BewusstseinsBewusstseinsPhilosophie … ein aphoristischer Zugang PD Dr. Dr. Renate Huber Guten Tag, Tag, liebe SchwarzwaldSchwarzwald-Gäste! Gäste! Viel Spaß beim vagabund vagabundieren abundierenden ierenden Philosophieren! Philosophieren! 1 Mausi … eine Fledermaus… Philo … ein Mensch … Roby … eine Robotermaus … Mr. Spy … ein Außerirdischer … Spooky … ein philosophischer Zombie … Pauline … ein Oktopus … 2 Literatur Beckermann A. 2001; Analytische Einführung in die Philosophie des Geistes Beckermann A. 2008; Das Leib-Seele-Problem Bieri P. 1993; Analytische Philosophie des Geistes Brüntrop G. 2008; Das Leib-Seele-Problem Ferber R. 2003; Philosophische Grundbegriffe 2 Kim J. 1998; Philosophie des Geistes Metzinger Th. 2006, 2009; Grundkurs Philosophie des Geistes 1 Phänomenales Bewusstsein Metzinger Th. 2007; Grundkurs Philosophie des Geistes 2 Das Leib-Seele-Problem Metzinger Th. 2010; Grundkurs Philosophie des Geistes 3 Intentionalität und mentale Repräsentation Münch D. 2000; Kognitionswissenschaft Newen A. 2005; Analytische Philosophie Pauen M. / Stephan A. 2002; Phänomenales Bewußtsein – Rückkehr zur Identitätstheorie? Pauen M. 2007; Was ist der Mensch? Die Entdeckung der Natur des Geistes Perler D. / Wild M. 2005; Der Geist der Tiere 3 Ravenscroft I. 2008; Philosophie des Geistes Schröder J. 2004; Einführung in die Philosophie des Geistes Spät P. 2008; Zur Zukunft der Philosophie des Geistes Sturma D. 2005; Philosophie des Geistes Teichert D. 2006; Einführung in die Philosophie des Geistes Urchs M. 2002; Maschine – Körper – Geist Walter S. 2006; Mentale Verursachung 4 Inhalt 1. Teil Aph 1 Aph 2 Aph 3 Aph 4 Aph 5 das Zombie-Problem … – Was kann ein Nicht-Zombie, was ein Zombie nicht kann? – 09 – 16 das psycho-physische Problem I … – der Behaviorismus & die Identitätstheorie – 17 – 24 das psycho-physische Problem II … – die Maschinen-Funktionalismus-Theorie – 25 – 32 das phänomenale Bewusstsein I … – phänomenologische & epistemologische Aspekte – 33 – 40 das phänomenale Bewusstsein II … – wissenschaftstheoretische & modallogische Aspekte – 41 – 48 2. Teil Aph 6 Aph 7 Aph 8 Aph 9 Aph 10 das intentionale Bewusstsein I … – Begriff „propositionale Einstellungen“ & die intentionalen Erklärungsstrategien – 49 – 56 das intentionale Bewusstsein II … – Begriff „mentale Repräsentationen“ & die Sprache des Geistes – 57 – 64 das Problem der mentalen Verursachung I … – die Aufwärts-Kausalität & Abwärts-Kausalität – 65 – 72 das Problem der mentalen Verursachung II … – eine Wahl zwischen Skylla & Charybdis? – 73 – 80 die kognitive Geschlossenheit … – die Frage nach den Erkenntnisgrenzen – 81 – 87 5 Erkenntnisziel 1 1. Teil Wieso verstehe ich eigentlich das Bewusstsein nicht? Was genau verstehst Du am Bewusstsein nicht? Ich verstehe nicht, warum Du ein philosophischer Zombie bist und ich nicht Wenn Du das Bewusstsein gar nicht verstehst, woher weißt Du dann, dass Du kein philosophischer Zombie bist? … gute Frage! Da werde ich wohl mal genauer darüber nachdenken müssen … In der Philosophie des Geistes sind Gedankenexperimente wertvolle Hilfsmittel, weil sie versteckte Intuitionen offen legen und es erlauben, bestimmte begriffliche Hintergrundannahmen deutlicher hervortreten zu lassen, um sie dann systematisch zu variieren. (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 252) 6 Erkenntnisziel 2 2. Teil Kannst Du mir sagen, warum ich das Bewusstsein nicht verstehe? Du verstehst das Bewusstsein deshalb nicht, weil Du nur über zwei kognitive Fähigkeiten verfügst … und welche zwei kognitive Fähigkeiten sind das? Wahrnehmung & Introspektion … und warum genügt das nicht, um das Bewusstsein zu verstehen? … gute Frage! das kann ich Dir erklären … 7 Basis-Schema: „Bewusstsein“ Qualia intentionale Zustände mentale Verursachung Introspektion ψ1 ψ2 R1 R2 ϕ1 Wahrnehmung ϕ2 Input Output sensorisch V motorisch mentale Ebene: partiell durch Introspektion zugänglich neuronale Ebene: im Neuroscanner beobachtbar Verhaltensebene: direkt beobachtbar Blickrichtung Differenzthese Wechselwirkungsthese Geschlossenheitsthese 8 Montag, den 13. August Aph 1 das Zombie-Problem … – Was kann ein Nicht-Zombie, was ein Zombie nicht kann? – 1 Aufgabe der Philosophie des Geistes Die Gegenstände der Philosophie des Geistes sind nicht geistige Zustände. Die Philosophie des Geistes untersucht die Begriffe, mit denen wir solche Zustände genauer zu erfassen versuchen, und die logische Struktur von Theorien, die dieses besondere Zielphänomen erklären wollen ... (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 13) Kernfrage: ♣ … Mit welchen adäquaten Begriffen können wir mentale Zustände beschreiben? ♣ … Mit welchen logisch konsistenten Theorien können wir Bewusstseinsphänomene erklären? 2 drei Problemfelder der Philosophie des Geistes … kann man sagen, dass es in der Philosophie des Geistes heute drei theoretische Grundprobleme gibt. Diese sind das Thema Phänomenales Bewusstsein, das Leib-Seele-Problem und die Frage nach der Intentionalität des Mentalen. (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 16) Grundprobleme der Philosophie des Geistes phänomenales Bewusstsein intentionales Bewusstsein mentale Verursachung 9 3 Ausgangspunkt: alltagssprachlicher Dualismus Wir unterscheiden zwischen mentalen Zuständen ψ & physischen Zuständen ϕ Beispiele: Begriff: „physische Zustände“ ♣ Größe ♣ Haarfarbe ♣ Augenfarbe ♣ Nasenlänge ♣ Bauchumfang Beispiele: Begriff: „mentale Zustände“ ♣ denken ♣ wünschen ♣ fühlen ♣ empfinden ♣ erleben ϕ ψ 4 drei intuitive Thesen & das logische Problem von Bieri (1) Differenzthese / Dualismusthese: mentale Zustände ψ sind keine physischen Zustände ϕ Begründung: mentale Zustände ψ können Eigenschaften haben, die physische Zustände ϕ prinzipiell nicht haben ♣ Intentionalität: Zustände sind gerichtet ♣ subjektive Innen-Perspektive: Zustände werden erlebt (2) Wechselwirkungsthese: mentale Zustände ψ und physische Zustände ϕ sind wechselseitig kausal wirksam Begründung: mentale Zustände ψ wirken auf physische Zustände ϕ Bsp.: Wünsche haben & dann verwirklichen physische Zustände ϕ wirken auf mentale Zustände ψ Bsp: Alkohol trinken & dann beschwipst sein 10 (3) Geschlossenheitsthese: der Bereich der physischen Phänomene ϕ ist kausal geschlossen Kernfrage: Begründung: Ursachenketten führen nie aus dem physischen Bereich hinaus logisch: Allsatz Bieri-Trilemma: Inkonsistenz der drei Thesen Differenzthese ♣ … Welche These sollen wir aufgeben? ♣ … Welche Konsequenzen hat unsere Wahl? GeschlossenheitsWechselwirkungsthese these verschiedene Lesarten der Geschlossenheitsthese Schwache Geschlossenheit: Jedes physikalische Ereignis mit einer hinreichenden Ursache hat eine hinreichende physikalische Ursache … Starke Geschlossenheit: Jedes physikalische Ereignis mit einer hinreichenden Ursache hat ausschließlich eine hinreichende physikalische Ursache … Absolute Geschlossenheit: Jedes physikalische Ereignis mit einer hinreichenden Ursache hat eine hinreichende physikalische Ursache, und keine physikalische Ursache hat eine nicht-physikalische Wirkung. (Walter 2006, S. 226f) Geschlossenheitsthese ϕ1 ϕ2 schwach geschlossen stark geschlossen absolut geschlossen ψ1 ψ2 ψ1 ψ2 ψ1 ψ2 ϕ1 ϕ2 ϕ1 ϕ2 ϕ1 ϕ2 11 5 ontologische Klassifizierung mentaler Entitäten Existenz- & Essenzfragen Welche Arten von Entitäten sind mentale Entitäten überhaupt? Was sind ihre Eigenschaften und in welchem Sinne kann man von ihnen sagen, dass sie existieren? (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 18) Kernfrage Antwort-Option Was gibt es? vier Möglichkeiten ontologische Entitäten? ♣ … Substanz? ♣ … Eigenschaft? ♣ … Ereignis? ♣ … ??? ontologische Abhängigkeit von physischen Entitäten? ♣ … identisch mit ϕ? ♣ … realisiert durch ϕ? ♣ … superveniert über ϕ? ♣ … ??? ♣ es gibt mentale Entitäten ♣ mentale Entitäten sind unabhängig theoretische Reduktion auf physische Entitäten? ♣ … ψ-ϕ ϕ Brückengesetze? ♣ … ψ-ϕ ϕ Brückenprinzipien? ♣ … ψ-ϕ ϕ Ereignis-Korrelationen? ♣ nicht vollständig reduzierbar , ♣ es gibt keine mentalen Entitäten ♣ mentale Entitäten sind abhängig ♣ faktisch vollständig reduzierbar , , …? 12 6 Was ist ein philosophischer Zombie? ein philosophischer Zombie ist … … ein Double, das sich exakt genau so bewegt wie wir selbst, das dieselben Gedanken hat und das dieselben sprachlichen Äußerungen produziert … welcher sich nur durch die Tatsache vom Original unterscheidet, dass er keinerlei phänomenale Erlebnisse hat. (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 117) Kernfrage: ♣ … Woher wissen Sie, dass Sie kein philosophischer Antwort-Option: Zombie sind? Folgefrage: ♣ … die Mama hat gesagt: „Kind, Du bist kein philosophischer Zombie!“ … Woher wusste die Mama, dass ihr Kind kein philosophischer Zombie ist? … Hat die Mama das Problem des Fremdpsychischen geknackt? Hurra, ich bin ein Zombie! … ich habe nie Zahnschmerzen … leider weiß ich aber auch nicht, wie Eis schmeckt Was genau ist eigentlich ein philosophischer Zombie? VerhaltensEbene Sprachliche Ebene Intentionale Ebene ErlebensEbene --- 13 7 Wittgensteins Käfer-Argument 293 … Angenommen, es hätte Jeder eine Schachtel, darin wäre etwas, was wir „Käfer“ nennen. Niemand kann je in die Schachtel des Andern schauen; und Jeder sagt, er wisse nur vom Anblick seines Käfers, was ein Käfer ist. – Da könnte es ja sein, daß Jeder ein anderes Ding in seiner Schachtel hätte. Ja, man könnte sich vorstellen, daß sich ein solches Ding fortwährend veränderte … Das Ding in der Schachtel gehört überhaupt nicht zum Sprachspiel; auch nicht einmal als ein Etwas: denn die Schachtel könnte auch leer sein. (Wittgenstein, Philo. Untersuchungen 1953) 8 Pargetter-Problem die Mama argumentiert … ♣ „… ich selbst bin kein philosophischer Zombie, weil ich einen unmittelbaren Zugang zu meinem Erleben habe …“ ♣ „… mein Kind ist auch kein philosophischer Zombie, weil …“ Kernfrage: Mamas Analogie-Argument ♣ … Dürfen wir von einem einzigen Fall (uns selbst) auf einen weiteren einzelnen Fall (das Kind) und dann auf den allgemeinen Fall (alle Menschen) schließen? … das Problem des Fremdpsychischen. Die problematische Überzeugung, dass ein anderes Individuum das Subjekt bestimmter mentaler Zustände ist, wird weder deduktiv aus seinem Verhalten geschlossen, noch ist sie ein induktiver Analogieschluss auf der prekären Basis unseres eigenen Einzelfalles. (Churchland, in: Metzinger 2, S. 191) 14 9 Kritik an der Alltagspsychologie AP Wenn ich mich entscheide, meinen Arm zu heben, ist die Auslösung der körperlichen Bewegung durch meinen Willensakt wirklich etwas, das ich in mir selbst beobachten kann, oder rede ich einfach nur so, aus purer Gewohnheit? Was meinen wir eigentlich, wenn wir von „unserem“ Selbst sprechen – gibt es jemandem, dem es gehört? Bei genauerem Hinsehen weist die Alltagspsychologie eine große Zahl von Ungereimtheiten auf, und die enormen Fortschritte in der Hirnforschung, der empirischen Psychologie und der modernen Kognitionswissenschaft haben diese deutlich zu Tage treten lassen. (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 14) Beispiel: Argument von Paul Churchland 1981: Die AP ist häufig begrifflich inkohärent, empirisch unplausibel und erzielt keinen Erkenntnisfortschritt. Die Zuschreibung mentalistischer Begriffe unterliegt dem historischen Wandel. Die AP ist eine inadäquate Theorie, die unbedingt durch eine konsistente neurowissenschaftliche Theorie ersetzt werden sollte. ♣ … Pest galt als Werk von Hexen ♣ … epileptischer Anfall galt als Besessenheit von Dämonen ♣ … Nahtoderlebnis galt als „Blick ins Jenseits“ … dass die Alltagspsychologie eine radikal inadäquate Theorie unserer inneren Aktivitäten ist, die zu verworren und mit zu vielen Mängeln behaftet ist … (Churchland, in: Metzinger 2, S. 195) eliminativer Materialismus EM Eliminativer Materialismus ist die These, dass wir unsere heutige Bezugnahme auf mentale Phänomene als eine alte Common-senseTheorie über Verhalten verstehen können, die durch eine zukünftige, ideale Verhaltenstheorie abgelöst werden könnte, in der nur von neurophysiologischen Phänomenen die Rede wäre. An Stelle von Schmerzen, Angst, Gedanken, Erinnerungen und Träumen würden nur noch Gehirnphänomene wie beispielsweise Schwankungen im Aktions15 potential und Veränderungen in bestimmten Synapsen postuliert … „Was die Leute X’s nannten, ist nichts anderes als Y’s“ … Mentale Phänomene sind altmodische theoretische Entitäten. (Bieri 1993, S. 45) Seltsam! – Wenn die EM-Theorie stimmt, dann fühlt Mausi keine Schmerzen Lustig! – Dann ist Mausi also ein SchmerzZombie Nein! Ich habe Schmerzen! – Ich nenne es nur anders Aha! – Und was hast Du davon? Ich hab das BieriTrilemma gelöst! Ha, ha … Aber das phänomenale Bewusstsein verstehst Du dennoch nicht! 