Universität Innsbruck Institut für Psychologie Das Leib/Seele Problem Schriftliche Form des Referates Innsbruck, am 1. April 2006 Seminar: Forschungsseminar: Neuere psychologische Fachliteratur (Gruppe D)/SE 2/720 584/SS06 Eingereicht bei: A. Univ. Prof. Dr. phil. Leidlmair Karl Studium: C298, Psychologie EGGER Birgit [email protected], Mat.-Nr.: 0316424 NINZ Verena [email protected], Mat.-Nr.: 0225808 SCHERTLER Hans– Jörg, [email protected], Mat.-Nr.: 9515117 A. Univ. Prof. Dr. phil. Leidlmair Karl 22 Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG: DAS LEIB/SEELE-PROBLEM .................................................... 3 2 WURZELN IN DER ANTIKE ............................................................................... 3 3 DUALISMUS ....................................................................................................... 4 3.1. Interaktionistischer Dualismus ................................................................................... 4 3.2. Psychophysischer Dualismus ....................................................................................... 4 3.3. Okkasionalismus ........................................................................................................... 5 3.4. Epiphänomenalismus ................................................................................................... 5 3.5. Eigenschaftsdualismus ................................................................................................. 5 4MONISMUS.......................................................................................................... 5 4.1. Behaviorismus ............................................................................................................... 5 4.2. Identitätstheorie ............................................................................................................ 5 4.2.1. Beispiel zur Identitätstheorie ................................................................................... 6 4.2.2. Das Problem der „multiplen Realisierung“ ............................................................ 6 4.3. Funktionalismus ........................................................................................................... 6 4.3.1. Der Colaautomat ...................................................................................................... 7 4.3.2. Thesen des Funktionalismus.................................................................................... 7 5 HISTORISCHE WURZELN, PERSPEKTIVEN UND GRENZEN DES FUNKTIONALISMUS ............................................................................................. 8 5.1 Einwände ........................................................................................................................ 8 5.2 Was zeichnet das Mentale aus? .................................................................................... 8 5.2.1 Der intentionale Inhalt .............................................................................................. 9 5.2.2 Drei Arten von Kausalbeziehungen ........................................................................ 10 5.2.3 Abschließend .......................................................................................................... 11 5.3 Meine Meinung ............................................................................................................ 11 5.4 Die Thomasische List .................................................................................................. 12 5.4.1 Ohne Thomas von Aquin wären Aristoteles, Natur und Vernunft „draußen“ geblieben .......................................................................................................................... 12 6 QUELLENVERZEICHNIS ................................................................................. 