Protokoll der Geschichtsstunde vom 30.08.2016 Zeit: 07.30 – 09.00 Uhr Ort: KL.2 Lehrer: Herr Kisser Abwesende Schüler: Charlotta Beyrich, Felix Ende Thema der Stunde: Die Auswirkungen der Industriellen Revolution auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen Zugrunde liegende Quellen: - „Modern Times“ von Charlie Chaplin (Uraufführung 1936) - T2 „Arbeitszeit und arbeitsfreie Zeit – Die Uhr gewinnt eine neue Bedeutung“ von J. Reulecke, Vom blauen Montag zum Arbeiterurlaub. Vorgeschichte und Entstehung des Erholungsurlaubs für Arbeiter vor dem Ersten Weltkrieg; in: Archiv für Sozialgeschichte 16 (Verlag Neue Gesellschaft), Bonn, 1975, S. 211-212 - Das Eisenwalzwerk, Adolph von Menzel, Gemälde, 1875, Nationalgalerie, Berlin - James Nasmyth, Der Dampfhammer, Gemälde, 1842 - Lehrbuch s. 292-93, Fabrikordnung der Mechanischen Baumwollspinnerei J.H. Staub & Söhne; Zit. Nach: Jürgen Kuczynski: Die Geschichte der Lage der Arbeiter unter dem Kapitalismus, Teil 1, Band 2. Berlin (Ost) 1962, S. 196 f. - Putzger. Historischer Weltatlas, 103. Aufl., Cornelsen Verlag, Berlin 2004, S. 139 - Arbeits- und Freizeit in Deutschland (Diagramm, G. Herre, Arbeitersport, Arbeiterjugend und Obrigkeitsstaat 1893-1914. In: G. Huck, Hrsg., Sozialgeschichte der Freizeit. P. Hammer Verlag, 1980, S. 188) Fragestellung: 1. a) Welche Auswirkungen hat die Industrialisierung generell auf die Arbeitsbedingungen der Menschen, wenn man die technischen Neuerungen am Arbeitsplatz, vor allem die in Fabriken, in Betracht zieht? b) Welche Bedingungen herrschten im Detail? c) Wie spiegelt sich das Arbeitsklima an einer beispielhaften Fabrikordnung wider? 2. Inwieweit verändert sich durch die Zeit die Struktur des Tages, die daraus resultierende Einteilung des Tages und die sich ergebenden Lebensbedingungen? 1. Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen a) In der Zeit der Frühindustrialisierung kamen in Fabriken die ersten Formen der Fließbandarbeit beziehungsweise generell Maschinen zum Einsatz. Damit verbunden war die den Produktionsprozess zergliedernde Arbeitsteilung, die ebenso einen vorgegebenen Arbeitsrhythmus, -tempo und eine gleichförmige Monotonie mit sich brachte. Man spricht dabei auch von „Entfremdung des Arbeiters“, da er das Endprodukt nicht mehr sieht und über ihn entschieden wird, was und unter welchen Bedingungen er produziert. Bei Vernachlässigung dieser unnatürlichen, körperlich belastbaren Arbeit drohten ranghöhere Aufseher mit Sanktionen nach ihrem Ermessen. Diese Hierarchie suggeriert den Arbeitern Möglichkeiten für einen beruflichen und finanziellen Aufstieg, ruft deshalb Konkurrenz zwischen den Arbeitern hervor, welche sich durch die Menge an ihnen nicht mehr persönlich kennen, und dient dem Chef dazu, sich durch die Aufseher als ersten Ansprechpartner weniger bedeutende Nachfragen, Beschwerden, etc. abnehmen zu lassen. Ebenso unterbricht der Chef durch bevorteilte Arbeiter die Streikbereitschaft, da sich jene privilegierte Angestellte auf seiner Seite befänden und Unruhen beschwichtigt hätten. Die Masse der Arbeiter wird degradiert auf ein gesichtsloses Kapital. Die Rationalisierung, also entweder die Senkung der Produktionskosten oder Erhöhung des Profits, wird auf deren Kosten ausgetragen. b) „Das Eisenwalzwerk“ von Adolph von Menzel stellt die Arbeitsbedingungen realitätsgetreu dar. Als zentraler Punkt dient diesem Gemälde die Feuerstelle in der Mitte. Man sieht Menschen, die ohne jegliche Schutzvorrichtungen nah an der Hitze etwas bewerkstelligen, dieses Fehlen an Arbeitsschutz zieht sich durch alle Formen der Betätigung. Die Arbeit an sich fordert extreme Kraftaufwendungen, was zu körperlichem Verschleiß führt. Ebenso ist der Arbeitsplatz überfüllt; extra Plätze für die raren Pausen sind ebenfalls nicht vorhanden, was das Pausieren an gefährlichen Orten zur Folge hat. Durch die Beschaffenheit der Holzfabrik ohne Fenster ist das Betreiben eines offenen Feuers sehr gefährlich und fahrlässig, da sich ein Brand viel zu leicht ausbreiten kann, der Rauch keinen Abzug hat, sich schließlich unter Decke sammelt und die Arbeiter darüber hinaus kein Tageslicht sehen. c) Aus der Fabrikordnung der Mechanischen Baumwollspinnerei Altenstadt lassen sich ebenso Arbeitsbedingungen entnehmen, da sie das