Soziale Sicherheit Von Cornelia Nater, Bern Schlägt man den Begriff „sozial“ in einem Lexikon nach wird er wie folgt beschrieben: 1. die menschliche Gesellschaft, Gemeinschaft betreffend; gesellschaftlich, 2. das Gemeinwohl betreffend, der Allgemeinheit nützend. 3. auf das Wohl der Allgemeinheit bedacht; gemeinnützig, menschlich, wohltätig, hilfsbereit. 4. die gesellschaftliche Stellung betreffend. Benutze ich diese Definitionen als Leitfaden, so stelle ich folgende Überlegungen an: Soziale Sicherheit stellt das Vertrauen in die Beständigkeit gesellschaftlicher Werte dar. Diese Sicherheit des Einzelnen nützt allen, trägt also zum Gemeinwohl bei. Da Sicherheit kein Gegenstand ist und es sie auf Dauer nicht gibt, handelt es sich um ein Gefühl. Die Faktoren, die dieses Gefühl hervorrufen, ändern sich nicht nur im Laufe des einzelnen Lebens, sondern sind auch gesellschaftlich, in stetem Wandel begriffen. Damit ich mich als Kind gesund entwickeln kann, benötige ich die Gewißheit, daß meine Eltern immer erreichbar sind, für Essen und Wärme sorgen und mich, wenn immer nötig, schützen. Durch den Aufbau meiner gesellschaftlichen Stellung benötige ich immer weniger soziale Garantien der Familie. Um so mehr muß ich darauf Vertrauen können, daß nun die Gesellschaft für meine Sicherheit besorgt ist. Da ich ein Teil dieser Gesellschaft bin, trage ich ebenfalls zu der Sicherheit aller bei. - Einer für alle, alle für einen. Dieses Solidaritätsprinzip findet seinen Niederschlag in unseren Gesetzen, Versicherungen, ja allen sozialen Einrichtungen oder sollte es zumindest. Was aber geschieht, wenn ich durch irgendwelche Lebensumstände (z.B. als Langzeitkranke, Arbeitslose, Asylbewerberin, Drogenabhängige, Mensch mit einer Behinderung oder als Mutter) nicht in der Lage bin, meine gesellschaftliche Stellung zu sichern. Dann muß ich darauf vertrauen können, daß die gesellschaftlichen Werte auch auf Menschen angewandt werden, die sich außerhalb der Norm bewegen. Dies setzt allerdings voraus, daß die Gesellschaft auch diese Menschen als Bereicherung empfindet und sie somit als einen Teil der Körperschaft betrachtet. Im Interesse aller und zum Nutzen der Allgemeinheit wäre es somit Sinnvoll, jeden bei seiner Entfaltung optimal zu unterstützen, auf daß sein Potential und damit sein wahrer Wert sichtbar wird. Jedem Individuum wäre es so möglich, sich in die Gemeinschaft einzubringen und etwas zum Wohle aller beizutragen. Der soziale Druck auf den Einzelnen, der mit dem Verlust der gesellschaftlichen Stellung verbunden ist, würde entfallen. Das Einzige was es bei einer solchen Gesellschaft an sozialer Sicherheit noch bräuchte, wäre die Gewißheit, daß sich dieses Menschenbild niemals ändert. Alle anderen sozialen Sicherheitsinstrumente würden sich erübrigen. Damit würde ich mich trotz oder gerade wegen meiner körperlichen Behinderung bis an mein Lebensende vollkommen sozial sicher fühlen.