13 1 Einleitung: Das Leib/Seele-Problem Die analytische Philosophie ist dadurch charakterisiert, dass sie nicht mehr von Substanzen und dergleichen redet, sondern sich der Sprache zuwendet, in der man von derartigen Dingen und den damit verbundenen Problemen spricht. Man nennt dies den linguistic turn oder einen semantischen Aufstieg. Vollzieht man einen solchen Aufstieg, dann stellt sich das Leib/Seele-Problem als Problem dar, ob wir überhaupt Ausdrücke für Geistiges benötigen. Wenn dies, wie der Kognitivismus behauptet, der Fall ist, dann stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis die kognitiven zu nichtkognitiven (etwa physiologischen oder neurologischen) Erklärungen stehen. (Hug, 2001, S. 385) 2 Wurzeln in der Antike Obwohl die erste klassische Formulierung des Leib- Seele- Problems von René Descartes stammt, so reichen die Wurzeln eines ersten Nachdenkens über die Zusammenhänge zwischen Körper und Geist bis in die Antike zurück. PLATON ( 427 v. Chr. Bis 347 v. Chr.) war ein Vertreter des expliziten Dualismus: „Kann die Seele den Tod des Körpers überleben, so muss sie etwas anderes als der Körper sein“ postuliert er beispielsweise in seiner Argumentation für die Seelenwanderung. ARISTOTES ( 384 v. Chr. Bis 322 v. Chr.) hingegen postulierte ein so genanntes „Pneuma“, ein Prinzip, das allen Lebewesen eigen ist, der materiellen und körperlichen Welt aber nicht entgegen gesetzt wird. PLOTIN ( 205 n. Chr. Bis 270 n. Chr.) war ein Hauptvertreter des Neoplatonismus; er geht von der Existenz des Einen aus, aus dem die menschliche Seele und alles andere entsteht. Auch der Körper dient als Ausfluss der Seele, jedoch untergeordnet und von diesem getrennt. Nach dem Tod trennt sich die Seele endgültig vom Körper und durch die moralische Wahlfreiheit vereinigt sie sich entweder mit dem Göttlichen oder entfernt sich. 3 Dualismus Der Dualismus geht prinzipiell von zwei grundsätzlich verschiedenen Entitäten aus- der mentalen und der physischen. Je nachdem, wie diese Entitäten weiter spezifiziert werden und wie man sich das Verhältnis von mentaler und physischer Entität vorstellt, ergeben sich einige verschiedene Subrichtungen des Dualismus. 3.1. Interaktionistischer Dualismus Der interaktionistische Dualismus stellt die klassische Form des Dualismus dar und wurde maßgeblich von René Descartes formuliert. Die grundlegende Idee besteht in der Annahme, dass Geist und Materie verschiedene Substanzen sind und aufeinander einwirken. Sobald beispielsweise eine Person mit der Hand nach Feuer zu greifen versucht, gehen von der sich wärmenden Hand Signale aus, die ins Hirn geleitet werden und dort wirke an einer bestimmten Stelle das Gehirn auf den immateriellen Geist ein. Umgekehrt könne dies auch geschehen, sobald nämlich die Hand schmerzen würde, wo wirke der immaterielle Geist auf das Gehirn und von dort würden Signale ausgesendet, die ein Zurückziehen der Hand veranlassen. Ein großes Problem des interaktionistischen Dualismus besteht darin, dass nirgends sichtbare Stellen im Gehirn gefunden wurden, an denen das Verhalten der Neurone NUR durch einen immateriellen Geist zu erklären wären. Descartes’ Annahme, es würde sich beim Interaktionsort um die Zirbeldrüse handeln, wurde widerlegt. Moderne Anhänger dieser Richtung gibt es dennoch, nämlich Karl Popper und John Eccles. 3.2. Psychophysischer Dualismus Der von Gottfried Wilhelm Leibniz entwickelte psychophysische Dualismus vertritt die grundlegende Idee, dass erstens Geist und Materie zwei verschiedene Substanzen sind und zweitens, dass diese beiden Substanzen jedoch nicht aufeinander einwirken. Geistige und materielle Ereignisse laufen hier parallel zueinander ab, was ausschließlich auf das Wirken Gottes zurückgeht. Im Unterschied also zum interaktionistischen Dualismus fällt hier die Suche nach einem Interaktionsort von Geist und Gehirn komplett weg. 3.3. Okkasionalismus Der Okkasionalismus von Nicolas Malebranche weist eine Gemeinsamkeit mit dem psychophysischen Dualismus auf, nämlich wird auch hier Gott als Ursacher für menschliches Verhalten postuliert. Wenn eine Person etwas tun will, so spricht man von einem immateriellen Ereignis in dessen Geist. Dies wird allerdings von Gott registriert, der daraufhin den menschlichen Körper entsprechend in Gang setzt. 