16 Montag, den 13. August Aph 2 das psycho-physische Problem I … – der Behaviorismus & die Identitätstheorie – 1 behavioristischer Grundgedanke Kritik an der Introspektions-Psychologie Die klassischen Arbeiten von J.B. Watson und B.F. Skinner waren durch eine Kritik an Verfahren der älteren Psychologie motiviert. Die traditionelle Psychologie hatte der Introspektion, der Selbstbeobachtung psychischer Zustände, große Bedeutung zugebilligt. Die Behavioristen kritisieren die Selbstbeobachtung, weil sie unzuverlässig und nicht wissenschaftlich überprüfbar ist. (Teichert 2006, S. 53) Kernfrage: ♣ … Können mentale Ausdrücke vollständig übersetzt werden in Aussagen über beobachtbares Verhalten? ♣ … Lassen sich alle mentalen Zustände durch beobachtbares Verhalten erfassen? Reiz-Reaktions-Modell input black box output Antwort-Option: ♣ … ontologische Position: rigoroser Behaviorismus ♣ … semantische Position: logischer Behaviorismus / semantischer Physikalismus Im Zentrum des behavioristischen Interesses stehen zwei Momente: Erstens die Reize, die aus der Umgebung auf einen Organismus einwirken, und zweitens die Reaktionen, die der Organismus aufgrund der Reizeinwirkung zeigt … Das Glaubensbekenntnis des Behavioristen besagt, dass sich im Prinzip alle Formen des Verhaltens im Rahmen dieses Modells erfassen lassen. (Teichert 2006, S. 52f) 17 2 Begriffsbestimmung Beispiel: Begriff: „beobachtbares Verhalten“ ♣ Pulsschlag, Blutdruck ♣ Wandern im Schwarzwald, sich beim Philosophieren am Kopf kratzen ♣ sich Notizen machen zum Begriff „Bewusstsein“ ♣ … physiologische Reaktionen ♣ … Körperbewegungen ♣ … Handlungen, die Körperbewegungen involvieren ♣ sich Gedanken machen zum Begriff „Bewusstsein“ ausgeschlossen sind … ♣ … Handlungen, die keine beobachtbaren Körperbewegungen involvieren 1. Option input 2. Option output input output Entweder leugnet der Behaviorist, dass es innere Vorgänge wie beispielsweise Überlegen und Nachdenken gibt. Oder er akzeptiert, dass es solche inneren Vorgänge gibt. In diesem Fall behauptet er, dass innere Zustände oder Vorgänge durch Beobachtung von äußeren Verhalten zugänglich sind. Die erste Option ist radikal, aber wenig überzeugend … Die zweite Option ist problematisch, denn die Verbindungen von äußerem Verhalten und inneren Vorgängen sind komplex und nicht eindeutig. So ist das Fehlen von Schmerzverhalten im Fall der Selbstbeherrschung ... nicht dazu geeignet, die Behauptung des Fehlens entsprechender innerer Zustände zu begründen … Der Fall des Schmerzes ist deshalb aufschlussreich, weil Schmerzzustände oft als typische Fälle von mentalen Phänomenen angesehen werden, in denen das Erleben in der Ich-Perspektive entscheidend ist und einen Vorrang vor der Beobachterperspektive hat. Der Logische Behaviorismus akzeptiert kein … Privileg der Ich-Perspektive und verzichtet auf den Begriff des Bewusstseins. (Teichert 2006, S. 53ff) 18 3 semantischer Physikalismus Übersetzung in Verhaltensbegriffe … Übersetzungsvorschrift Jeder psychologische Satz S kann in einen Satz der physikalischen Sprache übersetzt werden, d.h. zu jedem psychologischen Satz S gibt es einen bedeutungsgleichen Satz S’ der physikalischen Sprache. (Beckermann 2000, S. 65) Schmerz-Zustände Schmerz-Verhalten was wir gewöhnlich sagen … was wir sagen sollten … Philo X … Philo X … hat Zahnschmerzen schreit & jammert hält sich die Wange hat ein Loch im Zahn … Verhaltensevidenzen garantieren das Vorliegen mentaler Phänomene. Die Frage, ob ein mentales Phänomen vorliegt, kann durch behaviorale Kriterien endgültig entschieden werden. Wenn jemand beispielsweise typisches Schmerzverhalten zeigt (er schreit, er verkrampft sich …), so ist dieses Verhalten schlüssige Evidenz dafür, daß er Schmerzen hat, und es ist alle Evidenz, die wir brauchen, um ihm Schmerzen zuzuschreiben. Die logisch hinreichenden behavioralen Kriterien bestimmen … unseren Begriff „Schmerz“ vollständig. (Bieri 1993, S. 16) … immer Ärger mit Simulanten & Stoikern Aua! Beispiel: ♣ Philo X ist ein schmerzgeplagter Mensch, der Schmerzverhalten zeigt ♣ Philo Y ist ein Schauspieler, der Schmerzverhalten spielt ♣ Philo Z ist ein schmerzgeplagter Superstoiker, der Schmerzverhalten geschickt verbergen kann Übersetzung von Aussagen über Schmerz-Zustände in Aussagen über Schmerz-Verhalten 19 4 logische Analyse: Übersetzung in Dispositionsbegriffe … Argument gegen Substanz& EigenschaftsDualismus-Theorien Ryle argumentiert dafür, dass mentale Begriffe … als Dispositionsbegriffe zu analysieren sind. Dispositionen sind nicht-manifeste Eigenschaften. Manifeste Eigenschaften sind Eigenschaften, die aktuell vorliegen und beobachtet werden. Sie können in kategorischen Sätzen (Aussagesätzen) festgestellt werden. Dispositionen hingegen werden in contrafaktischen Konditionalsätzen expliziert … Er vermittelt ein Wissen darüber, was unter bestimmten Bedingungen geschehen würde. (Teichert 2006, S. 60f) Ha ha! Argument von Gilbert Ryle 1949: Mentale Entitäten sind weder Substanzen noch Eigenschaften. Mentale Entitäten sind Dispositionen. 5 Begriffsbestimmung Begriff: „Disposition“ ♣ … nicht-manifeste Eigenschaft ♣ … manifestiert sich nur unter bestimmten Bedingungen Beispiel: Mr. Spy ist … ♣ … humorvoll ♣ … intelligent ♣ … einfühlsam logische Struktur Ein Problem der Verwendung des Dispositionsbegriffs liegt darin, dass nicht deutlich ist, welche Beobachtungen für die Zuschreibung einer Disposition als notwendig und hinreichend zu erachten sind. (Teichert 2006, S. 63) TB TE D Testbedingungen Testergebnis Disposition (TB → TE) ↔ D 20 6 Typen-Identitätstheorie Im Gegensatz zum Behavioristen akzeptiert der Identitätstheoretiker die Rede von mentalen Zuständen. Er gesteht auch zu, dass mentale Zustände introspektiv wahrgenommen werden können … Der Identitätstheoretiker akzeptiert das Faktum, dass wir über mentale Zustände mit Hilfe von mentalen d.h. nicht-physikalischen Begriffen sprechen. Er behauptet aber, dass die sinnvollen mentalen Begriffe und die physikalischen Begriffe denselben Bezugspunkt – nämlich Zustände des Körpers – haben ... Jeder psychische Zustand (ψ-Zustand) ist identisch mit einem physischen Zustand (ϕ-Zustand). (Teichert 2006, S. 66, 71) Antwort-Option: Kernfrage: ♣ … Typen♣ Die Annahme, Identitätstheorie dass mentale Zustände ψ mit neuronalen Zuständen ϕ korreliert sind, ist empirisch plausibel ♣ Wie ist die Korrelation genau zu verstehen? ψ ϕ Identität empirische Hypothese Folgefrage: … Ist die empirische Forschung für das Bewusstseinsproblem zuständig? Die behauptete Identität von Bewusstseins- und Gehirnzuständen ist keine analytische, weil sich die Wahrheit der entsprechenden Identitätssaussage nicht mit Notwendigkeit aus der Bedeutung der eingesetzten Prädikate ergibt ... Der philosophische Kerngedanke … besteht also darin, den Materialismus nicht als metaphysischen Materialismus oder als logisch-begriffliche Notwendigkeit zu formulieren, sondern schlicht als empirische Hypothese … Die These der klassischen Identitätstheorie lautet, dass jede mentale Eigenschaft mit einer physikalischen Eigenschaft identisch ist. (Metzinger, in: Metzinger 2, S. 91) 21 7 Begriffsbestimmung Begriff: „Identität“ Theorie der Semantik nach Frege ♣ … Identität der Sorte A≡A ♣ … Identität der Sorte A≡B Beispiel: ♣ der Morgenstern ≡ der Morgenstern A≡A logisch notwendig, analytische Identität ♣ der Morgenstern ≡ der Abendstern A≡B empirisch möglich, synthetische Identität Zwei Sätze F1a und G1a sind bedeutungsgleich, wenn sie das gleiche Referenzobjekt haben Auch wenn der Sinn psychologischer Prädikate ein ganz anderer ist als der neurophysiologischer Prädikate, wird dadurch noch nicht ausgeschlossen, dass sie bedeutungsgleich sind, weil sie auf genau denselben Ausschnitt der Wirklichkeit Bezug nehmen. Diese Tatsache könnte eine empirische Entdeckung sein: Wir könnten entdecken, dass mentalistische Terme, obwohl nicht direkt in neurowissenschaftliche Beschreibungssysteme übersetzbar, sich letztlich durch identische Bezugsgegenstände auszeichnen. Zwei Ausdrücke können nämlich koextensional sein, obwohl sie sich bezüglich ihrer Intension unterscheiden. (Metzinger, in: Metzinger 2, S. 92) … implizite Annahme einzelne bekannte Korrelationen zwischen mentalen Zuständen ψ und neuronalen Zuständen ϕ werden verallgemeinert. Korrelations-Relationen werden ersetzt durch Identitäts-Relationen. Identitäts-Relationen werden ergänzt durch eine Materialismus-These. ϕ Asymmetrie, ψ kein Panpsychismus 22 8 … zu schön, um wahr zu sein Das zentrale Argument für die Identitätstheorie liegt … darin, daß sie eine besonders elegante Lösung für das Problem der mentalen Verursachung liefert. Dieses Problem … ist nämlich nicht nur ein Problem für den Substanz-, sondern auch ein Problem für den Eigenschafts-Dualismus. (Beckermann 2000, S. 115) Vorzüge der Identitätstheorie ontologische Aussage: es gibt mentale Entitäten Eigenschaften hohe empirische Plausibilität: durchgängige ψ-ϕ ϕ-Korrelationen ontologische Sparsamkeit: Minimum an ontologischen Entitäten & strukturellen Annahmen Lösung des Bieri-Trilemmas: Verzicht auf Differenzthese 9 Chauvinismus-Einwand … empirisches Argument gegen die Identitätstheorie Stellen wir uns einen mentalen Zustand wie den des Hungers vor und fragen uns dann, ob andere Lebewesen als der Mensch Hunger haben können. Gewiss werden wir diese Frage ohne Zögern mit Ja beantworten. Stellen wir uns nun vor, dass andere Tiere … ein Nervensystem haben, das sich von unserem unterscheidet. Wenn ihr Nervensystem sehr verschieden ist, dann sind wahrscheinlich auch die Zustände ihres Nervensystems sehr verschieden von den Zuständen unseres Nervensystems. Wenn sie aber wie wir Hunger haben, obwohl sie andere Zustände des Nervensystems haben, dann kann Hunger nicht mit bestimmten Zuständen des Nervensystems identisch sein, sondern verschiedene solche Zustände entsprechen bei verschiedenen Arten von Lebewesen derselben Art von geistigem Zustand. Man spricht davon, dass die mentalen Zustände multipel realisiert und nicht mit den Gehirnzuständen identisch sind. (Schröder 2004, S. 83f) 23 Argument von Hilary Putnam 1975: Bestimmte mentale Zustände können auch in Wesen vorkommen, die ein völlig anders gebautes Gehirn haben. Ich bin hungrig – ich such jetzt etwas Essbares! Einwand gegen den Einwand Kernfrage: ♣ Wie verstehen wir den Begriff Antwort-Option: „Hunger“? ♣ … Gefühl ♣ … kausale Rolle … gute Idee: ich bin auch hungrig – ich such auch etwas Essbares! Wenn das stimmt, dann ist die Identitätstheorie aber falsch Die Identitätstheorie ist richtig … aber mein Hunger ist kein MenschenHunger Hält man daran fest, dass nichts ein mentaler Zustand von Hunger ist, was nicht auf eine bestimmte Weise empfunden wird, lässt sich Putnams … Überlegung, die sich auf den Hunger von Lebewesen mit einem ganz anderen Nervensystem bezog, in Frage stellen. (Schröder 2004, S. 84) 24 Dienstag, den 14. August Aph 3 das psycho-physische Problem II … – die Maschinen-Funktionalismus-Theorie – 1 Grundgedanke der Funktionalismus-Theorie Mentale Zustände sind keine physikalischen / neuronalen Zustände Kernfrage: ♣ … Sind mentale Zustände funktionale Zustände? ♣ … Ist das Wesensmerkmal mentaler Zustände die kausale Rolle, die sie für ein signalverarbeitendes System spielen? Antwort-Option: Funktionalismus ♣ … allgemein ♣ … materialistisch ♣ … immaterialistisch Die Generalthese des Funktionalismus ist, dass mentale Zustände über ihre kausale Rolle individuiert werden können. Das bedeutet, dass man einen geistigen Zustand durch ein Netzwerk aus Ursache-WirkungsBeziehungen, welche ihn mit anderen geistigen Zuständen, dem sensorischen Input und dem motorischen Output des betreffenden Systems verknüpfen, erschöpfend beschreiben kann. (Metzinger, in: Metzinger 2, S. 251) allgemeiner Funktionalismus input ψ1 ψ2 output interne Verarbeitung 25 2 das Computer-Modell des Geistes Die philosophische Grundintuition des Funktionalismus ist, dass mentale Zustände eine Teilmenge der funktionalen Zustände eines Systems sind und dass Geist und Körper sich in etwa wie software und hardware zueinander verhalten. Funktionale Zustände werden durch ihre kausale Rolle individuiert, die sie zum Beispiel in der inneren Ökologie eines informationsverarbeitenden Systems spielen … Physikalische Zustände realisieren mentale Zustände, sind aber nicht generell mit ihnen identisch, weil derselbe mentale / funktionale Zustand prinzipiell immer auch auf einer anderen hardware realisiert sein könnte. (Metzinger, in: Metzinger 3, S. 21) Starke KI-These Zwei-Ebenen-Modell Computer Mensch Verarbeitungsebene software Geist Implementationsebene hardware Gehirn Könnte ich auch mentale Zustände haben? Folgefrage: … Sind mentale Zustände vergleichbar mit der software eines Computers? … Können mentale Zustände auch auf künstlichen Systemen realisiert sein? Nach der starken KI ist der Computer … nicht nur ein Werkzeug zur Erforschung des Geistes; vielmehr ist der entsprechend programmierte Computer tatsächlich ein Geist in dem Sinne, dass von Computern mit den richtigen Programmen im wörtlichen Sinne gesagt werden kann, dass sie verstehen und andere kognitive Zustände haben. (Searle, in: Metzinger 3, S. 41) 26 3 Funktionalismus vs. Identitätstheorie … empirischkomparatives Argument gegen die Identitätstheorie … wird meine Strategie sein zu zeigen, dass Schmerz kein Gehirnzustand ist – aus dem Grund, dass eine andere Hypothese plausibler ist … ich werde behaupten, dass Schmerz kein Gehirnzustand im Sinne eines physikalisch-chemischen Zustands des Gehirns ... sondern eine ganz andere Art von Zustand ist. Ich werde die Hypothese vorschlagen, dass Schmerz … ein funktionaler Zustand eines ganzen Organismus ist … Man überlege sich nur, was der Gehirnzustandstheoretiker tun muss, um seine Behauptungen zu begründen. Er muss einen physikalisch-chemischen Zustand spezifizieren dergestalt, dass jeder Organismus … dann und nur dann Schmerzen hat, wenn er (a) ein Gehirn von angemessener physikalisch-chemischer Struktur besitzt; und wenn (b) sein Gehirn sich in diesem physikalischchemischen Zustand befindet ... Wenn wir also auch nur ein psychologisches Prädikat finden können, das klarerweise sowohl auf ein Säugetier als auch auf einen Seepolypen angewandt werden kann (z.B. „hungrig“), dessen physikalisch-chemisches „Korrelat“ aber in den beiden Fällen verschieden ist, dann ist die Gehirnzustandstheorie gescheitert. (Putnam, in: Metzinger 2, S. 377, 380f) Materialistischer Funktionalismus Spezialfall: Mensch … implizite Annahme ψ1 ψ2 ϕ1 ϕ2 sensorischer input motorischer output Funktionalismus-These wird ergänzt durch eine Materialismus-These Träger der kausalen Rolle sind komplexe neuronale Aktivierungsmuster Die multiple Realisierbarkeit wird bis zum Extrem gedacht. Es wird bestritten, daß eine auch nur sehr eingeschränkte Typen-Identität zwischen funktionalen und physischen Zuständen besteht. Wenn mentale Zustände funktionale Zustände sind, heißt das: Selbst 27 innerhalb einer biologischen Art kann derselbe mentale Zustand auf sehr verschiedene Weise physisch realisiert sein. Ja sogar innerhalb eines Individuums kann derselbe mentale Zustand zu verschiedenen Zeitpunkten auf verschiedene Weise physisch realisiert sein. Nach einer Hirnverletzung können beispielsweise zunächst nicht mehr ausführbare Funktionen von anderen Hirnteilen übernommen werden. Die psychophysische Typen-Identitätstheorie kann diese Plastizität in der Realisierbarkeit mentaler Zustände nicht hinreichend erfassen. (Brüntrup 2008, S. 100f) Vorzüge der Funktionalismus-Theorie Vorzug oder Nachteil? ontologische Aussage: es gibt mentale Entitäten empirische Plausibilität: multiple Realisierbarkeit Plastizität ontologische Neutralität Realisierungsbasis … … Kohlenstoff? … Silizium? … Käse (Putnam)? 