinkommen, welches aus dem Produktionsprozess
resultiert.
• Das Einkommen wird verwendet für Transferzahlungen
an die privaten Haushalte (Sozialleistungen; R) und an
Unternehmen (Subventionen; Z).
193
• Nach Abzug von R und Z ergibt sich das Einkommen des
öffentlichen Haushalts, welches er für Konsum, Zinszahlung
auf ausstehende Verbindlichkeiten und Ersparnis verwenden
kann.
Einkommenskonto des öfftl. Haushalts
Transferzahlungen (R) 45
Konsumausgaben des
Staates (G)
Zinszahlungen
Ersparnis (Sst)
195
Direkte Steuern und
Sozialabgaben (Td)
225
5
20
194
• Die Gegenbuchungen zum Eingang der indirekten Steuern
erfolgen im Produktionskonto der Unternehmen oder
privaten Haushalte, da diese Zahlungen unmittelbar mit der
Produktion und dem Absatz eines Gutes verbunden sind.
• Die Gegenbuchungen zum Eingang der direkten Steuern
erfolgen im Einkommenskonto der Unternehmen oder
privaten Haushalte, da diese Zahlungen eine
Einkommensumverteilung darstellen.
100
Indirekte Steuern
abzgl. Subventionen (Ti-Z)
195
196
• Zur Vereinfachung bezeichnen wir die Unternehmen und
privaten Haushalten als privaten Sektor und verwenden zur
Kennzeichnung den Index „p“.
• Das vom Staat gebildete Vermögen wird im
Vermögensänderungskonto abgetragen.
• Der Staat kann ein Defizit durch Kreditaufnahme
finanzieren. In diesem Fall weisen die
Vermögensänderungskonten der anderen Sektoren einen
Überschuss auf.
• Der Staat kann Investitionsgüter vom privaten Sektor
kaufen. Diese Investitionen gehen nicht in der laufenden
Produktion unter. Hierfür muss der Staat allerdings
Abschreibungen vornehmen.
Vermögensänderungskonto des öfftl. Haushalts
• Für die staatliche Ersparnis muss eine Gegenbuchung im
Vermögensänderungskonto erfolgen.
197
• Werden die jeweiligen Konten für alle Sektoren zu
gesamtwirtschaftlichen Konten zusammengefasst, so ergibt
sich das unten stehende Flussdiagramm.
Td - R 145
Einkommenskonto
SSt 20
SP 100
F
C
G
Ti-Z
915 670 225 100
Produktionskonto
V 400
Bruttoinvestitionen des
Staates (IBSt)
70
30
Abschreibungen (D)
20
Ersparnis (SSt)
20 Finanzierungsdefizit (BD)
198
• Bei der Bestimmung des Nettoinlandsprodukts
können nun zwei verschiedene Preisniveaus zu Grunde
gelegt werden. Güter können zu Marktpreisen oder zu
Herstellungskosten bewertet werden.
• Werden indirekte Steuern (abzüglich Subventionen)
berücksichtigt, so ergibt sich das Nettoinlandsprodukt
zu Marktpreisen:
YM=C+G+IP+ISt = 1015
Vermögensänderungskonto
IbP 220
IbSt 70
DP 140
DSt 30
• Im Gegensatz zu einem gesamtwirtschaftlichen
Vermögensänderungskonto einer geschlossenen
Volkswirtschaft muss das eines einzelnen Sektors nicht
ausgeglichen sein.
199
200
• Werden alle Produktionskonten zusammengefasst, so
ergibt sich das gesamtwirtschaftliche
Produktionskonto:
• Werden alternativ die indirekten Steuern (abzüglich
Subventionen) herausgerechnet, so ergibt sich
derjenige Anteil des Inlandsprodukts, welcher dem
„Volk“ als Faktoreinkommen zufließt. Es resultiert das
Volkseinkommen:
Gesamtwirtschaftliches Produktionskonto
Indirekte Steuern ./.
225
Konsumausgaben
Subventionen (Ti-Z)
des Staates (G)
100
Volkseinkommen=F = 915
201
• Da gilt
YM=C+G+IP+ISt ,
folgt YM -Ti+Z-Td+R -C=G+IP+ISt - Ti+Z -Td+R .
F
• Der Term auf der linken Seite entspricht der privaten
Ersparnis. Damit folgt:
SP= IP+G+ISt- Ti+Z -Td+R.
BD
• Private Ersparnis und private Nettoinvestitionen können
im Ausmaß des Finanzierungsdefizits voneinander
abweichen.
203
Abschreibungen (D)
170
670 Privater Konsum (C)
Wertschöpfung (F)
915
220
Private Invest. (IbP)
70
Staatl. Invest. (IbSt)
Yb M
202
• Wird das Vermögensänderungskonto des Staates
(SSt+BD= ISt ) mit demjenigen des privaten Sektors (SP=
IP+BD ) aggregiert, so folgt:
S=SP+SSt= IP +ISt .
• Ein Anstieg des Staatskonsums (SSt sinkt) könnte also
entweder zu einem Anstieg der privaten Ersparnis oder zu
einem Rückgang der (privaten) Investitionen führen.
• Wir benötigen eine Theorie, mit der die Wirkung genau
bestimmt wird.
204
• Für eine modelltheoretische Berücksichtigung des Staates
werden folgende Annahmen gemacht:
• Der Staat fragt das Güterbündel Y für öffentliche Zwecke
nach (G). Er erhebt Zwangsabgaben (T=Td). Dies sind die
Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Der Staat zahlt
Transferzahlungen an private Haushalte (R).
• Staatl. und private Investitionen werden zusammengefasst,
(I).
• Indirekte Steuern (Ti) und Subventionen (Z) werden
vernachlässigt. Diese können parallel zu den direkten Steuern
(Td) und Transferzahlungen an Haushalte (R) modelliert
werden.
• Haushalte planen ihren Konsum in Abhängigkeit vom
verfügbaren Einkommen Yv=Y-T+R.
Das Gütermarktmodell mit Staat
(1) Y=YD
(2)
Fünf Gleichungen und
fünf endogene Variablen:
YD=C+I+G
(3) C=a+cYv ;(a>0, 0<c<1)
Y, YD, C, Yv, T
(4) Yv=Y–T+R
Exogene Variablen: G, T0,
R, I, t
(5) T=T0+tY ;(T0>0, 0≤t<1)
205
• Zur Berechnung des Gleichgewichtseinkommens werden
die Verhaltenshypothesen, Definitionen und institutionellen
Beziehungen in die Gleichgewichtsbedingung (1)
eingesetzt:
206
Y,
Y D,
C
YD=C+I+G
P0
I
C+G
S
Y = a + c(Y – T0 – tY + R) + I + G
C=a+c(1-t)Y-c(T0-R)
1
⇒ Yˆ =
( a − cT0 + cR + I + G ) .
1 − c(1 − t )
Multiplikator
autonome
Komponenten
45°
207
Y^0
Y
208
• Im Rahmen einer komparativen Statik lässt sich die
Wirkung einer Veränderung einer autonomen
Komponente auf das Inlandsprodukt durch das totale
Differential bestimmen:
• Der Anpassungsprozess zum neuen Gleichgewicht lässt
sich graphisch illustrieren:
G Ç Î YÇ Î YvÇ Î CÇ
TÇ
1
dY =
( da − cdT0 + cdR + dI + dG ) .
1 − c(1 − t )
Multiplikator
Sickerverluste
• Im Falle einer Erhöhung der autonomen Steuern oder
Senkung der Transferzahlungen ergibt sich folgende
Anpassung:
Veränderungen der
autonomen Komponenten
= Impulse
RÈ
Y È Î Yv È Î C È
209
• Eine Erhöhung des Staatskonsums geht mit einem
erhöhten Budgetdefizit einher. Dieser Anstieg wird jedoch
durch den Multiplikatorprozess gedämpft.
TÈ
SÈ
Sickerverluste210
Das Haavelmo Theorem
• Von einer gleichzeitigen Erhöhung des Staatskonsums und
der Steuern geht ein positiver Impuls aus, (Haavelmo 1945).
• Wir unterstellen eine vollständig durch Steuern finanzierte
Steigerung des Staatskonsums, d.h. dBD = 0; dG = dT0 > 0.
Mit da=dR=dI=0 folgt:
• Für das Budgetdefizit (BD) gilt:
BD= G + InSt+ R – T = G + InSt + R – T0 – tY.
• Das totale Differential (mit dInSt = dT0 = dR = dt = 0)
erbringt:
dBD= dG – tdY.
• Einsetzen für dY erbringt:
SÇ
dY =
1
1− c
dG.
( −cdT0 + dG ) =
1 − c(1 − t )
1 − c(1 − t )
• Werden die Steuern nur pauschal erhoben, ist also der
Steuersatz (t) Null, so gilt dY=dG (Haavelmo-Theorem).
(1 − c )(1 − t )
dBD
1
= 1− t
=
> 0; < 1.
dG
1 − c(1 − t )
1 − c(1 − t )
211
212
• In einer Nachrichtenagenturmeldung vom 19. August 2010
heißt es:
• Der Staat hat hier zusätzlich die Möglichkeit, den
Steuersatz, t, zu variieren. Die Auswirkung lässt sich
mit Hilfe der zusammengefassten Gleichung
analysieren:
Y = a + c(Y – T0 – tY + R) + I + G
• Bei totaler Differentiation ist nun die Produktregel
anzuwenden. Mit da=dT0=dR=dI=dG=0 folgt:
„Nach dem temporeichen Aufschwung der deutschen Wirtschaft im
zweiten Quartal hat die Bundesbank ihre Wachstumsprognose für das
laufende Jahr deutlich erhöht. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP)
dürfte um rund 3 Prozent steigen, schreiben die Währungshüter in ihrem
neuen Monatsbericht. Noch im Juni hatte die Notenbank ein Plus von nur
1,9 Prozent für die deutsche Konjunktur vorhergesagt.“
• Eine Erhöhung des Wachstums um 1 Prozentpunkt bewirkt
Mehreinnahmen bei den Steuern i.H.v. ca. 4 Mrd. €. Noch
stärker fallen die Überschüsse bei den Sozialversicherungen
aus. Gemäß einer Faustregel beträgt der Überschuss bei der
Arbeitslosenversicherung 6 Mrd. €, weitere 4 Mrd. € bei der
Arbeitslosenhilfe sowie 1 Mrd. € bei der Rentenkasse.
dY = cdY – ctdY – cYdt
Ù dY(1 – c + ct) = – cYdt
dY =
1
( −cYdt ) .
1 − c(1 − t )
Multiplikator
Impuls
213
214
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
• Im umgekehrten Fall eines Konjunktureinbruchs resultieren
Defizite bei den öffentlichen Haushalten.
• Diese Defizite wirken stabilisierend auf die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Diese Stabilisierung ergibt
sich automatisch, ohne spezielle Gesetze mit denen
Staatsausgaben erhöht werden.
• Steuern und Sozialversicherungen erfüllen daher eine
Aufgabe als „automatischer Stabilisator“.
WS 2010/11
y,
s.y
y*
6. Investition und Zins
c*
f(k)
(n+δ)k
s.f(k)
s.y*
215
k*
k
216
Pflichtlektüre:
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 267271.
