Öko-Audit und Umweltzertifizierung

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Sommersemester 1996
Seminararbeit bei Herrn Professor Dr. Peter Milling
Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und
Industrie I
Universität Mannheim
Thema:
Öko-Audit und Umweltzertifizierung
Referent:
Frei Messow
1. DIE ENTWICKLUNG VON ÖKO-AUDIT-VERFAHREN UND UMWELTZERTIFIZIERUNGEN2
2. WAS BRINGT DIE DURCHFÜHRUNG EINES ÖKO-AUDITS ? ........................................................ 3
2.1 UNMITTELBARE BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE NUTZEN EINES ÖKO-AUDITS................................................... 3
2.2 MITTELBARE NUTZEN EINES ÖKO-AUDITS .................................................................................................... 4
3. DAS ÖKO-AUDIT-VERFAHREN NACH DER VERORDNUNG 1836/93 DER EG ........................... 6
3.1. DIE ZIELE DER VERORDNUNG ...................................................................................................................... 6
3.2. FESTLEGUNG UND UMSETZUNG EINER UMWELTPOLITIK .............................................................................. 7
3.3. UMWELTPRÜFUNG........................................................................................................................................ 8
3.3.1. Ökobilanzen ......................................................................................................................................... 9
3.3.2. Kennzahlen .......................................................................................................................................... 9
3.4. UMWELTMANAGEMENTSYSTEM ................................................................................................................... 9
3.4.1. Notwendige Organisationsänderungen ............................................................................................. 10
3.4.2. Einführung eines Umweltcontrollings zur Kontrolle des Umweltmanagementsystems ..................... 11
3.4.3. Umweltmanagement-Dokumentation ................................................................................................ 11
3.5. UMWELTZIELE ............................................................................................................................................ 11
3.6. UMWELTPROGRAMM .................................................................................................................................. 11
3.7. UMWELTERKLÄRUNG ................................................................................................................................. 11
3.8. UMWELTGUTACHTER ................................................................................................................................. 12
3.9. EINTRAGUNG DES STANDORTES ................................................................................................................. 12
3.10. UMWELTBETRIEBSPRÜFUNG..................................................................................................................... 13
4. FÖRDERUNG VON KLEINEN UND MITTLEREN BETRIEBEN BEI DER DURCHFÜHRUNG
EINES ÖKO-AUDITS ................................................................................................................................... 14
5. UMWELTZERTIFIZIERUNGEN ........................................................................................................... 14
5.1. DAS BRITISCHE ZERTIFIKAT BS 7750 ......................................................................................................... 14
5.2. DIE INTERNATIONALE NORM ISO 14000 FF. ............................................................................................... 14
6. KRITISCHE ANMERKUNGEN ZUM ÖKO-AUDIT ........................................................................... 15
7. LITERATURVERZEICHNIS................................................................................................................... 17
1
Öko-Audit und Umweltzertifizierung
1. Die Entwicklung von Öko-Audit-Verfahren und
Umweltzertifizierungen
Obwohl der Begriff Audit aus der Bilanzprüfung stammt, ist darunter nicht nur eine
betriebsinterne, ökologische Rechenschaftslegung1 zu verstehen. Vielmehr wird der
Begriff ständig in anderer Form verwendet, da es keine einheitliche Definition gibt.
Schon in den 70er Jahren gab es in den USA Audits zur Überprüfung des betrieblichen
Umweltschutzes.2 Dabei sollte durch ein Soll-Ist-Vergleich erkannt werden, ob alle
Normen des amerikanischen Umweltrechts eingehalten werden. Notwendig wurde dies,
weil Klagen nach großen Unglücksfällen zu beträchtlichen Schadenersatzforderungen
geführt haben. Daraufhin forderten die Kapitalgeber ein System, das die Rechtssicherheit
bei den Unternehmen garantieren kann.3
Im Juni 1989 brachte die Internationale Handelskammer (ICC) ein Positionspapier zu
Umweltschutzaudits heraus. Es handelt sich dabei um ein rein firmeninternes Konzept4
bei dem man auf die freiwillige Durchführung eines Öko-Audits durch die Unternehmen
setzt.5 Es sind also keine Rechtsfolgen zu befürchten. Man kann deshalb auch von einem
Verhaltenskodex sprechen.6
1992 veröffentlichte in Großbritannien die British Standards Institution (BSI) die erste
technische Norm für Umweltmanagementsysteme, die sogenannte British Standard 7750
(BS 7750).7 Später folgten ähnliche Umweltzertifizierungen in den Niederlanden,
Dänemark, Frankreich, Spanien und Irland. Diese Zertifizierungen orientieren sich dabei
an die Qualitätssicherungssysteme im Sinne des Total Quality Management (TQM). Auch
1
Vgl. Spindler, Edmund A.: Vom UVP-Gedanken zum Umweltmanagement. In: Sietz, Manfred, von
Saldern, Andreas (Hrsg.): Umweltschutz-Management und Öko-Auditing. Berlin/Heidelberg 1993, S.14
2 Vgl. Machmer, Dietrich: Die Verordnung der Europäischen Gemeinschaft zum Umweltmanagement und
Audit-System - Ein Überblick. In: Schimmelpfeng, Lutz, Machmer, Dietrich (Hrsg.): Öko-Audit:
Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung. Taunusstein 1995, S.13
3 Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt: Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung: Branchenleitfaden
Chemie. Heft Nr.200, Wiesbaden 1996, S.3
4 Vgl. Lauff, Dr. Rudolf: Das Umwelt-Audit in der betrieblichen Praxis, in: Bundesanzeiger, Nr.198a,
20.10.93, S.7
5 Vgl. Internationale Handelskammer: ICC-Umweltschutz-Audit, 1989, Abs.II Nr.9. In: Bundesanzeiger
Nr.198a vom 20.10.93
6 Vgl. Waskow, Siegfried: Betriebliches Umweltmanagement. Heidelberg 1994, S.81
7 Vgl. von Saldern, Andreas: Die Deutschen, die Letzten im europäischen Wettbewerb. In: Sietz, Manfred,
von Saldern, Andreas (Hrsg.): Umweltschutz-Management und Öko-Auditing. Berlin/Heidelberg 1993,
S.296
2
die in diesem Jahr erwartete ISO 14001 wird sich stark an die bekannte ISO 9001, der
Norm für Qualitätssicherung, orientieren.8
Am 29.6.93 wurde dann die Verordnung Nr. 1836/93 der EG ӟber die freiwillige
Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das
Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung” verabschiedet.
