Versuch 6 Verdunstungsmessung A: Grundlagen: An der Wasser – Luft – Grenzfläche gibt es 2 Gruppen von Übertragungsprozessen einmal die Übertragung von Energie und Impuls und die Übertragung von Stoffen/Molekülen. Außerdem gibt es Prozesse, die gleichzeitig Energie und Stoff transportieren, wie zum Beispiel die Verdunstung. Sie bewirkt nicht nur einen Übergang des Wasserdampfes sondern auch einen Wärmeübergang. Die Grenzschicht Wasser – Luft ist eine laminare Grenzschicht, in ihr wird der Transport durch molekulare Prozesse beschrieben. Sie hat eine Höhe von < 1cm. Vertikale Gradienten sind in dieser Schicht nur schwer zu erfassen. Über der laminaren Grenzschicht existiert eine Reibungsschicht. Der vertikale Transport von Impuls, Wärme und Wasserdampf sowie von Partikeln erfolgt durch Turbulenz. In den ersten Metern dieser Schicht sind die vertikalen Flüsse annähernd mit der Höhe konstant. Dieser Bereich ist gekennzeichnet durch maximal entwickelte Turbulenz. Der Transport von Impuls, Wärme und Wasserdampf erfolgt immer in Richtung des Gefälles, entgegen dem Gradienten der betreffenden Größe (z.B. Wasserdampf) und ist proportional zur Stärke des Gradientens. Nach dem empirischen Gesetz von Dalton kann man die Masse des verdunstenden Wassers (hier als Verdunstungshöhe in mm/d ausgedrückt) zum einen aus der Differenz zwischen dem Sättigungsdampfdruck Es an der zu verdunstenden Oberfläche und dem aktuellen Dampfdruck e, und zum anderen aus einem windabhängigen Term, der den Luftaustausch der bodennahen Luftschichten durch Wind berücksichtigt, abschätzen: Empirisches Gesetz von Dalton: hv f (u) ( Es 0 e ) (1) Die World Meteorological Organization (WMO) schlägt folgenden Zusammenhang für f(u) vor. f (u ) 0.173 0.1245 u 17.1 Es 6.1078 * exp( ) Dampfdruck Magnus-Formel: 235 Dieser Zusammenhang kann im Labor überprüft werden. Windabhängiger Term: (2) (3) Dazu wird in eine Petrischale (Durchmesser dP) Wasser gefüllt und die Masse des verdunstenden Wassers m innerhalb einer bestimmten Zeit t mit einer empfindlichen Waage bestimmt. Die Verdunstungshöhe in der Petrischale ist dann 4 m (4) hv W d p2 t Hv .......... Verdunstungshöhe [mm/d=kg/(m2 d)] f(u) ........ [mm d-1 hPa-1] Es .......... Sättigungsdampfdruck an der verdunstenden Oberfläche [hPa] e ............ aktueller Dampfdruck [hPa] im Labor (Psychrometermessung) u ............ Windgeschwindigkeit in 2m Höhe [m/s] ρw .......... Dichte von Wasser [1000kg/m³] dP .......... Durchmesser der Petrischale [m] m ........... Masse des Wassers [kg] .......... Lufttemperatur [°C] im Labor (Psychrometermessung) 0 ......... Temperatur an der Wasseroberfläche [°C] bestimmt mit einem IR-Thermometer B: Liste der Geräte Ventilator, Flügelradanemometer, Psychrometer, Stoppuhr, Waage (Betriebsanleitung), Petrischalen, Becherglas, IR-Thermometer (Batterie kontrollieren) C: Versuchsaufbau und Durchführung 1. Verdunstungsmessung In der Natur würde der Messaufbau folgendermaßen aussehen (Die Beziehung (1) gilt nur für eine gegenüber der höchsten Messhöhe als unendlich ausgedehnt anzusehnende Fläche): Das lässt sich mit unserer Wasseroberfläche (Petrischale) nicht erreichen, so dass die Verdunstungshöhe nach Gl. (1) nicht exakt bestätigt werden kann. Außerdem messen wir