• Die folgenden drei Abschnitte stellen ein
makroökonomisches Modell für eine geschlossene
Volkswirtschaft vor. Ziel ist es, Inlandsprodukt, Realzins und
Inflationsrate miteinander in Beziehung zu bringen.
• In dem Modell wird das nachgefragte Inlandsprodukt
maßgeblich vom Realzins beeinflusst. Dieser wiederum wird
von der Zentralbank festgelegt. Abweichungen von
nachgefragten und angebotenem Inlandsprodukt führen zu
Änderungen der Inflationsrate. Auf diese reagiert wiederum
die Zentralbank mit einer Änderung des Realzinses.
217
• Ausgangspunkt des Modells sind die Bestimmungsgrößen
der Investitionstätigkeit. Hierfür werden verschiedene
Variablen angeführt:
- Der Realzins (r).
- Zukünftige Ertragserwartungen (E).
- Staatliche Anreize (Steuern und
Abschreibungsgeschwindigkeit)
• Die ersten beiden Bestimmungsgrößen leiten wir hier
genauer her. Die dritte Größe kann exogen vom Staat
festgelegt werden.
219
218
• Wir betrachten ein einzelwirtschaftliches Investitionskalkül.
• Hierbei wird die Methode des internen Zinsfußes
angewandt.
• Es findet eine Abwägung statt zwischen der erwarteten
Rendite und den Kosten (oder Opportunitätskosten) der
Investition.
• Die Investitionsnachfrage wird ausgedehnt, bis der interne
Zinsfuß (ρ) dem nominalen Zinssatz entspricht.
• In diesem Fall ist der Kapitalwert der Investition (also der
Barwert der zukünftigen Erträge abzüglich der
Anschaffungsausgaben) gleich Null.
220
• In einer inflationsfreien Welt gilt für den internen Zinsfuß
(ρ), die Anschaffungsausgaben (A0), die realen
Nettoeinnahmen der Periode i (Ei) und die Lebensdauer des
Investitionsobjektes (n) folgender Zusammenhang:
A0 =
E3
En
E1
E2
+
+
+ ... +
.
2
3
n
1 + ρ (1 + ρ ) (1 + ρ )
(1 + ρ )
• Ein Investor wird nun einen Vergleich anstellen zwischen
dem internen Zinsfuß (ρ) und dem nominalen Marktzins (i).
• Falls ρ > i ist der Kapitalwert der Investition größer als
Null; das Investitionsobjekt wird durchgeführt.
• Falls ρ < i ist der Kapitalwert der Investition kleiner als
Null; das Investitionsobjekt wird nicht durchgeführt.
• Bei konstanten erwarteten Nettoeinnahmen (Ei=E) und
unendlich langer Lebensdauer des Investitionsobjektes
n → ∞ folgt:
• In einer Wirtschaft mit Inflation ist diese Berechnung
anzupassen.
⎛
⎞ E
1
E
= E⎜
− 1⎟ = ⇔ ρ = .
⎜ 1 − 1 (1 + ρ ) ⎟ ρ
A0
j =1 (1 + ρ )
⎝
⎠
∞
A0 = E ∑
1
i
221
• Im Falle von Inflation werden automatisch alle zukünftigen
realen Erträge, Ei, mit der Inflationsrate nominal ansteigen.
Es gilt folgender Zusammenhang bei unendlich langer
Laufzeit:
i
A0 = ∑ i =1
∞
(1 + π ) Ei
i
(1 + ρ )
⎞
(1 + π ) = E ⎛
1
E
−
≈
1
A0 = E ∑ i =1
⎜
⎟
i
⎜ 1 − (1 + π ) (1 + ρ ) ⎟ ρ − π
(1 + ρ )
⎝
⎠
⇔ρ=
• Ein Investor erwartet, dass der interne Zinsfuß (ρ) mit der
Inflationsrate steigt. Er vergleicht ρ mit dem nominalen
Zinssatz i=r+π.
• Falls ρ > i Ù E/A0 > r ist der Kapitalwert der Investition
größer als Null; das Investitionsobjekt wird durchgeführt.
• Falls ρ < i Ù E/A0 < r ist der Kapitalwert der Investition
kleiner als Null; das Investitionsobjekt wird nicht
durchgeführt.
• Hieraus folgt bei konstanten erwarteten realen
Nettoeinnahmen (Ei=E) und unter der Annahme einer
geringen Inflationsrate (1+π ~ 1):
∞
222
i
E
+π
A0
223
• Die Höhe der insgesamt in einer Volkswirtschaft
durchgeführten Investitionen lässt sich graphisch dadurch
bestimmen, dass alle Investitionen gemäß ihrem realen
Ertrag E im Verhältnis zu den Anschaffungskosten A0
angeordnet werden.
224
r, E/A0
• Die Investitionsnachfrage lässt sich auch als stetige
Funktion darstellen.
E1/A0
E2/A0
• Der bisherige Fall zinsunabhängiger Investitionen ergäbe
sich bei I r = 0, also bei einer vertikal verlaufenden
Kurve.
E3/A0
r=r0
E4/A0
E5/A0
r
I
I1
I2
I3
I(r)
I4 I5
Iˆ
• Investoren werden ihre Nachfrage so lange ausdehnen, bis
gilt: E/A0 = r.
r = r0
• Insgesamt ist der Realzins und nicht der Nominalzins
entscheidend für die Höhe der Investitionen.
225
• Verbessern sich die Zukunftsaussichten, d.h. für alle
Projekte steigt der erwartete reale Ertrag E, so verschiebt
sich die Investitionskurve nach oben.
I0(r)
I
226
• Sollten aber steigende Investitionen nicht zu einer
Erhöhung des Realzinsniveaus führen, da die Investoren die
Preise für knappe Finanzierung (Ersparnisse) und damit die
Zinsen nach oben treiben?
• Bei gegebenem Realzins werden mehr
Investitionsprojekte durchgeführt.
r
Iˆ
• Nein, denn makroökonomisch erzeugen Investitionen die
zu ihrer Durchführung erforderlichen Ersparnisse selbst.
I1(r)
• Zusätzliche Investitionen führen zu erhöhten Einkommen,
die nur als Ersparnisse die Multiplikatorrunden verlassen
können.
r = r0
Iˆ0
I
Iˆ1
227
228
• Sinkende Realzinsen erhöhen die Investitionen.
• Steigende Investitionen erhöhen die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage.
• Hierdurch steigt die Produktion und führt zu einem
erneuten Anstieg des privaten Konsums.
• Es ergibt sich ein Multiplikatorprozess, der das
Inlandsprodukt insgesamt stark ansteigen lässt.
r
• Hieraus ergibt sich
ein negativer
IS-Kurve
Zusammenhang
zwischen dem
Realzins und dem
Inlandsprodukt.
Y
229
• In Anlehnung an das Gütermarktmodell in Abschnitt
V haben diverse Lageparameter einen Einfluss auf die
Lage der IS-Kurve.
r
• Punkte außerhalb der IS-Kurve bedeuten, dass die
Dynamik der Multiplikatorrunden noch nicht
abgeschlossen ist.
r
IS
P1
P‘2
P‘1
P2
Y
230
• Neben den bisher bekannten Einflussgrößen
(Staatskonsum, autonome Steuern, Transferzahlungen,
autonomer Konsum) sind nun zwei weitere Einflussgrößen
auf das Inlandsprodukt zu erwähnen.
• Der Realzins steht an der Ordinate, bewirkt also eine
negative Neigung der Kurve.
• Die zukünftigen Erwartungen bezüglich realer Erlöse für
Investitionsprojekte, E, stellen einen Lageparameter der ISKurve dar. Optimistische Zukunftserwartungen erhöhen die
Investitionsneigung und verschieben die IS-Kurve nach
rechts.
IS
GÇ, T0È, RÇ ,
a Ç, E Ç
GÈ, T0Ç,
RÈ, a È, E È,
Y
231
232
• Wie stabil und sicher sind aber die zukünftigen
Erwartungen? Dies wurde zumeist kontrovers diskutiert.
Die Krise der letzten Jahre hat deutlich gemacht, dass
zukünftige Erwartungen sehr unsicher sind und dass
Investitionen stark davon abhängen, wie optimistisch
Investoren in die Zukunft blicken.
• Dabei kann der Optimismus des einen denjenigen des
anderen wecken. Genauso kann der Pessimismus eines
Investors andere zu ähnlich düsteren Voraussagen bewegen.
• Zwei Investoren überlegen sich z.B., ob sie ein Haus in
New Orleans nach der Flutkatastrophe wieder aufbauen
wollen.
• Keiner möchte aber ohne Nachbarn leben. Hierbei ergibt
sich dann ein Koordinationsproblem und zwei
Gleichgewichte:
Ertrag
Investor 1
Nein 0
Ja -2
233
• Aus vielen Gründen treten solche Abhängigkeiten
zwischen Investoren in einer Volkswirtschaft auf.
• So möchte ein Investor die Möglichkeit haben, sein
Anlagevermögen in der Zukunft zu verkaufen, kann dies
aber nur, wenn andere Akteure im Markt aktiv sind.
• Zulieferbetriebe für notwendige Vorprodukte entstehen
nur dann, wenn hierfür viele konkurrierende Abnehmer
existieren.
• Der Optimismus eines Investors kann andere anstecken,
nicht zuletzt deshalb, weil diese einen
Informationsvorsprung bei dem aktiven Investor vermuten.
235
Investor 2
Nein
0
0
0
5
Ja
-2
5
• Sofern ein Investor eher pessimistische Einstellungen von
anderen vernimmt, wird er seine Investitionen ebenfalls
zurückstellen. Das Gleichgewicht ohne Investitionen
234
resultiert.
• Das aktuelle Inlandsprodukt kann auch auf die Höhe der
Investitionen wirken (Akzeleratorhypothese).
• Dies kann zum einen daraus resultieren, dass sich in einer
Rezession Pessimismus durchsetzt und die
Ertragserwartungen, E, nach unten revidiert. Zum anderen
sinken oftmals in einer Rezession die Buchwerte der Aktiva.
Hierdurch sinkt die Kreditwürdigkeit von Unternehmen und
sie erhalten für Investitionen keine Kredite.
• Dies liefert einen weiteren Grund dafür, dass
Schwankungen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage sich
selbst verstärken. Es gilt dann I=I(Y,r).
• Frage: Was gilt in diesem Fall für das Sparparadoxon, also
den einzelwirtschaftlichen Versuch, mehr zu sparen durch
Erhöhung der Sparquote?
236
• Die Realzinsen beeinflussen nicht nur die Investitionen.
• Mit sinkenden Realzinsen steigen die Kurse von
Anleihen und Aktien.
• Hierdurch steigt das Vermögen der privaten Haushalte
an.
• Ein solcher Vermögensanstieg regt die privaten
Haushalte dazu an, ihren Konsum zu erhöhen. Dieser
Konsum wird die gesamtwirtschaftliche Nachfrage
erhöhen.
• Hiermit wird eine negative Steigung der IS-Kurve erneut
begründet. Der Effekt wird als „Vermögenskanal“
bezeichnet.
237
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2010/11
y,
s.y
y*
f(k)
7. Zinssatz und Gütermarkt bei
(n+δ)k
konstanter Inflation
c*
s.f(k)
s.y*
k*
k
238
Pflichtlektüre:
Lambsdorff, J. Graf und C. Engelen (2007), Das
Keynesianische Konsensmodell, WiST,
Wirtschaftswissenschaftliches Studium, August, S. 387394.