3.4. Epiphänomenalismus Der von Thomas Henry Huxley entwickelte Epiphänomenalismus vertritt die Annahme, dass zwar die Materie auf den Geist einwirke, dies aber umgekehrt nicht geschehe. Auch diese problematische Idee – es gibt auch hier keinen auffindbaren Interaktionsort- findet heute noch Anhänger, nämlich Frank Jackson. 3.5. Eigenschaftsdualismus Der Eigenschaftsdualismus nimmt an, dass alles aus kleinsten physischen Teilen bestehe und dass es sowohl materielle, als auch nichtmaterielle Eigenschaften gäbe. Er postuliert eine sog. QUALIA, ein subjektiver Erlebnisgehalt eines mentalen Zustandes und nennt diese Eigenschaft nichtmateriell. 4 Monismus Das Gegenstück zum Dualismus stellt der Monismus dar; laut ihm gibt es nur eine einzige Substanz. Die modernen Monisten benennen sich als Materialisten, sodass die einzig vorhandene Substanz natürlich die materialistische ist. 4.1. Behaviorismus In der Psychologie wird der Behaviorismus als eine Reaktion auf das Problem der Introspektion betrachtet: wenn jemand aufgrund von Introspektion über sein mentales Innenleben berichtet, so ist keine Überprüfung der Aussage möglich und ohne Überprüfung ist keine Wissenschaft möglich. Der einzige Ausweg aus dieser wissenschaftlichen Zwickmühle bestand darin, auf das mentale Innenleben und die Introspektion zu verzichten und stattdessen nur das allgemein beobachtbare Verhalten zu beschreiben. 4.2. Identitätstheorie Entwickelt wurde die Theorie von John Smart und Ullin Place. Sie gingen von der Idee aus, dass mentale Zustände nichts anderes sind als Gehirnzustände oder neurophysiologische Ereignisse. Die Wissenschaftler stellten sich dies folgendermaßen vor: Der Wunsch nach einem Kaffe, ist nichts anderes, als das Feuern bestimmter Neuronen in bestimmten Hirnregionen. Die Theorie kann am Beispiel von Wasser und H2O noch etwas verständlicher gemacht werden. 4.2.1. Beispiel zur Identitätstheorie Wir gehen davon aus, dass Wasser und H2O dasselbe ist, also identisch sind. Anhand dieser Annahme haben wir das Phänomen Wasser, wissenschaftlich erklärt. Es muss aber beachtet werden, dass Wasser eine andere Bedeutung hat als H2O. Zur Bedeutung von H2O gehört, dass es ein Molekül ist. Wasser hat diese Bedeutung nicht. Dieses Beispiel lässt problemlos auf die Theorie der Identitätswissenschaftler übertragen. Die Theorie geht davon aus, dass ein mentaler Zustand dasselbe ist wie ein Gehirnzustand, also sie sind identisch. So lässt sich das Phänomen mentaler Zustand wissenschaftlich erklären. Aber genauso wie Wasser und H2O, haben mentale Zustände und Gehirnzustände eine unterschiedliche Bedeutung. Dennoch sind sie der Identitätstheorie zu folge, identisch. Anhand dieses Beispiels soll ein Kernsatz der Identitätstheorie verdeutlicht werden. Zwei Entitäten können identisch sein, ohne dass sie bedeutungsgleich sind. 4.2.2. Das Problem der „multiplen Realisierung“ Trotz der Anfangsplausibilität hatte die Identitätstheorie, durch das Zunehmende Interesse an der Gehirnforschung mit Problemen zu kämpfen. Vor allem mit dem Problem der „Multiplen Realisierung“, mit welchem Hilary Putnam gegen die Identitätstheorie argumentierte. Putnam hat die multiple Realisierung folgendermaßen formuliert: Es scheint klar zu sein, dass Katzen und Menschen Kopfschmerzen haben können. Aber es ist unwahrscheinlich, dass Katze und Mensch im gleichen neuronalen Zustand sind, wenn sie Kopfschmerzen haben. Denn ihre Gehirne sind zu verschieden. 