Im Dezember 1995 schließlich ist die Umsetzung der EU-Verordnung in Deutschland
mit Hilfe des Umweltauditgesetzes (UAG) und den dazugehörigen Verordnungen erfolgt.
Für die Zukunft wird nicht nur eine organisatorische Selbstkontrolle, was das UmweltAudit letztendlich ist, erwartet, sondern ein tatsächlich integrierter Umweltschutz mit
Hilfe eines Stoffstrommanagement.9
2. Was bringt die Durchführung eines Öko-Audits ?
Die erste Frage, die sich ein Unternehmen stellt, ist: Was bringt mir die Durchführung
der EG-Öko-Audit-Verordnung, zumal es sich um eine freiwillige Maßnahme handelt ?
2.1 Unmittelbare betriebswirtschaftliche Nutzen eines Öko-Audits
Beispielsweise kann die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden10, insbesondere durch die
Werbewirkung des EU-Logos.11 Dies führt direkt zu einem besseren Image, sowohl bei
Kunden, Lieferanten und Konkurrenten als auch der Öffentlichkeit allgemein, weil für
jeden erkennbar ist, daß dieses Unternehmen etwas zum Umweltschutz beiträgt.12
Ein unmittelbarer Erfolg eines durchgeführten Öko-Audits kann zudem die Aufdeckung
von Möglichkeiten der Kostenreduzierung sein. Insbesondere im Energie-, Rohstoff- und
Entsorgungsbereich sind in nahezu jedem Unternehmen Einsparungspotentiale zu
finden.13 Man kann aber auch erkennen, wie die umweltrechtlichen Anforderungen des
Umweltschutzes am kostengünstigsten realisiert werden können.14
Eine ganz andere Möglichkeit, die sich auftun kann, ist die Erschließung neuer Märkte.
Wenn durch das Öko-Audit schon im Forschungs- und Entwicklungsbereich darüber
8
Vgl. Griffiths, Andrew: Entwicklungen bei der Normierung von Umwelt-Audits. In: Schimmelpfeng, Lutz,
Machmer, Dietrich (Hrsg.): Öko-Audit: Umweltmanagement und Umweltbetriebsführung. Taunusstein
1995, S.90
9 Vgl. Kottmann, Heinz: Die Öko-Audit-Verordnung in der BRD. Rede auf einem Öko-Audit-Workshop der
IHK Hannover im Februar 1996
10 Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt: Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.2
11 Vgl. Zenk, Georg (Hrsg.): Öko-Audits nach der Verordnung der EU. Wiesbaden 1995, S.7
12 Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt: Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.2
13 Vgl. Zenk, Georg (Hrsg.): Öko-Audits nach der Verordnung der EU. S.11
14 Vgl. Waskow, Siegfried: Betriebliches Umweltmanagement. S.14
3
nachgedacht wird, wie ein neu zu entwickelndes Produkt möglichst umweltfreundlich
ist, können sich ganz neue Märkte öffnen.15
Seit der Inkrafttretung des Umwelthaftungsgesetzes am 1.1.91 wird es für die
Unternehmen immer wichtiger Versicherungsschutz zu erlangen. So sind im Anhang II
des Umwelthaftungsgesetzes explizit Anlagen genannt, für die der Nachweis einer
Deckungsvorsorge obligatorisch ist. In diesem Fall muß die Versicherung eine
Risikoüberprüfung durchführen, um den Deckungsumfang und die Höhe der Prämie zu
ermitteln. Ein Öko-Audit kann hierbei die Risikoüberprüfung wesentlich erleichtern, so
daß die Versicherung eher bereit ist einen Vertrag abzuschließen.16 Zudem zeigt die
Teilnahme an einem Öko-Audit, daß das Unternehmen an einer kontinuierlichen
Verbesserung des Umweltschutzes und lückenlosen Dokumentation interessiert ist17, was
letztendlich zu niedrigeren Versicherungsprämien führen kann.18
Zunehmend achten auch Banken bei Kreditentscheidungen darauf, ob der Kunde ein
Öko-Audit duchführt. Falls dies der Fall ist, wird der Kreditantrag wohlwollender
behandelt, weil die Gefahr unerwarteter Umweltverschmutzungen, die viel Geld kosten
können, gemindert wird.19
Die notwendige Dokumentation des betrieblichen Umweltschutzes bei der
Durchführung eines Öko-Audits kann das persönliche Haftungsrisiko des
verantwortlichen Mitarbeiters und auch der Geschäftsführung mindern. Sehr wichtig ist
auch die Möglichkeit der Minimierung von Rechtsstreitigkeiten oder gar Prozeß- und
Bußgeldzahlungen durch das kontinuierliche Aufdecken von Gesetzesverstößen im
betrieblichen Umweltschutzbereich.
Ein weiterer Vorteil ist, daß durch ein Öko-Audit direkt Geld gespart werden kann, denn
Betriebsunterbrechungen aufgrund von Störfällen werden wesentlich reduziert, und
überdies kann der Arbeitsschutz erhöht werden, da weniger Betriebsunfälle zu erwarten
sind. 20
2.2 Mittelbare Nutzen eines Öko-Audits
Das Öko-Audit verlangt insbesondere die Einrichtung eines Umweltmanagementsystems.