Jarchow, H.-J. (2010), Grundriss der Geldtheorie, 12.
Aufl. S. 217-229.
Keynes, J.M. (2008), On Air – Der Weltökonom am
Mikrofon der BBC. S. 71-77.
Romer, D. (2006), Short-Run Fluctuations. Manuskript,
University of California, Berkeley, S. 1-19,
http://elsa.berkeley.edu/~dromer/
Blanchard, O. (2009), Macroeconomics. S. 505-512.
239
• Die vorherigen Abschnitte hatten gezeigt, dass
Investitionen sich die zu ihrer Finanzierung notwendigen
Ersparnisse selbst erzeugen aufgrund des
Multiplikatorprozesses.
• Wie wird dann aber der Realzins bestimmt?
• Wir hatten in Abschnitt III bereits gesehen, dass der
nominale Zinssatz von der Zentralbank bestimmt wird.
• Die Zentralbank beobachtet permanent die laufende und
in der Zukunft erwartete Inflation.
• Wird dieser Wert vom nominalen Zinsniveau
subtrahiert, so ergibt sich das reale Zinsniveau.
• Die Zentralbank führt die Geldpolitik durch mit dem
Ziel, makroökonomische Größen optimal zu steuern.
240
• Da hohe Realzinsen die Investitionen dämpfen und
niedrige Realzinsen zu einem expansiven Impuls führen,
wird die Zentralbank der Höhe der Realzinsen besondere
Aufmerksamkeit schenken.
• Sie wird daher direkt das Realzinsniveau steuern.
• Ist das reale Inlandsprodukt, Y, niedriger als das
potentielle Inlandsprodukt, so resultiert Arbeitslosigkeit und
vorhandene Kapazitäten an Sachkapital sind ungenutzt. Die
Zentralbank steuert dem durch Senkung des Realzinses
entgegen.
• Ist das Inlandsprodukt höher als sein potentielles Niveau,
so müssen Arbeitskräfte Überstunden machen. Sachkapital
wird übermäßig verschlissen. Um die Wirtschaft zu
dämpfen wird die Zentralbank den Realzins erhöhen.
• Bei einem hohen Inlandsprodukt droht auch eine
zukünftige Finanzkrise.
• Eine hohe gesamtwirtschaftliche Nachfrage kann durch
einen Boom beim privaten Konsum oder den Investitionen
ausgelöst werden.
• Der Boom hält dabei an, weil hohe Einkommen den
privaten Haushalten einen hohen Konsum ermöglichen und
den Investoren eine gute Kapazitätsauslastung.
• Geht das Inlandsprodukt aber auf sein potentielles Niveau
zurück, so erkennen die privaten Haushalte, dass
Konsumentenkredite nicht abbezahlt werden können.
• Investoren erkennen, dass ihre Projekte unrentabel sind.
Sie müssen Insolvenz anmelden. Insgesamt kann so eine
Finanzkrise aufkommen.
241
242
• Um diese Gefahren einer Überhitzung zu vermeiden, wird
die Zentralbank den Realzins erhöhen:
“[It’s the Fed’s job] to take away the punch bowl just as
the party gets going.”
William McChesney Martin, Jr.
Fed Chairman 1951-1970
• In der Rezession gilt das Gegenteil:
“The Fed also has the job of spiking the punch with
grain alcohol when the party starts to flag“
N. Gregory Mankiw,
New York Times, 2007
243
Quelle: New York Times, 21. Dezember 2007
244
• Die Zentralbank wird darüber hinaus auch der Höhe der
Inflationsrate eine große Bedeutung beimessen. Die EZB
hält eine Inflationsrate zwischen 1 und 2 Prozent für
angemessen.
• Bei hoher Inflation wird die Zentralbank den Realzins
erhöhen. Hierdurch soll der Preisauftrieb gedämpft werden.
• Bei zu niedriger Inflation wird der Realzins gesenkt, damit
zusätzliche gesamtwirtschaftliche Nachfrage entsteht.
• Es ergibt sich eine geldpolitische Reaktionsfunktion, die
positiv vom realen Inlandsprodukt und ebenfalls positiv von
der Inflationsrate abhängig ist.
• Analog fällt λI groß aus, falls bereits kleine
Schwankungen der Inflationsrate vermieden werden sollen.
• Der letzte Term ließe sich auch in der Form λI (π − π )
schreiben, wobei π der Zielwert der Inflationsrate ist.
• Wir können diesen Zielwert aber weglassen. Ein höherer
Zielwert, also eine inflationäre Politik, wird hier stattdessen
durch den Term r' erfasst.
• Diese Regel wird als Taylor-Regel bezeichnet:
r = r '+ λP (Y − Y ) + λI π ;
• Hierbei bezeichnen λP das Ausmaß mit dem die
Zentralbank auf Schwankungen des Inlandsprodukts
reagiert. Je ausgeprägter der Wunsch nach einer
Stabilisierung des Inlandsprodukts, desto größer fällt dieser
Parameter aus.
r ', λP , λI > 0
245
• Der Term r' bezeichnet einen von der Zentralbank im
langfristigen Mittel für geeignet angesehenen Realzins.
• Eine Änderung von r' bringt eine bewusste Änderung der
geldpolitischen Ausrichtung zum Ausdruck.
• Mit einem Anstieg von r' wird der Übergang zu einer
restriktiveren geldpolitischen Regel ausgedrückt.
246
• Wir setzen dabei den Wert für das potentielle
Inlandsprodukt, Y , auf 100 und passen den Wert der
Güternachfrage, Y, dementsprechend an.
• Bei einem Produktionspotential von 2500 Mrd. € und
einer Güternachfrage von 2400 Mrd € schreiben wir dann:
2400 − 2500
× 100 = 96 − 100
2500
• Wir bringen somit zum Ausdruck, dass die Güternachfrage
4% unterhalb des Produktionspotentials liegt.
Y −Y =
• Mit einem Senken von r' wird ausgedrückt, dass die
Zentralbank eine laxere geldpolitische Regel verfolgt.
• Hiervon ist eine fehlerhafte Realzinssteuerung der
Zentralbank zu unterscheiden, die durch ein Abweichen von
der MP-Kurve dargestellt wird.
247
• Taylor schlägt als Werte für λP und λI jeweils 0,5 vor.
248
• Die IS-Kurve sei durch die folgende Gleichung
charakterisiert (b0 bezeichnet die in den vorherigen
Abschnitten identifizierten Einflüsse).
• Damit erhalten wir eine Kurve, welche die monetäre
Politik der Zentralbank beschreibt. Diese Kurve
bezeichnen wir als MP-Kurve.
Y = b0 − b1r;
• Sie hat eine positive Steigung.
• Ein Anstieg der Inflation oder ein Übergang zu einer
restriktiveren geldpolitischen Regel (r' steigt) verschieben
die MP-Kurve nach oben.
b0 , b1 > 0.
• Die geldpolitische Regel und die IS-Kurve können
zusammengefasst werden, um das gleichgewichtige
Inlandsprodukt und den hierzu gehörigen Realzins zu
bestimmen.
r
r
MP-Kurve
IS
MP
π↑; r'↑
r0
Y
P0
249
• Im Gleichgewicht muss die nominale Geldmenge, Ln,
mit der Inflationsrate steigen.
Y
Y0
250
Erhöhung des Staatskonsums
• Dies zeigt ein Blick auf die Geldnachfragegleichung,
Ln = P ⋅ L(Y , r + π e ) .
IS1
r
• Da im Gleichgewicht der Realzins, die erwartete
Inflationsrate und das Inlandsprodukt konstant sind, ist
auch die reale Geldnachfrage konstant.
IS0
b0Ç
MP
rA
r0
• Dies ergibt sich nur bei einer proportionalen
Entwicklung von Geldmenge und Preisniveau.
P0
Y0
PA
YA
Y
• So lange somit der Zinssatz konstant ist, gilt die
Quantitätsgleichung.
251
252
• Die Erhöhung des Staatskonsums auf ein dauerhaft höheres
Niveau verschiebt die IS-Kurve nach rechts.
• Der Anstieg des Inlandsprodukts fällt insgesamt geringer
aus als bei der bisherigen Multiplikatoranalyse.
• Aufgrund des Anstiegs des Inlandsprodukts ergibt sich eine
Überauslastung der Kapazitäten.
• Die Zentralbank wirkt stabilisierend einer Ausweitung des
Inlandsprodukts entgegen.
• Die Zentralbank wird gemäß ihrer Reaktionsfunktion den
Realzins erhöhen.
• Dies wird auch in der Literatur als „Dämpfungseffekt des
Geldmarkts“ oder genauer als „Dämpfungseffekt der
Zentralbankpolitik “ bezeichnet.
• Die Inflationsrate ist kurzfristig konstant. Daher bleibt die
MP-Kurve unverändert in ihrer Lage. Es ergibt sich ein neues
Gleichgewicht im Punkt PA.
• Das Inlandsprodukt ist angestiegen, allerdings ist der
Anstieg gedämpft, da die höheren Realzinsen die
Investitionen reduzieren.
253
254
• Eine straffere geldpolitische Regel verschiebt die MP-Kurve
nach oben.
Straffere geldpolitische Regel
• Der Realzins erhöht sich.
MP1
r
IS0
rA
r0
r'Ç
• Aufgrund des steigenden Realzinses sinkt das
Inlandsprodukt.
MP0
PA
• Dies wiederum bewirkt, dass die Erhöhung des Realzinses
etwas gedämpft wird.
P0
YA
Y0
Y
•Es ergibt sich ein Gleichgewicht in PA bei kurzfristig
konstanter Inflationsrate.
255
256
• Wieso geht eine einmalige Reduktion der Geldnachfrage
mit einem Sinken des Inlandsprodukts einher?
• Teilweise finden sich hier irreführende,
vulgärökonomische Argumente für diesen Zusammenhang,
z.B. : „Die Güternachfrage verringert sich, weil weniger
Geld für Konsumzwecke zur Verfügung steht“.
• Dieses Argument ist falsch, denn für Konsum ist
Einkommen notwendig. Geld wird zu
Transaktionszwecken gehalten. Konsumgüter werden
verbraucht, Geld nicht.
• Der Grund besteht vielmehr darin, dass durch den
höheren Realzins die Investitionen sinken und als
Begleiterscheinung auch die Geldnachfrage sinkt.
• Eine straffere geldpolitische Regel geht mit einer
einmaligen Reduktion der Geldmenge einher.
• Dies zeigt die Gleichung für die Geldnachfrage:
Ln = P ⋅ L(Y , r + π e )
• Da das Inlandsprodukt sinkt und der Realzins steigt,
sinkt die reale Geldnachfrage.
257
258
Expansivere geldpolitische Regel mit Liquiditätsfalle
Liquiditätsfalle
• Die Zentralbank kann keine negativen nominalen
Zinssätze am Markt durchsetzen.
r
IS0
• Ein Grund für dieses Versagen besteht darin, dass die
Geschäftsbanken keine Kredite mit negativen
Nominalzinsen vergeben, weil sie stattdessen die
Geldhaltung bevorzugen.
r0=0
MP
P0=P1
r'↓
Y
Y0=Y1
• Dies wird als Liquiditätsfalle bezeichnet, da alle
Wirtschaftssubjekte eine unbegrenzte Neigung zur Haltung
von Liquidität hätten.