4 Simulations-Einwand In der starken KI … zählen allein die Programme, und Programme sind unabhängig von ihrer Realisierung auf bestimmten Maschinen. In der Tat könnte … dasselbe Programm auf einer elektronischen Maschine realisiert werden, auf einer Cartesianischen mentalen Substanz oder auf einem Hegel’schen Weltgeist … Wenn mentale Prozesse in komputationalen Operationen auf formalen Symbolen bestehen, dann folgt daraus, dass es keine interessanten Verbindungen mit dem Gehirn gibt und dass die einzige Verbindung darin besteht, dass das Gehirn zufällig eines der unbestimmt vielen Maschinenarten ist, die fähig sind, das Programm zu instantiieren … Niemand wird annehmen, dass man Milch … erzeugen könnte, indem man eine Computersimulation der formalen Abläufe durchführt, die sich bei der Milcherzeugung … finden. Wenn es aber um den Geist geht, dann wollen viele Leute, motiviert durch ihren tief- und festsitzenden Dualismus, an ein Mysterium glauben: Sie nehmen an, der Geist sei eine Sache formaler Prozesse und er sei, anders als Milch … unabhängig von bestimmten stofflichen Ursachen. (Searle, in: Metzinger 3, S. 62f) 28 5 Turing-Maschine Jede Turing-Maschine besteht aus … Schema einer einer Kontrolleinheit … Turing-Maschine einem … Rechenband und einem Schreib-Lese-Kopf … Das Rechenband ist in einzelne, nebeneinander liegende Felder unterteilt … Die Kontrolleinheit verfügt über eine sehr begrenzte Anzahl von Operationen … Die Arbeitsweise einer Turing-Maschine wird durch ihre Maschinentafel bestimmt. (Beckermann 2000, S. 158f) Schema einer Turing-Maschine Schreib-Lese-Kopf Rechenband Kontrolleinheit Der Geist funktioniert wie ein Automat oder ein Computer. Der Geist kann verschiedene Operationen durchführen. Er nimmt sensorische Inputs auf. Er verändert in Abhängigkeit von den Inputs die internen Zustände des Systems und er zeigt ein bestimmtes Verhalten … (Teichert 2006, S. 93) 6 zwei skurrile Computerprogramme Es ist höchstens möglich, Automaten und Zombies herzustellen, die funktional äquivalent mit Menschen sind und so tun, als ob sie eine Innerlichkeit hätten, so daß wir sie von außen nicht mehr von Menschen unterscheiden könnten. (Ferber 2003, S. 127) 29 ELIZA Die Männer sind doch alle gleich. In welcher Hinsicht? Die bringen uns irgendwie immer in Wut. Hast Du vielleicht ein konkretes Beispiel? Naja, mein Freund hat mich dazu gebracht, herzukommen. Dein Freund hat Dich dazu gebracht, herzukommen. Hm, er sagt, ich bin immer so depressiv. Es tut mir leid, dass Du depressiv bist. Es stimmt ja, ich bin unglücklich. Du denkst, herzukommen hilft Dir, nicht mehr unglücklich zu sein? Ich brauche Hilfe. Soviel steht schon mal fest. Was würde es Dir bedeuten, Hilfe zu bekommen? Vielleicht käme ich mit meiner Mutter besser zurecht. Erzähl mir mehr von Deiner Familie … PARRY Warum bist Du im Krankenhaus? Ich bin ganz falsch hier. Wer hat Dich hergebracht? Die Polizei. Hattest Du Schwierigkeiten? Die Bullen sollen sich um ihr eigenen Kram kümmern. Was haben sie denn falsch gemacht? Die sollen die richtigen Leute verhaften. Das tun sie doch manchmal. Die sollen diese italienischen Gauner verhaften. Bist Du Italiener? Ich bin britischer Abstammung, aber hier geboren. Kennst Du irgendwelche italienischen Gauner? Ich gebe mich nicht mit Gangstern ab. Fürchtest Du Dich vor Gangstern? Die Mafia ist am schlimmsten. Hast Du Verbindungen zur Mafia? … Oft sind auch psychiatrisch geschulte Gutachter anhand der ihnen vorgelegten Dialoge nicht in der Lage, PARRY als eine Maschine zu identifizieren. Selbst dann, wenn sie selbst schriftlich die Fragen an PARRY stellen dürfen und ihnen die Antworten zugestellt werden, kommt es zu falschen Einschätzungen ... Der Gegenpart zu PARRY ist ELIZA … Das eigentlich überraschende für Weizenbaum war nicht einmal die mangelnde Fähigkeit vieler menschlicher „Patienten“, den nicht-natürlichen Kommunikationspartner in diesem Dialog als solchen zu identifizieren … Viele von ihnen fühlten sich nach dieser „Unterhaltung“ sehr viel besser … (Urchs 2002, S. 87f) 30 7 Einwand: das chinesische Zimmer … semantisches Argument gegen die Funktionalismustheorie Nehmen wir einmal an, ich sei in einem Raum eingeschlossen und man bringe mir einen dicken Packen chinesischer Schriften. Und nehmen wir ferner an … dass ich Chinesisch weder schreiben noch lesen könne … Angenommen ferner, ich bekomme nach diesem ersten Packen chinesischer Schriften einen zweiten Packen chinesischer Manuskripte, zusammen mir einer Anleitung, die mir sagt, welche Beziehung ich zwischen dem zweiten Packen und dem ersten Packen herstellen soll. Die Regeln dieser Anleitung seien in Englisch verfasst, so dass ich sie so gut wie jeder andere, dessen Muttersprache Englisch ist, verstehen kann. Diese Regeln ermöglichen es mir, eine Menge formaler Symbole mit einer anderen Menge formaler Symbole in Beziehung zu setzen … Nehmen wir nun also an, dass ich einen dritten Packen chinesischer Symbole zusammen mit einer, wiederum in Englisch geschriebenen, Anleitung bekomme, die es mir ermöglicht, Elemente dieses dritten Packens mit den ersten beiden Packen in Beziehung zu setzen. Diese Regeln sagen mir, wie ich bestimmte chinesische Symbole mit einer bestimmten Form als Antwort auf bestimmte Formen im dritten Packen zu geben habe. Die Leute, die mir alle diese Symbole geben, nennen, ohne dass ich dies weiß, den ersten Packen ‚ein Skript’, den zweiten ‚eine Geschichte’ und den dritten ‚Fragen’. Außerdem nennen sie die Symbole, die ich ihnen als Reaktion auf den dritten Packen gebe, ‚Antworten auf die Fragen’ und die englischen Anleitungsregeln, die sie mir gaben, ‚das Programm’ … Solange man nur meine Antworten sieht, wird niemand auf Argument den Gedanken kommen, dass ich von John Searle 1980: überhaupt kein Chinesisch könne. (Searle, in: Metzinger 3, S. 43) Syntaktische Kompetenz garantiert noch nicht semantische Kompetenz. Ich versteh kein Chinesisch … 31 8 Liberalismus-Einwand … ontologisches Argument gegen die Funktionalismustheorie Auf Ned Block geht ein Gedankenexperiment zurück, das in uns die Intuition erwecken will, dass ein System, das sich in den gleichen funktionalen Zuständen befindet wie ein Mensch oder ein menschliches Gehirn, trotzdem noch keinen Geist haben muss, d.h. nichts denken, nichts fühlen, nichts empfinden muss ... Eine funktionalistische Simulation des Geistes eines Menschen, die eben nicht nur beansprucht, den Geist zu simulieren, sondern selbst einen Geist zu haben, weil die jeweiligen kausalen Rollen … konstitutiv für den Geist sind, wird in einer bestimmten Zeitspanne eine Reihe von funktionalen Zuständen durchlaufen … Nehmen wir an, dass man die Simulation mit etwa einer Milliarde Menschen durchführen kann, und stellen wir uns vor, die Bürger Chinas würden sich bereit erklären, diese Simulation für eine halbe Stunde durchzuführen. Jeder Chinese Argument bekommt ein Funkgerät … von Ned Block 1978: (Schröder 2004, S. 104f) 9 Einwand gegen den Einwand Funktionale Zustände sind nicht hinreichend für Bewusstsein. Haben wir den Eindruck, dass die bloße Realisierung funktionaler Zustände in diesem Gedankenexperiment der chinesischen Nation einen Bewusstseinsstrom verleihen könnte, der sich jenseits der individuellen Bewusstseinsströme vollzieht? Diese Möglichkeit mutet sehr seltsam an. Aber woher wollen wir denn wissen, dass bestimmte funktionale Zustände nicht hinreichend für die Erzeugung eines Bewusstseinsstroms sein können? Die Tatsache, dass keiner der Chinesen etwas von diesem Bewusstseinsstrom erfährt, ist sicher kein Grund, die Möglichkeit eines solchen Stroms zu bestreiten. Die Nervenzellen unseres Gehirns erfahren wahrscheinlich Wieso fragt auch nichts mich von unserem eigentlich Bewusstseinsstrom. keiner? (Schröder 2004, S. 107) 32 Dienstag, den 14. August Aph 4 das phänomenale Bewusstsein I … – phänomenologische & epistemologische Aspekte – 1 Problemfelder Kernfrage: ♣ … Gibt es nichtphysikalische Tatsachen? ♣ … Unterscheiden sich mentale Zustände von neuronalen Zuständen? Antwort-Option: nein ♣ Behavioristen ♣ Identitätstheoretiker ja ♣ SubstanzDualisten ♣ EigenschaftsDualisten Folgefrage: … Wie groß ist die Reichweite einer materialistischen Theorie des Geistes? … Wo liegen die prinzipiellen Grenzen des wissenschaftlichen Weltbildes? … Gibt es tatsächlich subjektives Wissen? „Bewusstsein“ bedeutet … heute phänomenales Bewusstsein, also … im Sinne von Erleben und Subjektivität. (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 16) Es ist das Thema „Bewusstsein“, welches das Leib-Seele-Problem wirklich vertrackt macht … Ohne das Thema „Bewusstsein“ wäre das Leib-Seele-Problem weit weniger interessant. Mit dem Thema „Bewusstsein“ scheint es hoffnungslos zu sein … Wenn wir anerkennen, dass eine physikalische Theorie des Mentalen den subjektiven Charakter der Erfahrung erklären muss, dann müssten wir zugeben, dass uns keine der gegenwärtig verfügbaren Konzeptionen einen Hinweis gibt, wie dies geschehen könnte. Das Problem ist einzigartig. (Nagel, in: Metzinger 1, S. 62, 72) 33 2 Begriffsbestimmung Beispiel: Erlebnisgehalt von … Begriff: „Qualia“ ♣ … Wahrnehmungseindrücke ♣ … Körperempfindungen ausgeschlossen sind … ♣ Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten ♣ Schmerzen, Lust ♣ Stimmungen, Emotionen, Gefühle ♣ … höherstufige Eigenschaften von phänomenalen Eigenschaften Beispiel: Begriffsunterscheidung: „Qualia“ kausal abhängig von physischen Tatsachen ♣ die Zitrone ist gelb ♣ die Zitrone schmeckt sauer Qualia haben einen Erlebnisgehalt „… es fühlt sich irgendwie an …“ subjektiver Erlebnisgehalt der Qualia … ♣ unmittelbar? ♣ bewusst? ♣ privat? ♣ transparent? ♣ perspektivisch? Es ist zwecklos, eine Verteidigung des Materialismus auf irgendeine Analyse mentaler Phänomene zu gründen, die es versäumt, sich explizit mit ihrem subjektiven Charakter zu beschäftigen ... Das Problem ist jedoch nicht auf exotische Fälle beschränkt; es besteht nämlich auch zwischen zwei Personen … Selbst im Hinblick auf andere Personen ist das Verständnis davon, wie es ist, sie zu sein, nur bruchstückhaft. (Nagel, in: Metzinger 1, S. 64, 67, 69fn) 34 3 Fledermaus-Einwand … phänomenologisches Argument gegen eine materialistische Theorie des Geistes … Fledermäuse … weisen … einen Sinnesapparat und eine Reihe von Aktivitäten auf, die von den unsrigen so verschieden sind, dass das Problem, das ich stellen möchte, besonders anschaulich ist … Heute wissen wir, dass die meisten Fledermäuse … die Außenwelt primär durch Radar oder Echolotortung wahrnehmen, indem sie das von Objekten in ihrer Reichweite zurückgeworfene Echo ihrer raschen und kunstvoll modulierten Hochfrequenzschreie registrieren. Ihre Gehirne sind so konstruiert, dass sie die Ausgangsimpulse mit dem darauf folgenden Echo korrelieren. Die so erhaltene Information befähigt Fledermäuse, eine genaue Unterscheidung von Abstand, Größe, Gestalt, Bewegung und Struktur vorzunehmen, die derjenigen vergleichbar ist, die wir beim Sehen vornehmen. Obwohl das Fledermaus-Radar klarerweise eine Form von Wahrnehmung ist, ist es in seinem Funktionieren keinem der Sinne ähnlich, die wir besitzen … Ich möchte wissen, wie es für eine Fledermaus ist, eine Fledermaus zu sein … Wir glauben, dass Fledermäuse irgendwelche Spielarten von Schmerz, Angst, Hunger und Verlangen fühlen, und dass sie neben dem Radar andere, vertrautere Arten von Wahrnehmungen besitzen. Wir glauben aber, dass diese Erlebnisse in jedem Fall auch einen bestimmten subjektiven Charakter haben, der jenseits unserer Fähigkeiten liegt, uns einen Begriff davon zu machen. (Nagel, in: Metzinger 1, S. 65f) Argument von Thomas Nagel 1974: … Es fühlt sich gut an, eine Fledermaus zu sein! Bewusste Erfahrungen haben einen subjektiven Charakter. Materialistische Theorien des Geistes können den subjektiven Charakter begrifflich nicht erfassen und folglich nicht analysieren und nicht erklären. 