Dies führt zu einer ökologischen Organisationsentwicklung und letztendlich zu einer
verbesserten Organisation insgesamt21, da auch die Kompetenzen eindeutig festgelegt
werden müssen. Letztendlich führt dies zu einem leichteren Zugang zu Kapitalmarktgeld
und zu einem höheren Image. Sobald es mehr veröffentlichte Öko-Audits gibt, wird es
15
Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt. Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.2
Vgl. Gemuend, Wolfgang: Das Umwelthaftungsgesetz und die Umweltpolice des HUK-Verbandes, in:
Umweltwirtschaftsforum, Nr. 2/93, S.36
17 Vgl. Zenk, Georg (Hrsg.): Öko-Audits nach der Verordnung der EU. S.10
18 Vgl. Lauff, Dr. Rudolf: Das Umwelt-Audit in der betrieblichen Praxis. S.8
19 Vgl. Waskow, Siegfried: Betriebliches Umweltmanagement. S.14
20 Vgl. Lauff, Dr. Rudolf: Das Umwelt-Audit in der betrieblichen Praxis. S.8.
21 Vgl. Zenk, Georg (Hrsg.): Öko-Audits nach der Verordnung der EU. S.7
16
4
auch öffentliche Ranking-Listen geben, die ökologisch orientierten Kunden und
Lieferanten Entscheidungshinweise geben können.22
Einer der wichtigsten Gründe für Unternehmen am Öko-Audit teilzunehmen, ist den
Nachweis zu erbringen, daß die Gesetze eingehalten werden.23 So kann sich ein
Anlagenbetreiber nach §6 Umwelthaftungsgesetz aus der Vermutung, der
Umweltschaden sei durch seine Anlage verursacht worden, befreien, wenn er den
bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlage durch ein Öko-Audit nachweisen kann.24
Die Unternehmen erwarten sich auch eine Befreiung von bestimmten Berichts- und
Mitteilungspflichten. ”Sinnvoll wäre es, wenn die Genehmigungs- und
Überwachungsbehörden diesen Unternehmen sonstige Berichtspflichten weitestgehend
erlassen würden”.25 Begründet wird dies mit folgenden Punkten:
a) Durch ein Öko-Audit wird die Eigenüberwachung verstärkt, weshalb die staatliche
Überwachung abgebaut werden könnte.
b) Die Teilnahme am Öko-Audit könnte beweisen, daß bestimmte Kontrollen
durchgeführt werden.
c) Die Geschäftsleitung könnte aus der Verantwortung genommen werden, da keine
fahrlässige Verletzung von Organisations-, Aufsichts- und Kontrollpflichten vorliegt.26
In der jetzigen Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung Nr.1836/93 durch das
deutsche Umweltauditgesetz (UAG) vom 7.12.95 ist eine Erleichterung der
Berichtspflicht noch nicht vorgesehen, was von einigen Bundestagsabgeordneten
bedauert wird.27 Dennoch kann davon ausgegangen werden, daß die Beziehungen zu
Behörden besser werden, weil die Unternehmen die Behörden durch ein Öko-Audit
unterstützen. Um den Nachweis erbringen zu können, daß die Gesetze eingehalten
werden, muß zuerst einmal geprüft werden, ob die Rechtvorschriften auch tatsächlich
eingehalten werden. Die Prüfung minimiert demnach die Gefahr gegen
Rechtsvorschriften zu verstoßen erheblich.
Da das Öko-Audit eine lückenlose Dokumentation des betrieblichen Umweltschutzes
verlangt, ist auch gleichzeitig eine Informationsbasis für Notfälle vorhanden. Zudem
wird der Aufbau einer aktuellen Umweltdatenbank, die einen systematischen Überblick
der Abfälle, Chemikalien, Schadstoffe usw. bietet, wesentlich erleichtert28.
Die Durchführung eines Öko-Audits verlangt insbesondere die Durchführung einer
Schwachstellenanalyse. Die Schwachstellenerkennung kann auch zu
Schwachstellenbeseitigungen führen, die nicht nur unmittelbar dem
22
ebd. S.10/11
Vgl. Lauff, Dr. Rudolf: Das Umwelt-Audit in der betrieblichen Praxis. S.11
24 ebd. S.14
25 Braun, Sabine: Schwächen beim Öko-Audit, in: Blick durch die Wirtschaft Nr.17 vom 24.1.96
26 Vgl. Waskow, Siegfried: Betriebliches Umweltmanagement. S.18/19
27 Vgl. Das Parlament Nr.27 vom 30.6.95: Debatte des Deutschen Bundestages zu einem Umweltgutachterund Standortregistrierungsgesetz/ 44.Sitzung am 22.6.95.
28 Vgl. Lauff, Dr. Rudolf: Das Umwelt-Audit in der betrieblichen Praxis. S.11
23
5
Umweltschutzbereich zuzuordnen sind.29 Die Angst, eine Aufzeichnung der
umweltrelevanten Schwachstellen könnte zu einer höheren Strafe führen, weil man den
Mißstand aufgedeckt aber noch nicht beseitigt hat, ist unbegründet. Unkenntnis führt in
der Regel nicht zu einer Entlastung des Unternehmens, vielmehr kann dem Unternehmen
Fahrlässigkeit vorgeworfen werden.30
Einer der wichtigsten Wirkungen des Öko-Audits ist die Bewußtseinstärkung für den
Umweltschutz. Da die Durchführung mit Hilfsmitteln wie Interviews und Checklisten
alle Mitarbeiter miteinbezieht, ist die Wirkung nicht nur auf die Führungsebene
beschränkt. Zudem müssen die Mitarbeiter auch überzeugt werden an dem Verfahren
teilzunehmen, um brauchbare Ergebnisse zu erhalten.31 Desweiteren zeigt ein Öko-Audit
auch auf, wo besonders guter Umweltschutz geleistet wurde,wodurch der
Verantwortliche Mitarbeiter auch entsprechend belohnt werden kann.32
Je mehr Unternehmen sich dem Verfahren der EG-Öko-Audit-Verordnung (EGVerordnung) unterzogen haben, desto größer wird auch der Druck der Kunden,
Lieferanten und der Öffentlichkeit auf die Unternehmen sein, sich an diesem Verfahren
ebenfalls zu beteiligen. Um ein gutes Image auf dem Gebiet des Umweltschutzes zu
erhalten wird ein Unternehmen deshalb nicht daran vorbeikommen ein Öko-Audit
durchzuführen.33
3. Das Öko-Audit-Verfahren nach der Verordnung 1836/93 der EG
3.1. Die Ziele der Verordnung
”Ziel des Systems ist die Förderung der kontinuierlichen Verbesserung des betrieblichen
Umweltschutzes im Rahmen der gewerblichen Tätigkeiten durch:
a) Festlegung und Umsetzung standortbezogener Umweltpolitik, -programme und
-managementsysteme durch die Unternehmen
b) systematische objektive und regelmäßige Bewertung der Leistung dieser Instrumente
c) Bereitstellung von Informationen über den betrieblichen Umweltschutz in der
Öffentlichkeit” (Artikel 1 Abs.2 der EG-Verordnung).
