Interessenorganisationen im Staat Im vorangehenden Kapitel haben wir erkannt, dass eine Demokratie nur funktionieren kann, wenn die Bürger mitwirken: indem sie Einfluss auf die Meinungsbildung nehmen und ihre Interessen durchsetzen. Um die eigenen Interessen dabei möglichst erfolgreich durchsetzen zu können, schließen sich Interessenorganisationen zusammen, die gebündelt mehr Einfluss haben, als die Mitglieder in einzelner und unorganisierter Form ausüben könnten. Die Interessen können dabei ganz unterschiedlicher Art sein: So gibt es Organisationen für bestimmte wirtschaftliche, soziale, kulturelle, ökologische, politische oder auch Freizeitinteressen. Bürgerinitiativen Bürgerinitiativen werden von Bürgern einer Stadt oder eines Orts gegründet, um bestimmte Interessen durchzusetzen, so beispielsweise den Bau einer Umgehungsstraße, eines Fußballplatzes oder zusätzlicher Grünflächen. Dabei kann es immer auch Bürgerinitiativen geben, die genau die gegenteiligen Interessen vertreten und durchzusetzen versuchen. Möglichkeiten zur Einflussnahme sind beispielsweise die Organisation von öffentlichen Podiumsdiskussionen zum Thema, die Durchführung von Demonstrationen, Informationsstände und das Sammeln von Unterschriften. Bürgerinitiativen sind im Gegensatz zu Interessenverbänden meist nur regional aktiv und haben keinen bundesweiten Einfluss. Außerdem beschränkt sich ihr Bestehen meist auf nur einen konkreten Anlass. Ist das Ziel erreicht oder gescheitert, löst sich die Initiative auf. Eine Ausnahme bildet beispielsweise der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), der regionale Bürgerinitiativen mit ökologischer Zielsetzung als Verband bundesweit unterstützt. Interessenverbände und öffentliche Institutionen Die Ziele von Interessenverbänden sind breiter ausgelegt als die der Bürgerinitiativen. Während es einer Bürgerinitiative um einen konkreten Fall, z. B. die Umgehungsstraße von A nach B geht, zielen Interessenverbände auf ganze Interessengruppen ab, so z. B. der Haus- und Grundbesitzerverband, der sich an alle Haus- und Grundbesitzer wendet und allgemein und dauerhaft deren Interessen vertritt. Dementsprechend sind Interessenverbände auch nicht nur regional, sondern oft bundesweit organisiert, um eine möglichst große Gruppe an Interessenträgern zu vereinigen. Möglichkeiten zur Einflussnahme sind beispielsweise die Formulierung und Veröffentlichung von Zielen, die Information und Werbung der restlichen Bevölkerung, Demonstrationen, Medienauftritte, strategische Parteispenden, gezielte Kontaktpflege (Lobbyismus), die personelle Einbringung in die Politik oder das sogenannte „Hearing“, bei dem bestimmte Verbände einen Anspruch darauf haben, dass sie von Organen des Bundestags oder der Bundesregierung angehört werden. Große Verbände vereinigen eine große Anzahl von Wählerstimmen, weshalb sie eine große politische Macht einnehmen können. Im Gegensatz zu politischen Parteien geht es ihnen aber nicht darum, politische Verantwortung zu übernehmen, sondern vielmehr indirekt auf die politischen Einflussträger einzuwirken. Die Verbände binden sich aus diesem Grund auch nicht an bestimmte Parteien. Politische Parteien Im Unterschied zu Bürgerinitiativen und Verbänden verfolgen politische Parteien noch breitere Ziele, denn ihnen geht es neben dem Durchsetzen besonderer Interessen darum, möglichst große Gruppen der Bevölkerung hierfür mobilisieren zu können. Dies ist wichtig, weil Parteien im Unterschied zu den anderen Interessenorganisationen gewählt werden. Ihr Einfluss steht und fällt also mit der Übereinstimmung in der Bevölkerung. Die Einflussnahme politischer Parteien verläuft insbesondere über das Ausarbeiten von politischen Programmen und das Rekrutieren von politischem Personal. Dieses Personal soll von den Bürgern gewählt werden, weshalb auch Parteien alle Möglichkeiten nutzen, um Einfluss auf die Meinungsbildung der Bevölkerung zu nehmen. Gewähltes politisches Personal hat zum Ziel, auf der politischen Bühne möglichst viel Einfluss zu nehmen und das Programm der Partei durchzusetzen. Dabei konkurrieren die verschiedenen Parteien miteinander, versuchen aber auch im Hinblick auf ähnliche Zielsetzungen zusammenzuarbeiten. In Deutschland gibt es momentan ein Fünf-Parteien-System der Parteien CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE.