6. Unterrichtliche Realisierung Höherer Kurven Lernvoraussetzungen: Grundlagen der Geometrie, Trigonometrie und Algebra (Sek I) Diskussion wichtiger Funktionsgraphen Grundlagen analytischer Geometrie: Charakterisierung von Gerade, Kreis und Ellipse; Relationsgraphen F(x,y) = 0; Parameter-/Polarform geometrischer Gebilde (z.B. in Klasse 11, Anwendung auch in der Physik, z.B. Kreisel-/Planetenbewegung) Hard- / Software: Funktionsplotter, Computer-Algebra-Systeme (z.B. MAPLE, dazu Buch von Reckziegel et al.: „Elementare Differentialgeometrie mit Maple“) sinnvolle Behandlung erst ab Klasse 12 Einbau in Kurvendiskussion: Ziel: Zeigen, dass nicht nur Funktionsgraphen sind diskussionswürdig sind! Kurven in Parameterdarstellung (x(t),y(t)), bei denen explizite Darstellung y = f(x) nicht möglich ist (=> z.B. Zykloide): Bestimmung von Nullstellen, Extrema, Periodizität, Tangenten,... Kurven in Polardarstellung r = f(φ) => Spiralen (s.u.) Unterrichtseinheiten: Herausführen der Kurvendiskussion aus ihrer Erstarrung zu einem bloßen Abarbeiten eines narrensicheren Algorithmus für die Untersuchung von Funktionsgraphen praktische Bedeutung aufzeigen (z.B. Zykloidenbogen als einzige „gerechte Rutschbahn“: „Setzt man einen Massenpunkt in einem beliebigen Punkt A auf diese Kurve und rutscht dieser – mit Geschwindigkeit 0 startend – längs dieser Kurve unter dem Einfluss der Schwerkraft (und unter Vernachlässigung von Reibungskräften), so erreicht er den „Tiefpunkt“ E nach einer Zeitspanne, die von der Lage des Punktes A unabhängig ist.“) zwangloses Entstehen von Kurven: Spiralen durch Änderung der Funktion r = f(φ); Epi-/Hypozykloiden durch Änderung des Verhältnis der Radien (=> Astroide, Nephroide, Kardioide,...) 7. Spiralen in einer Unterrichtsreihe Vorkommen: Natur: Schneckenhaus, Luft-/Wasserwirbel (Hurricans, Tornados), Galaxien, Ammoniten, Spinnennetze, Technik: Korbboden, Bandwicklung, Schallplatte Kunst und Architektur: z.B. neolithische Keramikzierate, arabische Ornamente, Hundertwasser Mystik: Formen und Verzierungen von antiken Kultgegenständen, mittelalterliche Mandalas, Symbolfiguren moderner Sekten Definitionen und allgemeine Eigenschaften: Polarkoordinatensystem: Jeder Punkt P der Ebene wird durch das Koordinatenpaar (r, φ) beschrieben, wobei r der Abstand zum Ursprung O („Pol“) ist, und φ der Winkel zwischen dem Ortvektor OP und einer festen vom Ursprung ausgehenden Achse. Unter einer Spirale versteht man eine Kurve, zu der es eine Polardarstellung r = f(φ) gibt mit einer stetigen und streng monotonen Funktion f. Archimedische Spirale: ausführlich beschrieben von Archimedes (287 – 212 v.Chr.) in Über Spiralen Archimedische Spirale ist die Bahnkurve eines Punktes, der sich auf einem mit konstanter Winkelgeschwindigkeit drehenden Strahl vom Rotationszentrum aus mit konstanter Geschwindigkeit fortbewegt: r = a φ mit φ R\R-, a R+ Archimedische Spirale mit a=2, φ[0,8Polarkoordinatenpapier zum Zeichnen. Archimedische Spirale wurde im Altertum zur Winkeldreiteilung herangezogen. Wegen r ~ φ ist dies folgendermaßen möglich: Lege den Pol der Spirale auf den Scheitel Z des Winkels Erhalte die Schnittpunkte A und D der Spirale mit den Schenkeln des Winkels Trage mit dem Zirkel a=ZA auf d=ZD ab und erhalte die Differenz x=d-a Teile x mit Zirkel und Lineal in drei gleiche Teile Schlage um Z Kreise mit den Radien b=a+1/3x und c=a+2/3x und erhalte deren Schnittpunkte B und C mit der Spirale Zeichne die Verbindungsgeraden von B und C mit Z. Sie teilen den vorgegebenen Winkel in drei gleiche Teile Logarithmische Spirale: r’ nicht mehr konstant, sondern r’ = a r (a R+) Lösung dieser DGL: r = cexp(a φ) mit φ R, a,c R+ Die auf einer gemeinsamen Ursprungshalbgeraden liegenden Fahrstrahllängen bilden eine geometrische Folge, deren Glieder mit dem Fahrwinkel wachsen bzw. fallen. Winkel zwischen Fahrstrahl und Tangente ist konstant (=> Anwendung: Bei Blechscheren hat oft eine der Klingen die Form einer logarithmischen Spirale. Nur so ist gewährleistet, dass das Blech stets unter demselben Winkel und daher mit gleichbleibendem Druck geteilt werden kann.) Die zentrische Streckung einer logarithmischen Spirale um ihr Zentrum kommt einer Drehung gleich (=> optische Täuschung bei Drehung einer logarithmischen Spirale, die je nach Drehrichtung zu wachsen oder zu schrumpfen scheint): Mit r* = k r (k R+) und φ* = φ ergibt sich die Bildfigur r* = k c exp(a φ*). Setzen wir = ln(k)/a, so ist k = exp(a ) und es gilt r* = c exp(a (φ* + )). Wegen dieser und anderer „Selbstbehauptungseigenschaften“ war Jakob Bernoulli (1654-1705) so sehr von der logarithmischen Spirale angetan, dass er sie „Spira mirabilis“ nannte und sogar auf seinen Grabstein gravieren lassen wollte. Leider brachte der Steinmetz statt der logarithmischen eine archimedische Spirale an... Bastelanleitung für logarithmische Spirale: www.labbe.de Andere Spiralen: Lit uus (Kr um mst ab): r= a/sq rt(φ ). Fer mat sch e Spi rale: r = a sqrt(φ), hier sjkdffhkdjskfjdssfhksfhdjksfhksdjfhkjs a sqrt(φ) Quellen: Schupp, H./Dabrock, H.: Höhere Kurven (Mannheim u.a.: BI, 1995) MAPLE 9 Vorlesungsskript Prof. H. Reckziegel: Ebene Kurven Internet, z.B. www.mathematische-basteleien.de/spirale.htm zusammen mit r = -