4.3. Funktionalismus Der Funktionalismus ist eine Reaktion von Hillary Putnam auf die Probleme der Identitätstheorie. Auch wenn die Identitätstheorie falsch ist, also mentale Zustände nicht dasselbe sind wie Gehirnzustände, muss dennoch etwas existieren, das die Gehirnzustände gemeinsam haben. Denn unterschiedliche Wesen können gleiche mentale Zustände haben. Der Vorschlag der Funktionalisten ist es nun, den verschiedenen Gehirnzuständen den gleichen funktionalen Zustand zuzuordnen. Also bei mentalen Zuständen handelt es sich um nichts anderes als um funktionale Zustände. Was sind Funktionale Zustände? Ein funktionaler Zustand ist dadurch definiert, dass er auf einen bestimmten Input mit einem bestimmten Output reagiert und in einen anderen funktionalen Zustand übergeht. Das Konzept des funktionalen Zustandes, lässt sich anhand eines Beispiels besser erläutern. 4.3.1. Der Colaautomat Von Ned Block stammt das Beispiel des Colaautomaten. Aktueller Zustand Input Output Neuer Zustand Z1 1 Cola Z1 Z1 0.50 / Z2 Z2 1 Cola, 0.50 Z1 Z2 0.50 Cola Z1 Der Automat akzeptiert 1 Euro und 50 Cent. Um zu funktionieren, muss der Automat verschiedene interne Zustände besitzen. Den Zustand, in dem der Colaautomat eine Cola gibt, wenn man 1 Euro einwirft. Sowie den Zustand, in dem der Automat zusätzlich 50 Cent fordert. Also der Automat verfügt über 2 Zustände, die jeweils auf zwei verschiedene Inputs reagieren. Diese Zustände können im gleichen Zustand verbleiben oder in einen anderen Zustand übergehen. Mentale Zustände sind ebenso wie ein Colaautomat definiert. Beispielsweise hat eine Person Kopfschmerzen. Bei einem Input reagiert sie auf eine bestimmte Weise und geht dann in einen anderen Zustand über. Sie kann zum Beispiel in den Zustand übergehen, dass sie keine Kopfschmerzen mehr hat. Selbstverständlich sind sich die Funktionalisten bewusst, dass mentale Zustände wesentlich komplexer sind als die Beschreibung eines Colaautomaten. Doch das Prinzip ist dasselbe. 4.3.2. Thesen des Funktionalismus Entscheidend an der funktionalen Charakterisierung eines Systems ist, dass sie unabhängig von der physischen Realisierung des Systems ist. Mit anderen Worten, es ist irrelevant, ob der Colaautomat aus Plastik ist oder aus Stahl. Oder anders ausgedrückt, es ist egal, ob das System ein Colaautomat ist oder ein Mensch. Es kommt lediglich darauf an, auf welche Weise die Systeme zusammengesetzt und organisiert sind. Die Funktionalisten gehen also davon aus, dass das Verfügen über mentale Zustände unabhängig davon ist, ob das System ein Mensch, eine Maschine oder ein körperloses Wesen ist. Also schließen sie die Möglichkeit nicht aus, dass Maschinen denken und fühlen können 5 Historische Wurzeln, Perspektiven und Grenzen des Funktionalismus 5.1 Einwände Ein nahe liegender Einwand gegen eine funktionalistische Philosophie des Geistes stützt sich darauf, dass die funktionalistische Definition nicht auf mentale Zustände und Prozesse beschränkt ist. Katalysatoren, Cola-Automaten, Ventilöffner, Bleistiftspitzer, Mausefallen und Finanzminister sind zwar gleichermaßen Begriffe, die funktionalistisch definiert sind, aber diese Begriffe unterscheiden sich deutlich von mentalen Begriffen wie Schmerz, Glaube oder Wunsch. (Spektrum der Wissenschaft, März 1981, S.34) 5.2 Was zeichnet das Mentale aus? Die traditionelle Philosophie des Geistes unterscheidet mentale Zustände danach, ob sie einen qualitativen oder einen intentionalen Inhalt haben. .... Stellen Sie sich vor, Sie schauen durch ein rotes Filter auf eine weiße Wand. Ersetzen Sie nun das Filter durch ein grünes und lassen Sie alles Übrige genauso, wie es vorher war. Irgendetwas an Ihrer Erfahrung wird sich mit dem Auswechseln des Filters verändern, nämlich gerade das, was die Philosophen den qualitativen Inhalt nennen. Ich bin nicht ganz glücklich mit dieser Art, den Begriff des qualitativen Inhalts einzuführen, aber es geht auch um einen Gegenstand, der es den Philosophen nicht leicht macht. Der Funktionalismus kann mentale Zustände anhand ihrer Ursachen und Wirkungen definieren und stößt im Zusammenhang mit qualitativen Inhalten auf folgende Schwierigkeiten: Es ist offenbar möglich, dass zwei mentale Zustände die gleichen kausalen Beziehungen aufweisen können und sich dennoch in ihrem qualitativen Inhalt unterscheiden. Ich möchte das anhand eines klassischen Rätsels verdeutlichen. Man stelle sich Beobachter vor, die sich in allen