Deutsche Karikatur aus dem Kladderadatsch (25.01.1920): ("Einst wird kommen der Tag, da auch diesem Simson die Locken wieder wachsen") Erschließung der Karikatur Simson Germanicus Das von Werner Hahmann gezeichnete Bild erschien am 25. Januar 1920 in der satirischen Zeitschrift „Kladderadatsch". Im Mittelpunkt steht ein altägyptisch nachempfundener Tempel mit steinernen Säulen. Unterhalb des Gesims steht das Wort „Schmachfrieden". Auf dem Dach wird offenkundig eine Orgie gefeiert. An den Hüten der Männer sind andeutungsweise Amerikaner, Briten und Franzosen erkennbar. Unten auf den Stufen vor den Säulen liegt eine nackte männliche Gestalt: sich mühsam mit den Armen stützend, mit kahlgeschorenem Schädel, am linken Fuß - wie ein Sträfling - an eine Eisenkugel gekettet. Der Zeichner selbst liefert die Deutung der Karikatur mit der Überschrift „Simson Germanicus" als auch durch den Untertitel „Einst wird kommen der Tag, an dem Simson die Locken wieder wachsen". Beides verweist auf die alttestamentarische Figur des Simson. Dessen übermenschlichen Kräfte entsprangen seinem Haupthaar. Seine Feinde ließen ihm die Haare abschneiden, aber im Gefängnis wuchsen sie ihm nach, und mit ihnen kehrte seine Kraft zurück. Das Wort „Schmachfrieden" bezieht sich auf den Versailler Vertrag von 1919, der den offiziellen Schlusspunkt unter den Ersten Weltkrieg setzte. Dieser Vertrag war kurz vor der Publizierung des Bildes am 10. Januar 1920 in Kraft getreten. Diese Karikatur suggeriert eine Analogie zwischen dem gefangenen Simson und dem gedemütigten deutschen Volk. Das Bild spiegelt zum einen die Gefühle vieler Deutscher wider, die den Versailler Vertrag für ungerecht hielten, zum anderen machte es Hoffnung auf eine langfristige Änderung. Die Karikatur trug zur Verfestigung des Feindbildes in Bezug auf die - angeblich unmoralischen Westmächte bei. Der Kampf gegen den Versailler Vertrag einte einen erheblichen Teil der deutschen Gesellschaft in der Zeit der Weimarer Republik. Das Bild bediente vor allem die politischen Kräfte, die eine Revanchepolitik betrieben. Es verweist somit mittelbar auf den Aufstieg des Nationalsozialismus und das unglückselige Ende der Weimarer Republik. .