35 4 Begriffsbestimmung traditioneller Begriff: „Wissen“ ♣ … Q ist sprachlich formuliert ♣ … Wissensinhalt Q ist wahr ♣ … Subjekt S ist überzeugt von Q ♣ … Subjekt S hat gute Gründe für Q Begriffsunterscheidung: „Wissen“ Beispiel: ♣ „Ich weiß, dass phänomenale Qualitäten einen subjektiven Gehalt haben“ ♣ „Ich weiß, wie man mit den Ohren wackelt“ ♣ „Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn ich Eis esse“ ♣ … Wissen, dass Q inferentieller Zusammenhang ♣ … Wissen, wie es geht Fähigkeit ♣ … Wissen, wie es sich anfühlt Zugang Begriffsunterscheidung: „Tatsachen“ ♣ … Begriff „grobkörnige Tatsachen“ nach Wittgenstein Zwei Sätze F1a und G1a drücken dieselbe Tatsache aus, wenn F und G dieselbe Eigenschaft bezeichnen ♣ … Begriff „feinkörnige Tatsachen“ nach Frege Beispiel: a ≡ Feuerwehrauto F1 ≡ bestimmte Wellenlänge G1 ≡ Roteindruck Zwei Sätze F1a und G1a drücken verschiedene Tatsachen aus, wenn F und G verschiedene Weisen des Gegebenseins sind 36 5 Gedankenexperiment … epistemologisches Argument gegen eine materialistische Theorie des Geistes Mary ist eine brillante Neurowissenschaftlerin, die – aus welchen Gründen auch immer – gezwungen ist, die Welt aus einem schwarz-weißen Raum heraus und mit Hilfe eines schwarzweißen Monitors zu erforschen. Sie spezialisiert sich auf die Neurophysiologie der Farbwahrnehmung und erwirbt auf diesem Gebiet, so nehmen wir an, alle physikalischen Informationen, die es überhaupt zu erlernen gibt, darüber, was geschieht, wenn wir reife Tomaten oder den Himmel betrachten und Ausdrücke wie „rot“, „blau“ usw. verwenden … Was wird passieren, wenn Mary ihren schwarzweißen Raum verlassen darf oder einen Farbmonitor bekommt? Wird sie etwas lernen oder nicht? Es scheint einfach offensichtlich zu sein, dass sie etwas über die Welt und über unser (visuelles) Erleben der Welt lernen wird. Dann ist es jedoch unvermeidlich, dass ihr vorheriges Wissen unvollständig war. Aber sie hatte alle physikalischen Informationen. Also muss es vielleicht doch mehr zu wissen geben als das, und der Physikalismus ist falsch. (Jackson, in: Metzinger 1, S. 87) Argument von Frank Jackson 1982: Es gibt eine privilegierte Form des Wissens über phänomenale Zustände, die nur erworben werden kann, indem man diese Zustände selbst erlebt. Materialistische Theorien des Geistes können diese privilegierte Form des Wissens begrifflich nicht erfassen und folglich nicht analysieren und nicht erklären. Ich weiß etwas, was Du nicht weißt … So hab ich das ja noch nie gesehen! 37 Alle reduktiven Erklärungen sind mit der Abwesenheit des subjektiven Charakters der Erfahrung logisch vereinbar. Es ist widerspruchsfrei denkbar, dass alle, in einer materialistischen Beschreibung der Tatsachen berücksichtigten kausalen Prozesse vorliegen, aber kein subjektives Erleben vorkommt ... Weil das so ist, kann die reduktionistische Erklärung des Mentalen nicht vollständig gelingen. Sie versagt angesichts der subjektiven Tatsachen und des sie umfassenden phänomenalen Bewusstseins. (Teichert 2006, S. 137) 6 Vollständigkeit des wissenschaftlichen Weltbildes? Qualia sind Gegenstände des introspektiven Erlebens. Aber sind sie auch Objekte inneren Wissens? (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 204) Kernfrage: Außen-Welt intersubjektive Perspektive wissenschaftliches Weltbild Innen-Welt art-spezifische Perspektive individuelle Perspektive Tiere α-Mausi β-Mausi Menschen Philo X Philo Y Außerirdische Mr. Spy 1 Mr. Spy 2 38 Wenn das subjektive Wissen aus der Innenperspektive eine Form von Tatsachenwissen ist, dann scheint die Schlussfolgerung unausweichlich, dass es nicht-physikalische Tatsachen gibt, nämlich subjektive Tatsachen. Dann aber besäße das wissenschaftliche Weltbild ein Loch … (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 82) Kernfrage: ♣ … Ist das phänomenale Bewusstsein eine stark emergente Eigenschaft der Makrostruktur? ♣ … Wie verhalten sich die Makroeigenschaften eines Systems zu seiner Mikrostruktur? 7 emergente Eigenschaften? Antwort-Option: ♣ … Emergenz Die … philosophische Intuition der Emergenztheorie besagt, dass … man einen Monismus … mit einem Eigenschaftsdualismus kombiniert … In einer starken Form fügt der psycho-physische Emergentismus zwei neue Gedanken hinzu: Geistige Eigenschaften sind genuin neuartige Eigenschaften im physikalischen Universum, und sie waren vor ihrem ersten Auftreten unvorhersagbar … Das Interessante an der starken Konzeption emergenter Eigenschaften ist, dass ihr erstes Auftreten der Theorie zufolge auch aus einer vollständigen Kenntnis aller Naturgesetze heraus nicht hätte vorhergesagt werden können … Die erste These ist der ontologische Physikalismus: Die Gesamtheit der konkreten Realität erschöpft sich in den von der Physik postulierten Elementarteilchen und in Aggregaten dieser Elementarteilchen. Die zweite These ist die Emergenz von Makroeigenschaften: Ab einer gewissen Ebene struktureller Komplexität entstehen aus Mengen von Mikroeigenschaften genuin neue, emergente Makro-Eigenschaften. (Metzinger, in: Metzinger 2, S. 275) Schwache Emergenz Starke Emergenz ♣ … Mikrodetermination ♣ … Nichtreduzierbarkeit unvorhersagbar, neuartig, kausal wirksam ♣ … Mikrodetermination ♣ … Reduzierbarkeit vollständig erklärbar aus den Teilen & der komplexen Anordnung der Teile 39 … das phänomenale Bewusstsein könnte eine stark emergente Eigenschaft sein … gibt es noch andere stark emergente Eigenschaften in der Natur? … ich zitiere Nagel: „Das Problem ist einzigartig“ … wenn es das einzige Phänomen ist, dann glaub ich nicht an eine starke Emergenz! … das wäre dann ja wohl eine creatio ex nihilo … … schöne Grüße vom SpaghettiMonster! Philosophen machen aus jeder Selbstverständlichkeit ein Problem … Indem wir das Selbstverständliche problematisieren, und nur dadurch, gelangen wir zu einem tieferen und besseren Verständnis der uns umgebenden Welt und unseres Platzes in ihr. (Walter 2006, S. 11) 40 Mittwoch, den 15. August Aph 5 das phänomenale Bewusstsein II … – wissenschaftstheoretische & modallogische Aspekte – 1 Problemfelder Kernfrage: ♣ … Können wir wissenschaftlich erklären, warum ein bestimmter neuronaler Zustand mit einem spezifischen Erlebnisgehalt korreliert? Antwort-Option: ♣ … nein, das ist eine echte Erklärungslücke ♣ … da gibt es nichts zu erklären; das ist ein factum brutum Es gibt also nicht nur phänomenologische und erkenntnistheoretische Schwierigkeiten, wenn wir das phänomenale Erleben in seinem qualitativen Gehalt und seiner Gebundenheit an individuelle Erste-PersonPerspektiven ernst nehmen wollen, sondern es ergeben sich auch fundamentale begriffliche Probleme beim Versuch es mit strengen wissenschaftlichen Methoden zu erklären. (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 101) Könnten tatsächlich philosophische Zombies existieren? Neben den phänomenologischen, erkenntnistheoretischen und wissenschaftstheoretischen Argumenten für die Irreduzibilität des phänomenalen Bewusstseins gibt es eine vierte Klasse, nämlich die modalen Argumente. Die philosophische Grundintuition hinter modalen Argumenten gegen die ontologische Reduktion der Entität „Bewusstsein“ war häufig, dass es immer möglich ist, sich widerspruchsfrei vorzustellen … dass die physische Basis inklusive der Gesamtheit ihrer funktionalen Zustände auch ohne das Auftreten phänomenaler Eigenschaften existieren könnten. (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 117) 41 2 Begriffsbestimmung Begriff: „vollständig explanatorische Theorie“ ♣ … adäquate Erklärungen müssen verständlich machen, dass das erklärungsbedürftige Ereignis zu erwarten ist. ♣ Explanandum erklärungsbedürftige Aussage ♣ Explanans erklärende Aussagen In seinem Aufsatz … betont Levine bei der Beantwortung dieser Frage zunächst, daß jede Reduktion zu einer Erklärung des reduzierten Phänomens führen muß und daß es, wenn diese Erklärung gelingt, tatsächlich in einem epistemischen Sinn unmöglich ist, sich vorzustellen, daß das Explanans ohne das Explanandum vorliegt. (Beckermann 2000, S. 406) 3 Beispiel aus der Physik mereologische Brückenprinzipien Beispiel: Makrostruktur Wasser ist bei 20°°C flüssig Brückenprinzipien verbinden die Ebene der Teile mit der Ebene des Ganzen Mikrostruktur ♣ Explanandum: Warum ist Wasser bei 20°°C flüssig? physik.-chem. Eigenschaften von H2O-Molekülen Frage: Antwort: ♣ … Können wir verstehen, warum Wasser bei 20°°C flüssig ist? ♣ … ja, aus dem Explanans (Kenntnis der Mikrostruktur & Brückenprinzipien) folgt notwendig das Explanandum 42 4 Analogie: phänomenales Bewusstsein mereologische Brückenprinzipien Beispiel: Makrostruktur mentaler Zustand Brückenprinzipien verbinden die Ebene der Teile mit der Ebene des Ganzen Mikrostruktur ♣ Explanandum: Warum fühlt sich die Farbe „rot“ so und so an? neurophysiologischer Zustand Frage: Antwort: ♣ … Können wir verstehen, warum sich der Farbeindruck „rot“ so anfühlt, wie er sich anfühlt? ♣ … nein, aus dem Explanans (Kenntnis der Mikrostruktur) folgt nicht notwendig das Explanandum ♣ … wir kennen keine Brückenprinzipien Wir können das epistemische Ziel nicht genau benennen, weil wir den Begriff des phänomenalen Bewusstseins … nicht definieren können. Dann aber wird es uns auch schwer fallen, genauer zu sagen, was überhaupt als eine erfolgreiche empirische Erklärung des Phänomens … gelten würde ... Es ist der Aspekt des subjektiven Erlebens … von dem unklar ist, wie man ihn aus seinen physikalischen und funktionalen Bedingungen heraus verstehen oder wissenschaftlich erklären könnte ... Die Wissenschaft aber kann immer nur Funktionen erfassen. Denn das, was etwa die Neuro- und Kognitionswissenschaften über das phänomenale Erleben herausfinden können, betrifft letztlich immer nur die kausale Rolle von bestimmten Hirnzuständen … Die philosophische Grundidee ist also, dass eine vollständige wissenschaftliche Erklärung das reduzierte Phänomen durch begriffliche Zurückführung auf eine tiefer liegende Beschreibungsebene in diesem Sinne zu einem notwendígen Phänomen machen muss. (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 34, 102) 43 5 Einwand der Erklärungslücke … wissenschaftstheoretisches Argument gegen eine materialistische Theorie des Geistes Wir merken in der Tat, dass die kausale Rolle von Schmerz ein wesentlicher Bestandteil unseres Begriffs von Schmerz ist und dass die Entdeckung der physischen Mechanismen, die diese kausale Rolle hervorbringen, einen entscheidenden Aspekt dessen erklären würde, was es in Bezug auf Schmerz zu erklären gibt. Doch unser Begriff von Schmerz umfasst eben mehr als nur die kausale Rolle, er umfasst den qualitativen Charakter von Schmerz, der bestimmt, wie Schmerz sich anfühlt. Und was … unerklärt bleibt, ist, warum sich Schmerzen so anfühlen, wie sie sich anfühlen! … Aus dem bisher Gesagten sollte deutlich geworden sein, dass es nicht weiterhilft, Qualia mit ihren funktionalen Rollen zu identifizieren ... Wenn wir nämlich der Meinung sind, dass Schmerzen zu haben identisch damit ist, sich in einem bestimmten funktionalen Zustand zu befinden, welchen Maßstab von funktionaler Ähnlichkeit bzw. Unähnlichkeit verwenden wir, um zu beurteilen, ob ein außerirdisches Wesen unsere qualitativen Zustände teilt? (Levine, in: Metzinger 1, S. 108f) Argument von Joseph Levine 1983: Habe ich ein phänomenales Bewusstsein? Identitätstheorien und Funktionalismustheorien können nicht erklären, warum mentale Zustände notwendigerweise den Erlebnisgehalt haben, den sie haben. Habe ich ein phänomenales Bewusstsein? 44 6 Zombie-Einwand … modallogisches Argument gegen eine materialistische Theorie des Geistes Bewusstes Erleben ist eng mit physischen Vorgängen in Systemen wie Gehirnen verbunden – das steht außer Frage … Aber wie und warum führen physische Vorgänge zu bewusstem Erleben? Warum finden diese Vorgänge nicht „im Dunkeln“ statt, ohne von bewussten Erlebnissen begleitet zu sein? Das ist das zentrale Mysterium des Bewusstseins … Dem Argument zufolge ist es vorstellbar, dass ein mit einem bewussten Wesen physisch identisches System nicht dieselben bewussten Zustände erlebt (oder gar keine bewussten Zustände erlebt). Ein Beispiel für ein solches System ist der Zombie: ein System, dem jedes Bewusstsein fehlt, obwohl es physisch identisch mit einem bewussten Wesen ist … Wir haben keinen Anlass anzunehmen, dass es tatsächlich Zombies gibt … Gott hätte eine Zombie-Welt erschaffen können, wenn ihm danach gewesen wäre. (Chalmers, in: Metzinger 1, S. 121) Argument von David Chalmers 2002: Kann mir mal einer erklären, warum es mich nicht geben soll? Identitätstheorien und Funktionalismustheorien können nicht erklären, ob und warum es keine philosophischen Zombies gibt. Was existiert, hängt in erster Linie davon ab, welche Entitäten unsere besten empirischen Theorien als existierend annehmen müssen, um die fraglichen Phänomene zu erklären und ihr Auftreten präzise auszusagen. Dieses Prinzip gilt auch für mentale Entitäten … Aus den allgemeinen Gesetzen der Neurobiologie folgt aber … für keinen möglichen Gehirnzustand, dass er eine spezifische Erlebnisqualität besitzen muss … Der philosophische Fachterminus heißt hier „epistemische Notwendigkeit“ … (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 22, 102) 45 7 … verrückte Qualia sensor. input sprachl. output normale Qualia Z1 Grünempfindung „… etwas Grünes“ Z2 Rotempfindung „… etwas Rotes“ Z1 Rotempfindung „… etwas Grünes“ Z2 Grünempfindung „… etwas Rotes“ Z1 „… etwas Grünes“ Z2 „… etwas Rotes“ vertauschte Qualia fehlende Qualia 46 Wenn es philosophische Zombies gäbe, wären also nicht nur wir nicht in der Lage, zu erkennen, daß es sich bei diesen Wesen um Zombies handelt, sie selbst könnten dies nicht herausfinden. Denn die Zustände, die in ihnen die Rolle von Empfindungen spielen, bringen sie dazu, von sich zu glauben, sie