wesentlichen psychologischen Eigenschaften gleichen, mit einer Ausnahme: Wenn einer von ihnen den qualitativen Inhalt Rot wahrnimmt, ist dieser Inhalt für den anderen nicht ebenfalls Rot, sondern Grün. Im Verhalten der Beobachter braucht nichts auf diese Differenz hinzuweisen, weil beide sehen dass reife Tomaten und flammende Sonnenuntergänge ähnliche Farbe haben und beide diese Farbe als „Rot“ bezeichnen. Daher können die kausalen Beziehungen zwischen ihren Erfahrungen (die qualitativ unterschiedlich sind) und ihren anderen mentalen Zuständen durchaus identisch sein. So könnten sie beide an Rotläppchen denken, wenn sie reife Tomaten sehen, sich beide bedrückt fühlen, wenn sie die Farbe mit Namen „Grün“ sehen und so weiter. Es scheint als ob sie all das gemeinsam haben, was man in den Begriff der kausalen Rolle ihrer Erfahrungen hineinpacken kann, und dennoch kann der qualitative Inhalt ihrer Erfahrungen verschieden sein. Wenn diese Überlegungen eine tatsächlichmögliche Situation beschreiben, dann wäre die funktionalistische Deutung bei mentalen Zuständen, die einen qualitativen Inhalt haben, nicht anwendbar. Denn wenn eine Person den qualitativen Inhalt Grün erfährt, und eine andere Person Rot, dann müssen sich beide natürlich in verschiedenen mentalen Zuständen befinden. Dieses Beispiel beinhaltet mehr als nur ein sprachliches Problem. Qualitative Inhalte haben, gilt als einer der wichtigsten Faktoren, die mentale Zustände bewusst macht. Viele Psychologen, die den funktionalistischen Begriffsrahmen akzeptieren würden, stoßen sich daran, dass der Funktionalismus die Natur des Bewusstseins nicht klären kann. Wie die Dinge stehen, stellt das Problem des qualitativen Inhaltes die Vermutung, der Funktionalismus könne eine allgemeine Theorie des Geistes vermitteln, ernstlich in Frage. (Spektrum der Wissenschaft, März 1981, S.34/35) 5.2.1 Der intentionale Inhalt Mit dem intentionalen Inhalt mentaler Zustände ergeht es dem Funktionalismus dagegen weitaus besser. Dies ist gerade der Bereich, in dem die kognitiven Wissenschaften die größten Fortschritte erzielt haben. Wenn man sagt, ein mentaler Zustand hat einen intentionalen Inhalt, ist das gleich bedeutend mit der Annahme, dieser Zustand hat gewisse semantische Eigenschaften....,...man stimmt weitgehend darin überein, dass der Meinung und dem Glauben semantische Eigenschaften zukommen. Diese Eigenschaften drücken beispielsweise aus, ob eine Behauptung wahr oder falsch sein kann, oder ob sie eher den einen als einen anderen Gegenstand betrifft. (Spektrum der Wissenschaft, März 1981, S.35/36) Es gibt ... etwas, das zwar kein mentaler Zustand ist, aber einen intentionalen Inhalt hat: ein Symbol. Wie Gedanken scheinen Symbole von Gegenständen zu handeln. Diese Parallele zwischen der Symbolik und dem Mentalen war der Anlass, nach einer einheitlichen Beschreibung von Sprache und Geist zu suchen. Man nehme an, dass es etwas wie mentale Symbole (eine mentale Repräsentation) gibt, und dass diese Symbole semantische Eigenschaften haben. Eine Meinung haben bedeutet dann, mit einem mentalen Symbol in Beziehung stehen, wobei die Meinung ihre semantischen Eigenschaften von dem mentalen Symbol „geerbt“ hat, das die Beziehung darstellt. Mentale Prozesse (denken, wahrnehmen, lernen und so weiter) beinhalten kausale Interaktionen zwischen Zuständen (wie etwa eine Meinung haben), die aufeinander bezogen werden können. Man kann die semantischen Eigenschaften mentaler Zustände mit denen mentaler Symbole in Verbindung bringen, indem man das Verhalten eines Computers als Metapher für diese Beziehung benutzt: der Computer verkörpert den Mechanismus, der die Symbole verarbeitet. Eine Berechnung ist eine Kausalkette von Computerzuständen, und die Glieder der Kette sind Operationen, denen die Formeln der Maschinensprache unterworfen werden. Diese Formeln haben gleichzeitig eine semantische Bedeutung. Man kann ein System (wie etwa das Nervensystem) als Computer betrachten und fragen, welcher Art die Symbole sind, mit