• Bei einer Inflationsrate von Null kann die Zentralbank
dann keine negativen Realzinsen erreichen.
259
260
• Statt Punkte auf der MP-Kurve zu erreichen, muss die
Zentralbank dann von dieser Kurve abweichen.
• Unterhalb von r=0 gilt die MP-Kurve nicht mehr.
• Eine expansivere geldpolitische Regel ist dann ohne
Einfluss auf r.
• Demzufolge kann sich auch kein Anstieg der Investitionen
und des Inlandsprodukts einstellen.
• Eine Änderung der geldpolitischen Regel ist in der
Liquiditätsfalle somit wirkungslos.
261
262
III. Fallstudie Japan
III. Fallstudie Japan
III. Fallstudie Japan
Japan, 2009
BIP: 487000 Mrd. Yen
Bevölkerung: 127 Mio.
Pro-Kopf-Produktion: 3830000 Yen
Preis Big-Mac: 320 Yen
Wechselkurs: 85 Yen/US $
263
264
• 1989-1992: Nikkei büsst mehr als die Hälfte seines Wertes
ein. Viele faule Kredite liegen in den Bilanzen.
• 1992-1996: Trotz Rezession werden Zinsen nur langsam
gesenkt.
• 1996-2010: Japan ist in der Liquiditätsfalle. Nur mit hohen
Staatsausgaben gelingt eine Stabilisierung. Die Verschuldung
des Staates liegt mittlerweile bei 230% des BIP.
265
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2010/11
III. Fallstudie Japan
III. Fallstudie Japan
• 1984-89: Trotz hohen Wachstums und niedriger Inflation
werden niedrige Zinsen gesetzt (um
Leistungsbilanzüberschuss abzubauen). Vermögenspreisblase
bei Aktien und Immobilien.
• Der Nikkei ist der bekannteste japanische Aktienindex.
Seine Messung basiert auf 225 ausgesuchten
Aktienwerten.
266
Pflichtlektüre:
Lambsdorff, J. Graf und C. Engelen (2007): 387-394.
Jarchow, H.-J. (2010), Grundriss der Geldtheorie, 12.
Aufl. S. 229-243.
y,
s .y
y*
8. Das makroökonomischef(k)
(n+δ)k
Konsensmodell
c*
s.f(k)
Romer, D. (2006), Short-Run Fluctuations. Manuskript,
University of California, Berkeley, S. 44-70,
http://elsa.berkeley.edu/~dromer/
Taylor, J.B. und A. Weerapana (2009), Economics, 6.
Aufl. S. 672-693; 694-708.
Ferner:
s.y*
k*
Blanchard, O. (2009), Macroeconomics. S. 498-505.
k
267
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 358268
371.
• Bisher haben wir ein konstantes Inflationsniveau
unterstellt. Tatsächlich aber schwankt die Inflationsrate und
reagiert auf geld- und fiskalpolitische Aktionen.
Herleitung der AD-Kurve
πÇ
IS
MP0
r0
• Ein Zusammenhang zwischen Inflation und Inlandsprodukt
ergibt sich aus dem Zusammenwirken von IS-Kurve und
MP-Kurve.
π
• Ein Anstieg der Inflationsrate verschiebt die MP-Kurve
nach oben. Aufgrund des steigenden Realzinses verringert
sich daher das Inlandsprodukt.
π0
• Die Schar dieser Punkte können wir in einem π/YDiagramm abtragen.
MP1
r
• Wir müssen daher die Bestimmungsfaktoren der
Inflationsrate herausarbeiten und die Rückwirkung auf
Realzins und Inlandsprodukt modellieren.
P0
Y0
AD
π1
P0
Y
269
• Im π/Y-Diagramm hat diese Kurve eine negative Steigung.
• Diese Kurve gibt an, wie hoch das Inlandsprodukt ist, falls
die Zentralbank auf eine vorgegebene Inflationsrate mit
ihrer Zinssetzung reagiert. Die Kurve unterstellt dabei, dass
Produzenten ihre Produktion vollständig nach der
gesamtwirtschaftlichen Nachfrage ausrichten.
• Bei hoher Inflationsrate setzt die Zentralbank einen hohen
Realzins und dämpft damit die Konjunktur.
• Bei niedriger Inflationsrate setzt die Zentralbank einen
niedrigen Realzins und regt damit die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage an.
• Daher bezeichnen wir die Kurve auch als Nachfragekurve
(aggregate demand).
271
Y
Y
270
• Die negativ geneigte AD-Kurve ähnelt einer aus der
Mikroökonomie bekannten Nachfragekurve.
• Erhöht sich der Preis für Bier, so sinkt die Nachfrage.
• Dieser mikroökonomische Effekt ist aber auf
Substitutionsbeziehungen zurückzuführen: Der relative Preis
für Bier steigt an; statt Bier werden andere Güter nachgefragt.
• Diese Substitution ist aber gesamtwirtschaftlich nicht
möglich.
• Die negative Neigung ist daher anders zu begründen: Die
Zentralbank möchte hohe Inflation vermeiden. Daher erhöht
sie den Realzins und bewirkt einen Rückgang der
gesamtwirtschaftlichen Nachfrage.
272
• Werden Produzenten aber tatsächlich immer gemäß der
Höhe der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage produzieren?
• Tatsächlich kann das gesamtwirtschaftliche Angebot von
anderen Einflussgrößen bestimmt sein.
• Langfristig wird das Angebot, wie im Wachstumsmodell
hergeleitet, von den Einsatzfaktoren und dem technischen
Fortschritt bestimmt. Dieses langfristige Niveau wird auch als
„potentielles Inlandsprodukt“ bezeichnet oder als
„Vollbeschäftigungsproduktion“, Y.
• Hat die Inflationsrate hierauf einen Einfluss?
• Zum einen existieren Kosten der Inflation
(Schuhlederkosten, Menukosten …), welche einen negativen
Einfluss nahelegen.
273
• Was passiert nun, wenn bei einer bestimmen Inflationsrate,
sagen wir π1, das Angebot größer ist als die Nachfrage?
Welche Seite wird sich durchsetzen?
• Kurz- und mittelfristig ist es möglich, dass das
Inlandsprodukt von dem langfristigen Niveau abweicht. Die
Höhe des Inlandsprodukts wird dann von der AD-Kurve
bestimmt.
• Kurzfristig ist nämlich die Inflationsrate konstant.
π
AD
π1
Y
Y
275
• Zum anderen gibt es einen Nutzen einer mäßigen
Inflationsrate, weil die Anpassungsfähigkeit einer
Volkswirtschaft gefördert werden könnte.
• In Abwägung der konträren Argumente erscheint die
Annahme vertretbar, dass insgesamt die Inflationsrate keinen
Einfluss auf das langfristig angebotene Inlandsprodukt besitzt.
• Im Falle eines Zustroms von Arbeitskräften, Kapital oder
natürlichen Ressourcen sowie bei technischem Fortschritt
erhöht sich das „potentielle Inlandsprodukt“ und die
Angebotskurve verschiebt sich nach rechts.
π
Y
Y
274
• So sind Löhne kurzfristig fixiert (sticky wages).
Lohnverhandlungen werden nur alle 1-2 Jahre durchgeführt.
Hierbei wird die zukünftige Inflationsrate abgeschätzt und als
Zuschlag auf den Lohn gewährt. Oder es wird ein Ausgleich
für die Inflation der Vergangenheit gewährt. Für den Zeitraum
des Vertrages bleibt das Lohnniveau dann konstant.
• Genauso sind Preise kurzfristig konstant, weil die
Anpassung mit Menukosten einhergeht (sticky prices). Preise
werden je nach Branche teilweise seltener als einmal pro Jahr
angepasst. Bei der Bestimmung des Preisniveaus wird die
Inflationsrate der Vergangenheit und die für die Zukunft
erwartete Rate berücksichtigt.
276
• Angenommen, ein Wirtschaftssubjekt hat Information über
eine verringerte gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Trotzdem
könnte es davon absehen, den Preis seines Gutes zu senken,
sofern diese Information nicht allen Konkurrenten zur
Verfügung steht (sticky information).
• Wirtschaftssubjekte ohne Besitz der Information werden
ihre Preise nicht verringern, sondern sich nur an der
bestehenden Inflationsrate orientieren. Diejenigen im Besitz
der Information sehen daher keine (oder nur eine geringe)
Veranlassung, als einzige die Absenkung ihres Preis- oder
Lohnniveaus durchzuführen.
• Information über einen Boom führt umgekehrt nicht zu
steigenden Preisen und Löhnen, sofern verringerte
Marktanteile gegenüber uninformierten Marktteilnehmern
befürchtet werden.
277
• Die Ausführungen implizieren, dass die Inflationsrate
kurzfristig konstant ist.
• Wir erhalten eine horizontale Inflationsanpassungs-Kurve
(IA) im π/Y-Diagramm.
• Die IA-Kurve wiederholt die im Rahmen der
Multiplikatoranalyse gemachte Annahme bezüglich des
Angebotsverhaltens: Dieses orientiert sich nur an der
Nachfrage. Anbieter sind bereit, ohne einen Anstieg des
Preisniveaus (und damit der Inflation) jede nachgefragte
Menge zu produzieren.
• Wie wird nun aber die Höhe der Inflationsrate bestimmt?
• Erfahrung lehrt, dass diese aus der Vergangenheit „ererbt“
wird. Eine hohe Inflationsrate in der Vergangenheit bewirkt,
dass auch in der Zukunft mit einer hohen Inflationsrate
gerechnet wird.
• Zudem reagiert die Inflationsrate auf ein Abweichen des
Inlandsprodukts von seinem potentiellen Niveau.
• Die Inflationsrate erhöht sich, wenn das Inlandsprodukt
größer ist als sein potentielles Niveau.
• In diesem Fall bewirkt nämlich eine Überauslastung der
Kapazitäten einen schnelleren Anstieg der Preise.
• Maschinen verschleißen schneller, die Motivation und
Konzentration der Mitarbeiter sinkt. Dies müssen die Firmen
durch einen beschleunigten Anstieg der Preise ausgleichen.
• Für abgeleistete Überstunden muss ein Zuschlag bezahlt
werden, der den Lohnsatz erhöht.
• Zudem steigen die Löhne schneller, weil aufgrund der
geringen Arbeitslosigkeit sich leichter Lohnsteigerungen
durchsetzen lassen.
• Ist das Inlandsprodukt dagegen kleiner als sein potentielles
Niveau, so resultiert Arbeitslosigkeit.
• Bei hoher Arbeitslosigkeit können Unternehmen die Löhne
drücken.
• Nur die hoch motivierten und qualifizierten Arbeitskräfte
verbleiben in den Betrieben und erlauben es den Firmen, die
Preissteigerungen moderater ausfallen zu lassen.
279
π
π0
IA
Y
278
280
• Formal gilt für die Inflationsrate:
π = π + δ (Y−1 − Y ) ; mit π = π −1
e
e
• Entspricht das Inlandsprodukt seinem potentiellen Niveau,
Y−1 = Y , so folgt :
π = π e = π −1
• Liegt also bei der Produktion eine dauerhafte Ruhelage vor
mit Y = Y, dann ändert sich die Inflationsrate nicht.