den Wind nicht in 2 m Höhe, sondern direkt über der Wasseroberfläche. Der Wasserdampfstrom, der aus der Verdunstungshöhe pro Zeit bestimmt wird, ist größer. Der Hauptgrund dafür ist der so genannte Oaseneffekt (Baumgartner und Liebscher, 1996). Da es sich bei der Petrischale nicht um eine „unendlich“ ausgedehnte Oberfläche handelt ist die Verdunstung viel stärker als über einem offenen Gewässer. Dies ist bei der Auswertung zu berücksichtigen. Hier ist folgender Messaufbau zu wählen: 1.1 Bestimmen Sie die Lufttemperatur und den Wasserdampfpartialdruck e im Raum mit einem Psychrometer. 1.2 Füllen Sie 30 ml Wasser aus der bereitstehenden Flasche (Raumtemperatur, warum?) in eine Petrischale und stellen Sie diese auf die Waage. 1.3 Beobachten Sie den durch die Verdunstung eintretenden Massenverlust. Bestimmen Sie den Massenverlust im Abstand von 1 Minute (10 Minuten lang) und registrieren Sie gleichzeitig die Wasseroberflächentemperatur mit dem IR-Thermometer. Prüfen Sie, ob ein zur Gl. (1) vergleichbarer Wert der Verdunstung angegeben werden kann (Windgeschwindigkeit u=0m/s). 1.4 Bestimmen Sie die Windgeschwindigkeit am Messplatz MP1 in ca. 40 cm Abstand vom Ventilator (Schalterstellung III , u1) auf der Arbeitsfläche (Kiste) und am Messplatz MP2 in ca. 90 cm Abstand vom Ventilator (Schalterstellung I, u2) auf der Arbeitsfläche mittels eines Flügelradanemometers. 1.5 Füllen Sie erneut 30 ml Wasser aus der bereitstehenden Flasche (vorher benutztes Wasser wegschütten). Messen Sie die Wasseroberflächentemperatur 0 mittels Infrarotthermometer und lesen Sie die Masse ab. Tragen Sie die Petrischale zum Messplatz (absetzen), und stellen Sie die Petrischale erneut auf die Wage. Die jetzt beobachtete Massendifferenz ist die Verdunstung, die in 1.6 abgezogen werden muss, warum? 1.6 Stellen Sie die Petrischale auf den Messplatz MP1, und schalten Sie den Ventilator für 2 Minuten ein (u1). Lesen Sie alle 20 Sekunden die Oberflächentemperatur ab (bei der Auswertung berücksichtigen!) und bestimmen Sie danach erneut die Masse des verdunsteten Wassers. Führen Sie eine solche Messung am MP2 bei einer Strömungsgeschwindigkeit u2 durch. 1.7 Führen Sie eine gleiche Messung am MP1 und MP2 mit Salzwasser (2. Flasche) durch. 1.8 Vergleichen Sie die von Ihnen gemessenen Verdunstungshöhen mit denen nach Gl. (1) bzw. Gl. (4) berechneten, indem Sie Ihre Messungen von hv über hv nach Gleichung (1) graphisch darstellen. Wie groß ist in all diesen Fällen der latente Wärmestrom in Watt/m2? Stellen Sie alle Messwerte grafisch dar. Bestimmen Sie den Korrekturfaktor für den „Oaseneffekt“. 2. Beobachten der molekularen Grenzschicht Am Messplatz 1 (Ventilator Schalterstellung III) wird die Oberflächentemperatur des mit Wasser (Raumtemperatur) gefüllten Becherglases 3 Minuten beobachtet. Die Anfangstemperatur ist bei Windstille abzulesen. Protokollieren Sie alle 10 s die Temperatur. Schalten Sie den Ventilator aus und rühren Sie das Wasser um. Was beobachten Sie? Warum gibt es an der Wasseroberfläche eine molekulare Grenzschicht? Fragen zur Vorbereitung: Verdunstungswärme von Wasser. Was ist ein Lysimeter? Anlage: Bedienungsanleitung Elektronische Präzisionswaage Literatur Thomas Foken: Angewandte Meteorologie, Springer, Berlin 2003