denen es „rechnet“ und welche semantische Bedeutung diese Symbole haben. Die Analogie zwischen Geist und Computer setzt voraus, dass man mentale Symbole postuliert, die mentale Zustände repräsentieren, denn es kann deine Rechnung ohne Repräsentation geben. Inwieweit es möglich ist, Gedanken in ihrer Beziehung zu semantisch gedeuteten mentalen Repräsentationen zu begreifen, hängt davon ab, ob man zufrieden stellend erklären kann, woher die semantischen Eigenschaften der geistigen Repräsentationen kommen. Gegenwärtig geht man von der Vorstellung aus, dass die semantischen Eigenschaften einer mentalen Repräsentation durch ihre funktionale Rolle bestimmt sind. Mit anderen Worten: Mit Hilfe von Begriffen, die Kausalbeziehungen ausdrücken, kann man eine hinreichende Bedingung formulieren, wann semantische Eigenschaften vorliegen. Das stellt den Bezug des Funktionalismus zur Philosophie der Repräsentation her. Die moderne kognitive Psychologie stützt sich größtenteils auf die Hoffnung, dass diese beiden Richtungen einander ergänzen könnten. (Spektrum der Wissenschaft, März 1981, S.36) 5.2.2 Drei Arten von Kausalbeziehungen Der Funktionalismus kennt ... drei Arten von Kausalbeziehungen zwischen psychologischen Zuständen, die mentale Repräsentationen beinhalten, und mit Hilfe dieser Kausalbeziehungen könnten die semantischen Eigenschaften mentaler Repräsentationen möglicherweise bestimmt werden. Die drei Arten kausaler Beziehungen sind die Kausalbeziehungen zwischen mentalen Zuständen und Reizen, zwischen mentalen Zuständen und Verhaltensreaktionen und schließlich zwischen mentalen Zuständen. (Spektrum der Wissenschaft, März 1981, S.36/37) 5.2.3 Abschließend Das Konzept, das die semantischen Eigenschaften mentaler Repräsentationen durch Aspekte ihrer funktionalen Rolle bestimmt werden, steht im Mittelpunkt der gegenwärtigen Arbeit in den kognitiven Wissenschaften. Dennoch könnte sich dieses Konzept als falsch erweisen. Viele Philosophen sind mit der kognitiven Wendung in der modernen Psychologie nicht einverstanden und bezweifeln, dass dieses Konzept wahr ist. (....) In letzter Zeit hat man in so verschiedenen Sachgebieten wie Phonetik und Bildverarbeitung durch Computer Hypothesen über den Charakter mentaler Repräsentationen formuliert und experimentell geprüft, und die Ergebnisse lassen vermuten, dass das Konzept der mentalen Repräsentation für empirische Theorien des Geistes grundlegend ist. (....) Vielleicht gibt es keinen besseren Weg, um zu entscheiden, was methodisch zulässig ist, als zu prüfen, welche Methoden zum Erfolg einer Wissenschaft führen. (Spektrum der Wissenschaft, März 1981, S. 37) 5.3 Meine Meinung Das Leib/Seele Problem ist meiner Meinung nach ein sehr Fruchtbares. Es beschäftigte Philosophen (Klassische Erkenntnis Theorie) wie John Locke, David Hume, George Berkeley, René Descartes, Immanuel Kant, John Stuart Mill und William James. Jede Theorie, die sich mit Wissen auseinandersetzt sieht sich mit dieser Thematik konfrontiert. Somit haben auch die wichtigsten psychologischen Theorien wie im Seminar angesprochen, z.B. Behaviorismus Antworten auf sich daraus ergebende Fragen finden müssen. Dies gelang mal mehr, mal weniger gut, jedoch hat die Beschäftigung mit der Problematik meiner Meinung nach wie ein geistiger Generator gewirkt und den wissenschaftlichen Eifer sehr angespornt. Mir scheint, die jeweiligen Antworten ergeben sich auch stark aus dem technischen Hintergrund der jeweiligen Epoche. Mir stellt sich nach der Beschäftigung mit diesem Thema die Frage, ob es überhaupt für den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess wünschenswert wäre, dieses Problem jemals zu lösen. 