• Weicht jedoch die Höhe des Inlandsprodukts von seiner
potentiellen Höhe ab, so hat dies eine Veränderung der
zukünftigen Inflationsrate zur Folge.
• Neben der langfristig vertikalen Angebotskurve und der
kurzfristig horizontalen IA-Kurve wird in der Literatur auch
oftmals eine mittelfristige Angebotskurve dargestellt.
• Diese ist weder horizontal noch vertikal, sondern weist eine
positive Steigung auf.
• Eine solche Angebotskurve wird auch als „Phillips-Kurve“
bezeichnet.
• Hiermit wird verdeutlicht, dass mittelfristig ein erhöhtes
Inlandsprodukt und eine Absenkung der Unterbeschäftigung
nur mit einer Inflation „erkauft“ werden kann.
• Wir verzichten in der Graphik auf die Darstellung dieses
mittelfristigen Zusammenhangs.
281
Das Grundmodell
282
Erhöhung des Staatskonsums
r
IS1
r
IS
r1
MP
r0
Y0
b0Ç
Y
AD1
PA
Y
Y0 =Y1
AD0
π1
π0
MP
P0
π
AD
πÇ
P1
r0
P0
π
IS0
MP
P0
Y
IA
π0
Y
P1
PA
P0
Y
283
IA
Y
284
• Die Erhöhung des Staatskonsums auf ein dauerhaft höheres
Niveau verschiebt die IS-Kurve nach rechts. Aufgrund des
Anstiegs des Inlandsprodukts wird die Zentralbank gemäß
ihrer Reaktionsfunktion den Realzins erhöhen. Es ergibt sich
ein Zwischenpunkt in PA.
• Die Inflationsrate ist kurzfristig konstant. Daher liegt die
Zwischenlösung im π/Y-Diagramm auch im Punkt PA.
• Aufgrund einer Überschussnachfrage erhöht sich nun die
Inflation. Hierdurch wird die Zentralbank veranlasst, den
Realzins zu erhöhen. Die MP-Kurve verschiebt sich nach
oben.
• Die Anpassung verläuft so lange, bis wieder ein
Gleichgewicht im Punkt P1 erreicht ist, mit einem
Inlandsprodukt i.H. des potentiellen Niveaus.
• Die Inflationsrate ist nun gegenüber der Ausgangslage
dauerhaft angestiegen.
• Dies resultiert daraus, dass die Zentralbank den
anfänglichen Güternachfrageimpuls nicht vollständig
neutralisiert. Erst durch eine steigende Inflationsrate wird
dann die Zentralbank zu der weiteren, notwendigen Erhöhung
der Realzinsen induziert.
• Möchte die Zentralbank entgegen dieser Lösung dauerhaft
an der Inflationsrate der Ausgangslage festhalten, so müsste
sie auf die erhöhte Güternachfrage mit einer Straffung der
geldpolitischen Regel, r'↑, antworten.
285
• Mit der nun variierenden Inflationsrate kann auch die
Sparquote wieder auf die Investitionen wirken, entgegen der
Modellergebnisse bei konstanter Inflationsrate.
• Sofern nämlich die Sparquote steigt, verschiebt sich die ISKurve nach links. Die Zentralbank beobachtet eine zu geringe
gesamtwirtschaftliche Nachfrage und eine nachlassende
Inflationsrate. Sie wird die Zinsen senken. Die gesunkenen
Zinsen erhöhen dann die Investitionen.
• Allerdings funktioniert dieser Zusammenhang nicht in der
Liquiditätsfalle.
287
286
• Eine erhöhte Investitionsneigung führt nun auch nicht mehr
unbedingt zu steigender Ersparnis.
• Sie bewirkt eine Rechtsverschiebung der IS-Kurve und
damit eine erhöhte Nachfrage und zukünftige
Inflationsgefahren.
• Um dies zu vermeiden, wird die Zentralbank die Zinsen
erhöhen.
• Hierdurch kann sich eine erhöhte Investitionsneigung aber
nicht durchsetzen.
288
Straffere geldpolitische Regel
• Eine straffere geldpolitische Regel verschiebt die MP-Kurve
nach oben. Aufgrund des steigenden Realzinses sinkt das
Inlandsprodukt. Es ergibt sich ein Zwischenpunkt in PA.
MP1
r
π↓
IS0
r'↑
• Die Inflationsrate ist kurzfristig konstant. Daher liegt die
Zwischenlösung im π/Y-Diagramm auch im Punkt PA.
MP
PA
r0
π
P0=P1
AD0
AD1
π0
Y0 =Y1
P0
Y
IA
PA
π1
• Aufgrund eines Überschussangebots verringert sich die
Inflation. Hierdurch wird die Zentralbank veranlasst, den
Realzins wieder zu senken. Die MP-Kurve verschiebt sich
nach unten.
P1
Y
Y
289
290
• Die Anpassung verläuft so lange, bis wieder ein
Gleichgewicht im Punkt P1 erreicht ist, mit einem
Inlandsprodukt i.H. des potentiellen Niveaus.
Die Frage der Glaubwürdigkeit
• Wir sehen also, dass die Zentralbank bei Straffung der
geldpolitischen Regel die Inflationsrate reduzieren kann.
• Neben der Inflation der Vorperiode könnte die erwartete
• Wir hatten bisher die Inflationserwartung durch die
e
Gleichung π = π −1 dargestellt.
• Hierbei muss sie aber eine temporäre Reduktion der
Produktion und des Einkommens in Kauf nehmen.
• Dem langfristigen Vorteil einer reduzierten Inflation stehen
daher temporäre Einbußen gegenüber.
• Da zukünftige Vorteile im Kalkül der Wirtschaftssubjekte
abdiskontiert werden müssen, ist nicht sichergestellt, dass
eine straffere Geldpolitik insgesamt vorteilhaft ist.
291
Inflationsrate aber von weiteren Größen beeinflusst werden.
• Ein Anstieg der Ölpreise führt oftmals zu einer sofortigen
Änderung der Inflationserwartung.
• Hier wollen wir auf einen anderen wichtigen Einflussfaktor
eingehen: Die Glaubwürdigkeit einer Zentralbank.
• Sofern eine Zentralbank direkt Einfluss nehmen kann auf die
Inflationserwartung, ergäben sich wichtige Rückwirkungen
für die Wirksamkeit der Geldpolitik.
292
• Möchte die Zentralbank langfristig die Inflationsrate
reduzieren, so kündigt sie für die laufende und die
zukünftigen Perioden einen erhöhten Wert für r' an.
• Glauben die Wirtschaftssubjekte der Zentralbank und
erwarten sie, dass die Zentralbank ihre Politik auch gegen
Widerstände durchsetzen wird, so sind sie von dem
zukünftigen Rückgang der Inflationsrate überzeugt.
• Daher werden sie ihre Erwartungen der zukünftigen
Inflation sofort nach unten korrigieren.
• Dadurch verschiebt sich die IA-Kurve sofort nach unten.
• Es resultiert dann nicht der Punkt PA als Zwischenlösung.
Vielmehr fällt die Reduktion des Inlandsproduktes geringer
aus.
293
• Eine Zentralbank kann ihre Glaubwürdigkeit auch
ausnutzen, um über einen längeren Zeitraum die Wirtschaft
anzukurbeln.
• Sie könnte hierfür r' absenken, aber eine Rückkehr zur
bisherigen strikten Politik ankündigen. Sie täuscht dann die
Wirtschaftssubjekte.
• In diesem Fall würde die IA-Kurve zunächst in ihrer alten
Lage verharren, da die Wirtschaftssubjekte den
Ankündigungen der Zentralbank glauben.
• Erst mit der Zeit erkennen die Wirtschaftssubjekte, dass die
Zentralbank unglaubwürdig ist und erhöhen die
Inflationserwartung.
295
• Eine andere Situation liegt vor, wenn die Zentralbank jedoch
den Ruf hat, ihre Ankündigungen nicht konsequent
durchzusetzen, sondern oftmals ihren geldpolitischen Kurs
unter politischem Druck zu revidieren.
• In diesem Fall werden die Wirtschaftssubjekte nicht
unbedingt den Ankündigungen einer schärferen
geldpolitischen Regel in der Zukunft glauben.
• Die bloße Ankündigung wird dann nicht sofort zu einer
veränderten Inflationserwartung führen. In diesem Fall würde
sich die IA-Kurve nicht unmittelbar verschieben.
• Die Anpassung erfolgt dann bei einer kurzfristig konstanten
IA-Kurve und geht mit einem Produktionseinbruch einher
(Punkt PA).
294
• Ob sich hiermit aber tatsächlich das Inlandsprodukt
dauerhaft erhöhen lässt, wurde insbesondere von dem Robert
Lukas bezweifelt. Sein Argument, auch als Lukas-Kritik
bezeichnet, zieht in Zweifel, ob Wirtschaftssubjekte ihre
Inflationserwartung nur an Werten der Vergangenheit
orientieren. Bei einem substantiellen Politikwechsel seien
Wirtschaftsubjekte vielmehr in der Lage, die zukünftige
Entwicklung korrekt zu antizipieren.
• Die Wirtschaftssubjekte durchschauen hierbei sofort die
Täuschung und erhöhen sofort die Inflationserwartung.
• Die Glaubwürdigkeit der Zentralbank geht sofort verloren
und die IA–Kurve wird unmittelbar nach oben verschoben.
• Wird das Verhalten der Zentralbank rational antizipiert, so
unterbleibt hierbei ein temporärer Anstieg des
Inlandsprodukts.
296
Deflation und Liquiditätsfalle
• Die Zentralbank kann keine negativen Nominalzinsen
erzielen, denn die Geschäftsbanken würden lieber horten
(z.B. Bargeld in den Tresoren halten), als Kredite mit
negativem Ertrag auszugeben und die Nichtbanken würden
Sichteinlagen halten und unbegrenzt Kredite bei den
Geschäftsbanken aufnehmen.
r
MP(π=0)
IS0
r0=1
P0
r0=0
π
π0=0
Y
• Daher kann eine Senkung der Realzinsen bei
Preisniveaustabilität (π=0) nicht herbeigeführt werden.
Unterhalb von r=0 gilt die MP-Kurve nicht mehr.
Y0
AD0
P0
IA
Y
π0=-1
• In dieser Situation kann die Zentralbank die Inflationsrate
nicht mehr steigern, da sie nicht kurzfristig die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage erhöhen kann.
Y
• Sinkt die Inflationsrate nun (Deflation), so möchte die
Zentralbank wie bisher mit einer Senkung der Realzinsen
reagieren.
• Da die Nominalzinsen aber bereits Null betragen, gelingt
ihr dies nicht.
• Entgegen dem Wunsch der Zentralbank führt die Deflation
zu einem Anstieg der Realzinsen. Hierdurch sinkt die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage weiter ab.
• Insgesamt ergibt sich bei einer Kombination aus Deflation
und Liquiditätsfalle ein positiver Verlauf der
gesamtwirtschaftlichen Nachfragekurve.
• Es droht eine immer weiter zunehmende Deflation
(Deflationsspirale).
299
298
III. Fallstudie Große Depression
297
IV. Fallstudie Große Depression
300
100
90
Kanada
Frankreich
80
Deutschland
USA
Großbritannien
70
60
III. Fallstudie Große Depression
III. Fallstudie Große Depression
Pro-Kopf-Produktion
110
50
1928
1929
1930
1931
1932
1933
1934
1935
1936
1937
1938
III. Fallstudie Große Depression
301
302
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
• 1921-1929: Aktienboom. Zentralbank versucht erst 1929
die Überhitzung mit einer moderaten Zinserhöhung zu
dämpfen.