hätten echte Empfindungen. Ist es wirklich sinnvoll, anzunehmen, daß es Wesen geben kann, die nicht über wirkliche, sondern nur über „Ersatzempfindungen“ verfügen, die mit keinerlei qualitativen Eindrücken verbunden sind, von denen aber niemand – nicht einmal sie selbst – herausfinden kann, daß das so ist? Wer meint, dies sei trotz aller Probleme möglich, sollte sich klar machen, daß er dann möglicherweise selbst nur ein Zombie ist, der von sich nur glaubt, er hätte wirkliche Empfindungen. (Beckermann 2000, S. 174) Kann mir mal einer beweisen, dass ich ein Zombie bin? Kann es sein, dass die EM-Theorie doch stimmt? Nein, kann ich leider nicht! … ich weiß ja noch nicht einmal, ob ich einer bin! 8 Teilzeit-Zombies Man kann sich nämlich an der Stelle der üblichen Vollzeitzombies ohne weiteres auch Teilzeitzombies vorstellen. Teilzeitzombies haben manchmal normale Bewusstseinszustände … zu anderen Zeiten sind sie aber ohne Bewusstsein … Die Vorstellung von Teilzeitzombies basiert auf denselben Voraussetzungen wie die von Vollzeitzombies. Beide setzen nämlich nur voraus, dass geistige Prozesse prinzipiell unabhängig von physischen Prozessen variieren können. Stellen wir uns daher vor, der Teilzeitzombie hätte in einer Phase des Bewusstseins eine Schmerz47 empfindung. Wenig später befinde er sich wieder in dem gleichen Zustand, doch nun ist er in einer Zombie-Phase und spürt daher keine Schmerzen. Schließlich gibt es eine dritte Situation, in der er an die beiden vorangegangenen Situationen zurückdenkt. Die entscheidende Frage ist nun, ob er die Abwesenheit der Schmerzempfindung in der zweiten Situation im Nachhinein bemerken kann. Wenn es jedoch auf der physischen Ebene keinerlei Unterschiede zwischen beiden Situationen geben darf, dann können auch die Unterschiede zwischen der „schmerzhaften“ und der „schmerzlosen“ Situation von einem Gedächtnis nicht registriert werden. (Pauen 2007, S. 130f) 9 superveniente Eigenschaften? Kernfrage: ♣ … Ist das phänomenale Bewusstsein eine superveniente Eigenschaft? Antwort-Option: ♣ … Supervenienz allgemeine Supervenienz ψ ϕ1 ψ1 ϕ2 ψ2 ZombieDoppelgänger ausgeschlossen ϕ ♣ … Wenn Philo X in der Welt W1 dieselben physischen Eigenschaften ϕ besitzt wie Philo Y in der Welt W2, dann haben Philo X und Philo Y auch dieselben mentalen Eigenschaften ψ. Die … Grundintuition der Supervenienz-Theorie besagt … Wenn alle physikalischen Tatsachen feststehen, dann sind damit auch alle psychologischen Tatsachen festgelegt. (Metzinger, in: Metzinger, S. 245) nomologische Supervenienz logische Supervenienz ♣ … Seien W1 und W2 zwei Welten mit identischen physikalischen Naturgesetzen. ♣ … Seien W1 und W2 zwei Welten mit identischen logischen Gesetzen. 48 Mittwoch, den 15. August Aph 6 das intentionale Bewusstsein I … – Begriff „propositionale Einstellungen“ & die intentionalen Erklärungsstrategien – 1 Problemfelder Kernfrage: ♣ … Was sind eigentlich intentionale Zustände? ♣ … Wer besitzt überhaupt intentionale Eigenschaften? – Tiere? Pflanzen? Roboter? Intentionale Zustände sind Zustände mit „semantischen Eigenschaften“. (Metzinger, in: Metzinger 3, S. 33) Antwort-Option: ♣ … Intentionalität ist eine Eigenschaft von Beschreibungen mentaler Zustände im Sinne einer Erklärungsstrategie ♣ … Intentionalität ist eine reale Eigenschaft mentaler Zustände 2 Begriffsbestimmungen Begriff: „Syntax“ semantische Eigenschaften … ♣ … System von Regeln zur korrekten Verknüpfung von Zeichen ♣ … Inhalt ♣ … Referenz ♣ … Wahrheitsbedingungen ♣ … Erfüllungsbedingungen Begriff: „Semantik“ Begriff: „Intentionalität“ ♣ … Bedeutung & Verwendung der Zeichen 49 3 Begriffsbestimmungen Begriff: „propositionale Einstellungen“ der Begriff umfasst Angaben zu … ♣ … Inhalt ♣ … Person ♣ … zwei-stellige Relation Beispiel: Inhalt sei Q, Person sei Philo X, verschiedene Einstellungen Philo X … Bedingungen der Rationalität ♣ … weiß, … ♣ … vermutet, … ♣ … wünscht, … ♣ … hofft, … ♣ … befürchtet, … ♣ … behauptet, … Propositionale Einstellungen unterliegen bestimmten … ♣ … Wahrheitsbedingungen ♣ … Erfüllungsbedingungen … dass Q … bei rationalen Wesen sind propositionale Einstellungen voneinander abhängig ♣ … inferentielle Regeln Beispiel: ♣ … Überzeugungen können wahr sein ♣ … Wünsche können sich erfüllen Ausrichtungen ♣ Wort – Welt ♣ Welt – Wort Beispiel: Beispiel: ♣ … Philo X wünscht, dass Q ♣ … Philo X entdeckt, dass Q Philo X freut sich, dass Q ♣ … Philo Y wünscht, dass Q ♣ … Philo Y entdeckt, dass Q Philo Y ärgert sich, dass Q Philo X ist ein rationales Wesen Philo Y ist ein irrationales Wesen 50 4 Existenzfragen Begriffsunterscheidung: „reale Existenz“ & „semantische Existenz“ Entitäten, die es … Beispiel: ♣ … Katzen ♣ … Pegasi ♣ … auch unabhängig von uns gibt ♣ … nur in unseren Gedanken gibt Wir können uns … nicht nur Dinge vorstellen, die nicht vor uns liegen, sondern auch solche, die es überhaupt nicht gibt … Solche fiktiven Dinge sind ebenfalls semantische Gegenstände, d.h. es sind eigentlich die Bedeutungen von Wörtern … die nun zum Gegenstand werden. Insbesondere sind wir dank der Fähigkeit zur Vergegenständlichung in der Lage, Götter zu schaffen und sie zu ehren. Wir können sogar das Nichts zum Gegenstand unserer Betrachtungen machen; denn auch das Nichts hat eine semantische Existenz. Das menschliche Bewußtsein wird also schöpferisch, indem sich die menschliche Intentionalität semantische Gegenstände und semantische Tatsachen schafft. (Ferber 2003, S. 79) Beispiel: Person: Philo X Einstellung: Überzeugung verschiedene Inhalte Philo X ist überzeugt, dass … ♣ … Eichhörnchen existieren ♣ … Pegasi existieren ♣ … Außerirdische existieren ♣ … das Spaghetti-Monster existiert ♣ … Gott existiert ♣ … das Nichts existiert 51 Es scheint immer so etwas wie ein „Pfeil der Intentionalität“ zu geben, und dieser Pfeil kann auch auf nicht-existierende Gegenstände zeigen. Normale Relationen haben niemals nicht-existierende Gegenstände als zweites Argument, intentionale Beziehungen scheinen aber zumindest manchmal diese Eigenschaft zu besitzen … Der Kern des Problems ist jetzt, dass Intentionalität keine natürliche oder physikalische Beziehung sein kann, weil Beziehungen zwischen existierenden und nichtexistierenden Dingen einfach keine natürlichen Beziehungen sind. (Metzinger, in: Metzinger 3, S. 13) 5 Rationalitätskriterien Kausalbeziehungen zwischen intentionalen Zuständen respektieren häufig semantische Beziehungen zwischen ihren Inhalten bzw. Rationalitätsprinzipien. (Beckermann 2000, S. 276) Beispiel: Rationalitätskriterien für Überzeugungen ♣ … Implikationen ♣ … Konsistenz ♣ … Wahrheit Kausalrelation ψ1 ψ2 … aber wir wollen es nicht übertreiben Sicher wird man nicht verlangen können, dass jemand, der von etwas, sagen wir p, überzeugt ist, auch von allem überzeugt sein muss, was logisch aus p folgt. Aber man wird doch verlangen, dass wer p glaubt, auch alle offensichtlichen Folgerungen aus p glaubt. Wer glaubt, dass alle Katzen eigenwillig sind, und glaubt, dass Mietzi eine Katze ist, der sollte auch glauben, dass Mietzi eigenwillig ist … Zweitens besagt die Rationalitätsanforderung, dass Überzeugungen grundsätzlich konsistent sein müssen; niemand kann offensichtlich Widersprüchliches glauben … Drittens schließlich besagt die Rationalitätsanforderung für Überzeugungen, dass nicht alle … Überzeugungen einer Person falsch sein dürfen. (Beckermann 2008, S. 94) 52 6 drei Erklärungsstrategien für besonders komplexes Verhalten Beispiel: Kernfrage: ♣ … Welche Erklärungsstrategien haben wir? ♣ … Wann ist eine intentionale Erklärungsstrategie gerechtfertigt? Antwort: ♣ … Planetenbewegungen ♣ … Computeranwendungen ♣ … Verhalten von Menschen Strategie … ♣ … physikalisch ♣ … funktional ♣ … intentional Wir benutzen die intentionale Strategie nur aus Unkenntnis der wahren Zusammenhänge. Ein uns intellektuell weit überlegenes Wesen, benötigte die intentionale Strategie Beispiel: überhaupt nicht … Diese äußerst komplexe Interaktion zweier Körper wäre rein physikalisch ♣ … Philo X ist überzeugt, für uns nicht zu erklären. Das dass seine Frau am Flughafen ist Geschehen im Nervensystem ♣ … Philo X möchte gerne der beiden Personen und die seine Frau abholen komplexen Interaktionen mit der Umwelt summieren sich zu einer Datenfülle, die für uns nicht mehr handhabbar erscheint … Wir greifen daher auf die intentionale Strategie zurück. Die Wünsche (seine Frau abzuholen …) in Zusammenhang mit Überzeugungen (daß sich seine Frau am Flughafen befindet …) geben eine sehr verläßliche Grundlage für Vorhersagen und Erklärungen. (Brüntrup 2008, S. 120) Argument von Daniel Dennett 1971: Intentionalität ist eine Eigenschaft von Beschreibungen mentaler Zustände im Sinne einer erfolgreichen Erklärungsstrategie bei Wissensdefiziten. Die Zuschreibungen intentionaler Zustände sind explanatorisch nützlich, denn sie erlauben Vorhersagen. Die Alltagspsychologie … liefert eine instrumentalistisch gerechtfertigte Beschreibung der Wirklichkeit. (Brüntrup 2008, S. 115) 53 7 Gedankenexperiment … epistemisches Argument für eine realistische Deutung intentionaler Zustände Dennett führt fiktiv einen Superwissenschaftler von einer fremden, uns überlegenen Zivilisation ein, der allein aufgrund von Daten auf der physischen Ebene alle Bewegungen von Herrn X im Detail voraussagen kann. Aus der Perspektive dieses Superwissenschaftlers muß es geradezu als magisch erscheinen, daß ein Mensch mittels der intentionalen Strategie mit einem Mindestmaß an Information die Bewegungen von Herrn X über Stunden hinweg vorhersagen kann. Die einzige Erklärung für diesen Erfolg der intentionalen Strategie besteht nach Dennett darin, daß sie auf abstrakte Weise reale kausale Muster in der Welt herausgreift. (Brüntrup 2008, S. 120) Ich weiß gemäß meiner physikalischen Erklärungsstrategie genau, was Philo X tun wird. Argument von Daniel Dennett 1981: Intentionale Erklärungen greifen real existierende kausale Muster in der Welt heraus. Intentionalität ist eine reale Eigenschaft mentaler Zustände. Ein System ist genau dann ein intentionales System, wenn sich in seinem Verhalten Muster zeigen, die nur von der intentionalen Einstellung aus sichtbar werden. Ich verstehe aber nicht, warum Philo Z – trotz beträchtlicher Wissensdefizite – gemäß seiner intentionalen Erklärungsstrategie ebenfalls weiß, was Philo X tun wird. 54 8 Wer besitzt intentionale Zustände? Was sind die Kriterien? Dennett behauptet, daß jedes System, das durch die intentionale Strategie erklärt werden kann, auch ein intentionales System ist. (Brüntrup 2008, S. 118) ♣ Menschen ♣ Tiere ♣ Pflanzen ♣ Außerirdische ♣ Zombies ♣ Roboter … Ich kann das Verhalten einer Mausefalle zwar gemäß der intentionalen Erklärungsstrategie verstehen … … aber ist die Mausefalle deshalb schon ein intentionales System? Da ‚Wahrheit’ ein metasprachliches semantisches Prädikat ist und da der Besitz von Überzeugungen die Fähigkeit erfordert, zwischen wahren und falschen Überzeugungen unterscheiden zu können, folgt daraus anscheinend unmittelbar, dass der Besitz von Überzeugungen metasprachliche semantische Prädikate verlangt, und dies setzt offensichtlich Sprache voraus. (Searle, in Perler / Wild 2005, S. 140) … nur sprachfähige Wesen sind intentionale Systeme … also keine Tiere? 55 9 philosophische Zombies? Kernfrage: ♣ … Gibt es einen Zusammenhang von phänomenalen & intentionalen Zuständen? Antwort-Option: ♣ … Intentionalität gibt es auch ohne phänomenale Zustände ♣ … Intentionalität kommt nur mit phänomenalen Zuständen vor Stellen wir uns einen Zombie vor: Ein roboterhaftes Wesen, das sich wie ein Mensch verhält, aber in Wirklichkeit nur eine komplexe Maschine ohne jedes bewußte mentale Leben ist. Das Verhalten des Zombies läßt sich gemäß der intentionalen Strategie erklären ... Während der Mensch echte Wünsche und Überzeugungen hat, handelt es sich beim Zombie nur um eine raffinierte Attrappe ... Searle hat deshalb zwischen echter oder genuiner Intentionalität einerseits und Als-Ob-Intentionalität andererseits unterschieden. (Brüntrup 2008, S. 118) Searle sagt: „Tiere sind intentionale Systeme, Zombies hingegen nicht“ Nun, die erste und wichtigste Sache ist die, dass Überzeugungen und Wünsche nicht nur in ein Netz anderer Überzeugungen und Wünsche eingebettet sind, sondern … in ein Netz von Wahrnehmungen und Handlungen, und diese sind die biologischen Grundformen der Intentionalität … Der allgemeine Punkt ist der, dass Tiere ihre Überzeugungen andauernd auf der Grundlage ihrer Wahrnehmungen korrigieren. Um diese Korrekturen zu machen, müssen sie in der Lage sein, den Sachverhalt, in dem ihre Überzeugung erfüllt wird, von einem Sachverhalt zu unterscheiden, in dem sie nicht erfüllt wird ... Warum aber müssen wir Überzeugungen und Wünsche überhaupt ‚postulieren’? Warum können wir in solchen Fällen nicht einfach die Existenz von Wahrnehmungen und Handlungen zugestehen? Die Antwort ist die, dass das Verhalten ohne die Voraussetzung von Überzeugungen und Wünschen unverständlich ist … (Searle, in Perler / Wild 2005, S. 140) 56 Donnerstag, den 16. August Aph 7 das intentionale Bewusstsein II … – Begriff „mentale Repräsentationen“ & die Sprache des Geistes – 1 Realisierung intentionaler Zustände durch Computer-Programme? Kernfrage: ♣ … Ist Intentionalität eine physikalische / funktionale Beziehung? ♣ … Kann Intentionalität naturalisiert werden? Antwort-Option: ♣ … nein, denn intentionale Zustände haben einen semantischen Gehalt. ♣ … ja, denn intentionale Zustände & die Rationalitätskriterien können durch Computerprogramme realisiert werden. Eine der