5.4 Die Thomasische List Erläuterung des Dualismus zwischen Religion und Naturwissenschaften in den westlichen Kulturen: Die Intransigenz der christlichen Glaubensdogmen führte jedoch im Zusammenprall mit dem nichtchristlichen Erbe der antiken Philosophie, aber auch mit den Weltanschauungen anderer Kulturen, die in diesem Spannungsfeld besonders intensiv zum Tragen kamen, zur Herausbildung jenes von Huntington mit vollem Recht betonten „durchgängigen Dualismus“ von „geistlicher Autorität und weltlicher Autorität“, den Hans Blumenberg 1966 – eher melancholisch – in seinem großen Werk von der Legitimität der Neuzeit offen zu legen gesucht hat. Das schlug sich logischerweise auch in der „Trennung von Religion und internationaler Politik“ nieder, die Huntington „ein ureigenes Ergebnis westlicher Kultur“ nennt. Allerdings ist seine Datierung dieses Ereignisses auf den Westfälischen Frieden eher dazu angetan, von der grundlegenden Bedeutung dieses – der westlichen Kultur wesensmäßig immanenten – Dualismus abzuleiten. Dessen weltzugewandt-radikaler Erkenntnis- und Aneignungskomponente aber, der Blumenberg nahe zu kommen suchte, hat zu der faktischen (antik-christlich-islamisch-jüdischchinesich-japanischen usw.) Intrakulturalität und der tendenziell für anders unendlichen Offenheit der „westlichen Kultur“ entscheidend beigetragen. (Nerlich, 1997, S. 32) So hatte die Auseinandersetzung des persischen Philosophen Avicenna (9801037) und die der jüdisch-islamischen Denkfabrik Toledo, später auch Córdoba, an ihrer Spitze Averroes (1126-1198) und Maimonides (1135-1204), mit Aristoteles nicht nur dessen Werke im modernen Europa bekannt gemacht und so eine der wesentlichsten Denkströmungen der griechischen Antike in die „westliche Kultur“ gelenkt, sondern damit auch – als eine Konsequenz ihrer jüdisch-arabischen Rezeption – die Frage nach der Vereinbarkeit von rationaler Welterkenntnis und religiösem Glauben zum fundamentalen Gegenstand „westlichen Denkens“ erhoben. (Nerlich, 1997, S. 33) Dabei lag die Macht zunächst eindeutig auf Seiten der Augustinus-Anhänger, die u.a. 1210 durchsetzen konnten, dass an der Universität von Paris Aristoteles’ Lehren von der Physik und der Metaphysik nicht mehr behandelt werden durften. (Nerlich, 1997, S. 34) 5.4.1 Ohne Thomas von Aquin wären Aristoteles, Natur und Vernunft „draußen“ geblieben (Nerlich, 1997, S. 37) Ob ohne die Thomasische List Natur und Vernunft wirklich „draußen“ geblieben wären, können wir nur vermuten. Stellen wir lediglich fest, dass sich die Dinge offensichtlich bereits soweit geändert haben, dass aus dem zunächst geduldeten nun bereits ein notwendiger „Dualismus“ geworden ist. Was als aristotelische Hinwendung zur Diesseitigkeit und damit Gefährdung des platonisch-augustinischen Konzepts in das theologische Denken eingebrochen war, bedurfte aufgrund der offenkundigen Irreversibilität nun der dualistischen Weltauffassung, um Gott durch die Enthobenheit vom Naturschauspiel in seiner Integrität zu belassen. Wie Blumenberg dargelegt hat, wandelt sich die in den Confessiones, den Bekenntnissen des Augustinus – als „Griff nach dem Baum der Erkenntnis“ – in den „Sündenkatalog“ aufgenommene Neugierde aufgrund ihrer Unvermeidbarkeit, die sich aus dem Siegeszug des averroistischaristotelischen Denkens ergibt, bei Thomas (aus „Trauer“ darüber, dass sich Gott als deus absconditus der Erkenntnis entzieht) in eine „Art von kompensatorischer Ausschweifung, die sich an den Rätseln und Geheimnissen der Welt Ersatz für das verschafft, was zu erreichen der Mensch resigniert hat“. (Nerlich, 1997, S. 39) 6 Quellenverzeichnis Hug, Theo (Hrsg.). (2001). Einführung in die Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsforschung. Wie kommt Wissenschaft zu Wissen? Band 4. Hohengehren: Schneider Verlag. Nerlich M. Abenteuer oder das verlorene Selbstverständnis München:(Gerling Akademie Verlag GmbH) 1997 der Moderne. Spektrum der Wissenschaft, März 1981. Das Leib/Seele Problem. Seite 34-37 http://de.wikipedia.org/wiki/Leib-Seele-Problem#Das_Leib-Seele-Problem http://de.wikipedia.org/wiki/Identit%C3%A4tstheorie_%28Philosophie_des_Geistes%29 Michael Pauen: Das Rätsel des Bewusstseins. eine Erklärungsstrategie, Mentis-Verlag, Paderborn 2001 Ansgar Beckermann: Analytische Einführung in die Philosophie des Geistes, 2. Aufl. De Gruyter, Berlin 2001