Die Verordnung zielt dabei auf die Eigenverantwortung der Industrie.34 So ist die
Teilnahme freiwillig, wer sich allerdings einmal entschlossen hat teilzunehmen, ist dazu
verpflichtet regelmäßig Umweltbetriebsprüfungen durchzuführen (Anhang II H der EG29
Vgl. Zenk, Georg (Hrsg.): Öko-Audits nach der Verordnung der EU. S.7/8
ebd. S.19
31 ebd. S.11
32 Vgl. Lauff, Dr. Rudolf: Das Umwelt-Audit in der betrieblichen Praxis. S.11
33 Vgl. Zenk, Georg (Hrsg.): Öko-Audits nach der Verordnung der EU. S.7
34 Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt. Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.5
30
6
Verordnung). Im Gesetzestext wird deutlich, daß eine ständige Verbesserung und
Kontrolle des Umweltschutzes im Betrieb vorangetrieben werden soll.
Artikel 14 der EG-Verordnung überläßt es den Mitgliedsstaaten, ob sie die Verordnung
auch auf nicht gewerbliche Betriebe ausweitet. Nach §3 UAG ist die Möglichkeit gegeben
durch Rechtsverordnungen auch nicht gewerbliche Bereiche einzubeziehen. In der
Debatte des Deutschen Bundestages wurde darauf hingewiesen, daß schon Anfragen aus
dem Handel und Dienstleistungsbereich vorliegen.35
In Artikel 1 Abs.2 der EG-Verordnung ist auch die Rede von einer standortbezogenen
Umweltpolitik. Die Frage des Standortes ist dabei nicht eindeutig geregelt. Zum einen
kann der englische Begriff Company Site im Originalgesetzestext auch als eine einzelne
technologische Betriebseinheit innerhalb eines größeren industriellen Komplexes
verstanden werden.36 Dies ist insbesondere wichtig für große Standorte wie die BASF in
Ludwigshafen, weil sonst ein Öko-Audit undurchführbar wird. Zum anderen muß bei
dem Öko-Audit aber auch die Wirkung der Emissionen über den Standort hinaus
beachtet werden37, so daß der Begriff des Standortes sehr weit ausgedehnt werden kann.
Mit der Öko-Audit-Verordnung und dem UAG wurde zum ersten mal der Betrieb als
ganzes betrachtet, im Gegensatz zum Beispiel zum
Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz.38
Im folgenden werden die einzelnen Bestandteile eines Öko-Audit-Verfahrens nach der
Verordnung der EU erläutert.
3.2. Festlegung und Umsetzung einer Umweltpolitik
Laut Artikel 3a) der EG-Verordnung ist eine betriebliche Umweltpolitik festzulegen.
Dabei wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß eine bloße Einhaltung der
Umweltvorschriften nicht ausreicht, sondern vielmehr eine Verpflichtung zu
kontinuierlicher Verbesserung festgelegt werden muß. Dies soll mit der besten
verfügbaren, aber wirtschaftlich vertretbaren, Technik erfolgen. Hier liegt eine falsche
Übersetzung aus dem Englischen vor. Dort heißt es economically viable application of
best available technology. Im Deutschen müßte somit eigentlich auch der Begriff
Technologie verwendet werden, weil der Begriff Technik aus den Teilelementen
Technologie und Anwendung besteht, die Anwendung im Gesetzestext aber nicht
gemeint ist.39
35
Vgl. Das Parlament Nr.27 vom 30.6.95
Vgl. Heuvels, Klaus: Die EG-Öko-Audit-Verordnung im Praxistest - Erfahrungen aus einem Pilot-AuditProgramm der Europäischen Union. In: Schimmelpfeng, Lutz, Machmer, Dietrich (Hrsg.): Öko-Audit:
Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung. Taunusstein 1995, S.85
37 Vgl. Zenk, Georg (Hrsg.): Öko-Audits nach der Verordnung der EU. S.96
38 Vgl. Spindler, Edmund A.: Vom UVP-Gedanken zum Umweltmanagement. S.14
39 Vgl. Waskow, Siegfried: Betriebliches Umweltmanagement. S.34
36
7
Die Umweltpolitik muß in schriftlicher Form (Anhang I A Abs.1 der EG-Verordnung)
von der höchsten Managementebene (Anhang I A Abs.2) festgelegt werden. Im Anhang I
C sind die zu behandelnden Gesichtspunkte aufgeführt. Dabei müssen nur solche
Umweltaspekte in die Umweltpolitik aufgenommen werden, die für den Standort eine
gewisse Bedeutung haben. Die Aspekte müssen dabei aus der Umweltpolitik abgeleitet
werden können. Eine ausdrückliche Nennung ist also nicht erforderlich.40
Die Umweltpolitik des Unternehmens muß auch die in Anhang I D aufgeführten Guten
Managementpraktiken umfassen. Auch hier gilt, daß nur die für den Standort
bedeutenden Praktiken zu nennen sind.41
3.3. Umweltprüfung
Die Umweltprüfung ist eine ”Bestandsaufnahme des betrieblichen Umweltschutzes”42,
also eine Ist-Analyse. Sie dient als Grundlage für jede weitere Tätigkeit im Öko-AuditVerfahren und ist deshalb so umfassend wie möglich durchzuführen.43 Man darf dabei
die Umweltprüfung nicht mit der in bestimmten Zeitabständen wiederkehrenden
Umweltbetriebsprüfung verwechseln.