entscheidenden Einsichten … war, dass Rechnen tatsächlich kein Hantieren mit Zahlen, sondern ein Hantieren mit Zahlzeichen ist – und zwar ein algorithmisches, bestimmten festgelegten Regeln folgendes Erzeugen und Verändern von Zahlzeichen ... Rechnen besteht also darin, dass man – ausgehend von vorhandenen Zahlzeichen – schrittweise neue Zahlzeichen erzeugt, indem man einfache Operationen in geeigneter Weise nacheinander ausführt … Wenn man Zahlzeichen als Muster von Spannungszuständen kleiner elektronischer Bauteile realisiert, kann man erstens auch die einfachen Operationen, auf denen alle Berechnungen beruhen, elektronisch realisieren. Zweitens ist es darüber hinaus möglich, elektronische Geräte zu bauen, dass diese Operationen genau in der Weise nacheinander ausgeführt werden, dass das gewünschte Resultat entsteht … In unserem Zusammenhang ist jedoch ein weiterer Punkt von entscheidender Bedeutung – die Tatsache, dass man nicht nur Rechnen, sondern auch logisches Schließen als Veränderung und Erzeugung von Symbolen auffassen und daher genau so wie das Rechnen elektronisch realisieren … arithmetische & kann. (Beckermann 2008, S. 95f) logische Operationen lassen sich realisieren 57 2 Realisierung logischer Schlüsse durch spezielle Computer-Programme Beispiel: Überzeugungen … semantische Beziehungen ♣ … Implikationen ♣ … Konsistenz syntaktischer Kalkül ausgeschlossen ist … syntaktische Beziehungen ♣ … Wahrheit Inferenzprogramme … reichen allerdings nicht mehr aus, wenn es um die Erfüllung der dritten Rationalitätsanforderung geht. Denn damit die Überzeugungen eines Systems in der Regel wahr sind, d.h. mit seiner Umwelt übereinstimmen, ist es offensichtlich notwendig, dass das System über Wahrnehmungskomponenten verfügt, die es ihm ermöglichen, Informationen über diese Umwelt aufzunehmen. (Beckermann 2008, S. 99) … ich zitiere Searle: „Computer haben zwar eine Syntax, aber keine Semantik“ … und ich verweise auf den Begriff „In-derWelt-Sein“ von Heidegger 58 3 Grundgedanke der Repräsentationstheorie Kernfrage: ♣ … Wie ist es möglich, dass Kausalrelationen zwischen intentionalen Zuständen Rationalitätsprinzipien genügen? Fodor zufolge kann ein Wesen tatsächlich nur dann über Wünsche, Überzeugungen … verfügen, wenn es die Struktur eines symbolverarbeitenden Systems besitzt, d.h. wenn in ihm strukturierte Repräsentationen nach formalen, struktursensitiven Regeln erzeugt und umgeformt werden. (Beckermann 2000, S. 282) 4 Begriffsbestimmungen Begriff: „Repräsentation“ ♣ … Stellvertreter / personale Stellvertretung ♣ … Darstellung Beispiel: ♣ Papst, Bundespräsident ♣ Piktogramm, Landkarte externe Repräsentationen interne Repräsentationen semiotische Repräsentationen Zeichen mentale Repräsentationen Vorstellungen Sprache Bilder Sprache des Geistes Bilder im Geiste Vorbild Begriff: „mentale Repräsentation“ ♣ … räumliche Metapher: „sich etwas lebhaft vorstellen“ ♣ … zeitliche Metapher: „etwas vor Augen haben, als ob es gegenwärtig wäre“ 59 5 Bestimmungsstücke der mentalen Repräsentationen Die drei wichtigsten Unterscheidungsmerkmale für Arten von mentalen Repräsentationen sind die Natur des Trägers, der Typ von Inhalt, der durch sie im Geist dargestellt wird, und das Format, in dem dieser Inhalt dem Subjekt präsentiert wird. (Metzinger, in: Metzinger 3, S. 195) Begriff: „mentale Repräsentation“ ♣ … Träger ♣ … Inhalt ♣ … Format Eines der klassischen Dogmen der analytischen Philosophie war, dass es letztlich keine Form von Wissen außerhalb von Sätzen gibt. (Metzinger, in: Metzinger 3, S. 197) Beispiel: Der Inhalt … könnte … durch Aussagen oder ♣ Träger: Begriffe gebildet werden. Zustand eines kognitiven Subjekts … Menschen sind jedoch subpersonal (Gehirn) auch wahrnehmende personal (Mensch) und sich körperlich künstlicher Agent (Computer) bewegende Wesen. interaktiver Agent (… Umwelt) Sowohl die Sinneswahr♣ Inhalt: nehmung als auch die erzeugt durch … Körperbewegung … erSprache zeugen auch ganz eigene Wahrnehmungen Typen intentionaler ZuKörperbewegungen stände und nicht-begriff♣ Format: liche Formen des Wissens sprachartig … Denn es ist eine empibildartig risch plausible Annahme, dass die so genannten „höheren“ kognitiven Inhalte in unserem Geist sich schrittweise aus der mentalen Repräsentation perzeptueller und motorischer Prozesse heraus entwickelt haben … Das Format einer Datenstruktur legt fest, auf welche Weise Information kodiert wird … Denken wir in Worten, oder denken wir in Bildern? (Metzinger, in: Metzinger 3, S. 195f) 60 6 Repräsentationstheorie von Fodor Die oberste Ebene bilden die intentionalen Zustände eines Systems und die Kausalbeziehungen, die zwischen diesen Zuständen bestehen; diese werden eine Ebene tiefer mit Hilfe von mentalen Repräsentationen und formalen struktursensitiven Prozessen realisiert; die Strukturen und Prozesse auf der zweiten Ebene müssen aber – wie die Programme eines Computers – ebenfalls implementiert sein; unter der zweiten Ebene gibt es daher als dritte noch die physische Ebene, auf der Repräsentationen durch physische Strukturen und formale Prozesse durch physische Prozesse realisiert sind. (Beckermann 2000, S. 283) Drei-Ebenen-Modell Computer Mensch Computationale Ebene Intentionalitätsebene Algorithmische Ebene Repräsentationsebene Implementationsebene Implementationsebene Wichtig ist … daß zwischen den verschiedenen Ebenen jeweils eine Beziehung der Multirealisierbarkeit besteht. Ebenso wie die mentalen Repräsentationen und formalen Prozesse der zweiten Ebene auf die unterschiedlichste Weise physisch implementiert (bzw. realisiert) sein können, können auch intentionale Zustände durch ganz unterschiedliche mentale Repräsentationen und die kausalen Beziehungen zwischen intentionalen Zuständen durch ganz unterschiedliche formale Prozesse realisiert werden. (Beckermann 2000, S. 283) Theorieteile: RT, LOT & CMP Fodors Theorie besteht … aus zwei Thesen: der RepräsentationalismusThese, derzufolge intentionale Zustände mit Hilfe mentaler Repräsentationen realisiert sind, und der Computationalismus-These, die besagt, daß diese Repräsentationen strukturiert sind und mit Hilfe von struktursensitiven Prozessen verarbeitet werden. (Beckermann 2000, S. 302) 61 1. Repräsentationalismus-These RT Ein System ist genau dann in einem intentionalen Zustand des Typs A(s) mit dem Inhalt s, wenn sich das System in einer Relation zu einer mentalen Repräsentation R(s) befindet, die die Bedeutung s hat. Mentale Repräsentationen sind physische Strukturen, die einen propositionalen Inhalt haben. Beispiel: Beispiel: Intentionalitätsebene Intentionalitätsebene Ü(p) W(q) Philo X ist überzeugt, dass p Philo X wünscht, dass q Repräsentationsebene Repräsentationsebene Überzeugungsspeicher Wunschspeicher R(p) R(q) Vorstellung mit dem Inhalt p Vorstellung mit dem Inhalt q Nehmen wir etwa an, dass ich beabsichtige, meine linke Hand zu heben … Was ich dann also tue: In meine Intentionsbox lege ich ein Einzelvorkommnis eines mentalen Symbols, das bedeutet „Ich hebe meine linke Hand.“ Und nach dem geeigneten Schütteln und Glucksen und Rechnen und Ausüben von kausalen Kräften hebt sich dann meine linke Hand. (Fodor, in: Metzinger 3, S. 125f) 62 2. Computationalismus-These These einer Sprache des Geistes LOT Mentale Repräsentationen sind strukturiert. Diese Struktur ist für ihre Verarbeitung relevant. Die Teile einer mentalen Repräsentation können in verschiedenen mentalen Repräsentationen auftreten. Mentale Repräsentationen haben eine kompositionale Semantik. Die Bedeutung komplexer Repräsentationen ergibt sich in regelhafter Weise aus der Bedeutung ihrer Teile. Die Idee, dass diese mentalen Zustände, die einen Inhalt haben, auch eine syntaktische Struktur haben – insbesondere eine Satzteilstruktur – die dem Inhalt, den sie haben, angemessen ist – das ist es, was die Geschichte zur Geschichte der Sprache des Geistes macht und nicht einfach zu einer Geschichte des intentionalen Realisten. (Fodor, in: Metzinger 3, S. 126) These vom computationalen Charakter mentaler Prozesse CMP Die Kausalbeziehungen zwischen intentionalen Zuständen beruhen auf struktursensitiven Symbolverarbeitungsprozessen. Kausalrelation Kernfrage: ψ1 ψ2 Beispiel: Ü(p) Überzeugungsspeicher ♣ … Wie können die Kausalrelationen zwischen intentionalen Zuständen durch Symbolverarbeitungsprozesse realisiert werden? W (q) Wunschspeicher 63 7 Mentalesisch: die Sprache des Geistes … Argument für eine Sprache des Geistes „Aber warum“, fragt die Tante mit merklicher Strenge, „muss es eine Sprache sein?“ Die Tante spricht mit der Stimme des Establishments, und ihre Kompromisslosigkeit ist schrecklich. Sie ist aber bereit, im vorliegenden Fall bestimmte Zugeständnisse zu machen. Erstens räumt sie ein, dass es Überzeugungen und Wünsche gibt und dass es einen Tatsachenbezug in ihren intentionalen Inhalten gibt … Zweitens akzeptiert die Tante die Kohärenz des Physikalismus. Es könnte sein, dass sich Glauben und Wünschen als Hirnzustände erweisen, und falls sie das tun, ist das in Ordnung für die Tante. Drittens gesteht sie bereitwillig zu, dass Überzeugungen und Wünsche kausale Rollen haben und dass sichtbares Verhalten typischerweise eine Folge komplexer Interaktionen zwischen diesen mentalen Ursachen ist … Kurz gesagt: Die Tante erkennt, dass psychologische Erklärungen ein Netz kausal verknüpfter intentionaler Zustände postulieren müssen. „Aber warum“, fragt die Tante mit merklicher Strenge, „muss es eine Sprache sein?“ (Fodor, in: Metzinger 3, S. 124) Argument von Jerry Fodor 1987: … spreche ich auch Mentalesisch? Kognition ist Symbolmanipulation. Gedanken sind Ausdrücke in einer Sprache des Geistes. Merkmal der Sprache des Geistes ist ihre kombinatorische Syntax und ihre Semantik. 8 Konnektionismus-Einwand Das intelligente Verhalten von Menschen und höheren Tieren beruht nicht auf computerähnlichen Symbolverarbeitungsprozessen, sondern auf den flexiblen Strukturen neuronaler Netze. (Beckermann 2000, S. 297) 64 Donnerstag, den 16. August Aph 8 das Problem der mentalen Verursachung I … – die Aufwärts-Kausalität & die Abwärts-Kausalität – 1 Dualisten vs. Monisten Ist es de facto wahr, dass Bewusstsein ein physischer Prozess ist? … Naturalisten behaupten, dass das so ist, Dualisten bestreiten dies: Zwar geben auch Dualisten heute im Allgemeinen zu, dass die neuronalen Prozesse in unserem Gehirn eine notwendige Bedingung für unsere geistigen Aktivitäten darstellen, doch sie bestreiten, dass es damit schon getan ist: In ihren Augen muss zu den rein physischen neuronalen Aktivitäten noch etwas hinzu kommen, das selbst nicht physisch ist, nämlich die Eigenschaft des Bewusstseins. (Pauen 2007, S. 115) Kernfrage: ♣ … Wie viele ontologische Entitäten gibt es? … Substanzen? … Eigenschaften? Antwort-Option: es gibt … ♣ … zwei Entitäten ♣ … nur eine Entität Antwort-Option: es gibt … Folgefrage: ♣ … Welche verschiedenen ♣ … keine Kausalität Kausalitätsformen gibt es? ♣ … nur Aufwärts-Kausalität ♣ … nur Abwärts-Kausalität ♣ … Aufwärts- & Abwärts- Kausalität 65 2 der traditionsreiche Substanz-Dualismus Alltagspsychologie & trad. Philosophie ☺= + Begriff „Person“ mit Geist & Körper keine Wechselwirkung (keine Vertreter) Okkasionalismus (Malebranche) Gott Parallelismus (Leibniz) Gott dualistischer Epiphänomenalismus (Huxley, Haeckel) ← Animismus (Platon, Augustinus) → Interaktionismus (Descartes, Eccles) ↔ 3 grundlegende Probleme des interaktionistischen Substanz-Dualismus … empirisch nicht bestätigungsfähig Auf jeden Fall ist bemerkenswert, dass in allen ausgearbeiteten Theorien der kausalen Interaktion von Geist und Körper der Einfluss des Geistes so gering ist, dass er unterhalb der Schwelle des empirisch Feststellbaren liegt ... Wenn der Geist auf den Körper einwirkt, sollte man eigentlich erwarten, dass sich dies bei einer empirischen Untersuchung der Funktionsweise des Gehirns zeigen würde. Aber ganz im Gegenteil: Neurobiologische Untersuchungen haben bisher nirgends einen Anhaltspunkt für das Wirken nicht-physiologischer Ursachen ergeben. (Beckermann 2008, S. 45) 66 … mangelnde Erklärungsleistung (1) … die phylogenetische & ontogenetische Entwicklung ♣ Wann kommt in der phylogenetischen Entwicklung vom Tier (nur Körper) zum Menschen (Körper & Geist) der Geist hinzu? ♣ Wann kommt in der ontogenetischen Entwicklung von der Befruchtung der Eizelle (nur Körper) zum erwachsenen Menschen (Körper & Geist) der Geist hinzu? (2) … die Verbindung zwischen den verschiedenen Substanzen ♣ Wie kommt die Verbindung zustande? (3) … die temporale Nicht-Existenz / Doppel-Existenz ♣ Wo ist der Geist bei Bewusstlosigkeit? ♣ Was passiert bei multiplen Persönlichkeiten? (4) … ist ein Tausch von Körper / Geist möglich? (5) … wieso können Gehirnläsionen die kognitiven Fähigkeiten des Geistes beeinträchtigen? (6) … wozu ist so ein komplexes Gehirn erforderlich? Warum sind Gehirnareale nur für den sensorischen Input und den motorischen Output nicht ausreichend? 1 1 2 2 … verschlimmert die Problemlage Wie genau kann der Wille Körperbewegungen bewirken? Energie kann weder plötzlich erzeugt noch vernichtet, sondern lediglich aus der einen Form in eine andere überführt werden … Das Gesetz von der Erhaltung der Energie, welches die kausale Geschlossenheit der physischen Welt begründet, ist … nichts anderes als die physikalische Version des logischen Grundsatzes, daß aus Nichts nicht etwas entstehen kann … So schreibt Spinoza: „Wenn die Menschen also sagen, daß diese oder jene Handlung des Körpers im Geist ihren Ursprung habe, so wissen sie nicht, was sie sagen.