WS 2010/11
• 1929: Rezession beginnt und Aktienmarkt bricht ein.
• 1930: Zentralbanken senken weltweit Zinsen nur moderat.
Erst 1940 wird ein Zinssatz von 1% in den USA gesetzt.
• 1931: Durch Beendigung der Goldeinlösepflicht der Bank of
England (und damit des damaligen Systems fester
Wechselkurse) wertet das britische Pfund um 30% ab.
y,
s.y
y*
9.
f(k)
Außenbeitrag und Kapitalimporte
c*
s.f(k)
• 1932: Aufgrund der starken Deflation ergeben sich hohe
Realzinsen, welche den Abschwung beschleunigen.
• 1933: Das von Präsident Roosevelt eingeleitete Programm
New Deal kurbelt mit massiven staatlichen Investitionen und
303
Sozialleistungen die Binnenkonjunktur an.
(n+δ)k
s.y*
k*
k
304
Pflichtlektüre:
Frenkel, M. und K.D. John (2006), Volkswirtschaftliche
Gesamtrechnung, 6. Aufl. S. 27-29, 45-49, 53-54, 56.
McDowell, M. et al. (2006), Principles of Economics, S.
729-730.
• Eine geschlossene Volkswirtschaft ist dadurch
gekennzeichnet, dass sie keine Interaktion mit anderen
Volkswirtschaften aufweist.
• Dies beinhaltet insbesondere das Fehlen von Exporten und
Importen.
• Das beinhaltet das Fehlen von Einkommensströmen
(Faktorströmen) über Landesgrenzen hinweg.
• Auch fehlen Kapitalströme mit dem Ausland.
305
307
Die Bedeutung des Außenhandels für die USA
USA, Handels- und Dienstleistungsbilanz
18
16
14
12
10
Importe
Exporte
8
6
4
2
2006
2004
2002
2000
1998
1996
1994
1992
1990
1988
1986
1984
1982
1980
1978
1976
1974
1972
1970
1968
1966
1964
1962
0
1960
Prozent des BIP
• Für viele makroökonomische Fragestellungen wird
vereinfachend die Interaktion mit dem Ausland
vernachlässigt.
• Empirische Beispiele für geschlossene Volkswirtschaften
sind dagegen seltener.
• Nordkorea ist ein Beispiel einer geschlossenen
Volkswirtschaft.
• Daneben ist aber insbesondere die globale Wirtschaft selbst
als geschlossene Volkswirtschaft zu verstehen.
• Für alle anderen Fälle sind die vielfältigen Ströme von
Leistungen und Zahlungen mit dem Ausland zu
berücksichtigen.
306
308
• Die Bedeutung der außenwirtschaftlichen Öffnung hat in
den letzten fünf Jahrzehnten deutlich zugenommen.
• Weltweit steigt der Handel stärker als die Produktion.
• Dies ist ein Indikator einer zunehmenden „Globalisierung“
der Weltwirtschaft.
40
35
Exporte (%
vom BIP),
Deutschland,
WDI
30
Importe (%
vom BIP),
Deutschland,
WDI
25
20
• Die Exporte setzen sich zusammen aus den Exporten von
Gütern und Diensten (X‘) und den Exporten von
Faktorleistungen (FAI).
• Faktorleistungen werden exportiert, wenn ein Inländer ein
Einkommen im Ausland erzielt, z.B. indem er als
Grenzgänger im Ausland arbeitet oder Zins- oder
Mieteinnahmen im Ausland erzielt.
• Die Importe setzen sich zusammen aus den Importen von
Gütern und Diensten (J‘) und den Importen von
Faktorleistungen (FIA).
• Inländische Produktionsbetriebe importieren solche
Faktorleistungen, indem sie im Ausland wohnende
Arbeitskräfte oder Zinsen für ausländisches Kapital bezahlen.
2005
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
1973
1971
15
309
• Die jährlichen Überschüsse und/oder Defizite, X‘-J‘, werden
in der Handels- und Dienstleistungsbilanz eines Landes
erfasst.
• Dieser Wert wird auch als „Außenbeitrag“ bezeichnet.
• Werden noch Faktorexporte und –importe berücksichtigt, so
resultieren die gesamten Netto-Exporte (X-J=X‘+ FAI -J‘FIA), die auch als Leistungsbilanzsaldo bezeichnet werden.
• Falls X>J, erwirtschaftet ein Land einen Überschuss und
baut dadurch Nettoforderungen gegenüber dem Ausland auf.
• Sind die Importe hingegen größer als die Exporte, so
akkumuliert ein Land Schulden oder verliert
Vermögensobjekte an das Ausland.
311
310
• Der Außenbeitrag bzw. die Leistungsbilanz werden von
einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst:
- Den Konsumpräferenzen bezüglich inländischer und
ausländischer Produkte.
- Den Preisen der inländischen und ausländischen
Produktion.
- Dem Wechselkurs, also dem Preis der ausländischen
Währung in Einheiten der inländischen Währung.
- Dem Einkommen von Inländern und Ausländern.
- Transportkosten.
- Handelspolitik und Handelsbeschränkungen.
312
• Kapitalexporte kennzeichnen den von Inländern getätigten
Kauf ausländischer Vermögensobjekte (z.B. Aktien, Anleihen
oder Bauten) oder die Vergabe von Krediten an das Ausland.
• Kapitalimporte entsprechen dem Verkauf inländischer
Vermögensobjekte an Ausländer oder der Aufnahme von
Krediten aus dem Ausland.
• Nettokapitalexporte sind Kapitalexporte abzüglich der
Kapitalimporte. Sie entsprechen dem Saldo der Kapitalbilanz.
• So erhöht ein Kauf von US-Anleihen durch einen EUInländer die Nettokapitalexporte der EU.
• Kaufen Japaner Aktien in Deutschland, so verringern sich
die Nettokapitalexporte der EU.
313
• Die Nettoexporte und der Saldo der Kapitalbilanz stehen in
einem engen Verhältnis zueinander.
• Beide Bilanzen sind ein Teil der „Zahlungsbilanz“ eines
Landes, also einer Zusammenstellung aller Transaktionen mit
dem Ausland.
• Ein Land verliert dadurch Vermögen oder akkumuliert
Schulden, dass die Importe an Gütern, Diensten und Faktoren
größer sind als die Exporte.
• Im Gegenzug müssen in gleichem Ausmaß
Nettokapitalimporte vorhanden sein.
• Diese spezifizieren, in welcher Form Kapital in das Land
fließt, als Kredit oder durch den Verkauf von
Vermögensobjekten.
315
• Nettokapitalexporte werden von einer Vielzahl von Faktoren
beeinflusst:
- Den Realzinsen, welche für ausländische
Vermögensobjekte bezahlt werden.
- Den Realzinsen, welche für inländische
Vermögensobjekte bezahlt werden.
- Der erwarteten Entwicklung des Wechselkurses.
- Den wahrgenommenen ökonomischen und politischen
Risiken einer Anlage von Vermögen im Ausland.
- Den politischen Rahmenbedingungen, welche einen
Transfer von Vermögen ins Ausland ermöglichen oder
behindern.
314
• Es gilt also, dass die Nettoexporte von Gütern, Diensten und
Faktoren (X-J) den Nettokapitalexporten (NKE) entsprechen
müssen:
X-J =NKE.
• Einem Verkauf von Gütern und Diensten an die USA (XJ>0) steht zunächst die Entgegennahme von US-$ gegenüber,
also einem Vermögensobjekt (NKE).
• Dieses Vermögensobjekt kann getauscht werden gegen
andere Vermögensobjekte, oder aber es kann für den Import
von Gütern aus den USA verwendet werden.
• In jedem Fall behält die obige Gleichung ihre Gültigkeit.
316
• Transaktionen mit dem Ausland sind in der
volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zu berücksichtigen.
• Dort werden folgende Wirtschaftssubjekte als „Inländer“
bezeichnet:
- natürliche Personen mit ständigem (mindestens ein
Jahr) Wohnsitz im Inland und
- alle anderen Wirtschaftssubjekte einschließlich
rechtlich unselbständiger Produktionsstätten und
Zweigniederlassungen, soweit der Schwerpunkt ihrer
wirtschaftlichen Aktivität im Inland liegt.
Inländerkonzept
Inlandskonzept
317
318
Flussdiagramm für die volkswirtschaftliche
Gesamtrechnung mit Ausland
• Daneben können Transferzahlungen stattfinden, also
Übertragungen ohne entgeltliche Gegenleistung wie z.B.
Entwicklungshilfe, Wiedergutmachungsleistungen,
Beiträge an internationale Organisationen (Tr).
S 110
Einkommenskonto
FI C G Ti-Z
945 700 225 100
Ib 250
Produktionskonto
FAI
10
319
TrIA
FIA
J´
(netto) 20
300
20
Auslandskonto
(aus Sicht des
Inlands)
D 160
Vermögensänderungskonto
X´ 350
KE (netto) 20
320
• Aus der Graphik lässt sich das Nettoinlandsprodukt (NIP)
zu Marktpreisen herleiten:
Deutschland 2008
YnM=C+G+In +X′– J′=1065
• Durch Zusammenfassung ergibt sich gemäß
Produktionskonto:
Exporte minus
Importe
Konsum
6%
57 %
FI+FIA+(Ti – Z) = C+G+In+X′– J′.
18%
19%
Staatskonsum
Investitionen
321
USA 2008
322
USA 2008
China
2008
Konsum
Konsum
-5 %
70 %
17%
18%
Exporte minus
Importe
36 %
42%
Staatskonsum
Exporte minus
Importe
8%
14%
Staatskonsum
Investitionen
Investitionen
323
324
• Werden auf beiden Seiten der oben formulierten
Gleichung die netto aus dem Ausland zugeflossenen
Primäreinkommen hinzugezählt (FAI-FIA=-13 Mrd €), dann
erhält man:
FI+FAI+(Ti–Z) = C+G+In+(X’+FAI) – (J’+FIA).
Volkseinkommen
X
• Das durch Umformung aus dem gesamtwirtschaftlichen
Produktionskonto hergeleitete Nettonationaleinkommen zu
Marktpreisen lässt sich auch aus dem
gesamtwirtschaftlichen Einkommenskonto ermitteln. Eine
Erfassung aller eingehenden und ausgehenden Buchungen
erbringt:
FI+FAI+(Ti – Z)=C +G+ S + TrIA=1055
J
Es folgt:
Nettonationaleinkommen zu Marktpreisen
(NNP)
C + G + In + (X – J) = C + G + S + TrIA
Ù S=In + (X – J – TrIA).
325
326
• Die Ersparnis kann somit für inländische Investitionen
verwendet oder im Ausland angelegt werden.
• Ein hohes Leistungsbilanzdefizit (X-J-TrIA=NKE<0)
impliziert dabei, dass das Ausland für das Inland spart.
• Dies könnte Symptom eines Problems sein: Ein Land spart
nicht hinreichend, um für die Zukunft gewappnet zu sein.