Ein besonders wichtiger Punkt bei der Durchführung ist die Bildung eines
Umweltprüfungsteams, wobei die Mitglieder sehr fachkompetent, unabhängig und eine
möglichst hohe Stellung im Unternehmen innehaben sollten.44 Die Belegschaft sollte
frühzeitig so umfassend wie möglich informiert werden45, z.B. über Informationsbretter
oder einer Werkszeitung. Diese Kommunikation ist sehr wichtig, weil die
Beeinträchtigungen des normalen Arbeitsablaufs durch eine Umweltprüfung in der Regel
als zu hoch bewertet werden.46 Sehr sorgfältig müssen die Fragebögen und Checklisten
vorbereitet werden, denn diese können unter Umständen sehr umfangreich sein und die
befragte Person lange in Anspruch nehmen (30-40 Arbeitstage in einem MaschinenbauUnternehmen).47
Während der Umweltprüfung muß auch ein Verzeichnis von Rechtsgrundlagen angelegt
werden, da die Einhaltung einschlägiger Vorschriften die oberste Verpflichtung für das
40
Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt. Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.15
Vgl. Waskow, Siegfried: Betriebliches Umweltmanagement. S.34
42 ebd. S.27
43 Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt. Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.20
44 Vgl. Waskow, Siegfried: Betriebliches Umweltmanagement. S.36
45 Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt. Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.26
46 Vgl. Powell, Markus: Erfahrungen in der Praxis: Durchführung von Umweltschutzaudits. In: Sietz,
Manfred, von Saldern, Andreas (Hrsg.): Umweltschutz-Management und Öko-Auditing. Berlin/Heidelberg
1993, S.260
47 Vgl. Zenk, Georg (Hrsg.): Öko-Audits nach der Verordnung der EU. S.104
41
8
Unternehmen ist.48 Dies kann mitunter sehr schwierig werden, weil die in Deutschland
existierenden Umweltgesetze und -vorschriften inzwischen sehr umfangreich sind.49
Die Umweltprüfung ist gleichzeitig eine erste Schwachstellenanalyse.50 Deshalb stellt
sich die Frage, mit welchem Verfahren am Besten die Schwachstellen aufgefunden
werden können.
3.3.1. Ökobilanzen
Ökobilanzen sind der Versuch die betriebliche Infrastruktur und die Input-/OutputStröme in einen Kontenrahmen zu bringen. Eine Input-/Output-Bilanz ist als Grundlage
für ein Öko-Audit nahezu unverzichtbar.51 Eine sehr vorbildliche Ökobilanz erstellt
beispielsweise jedes Jahr die Kunert AG. Das wohl größte Problem bei der Ökobilanz ist,
die verschiedenartigen Emissionen und Imissionen in vergleichbare Zahlen zu bringen.
So wird nicht zu unrecht beklagt, daß die Umweltberichte von BASF, Hoechst und Bayer
nur sehr schlecht miteinander vergleichbar sind.52
3.3.2. Kennzahlen
Mit Kennzahlen lassen sich sehr gut und leicht Schlüsse ziehen. In der Umwelterklärung
1995 der Adam Opel AG, Standort Bochum Werk I, beispielsweise ist sehr gut zu
erkennen, daß zwar der Gesamtenergieverbrauch des Werkes gestiegen, der
Energieverbrauch je produziertem Wagen aber gesunken ist.
Mit einer effizienten Kennzahlenberechnung und zielgruppenspezifischer
Aufschlüsselung lassen sich auch sehr gut Szenarien mit Hilfe von
Computersimulationen entwickeln.53
3.4. Umweltmanagementsystem
Die Definition im Gesetzestext (Artikel 2c der EG-Verordnung) lautet: ”der Teil im
gesamten übergreifenden Managementsystems, der die Organisationsstruktur,
Zuständigkeiten, Verhaltensweisen, förmliche Verfahren, Abläufe und Mittel für die
Festlegung und Durchführung der Umweltpolitik einschließt”.
Das Umweltmanagementsystem ist der Kern des Öko-Audits. Ziel dieses Systems ist,
Chancen wahrzunehmen und Risiken zu minimieren. Die fehlenden Anreizwirkungen
48
Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt. Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.36
ebd. Anhang 2 S.164/165
50 Vgl. Zenk, Georg (Hrsg.): Öko-Audits nach der Verordnung der EU. S.28
51 Vgl. Braun, Sabine: Schwächen beim Öko-Audit
52 Vgl. Schmitt, Susanne: Hochglanzbroschüren für Öko-Image, in: Mannheimer Morgen Nr.231 vom
6.10.95
53 Vgl. Zenk, Georg (Hrsg.): Öko-Audits nach der Verordnung der EU. S.26
49
9
von Preisen/Kosten im Umweltschutzbereich sollen durch ein gutes
Umweltmanagementsystem ersetzt werden.54
3.4.1. Notwendige Organisationsänderungen
Die Umweltschutzorganisation ist das Gerüst für ein funktionierendes
Umweltmanagementsystem.55 Schon zu Anfang muß überlegt werden, ob ein Total
Quality Management System aufgebaut werden kann, welches das Qualitätssicherungs-,
Arbeitssicherheits- und Umweltschutzsystem umfaßt. Eine Trennung dieser Systeme wäre
oftmals ein zu großer Aufwand, insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe, und zu
ineffizient.56 Die Durchführung eines Pilotaudits hatte ebenso gezeigt, daß die
Einbeziehung des Arbeitsschutzes das Audit erheblich aufwertet.57
Nachdem in den letzten Jahren viele Unternehmen ein Qualitätssicherungssystem nach
ISO 9000 ff. aufgebaut haben, stellen sie sich die Frage, ob das
Umweltmanagementsystem nicht in dieses System integriert werden könnte. Die
bisherigen Erfahrungen zeigen, daß dies, wenn auch mit größeren Problemen, möglich
ist. Dabei muß aber berücksichtigt werden, daß sich die Qualitätssicherung nach ISO
9001 von der EG-Verordnung in zwei wesentlichen Punkten unterscheidet:
1. Die zu verfassende Umwelterklärung ist von zugelassenen Umweltgutachtern zu
prüfen.