“ (Ferber 2003, S. 103, 139, 143) 67 4 Eigenschafts-Dualismus vs. Eigenschafts-Monismus ontologische Entitäten? Antwort-Option Ebene: ψ mentale Entitäten ψ ♣ … eliminativ ♣ … nicht-eliminativ ϕ Eigenschaften physische Entitäten ontologische Abhängigkeit von physischen Entitäten? Antwort-Option Abhängigkeitsverhältnis: ψ ϕ ♣ … dualistisch ♣ … monistisch ψ Eigenschaften abhängig ϕ theoretische Reduktion auf physische Entitäten? ψ ϕ kausale Strukturen? ϕ Gesetzesartigkeit: ψ ϕ ♣ … reduktiver Physikalismus ♣ … nicht-reduktiver Physikalismus nomologisch ψ Antwort-Option ψ ϕ Eigenschaften Antwort-Option Kausalität: …ϕ …ψ …ψ ϕ ϕ ψ 68 ☺= Kernfrage: ♣ … In welchem Sinne können mentale Eigenschaften ontologisch selbstständig sein? Begriff „Person“ mit mentalen Eigenschaften & physischen Eigenschaften Antwort-Option: ♣ … Mentale Eigenschaften sind dann ontologisch selbstständig, wenn sie nicht auf physische Eigenschaften zurückgeführt werden können. Was kann es heißen, daß mentale Eigenschaften … auf physische Eigenschaften … zurückgeführt werden können? … (I) Mentale Eigenschaften, sind genau dann auf physische Eigenschaften zurückführbar, wenn sie mit physischen Eigenschaften identisch sind. (II) Mentale Eigenschaften, sind genau dann auf physische Eigenschaften zurückführbar, wenn sie über den physischen Eigenschaften supervenieren? (III) Mentale Eigenschaften, sind genau dann auf physische Eigenschaften zurückführbar … wenn sie durch physische Eigenschaften realisiert sind. (Beckermann 2000, S. 203 – 205, 217) 5 … Ärger mit der Geschlossenheitsthese? (1) Bewußte geistige Vorkommnisse haben physische Wirkungen … (2) Alle physischen Wirkungen haben hinreichende physische Ursachen ... (3) Die physischen Wirkungen bewußter Ursachen sind nicht immer überdeterminiert … Sie können Prämisse (1) zurückweisen und einen Epiphänomenalismus oder einen psychophysischen Parallelismus akzeptieren. Ich denke, wir würden es vorziehen, diese Auffassungen nach Möglichkeit zu vermeiden. In anderen Bereichen der natürlichen Welt scheinen wir schließlich keine Mechanismen zu finden, die kausale Anhängsel oder schlichte, nicht weiter erklärbare Parallelismen involvieren. Das gibt uns einen induktiven Grund, derartige Dinge auch nicht an der Schnittstelle von Geist und Gehirn zu erwarten. 69 Sie können Prämisse (2) zurückweisen und bestreiten, daß die Physik kausal vollständig ist … Letztlich geht es darum, ob wir rein bewußte Ursachen in die Kategorie fundamentaler Grundkräfte neben der Gravitation … aufnehmen müssen? Sie können sogar Prämisse (3) zurückweisen und statt dessen akzeptieren, daß die physischen Wirkungen bewußter Ursachen außerdem noch besondere physische Ursachen haben. Gemäß dieser „Gürtel-und-Hosenträger“-Auffassung sind es immer zwei verschiedene Ursachen … (Papineau, in: Pauen / Stephan 2002, S. 225 – 228) Geschlossenheitsthese stark geschlossen nicht: Prämisse (1) schwach geschlossen nicht geschlossen nicht: Prämisse (3) nicht: Prämisse (2) ψ1 ψ2 ψ1 ψ2 ψ1 ψ2 ϕ1 ϕ2 ϕ1 ϕ2 ϕ1 ϕ2 6 starke Geschlossenheitsthese Epiphänomenalismus nur Aufwärts-Kausalität Argument von Robinson 2007: Der Grundgedanke war … dass die psychophysische Korrelation ϕ1 kann sowohl ψ1 als auf einer echten, aber exklusiv auch ϕ2 verursachen. aufwärtsgerichteten Form von ψ1 und ϕ2 stehen Kausalität beruht. Mentale Zuzueinander in Beziehung, stände sind pure Epiphänomene, weil sie Wirkungen einer kausal unbedeutende Nebengemeinsamen Ursache sind. wirkungen autonom operierender physischer Mechanismen ... Das würde … bedeuten, dass es nicht intentionale Zustände wie Meinungen, Wünsche oder Willensakte sind, deren Inhalt unsere Handlungen auslöst. (Metzinger, in: Metzinger 2, S. 323) 70 7 Einwand & Einwand gegen den Einwand Warum haben mentale Eigenschaften sich in biologischen Organismen entwickelt, in Populationen verbreitet, und über Millionen von Jahren in vielen Gattungen stabilisiert, wenn ihr Besitz mit keinerlei kausalem Nutzen verbunden war? (Metzinger, in: Metzinger 2, S. 324) Antwort-Option: Beispiel: komplex evol. Vorteil Gehirn warm evol. Vorteil Eisbärpelz schwer evol. Nachteil bewusst evol. neutral Es mag beispielsweise sein, dass wir einen Geist ausgebildet haben, weil es evolutionär vorteilhaft ist, ein großes Gehirn zu haben, und es nomologisch unmöglich ist, ein großes Gehirn zu haben, ohne über einen Geist zu verfügen. (Walter 2006, S. 251) 8 schwache Geschlossenheitsthese Emergenztheorie mit Abwärts-Kausalität Beispiel: Begriff: „Überdetermination“ ♣ … eine Wirkung wird durch zwei je hinreichende Ereignisse verursacht. ♣ Tod eines Menschen, der gleichzeitig erschossen und von einem Blitz getroffen wird ♣ Sicherung der Hose durch Gürtel & Hosenträger ♣ Empfängnisverhütung durch Pille & lesbische Liebesbeziehung Prinzip des methodologischen Physikalismus: Eine Kausalerklärung eines physischen Ereignisses p1, gilt dann und nur dann als gelungen, wenn sie nur physische Ereignisse p2, p3, … pn identifiziert, die p1 verursacht haben … 71 Prinzip der Exklusivität von Kausalerklärungen: Für kein Ereignis e in der aktuellen Welt w* gibt es zwei oder mehr Kausalerklärungen, die sowohl vollständig als auch voneinander unabhängig sind. (Brüntrup 2008, S. 47, 49) 9 Einwand & Einwand gegen den Einwand … impliziert die Annahme von Überdetermination, daß bei Abwesenheit der einen Ursache das Ergebnis aufgrund der anderen Ursache dennoch eingetroffen wäre … Es scheint aber falsch zu sein zu sagen, daß mein Arm sich auch dann bewegt hätte, wenn ich den Schmerz nicht empfunden hätte. (Papineau, in: Pauen / Stephan 2002, S. 226) Kernfrage: Folgefrage: ♣ … Gibt es eine mentale Kraft? ♣ … Ist die mentale Kraft physikalisch unsichtbar, aber in Verbindung mit physikalischen Kräften kausal wirksam? Was beispielsweise schließt aus, dass die von der Biologie und der Neurophysiologie erforschten physikalischen Faktoren die entsprechenden Wirkungen nur deshalb hervorbringen, weil sie von nicht-physikalischen Ursachen „unterstützt“ werden, die mit naturwissenschaftlichen Methoden nicht sichtbar gemacht werden können. (Walter 2006, S. 231) Antwort-Option: ♣ … es gibt mentale Kräfte ψ1 ϕ1 ϕ2 notwendig, nicht hinreichend notwendig, nicht hinreichend, nicht sichtbar 72 Freitag, den 17. August Aph 9 das Problem der mentalen Verursachung II … – eine Wahl zwischen Skylla & Charybdis? – Kernfrage: ♣ … Befinden wir uns mit dem Problem der mentalen Verursachung zwischen Skylla & Charybdis? 1 zwei besondere Schreckgestalten der Mythologie Antwort-Option: ♣ … Pro-Naturalismus ♣ … Anti-Naturalismus Skylla und Charybdis sind zwei Meeresungeheuer aus der griechischen Mythologie, die an der Meerenge von Messina lebten und jeweils eine Seite der Meerenge besetzten. Skylla hatte sechs Köpfe mit einer dreifachen Reihe Zähnen in jedem Maul und fraß jeden, der in ihre Nähe kam. Charybdis sog dreimal am Tag das Meereswasser ein, um es danach brüllend wieder auszustoßen. Schiffe, die in den Sog gerieten, waren verloren. In Homers Odyssee haust das Ungeheuer Skylla auf dem größeren der beiden sich gegenüberstehenden Felsen der Meerenge und Charybdis unterhalb des kleineren Felsens, auf dem ein großer Feigenbaum steht. Zusammen sind sie zwei unvermeidliche, gleich große Übel. Die Redewendung „zwischen Skylla & Charybdis“ steht für eine vertrackte Situation, in der man sich zwischen zwei Gefahren befindet. Weicht man der einen Gefahr aus, begibt man sich unweigerlich in die andere. Es gilt also, den richtigen Weg zwischen zwei Verhängnissen hindurch zu finden. 73 2 … die Bedrohung unseres Selbstverständnisses Um uns als rationale und moralische Personen begreifen zu können, müssen wir, so scheint es, zeigen, dass es wirklich der Inhalt unserer eigenen geistigen Zustände ist, der die entscheidende Rolle bei der Auslösung unseres Verhaltens spielt. (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 17) Wenn man eine kausale Rolle der mentalen Zustände bewahren möchte, so ist man 1. entweder auf eine Form des Naturalismus festgelegt oder muss 2. eine eigenständige Form der mentalen Verursachung durch Psychisches einführen (z.B. Agenskausalität), oder muss 3. eine systematische Überdetermination in allen Fällen von mentaler Verursachung annehmen. (Newen / Vogeley, in: Spät 2008, S. 93) Antwort-Option: ♣ … AntiNaturalismus Konsequenz: ♣ … die mentale Verursachung ist nicht verständlich Antwort-Option: ♣ … ProNaturalismus Konsequenz: ♣ … das phänomenale Bewusstsein ist nicht verständlich Dass es mentale Verursachung gibt, erscheint ganz einfach offensichtlich … Wie mentale Verursachung funktioniert, wie sie überhaupt möglich ist, ist hingegen keinesfalls offensichtlich … Mentale Verursachung ist ein integraler Bestandteil unseres „manifesten Bilds“ der Wirklichkeit. Wir scheinen gar nicht anders zu können als uns als eigenverantwortlich und frei handelnde Akteure zu verstehen … (Walter 2006, S. 11f) 74 3 die Bewusstseins-Aporie Warum wollen Naturalisten unbedingt Naturalisten bleiben? Das Grundproblem dualistischer Leib-Seele-Theorien besteht in der genauen Beschreibung des Mechanismus der psychophysischen Kausalität. Das Hauptproblem für den Dualisten ist, dass er mindestens zwei Klassen von Kausalrelationen und damit zwei Klassen von Gesetzen voraussetzen muss. Die erste Klasse von kausalen Gesetzen verknüpft die Ereignisse innerhalb der physikalischen Welt zu einem Netz. Die zweite Klasse wird durch die Gesetze gebildet, die die innere Natur der psychophysischen Korrelationen beschreiben. (Metzinger, in: Metzinger 2, S. 130f) Kernfrage: ♣ … kausale Strukturen ♣ … psycho-physische Korrelationen Erste-Person-Perspektive Ist Wissen über Korrelationen zwischen physischen & psychischen Zuständen durch Introspektion möglich? ψ ψ ϕ ϕ Sind kausale Strukturen zwischen physischen & psychischen Zuständen epistemisch zugänglich? Dritte-Person-Perspektive Wenn es einen Kernaspekt des Mentalen gibt, von dem es sich zeigt, dass er aus prinzipiellen Gründen nicht an die Naturwissenschaften übergeben werden kann, dann ist genau diese Entdeckung eine philosophisch relevanter Erkenntnisfortschritt ... Der Versuch der Naturalisierung ist deshalb eine legitime Strategie, um ein tieferes und genaueres Verständnis des menschlichen Geistes zu erreichen. (Metzinger, in: Metzinger 1, S. 23) 75 4 Emergenztheorie ohne Geschlossenheitsthese Die psychophysische Emergenztheorie besagt, daß mentale Eigenschaften emergente Eigenschaften sind. Sie sind real, mikrodeterminiert durch die physische Ebene, irreduzibel, unvorhersagbar, neuartig und kausal wirksam. (Brüntrup 2008, S. 71) Begriff: „notwendige & Wie … bekannt, stammt die hinreichende Bedingungen“ intuitive Vorstellung einer emergenten Eigenschaft von ♣ … notwendige Bedingung dem Gedanken ab, dass ein rein physikalisches System, A ist notwendig für B: das ausschließlich aus kleinen A←B Materieteilchen zusammengesetzt ist, ab einem gewissen ♣ … hinreichende Bedingung Zeitpunkt genuin neuartige Eigenschaften zeigen kann, A ist hinreichend für B: die seine einfacheren Bestandteile nicht besitzen, und zwar A→B wenn es einen bestimmten Komplexitätsgrad in seiner strukturellen Organisation erreicht hat … Aber was genau bedeutet es, zu sagen, dass etwas eine emergente Eigenschaft ist? Was bedeutet es, zu sagen, dass es eine „neuartige“ Eigenschaft ist? Was tun emergente Eigenschaften, nachdem sie emergiert sind? … Der Emergentismus kann nicht ohne die abwärts gerichtete Kausalität leben, aber er kann auch nicht mit ihr leben. (Kim, in: Metzinger 2, S. 298) Antwort-Option: ♣ … es gibt mentale Kräfte ψ1 ϕ1 ϕ2 notwendig, nicht hinreichend notwendig, nicht hinreichend, nicht sichtbar ϕ1 ∧ ψ1 → ϕ2 76 5 idealistische Positionen Abkehr von einer physikalistischen Basis-Ontologie? Eine dem Materialismus entgegengesetzte Antwort auf das Leib-SeeleParadox ist der Idealismus. Dabei können wir zwischen einem objektiven und einem subjektiven Idealismus unterscheiden. Der objektive Idealismus geht auf Platon zurück … In der Neuzeit tritt der subjektive Idealismus in den Vordergrund. (Ferber 2003, S. 128) objektiver Idealismus Platon Doch so sehr sich Platon der mentalen Verursachung bewußt war, die Energieψ erhaltungssätze waren ihm noch unbekannt. ϕ Deshalb war ihm auch die Hypothese von der kausalen Geschlossenheit der Natur noch nicht vertraut. Das Leib-Seele-Problem stellte sich für ihn daher noch nicht in seiner trilemmatischen Schärfe. (Ferber 2003, S. 131) subjektiver Idealismus Berkeley Grundbegriff ♣ … das „Ich“ ♣ Der Begriff „Ich“ referiert auf die einzig gesicherte Instanz, die auch einem rigorosen Skeptizismus nicht zum Opfer fallen kann. Der Solipsismus ist eine empirisch & logisch nicht widerlegbare Position. ♣ Der Begriff „Ich“ ist ein indexikalischer Begriff und daher nur bedingt theoriefähig, weil die Vorstellungsinhalte nur durch Introspektion zu gewinnen sind. Die Introspektion ist aber unzuverlässig und wissenschaftlich nicht überprüfbar. 