Arbeitsklima in gewissem Umfang widerspiegeln; beispielsweise dass selbst bei kleinsten Verstößen harte Strafmaßnahmen wie Geldzahlungen erhoben wurden, die kranken oder verletzten Arbeitern zugutekam, was dafür spricht, dass es relativ häufig zu solchen Ausfällen kam. Dass die Verhinderten finanzielle Unterstützung erhielten, war nicht der Menschlichkeit des Fabrikanten geschuldet; es ging ihm eher darum, dass er schnellstmöglich wieder die vollen Profite durch die komplette Arbeitskraft erzielen kann. Kollektivstrafen gegen viele Arbeiter bei nicht Ermittlung eines Täters nach Zerstörung eines Gerätes verhinderten die Bildung von Verbänden gegen die Fabrikführung, da Missgunst und Missvertrauen die Beziehung der Arbeiter dominierten; dies unterstreicht die Situation, dass Angestellte als gesichtslose Masse angesehen wurden, nicht als soziale Wesen mit dem Recht, sich zu beschweren. Außerdem wurden Arbeiter sanktioniert, die im näheren Umkreis der Fabrik durch schlechtes Verhalten jeglicher Art auffallen. Das dient dem positiven Öffentlichkeitsbild der Fabrik, da schlechte Publicity eventuell zu Profitausfällen führen kann. An einer anderen Stelle sind selbstverständliche Dinge beschrieben, woran man sehen kann, dass sie doch zum Fabrikalltag gehörten, beispielsweise: Abänderung an den Maschinen, Störung anderer Arbeiter, Verspätung und Versäumnisse, Prügelei, Diebstahl und viele mehr. Darüber hinaus waren die Fabrikbesitzer imstande, den Arbeiter ohne Frist und letzten Lohn zu kündigen, es existierten praktisch keine Sicherungssysteme (bis auf das Geld aus den Strafzahlungen). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Fabrikalltag sehr gefährlich, körperlich anstrengend und belastend, rau im Umgang mit anderen Menschen und letztendlich auch unsicher war, da man nicht wusste, ob man am nächsten Tag ersetzt würde, da die unzählbar vielen, simplen Aufgaben praktisch durch jedermann ausgeführt werden konnten. 2. Tagesstruktur Während der Frühindustrialisierung und der damit verbundenen Fließbandarbeit in Schichten rückte die genaue Uhrzeit immer mehr in den Mittelpunkt des Tages. Die Menschen hatten also geregelte Arbeitszeiten, die von der Fabrikführung festgelegt wurden, nach denen sich damit auch der Tagesablauf gerichtet hat. Jene feststehenden Zeiten wurden akustisch untermalt von Glockenschlägen oder ähnlichem, die den Beginn einer Schicht, einer Pause, etc. verkündeten. Die langen Arbeitszeiten wirkten sich natürlich auch auf das Privatleben der Leute aus. Im Diagramm „Arbeits- und Freizeit in Deutschland 1800-1914“ lässt sich erkennen, dass in jener Zeit den Menschen 14 Stunden Arbeit, acht Stunden Schlaf und zwei Stunden Freizeit zugestanden waren. Dazu ist aber zu erwähnen, dass der mögliche lange Heimweg zu Fuß von den zehn Stunden arbeitsfreier Zeit abgeht und die Freizeit nur zur Erledigung der Grundbedürfnisse wie Essensaufnahme und dergleichen dient. Darüber hinaus wurden Feiertage und Feste zur Volksbelustigung wie Jahrmärkte abgeschafft, da sie die Konzentration auf die Arbeit verhindern konnten. Hinzu kam die regelmäßige Arbeit am Sonntag, am Samstag wurde sowieso gearbeitet. Ebenso war es weit verbreitet, dass Kinder aus Arbeiterfamilien auch berufstätig waren und somit keine Schule besuchten; Frauen mussten ebenfalls schwer schuften, also war die komplette Familie theoretisch mit einer Anstellung ausgestattet. Es lässt sich also erkennen, dass den Menschen keine Freizeit mehr zugestanden war, sondern das Leben nur noch aus Arbeit bestand. Erholungsphasen gab es nur in Zeiten ohne Erwerbstätigkeit, jedoch musste da gegen den Hunger gekämpft werden, folglich keine wirkliche Alternative. Wenn man jetzt die Arbeitsbedingungen und den Tagesablauf zusammen betrachtet, ergibt sich das Bild eines unvorstellbar harten, pausen- und freudenlosen Lebens. Der Mensch wurde zu einem Produkt der Wirtschaft, was benutzt und bei vorprogrammierter Arbeitsunfähigkeit bzw. des Todes weggeworfen und ausgetauscht wird. Offene Fragen: Wie verändern sich das Leben der Leute in den folgenden Jahren? Werden Sicherungssysteme eingeführt? Hausaufgaben: Tabelle: Inwiefern entwickeln sich die Arbeits- und Lebensverhältnisse in der nächsten Zeit („Soziale Frage“)? Datum: 30.08.16 Verfasser: Tobias Gresse