2. Die Rechtskonformität ist zu prüfen.
Die Öffentlichkeit spielt also bei der EG-Verordnung eine wesentliche Rolle.58
Bei dem Aufbau einer Organisation mit Verteilung von Umweltschutzaufgaben gibt es
fast alle klassischen Modelle eines Organisationsaufbaus. Die am meisten verbreitete
Organisationsform ist die Einrichtung einer oder mehrerer Stabsstellen. Laut einer
Umfrage ziehen diese Form 2/3 der befragten Unternehmen vor. Abteilungen mit
Linienfunktion werden von den zweitmeisten Unternehmen gewählt.59
Die EG-Verordnung verlangt desweiteren eine kontinuierliche Schulung des Personals
(Anhang I B 2). So findet man auch in der Umwelterklärung 1995 der Adam Opel AG
einen gesonderten Bericht über die Mitarbeiterschulung und Kommunikation.
54
Vgl. von Saldern, Andreas: Zielvorgabe und Aufbau von Umweltschutzmanagementsystemen. In: Sietz,
Manfred, von Saldern, Andreas (Hrsg.): Umweltschutz-Management und Öko-Auditing. Berlin/Heidelberg
1993, S.241
55 Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt. Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.57
56 Vgl. Braun, Sabine: Schwächen beim Öko-Audit
57 Vgl. Zenk, Georg (Hrsg.): Öko-Audits nach der Verordnung der EU. S.107
58 ebd. S.127
59 Vgl. Chrobok, S., Seidensticker,A.: Betriebe empfinden Umweltanforderungen als Belastung, in: Blick
durch die Wirtschaft Nr.32 vom 14.2.96
10
3.4.2. Einführung eines Umweltcontrollings zur Kontrolle des
Umweltmanagementsystems
Mit der Erfassung von Umweltauswirkungen durch ein effektives Umweltcontrolling
kann die Anforderung der EG-Verordnung laut Anhang I B 3 ”Bewertung und
Registrierung der Auswirkungen auf die Umwelt” erfüllt werden. Gleichzeitig ist aber
auch die Kontrolle des Umweltprogramms und des Umweltmanagementsystems, wie im
Anhang I B 4 gefordert, möglich. Desweiteren werden auch die verfahrenstechnischen
Aspekte überwacht und kontrolliert.60
3.4.3. Umweltmanagement-Dokumentation
Die EG-Verordnung verlangt im Anhang I B 5 auch eine UmweltmanagementDokumentation. Diese Dokumentation erfolgt am besten mit Hilfe eines
Umweltmanagementhandbuches, Umweltverfahrensanweisungen und
Umweltarbeitsanweisungen.61
3.5. Umweltziele
Umweltziele sind die Ziele, die sich das Unternehmen im einzelnen im Einklang mit der
Umweltpolitik gesetzt hat (Artikel 2 d und Anhang I A 4 der EG-Verordnung). Genauso
wie die Umweltpolitik sind auch die Umweltziele standortübergreifend.62
3.6. Umweltprogramm
Das Umweltprogramm muß genau festlegen wer mit welchen Maßnahmen bis zu
welchem Zeitpunkt die Ziele umgesetzt haben wird (Artikel 2c und Anhang I A 5 der EGVerordnung). Für Großprojekte wird ein genauer Projektplan gefordert.63
Gravierende Umweltprobleme müssen als erstes beseitigt werden.64
3.7. Umwelterklärung
Die Umwelterklärung soll in knapper, verständlicher Form für die Öffentlichkeit
abgefaßt werden (Artikel 5 Abs.2). Die Umwelterklärung muß nach Artikel 5 Abs.3
insbesondere folgendes umfassen:
a) Beschreibung der Tätigkeit des Unternehmens am Standort
b) Beurteilung der Umweltfragen
c) Zusammenfassung der Zahlenangaben z.B. mit Hilfe einer Ökobilanz
60
Vgl. Zenk, Georg (Hrsg.): Öko-Audits nach der Verordnung der EU. S.24
Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt. Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.78
62 ebd. S.86
63 ebd. S.91
64 Vgl. Waskow, Siegfried: Betriebliches Umweltmanagement. S.39
61
11
d) Darstellung der Umweltpolitik, des Umweltprogramms und des
Umweltmanagementsystems
e) Termin für die nächste Umwelterklärung
f) Name des zugelassenen Umweltgutachters.
In Abständen von nicht mehr als drei Jahren werden die Betriebsprüfungen durchgeführt
(Anhang II H) und damit auch die Umwelterklärung herausgegeben. In der Zeit
zwischen den Umweltbetriebsprüfungen wird jährlich eine vereinfachte
Umwelterklärung erstellt (Artikel 5 Abs.5). Darauf kann aber insbesondere bei kleinen
Unternehmen mit Absprache des Umweltgutachters verzichtet werden.65
3.8. Umweltgutachter
Artikel 6 der EG-Verordnung verweist bei der Zulassung und Aufsicht der
Umweltgutachter auf die Mitgliedsstaaten. Das UAG regelt in den §§4-21 sehr genau die
Modalitäten. Umweltgutachter müssen insbesondere eine sehr hohe fachliche Kenntnis
besitzen (§7 UAG) und werden nur für einen bestimmten gewerblichen Bereich
zugelassen.66 Mit der Zulassung und Beaufsichtigung ist in Deutschland die Deutsche
Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachten mbH (DAU)
beauftragt worden (UAG-Beleihungsverordnung).
Die Aufgabe des Umweltgutachters ist es, die Einhaltung der EG-Verordnung in bezug
auf die Umweltpolitik, -programm, -prüfung, -managementsystem,
-betriebsprüfungsverfahren und der Umwelterklärung zu überprüfen. Desweiteren soll
die Zuverlässigkeit der Daten und Informationen der Umwelterklärung überprüft
werden (Anhang III B 1).
3.9. Eintragung des Standortes
Artikel 8 besagt, daß ein Standort in ein Verzeichnis eingetragen werden kann, wenn
eine gültige Umwelterklärung vorliegt und die Eintragungsgebühr entrichtet wurde. In
Deutschland beträgt die Gebühr 7000 bzw. 8500 DM (§1 UAG-Gebührenverordnung).
Die Eintragung erfolgt bei den Industrie- und Handelskammern und den
Handwerkskammern (§32 UAG). Erst wenn ein Unternehmen eingetragen ist, darf es
eine der in Anhang IV der EG-Verordnung aufgeführten Teilnahmeerklärungen
verwenden (Artikel 10 Abs.1). Die Teilnahmeerklärung darf weder zur Produktwerbung
noch auf den Erzeugnissen selbst oder auf der Verpackung verwendet werden (Artikel
65
66
Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt. Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.92
ebd. S.95
12
10 Abs.3), weil nicht die Produkte, sondern der Betrieb als ganzes geprüft wurde.67 Aber
sie darf beispielsweise im Umweltbericht oder auf Briefköpfen verwendet werden.68
3.10. Umweltbetriebsprüfung
Die Umweltbetriebsprüfung ist ein Managementinstrument zur systematischen,
dokumentierten, regelmäßigen und objektiven Bewertung der Organisation, des
Managements und der Abläufe. Dabei wird das Ziel verfolgt die Managementkontrolle
von Verhaltensweisen zu erleichtern und die Beurteilung der Unternehmenspolitik zu
ermöglichen (Artikel 2 f).
Der Anhang II beschreibt ausführlich die Anforderungen an die Umweltbetriebsprüfung
und verweist dabei auf die internationale Norm ISO 10011, 1990 für das Audit von
Qualitätssicherungssystemen. Es müssen dabei 2 Audits auseinandergehalten werden, das
Systemaudit und das Compliance-Audit. Bei dem Compliance-Audit handelt es sich um
ein Umweltschutzaudit, daß die Einhaltung rechtlicher und betrieblicher Vorschriften
kontrolliert.69 Das System-Audit hingegen ist eine umweltorientierte Systemprüfung, die
zum Ziel hat, das Funktionieren des betrieblichen Umweltschutzes festzustellen.70 Die
beiden Audits können zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Wenn z.B. ein Leck in
einem Tank provisorisch geflickt wird, ist dies nach einem Compliance-Audit negativ zu
bewerten, da gegen die Vorschriften verstoßen wurde. Das System-Audit hingegen wird
diesen Vorgang positiv bewerten, da das Problem erkannt wurde.71
Die Umweltbetriebsprüfung ist mindestens alle 3 Jahre zu wiederholen, im Gegensatz
zur Umweltprüfung, die einmalig in der Aufbauphase durchgeführt wird. Am Ende der
Umweltbetriebsprüfung ist ein schriftlicher Bericht zu erstellen, der der
Unternehmensleitung zu übergeben ist (Anhang II F).
Die eigentliche Problematik liegt darin, die festgelegten Maßnahmen auch umzusetzen.
Wenn man auf die Umsetzung verzichten würde, kann es sehr schnell zu rechtlichen
Konsequenzen kommen, weil man wissentlich untätig war. Die Kontrolle der Umsetzung
könnte z.B. mit einem Controlling-System, einer Projektgruppe oder auch einer
erfolgsbezogenen Bezahlung geschehen.72
67
Vgl. Kottmann, Heinz: Die Öko-Audit-Verordnung in der BRD
Vgl. Henn, Klaus-Peter: Öko-Audit der Europäischen Union unter Marketinggesichtspunkten Umwelterklärung und Teilnahmeerklärung. In: Schimmelpfeng, Lutz, Machmer, Dietrich (Hrsg.): ÖkoAudit: Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung. Taunusstein 1995, S.151
69 Vgl. von Saldern, Andreas: Zielvorgabe und Aufbau von Umweltschutzmanagementsystemen. S.248
70 Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt. Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.99
71 Vgl. von Saldern, Andreas: Zielvorgabe und Aufbau von Umweltschutzmanagementsystemen. S.250
72 Vgl. von Saldern, Andreas: Die Herausforderung beginnt danach - Umsetzung der Auditergebnisse. In:
Sietz, Manfred, von Saldern, Andreas (Hrsg.): Umweltschutz-Management und Öko-Auditing.
Berlin/Heidelberg 1993, S.267/268
68
13
4. Förderung von kleinen und mittleren Betrieben bei der
Durchführung eines Öko-Audits
Laut Artikel 13 der EG-Verordnung werden die Mitgliedsstaaten angehalten
insbesondere kleine und mittelgroße Unternehmen zu fördern. Die Kosten für ein ÖkoAudit werden mit 15000-50000 DM angegeben.73 Für viele kleinere und mittlere
Betriebe ist dies ein großes Hemmnis an der EG-Verordnung teilzunehemen. Deshalb
wurden verschiedene Förderungsprogramme aufgelegt: finanzielle Hilfen von der EU,
der Bundesregierung, öffentlicher Banken und der Länder.74 Ein sehr umfassendes
Förderprogramm hat das Land Hessen aufgelegt. Externe Leistungen werden hierbei bis
zu 1500 DM pro Person und Tag und insgesamt bis zu 95000 DM gefördert.75
5. Umweltzertifizierungen
5.1. Das britische Zertifikat BS 7750
Das Zertifikat besteht seit 1992. Es standardisiert die Anforderungen an die Entwicklung,
Implementierung und Unterhaltung eines Umweltmanagementsystems.76 Deshalb kann
es aber auch nur einen Teil des Öko-Audit-Verfahrens nach der EG-Verordnung
ersetzen. Insbesondere die Information der Öffentlichkeit ist nicht vorgesehen.77
Der Aufbau eines Umweltschutzmanagementsystems nach BS 7750 erzeugt einen
geschlossenen Regelkreis, der regelmäßig die erreichte Position im Umweltschutz
ermittelt und die Zielvorgaben überprüft.78
5.2. Die internationale Norm ISO 14000 ff.
Zur Zeit wird eine internationale Norm für Umweltmanagementsysteme, die ISO
14000er Reihe, entwickelt. Noch in diesem Jahr wird die endgültige Version erwartet.
Allerdings nimmt man an, daß die EG-Verordnung restriktiver ist als die ISO-Norm79,
73
Vgl. Schmitt, Susanne: Umweltschutz unter der Lupe, in: Mannheimer Morgen Nr.266 vom 17.11.95
Vgl. Bundesministerium für Umwelt: EG Umwelt Audit. Bonn 1995
75 Vgl. Möller, Gerhard: Pilot-Programm und Richtlinien für die Förderung von Umweltmanagement und
Umweltbetriebsprüfung in Hessen - Ziele und Perspektiven. In: Schimmelpfeng, Lutz, Machmer, Dietrich
(Hrsg.): Öko-Audit: Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung. Taunusstein 1995, S.173
76 Vgl. Nilsson, Anna: Towards sustainable development with the EMAS Regulation. Stockholm 1996, S.64
77 Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt. Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.122
78 Vgl. von Saldern, Andreas: Die Deutschen, die letzten im europäischen Wettbewerb. S.297
79 Vgl. Sramek, Gabriela: Rede auf einem Öko-Audit-Workshop in Bochum im Februar 1996
74
14
weil auf eine Umweltberichterstattung verzichtet wird und die Einhaltung der
Rechtvorschriften nicht gewährleistet ist.80
Insbesondere international tätige Unternehmen sollten sich überlegen, ob sie nicht beide
Verfahren durchführen.81 Allerdings geht dies wieder zu Lasten der Effizienz, weshalb
sich das Unternehmen letztendlich entscheiden sollte, welches
Umweltmanagementsystem es einführt.82 Die meisten Unternehmen werden sich
wahrscheinlich für die Durchführung der EG-Verordnung entscheiden, weil die Chance,
auch die ISO-Norm zu erhalten relativ groß ist, umgekehrt aber nicht.83
Wie bei BS 7750 ist bei der ISO-Norm keine Kommunikation mit der Öffentlichkeit
vorgesehen.
6. Kritische Anmerkungen zum Öko-Audit
Bei neuen Gesetzen und Verordnungen stellt sich immer die Frage: Hätte dies nicht auch
ohne ein Gesetz geregelt werden können ?
Eine sehr positive Sache der EG-Verordnung ist die freiwillige Teilnahme an diesem
Verfahren. Allerdings scheint der Konkurrenzdruck zusammen mit dem Streben nach
Korrektheit in Deutschland dazu zu führen, daß die Durchführung der EG-Verordnung
geradezu als Pflicht angesehen wird. ”Die Diskussion um Normen und Formalitäten ...
(sind) zu einer bürokratischen Angelegenheit verkommen ... Viele Unternehmen sehen
sich ledeglich mit weiteren Formalismen konfrontiert”84 .
Insbesondere kleine Unternehmen kritisieren, daß das Öko-Audit oftmals eine reine
Dokumentation betrieblicher Entscheidungs- und Handlungsstrukturen darstellt, anstatt
das Augenmerk auf die konkrete Verbesserung im Stoff- und Energiebereich zu lenken.85
Hier stellt sich die Frage, ob nicht eine Vereinheitlichung von Ökobilanzen
vorangetrieben werden sollte. Wenn Ökobilanzen miteinander vergleichbar wären,
könnten die Verbraucher selbst erkennen, welche Unternehmen die Produkte besonders
umweltfreundlich erzeugen.
Die Freiwilligkeit der EG-Verordnung hat allerdings ein Problem: Die
Wettbewerbssituation der Unternehmen in den einzelnen Ländern der EU könnte
verzerrt werden. Denn letztendlich hängt die Bereitschaft an einem Öko-Audit
teilzunehmen davon ab, wie groß der Druck der Öffentlichkeit und der Konkurrenz ist.
80
Vgl. Braun, Sabine: Schwächen beim Öko-Audit
Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt. Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.123
82 Vgl. Braun, Sabine: Wieviel Umweltmanagement braucht ein Unternehmen ? in: Blick durch die
Wirtschaft Nr.47 vom 6.3.96
83 Vgl. Hessische Landesanstalt für Umwelt. Umsetzung der EG-Öko-Audit-Verordnung. S.123
84 Vgl. Braun, Sabine: Wieviel Umweltmanagement braucht ein Unternehmen ?
85 Vgl. Braun, Sabine: Schwächen beim Öko-Audit
81
15
Sehr auffallend ist, daß in Deutschland 27 von 40 Umweltgutachtern der EU zugelassen
sind und 43 von 55 geprüften Standorten in ein Verzeichnis eingetragen wurden.86
Letztendlich hat sich also nicht die Befürchtung bewahrheitet, die Deutschen könnten
den Anschluß verpassen, weil z.B. die Briten durch die frühere Einführung der Norm BS
7750 mehr Erfahrung haben.87
Alles in allem läßt sich festhalten, daß die Verordnung der EG sich bewährt hat und
durch die zunehmende Prüfung von Standorten auch eine Vergleichbarkeit der
Unternehmen immer einfacher möglich ist. Die angestrebte kontinuierliche
Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes wird erst überprüfbar sein, wenn
mehrere Umwelterklärungen vorliegen. Bis dahin muß auch die Öffentlichkeit mehr
über die EG-Verordnung erfahren, denn erst die kritische Beobachtung der
Unternehmen von außen wird diese veranlassen ständig den Umweltschutz zu
verbessern, womit dann auch die Idee der EG-Verordnung erfüllt wäre.
86
Vgl. Europäische Kommission Generaldirektion XI: Liste für zugelassene Gutachter vom 19.12.95 und
für eingetragene Standorte vom 15.1.96
87 Vgl. von Saldern, Andreas: Die Deutschen, die letzten im europäischen Wettbewerb. S.298
16
7. Literaturverzeichnis
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Braun, Sabine: Schwächen beim Öko-Audit, in: Blick durch die Wirtschaft Nr.17,
24.1.96
Braun, Sabine: Wieviel Umweltmanagement braucht ein Unternehmen ? in: Blick durch
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