77 transzendentaler Idealismus Kant Ein transzendentaler Gegenstand ist ein Gegenstand, von dem keine Erkenntnis möglich ist, der aber gleichwohl den Erscheinungen zugrundeliegt … Kant ist … einer der ersten Philosophen, der die Unlösbarkeit des Leib-Seele-Problems vertreten hat. Die Lösung des „Leib-Seele-Problems“ übersteigt nämlich die theoretische Vernunft und ist insofern erkenntnistranszendent. (Ferber 2003, S. 134) Kants Theorie des Selbstbewusstseins lässt sich in wenigen Kernthesen … zusammenfassen … (K1) Das transzendentale Ich ist der formale Ausgangspunkt der Erfahrung und nur in der Idee gegeben, während das empirische Ich der Träger mentaler Phänomene in der Wirklichkeit ist … (K2) … Als Bedingung der Möglichkeit der Erfahrung ist Grundrelation der das transzendentale Ich Erkenntnis prinzipiell nicht empirisch erforschbar. ♣ … S erkennt O als A (K3) Eine Begründung für die Annahme, dass es ein transzendentale Gegenstände transzendentales Ich geben erkennende Subjekt muss, ist a priori aufweisbar, zu erkennende Objekt denn ohne die Annahme eines solchen Ich wäre gemäß Kant die Meinigkeit und die Einheit der Erfahrungen, die ich mache, nicht erklärbar … (Newen / Vogeley, in: Spät 2008, S. 98) 6 Einwände … Argument gegen Kants Theorie des Geistes Mit der Trennung von transzendentalem und empirischem Ich führt Kant eine Zweiweltentheorie (bzw. Zweiaspektetheorie) ein, bei der (a) die beiden Welten (bzw. Aspekte) prinzipiell unverbunden bleiben – eine Beziehung zwischen den beiden Ichs ist nicht bestimmbar – und bei der (b) die mentale Verursachung … theoretisch als unerklärbar eingestuft werden muss, obwohl Kant in seiner praktischen Philosophie die mentale Verursachung als Faktum voraussetzt … Es ist zwar im Rahmen der praktischen Philosophie Kants so, dass der Mensch ein autonomes Wesen ist, das aus freiem 78 Willen handeln kann. Es bleibt aber eine unüberwindbare Spannung zwischen seinen Annahmen in der praktischen Philosophie und den Behauptungen in der theoretischen Philosophie bestehen … Für eine Argument mentale Verursachung menschlicher von Albert Newen 2008: Handlungen aufgrund von menschlichem Selbstbewusstsein bleibt bei Das transzendentale Ich als Kant strenggenommen kein Raum … Grund der mentalen das transzendentale Ich … ist BeVerursachung ist empirisch dingung der Möglichkeit für die unzugänglich. Anwendung der Kategorie der Kausalität, so dass die Begriffe von Die mentale Verursachung Ursache und Wirkung nicht auf bleibt daher unverständlich. das transzendentale Ich angewendet werden können. Dieses Ich ist als abstrakte logische Einheit eine Bedingung der Möglichkeit für jedwedes Bewusstsein. (Newen / Vogeley, in: Spät 2008, S. 99ff) 7 Gibt es einen Weg zwischen Skylla & Charybdis? ♣ … eine konsequente Einbeziehung der Evolution ♣ … ein vertieftes Verständnis evolutionärer Mechanismen Teleofunktionalismus ♣ … Theorie der Evolution Der Mikrofunktionalismus orientiert sich an konnektionistischen Theorien der mentalen Repräsentation und an der Theorie neuronaler Netze. Seine These ist … Mikrofunktionalismus ♣ … Theorie neuronaler Netze 79 dass wesentliche Teile unserer mentalen Informationsverarbeitung auf nicht-regelgeleiteten Prozessen im Gehirn beruhen, die subsymbolischer Natur sind … Weil in einem konnektionistischen System Wissen in Form der Verbindungsstärke zwischen einzelnen Einheiten … gespeichert ist, sind alle funktionalen Einheiten eng miteinander verbunden, beeinflussen sich ständig gegenseitig in ihrer Aktivität und modifizieren auch das Muster ihrer Verbindungen permanent in Abhängigkeit von aktuellem Input … Ein abstrakt und ohne seine zeitliche Entfaltung beschriebener mentaler Zustand wie „Hunger“ mag multirealisierbar sein … Sie besitzen nicht nur eine andere evolutionäre Geschichte und eine andere zeitliche Dynamik, sondern sicher auch eine andere Phänomenologie. Haifischhunger fühlt sich höchstwahrscheinlich auch von innen anders an als Menschenhunger. (Metzinger, in: Metzinger 2, S. 389f) … dann werde ich auch verstehen, warum mein Hunger kein MenschenHunger ist! Weiterentwicklungen des Funktionalismus versuchen, ein biologisches Verständnis von Funktionen zu entwickeln. Funktionen sind die kausalen Rollen in einem biologisch und evolutionär verstandenen Kontext … Diese Konzeption des Funktionalismus bietet viele Vorteile gegenüber dem Maschinenmodell. Bei einem Maschinenfunktionalismus war jede Realisierung erlaubt, solange nur der abstrakte Zusammenhang zwischen Eingabe, interner Zustand und Ausgabe isomorph abgebildet wurde. Dagegen wurde argumentiert, daß dann die abwegigsten Realisierungen möglich seien … Der biologische Funktionalist wendet daher ein, daß ein physikalischer Zustand nur dann als eine Realisierung zählt, wenn er eine funktionale Rolle in einem integrierten Organismus übernehmen kann … Man spricht deshalb auch von einem „teleologischen Funktionalismus“. Der mathematische Funktionsbegriff des Maschinenfunktionalismus wird also erheblich konkretisiert im Sinne einer biologischen oder evolutionären Zweckdienlichkeit. Bestimmte Eigenschaften von Organismen wurden aufgrund ihrer kausalen Rolle (Funktion) selektiert. (Brüntrop S. 104f) 80 Freitag, den 17. August Aph 10 die kognitive Geschlossenheit … – die Frage nach den Erkenntnisgrenzen – 1 metatheoretische Reflexionen Skepsis ist vielleicht die philosophische Grundhaltung überhaupt: Als Fachterminus der Erkenntnistheorie bezieht sich „Skepsis“ auf die Grundhaltung des kritischen Zweifelns, z.B. an überlieferten Dogmen und Denkgewohnheiten, aber auch an ethisch-politischen Wertvorstellungen … Eine begrifflich konsistente und mit den empirischen Daten kompatible Lösung für das Leib-Seele-Problem zu finden, ist eines der wichtigsten epistemischen Ziele der modernen Philosophie des Geistes. (Metzinger, in: Metzinger 2, S. 463) Kernfrage: ♣ … Ist das Bewusstsein ein lösbares Problem, oder ein mystisches Geheimnis? Antwort-Option: Das Bewusstsein ist … ♣ … ein natürliches Phänomen, das prinzipiell lösbar ist. ♣ … ein natürliches Phänomen, das die Grenzen der Erkenntnis überschreitet. ♣ … kein natürliches Phänomen, weil sich hier der „Finger Gottes“ offenbart. Ist es möglicher Weise aus prinzipiellen Gründen unmöglich, dass wir unser epistemisches Ziel erreichen? Gibt es vielleicht eine bestimmte Klasse von theoretischen Problemen, die menschliche Wesen grundsätzlich nicht lösen können, weil sie durch eine systematische Beschränkung ihrer eigenen geistigen Fähigkeiten, durch eine „kognitive Geschlossenheit“ niemals in der Lage sein werden, die Wahrheit zu entdecken? Vielleicht gibt es ja Erkenntnisgrenzen, die Wesen wie wir selbst weder durch die wissenschaftliche Methode noch durch logische Analyse und philosophische Argumentation überwinden können. Ist es denkbar, dass wir das, was wir wissen wollen, nicht wissen können? (Metzinger, in: Metzinger 2, S. 463) 81 2 Erklärungsproblem Bewusstsein muss … ein Naturphänomen sein, das in natürlicher Weise aus bestimmten Anordnungen von Materie entsteht. Sagen wir also, dass es irgendeine Eigenschaft E gibt, die durch das Gehirn instantiiert wird, aufgrund derer das Gehirn die Basis des Bewusstseins ist. Entsprechend gibt es irgendeine Theorie T, die Bezug nimmt auf E und die Abhängigkeit vollständig erklärt, in der sich Bewusstseinszustände ontologische von Hirnzuständen befinden. Abhängigkeit von Wäre uns T bekannt, hätten wir physischen Entitäten? eine konstruktive Lösung für das Leib-Seele-Problem. Die Frage ist, ψ ob wir jemals in der Lage sein werden, T zu erkennen und das Verbindung Wesen von E zu erfassen. (McGinn, in: Metzinger 2, S. 470) ϕ 3 Begriffsbestimmungen Begriff: „kognitive Geschlossenheit“ Beispiele: perzeptuelle Geschlossenheit ♣ sinnliche Wahrnehmung optisches Fenster akustisches Fenster Ein kognitives System vom Typ M ist kognitiv geschlossen im Hinblick auf Eigenschaft E / Theorie T, wenn die Begriffsstruktur, die M zur Verfügung steht, das Verständnis von E / Theorie T nicht zulassen. In unserem Bestreben, E zu identifizieren, scheinen uns zwei mögliche Wege offen zu stehen: Wir könnten zu E gelangen, indem wir Bewusstsein direkt untersuchen, oder wir könnten uns an die Hirnforschung wenden, um E zu finden. (McGinn, in: Metzinger 2, S. 471) 82 4 kognitive Geschlossenheit 1 & 2 … Argument 1 für die kognitive Geschlossenheit „Introspektion“ ist der Name des Vermögens, durch das wir unser Bewusstsein in aller anschaulichen Nacktheit erfassen … Aber enthüllt uns die Introspektion auch die Eigenschaft E? … Eindeutig nicht … Introspektion präsentiert Bewusstseinszustände nicht in irgendeiner intelligiblen Weise als abhängig vom Gehirn. Wir können daher E nicht durch Introspektion erkennen. (McGinn, in: Metzinger 2, S. 471f) kognitive Geschlossenheit der Introspektion Argument von McGinn 1989: ψ Das Vermögen der Introspektion ist bezüglich E kognitiv geschlossen. ϕ … Argument 2 für die kognitive Geschlossenheit Die Eigenschaft des Bewusstseins selbst … ist keine beobachtbare oder wahrnehmbare Eigenschaft des Gehirns. Man kann in ein lebendes, bewusstes Gehirn hineinstarren, ins eigene oder in das eines anderen, und dort ein breites Spektrum instantiierter Eigenschaften sehen … aber man wird dadurch nicht sehen, was das Subjekt gerade erlebt, den Bewusstseinszustand selbst. Bewusstseinszustände sind einfach keine potentiellen Wahrnehmungsgegenstände: Sie sind abhängig vom Gehirn, aber sie können nicht beobachtet werden, indem wir unsere Sinne aufs Gehirn lenken. kognitive (McGinn, in: Metzinger 2, S. 475) Geschlossenheit der neurowiss. Beobachtungen Argument von McGinn 1989: Neurowissenschaftliche Beobachtungen sind bezüglich E kognitiv geschlossen. ψ ϕ 83 Perzeptuelle Geschlossenheit bedingt nicht kognitive Geschlossenheit, da wir auf das Verfahren der Hypothesenbildung zurückgreifen können, die Nichtbeobachtbares begrifflich fassbar macht. (McGinn, in: Metzinger 2, S. 477) 5 kognitive Geschlossenheit 3 … Argument 3 für die kognitive Geschlossenheit Schlussfolgerungen nach dem Prinzip der besten Erklärung rein physikalischer Daten werden uns niemals aus dem physischen Bereich hinausführen und uns dadurch dazu zwingen, Bewusstseinsbegriffe einzuführen. Alles was physisch ist, hat eine rein physikalische Erklärung. Somit ist die Eigenschaft des Bewusstseins kognitiv geschlossen in Bezug auf die Einführung von Begriffen durch Schlussfolgerungen nach dem Prinzip der besten Erklärung für die Wahrnehmungsdaten über das Gehirn … Um die beobachteten physikalischen Daten zu erklären, brauchen wir nur solche theoretische Eigenschaften, die einen Bezug zu diesen Daten haben, nicht aber die Eigenschaft, die das Bewusstsein erklärt, das gar nicht in den Daten vorkommt. Da wir das Bewusstsein nicht benötigen, um diese Daten zu erklären, benötigen wir auch nicht die Eigenschaft, die das Bewusstsein erklärt. Wir werden uns in unseren Erklärungen jener Daten nie weit genug von den Wahrnehmungsdaten entfernen, um mit dem Bewusstsein explanatorisch in Verbindung zu treten. Dies ist in der Tat die Ursache dafür, dass uns Bewusstsein theoretisch epiphänomenal für die Erklärung physikalischer Ereignisse erscheint. Kein Begriff, den wir zur Erklärung der Geschehnisse in der physischen Welt kognitive benötigen, wird hinreichend erklären, wie Geschlossenheit die physische Welt Bewusstsein produziert. der neurowiss. (McGinn, in: Metzinger 2, S. 477f) Theoriebildung Argument von McGinn 1989: Neurowissenschaftliche Theorien sind prinzipiell bezüglich E kognitiv geschlossen. ψ ϕ 84 6 innere Struktur des Erkenntnisapparates Anschauungsbeispiel: Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten nur Form nur Farbe Unsere Bekanntschaft mit dem Gehirn und unsere Bekanntschaft mit dem Bewusstsein sind notwendiger Weise durch klar unterscheidbare kognitive Fähigkeiten vermittelt, nämlich durch Wahrnehmung und durch Introspektion. Somit unterscheidet sich die Fähigkeit, mit der wir den einen Teil der Verbindung wahrnehmen, notwendiger Weise von der Fähigkeit, mit der wir den anderen Teil wahrnehmen … Die Notwendigkeit, abwechselnd zwei verschiedene Fähigkeiten einsetzen zu müssen, erzeugt in uns eine Illusion der Unerklärbarkeit. (McGinn, in: Metzinger 2, S. 479) nur Wahrnehmung nur Introspektion ϕ ψ Erkenntnisgrenzen sind bedingt durch die innere Struktur unseres Erkenntnisapparates 85 7 epistemisches Rätsel Keine beobachtbare Eigenschaft des Gehirns kann sich als die gesuchte Verbindungsstelle zwischen Physischem und Mentalem erweisen … Man kann die faktische Korrelation experimentell feststellen, der kausale Nexus zwischen Geist und Materie bleibt der Beobachtung verschlossen und behält daher ein Moment des Unverständlichen und Überraschenden … Wenn man die gesuchte Eigenschaft … nicht direkt wahrnehmen kann, so läßt sie sich vielleicht theoretisch erschließen. Das wäre allerdings nur der Fall, wenn sich innerhalb der Kette physischer Prozesse im Gehirn Lücken auftäten, die uns dazu zwängen, eine unbeobachtbare, kausal wirksame Entität als theoretisches Postulat einzuführen. Solche explanatorischen Lücken im Bereich des Physischen lassen sich aber bisher nicht ausmachen. Es ist eher unwahrscheinlich, daß es sie gibt ... Ein Wesen, das zur begrifflichen Erfassung von Gehirn und Bewusstsein nicht auf äußere Wahrnehmung und Introspektion angewiesen wäre, könnte vielleicht … das Leib-SeeleProblem lösen. Wenn eine Problemlösung für den Menschen kognitiv unzugänglich ist, bedeutet das noch keine absolute kognitive Verschlossenheit … Ein Wesen ohne unsere kognitiven Begrenzungen könnte die Natur dieses Kausalzusammenhanges durchschauen … Der Eindruck eines tiefen Problems wurde durch die Begrenzungen unseres Erkenntnisapparates erIch habe die kognitiven weckt. (Brüntrup 2008, S. 138f) Fähigkeiten: Wahrnehmng & Introspektion. Warum kann ich das Bewusstseins-Problem trotzdem nicht lösen? Man benötigt die kognitive Fähigkeit ω um das BewusstseinsProblem zu lösen. 86 8 metaphysisches Rätsel? Somit könnte das Leib-Seele-Problem … dazu verwendet werden, die Existenz Gottes zu beweisen (kein Wunder ohne einen WunderMacher). (McGinn, in: Metzinger 2, S. 482fn) Viel Spaß! Vielen Dank! 87