Blatt01 - Zersplitterung des Parteiensystems

Werbung
Gemeinschaftskunde KL.12
UE: Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland
Metzger
Blatt 01
"Mehrheitswahlrecht ist keine Spielerei"
viel undemokratischer ist es, dass der Wähler keine politische Verantwortung zurechnen
kann. Nicht der Wähler bildet bei uns die Regierung, sondern die Parteiführer in
Koalitionsverhandlungen nach der Wahl.
Bei den Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern haben die Volksparteien
stark verloren - zugunsten vieler kleiner Parteien. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE
beklagt Staatsrechtler Hans-Herbert von Arnim die Zersplitterung des Parteiensystems und
fordert das Mehrheitswahlrecht.
SPIEGEL ONLINE: Nun wird die Einführung des Mehrheitswahlrechts immer wieder
gefordert. Passiert ist aber noch nichts. Wie kann sich das ändern?
SPIEGEL ONLINE: Eines der auffälligsten Ergebnisse der gestrigen Wahl ist, das die
"sonstigen" Parteien zulegen. In Berlin kommen sie auf 13,8 Prozent, in MecklenburgVorpommern inklusive NPD auf rund 11 Prozent. Was bedeutet diese Zersplitterung für die
Demokratie?
Arnim: Auf Landesebene besteht die Möglichkeit, einen Systemwechsel auch durchzusetzen.
Vom Parlament kann man eine solche Reform nicht erwarten, weil die Abgeordneten sich
nicht sicher sein können, dass sie auch unter dem neuen System wiedergewählt würden. Aber
mit Volksbegehren oder Volksentscheid, die in den Ländern eröffnet sind, ginge das. Damit
kann man auch das Wahlrecht ändern. Es müsste nur jemand die Initiative ergreifen. Dann
wäre das nicht nur eine akademische Spielerei.
SPIEGEL ONLINE: Das wäre auch ein Weg, um die rechtsextremen Parteien aus dem
Parlament fernzuhalten.
Arnim: Ohnehin kann die Regierungsbildung nur über Koalitionen laufen. Das führt dazu,
dass die Regierenden an Legitimation einbüßen. Dem Wähler wird es unmöglich gemacht, die
Verantwortung für politisches Tun einer Partei zuzurechnen.
Arnim: Auf jeden Fall. Alle kleinen Parteien würden es schwerer haben, natürlich auch die
rechtsextremen.
SPIEGEL ONLINE: Drückt sich in dem Boom der Nischenparteien auch eine neue
Beliebigkeit der Wähler aus?
SPIEGEL ONLINE: Nach dem Erfolg der NPD in Mecklenburg-Vorpommern werden Rufe
nach einem neuen Verbotsverfahren laut. Was halten Sie davon?
Arnim: Den Wählern kann man keinen Vorwurf machen. Vielmehr handelt es sich um ein
Problem des Wahlsystems. Das Verhältniswahlrecht ist schuld an diesem Trend zur
Zersplitterung. Der Philosoph Karl Popper hat einmal als Grundregel der Demokratie
formuliert, dass das Wahlrecht die Möglichkeit geben muss, schlechte Regierungen wieder
loszuwerden. Bei uns ist das oft gar nicht möglich. In Mecklenburg-Vorpommern hat die SPD
gewaltig verloren und wird wohl trotzdem wieder den Ministerpräsidenten stellen, weil die
Koalitionsmehrheit ausreicht. Deshalb sollte man auf Landesebene über eine Abschaffung des
Verhältniswahlrechts nachdenken.
Arnim: Nachdem das Verbotsverfahren 2001 so kläglich vor dem Bundesverfassungsgericht
gescheitert ist, halte ich davon nicht viel. Man sollte sich stattdessen offensiv mit den Themen
auseinandersetzen, auf denen die NPD reitet.
Die Fragen stellte Carsten Volkery
SPIEGEL ONLINE: Sie plädieren für das Mehrheitswahlrecht?
Arnim: Im angelsächsischen Mehrheitswahlrecht stehen nur Direktkandidaten zur Wahl. Es
gibt keine Listen. Das führt dazu, dass nur eine Partei die Mehrheit bekommt und ihr
Programm ohne Abstriche durchsetzen kann. Es gibt einen klaren Verantwortlichen für die
Politik, und der Wähler kann bei der nächsten Wahl die Konsequenzen ziehen.
SPIEGEL ONLINE: Die kleinen Parteien beklagen, das sei undemokratisch, weil die
Großen immer gewinnen würden.
Arnim: Das ist die Kehrseite. Die politischen Köpfe der kleinen Parteien müssten sich in die
großen integrieren, wenn sie Karriere machen wollten. Das ist ein großer Nachteil, aber noch
Arbeitsaufträge:
1. Beschreiben Sie das Problem, das durch die Zersplitterung des Parteiensystems zu
entstehen droht.
2. Für von Arnim gibt es einen eindeutigen Grund für die Zersplitterung des
Parteiensystems. Formulieren Sie seine Hypothese.
3. Nennen Sie die Lösung, die von Arnim anbietet.
4. Entwerfen Sie eine Tabelle, aus der die wesentlichen Bestandteile der beiden im Text
genannten Wahlsysteme ersichtlich werden und in die Sie Möglichkeiten und Probleme
der Systeme eintragen können.
Herunterladen