• Als Reaktion auf eine niedrige Sparquote ist es aber
eventuell besser, mit hohen Kapitalimporten Investitionen
durchzuführen als sinkende Investitionen in Kauf zu
nehmen.
• Auf der rechten Seite steht in Klammern der
Leistungsbilanzsaldo. Dieser entspricht den
Kapitalexporten.
• Die Gleichung bringt zum Ausdruck, dass die heimische
Ersparnis entweder in heimische Investitionen fließt oder
in Kapitalexporte.
• Ein positiver Leistungsbilanzsaldo setzt voraus, dass im
Inland mehr gespart als investiert wird.
• Eine Verbesserung der Leistungsbilanz ist nur möglich,
wenn die Ersparnis ansteigt oder die Investitionen sinken.
327
328
• Durch die Berücksichtigung des Auslands verändern
sich auch die anderen Konten der volkswirtschaftlichen
Gesamtrechnung.
• Ersparnis und Investitionen lassen sich in einen
privaten und einen staatlichen Anteil zerlegen:
Spr+ Sst – Inpr – Inst = (X – J – TrIA).
• Alle drei Konten lassen sich nun vollständig
darstellen.
• Da gilt Sst – Inst = – BD,
folgt Spr – Inpr – BD = (X – J – TrIA) = NKE.
Gesamtwirtschaftliches
Produktionskonto, Deutschland 2008
• Dies illustriert das, was als twin-deficit bezeichnet
wird: Ein erhöhtes Budgetdefizit geht bei konstantem
Verhalten inländischer Haushalte und Investoren mit
Kapitalimporten einher, also einem Saldo in der
Leistungsbilanz.
Verwendung
Importe, J‘
Abschreibungen
Indir. Steuern ./.
Subventionen
Faktorentlohnung
An Inländer
An Ausländer
329
• Die Faktorentlohnung im Produktionskonto
unterscheidet sich nun von der im Einkommenskonto
aufgrund internationaler Faktorströme.
Nettotransferzahlungen an
das Ausland
30
Privater Konsum
1404
Staatskonsum
453
Ersparnis
281
Quelle: Stat. Bundesamt und Bundesbank, Januar 2009, Angaben in Mrd. €, gerundet.
330
• Das Vermögensänderungskonto weist einen
Finanzierungsüberschuss aus, also Kapitalexporte.
Gesamtwirtschaftliches
Vermögensänderungskonto,
Deutschland 2008
Gesamtwirtschaftliches
Einkommenskonto, Deutschland 2008
Verwendung
Aufkommen
Privater
Konsum
1033
1404
364 Staatskonsum
453
(Brutto-) Investitionen
477
286
Exporte, X‘
1190
1634
207
Verwendung
Aufkommen
(Brutto-) Investitionen
Aufkommen
Ersparnis
477 Abschreibungen
Finanzierungsüberschuss
168
Faktorentlohnung aus dem
Inland
1634
Faktorentlohnung aus dem
Ausland
248
Indir. Steuern ./.
Subventionen
286
281
364
Quelle: Stat. Bundesamt und Bundesbank, Januar 2009, Angaben in Mrd. €, gerundet.
Quelle: Stat. Bundesamt und Bundesbank, Januar 2009, Angaben in Mrd. €, gerundet.
331
332
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2010/11
y,
s .y
y*
f(k)
10. Die offene Volkswirtschaft
c*
Pflichtlektüre:
Lambsdorff, J. Graf und C. Engelen (2008), Das
Keynesianische Konsensmodell einer offenen
Volkswirtschaft, WiST, Wirtschaftswissenschaftliches
Studium, S. 540-548.
http://www.wiwi.uni-passau.de/fileadmin/dokumente/lehrstuehle/lambsdorff/downloads/DKK_S._540-547.pdf
(n+δ)k
s.f(k)
s.y*
k*
k
333
• Wie wird ein Anstieg der Investitionen in einer offenen
Volkswirtschaft mit konstanter Inflation finanziert? Wir
können zeigen, dass auch hier alle Investitionen
automatisch die zu ihrer Durchführung notwendigen
Ersparnisse schaffen.
• Dies lässt sich bei konstanter Inflationsrate mit folgendem
Modell zeigen, wobei die Importe positiv vom
Inlandsprodukt abhängen und die Exporte als konstant
angenommen werden.
334
(1) Y=YD
(2) YD=C+I+G+X-J
(3) C=a+cYv ;(a>0, 0<c<1)
Fünf Gleichungen und
fünf endogene Variablen:
(4) Yv=Y–T
Y, YD, C, J, X, Yv, T
(5) T=T0+tY ;(T0>0, 0≤t<1)
Exogene Variablen: G, T0,
I, t
(6) X=X0
(7) J=J0+mYv (0<m<c)
335
336
• Das verfügbare Einkommen steigt um (1-t)dY.
• Damit steigt die private Ersparnis um (1-c)(1-t)dY.
• Die Steuereinnahmen steigen um tdY; in diesem Ausmaß
steigt also die öffentliche Ersparnis und das Budgetdefizit
sinkt.
• Die Importe steigen um m(1-t)dY. In diesem Ausmaß
steigt der ausländische Beitrag zur Ersparnis.
• Insgesamt steigt die Ersparnis um:
• Hieraus resultiert der folgende Multiplikator für einen
autonomen Anstieg der Investitionen von der
Finanzierungsseite:
dY =
1
dI .
1 − ( c − m ) (1 − t )
• Der Anpassungsprozess lässt sich graphisch illustrieren:
I Ç Î YÇ Î YvÇ Î CiÇ
TÇ
SÇ
JÇ
dS = ⎡⎣(1 − c )(1 − t ) + t + m (1 − t ) ⎤⎦ dY
Sickerverluste
= ⎡⎣1 − ( c − m )(1 − t ) ⎤⎦ dY ,
• Für die Finanzierungsseite gilt:
Spr – NKE – BD = Inpr
also genauso stark, wie die Investitionen.
337
• Für eine Erweiterung des Keynesianischen Konsensmodells
um Rückwirkungen aus dem Ausland müssen wir zunächst
die IS-Kurve überdenken.
• Wie im vorherigen Abschnitt gezeigt, wird der Multiplikator
geringer ausfallen. Dies wollen wir im Folgenden
vernachlässigen und die Auswirkungen von
Wechselkursschwankungen näher analysieren.
• Der Wechselkurs, e, wird gemessen als Preis des Euro in
Dollar, z.B. 1€=1,25 Dollar.
• Ein Sinken des Wechselkurses, e, verbilligt inländische
Produkte. Exporte werden daher zunehmen und die teurer
werdenden Importe nehmen ab. Dies lässt den Außenbeitrag
steigen.
339
338
• Der gleiche Effekt ergibt sich bei einem Preisanstieg im
Ausland oder eine Preissenkung im Inland. Entscheidend für
Außenbeitrag und die Güternachfrage ist daher der reale
Wechselkurs, er=ep/pa.
• Der Anstieg des Außenbeitrags geht mit einer erhöhten
gesamtwirtschaftlichen Nachfrage einher. Insgesamt gilt
daher für die IS-Kurve:
Y r = b0 − b1r − b2er ;
b0 , b1 , b2 > 0.
• Die Auslandskonjunktur wird zudem zu einem
Lageparameter der IS-Kurve. Ein Konjunkturaufschwung in
den USA bewirkt, dass verstärkt Exporte dorthin getätigt
werden können. Die IS-Kurve verschiebt sich nach rechts.
Dies würde mit einem Anstieg b0 erfasst werden.
340
• Für die Kapitalbilanz hatten wir gesehen, dass Differenzen
im (realen) Zinsniveau entscheidend sind.
• Ist der inländische Realzins höher als der ausländische, so
resultieren Kapitalimporte. Es werden verstärkt Euro
nachgefragt.
• Ist der ausländische Realzins höher als der inländische, so
wollen Anleger verstärkt Kapital exportieren. Sie werden
daher in höherem Ausmaß Euro anbieten.
• Die Kapitalbewegungen schlagen sich daher in der
Devisenbilanz nieder, also dem Angebot und der Nachfrage
nach eigener Währung und Austausch für ausländische
Währung.
341
• Dies bedeutet, dass wir vereinfachend r = ra schreiben
können.
• Diese Kurve ist die Devisenmarktkurve.
• Wir tragen sie zusätzlich neben der IS- und der MP-Kurve
im r/Y-Diagramm ab.
r
MP
IS0
ra
P0
Y
• Auch der Außenbeitrag schlägt sich in der Devisenbilanz
nieder. Deutsche Exporteure erhalten für ihre Güter Devisen,
die sie anbieten, um wieder Euro zu erhalten. Importeure in
Deutschland müssen Euro anbieten und Devisen nachfragen,
um ausländische Güter zu kaufen.
• Die Zahlungsbilanz setzt sich zusammen aus der
Leistungsbilanz und der Kapitalbilanz, so dass insgesamt
gelten muss X - J = NKE.
• Die Kapitalbewegungen sind in den letzten Jahrzehnten
immer stärker geworden. Daher führt bereits ein
geringfügiger Zinsunterschied zu einem Ausgleich der
Leistungsbilanz. Wir können den Außenbeitrag für die
Devisenbilanz vernachlässigen.
342
• Untersuchen wir zunächst eine expansivere geldpolitische
Regel.
• Die Zentralbank senkt den Realzins und erhöht damit das
Inlandsprodukt.
• Dies bewirkt nun Kapitalexporte.
• Aufgrund der hohen Nachfrage nach Dollar wird der Euro
günstig und er sinkt.
• Hierdurch erhöht sich der Außenbeitrag und die IS-Kurve
verschiebt sich nach rechts.
• Die Auswirkung der expansiven geldpolitischen Regel wird
durch die Verbilligung des Euro weiter verstärkt. Diese
zusätzliche Wirkung der Geldpolitik wird auch als
Wechselkurskanal bezeichnet.
Y
343
344
Expansivere geldpolitische Regel
r
IS0
erÇ
MP
P0
MP1
r0
Z
P1
P'
r'↓
Y
Y
• Im Gleichgewicht P1 ist das Inlandsprodukt gestiegen und
der Außenbeitrag gesunken. Zum Ausgleich der
Devisenbilanz wäre ein kleiner Zinsanstieg notwendig, der
aufgrund der starken Kapitalbewegungen hier
vernachlässigend gering ausfällt.
345
• Eine weitere Störung kann z.B. in einer erhöhten
Güternachfrage bestehen, ausgelöst durch einen Anstieg des
Staatskonsums.
• Die Zentralbank wird auf die gestiegene Nachfrage mit einer
Erhöhung der Realzinsen reagieren (Punkt P').
• Dies löst nun Kapitalimporte aus.
• Aufgrund der hohen Nachfrage nach Euro wird dieser teurer
und er steigt.
• Hierdurch sinkt der Außenbeitrag und die IS-Kurve
verschiebt sich zurück in die Ausgangslage.
• Die erhöhte Güternachfrage durch den Staatskonsum wird
vollständig durch den sinkenden Außenbeitrag kompensiert.
346
Erhöhung des Staatskonsums
r
IS0
r0
b0Ç
IS1
MP
erÇ
P0=P1
Y
P'
+
Z
–
Y
• Im Gleichgewicht ist der Außenbeitrag gesunken. Zum
Ausgleich der Devisenbilanz wäre ein kleiner Zinsanstieg
notwendig, der aufgrund der starken Kapitalbewegungen hier
vernachlässigend gering ausfällt.
347
• Eine Störung kann auch darin bestehen, dass
Auslandsinvestitionen attraktiv werden aufgrund eines
erhöhten Zinssatzes im Ausland.
• Dies verschiebt die Devisenmarktkurve nach oben.
• Kapitalexporte führen zu einer erhöhten Nachfrage nach
Dollar. Der Euro wird billiger, er sinkt.
• Dies erhöht den Außenbeitrag.
• Den erhöhten Nettokapitalexporten steht damit ein erhöhter
Außenbeitrag entgegen.
• Das Inlandsprodukt steigt daraufhin. Die Importe steigen
und senken den Außenbeitrag. Der Realzins steigt und senkt
die Kapitalexporte.
348
Steigender Auslandszinssatz
V. Fallstudie Deutschland
IS0
erÈ
MP
P1
r'a'
ra
V. Fallstudie Deutschland
r
P0
Y
Y
350
V. Fallstudie Deutschland
V. Fallstudie Deutschland
349
Bundesrepublik Deutschland, 2009
BIP: 2395 Mrd. €
Bevölkerung: 82 Mio.
Pro-Kopf-Produktion: 29200 €
Preis Big-Mac: 3,39 €
Wechselkurs: 1,28 US $/€
351
352
V. Fallstudie Deutschland
• 1993: Deutsche Wiedervereinigung erfordert hohe Zinsen
zur Dämpfung der Nachfrage. Währungen wie die spanische
Peseta werten bis 1995 ab. Danach konstante Wechselkurse
mit allen späteren Euro-Partnern.
• 1999: Wechselkurse für Euroländer werden unwiderruflich
festgelegt und nominale Zinssätze von Vorgänger der EZB
europaweit festgelegt.
• Niedrige Inflation in Deutschland lässt den Euro real
günstig werden. Realzinsen hierdurch hoch. Investitionen
niedrig und Kapitalexporte. Leistungsbilanz wird positiv.
• Hohe Inflation in Spanien lässt den Euro real teuer werden.
Realzinsen hierdurch niedrig und Kapitalimporte.
Investitionen sind hoch und Leistungsbilanz wird negativ.
• 2010: Zusammenhalt der Eurozone erfordert temporäre
Stützungsmaßnahmen. Sparmaßnahmen in Spanien und
353
erhöhte Nachfrage in Deutschland sind notwendig.
Pflichtlektüre:
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 522525.
355
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2010/11
y,
s.y
y*
f(k)
11. Offene makroökonomische
(n+δ)k
Fragestellungen
c*
s.f(k)
s.y*
k*
k
354
1. Sollte die Wirtschaft mit Hilfe eines
situationsbedingten Einsatzes der Geld- und
Fiskalpolitik stabilisiert werden?
• Pro (Keynesianische Sichtweise):
- Kurzfristige Schwankungen können lange
anhalten. Dies ist z.B. darauf zurückzuführen,
dass selbstverstärkende Mechanismen
existieren. Eine Rezession verstärkt sich selbst
durch Multiplikatoreffekte, bei denen ein
Produktionseinbruch z.B. durch eine Reduktion
des Konsums noch verstärkt wird.
356
• Pro:
- Das wirtschaftliche Gleichgewicht ist damit
instabil; Die Wirtschaft wird unerwünschten
Schwankungen ausgesetzt sein, wenn sie sich
selbst überlassen ist.
- Die langfristige Anpassung kommt zu spät
(Keynes: „in the long-run we are all dead“);
- Mit Hilfe politischer Instrumente kann die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage gesteuert
werden. Hierdurch wird die Instabilität
neutralisiert und Schwankungen abgemildert.
• Contra:
- Geldpolitik beeinflusst die Wirtschaft mit
langen und unvorhersehbaren Verzögerungen
zwischen dem Zeitpunkt der Notwendigkeit
einer Maßnahme und ihrer Auswirkung.
- Studien belegen, dass Änderungen der
Geldpolitik die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage frühestens nach sechs Monaten
spürbar beeinflussen. Hier existiert eine starke
Wirkungsverzögerung.
357
• Contra:
- Änderungen der Fiskalpolitik benötigen einen
langen politischen Prozess für ihre Durchsetzung
aufgrund der notwendigen Gesetzesänderungen.
- Es kann Jahre dauern, bis solche Änderungen
vorgeschlagen, beschlossen und implementiert
werden.
- Aufgrund der Verzögerungen und der
Schwierigkeit der Prognose zukünftiger
Entwicklungen wird evtl. nicht eine
gegenwärtige Rezession abgeschwächt, sondern
ein zukünftiger Boom verstärkt.
359
358
• Contra:
- Eine erhöhte Verschuldung des Staates führt
notgedrungen in der Zukunft zu erhöhten
Steuerzahlungen.
- Haushalte antizipieren die zukünftigen
Zahlungen mit verstärkter Spartätigkeit. Eine
geringe Ersparnis des Staates wird dann durch
eine erhöhte Ersparnis der Haushalte
ausgeglichen (Ricardianisches
Äquivalenztheorem).
- Staatsdefizite können daher die Wirtschaft nicht
stabilisieren.
360
2. Sollte die Geldpolitik, anstatt unstetig auf aktuelle
Anforderungen zu reagieren, an strenge Regeln
gebunden sein?
• Pro:
- Eine situationsbedingte Politik kann unter
Inkompetenz und Machtmissbrauch leiden.
- Zentralbanker könnten gemäß ihrer politischen
Präferenz Einfluss auf den Wahlausgang
nehmen und damit einen political business
cycle auslösen.
361
• Contra:
- Unflexible Regeln erlauben es einer
Zentralbank nicht, auf sich verändernde
ökonomische Bedingungen angemessen zu
reagieren.
- Probleme der Inkompetenz und des
Machtmissbrauchs sind rein hypothetisch.
- Die Bedeutung von political business cycles ist
unklar.
- Probleme der Zeitinkonsistenz werden
abgemildert, wenn sich Zentralbanken sich
eine Reputation der Glaubwürdigkeit
363
aufbauen.
• Pro:
- Zentralbanker sind der Versuchung ausgesetzt, zur
Reduzierung der Inflation mit bloßen
Ankündigungen die Wirtschaft zu beeinflussen,
die angekündigten Maßnahmen dann aber zu
unterlassen. Dies wird das Problem der
„Zeitinkonsistenz“ genannt.
- Aufgrund von Erfahrungen mit falschen
Ankündigungen sind Menschen skeptisch
gegenüber der Zentralbank und rechnen mit hohen
Inflationsraten.
- Dies wird vermieden, wenn der Zentralbank
verboten wird, überraschend niedrige Realzinsen
zu setzen.
362
3. Sollte die Staatsverschuldung reduziert werden?
• Pro:
- Die Staatsverschuldung muss von der
zukünftigen Generation zurückgezahlt
werden, welche deshalb unberechtigt unter
hohen Steuern und geringem Einkommen
leidet.
- Ein Staatsdefizit verringert die
gesamtwirtschaftliche Ersparnis. Hierdurch
verringert sich der Kapitalstock und das
Wachstum.
364
• Contra:
- Staatsausgaben werden teilweise auch für
Investitionen in physisches Kapital und
Humankapital getätigt, wovon auch zukünftige
Generationen profitieren.
- Produktivitätsfortschritte (und in manchen
Ländern auch ein Anstieg der Bevölkerung)
steigern die Fähigkeit der zukünftigen Generation,
den Schuldendienst zu leisten.
- Ein Anstieg der Verschuldung im Ausmaß des
Wachstums des nominalen Inlandsprodukts ist
unproblematisch.
365
4. Welches sind die wichtigsten
Konjunkturindikatoren für Deutschland?
Der ifo-Geschäftsklimaindex (ifo-GK) beruht auf einer
Befragung des ifo-Instituts (München) von über 7000
Unternehmen in Deutschland, gemäß ihrer Einschätzung
der Geschäftslage sowie nach ihrer Erwartung für die
nächsten 6 Monate (ifo-GE) . Die Antworten werden nach
Bedeutung der Branchen gewichtet und aggregiert. Das
Geschäftsklima wird aus den Antworten zur aktuellen
Geschäftslage und den Geschäftserwartungen als
geometrisches Mittel berechnet.
367
CHILD'S PAY by Charlie Fisher of Denver, CO
„Bush in 30 seconds“, Overall Best Ad and People's
Choice Winner:
366
Die ZEW-Konjunkturerwartungen basieren auf einer
Befragung von 400 Finanzmarktexperten (270 Fachleute
von Banken und 50 von Versicherungen, 40 Analysten von
Kapitalanlagegesellschaften und 40 Vertreter von
Industrieunternehmen) des Zentrums für Europäische
Wirtschaftsforschung in Mannheim. Die Teilnehmer werden
nach der Einschätzung der derzeitigen konjunkturellen Lage
als auch nach der erwarteten gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung befragt. Aus den Salden der positiven und
negativen Einschätzungen wird eine durchschnittliche
Einschätzung der Teilnehmer bestimmt.
368
Der Earlybird-Indikator (EBIRD) wird seit 2001 in der
Wirtschaftswoche publiziert und seit 1991 von der
Commerzbank erstellt. In diesen Index gehen die
folgenden (standardisierten) Einzelreihen ein:
1.
Der kurzfristige Realzins, d.h. 3-Monats-Euribor
bereinigt um den Preisanstieg der
Lebenshaltungskosten ohne Energie (40%), negative
Wirkung.
2.
Jahresdifferenz des realen Außenwerts der DM, ab
1999 des €, berechnet von der Deutschen Bundesbank.
(35%), negative Wirkung.
3.
Der Einkaufsmanagerindex (NAPM) für das
Verarbeitende Gewerbe in den USA. (25%), positive
Wirkung.
Der Konjunkturindikator der FAZ wird vom Institut für
Weltwirtschaft in Kiel monatlich ermittelt und seit
1989 in der FAZ veröffentlicht. Folgende
(standardisierten) Einzelreihen gehen hier ein:
1.
Auftragseingänge des Verarbeitenden Gewerbes (18%)
2.
FAZ-Aktienindex (5%)
3.
FAZ-Stellenangebote (5%)
4.
ifo-Geschäftsklimaindex für das Verarbeitende
Gewerbe (32%)
5.
Realer Außenwert der DM (13%)
6.
Differenz zwischen der Umlaufrendite festverzinslicher
Wertpapiere und dem Zinssatz für Dreimonatsgeld.
(27%
369
In den Handelsblatt-Frühindikator (HB) gehen ein:
1.
Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe (20%)
2.
Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe (10%)
3.
Einzelhandelsumsätze, real (30%)
4.
ifo-Geschäftsklimaindex für das verarbeitende Gewerbe
(30%)
5.
Zinsstruktur, d.h. Renditedifferenz zwischen
langfristigen und kurzfristigen Zinsen, (10%)
370
Bei einem statistischen Vergleich der konjunkturellen
Wendepunkte der Konjunkturindikatoren zeigt sich
gemäß Breitung und Jagodzinski (2002):
http://ideas.repec.org/p/wop/humbsf/2002-36.html
Vorlauf (Monate)
5
EBIRD
371
4
3
2
Ifo-GE
ZEW
Nachlauf
1
FAZ
0
1
2
Ifo-GK
3
4
HB
372
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